ABTEILUNG PRESSE UND INFORMATION

PRESSEMITTEILUNG NR. 14/98

17. März 1998

Urteil des Gerichtshofes in dem Vorabentscheidungsverfahren C-45/96

Bayerische Hypotheken- und Wechselbank AG / Edgar Dietzinger

EINE BÜRGSCHAFT FÜR EINEN KREDIT, DER IM RAHMEN DER ERWERBSTÄTIGKEIT DES KREDITNEHMERS GEWÄHRT WURDE, FÄLLT NICHT UNTER DIE RICHTLINIE ZUM VERBRAUCHERSCHUTZ


Der Vater des Beklagten betrieb ein Bauunternehmen, für das die Bank einen Kontokorrentkredit eingeräumt hatte. Durch schriftliche Erklärung übernahm Herr Dietzinger für die Verbindlichkeiten seiner Eltern gegenüber der Bank eine selbstschuldnerische Bürgschaft bis zum Höchstbetrag von 100.000,- DM. Der Bürgschaftsvertrag wurde im Hause der Eltern, die ein Angestellter der Bank zu diesem Zweck aufgesucht hatte, abgeschlossen. Über ein Widerrufsrecht wurde Herr Dietzinger nicht belehrt. Im Mai 1993 kündigte die Bank sämtliche den Eltern eingeräumten Kredite und nahm Herrn Dietzinger als Bürgen auf Zahlung eines Teilbetrages von 50.000,- DM in Anspruch. Dieser widerrief die Bürgschaftserklärung mit der Begründung, er sei entgegen den Bestimmungen des sog. "Haustürwiderrufsgesetzes" nicht über sein Widerrufsrecht belehrt worden.

Durch das "Haustürwiderrufsgesetz" ist die gemeinschaftsrechtliche "Richtlinie betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen" in nationales Recht umgesetzt worden. Der Bundesgerichtshof hat dem Gerichtshof der EG die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob ein Bürgschaftsvertrag, der von einer nicht im Rahmen einer Erwerbstätigkeit handelnden Person geschlossen wird, in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fällt.

Der Gerichtshof führt zunächst aus, daß nach dem Wortlaut der Richtlinie die Art der Waren oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrages seien, nicht deren Geltungsbereich einschränkt, sofern diese Waren oder Dienstleistungen zum privaten Verbrauch bestimmt seien; daß der Bürgschaftsvertrag nur akzessorisch zum Hauptvertrag sei und daß die Gewährung eines Kredits eine Dienstleistung darstelle.

Der Gerichtshof kommt zu dem Ergebnis, zwischen dem Kreditvertrag und der seine Erfüllung sichernden Bürgschaft bestehe ein enger Zusammenhang; derjenige, der sich verpflichte, für die Rückzahlung einer Schuld einzustehen, könne Selbstschuldner oder Ausfallbürge sein; daher könne die Bürgschaft grundsätzlich unter die Richtlinie fallen.

Der Gerichtshof stellt dann jedoch fest, daß sowohl aufgrund des Wortlauts der Richtlinie als auch wegen des akzessorischen Charakters des Bürgschaftsvertrags unter die Richtlinie nur eine Bürgschaft für Verbindlichkeiten fallen könne, die ein Verbraucher im Rahmen eines Haustürgeschäfts gegenüber einem Gewerbetreibenden als Gegenleistung für Waren oder Dienstleistungen eingegangen sei. Da die Richtlinie außerdem nur Verbraucher schützen solle, könne sie einen Bürgen nur erfassen, wenn dieser sich erstens zu einem Zweck verpflichtet hat, der nicht seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, und zweitens auch der Hauptvertrag nicht im Rahmen der Erwerbstätigkeit des Hauptschuldners abgeschlossen wird.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet. Diese Pressemitteilung ist in deutsch und französisch erhältlich.

Wegen des vollständigen Wortlauts des Urteils konsultieren Sie bitte ab ca. 15.00 Uhr die Homepage des Gerichtshofes im Internet www.curia.eu.int oder wenden Sie sich bitte an Frau Dr. Ulrike Städtler Tel.: (00352) 4303 3255, Fax: (00352) 4303 2734