Language of document : ECLI:EU:C:2019:903

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln)

24. Oktober 2019(*)

„Rechtsmittel – Gemeinschaftsgeschmacksmuster – Zulassung von Rechtsmitteln – Art. 170b der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Antrag, in dem die Bedeutung einer Frage für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts nicht nachgewiesen wird – Nichtzulassung des Rechtsmittels“

In der Rechtssache C‑599/19 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 6. August 2019,

Rietze GmbH & Co. KG mit Sitz in Altdorf (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. Krogmann,

Rechtsmittelführerin,

andere Parteien des Verfahrens:

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO),

Beklagter im ersten Rechtszug,

Volkswagen AG mit Sitz in Wolfsburg (Deutschland),

Streithelferin im ersten Rechtszug,


erlässt

DER GERICHTSHOF (Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln)

unter Mitwirkung der Vizepräsidentin des Gerichtshofs R. Silva de Lapuerta, des Richters D. Šváby (Berichterstatter) und der Richterin K. Jürimäe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts M. Szpunar

folgenden

Beschluss

1        Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Rietze GmbH & Co. KG die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 6. Juni 2019, Rietze GmbH & Co. KG/Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) (T‑43/18, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2019:376), mit dem das Gericht ihre Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Dritten Beschwerdekammer des EUIPO vom 21. November 2017 (Sache R 1204/2016-3) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen Rietze und Volkswagen abgewiesen hat.

 Zum Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels

2        Nach Art. 58a Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union entscheidet der Gerichtshof vorab über die Zulassung von Rechtsmitteln gegen eine Entscheidung des Gerichts, die eine Entscheidung einer unabhängigen Beschwerdekammer des EUIPO betrifft.

3        Gemäß Art. 58a Abs. 3 dieser Satzung wird ein Rechtsmittel nach den in der Verfahrensordnung des Gerichtshofs im Einzelnen festgelegten Modalitäten ganz oder in Teilen nur dann zugelassen, wenn damit eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufgeworfen wird.

4        Art. 170a Abs. 1 der Verfahrensordnung sieht vor, dass der Rechtsmittelführer in den Fällen des Art. 58a Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union seiner Rechtsmittelschrift einen Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels als Anlage beizufügen hat, in dem er die für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage darlegt, die mit dem Rechtsmittel aufgeworfen wird, und der sämtliche Angaben enthalten muss, die erforderlich sind, um es dem Gerichtshof zu ermöglichen, über diesen Antrag zu entscheiden.

5        Gemäß Art. 170b Abs. 3 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels durch mit Gründen versehenen Beschluss.

6        Es ist darauf hinzuweisen, dass es Sache der Rechtsmittelführerin ist, den Nachweis zu erbringen, dass die mit ihrem Rechtsmittel aufgeworfenen Fragen für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam sind (vgl. Beschluss vom 30. September 2019, All Star/EUIPO, C‑461/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:797, Rn. 10 und die dort angeführte Rechtsprechung).

7        Im vorliegenden Fall fehlt es dem Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels insbesondere hinsichtlich der Gründe, auf die sich das Rechtsmittel stützt, der Bestimmungen des Unionsrechts und der Rechtsprechung, gegen die vom Gericht verstoßen worden sein soll, sowie der Gründe, aus denen das Rechtsmittel eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufwirft, offensichtlich an Genauigkeit, so dass es der Rechtsmittelführerin nicht gelingt, diesen Nachweis zu führen.

8        So macht die Rechtsmittelführerin erstens geltend, das Gericht habe beim Vergleich der einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster, konkret bei der Bemessung des Aufmerksamkeitsgrads des informierten Benutzers, fehlerhaft einen unzutreffend hohen Aufmerksamkeitsgrad zugrunde gelegt. Dabei verkenne das Gericht, dass Unterschiede in technischen Elementen eines Musters von jemandem mit gewissen Kenntnissen in Bezug auf die Elemente, die Fahrzeuge gewöhnlich aufweisen, generell nicht oder nur mit geringer Aufmerksamkeit wahrgenommen würden. In diesem Zusammenhang führt die Rechtsmittelführerin Rn. 59 des Urteils vom 20. Oktober 2011, PepsiCo/Grupo Promer Mon Graphic (C‑281/10 P, EU:C:2011:679) an.

9        Die Rechtsmittelführerin beschränkt sich darauf, anzugeben, dass es sich dabei um wesentliche Fragen des Unionsrechts bei der Bemessung des Aufmerksamkeitsgrads des informierten Benutzers handele, ohne jedoch darzutun, inwiefern der Umstand, dass das Gericht die einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster unter Berücksichtigung eines unzutreffend hohen Aufmerksamkeitsgrads des informierten Benutzers beurteilt habe, eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufwerfe.

10      Zweitens rügt die Rechtsmittelführerin, das Gericht habe dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es der Ansicht sei, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sei weder eine Gewichtung der Merkmale noch eine Analyse der Gemeinsamkeiten erforderlich, um zu beurteilen, ob das angegriffene Gemeinschaftsgeschmacksmuster beim informierten Benutzer einen anderen Gesamteindruck hervorrufe als das ältere Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Die Notwendigkeit einer Untersuchung der Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den einander gegenüberstehenden Gemeinschaftsgeschmacksmustern ergebe sich nämlich aus zahlreichen Entscheidungen des Gerichts.

11      Es ist hervorzuheben, dass die Behauptung, wonach das Gericht von der Rechtsprechung des Gerichtshofs in einem bestimmten Beschluss oder Urteil abgewichen sei, gemäß der dem Urheber eines Antrags auf Zulassung des Rechtsmittels obliegenden Beweislast für sich genommen nicht als Nachweis dafür ausreicht, dass das Rechtsmittel eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufwirft. Insoweit muss der Antragsteller nämlich in gedrängter Form, aber klar und genau darlegen, erstens, wo der behauptete Widerspruch zu finden ist, indem sowohl die Randnummern des mit dem Rechtsmittel angefochtenen Urteils oder Beschlusses, die er in Frage stellt, als auch die Randnummern der Entscheidung des Gerichtshofs angegeben werden, die missachtet worden sein sollen, und zweitens die konkreten Gründe, aus denen ein solcher Widerspruch seines Erachtens eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufwirft (vgl. Beschluss vom 7. Oktober 2019, L’Oréal/EUIPO, C‑586/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:845, Rn. 16).

12      Im vorliegenden Fall ist jedoch festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin diese Anforderungen insgesamt nicht erfüllt hat.

13      Drittens behauptet die Rechtsmittelführerin, das Rechtsmittel werfe eine für die Einheit des Unionsrechts bedeutsame Frage auf, da es zum einen die Beschwerdekammer des EUIPO unterlassen habe, den großen Gestaltungsspielraum des Entwerfers von Kraftfahrzeugen in die Beurteilung der Eigenart der beiden einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster einzubeziehen. Zum anderen hätte die Beschwerdekammer den zwischen diesen Geschmacksmustern bestehenden Unterschieden weniger Gewicht beimessen müssen.

14      Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass nur Rechtsfehler, die aus dem angefochtenen Urteil resultieren, eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufwerfen können, die die Zulassung des Rechtsmittels rechtfertigen würde.

15      Daher ist festzustellen, dass das Vorbringen, mit dem nicht das vom Gericht infolge einer Klage auf Aufhebung einer Entscheidung erlassene Urteil, sondern die Entscheidung beanstandet wird, deren Aufhebung beim Gericht begehrt wurde, keine im Sinne von Art. 58a Abs. 3 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union bedeutsame Frage aufwerfen kann.

16      Unter diesen Umständen lässt sich dem Antrag der Rechtsmittelführerin kein Nachweis dafür entnehmen, dass das Rechtsmittel eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufwirft.

17      Nach alledem kann das Rechtsmittel nicht zugelassen werden.

 Kosten

18      Nach Art. 137 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, wird über die Kosten in dem das Verfahren beendenden Beschluss entschieden.

19      Da der vorliegende Beschluss ergeht, bevor die Rechtsmittelschrift den anderen Parteien des Verfahrens zugestellt worden ist und ihnen Kosten entstehen konnten, ist zu entscheiden, dass die Rechtsmittelführerin ihre eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen beschließt der Gerichtshof (Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln):

1.      Das Rechtsmittel wird nicht zugelassen.

2.      Die Rietze GmbH & Co. KG trägt ihre eigenen Kosten.

Luxemburg, den 24. Oktober 2019

Der Kanzler

Die Präsidentin der Kammer
      für die Zulassung von

Rechtsmitteln

A. Calot Escobar

 

R. Silva de Lapuerta


*      Verfahrenssprache: Deutsch.