Language of document : ECLI:EU:F:2014:259

URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
DER EUROPÄISCHEN UNION
(Dritte Kammer)

3. Dezember 2014

Rechtssache F‑109/13

DG

gegen

Agentur der Europäischen Union für Netz- und Informationssicherheit (ENISA)

„Öffentlicher Dienst – Bediensteter auf Zeit – Kündigung des Vertrags – Fehlende Begründung – Nichteinhaltung des Beurteilungsverfahrens – Offensichtlicher Beurteilungsfehler“

Gegenstand:      Klage nach Art. 270 AEUV zum einen auf Aufhebung der Entscheidung der Agentur der Europäischen Union für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) vom 31. Januar 2013, mit der das Beschäftigungsverhältnis mit der Klägerin beendet wurde, und zum anderen auf ihre Wiedereingliederung und Zahlung von Geldleistungen ab dem effektiven Zeitpunkt des Endes des Beschäftigungsverhältnisses bis zum Zeitpunkt ihrer Wiedereingliederung sowie Ersatz des immateriellen Schadens, der ihr entstanden sein soll

Entscheidung:      Die Klage wird abgewiesen. DG trägt ihre eigenen Kosten und wird dazu verurteilt, die der Agentur der Europäischen Union für Netz- und Informationssicherheit entstandenen Kosten zu tragen.

Leitsätze

1.      Beamtenklage – Gründe – Ermessensmissbrauch – Begriff – Beweislast und Beweisantritt

2.      Beamtenklage – Gründe – Offensichtlicher Ermessensfehler – Begriff – Beweislast

3.      Beamte – Bedienstete auf Zeit – Kündigung eines Vertrags auf unbestimmte Dauer – Ermessen der Verwaltung – Fürsorgepflicht der Verwaltung – Bedeutung – Verpflichtung, die Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung des betroffenen Bediensteten zu prüfen – Fehlen

(Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten, Art. 47 Buchst. c Ziff. i)

1.      Ein Ermessensmissbrauch liegt nur dann vor, wenn objektive, schlüssige und übereinstimmende Indizien die Feststellung erlauben, dass die angefochtene Maßnahme einen anderen Zweck verfolgt als den ihr nach den anwendbaren Statutsbestimmungen zugewiesenen.

Insoweit genügt es nicht, dass der Kläger bestimmte Tatsachen zur Stützung seiner Behauptungen anführt; vielmehr muss er hinreichend genaue, objektive und übereinstimmende Anhaltspunkte für die Richtigkeit oder zumindest Wahrscheinlichkeit dieser Behauptungen vortragen; andernfalls kann die sachliche Richtigkeit der Angaben der Gegenpartei nicht in Frage gestellt werden.

(vgl. Rn. 31 und 32)

Verweisung auf:

Gericht für den öffentlichen Dienst: Urteil Skareby/Kommission, F‑46/06, EU:F:2008:26, Rn. 156 und 157

2.      Ein Fehler kann nur dann als offensichtlich eingestuft werden, wenn er anhand der Kriterien, die der Gesetzgeber für die Ermessensausübung durch die Verwaltung aufgestellt hat, leicht feststellbar ist. Um zu belegen, dass bei der Würdigung des Sachverhalts ein offensichtlicher Fehler begangen wurde, der die Aufhebung einer Entscheidung rechtfertigt, müssen die vom Kläger beizubringenden Beweise daher ausreichen, um die Sachverhaltswürdigung in der Entscheidung der Verwaltung als unplausibel erscheinen zu lassen. Mit anderen Worten ist der auf den offensichtlichen Fehler gestützte Klagegrund zurückzuweisen, wenn die angegriffene Würdigung trotz der vom Kläger vorgetragenen Umstände als zutreffend oder annehmbar erscheint.

(vgl. Rn. 44)

Verweisung auf:

Gericht für den öffentlichen Dienst: Urteile AJ/Kommission, F‑80/10, EU:F:2011:172, Rn. 34 und 35; Eklund/Kommission, F‑57/11, EU:F:2012:145, Rn. 51, und Beschluss Mészáros/Kommission, F‑22/13, EU:F:2014:189, Rn. 52

3.      Im Hinblick auf die Kündigung eines unbefristeten Zeitbedienstetenvertrags verfügt die zuständige Behörde gemäß Art. 47 Buchst. c Ziff. i der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten und bei Einhaltung der im Vertrag vorgesehenen Kündigungsfrist über ein weites Ermessen, so dass sich die Kontrolle des Unionsrichters auf die Prüfung der Frage beschränken muss, ob kein offensichtlicher Fehler und kein Ermessensmissbrauch vorliegen.

Insoweit kann die Beachtung der Fürsorgepflicht keine Auslegung von Art. 47 Buchst. c Ziff. i dieser Beschäftigungsbedingungen rechtfertigen, nach der die zuständige Behörde vor der Entlassung eines mit unbefristetem Vertrag eingestellten Bediensteten prüfen müsste, ob dieser nicht auf einer anderen bestehenden oder in Kürze neu einzurichtenden Planstelle verwendet werden kann.

(vgl. Rn. 56 und 57)

Verweisung auf:

Gericht erster Instanz: Urteil ETF/Landgren, T‑404/06 P, EU:T:2009:313, Rn. 162 und die dort angeführte Rechtsprechung

Gericht der Europäischen Union: Urteile ETF/Schuerings, T‑107/11 P, EU:T:2013:624, Rn. 81, und Kommission/Macchia, T‑368/12 P, EU:T:2014:266, Rn. 57