Abteilung Presse und Information

PRESSEMITTEILUNG N. 28/02

20. März 2002

Urteile des Gerichts erster Instanz in den Rechtssachen T-9/99, T-15/99, T-16/99, T-17/99, T-21/99, T-23/99, T-28/99 und T-31/99

HFB u.a. / Kommission

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ BESTÄTIGT DIE EXISTENZ EINES KARTELLS AUF DEM EUROPÄISCHEN FERNWÄRMEMARKT

Die von der Europäischen Kommission festgesetzten Geldbußen werden vom Gericht in Höhe von insgesamt 83 410 000 Euro weitgehend bestätigt. Die Geldbußen von zwei Unternehmen werden allerdings herabgesetzt; insbesondere wird die gegen ABB Asea Brown Boveri verhängte Geldbuße von 70 000 000 Euro wegen ihrer Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission auf 65 000 000 Euro verringert.

Fernwärmerohre sind Gegenstand eines umfangreichen Handels zwischen den Mitgliedstaaten, wobei Deutschland und Dänemark die größten Inlandsmärkte sind. Dänemark ist das Haupterzeugerland, das alle Mitgliedstaaten beliefert, in denen Fernwärmesysteme genutzt werden.

Ende 1990 trafen vier dänische Hersteller eine Vereinbarung über eine allgemeine Zusammenarbeit auf ihrem Inlandsmarkt; an ihren Treffen nahmen ab Herbst 1991 auch zwei deutsche Hersteller teil. Nach den Ermittlungen der Kommission fanden bei diesen Treffen Verhandlungen statt, die 1994 zu einer Vereinbarung über die Festlegung von Quoten für den gesamten europäischen Markt geführt hätten. Diese Quoten seien vom .Geschäftsführer-Klub“ (dem die Vorstandsvorsitzenden und Geschäftsführer der am Kartell beteiligten Hersteller angehört hätten) jedem Unternehmen sowohl auf europäischer Ebene als auch auf den Inlandsmärkten - insbesondere Dänemark, Deutschland, Finnland, Italien, Niederlande, Österreich und Schweden - zugeteilt worden.

1995 wies das schwedische Unternehmen Powerpipe AB die Kommission auf diesen Sachverhalt hin und beschwerte sich über Versuche des Kartells, seine Aktivitäten auf dem schwedischen Markt zu behindern und es aus dem Geschäft zu drängen.

In der angefochtenen Entscheidung vom 21. Oktober 1998 stellte die Kommission das Vorliegen einer Reihe von Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen fest, die darauf abgezielt hätten,
-    die nationalen Märkte und den europäischen Markt anhand von Quoten unter den Herstellern aufzuteilen;
-    infolgedessen Vorkehrungen für den Rückzug der anderen Hersteller zu treffen;
-    Preise für die Erzeugnisse festzulegen;
-    einzelne Vorhaben bestimmten Herstellern zuzuteilen und die Ausschreibungsverfahren für diese Vorhaben zu manipulieren;
-    speziell in Bezug auf Powerpipe AB Maßnahmen durchzuführen, um deren Geschäft zu behindern und so einen unmittelbaren Konkurrenten (das einzige nicht zum Kartell gehörende große Unternehmen) vom Markt zu verdrängen.

Ferner weist die Kommission darauf hin, dass das längerfristige Ziel des zunächst .dänischen“ und später .europaweiten“ Kartells in einer Ausdehnung der Kontrolle der Teilnehmer auf den gesamten europäischen Markt bestanden habe, was merkliche Auswirkungen auf den innergemeinschaftlichen Handel gehabt habe. Aufgrund dessen verhängte die Kommission in ihrer Entscheidung gegen die an diesem Kartell beteiligten Unternehmen Geldbußen von insgesamt etwa 92 Millionen Euro.

Mit ihren Klagen vor dem Gericht rügten die betreffenden Unternehmen die falsche Anwendung des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft, die Verletzung der Verteidigungsrechte (insbesondere in Bezug auf die Akteneinsicht) und das Verfahren zur Festsetzung der Geldbußen. Die Klagen wurden vom Gericht fast vollständig abgewiesen.

Hinweis: Gegen die Urteile des Gerichts kann binnen zwei Monaten nach ihrer Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften eingelegt werden.


Nr. der Rechts- sache   Name der Klägerinnen (Beklagte: Europäische Kommission)   Von der Kommission verhängte Geldbußen
(Entscheidung 1999/60/EG vom 21.10.1998)  
Urteil des Gerichts erster Instanz  
T-9/99   Gruppe Henss/Isoplus
- HFB Holding KG
- HFB Holding GmbH
- Isoplus Rosenheim
- Isoplus Hohenberg
- Isoplus Sondershausen  
4 950 000 ECU   Nichtigerklärung der Entscheidung1
in Bezug auf
- HFB Holding KG
- HFB Holding GmbH
Aufrechterhaltung der ursprünglichen Geldbuße  
T-15/99   Brugg Rohrsysteme   925 000 ECU   Aufrechterhaltung der ursprünglichen Geldbuße  
T-16/99   Lögstör Rör   1 500 000 ECU   Aufrechterhaltung der ursprünglichen Geldbuße  
T-17/99   KE KELIT Kunststoffwerk   360 000 ECU   Aufrechterhaltung der ursprünglichen Geldbuße  
T-21/99   Dansk Rørindustri   1 475 000 ECU   Aufrechterhaltung der ursprünglichen Geldbuße2  
T-23/99   LR AF 1998   8 900 000 ECU   Aufrechterhaltung der ursprünglichen Geldbuße  
T-28/99   Sigma Tecnologie di rivestimento   400 000 ECU   Verringerung der Geldbuße auf 300 000 Euro3  
T-31/99   ABB Asea Brown Boveri   70 000 000 ECU   Verringerung der Geldbuße auf 65 000 000 Euro4  

Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das das Gericht erster Instanz nicht bindet.

Dieses Dokument liegt in französischer, deutscher, englischer, dänischer und italienischer Sprache vor.

Wegen des vollständigen Wortlauts der Urteile konsultieren Sie bitte heute ab ungefähr 15.00 Uhr unsere Homepage im Internet www.curia.eu.int 

Für weitere Auskünfte wenden Sie sich bitte an Frau Isabelle Phalippou,
Tel.: (0 03 52) 43 03 - 32 55; Fax: (0 03 52) 43 03 - 27 34.
 


    1    Das Gericht stellt fest, dass die HFB Holding KG und die HFB Holding GmbH noch nicht bestanden hätten, als die Zuwiderhandlung begangen worden sei. Diese beiden Unternehmen seien von der gesamtschuldnerischen Haftung auszunehmen, und die Geldbuße sei allein von den Isoplus-Gesellschaften zu tragen.    2    Nach Ansicht des Gerichts hat die Kommission nicht nachgewiesen, dass Dansk Rørindustri in der Zeit von April bis August 1994 dem für die Zuwiderhandlung verantwortlichen Kartell angehörte. Die Geldbuße bleibe jedoch gerechtfertigt.    3    Das Gericht hat die gegen Sigma verhängte Geldbuße auf 300 000 Euro herabgesetzt, weil eine Teilnahme von Sigma am Kartell nur in Bezug auf den italienischen Markt und nicht in Bezug auf den gesamten Gemeinsamen Markt erwiesen sei.    4    Das Gericht hat entschieden, die Geldbuße auf 65 000 000 Euro herabzusetzen, weil ABB nach Erhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte ihre Kartellteilnahme nicht mehr bestritten und durch die Übermittlung von Beweisen mit der Kommission zusammengearbeitet habe.