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Vorabentscheidungsersuchen des Supreme Court (Irland), eingereicht am 25. März 2020 – G. D./The Commissioner of the Garda Síochána, Minister for Communications, Energy and Natural Ressources, Attorney General

(Rechtssache C-140/20)

Verfahrenssprache: Englisch

Vorlegendes Gericht

Supreme Court (Irland)

Parteien des Ausgangsverfahrens

Kläger/Rechtsmittelgegner: G. D.

Beklagte/Rechtsmittelführer: Commissioner of the Garda Síochána, Minister for Communications, Energy and Natural Resources and Attorney General

Vorlagefragen

Verstößt eine allgemeine/universelle Regelung über die Vorratsdatenspeicherung – auch wenn die Speicherung und der Zugang strengen Beschränkungen unterliegen - per se gegen Art. 15 der Richtlinie 2002/58/EG1 , ausgelegt im Licht der Charta?

Darf ein nationales Gericht bei der Prüfung der Frage, ob eine gemäß der Richtlinie 2006/24/EG2 umgesetzte nationale Maßnahme, die eine allgemeine Regelung für die Vorratsspeicherung von Daten vorsieht (mit den notwendigen strengen Kontrollen in Bezug auf die Vorratsspeicherung und/oder den Zugang), für mit dem Unionsrecht unvereinbar zu erklären ist, und insbesondere bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit einer solchen Regelung berücksichtigen, dass Diensteanbieter Daten für ihre eigenen kommerziellen Zwecke rechtmäßig auf Vorrat speichern dürfen und aus Gründen der nationalen Sicherheit, die nicht unter die Richtlinie 2002/58/EG fallen, möglicherweise auf Vorrat speichern müssen?

Welche Kriterien muss ein nationales Gericht bei der Beurteilung der Vereinbarkeit einer nationalen Regelung über den Zugang zu auf Vorrat gespeicherten Daten mit dem Unionsrecht und insbesondere mit den in der Charta verankerten Rechten anwenden, wenn es prüft, ob eine solche Zugangsregelung die erforderliche unabhängige vorherige Kontrolle, wie sie der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung festgelegt hat, vorsieht? Kann ein nationales Gericht in diesem Zusammenhang bei einer solchen Beurteilung das Vorhandensein einer nachträglichen gerichtlichen oder unabhängigen Kontrolle berücksichtigen?

Ist jedenfalls ein nationales Gericht verpflichtet, die Unvereinbarkeit einer nationalen Maßnahme mit Art. 15 der Richtlinie 2002/58/EG festzustellen, wenn die nationale Maßnahme eine allgemeine Regelung für die Vorratsspeicherung von Daten zum Zwecke der Bekämpfung schwerer Straftaten vorsieht und das nationale Gericht anhand aller verfügbaren Beweise zu dem Schluss gelangt ist, dass eine solche Vorratsspeicherung für die Erreichung des Ziels der Bekämpfung schwerer Straftaten sowohl wesentlich als auch zwingend erforderlich ist?

Wenn ein nationales Gericht feststellen muss, dass eine nationale Maßnahme mit Art. 15 der Richtlinie 2002/58/EG, ausgelegt im Licht der Charta, unvereinbar ist, darf es dann die zeitliche Wirkung einer solchen Feststellung begrenzen, wenn es sich davon überzeugt hat, dass es andernfalls zu „daraus resultierendem Chaos und einer Schädigung des öffentlichen Interesses“ käme (im Einklang mit dem Ansatz, der etwa im Urteil R (National Council for Civil Liberties) v Secretary of State for Home Department und Secretary of State for Foreign Affairs [2018] EWHC 975), Rn. 46, verfolgt wurde)?

Darf ein nationales Gericht, bei dem im Rahmen eines Verfahrens, das eingeleitet wurde, um Argumente zur Frage der Zulässigkeit von Beweisen in einem Strafverfahren zu stützen, oder in einem anderen Zusammenhang beantragt wird, die Unvereinbarkeit nationaler Rechtsvorschriften mit Art. 15 der Richtlinie 2002/58/EG festzustellen und/oder diese Rechtsvorschriften unangewendet zu lassen und/oder festzustellen, dass die Rechte eines Einzelnen durch die Anwendung dieser Rechtsvorschriften verletzt wurden, einen solchen Antrag in Bezug auf Daten zurückweisen, die gemäß der nationalen Bestimmung, die aufgrund der Verpflichtung nach Art. 288 AEUV zur getreuen Umsetzung der Bestimmungen einer Richtlinie in nationales Recht erlassen wurde, auf Vorrat gespeichert wurden, oder die Wirkung einer solchen Feststellung auf die Zeit nach dem 8. April 2014 begrenzen, als der Gerichtshof die Richtlinie 2006/24/EG für ungültig erklärte?

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1 Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) (ABl. 2002, L 201, S. 37).

2 Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG (ABl. 2006, L 105, S. 54).