Language of document : ECLI:EU:F:2012:43

BESCHLUSS DES PRÄSIDENTEN DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST DER EUROPÄISCHEN UNION

22. März 2012

Rechtssache F‑143/11 R

Luigi Marcuccio

gegen

Europäische Kommission

„Öffentlicher Dienst – Vorläufiger Rechtsschutz – Antrag auf Aussetzung des Vollzugs – Dringlichkeit – Fehlen“

Gegenstand: Antrag nach den Art. 278 AEUV und 157 EA sowie Art. 279 AEUV, der gemäß Art. 106a EA auch für den EAG-Vertrag gilt, u. a. auf Aussetzung des Vollzugs der Entscheidung der Kommission, mit der diese den – mit Schreiben vom 16. August 2011 gestellten – Antrag auf Zahlung von 3 316,31 Euro für die in der Rechtssache, in der das Urteil vom 15. Februar 2011, Marcuccio/Kommission (F‑81/09, Rechtsmittel beim Gericht der Europäischen Union anhängig, Rechtssache T‑238/11 P), ergangen ist, aufgewandten Kosten abgelehnt hat

Entscheidung: Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wird zurückgewiesen. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Leitsätze

1.      Vorläufiger Rechtsschutz – Aussetzung des Vollzugs – Einstweilige Anordnungen – Voraussetzungen – „Fumus boni iuris“ – Dringlichkeit – Kumulativer Charakter – Abwägung sämtlicher betroffener Belange – Reihenfolge und Art und Weise der Prüfung – Ermessen des für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständigen Richters

(Art. 278 AEUV und 279 AEUV; Verfahrensordnung des Gerichts für den öffentlichen Dienst, Art. 102 Abs. 2)

2.      Vorläufiger Rechtsschutz – Aussetzung des Vollzugs – Einstweilige Anordnungen – Voraussetzungen – Dringlichkeit – Schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden – Beweislast

(Art. 278 AEUV und 279 AEUV; Verfahrensordnung des Gerichts für den öffentlichen Dienst, Art. 102 Abs. 2)

1.      Nach Art. 102 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichts für den öffentlichen Dienst müssen Anträge auf einstweilige Anordnung u. a. die Umstände anführen, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt; ferner ist die Notwendigkeit der beantragten Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft zu machen.

Die Voraussetzungen hinsichtlich der Dringlichkeit und der Glaubhaftmachung des Anspruchs (fumus boni iuris) sind kumulativ, so dass ein Antrag auf einstweilige Anordnung zurückzuweisen ist, wenn eine dieser Voraussetzungen fehlt. Ferner hat der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter eine Interessenabwägung vorzunehmen.

Im Rahmen dieser Gesamtprüfung verfügt er über ein weites Ermessen, und er kann im Hinblick auf die Besonderheiten des Einzelfalls die Art und Weise, in der diese verschiedenen Voraussetzungen zu prüfen sind, sowie die Reihenfolge dieser Prüfung frei bestimmen, da keine Rechtsvorschrift ihm ein feststehendes Prüfungsschema für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer vorläufigen Entscheidung vorschreibt.

(vgl. Randnrn. 10 bis 12)

Verweisung auf:

Gericht für den öffentlichen Dienst: 3. Juli 2008, Plasa/Kommission, F‑52/08 R, Randnrn. 21 und 22 und die dort angeführte Rechtsprechung; 15. Februar 2011, de Pretis Cagnodo und Trampuz de Pretis Cagnodo/Kommission, F‑104/10 R, Randnr. 16

2.      Der Zweck des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes ist nicht die Sicherung von Schadensersatz, sondern die Gewährleistung der vollen Wirksamkeit des Urteils. Zur Erreichung des letztgenannten Ziels müssen die beantragten Maßnahmen in dem Sinne dringlich sein, dass es zur Verhinderung eines schweren und nicht wiedergutzumachenden Schadens für die Interessen des Antragstellers erforderlich ist, dass sie bereits vor der Entscheidung zur Hauptsache erlassen werden und ihre Wirkungen entfalten. Außerdem ist die Partei, die die einstweilige Anordnung beantragt, dafür beweispflichtig, dass sie die Entscheidung im Verfahren zur Hauptsache nicht abwarten kann, ohne einen derartigen Schaden zu erleiden.

(vgl. Randnr. 14)

Verweisung auf:

Gericht erster Instanz: 19. Dezember 2002, Esch-Leonhardt u. a./EZB, T‑320/02 R, Randnr. 27