Language of document : ECLI:EU:F:2009:53

URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST DER EUROPÄISCHEN UNION (Zweite Kammer)

4. Juni 2009(*)

„Öffentlicher Dienst – Bedienstete von Europol – Einstellung – Auswahlverfahren – Einstellungsbedingungen – Abgeordneter nationaler Sachverständiger – Art. 6 des Statuts der Bediensteten von Europol – Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses des Direktors von Europol vom 8. Dezember 2006“

In der Rechtssache F‑11/08

betreffend eine Klage gemäß Art. 40 Abs. 3 des Übereinkommens aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamts (Europol-Übereinkommen) und Art. 93 Abs. 1 des Statuts der Bediensteten von Europol,

Jörg Mölling, zum Europäischen Polizeiamt abgeordneter nationaler Sachverständiger, wohnhaft in Den Haag (Niederlande), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwalt P. de Casparis, dann Rechtsanwälte P. de Casparis, N. D. Dane und W. J. Dammingh,

Kläger,

gegen

Europäisches Polizeiamt (Europol), vertreten durch D. Neumann und D. El Khoury als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte B. Wägenbaur und R. Van der Hout,

Beklagter,

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Van Raepenbusch, der Richterin I. Boruta und des Richters H. Kanninen (Berichterstatter),

Kanzler: R. Schiano, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. September 2008

folgendes

Urteil

1        Mit seiner Klage, die am 22. Januar 2008 auf elektronischem Weg (der Eingang der Urschrift ist am 25. Januar 2008 erfolgt) bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, beantragt Herr Mölling die Aufhebung der Entscheidung von Europol vom 10. Oktober 2007, ihn nicht zu dem Auswahlverfahren zuzulassen, das veranstaltet wurde, um innerhalb von Europol den Dienstposten eines Ersten Referenten („first officer“) im Referat „Drogen“ zu besetzen.

 Rechtlicher Rahmen

2        Art. 1 Abs. 1 des Statuts der Bediensteten von Europol in seiner auf die vorliegende Rechtssache anwendbaren Fassung (im Folgenden: Bedienstetenstatut) bestimmt:

„[Das Bedienstetenstatut] gilt für alle Bediensteten, die von Europol durch Vertrag eingestellt werden. Darunter fallen:

–        Europol-Bedienstete, die zum einen Teil aus den zuständigen Behörden im Sinne von Artikel 2 Absatz 4 des [Übereinkommens aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamts] kommen müssen und zum anderen Teil entweder aus diesen Behörden oder von außerhalb dieser Behörden kommen können;

–        örtliche Bedienstete, soweit in [dem Bedienstetenstatut] ausdrücklich auf sie Bezug genommen wird.“

3        Art. 2 Abs. 1 des Bedienstetenstatuts bestimmt:

„Europol-Bediensteter im Sinne [des Bedienstetenstatuts] ist der Bedienstete, der zur Besetzung eines im Verzeichnis der Dienstposten in Anhang 1 aufgeführten Dienstpostens, mit Ausnahme der entsprechend ausgewiesenen Dienstposten für örtliche Bedienstete, eingestellt wird.

Für jeden dieser Dienstposten wird festgelegt, ob er Bediensteten aus den zuständigen Behörden im Sinne von Artikel 2 Absatz 4 des [Übereinkommens aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamts] vorbehalten ist oder nicht.

Einer Person, die zur Besetzung eines Dienstpostens eingestellt wird, der Bediensteten aus den zuständigen Behörden vorbehalten ist, kann nur für diesen Dienstposten ein befristeter Vertrag gemäß Artikel 6 angeboten werden.“

4        In Nr. 1 von Anhang 1 des Bedienstetenstatuts sind die Europol-Dienstposten wie folgt aufgeführt: „Europol verfügt vorbehaltlich der Nummer 3 im Einzelnen über folgende Dienstposten: …“ Im letzten Absatz der Nr. 1 von Anhang 1 heißt es: „Diese Liste [der Europol-Dienstposten] kann durch einstimmigen Beschluss des Verwaltungsrats geändert werden.“

5        Art. 6 des Bedienstetenstatuts bestimmt:

„Das Beschäftigungsverhältnis jedes Europol-Bediensteten, unabhängig davon, ob er für einen Dienstposten, der Bediensteten aus den zuständigen Behörden im Sinne des Artikels 2 Absatz 4 des [Übereinkommens aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamts] vorbehalten ist, eingestellt wird oder für einen Dienstposten, der diesen Einschränkungen nicht unterliegt, ist bei Ersteinstellung auf einen Zeitraum zwischen einem und fünf Jahren befristet.

Eine Verlängerung des Ersteinstellungsvertrags ist möglich. Die Gesamtdauer befristeter Verträge, einschließlich Verlängerungen, darf neun Jahre nicht überschreiten.

Nur bei Bediensteten, die für einen Dienstposten eingestellt werden, der nicht den Bediensteten aus den zuständigen Behörden im Sinne des Artikels 2 Absatz 4 des [Übereinkommens aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamts] vorbehalten ist, kann ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis vereinbart werden, sofern sie zwei befristete Verträge mit einer Dienstzeit von mindestens sechs Jahren zur äußersten Zufriedenheit erfüllt haben.

…“

6        Art. 2 Abs. 4 des Übereinkommens aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamts vom 26. Juli 1995 (ABl. C 316, S. 2, im Folgenden: Europol-Übereinkommen) definiert die zuständigen Behörden, auf die u. a. Art. 6 des Bedienstetenstatuts verweist, wie folgt:

„Zuständige Behörden im Sinne dieses Übereinkommens sind alle in den Mitgliedstaaten bestehenden öffentlichen Stellen, soweit sie nach nationalem Recht für die Verhütung und die Bekämpfung von Straftaten zuständig sind.“

7        Art. 24 in Titel II Kapitel 3 („Einstellungsbedingungen“) des Bedienstetenstatuts bestimmt:

„(1)  Bei der Einstellung der Europol-Bediensteten ist anzustreben, dass Europol die Mitarbeit von Personen gesichert wird, die in Bezug auf Befähigung, Leistung und Integrität höchsten Ansprüchen genügen. Bei der Auswahl der Europol-Bediensteten ist neben der persönlichen Eignung und der beruflichen Befähigung zu berücksichtigen, dass eine angemessene Repräsentation der Staatsangehörigen aller Mitgliedstaaten und der Amtssprachen der Europäischen Union gewährleistet ist. Europol ist einer Politik der Gleichbehandlung verpflichtet.

(2)       Als Europol-Bediensteter darf nur nach Maßgabe des Artikels 2 Absatz 1 eingestellt werden, wer

a)      Staatsangehöriger eines der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist und die bürgerlichen Ehrenrechte besitzt;

b)      sich seinen Verpflichtungen aus den für ihn geltenden Wehrgesetzen nicht entzogen hat;

c)      den für die Wahrnehmung seiner dienstlichen Pflichten zu stellenden sittlichen Anforderungen genügt;

d)      die für die Wahrnehmung seiner dienstlichen Pflichten erforderliche körperliche Eignung besitzt;

e)      nachweist, dass er gründliche Kenntnisse in einer Amtssprache der Europäischen Union und ausreichende Kenntnisse in einer weiteren Amtssprache in dem Umfang besitzt, in dem dies für die Wahrnehmung seiner dienstlichen Pflichten erforderlich ist.

(4)       Für die Einstellung von Europol-Bediensteten ist das Auswahlverfahren gemäß Anhang 2 anzuwenden.“

8        Art. 5 Abs. 1 des Anhangs 2 des Bedienstetenstatuts bestimmt: „Auf der Grundlage der Befähigung, der Erfahrung, des geforderten Profils und einer Vorauswahl gemäß Artikel 24 des [Bedienstetenstatuts] trifft der Prüfungsausschuss eine erste Auswahl unter den eingegangenen Bewerbungen.“

9        Im sechsten Erwägungsgrund des Beschlusses des Direktors von Europol vom 8. Dezember 2006 über die allgemeine Politik der Durchführung von Art. 6 des Bedienstetenstatuts (im Folgenden: Beschluss vom 8. Dezember 2006) heißt es:

„Grund für die Festlegung einer maximalen Dienstzeit für alle Europol-Bediensteten, die auf der Grundlage von zwei befristeten Verträgen für Dienstposten [die Bediensteten aus den zuständigen nationalen Behörden im Sinne des Art. 2 Abs. 4 des Europol-Übereinkommens vorbehalten sind] eingestellt werden, ist das Anliegen der Mitgliedstaaten, diese Europol-Bediensteten rotieren zu lassen und anschließend wieder im Dienst ihrer zuständigen nationalen Behörden zu verwenden (Rotationsprinzip) …“ („The reason for prescribing a maximum period of service for all Europol staff on bold posts under two fixed-term contracts is that the Member States want a rotation of such staff members who should subsequently be re-integrated into the service of their competent national authority [the rotation principle] …“).

10      Im 15. Erwägungsgrund des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 heißt es: „Auf der Grundlage einer vernünftigen Auslegung von Art. 6 und Anhang 2 des Bedienstetenstatuts ist es Europol nicht versagt, einen ehemaligen Europol-Bediensteten als Bewerber für einen neuen Dienstposten zuzulassen, wenn ein Abwesenheitszeitraum verstrichen und somit gewährleistet ist, dass sich alle internen und externen Bewerber für einen bestimmten Dienstposten in der gleichen Lage befinden und es keinem Bewerber möglich war, ein künftiges Auswahlverfahren zu beeinflussen.“ („Based on a reasonable interpretation of Article 6 and Appendix 2 of the Staff Regulations, Europol is not prevented from considering a previous staff member as eligible to apply for a new post following a period of absence which ensures that all candidates for a particular post, internal or external, are in an equal position and that no candidate may have influenced a forthcoming recruitment campaign“).

11      Art. 1 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 enthält Definitionen bestimmter Begriffe, die in dem Beschluss verwendet werden:

„[Nr. 1] ‚Europol-Dienstposten‘: jeder Dienstposten, der in der Liste der Europol-Dienstposten in Anhang 1 des Bedienstetenstatuts aufgeführt ist oder aufgeführt werden soll mit Ausnahme des Direktors, der stellvertretenden Direktoren und der örtlichen Bediensteten im Sinne der Art. 98 bis 100 des Bedienstetenstatuts [‚Europol Post‘: Any post that is included or is intended to be included in the list of Europol posts set out in Appendix 1 of the Staff Regulations, with the exception of the Director, the Deputy Directors and local staff as provided for by Articles 98-100 of the Staff Regulations];

[Nr. 6] ‚zuständige [nationale] Behörde‘: gemäß Art. 2 Abs. 4 des Europol-Übereinkommens alle in den Mitgliedstaaten bestehenden öffentlichen Stellen, soweit sie nach nationalem Recht für die Verhütung und die Bekämpfung von Straftaten zuständig sind [‚Competent Authority‘: In accordance with Article 2(4) of the Europol Convention, all public bodies existing in the Member States which are responsible under national law for preventing and combating criminal offences];

[Nr. 7] ‚in Fettschrift aufgeführter Dienstposten‘: jeder Dienstposten, der Bediensteten aus einer zuständigen Behörde vorbehalten ist [‚Bold Post‘: Any Europol post which can be filled only by staff engaged from a Competent Authority];

[Nr. 8] ‚nicht in Fettschrift aufgeführter Dienstposten‘: jeder Dienstposten, der nicht Bediensteten aus einer zuständigen Behörde vorbehalten ist [‚Non-bold Post‘: Any Europol post which can be filled by staff that do not need to be engaged from a Competent Authority].“

12      Art. 2 Nr. 3 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 bestimmt: „Unbeschadet des Art. 2 Nr. 4 dürfen Europol-Bedienstete mit Europol nur einen einzigen Ersteinstellungsvertrag schließen“ („Without prejudice to Article 2.4 below, only one First Contract shall be entered into with any individual“).

13      Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 bestimmt: „Nach Ablauf von 18 Monaten, in denen ein ehemaliger Bediensteter keinem Europol-Dienstposten zugeordnet war, und nach einem neuen Auswahlverfahren gilt jeder neue Beschäftigungsvertrag als Ersteinstellungsvertrag“ („After a period of 18 months during which a former member of staff has been detached from any Europol post, and following a new selection procedure, any new Employment Contract shall be deemed to be a First Contract“).

14      Art. 40 Abs. 3 des Europol-Übereinkommens lautet: „Hinsichtlich der Rechtsbehelfe, die von den Europol-Bediensteten eingelegt werden können, finden die Beschäftigungsbedingungen für die Bediensteten auf Zeit und die Hilfskräfte der Europäischen Gemeinschaften entsprechend Anwendung.“ Somit entsprechen die Bestimmungen der Art. 92 und 93 des Bedienstetenstatuts den Bestimmungen der Art. 90 und 91 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften, die gemäß Art. 117 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften entsprechend für die Bediensteten auf Zeit und die Hilfskräfte der Europäischen Gemeinschaften gelten.

 Sachverhalt

15      Der Kläger, ein deutscher Polizeibeamter, trat am 1. September 1999 als Erster Referent („first officer“) des Referats „Drogen“ in den Dienst von Europol. Sein Vertrag wurde gemäß Art. 6 erster Gedankenstrich des Bedienstetenstatuts in der Fassung vor der Annahme des Beschlusses des Rates vom 4. Dezember 2006 zur Änderung des Statuts der Bediensteten von Europol (ABl. C 311, S. 1) geschlossen und endete am 31. August 2005.

16      Ab diesem Zeitpunkt wurde der Kläger wieder im Dienst der deutschen Polizei verwendet, bei der er bereits vor dem 1. September 1999 beschäftigt gewesen war. Vom 1. September 2005 an war er von der deutschen Polizei als abgeordneter Sachverständiger („seconded expert“) zu Europol abgeordnet. Diese Abordnung, die ursprünglich bis zum 28. Februar 2007 befristet war, wurde durch einen Zusatz zum Vertrag über die Abordnung des Klägers bis zum 28. Februar 2008 verlängert. Der Kläger macht geltend, Europol habe ihm seit Beginn der Abordnung zu verstehen gegeben, dass er nach dem Ende der Abordnung „als Bediensteter zu Europol zurückkommen“ könne.

17      Am 13. Juli 2007 veröffentlichte Europol eine Stellenausschreibung für den Dienstposten eines Ersten Referenten („first officer“) im Referat „Drogen“ (im Folgenden: streitiger Dienstposten). Gemäß Nr. 3.1 der Stellenausschreibung, die die Überschrift „Allgemeine Bedingungen (Art. 24 des Bedienstetenstatuts)“ trug, musste der Inhaber des streitigen Dienstpostens u. a. „einer zuständigen nationalen Behörde eines Mitgliedstaats der Europäischen Union angehören und die bürgerlichen Ehrenrechte besitzen (in Fettschrift aufgeführte Dienstposten)“.

18      Der Kläger bewarb sich für den streitigen Dienstposten.

19      Der in Anhang 2 des Bedienstetenstatuts vorgesehene Prüfungsausschuss traf unter den Bewerbern eine erste Auswahl und setzte den Kläger auf Platz 1.

20      Am 10. Oktober 2007 teilte der Leiter des Referats „Drogen“ von Europol dem Kläger mündlich mit, dass seine Bewerbung nicht zugelassen werden könne, da er nicht die Voraussetzungen von Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 erfülle. Nach Ablauf seines mit Europol für den Zeitraum vom 1. September 1999 bis zum 31. August 2005 geschlossenen Vertrags sei der Kläger nicht ? wie dies die genannte Bestimmung vorschreibe ? mindestens 18 Monate keinem Europol-Dienstposten zugeordnet gewesen.

21      Am 11. Oktober 2007 legte der Kläger gegen die Entscheidung von Europol vom 10. Oktober 2007 Beschwerde ein, mit der er sich gegen die Auslegung von Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 durch Europol wandte.

22      Mit Entscheidung vom 23. Oktober 2007 wies Europol die Beschwerde zurück.

 Verfahren und Anträge der Parteien

23      Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen hat das Gericht die Parteien gemäß Art. 55 Abs. 2 Buchst. d der Verfahrensordnung aufgefordert, bestimmte Unterlagen vorzulegen.

24      Daraufhin hat der Kläger u. a. eine Abschrift des Beschäftigungsvertrags vorgelegt, der mit Europol für den Zeitraum vom 1. September 1999 bis zum 31. August 2005 geschlossen wurde. Europol hat eine Abschrift der Stellenausschreibung für den streitigen Dienstposten, Unterlagen zu zwei weiteren Bewerbern des Auswahlverfahrens für den streitigen Dienstposten, die der Kläger im Rahmen des Klagegrundes betreffend einen Verstoß gegen den „Gleichheitsgrundsatz“ angeführt hat, sowie die vom Kläger verfasste und vom Leiter des Referats „Drogen“ von Europol genehmigte Stellenbeschreibung des Dienstpostens eines zum Referat „Drogen“ abgeordneten Sachverständigen („Job description for the Seconded Expert to the Drugs Unit“) vorgelegt.

25      Der Kläger beantragt,

–        die Entscheidung von Europol vom 10. Oktober 2007 aufzuheben, ihn nicht zum Auswahlverfahren für den streitigen Dienstposten zuzulassen;

–        die Entscheidung vom 23. Oktober 2007 über die Zurückweisung seiner Beschwerde aufzuheben;

–        Europol die Kosten einschließlich der Anwaltskosten aufzuerlegen.

26      Europol beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

 Zum Gegenstand der Klage

27      Neben der Aufhebung der Entscheidung von Europol vom 10. Oktober 2007, ihn nicht zum Auswahlverfahren für den streitigen Dienstposten zuzulassen, beantragt der Kläger die Aufhebung der Entscheidung vom 23. Oktober 2007 über die Zurückweisung seiner Beschwerde. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass ein Aufhebungsantrag, der formal gegen die Entscheidung über die Zurückweisung einer Beschwerde gerichtet ist, in einem Fall, in dem diese Entscheidung keinen eigenständigen Gehalt hat, bewirkt, dass das Gericht mit der Maßnahme befasst wird, gegen die die Beschwerde gerichtet ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 17. Januar 1989, Vainker/Parlament, 293/87, Slg. 1989, 23, RandNr. 8; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 6. April 2006, Camós Grau/Kommission, T‑309/03, Slg. 2006, II‑1173, RandNr. 43; Urteil des Gerichts vom 4. September 2008, Duta/Gerichtshof, F‑103/07, Slg. ÖD 2008, I-A-1-0000 und II-A-1-0000, RandNr. 23, Rechtsmittel beim Gericht erster Instanz anhängig, Rechtssache T‑475/08 P).

28      Die Beschwerde des Klägers richtete sich gegen die Entscheidung von Europol vom 10. Oktober 2007, ihn nicht zum Auswahlverfahren für den streitigen Dienstposten zuzulassen. Folglich richtet sich seine Klage gegen diese Entscheidung.

 Rechtliche Würdigung

29      Der Kläger stützt seine Klage auf zwei Klagegründe, nämlich erstens eine fehlerhafte Anwendung von Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 und einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und zweitens einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

30      Zunächst ist der Klagegrund zu prüfen, der sich auf die fehlerhafte Anwendung von Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 und einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit richtet.

 Vorbringen der Parteien

31      Der Kläger ruft zunächst Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 in Erinnerung, dem zufolge nach Ablauf eines Zeitraums von 18 Monaten, in dem ein ehemaliger Europol-Bediensteter keinem Europol-Dienstposten („any Europol post“) zugeordnet sei, und nach einem neuen Auswahlverfahren jeder neue Beschäftigungsvertrag als Ersteinstellungsvertrag anzusehen sei.

32      Sodann macht er geltend, dass er nach Ablauf seines Vertrags mit Europol am 31. August 2005 als „abgeordneter Sachverständiger“ im Dienst von Europol gestanden habe. Diese Dienststellung sei jedoch nicht in Anhang 1 des Bedienstetenstatuts aufgeführt, weshalb er nicht mit der Begründung, dass er die Voraussetzungen von Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 nicht erfülle, vom Auswahlverfahren für den streitigen Dienstposten hätte ausgeschlossen werden dürfen.

33      Die von Europol eingeführte Unterscheidung zwischen „Europol post“ und „Europol Post“, je nachdem, ob „post“ groß- oder kleingeschrieben sei, lasse sich nicht auf den Beschluss vom 8. Dezember 2006 stützen. Falls ein begrifflicher Unterschied bestehe, müsste sich dies aus dem genannten Beschluss klar ergeben. Im Bedienstetenstatut und im Beschluss vom 8. Dezember 2006 würden beide Begriffe unterschiedslos verwendet.

34      Schließlich trägt der Kläger vor, dass er sechs Jahre im Dienst von Europol gestanden habe, während der Zeitraum, nach dessen Ablauf die „Rotation“ der Europol-Bediensteten erfolge, in der Zwischenzeit auf neun Jahre festgelegt worden sei.

35      Europol erinnert erstens an Sinn und Zweck von Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006. Art. 6 des Bedienstetenstatuts regle die Verträge von Bediensteten, die in Fettschrift aufgeführte Dienstposten („bold posts“) einnähmen, d. h. Dienstposten, die Bediensteten vorbehalten seien, die aus den nationalen Polizei- und Zollbehörden stammten und nach Beendigung ihres mit Europol geschlossenen Vertrags wieder in ihren jeweiligen Behörden verwendet würden. Gemäß Art. 6 des Bedienstetenstatuts seien diese Verträge daher zeitlich befristet, weshalb nach Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 eine Person, die zu den Europol-Bediensteten gehört habe, erst nach Ablauf eines „Abwesenheitszeitraums“ von 18 Monaten wieder einen Vertrag mit Europol schließen dürfe.

36      Zweitens sei der vom Kläger geltend gemachte Klagegrund unbegründet, und zwar sowohl im Licht des Wortlauts als auch des Regelungszwecks von Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006.

37      Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 enthalte zwei Voraussetzungen, die kumulativ vorliegen müssten. Der Kläger erfülle die erste Voraussetzung, wonach er Europol-Bediensteter gewesen sein müsse. Er sei jedoch nicht 18 Monate „keinem Europol-Dienstposten zugeordnet“ gewesen. Um im Sinne von Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 „keinem Europol-Dienstposten zugeordnet“ zu sein, dürfe keine rechtliche oder tatsächliche Beziehung zwischen Europol und dem ehemaligen Europol-Bediensteten bestehen.

38      Ausweislich des sechsten Erwägungsgrundes des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 seien sich die Vertragsstaaten des Europol-Übereinkommens einig, dass Europol-Bedienstete, die in Fettschrift aufgeführte Dienstposten einnähmen, nur für einen befristeten Zeitraum im Dienst von Europol ständen, damit ihre „Rotation“ und somit ihre Wiederverwendung in ihren nationalen Herkunftsbehörden ermöglicht werde. Die Formulierung „keinem Europol-Dienstposten zugeordnet“ in Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 sei dementsprechend auszulegen.

39      Außerdem dürfe sich ein ehemaliger Europol-Bediensteter nach dem 15. Erwägungsgrund des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 erst nach einem „Abwesenheitszeitraum“ auf einen neuen Dienstposten bewerben, damit die Gleichbehandlung aller Bewerber gewährleistet sei.

40      Vorliegend sei der Kläger am Tag nach Ablauf seines sechsjährigen Europol-Vertrags von seinem Staat als „abgeordneter Sachverständiger“ zu Europol abgeordnet worden. In dieser Eigenschaft habe er seine Tätigkeit für und unter der Aufsicht von Europol fortgesetzt.

41      Schließlich müsse der Kläger nachweisen, dass er alle Voraussetzungen von Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 erfülle. Er beschränke sich jedoch im Wesentlichen darauf, die Unterscheidung zwischen den Begriffen „Europol post“ und „Europol Post“ auf der Grundlage der Groß- bzw. Kleinschreibung des Wortes „post“ zu bestreiten.

 Würdigung durch das Gericht

42      Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 1 des Bedienstetenstatuts bestimmt: „Europol-Bediensteter im Sinne [des Bedienstetenstatuts] ist der Bedienstete, der zur Besetzung eines im Verzeichnis der Dienstposten in Anhang 1 aufgeführten Dienstpostens, mit Ausnahme der entsprechend ausgewiesenen Dienstposten für örtliche Bedienstete, eingestellt wird.“

43      Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 2 des Bedienstetenstatuts unterscheidet Dienstposten danach, ob sie „Bediensteten aus den zuständigen Behörden im Sinne von Artikel 2 Absatz 4 des Europol-Übereinkommens vorbehalten [sind] oder nicht“.

44      Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 3 des Bedienstetenstatuts bestimmt, dass einer Person, die zur Besetzung eines Dienstpostens eingestellt wird, der Bediensteten aus den zuständigen Behörden im Sinne von Art. 2 Abs. 4 des Europol-Übereinkommens vorbehalten ist, nur für diesen Dienstposten ein befristeter Vertrag angeboten werden kann. Diese Bestimmung verweist auf Art. 6 des Bedienstetenstatuts, der für befristete Verträge eine maximale Beschäftigungsdauer festlegt. Diese maximale Beschäftigungsdauer beläuft sich auf neun Jahre, und vor der Änderung von Art. 6 des Bedienstetenstatuts durch den Beschluss des Rates vom 4. Dezember 2006 zur Änderung des Statuts der Bediensteten von Europol betrug sie sechs Jahre.

45      Im vorliegenden Fall unterlag das Beschäftigungsverhältnis, in dem der Kläger vom 1. September 1999 bis zum 31. August 2005 stand, der zeitlichen Befristung nach Art. 2 Abs. 1 des Bedienstetenstatuts. Daher endete das Beschäftigungsverhältnis am 31. August 2005.

46      Die vorgeschriebene Höchstdauer von Beschäftigungsverträgen der Personen, die in Art. 2 Abs. 1 des Bedienstetenstatuts genannt werden, hindert Europol jedoch nicht daran, mit diesen Personen neue Beschäftigungsverträge abzuschließen, nachdem sie 18 Monate keinem Europol-Dienstposten zugeordnet waren. Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 bestimmt nämlich: „Nach Ablauf von 18 Monaten, in denen ein ehemaliger Bediensteter keinem Europol-Dienstposten zugeordnet war, und nach einem neuen Auswahlverfahren ist jeder neue Beschäftigungsvertrag als Ersteinstellungsvertrag anzusehen.“

47      In der vorliegenden Rechtssache ist streitig, ob die Beschäftigung, die der Kläger ab dem 1. September 2005 ausübte und die zunächst für eine Dauer von 18 Monaten vorgesehen war und anschließend bis zum 28. Februar 2008 verlängert wurde, eine Beschäftigung war, die nach Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 dazu führte, dass der Kläger für den streitigen Dienstposten nicht in Betracht kam.

48      Europol trägt nicht vor, dass der Kläger in seiner Eigenschaft als Sachverständiger, der zwischen dem 1. September 2005 und dem 28. Februar 2008 zu Europol abgeordnet war, einen der in Anhang 1 des Bedienstetenstatuts aufgeführten Dienstposten innehatte. Europol macht jedoch geltend, dass Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 durch die Formulierung „keinem Europol-Dienstposten“ („any Europol post“) nicht auf die Europol-Dienstposten beschränkt sei, die in Anhang 1 des Bedienstetenstatuts aufgeführt seien. Um diese Auffassung zu untermauern, hatte Europol in der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde des Klägers darauf hingewiesen, dass der Wortlaut von Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 sich nicht auf die Definition des Begriffs „Europol Post“ in Art. 1 Nr. 1 des genannten Beschlusses beziehe. Da das Wort „post“ in Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 nämlich nicht wie in Art. 1 Nr. 1 des Beschlusses großgeschrieben sei, beziehe sich der Begriff „Europol post“ auf alle Dienstposten innerhalb von Europol und nicht nur auf diejenigen, die in Art. 1 Nr. 1 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 genannt seien.

49      Der Kläger weist dieses Vorbringen von Europol in seiner Klageschrift zurück. Auf diesen Einwand des Klägers hat Europol in seiner Klageerwiderung nicht reagiert. Auf eine Frage des Berichterstatters in der mündlichen Verhandlung hat Europol jedoch erklärt, dass es sein Vorbringen zu den Schlussfolgerungen, die aus der Kleinschreibung des Wortes „post“ in Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 zu ziehen seien, letztlich aufrechterhalte.

50      Außerdem macht Europol geltend, dass der Wortlaut von Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 seine Auslegung der Bestimmungen dieses Artikels bestätige, da sich diese Bestimmung auf alle Europol-Dienstposten beziehe („detached from any Europol post“) und dies zeige, dass Art. 2 Nr. 4 nicht nur das Fehlen jeglicher Rechtsbeziehung, sondern auch das Fehlen einer tatsächlichen Beziehung zwischen Europol und dem ehemaligen Europol-Bediensteten voraussetze.

51      Schließlich trägt Europol vor, dass seine grammatikalische Auslegung der Bestimmungen von Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 durch die Analyse des Regelungszwecks dieser Vorschrift bestätigt werde.

52      Zunächst ist zu prüfen, ob eine grammatikalische Auslegung von Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 die Auffassung von Europol bestätigt.

53      Was zum einen die Frage betrifft, ob das Wort „post“ im Begriff „Europol post“ je nachdem, ob es groß- oder kleingeschrieben ist, unterschiedliche Bedeutung hat, ist erstens festzustellen, dass alle Begriffe, die in Art. 1 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 definiert werden, großgeschrieben sind.

54      Zweitens ist das Wort „post“ im Begriff „Europol post“ in allen Bestimmungen des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 (Art. 1 Nr. 7, Art. 1 Nr. 8, Art. 5 Nr. 5, Art. 5 Nr. 5.1, Art. 5 Nr. 5.2) und nicht nur in Art. 2 Nr. 4 kleingeschrieben, obwohl dieser Begriff offenkundig nicht in all diesen Bestimmungen eine andere Bedeutung hat als die Bedeutung, die in Art. 1 Nr. 1 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 festgelegt ist, da andernfalls die Definition des Begriffs „Europol Post“, wie sie in dem genannten Artikel aufgeführt ist, ausgehöhlt würde. Folglich wird im Beschluss vom 8. Dezember 2006 nicht systematisch ? d. h. je nachdem, ob „post“ groß- oder kleingeschrieben ist ? zwischen den Begriffen „Europol Post“ und „Europol post“ unterschieden.

55      Drittens wird in der englischen Fassung des Anhangs 1 des Bedienstetenstatuts das Wort „post“ sowohl in der Überschrift als auch im Fließtext kleingeschrieben.

56      Wenn der Urheber des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 eine Unterscheidung zwischen den Begriffen „Europol post“ und „Europol Post“ hätte einführen wollen, wäre es im Sinne einer guten Rechtsetzungspraxis angezeigt gewesen, dies im Beschluss klar erkennbar werden zu lassen, was nicht der Fall war.

57      Was zum anderen das Vorbringen betrifft, wonach die Verwendung des Wortes „any“ in der Formulierung „any Europol post“ in Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 zeige, dass sich diese Formulierung auf jede Art von Beschäftigungsverhältnis und nicht nur auf die in Anhang 1 des Bedienstetenstatuts genannten Dienstposten beziehe, ist festzustellen, dass dieses Argument nicht überzeugt. Man könnte diesen Begriff nämlich auch so verstehen, dass er sich auf jeden beliebigen Dienstposten im Sinne der Definition des Begriffs „Europol Post“ in Art. 1 Nr. 1 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 bezieht. Der Begriff „Europol Post“ ist in Art. 1 Nr. 1 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 als „any post“ der Liste in Anhang 1 des Bedienstetenstatuts definiert. Außerdem wird in Art. 1 Nrn. 7 und 8 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 die Formulierung „Any Europol post“ verwandt, obwohl sich diese Bestimmungen zweifellos nur auf die in Art. 1 Nr. 1 des Beschlusses definierten Dienstposten beziehen.

58      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die grammatikalische Auslegung von Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 es nicht zulässt, dem Begriff „Europol post“ eine andere Bedeutung als dem in Art. 1 Nr. 1 des Beschlusses definierten Begriff „Europol Post“ zuzuschreiben und somit die Auffassung von Europol zu bestätigen, wonach der Begriff „any Europol post“ auch Dienstposten erfassen soll, die nicht in Anhang 1 des Bedienstetenstatuts genannt sind.

59      Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass der Kläger, als er zwischen dem 1. September 2005 und dem 28. Februar 2008 als zu Europol abgeordneter Sachverständiger einen Dienstposten innehatte, der nicht in der Liste von Anhang 1 des Bedienstetenstatuts aufgeführt ist, im Sinne von Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 „keinem Europol-Dienstposten zugeordnet“ war.

60      Es steht nämlich fest, dass zwischen dem Kläger und Europol kein Vertrag für den Zeitraum vom 1. September 2005 bis zum 28. Februar 2008 geschlossen wurde. Die Abordnung des Klägers zu Europol als Sachverständiger geht auf eine Vereinbarung zwischen Europol und dem Polizeipräsidenten in Berlin zurück. In dieser Vereinbarung sind Stellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Klägers festgelegt. Außerdem enthalten weder das Bedienstetenstatut noch die dem Gericht von Europol übermittelten Europol-Beschlüsse Bestimmungen über abgeordnete Sachverständige. Aus diesen Feststellungen folgt, dass der Kläger als abgeordneter Sachverständiger ein Beamter der deutschen Polizei war, der Europol von der deutschen Polizei im Rahmen und unter den Bedingungen der Vereinbarung zur Verfügung gestellt wurde.

61      Es bleibt noch zu prüfen, ob die von Europol vorgetragenen tatsächlichen Umstände dieses Ergebnis in Frage stellen können.

62      Hierzu ist festzustellen, dass eines der Ziele, die der in Art. 6 des Bedienstetenstatuts festgelegten maximalen Dienstzeit zugrunde liegen, nach dem sechsten Erwägungsgrund des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 darin besteht, eine „Rotation“ der Bediensteten zu gewährleisten, indem Personen, die die Höchstdauer für eine Beschäftigung bei Europol erreicht haben, wieder im Dienst ihrer nationalen Behörde verwendet werden müssen.

63      In der vorliegenden Rechtssache hat Europol dem Gericht jedoch das Dokument „Job description for the Seconded Expert to the Drugs Unit“ vom 19. Juli 2006 vorgelegt, das vom Kläger verfasst und vom Leiter des Referats „Drogen“ von Europol genehmigt wurde und aus dem sich ergibt, dass sich der Kläger an den laufenden Tätigkeiten dieses Referats aktiv zu beteiligen und darüber hinaus Europol bei bestimmten Anlässen zu repräsentieren hatte und verpflichtet war, den Leiter des Referats „Drogen“ in dessen Abwesenheit zu vertreten. In dem Dokument heißt es auch: „In seiner Eigenschaft als abgeordneter Sachverständiger und im Rahmen seiner besonderen Aufgaben überwacht und koordiniert er die operativen Tätigkeiten der verschiedenen Sektionen des Referats ‚Drogen‘, er genehmigt und autorisiert die Verteilung operativer Dokumente, Berichte und sonstiger Materialien an externe Partner, gewährt den Vertretern der Medien Interviews und berät den Leiter des Referats ‚Drogen‘ zu Grundsatzfragen[; z]wischen dem Leiter des Referats ‚Drogen‘ und dem abgeordneten Sachverständigen finden tägliche Besprechungen statt“ („[i?n his capacity as Seconded Expert and his special tasking, he supervises and co-ordinates the operational activities in the various Sections of the Drugs Unit, approves and authorises the distribution, to external partners, of operational documents, reports and other products, gives interviews to the media and advises the Head of the Drugs Unit on policy matters[; d]aily meetings between the Head of the Drugs Unit and the Seconded Expert take place“).

64      Europol hat außerdem in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass der Kläger in seiner Eigenschaft als Erster Referent („first officer“) im Referat „Drogen“ dieselben Aufgaben wie als abgeordneter Sachverständiger wahrgenommen habe. Die Aufgaben hätten sich nicht geändert, und der Kläger sei stellvertretender Leiter („deputy head“) dieses Referats geblieben. Außerdem habe er nach Ablauf seines Vertrags am 31. August 2005 nicht in Berlin gearbeitet.

65      In der mündlichen Verhandlung hat Europol ferner erläutert, dass nach Ablauf des Vertrags des Klägers am 31. August 2005 praktische Überlegungen Europol dazu bewogen hätten, den Kläger auf einer anderen Rechtsgrundlage weiter bei Europol zu beschäftigen.

66      Der Kläger bestreitet nicht, dass das Dokument „Job description for the Seconded Expert to the Drugs Unit“ die ihm übertragenen Aufgaben zutreffend wiedergibt. Der Vertreter des Klägers hat jedoch in der mündlichen Verhandlung erklärt, der Kläger habe nicht „das Gefühl gehabt, dass es sich um [mit den vom Kläger in seiner Eigenschaft als Erster Referent (‚first officer‘) wahrgenommenen Tätigkeiten und Arbeiten] identische Tätigkeiten oder Arbeiten handelt; wäre dem so gewesen, [hätte der Kläger] es nicht für nötig gehalten, eine neue Aufgabenbeschreibung zu verfassen“. Außerdem hat der Kläger geltend gemacht, dass er als abgeordneter Sachverständiger nicht berechtigt gewesen sei, die Aufgaben eines stellvertretenden Leiters („deputy head“) des Referats „Drogen“ wahrzunehmen, da diese Aufgaben nur von einem Europol-Bediensteten wahrgenommen werden dürften.

67      Aus der Prüfung der rechtlichen und tatsächlichen Situation des Klägers in seiner Tätigkeit als abgeordneter Sachverständiger ergibt sich, dass dieser zwar formal am 1. September 2005 wieder bei der deutschen Polizei verwendet wurde, tatsächlich jedoch im Wesentlichen ? auf einer anderen Rechtsgrundlage ? die gleichen Aufgaben wie zuvor wahrnahm. Der Kläger hat im Übrigen nicht dargelegt, inwiefern sich seine Arbeit ab dem 1. September 2005 grundlegend geändert hatte.

68      Es ist jedoch festzustellen, dass Europol selbst zum einen verlangte, dass der Kläger seine Beschäftigung zum 31. August 2005 aufgab, damit die in Art. 6 des Bedienstetenstatuts vorgeschriebene Befristung der Laufzeit des Vertrags und seiner Verlängerungen eingehalten werden konnte. Zum anderen ließ Europol den Kläger in der Eigenschaft als abgeordneter Sachverständiger weiter in seinem Dienst arbeiten, was in Wirklichkeit eine kontinuierliche Tätigkeit des Klägers bei Europol gewährleistete und dem Kläger ermöglichte, sich einer tatsächlichen Wiederverwendung im Dienst seiner nationalen Behörde zu entziehen.

69      Unter diesen Umständen kann sich Europol nicht mit Erfolg auf die in den Randnrn. 63 bis 65 des vorliegenden Urteils dargelegten tatsächlichen Umstände stützen, um eine Auslegung von Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 zu verteidigen, die mit dessen eindeutigem und unmissverständlichem Wortlaut nicht vereinbar ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist nämlich in Ermangelung von Materialien, aus denen der Wille der Urheber einer Vorschrift zweifelsfrei hervorginge, von dem Text in seiner vorliegenden Fassung auszugehen und ihm der Sinn zu entnehmen, der sich bei grammatikalischer und logischer Auslegung ergibt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 1. Juni 1961, Simon/Gerichtshof, 15/60, Slg. 1961, 241, 262; Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, André/Kommission, F‑10/06, Slg. ÖD 2006, I‑A‑1‑183 und II‑A‑1‑755, RandNr. 44). Daher kann die Auslegung des Wortlauts eines Textes nicht durch eine Auslegung ersetzt werden, die sich auf Erwägungen tatsächlicher Art stützt, die an einen Einzelfall anknüpfen.

70      Der Klagegrund, der sich auf die fehlerhafte Anwendung von Art. 2 Nr. 4 des Beschlusses vom 8. Dezember 2006 stützt, greift somit durch. Folglich ist die Entscheidung von Europol vom 10. Oktober 2007 aufzuheben, ohne dass die übrigen vorgebrachten Klagegründe zu prüfen sind.

 Kosten

71      Nach Art. 87 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

72      Da Europol mit seinen Anträgen unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag des Klägers die gesamten Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung des Europäischen Polizeiamts (Europol) vom 10. Oktober 2007, Herrn Mölling nicht zum Auswahlverfahren für den Dienstposten eines Ersten Referenten („first officer“) im Referat „Drogen“ von Europol zuzulassen, wird aufgehoben.

2.      Europol trägt die gesamten Kosten.

Van Raepenbusch

Boruta

Kanninen

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 4. Juni 2009.

Die Kanzlerin

 

       Der Präsident

W. Hakenberg

 

       H. Kanninen

Die vorliegende Entscheidung sowie die darin zitierten und noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlichten Entscheidungen der Gemeinschaftsgerichte sind auf der Internetseite des Gerichtshofs verfügbar: www.curia.europa.eu


* Verfahrenssprache: Niederländisch.