Language of document : ECLI:EU:C:2019:378

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

8. Mai 2019(*)

„Rechtsmittel – Öffentlicher Dienst – Beamte – Auswahlverfahren – Aufhebungsurteil – Umfang der Aufhebung – Abwägung der bestehenden Interessen – Aufhebung der Reservelisten – Aufhebung der Entscheidungen, in diese Listen aufgenommene erfolgreiche Bewerber einzustellen“

In der Rechtssache C‑243/18 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 3. April 2018,

Europäisches gemeinsames Unternehmen für den ITER und die Entwicklung der Fusionsenergie, vertreten durch G. Poszler und R. Hanak als Bevollmächtigte,

Rechtsmittelführer,

andere Partei des Verfahrens:

Yosu Galocha, wohnhaft in Madrid (Spanien), Prozessbevollmächtigte: A. Asmaryan Degtyareva, abogada,

Kläger im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.‑C. Bonichot, der Richterin C. Toader sowie der Richter A. Rosas (Berichterstatter), L. Bay Larsen und M. Safjan,

Generalanwalt: M. Bobek,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 29. Januar 2019

folgendes

Urteil

1        Mit seinem Rechtsmittel beantragt das Europäische gemeinsame Unternehmen für den ITER und die Entwicklung der Fusionsenergie (im Folgenden: Fusion for Energy) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 25. Januar 2018, Galocha/Gemeinsames Unternehmen Fusion for Energy (T‑561/16, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2018:29), mit dem das Gericht u. a. die Reservelisten des Auswahlverfahrens F4E/CA/ST/FGIV/2015/001 sowie die Entscheidungen von Fusion for Energy, in diese Listen aufgenommene erfolgreiche Bewerber einzustellen, aufgehoben hat.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits und vor dem Gericht angefochtene Entscheidungen

2        Fusion for Energy, ein „gemeinsames Unternehmen“ im Sinne von Art. 45 des Euratom-Vertrags, wurde durch die Entscheidung 2007/198/Euratom des Rates vom 27. März 2007 (ABl. 2007, L 90, S. 58) errichtet. Nach Art. 4 („Rechtspersönlichkeit“) des Anhangs dieser Entscheidung besitzt dieses Unternehmen Rechtspersönlichkeit und im Gebiet jedes seiner Mitglieder die weitestgehende Rechts- und Geschäftsfähigkeit, die juristischen Personen nach dessen nationalen Rechtsvorschriften zuerkannt ist.

3        Herr Yosu Galocha arbeitete ab dem 23. April 2014 als Zeitarbeitskraft in den Räumlichkeiten von Fusion for Energy in Barcelona (Spanien) und ab dem 5. Mai 2015 als externer Dienstleistungserbringer. Im Februar 2016 endete der Vertrag zwischen Fusion for Energy und dem Unternehmen, für das Herr Galocha arbeitete. Seitdem arbeitet er nicht mehr in den Räumlichkeiten von Fusion for Energy.

4        Am 5. Februar 2015 veröffentlichte Fusion for Energy auf seiner Webseite die Stellenausschreibung F4E/CA/ST/FGIV/2015/001 zur Bildung zweier Reservelisten zur Besetzung von Referentenstellen im Bereich Kostenkontrolle – eine Liste mit vier erfolgreichen Bewerbern für die Niederlassung in Barcelona und eine andere mit ebenfalls vier erfolgreichen Bewerbern für die Niederlassung in Cadarache (Frankreich).

5        Erfolgreiche Bewerber sollten gemäß Art. 3a der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union (im Folgenden: BBSB) für höchstens drei Jahre (nicht verlängerbar) als Bedienstete auf Zeit eingestellt werden. Für zusätzliche Informationen zum Auswahlverfahren für Vertragsbedienstete wurde unter Nr. 3 der fraglichen Stellenausschreibung auf einen Leitfaden für Bewerber auf der Webseite von Fusion for Energy und auf die BBSB verwiesen.

6        Dieser Leitfaden war während des Auswahlverfahrens abrufbar. Abschnitt 5 lautete „Überblick über das Auswahlverfahren“.

7        Darin war die Einsetzung eines Auswahlausschusses vorgesehen.

8        Abschnitt 5 des Teils 1 („Bewertung der Bewerber“) dieses Leitfadens sah in Abs. 3 vor, dass die zugelassenen Bewerber mit den besten Profilen zu schriftlichen und mündlichen Prüfungen eingeladen werden sollten. Abs. 5 dieses Abschnitts 5 sah vor, dass den zugelassenen Bewerbern Einzelheiten zu Datum, Uhrzeit und Ort dieser schriftlichen und mündlichen Prüfungen in der Einladung mitgeteilt würden. Nach Abs. 6 dieses Abschnitts 5 schließlich sollten die Bewerber, je nach Bewerberzahl, die schriftlichen und mündlichen Prüfungen entweder an einem oder an mehreren Tagen absolvieren.

9        Abschnitt 5 des Teils 2 („Auswahl“) des Leitfadens für Bewerber enthielt nacheinander die Titel „Mündliche Prüfung“, „Schriftliche Prüfung“ und „Verfahren bei den Prüfungen“.

10      Unter dem genannten Titel betreffend die mündliche Prüfung war vorgesehen, dass diese Prüfung den Mitgliedern des Auswahlausschusses dabei helfen sollte, das allgemeine Auftreten und die Motivation der Bewerber, ihre Fähigkeit, die unter dem Titel „Aufgabenbereiche“ der fraglichen Stellenausschreibung genannten Aufgaben auszuführen, ihr Fachwissen in dem betreffenden Bereich, ihre Fähigkeit, sich in den Arbeitssprachen von Fusion for Energy auszudrücken und ihre Fähigkeiten, sich einer multikulturellen Arbeitsumgebung anzupassen, zu bewerten.

11      Unter dem Titel „Schriftliche Prüfung“ sah der fragliche Abschnitt 5 vor, dass in dieser Prüfung die spezifischen Fähigkeiten für die zu besetzende Stelle, für die das Auswahlverfahren stattfand, die Qualität des schriftlichen Ausdrucks der Bewerber und die Darstellung sowie ihre allgemeinen Fähigkeiten und Sprachkenntnisse, soweit sie für die Erfüllung der Aufgaben von Bedeutung wären, berücksichtigt werden sollten.

12      Unter dem genannten Titel „Verfahren bei den Prüfungen“ sah Abs. 2 vor, dass die Bewertung der Bewerber nur dann abgeschlossen werde, wenn jeder Bewerber an beiden Prüfungen – der mündlichen und der schriftlichen – teilgenommen habe, und dass diese Bewertung auf der Grundlage der in beiden Prüfungen erreichten Ergebnisse erfolgen werde. Abs. 5 verbot jede Art von Kontakt zu Mitgliedern des Auswahlausschusses.

13      Am 26. Februar 2015 bewarb sich Herr Galocha für das durch die fragliche Stellenausschreibung eingeleitete Auswahlverfahren.

14      Mit E‑Mail vom 17. April 2015 lud das Personalreferat von Fusion for Energy Herrn Galocha zu einem Gespräch ein. In einem Schreiben in der Anlage zu dieser E‑Mail wurde er darüber informiert, dass das Gespräch ungefähr 45 Minuten dauern und hauptsächlich in englischer Sprache geführt werde, mit dem Ziel, den Mitgliedern des Auswahlausschusses dabei zu helfen, sein allgemeines Auftreten und seine Motivation, seine Fähigkeit, die unter dem Titel „Aufgabenbereiche“ der fraglichen Stellenausschreibung genannten Aufgaben auszuführen, sein Fachwissen in dem betreffenden Bereich, seine Fähigkeit, sich in den Arbeitssprachen von Fusion for Energy auszudrücken, sowie seine Fähigkeit, sich einer multikulturellen Arbeitsumgebung anzupassen, zu bewerten. Eine schriftliche Prüfung wurde in diesem Schreiben nicht erwähnt.

15      Am 11. Mai 2015 nahm Herr Galocha an der mündlichen Prüfung des fraglichen Auswahlverfahrens teil.

16      Weder Herrn Galocha noch den anderen Bewerbern wurde eine Einladung zur schriftlichen Prüfung zugeschickt.

17      Mit E‑Mail vom 4. Juni 2015 informierte der Leiter des Personalreferats von Fusion for Energy Herrn Galocha im Namen des Auswahlausschusses darüber, dass der Auswahlausschuss angesichts der mündlichen und der schriftlichen Prüfung, an denen er teilgenommen habe, beschlossen habe, seinen Namen nicht in die Reservelisten aufzunehmen.

18      Am selben Tag stellte Herr Galocha beim Auswahlausschuss einen Antrag auf Überprüfung dieser Entscheidung, in dem er geltend machte, eine schriftliche Prüfung sei nicht abgehalten worden, und beantragte, die Ergebnisse der allein aufgrund der mündlichen Prüfung getroffenen Auswahl aufzuheben und die schriftliche Prüfung abzuhalten, bevor der Auswahlausschuss eine endgültige Entscheidung treffe.

19      Am selben Tag legte Herr Galocha auch bei der zum Abschluss von Dienstverträgen befugten Stelle (AHCC) – dem Direktor von Fusion for Energy – eine Beschwerde nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) ein, welches nach Art. 117 der BBSB auch auf Vertragsbedienstete anwendbar ist. Seine Beschwerde war auf dieselben Argumente und dieselben Anträge auf Aufhebung und auf Abhaltung von Prüfungen gestützt, die er gegenüber dem Auswahlausschuss vorgebracht bzw. gestellt hatte.

20      Mit E‑Mail vom 3. Juli 2015 wies der Auswahlausschuss den Antrag auf Überprüfung von Herrn Galocha zurück.

21      Die auf Grundlage der Ergebnisse des fraglichen Auswahlverfahrens erstellten Reservelisten enthielten jede die Namen vier erfolgreicher Bewerber. Der Name von Herrn Galocha war nicht darunter.

22      Am 25. Juni 2015 machte Fusion for Energy einem der erfolgreichen Bewerber auf diesen Listen ein Einstellungsangebot. Am 1. August 2015 trat er seine Stelle in Cadarache an. Am 10. Juli 2015 machte Fusion for Energy einem anderen erfolgreichen Bewerber ein Einstellungsangebot. Er trat am 1. November 2015 in Cadarache seine Stelle an.

 Verfahren im ersten Rechtszug

23      Mit Klageschrift, die am 18. August 2015 bei der Kanzlei des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union einging, erhob Herr Galocha eine Klage, mit der er beantragte,

–      das Auswahlverfahren F4E/CA/ST/FGIV/2015/001 von Fusion for Energy zur Besetzung von Referentenstellen im Bereich Kostenkontrolle aufzuheben;

–      die infolge des streitigen Auswahlverfahrens erstellten Reservelisten aufzuheben;

–      die Ernennung der ausgewählten Bewerber auf die zu besetzenden Stellen und die Übernahme dieser Stellen durch die vom Auswahlausschuss vorgeschlagenen und vom Direktor von Fusion for Energy ausgewählten Bewerber aufzuheben;

–      festzustellen, dass die Durchführung eines neuen Auswahlverfahrens für Referentenstellen im Bereich Kostenkontrolle begründet ist;

–      festzustellen, dass im Rahmen des neuen Auswahlverfahrens für Referentenstellen im Bereich Kostenkontrolle eine schriftliche Prüfung zweckmäßig ist und dass es begründet ist, diese im Hinblick auf die Auswahl der Bewerber unverzüglich abzuhalten;

–      festzustellen, dass die in der aktualisierten Fassung des Leitfadens für Bewerber vorgesehene Befugnis von Fusion for Energy, im Rahmen der Auswahlverfahren keine schriftliche Prüfung abzuhalten, missbräuchlich ist, und diese Befugnis aufzuheben;

–      alle sonstigen für zweckdienlich erachteten Maßnahmen anzuordnen, um das Auswahlverfahren im Einklang mit den Regeln, die in der fraglichen Stellenausschreibung vorgesehen und die in dem darin genannten Leitfaden für Bewerber erläutert sind, erneut durchzuführen, wobei die mündliche und die schriftliche Prüfung zwingend abzuhalten sind, und

–      Fusion for Energy die Kosten aufzuerlegen.

24      Gemäß Art. 51 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 21. Mai 2014 (ABl. 2014, L 206, S. 1) wurde im Amtsblatt der Europäischen Union vom 5. Oktober 2015 (ABl. 2015, C 328, S. 37) eine Mitteilung veröffentlicht, in der der Tag der Einreichung der Klageschrift, der Name des Beklagten, der Streitgegenstand und eine Beschreibung des Rechtsstreits sowie die Klageanträge angegeben waren.

25      Mit einem ebenfalls am 18. August 2015 eingereichten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ersuchte Herr Galocha den Präsidenten des Gerichts für den öffentlichen Dienst, den Vollzug der Entscheidungen auszusetzen, mit denen Fusion for Energy Ernennungen auf Referentenstellen im Bereich Kostenkontrolle vorgenommen hat, oder hilfsweise anzuordnen, dass die betreffenden Referenten ihre Tätigkeit bis auf Weiteres nicht ausüben dürfen, sofern sie sie bereits wahrnehmen.

26      Am 20. August 2015 wurde das Hauptverfahren gemäß Art. 91 Abs. 4 Satz 2 des Statuts bis zur Entscheidung über die von Herrn Galocha eingereichte Beschwerde ausgesetzt. Diese wurde am 30. September 2015 zurückgewiesen.

27      In seinem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hatte Herr Galocha u. a. geltend gemacht, dass im Fall einer Aufhebung der angefochtenen Ernennungen den Bediensteten, denen diese Ernennungen zugutegekommen seien, bei dem neu durchzuführenden Auswahlverfahren Vorteile aus den theoretischen und praktischen Kenntnissen erwüchsen, die sie seit ihrer Ernennung im Rahmen ihrer Aufgaben erworben hätten. Nach Ansicht von Herrn Galocha bestünde ferner „möglicherweise die Gefahr“, dass Fusion for Energy den fraglichen Bediensteten bei dem neuen Auswahlverfahren eine Vorzugsbehandlung zuteilwerden lasse, da es für Fusion for Energy von Vorteil wäre, einen Bewerber einzustellen, der bereits Erfahrung auf der zu besetzenden Stelle erworben habe.

28      Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wurde mit Beschluss vom 1. Oktober 2015, Galocha/Gemeinsames Unternehmen Fusion for Energy (F‑117/15 R, EU:F:2015:114), zurückgewiesen. Die Kostenentscheidung blieb vorbehalten. In dem Beschluss stellte der Präsident des Gerichts für den öffentlichen Dienst fest, dass „dem ersten Anschein nach“ der von Herrn Galocha geltend gemachte Klagegrund der Nichtbeachtung der betreffenden Stellenausschreibung und des Leitfadens für Bewerber begründet sei und demnach ein fumus boni iuris bestehe. In Rn. 30 dieses Beschlusses führte der genannte Präsident aus, dass „die prima facie festgestellte Rechtswidrigkeit nicht nur die Situation [von Herrn Galocha] betrifft, sondern sich auf das Auswahlverfahren in seiner Gesamtheit auswirkt“.

29      In diesem Beschluss befand der Präsident des Gerichts für den öffentlichen Dienst:

„29      Nach ständiger Rechtsprechung wird einem Bewerber, der durch eine Unregelmäßigkeit bei einem Auswahlverfahren zur Bildung einer Einstellungsreserve benachteiligt wurde, durch die im Anschluss an dieses Auswahlverfahren getroffenen Entscheidungen kein nicht wiedergutzumachender Schaden zugefügt, da seine Rechte für den Fall, dass eine Prüfung im Rahmen des Auswahlverfahrens für rechtswidrig erklärt wird, dann angemessen geschützt sind, wenn der Prüfungsausschuss und die Anstellungsbehörde ihre Entscheidung überprüfen und für diesen Bewerber eine faire Lösung anstreben, ohne dass das Ergebnis des Auswahlverfahrens insgesamt in Frage gestellt werden müsste oder die im Anschluss an dieses Verfahren ausgesprochenen Ernennungen aufgehoben werden müssten (Beschluss vom 1. Februar 2007, Bligny/Kommission, F‑142/06 R, EU:F:2007:20, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30      Diese Rechtsprechung betrifft jedoch die Folgen eines allgemeinen Auswahlverfahrens und nicht die Folgen eingeschränkterer Auswahlprüfungen, wie derjenigen, an der [Herr Galocha] teilgenommen hat. Außerdem hat dieser in seiner Klageschrift zwar die Aufhebung der Reserveliste und der erfolgten Ernennungen beantragt, aus dem Sachverhalt ergibt sich jedoch, dass das streitige Auswahlverfahren nur zur Bildung zweier Reservelisten geführt hat, in die insgesamt acht erfolgreiche Bewerber aufgenommen wurden, sowie zur Ernennung eines dieser Bewerber, wobei eine zweite Ernennung zum Zeitpunkt der Einreichung des vorliegenden Antrags gerade vorgenommen wurde. Die prima facie festgestellte Rechtswidrigkeit betrifft zudem nicht nur die Situation [von Herrn Galocha], sondern wirkt sich auf das Auswahlverfahren in seiner Gesamtheit aus. Daher kann die Rechtsprechung [im Beschluss vom 1. Februar 2007, Bligny/Kommission (F‑142/06 R, EU:F:2007:20)], die sich auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gründet, im vorliegenden Fall keine Anwendung finden und nicht dazu führen, dass der Antrag auf Aussetzung des Vollzugs wegen fehlender Dringlichkeit zurückgewiesen wird.

31      Die Stellen, die ein Auswahlverfahren wiederholen oder wieder aufnehmen, nachdem die nach Abschluss dieses Verfahrens erfolgten Ernennungen durch ein Urteil aufgehoben worden sind, dürfen bei der Abwägung der Befähigungsnachweise und Verdienste der Bewerber jedoch nicht die Erfahrung der Bewerber berücksichtigen, die diese bei der Ausübung der Tätigkeiten erworben haben, die mit der aufgehobenen Ernennung verbunden waren. In einem solchen Fall sind die Dienstzeiten und die Erfahrung, die die ernannten erfolgreichen Bewerber, deren Ernennung aufgehoben worden ist, zurückgelegt bzw. erworben haben, so zu behandeln, als wären sie nicht vorhanden. Im Fall einer Wiederaufnahme des Auswahlverfahrens haben die zuständigen Stellen, wenn sie die Verdienste der Bewerber gegeneinander abwägen, vielmehr darauf zu achten, dass sie den betreffenden Personen keinen ungerechtfertigten Vorteil einräumen. Dass ‚möglicherweise die Gefahr‘ bestehe, dass die AHCC den nach dem streitigen Auswahlverfahren ernannten Bediensteten eine Vorzugsbehandlung zuteilwerden lasse, ist eine bloße Behauptung, und es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die AHCC rechtswidrig handeln würde, indem sie die Erfahrung berücksichtigt, die die von aufgehobenen Ernennungen Begünstigten erworben haben.“

30      Am 1. Oktober 2015 hob das Gericht für den öffentlichen Dienst die Aussetzung des Hauptverfahrens auf.

31      Nach Art. 3 der Verordnung (EU, Euratom) 2016/1192 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2016 über die Übertragung der Zuständigkeit für die Entscheidung im ersten Rechtszug über die Rechtsstreitigkeiten zwischen der Europäischen Union und ihren Bediensteten auf das Gericht (ABl. 2016, L 200, S. 137) ist die vorliegende Rechtssache in dem Stadium, in dem sie sich am 31. August 2016 befand, auf das Gericht übertragen worden.

32      In seiner Klagebeantwortung führte Fusion for Energy aus, dass lediglich zwei Bewerber einen Vertrag erhalten hätten, von denen einer am 1. August 2015 und der zweite am 1. November 2015 seinen Dienst angetreten habe. Fusion for Energy wies ferner darauf hin, dass es infolge des Antrags auf einstweilige Anordnungen beschlossen habe, die Nutzung der Reservelisten bis zum Erlass einer Entscheidung in der vorliegenden Rechtssache auszusetzen. In Beantwortung einer Frage des Gerichts erklärte Fusion for Energy, dass es lediglich eine Reserveliste gebe, die aus zwei Teilen bestehe, einer mit den Bewerbern für Barcelona und der andere mit den Bewerbern für Cadarache, und dass in beiden Teilen dieselben erfolgreichen Bewerber aufgeführt seien.

33      Am 14. September 2017 fand eine mündliche Verhandlung statt.

 Das angefochtene Urteil

34      Das Gericht war der Ansicht, dass der Auswahlausschuss, indem er Herrn Galocha und die anderen zugelassenen Bewerber bewertet habe, ohne eine schriftliche Prüfung abgehalten zu haben, die Bestimmungen der betreffenden Stellenausschreibung nicht beachtet habe, obwohl er diese zu befolgen gehabt habe, so dass das betreffende Auswahlverfahren rechtsfehlerhaft gewesen sei.

35      Es hob daher die Entscheidung des Auswahlausschusses, den Namen von Herrn Galocha nicht in die Reservelisten des Auswahlverfahrens F4E/CA/ST/FGIV/2015/001 aufzunehmen, auf.

36      Zu den Anträgen, mit denen Herr Galocha die Aufhebung der infolge des Auswahlverfahrens erstellten Reservelisten sowie die Aufhebung der Entscheidungen, in diese Listen aufgenommene erfolgreiche Bewerber einzustellen, begehrte, wies das Gericht in Rn. 65 des angefochtenen Urteils darauf hin, dass grundsätzlich die Rechtslage wiederherzustellen sei, in der sich Herr Galocha vor der vom Auswahlausschuss begangenen Rechtsverletzung befunden habe.

37      In Rn. 66 des angefochtenen Urteils erklärte es, dass, wenn die Wiederherstellung der vorherigen Rechtslage nicht nur die Aufhebung einer dem Kläger geltenden und ihn beschwerenden Handlung, sondern auch die Aufhebung von Folgehandlungen bedeute, die Dritten gälten und für diese vorteilhaft seien, diese Folgehandlungen nur dann aufgehoben würden, wenn dies angesichts der begangenen Rechtsverletzung, der Belange der Dritten und des dienstlichen Interesses nicht unverhältnismäßig erscheine (Urteil vom 31. März 2004, Girardot/Kommission, T‑10/02, EU:T:2004:94, Rn. 85).

38      Was die Belange der Dritten angeht, wies das Gericht in Rn. 67 des angefochtenen Urteils ferner darauf hin, dass angesichts des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des Grundsatzes des Vertrauensschutzes der Vertrauensschutz der Dritten zu beachten sei, der sich insbesondere auf das Aufnehmen ihres Namens in die Reserveliste und ihre Ernennung auf die zu besetzende Stelle beziehen könne (Urteil vom 31. März 2004, Girardot/Kommission, T‑10/02, EU:T:2004:94, Rn. 86) oder auch auf die Entscheidung, ihnen eine Stelle anzubieten.

39      In den Rn. 68 und 69 des angefochtenen Urteils würdigte das Gericht die fragliche Situation wie folgt:

„68      Im vorliegenden Fall können sich die erfolgreichen Bewerber, deren Namen auf den Reservelisten standen, einschließlich derer, die von Fusion for Energy Stellenangebote erhalten haben, nicht auf den Vertrauensschutz berufen. Die betreffende Stellenausschreibung sah nämlich eine schriftliche Prüfung vor. Trotzdem wurden die Reservelisten erstellt und die Stellen angeboten, ohne dass diese Bewerber sich dieser Prüfung hätten unterziehen müssen.

69      Außerdem ist angesichts der Art der Rechtsfehlerhaftigkeit die Aufhebung der Reservelisten und der Entscheidungen, in diese Listen aufgenommene erfolgreiche Bewerber einzustellen, auch angesichts des dienstlichen Interesses nicht unverhältnismäßig. Die Rechtsfehlerhaftigkeit betraf nämlich die Bewertung aller Bewerber und kann daher nicht durch Maßnahmen behoben werden, die nur [Herrn Galocha] betreffen. Auch hat das vorliegende Auswahlverfahren nur einen sehr begrenzten Umfang.“

40      Das Gericht gab daher den Anträgen von Herrn Galocha statt und hob die Reservelisten des Auswahlverfahrens F4E/CA/ST/FGIV/2015/001 sowie die Entscheidungen von Fusion for Energy, in diese Reservelisten aufgenommene erfolgreiche Bewerber einzustellen, auf. Es wies die Klage im Übrigen ab und verurteilte Fusion for Energy zur Tragung der Kosten.

 Rechtsmittelanträge

41      Mit seinem Rechtsmittel beantragt Fusion for Energy,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit das Gericht damit die Reservelisten des Auswahlverfahrens F4E/CA/ST/FGIV/2015/001 und die Entscheidungen von Fusion for Energy, in diese Reservelisten aufgenommene erfolgreiche Bewerber einzustellen, aufgehoben hat, und

–        Herrn Galocha die im Rechtsmittelverfahren und im Verfahren des ersten Rechtszugs entstandenen Kosten aufzuerlegen, soweit im endgültigen Urteil des Gerichtshofs die Aufhebung ausgesprochen wird.

42      Herr Galocha, der Kläger im ersten Rechtszug, hat keine Rechtsmittelbeantwortung eingereicht.

 Zum Rechtsmittel

43      Zur Stützung seines Rechtsmittels trägt Fusion for Energy einen einzigen Rechtsmittelgrund vor, mit dem es einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geltend macht. Seiner Ansicht nach hat das Gericht zu Unrecht die im Anschluss an das angefochtene Auswahlverfahren erstellten Reservelisten und die Entscheidungen, in diese Reserveliste aufgenommene Personen einzustellen, aufgehoben.

 Zum ersten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes

 Vorbringen des Rechtsmittelführers

44      Mit dem ersten Teil seines einzigen Rechtsmittelgrundes macht Fusion for Energy geltend, dass das Gericht den in der Rechtsprechung verankerten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht beachtet habe, nach dem im Fall eines Auswahlverfahrens zur Auswahl von Beamten die Aufhebung sämtlicher Ergebnisse grundsätzlich eine überzogene Sanktion für den begangenen Rechtsverstoß darstelle, und zwar unabhängig von der Art des Verstoßes und des Umfangs seiner Auswirkungen auf die Ergebnisse des Auswahlverfahrens. Hingegen nehme der Unionsrichter nur bei Beförderungen eine Einzelfallprüfung vor.

45      Fusion for Energy ist der Ansicht, dass dieser Grundsatz angesichts der Ähnlichkeit zwischen der Auswahl von Beamten und der Auswahl von anderen Bediensteten im vorliegenden Fall zur Anwendung hätte kommen müssen. Diese Verfahren verfolgten nämlich insoweit dasselbe Ziel, als sie den Beginn der Beziehung zwischen dem Unionsorgan und dem Bewerber darstellten, anders als eine Beförderungsentscheidung, die die Beziehung zwischen einem Beamten und seinem Organ nicht verändere.

 Würdigung durch den Gerichtshof

46      Wie der Gerichtshof ausgeführt hat, muss ein Unionsgericht, wenn es über die Konsequenzen entscheidet, die sich aus der Nichtigerklärung einer die Verfahren zur Auswahl von Mitarbeitern der Union betreffenden Maßnahme ergeben, einen Ausgleich zwischen den Interessen der durch eine Unregelmäßigkeit im Rahmen des Auswahlverfahrens benachteiligten Bewerber und den Interessen der übrigen Bewerber anstreben, so dass es nicht nur die Notwendigkeit zu berücksichtigen hat, die Rechte der benachteiligten Bewerber wiederherzustellen, sondern auch dem schutzwürdigen Vertrauen der bereits ausgewählten Bewerber Rechnung tragen muss (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Juli 1993, Kommission/Albani u. a., C‑242/90 P, EU:C:1993:284, Rn. 14, und vom 26. März 2019, Spanien/Parlament, C‑377/16, EU:C:2019:249, Rn. 83).

47      Dazu muss dieses Gericht die Art der fraglichen Unregelmäßigkeit und ihre Auswirkungen berücksichtigen sowie die verschiedenen in Betracht kommenden Maßnahmen, um die Notwendigkeit, die Rechte des benachteiligten Klägers wiederherzustellen, die Lage Dritter und das dienstliche Interesse miteinander in Einklang zu bringen. Wie der Präsident des Gerichts für den öffentlichen Dienst im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes im vorliegenden Rechtsstreit zutreffend erklärt hat (Beschluss vom 1. Oktober 2015, Galocha/Gemeinsames Unternehmen Fusion for Energy, F‑117/15 R, EU:F:2015:114, Rn. 30), können die Zahl der von der Unregelmäßigkeit des Auswahlverfahrens betroffenen Personen und die Zahl der erfolgreichen Bewerber für diese Würdigung relevant sein.

48      Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass die Folgen, die sich aus der Aufhebung einer Maßnahme im Zusammenhang mit Verfahren zur Auswahl des Personals der Union ergeben, unter Berücksichtigung der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles festzustellen sind. Folglich gibt es keine rechtliche Regel, wonach die Ergebnisse eines Auswahlverfahrens niemals aufgehoben werden könnten, da eine solche Aufhebung notwendig eine unverhältnismäßige Folge des begangenen Rechtsverstoßes darstellen würde.

49      Dieses Ergebnis wird durch die jüngere Rechtsprechung des Gerichtshofs gestützt, insbesondere durch die Rechtssache, in der das Urteil vom 26. März 2019, Spanien/Parlament (C‑377/16, EU:C:2019:249, Rn. 86), ergangen ist, mit dem der Gerichtshof nicht nur eine Aufforderung zur Interessenbekundung für Chauffeurstellen wegen diskriminierender Voraussetzungen in Bezug auf die Sprachkenntnisse der Bewerber, sondern auch die Datenbank mit den Namen der für eine Einstellung in Betracht kommenden Bewerber für nichtig erklärt hat, da davon ausgegangen werden konnte, dass diese von den gleichen diskriminierenden Voraussetzungen betroffen war.

50      Angesichts des Vorstehenden ist festzustellen, dass die Aufhebung sämtlicher Ergebnisse des Auswahlverfahrens durch das Gericht unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht rechtsfehlerhaft ist.

51      Folglich ist der erste Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes von Fusion for Energy als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes

 Vorbringen des Rechtsmittelführers

52      Mit dem zweiten Teil seines einzigen Rechtsmittelgrundes macht Fusion for Energy geltend, dass das Gericht einen Fehler begangen habe, was die Einstufung der Art des von ihm begangenen Rechtsverstoßes bei der Beurteilung der Folgen dieses Rechtsverstoßes angehe. Es führt aus, dass alle Teilnehmer am Auswahlverfahren gleich behandelt worden seien, dass der Fehler keine Auswirkungen auf die Auswahlkriterien gehabt habe und dass es berechtigt gewesen wäre, ein Auswahlverfahren ohne schriftliche Prüfungen durchzuführen. Es handele sich daher nicht um einen wesentlichen Rechtsverstoß, wie den, um den es im Urteil vom 27. November 2012, Italien/Kommission (C‑566/10 P, EU:C:2012:752), gegangen sei und der die Aufhebung der nachfolgenden Dritte betreffenden Rechtsakte gerechtfertigt habe.

53      Fusion for Energy greift den vom Gericht in Rn. 69 des angefochtenen Urteils vertretenen Standpunkt insoweit an, als das Gericht die Ansicht vertreten hat, dass die Aufhebung der nachfolgenden Entscheidungen keine unverhältnismäßige Maßnahme darstelle, da die vorliegende Rechtsfehlerhaftigkeit die Bewertung aller Bewerber betroffen habe. Es macht geltend, dass diese Rechtsfehlerhaftigkeit auf einige Bewerber möglicherweise keine oder sowohl negative als auch positive Auswirkungen gehabt habe. Die Umstände seien somit nicht mit denen eines Auswahlverfahrens vergleichbar, das wegen Verstoßes gegen die Sprachregelung aufgehoben werde, die einige Bewerber gegenüber anderen bevorteilt habe.

 Würdigung durch den Gerichtshof

54      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsfehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens, die Fusion for Energy vorgeworfen wird, nicht in einer Diskriminierung der Bewerber dieses Verfahrens besteht, sondern, wie aus Rn. 46 des angefochtenen Urteils hervorgeht, darin, dass der Auswahlausschuss nicht die in der Stellenausschreibung vorgesehenen Modalitäten eingehalten hat, die er einzuhalten hatte.

55      Im Übrigen hat Fusion for Energy nicht dargelegt, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen hat, als es auf das Argument, dass Fusion for Energy berechtigt gewesen sei, ein Auswahlverfahren ohne schriftliche Prüfung durchzuführen, in Rn. 53 des angefochtenen Urteils geantwortet hat, dass die fragliche Stellenausschreibung den rechtlichen Rahmen dargestellt habe, anhand dessen Fusion for Energy die Abwägung der Verdienste der Bewerber habe vornehmen müssen, und nicht die Ausschreibung, die es habe veröffentlichen wollen oder hätte veröffentlichen können.

56      Wie sich aus Rn. 14 des vorliegenden Urteils ergibt, wurde Herr Galocha außerdem mit E‑Mail vom 17. April 2015 zu einem Gespräch eingeladen, das dem Ziel diente, den Mitgliedern des Auswahlausschusses dabei zu helfen, sein allgemeines Auftreten und seine Motivation, seine Fähigkeit, die unter dem Titel „Aufgabenbereiche“ der fraglichen Stellenausschreibung genannten Aufgaben auszuführen, sein Fachwissen in dem betreffenden Bereich, seine Fähigkeit, sich in den Arbeitssprachen von Fusion for Energy auszudrücken, sowie seine Fähigkeit, sich einer multikulturellen Arbeitsumgebung anzupassen, zu bewerten. Diese Kriterien entsprechen den Kriterien der mündlichen Prüfung, die im Leitfaden für Bewerber beschrieben sind, der in Rn. 10 des vorliegenden Urteils erwähnt wird.

57      Wie jedoch in Rn. 11 des vorliegenden Urteils ausgeführt, war im Leitfaden für Bewerber vorgesehen, dass bei der schriftlichen Prüfung die spezifischen Fähigkeiten für die Stelle, für die das Auswahlverfahren stattfand, die Qualität des schriftlichen Ausdrucks der Bewerber und die Darstellung sowie ihre allgemeinen Fähigkeiten und Sprachkenntnisse, soweit sie für die Erfüllung der Aufgaben von Bedeutung wären, berücksichtigt werden sollten.

58      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass mit jeder Prüfung unterschiedliche Zwecke verfolgt wurden, so dass die Bewerber ohne Durchführung einer schriftlichen Prüfung auf der Grundlage lediglich eines Teils der Gesichtspunkte beurteilt wurden, die nach dem fraglichen Leitfaden zu berücksichtigen waren.

59      Folglich kann die Rüge von Fusion for Energy in Bezug auf Rn. 69 des angefochtenen Urteils nicht das Ergebnis in Frage stellen, dass die vorliegende Rechtsfehlerhaftigkeit die Bewertung aller Bewerber betroffen hat. Das Fehlen von Auswirkungen oder Vorliegen von negativen oder positiven Auswirkungen bei Durchführung einer schriftlichen Prüfung hätte nämlich eine unterschiedliche Auswahl oder Rangfolge der in die Reservelisten aufgenommenen Bewerber zur Folge haben können.

60      Folglich ist der zweite Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

 Zum dritten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes

 Vorbringen des Rechtsmittelführers

61      Mit dem dritten Teil seines einzigen Rechtsmittelgrundes macht Fusion for Energy geltend, dass das Gericht die Interessen von Herrn Galocha, die Interessen der eingestellten oder in die Reservelisten aufgenommenen Bewerber und das dienstliche Interesse nicht korrekt gegeneinander abgewogen habe. In Bezug auf Herrn Galocha habe das angefochtene Urteil keine positiven Auswirkungen, da er keinen Schadensersatz beantragt habe und das Gericht dem Antrag betreffend die Durchführung eines neuen Auswahlverfahrens nicht stattgegeben habe. Die Dritten hätten jedoch die negativen Auswirkungen des angefochtenen Urteils zu tragen. Es müssten nämlich die mit einigen von ihnen geschlossenen Verträge beendet werden, und die anderen Bewerber verlören ihre Plätze in den Reservelisten.

62      Fusion for Energy rügt, dass das Gericht in Rn. 68 des angefochtenen Urteils die Ansicht vertreten habe, dass sich die erfolgreichen Bewerber, deren Namen auf den Reservelisten gestanden hätten, einschließlich derer, die von Fusion for Energy Stellenangebote erhalten hätten, nicht auf den Vertrauensschutz berufen könnten, da die betreffende Stellenausschreibung eine schriftliche Prüfung vorgesehen habe und keine solche Prüfung stattgefunden habe, bevor die Stellen angeboten worden seien.

63      Dieses Argument, das sich darauf stütze, dass diesen Bewerbern die vorliegende Rechtsfehlerhaftigkeit hätte bewusst sein müssen, da sie keine schriftliche Prüfung abgelegt hätten, widerspreche der Rechtsprechung, nach der für Dritte vorteilhafte Entscheidungen in Fällen, in denen der von der Verwaltung begangene Fehler deutlich schwerwiegender gewesen sei als der von Fusion for Energy begangene, nicht aufgehoben worden seien. Fusion for Energy führt insoweit die Urteile vom 5. Juni 1980, Oberthür/Kommission (24/79, EU:C:1980:145), und vom 27. November 2012, Italien/Kommission (C‑566/10 P, EU:C:2012:752), an. Es macht geltend, dass es im vorliegenden Fall gegen seine eigenen Regeln verstoßen habe, nämlich den Leitfaden für Bewerber, und nicht gegen höherrangige Regeln innerhalb der Normenhierarchie, die den Bewerbern besser bekannt seien, so dass sie das Vorliegen eines Rechtsverstoßes hätten bemerken können.

64      In Bezug auf das dienstliche Interesse macht Fusion for Energy geltend, dass der Umstand, dass es den Vertrag eines Bediensteten kündigen müsse, der sich in einem anderen Mitgliedstaat erneut niederlassen müsse, offensichtlich das soziale Klima der betreffenden Einrichtung zu verschlechtern drohe.

 Würdigung durch den Gerichtshof

65      Wie sich im Wesentlichen aus der in den Rn. 46 und 47 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ergibt, wird, wenn die Wiederherstellung der Situation, die vor einem aufgehobenen Rechtsakt bestand, die Aufhebung späterer, jedoch Dritte betreffender Rechtsakte impliziert, eine solche Aufhebung danach nur dann erfolgen, wenn sie unter Berücksichtigung insbesondere der Art der begangenen Rechtswidrigkeit und des dienstlichen Interesses nicht als überzogen erscheint. Die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes gebieten es nämlich, dass das Interesse, das die Partei, der Unrecht geschehen ist, an der Wiederherstellung ihres Rechts hat, und die Interessen der Dritten, die auf ihre Rechtsposition vertrauen durften, miteinander in Einklang gebracht werden.

66      Im vorliegenden Fall ist dem Gericht kein Rechtsfehler unterlaufen, als es in Rn. 68 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass sich die erfolgreichen Bewerber, deren Namen auf den Reservelisten gestanden hätten, einschließlich derer, die von Fusion for Energy Stellenangebote erhalten hätten, nicht auf den Vertrauensschutz berufen könnten, da die betreffende Stellenausschreibung eine schriftliche Prüfung vorgesehen habe, die Reservelisten jedoch erstellt und die Stellen angeboten worden seien, ohne dass diese Bewerber sich dieser Prüfung hätten unterziehen müssen.

67      Zudem ist darauf hinzuweisen, dass Herr Galocha eine Klage auf Aufhebung eingereicht hatte, deren Gegenstand und Anträge im Amtsblatt der Europäischen Union vom 5. Oktober 2015 (ABl. 2015, C 328, S. 37) veröffentlicht wurden, sowie einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz, über den mit dem Beschluss des Präsidenten des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 1. Oktober 2015, Galocha/Gemeinsames Unternehmen Fusion for Energy (F‑117/15 R, EU:F:2015:114), entschieden wurde. In diesem Beschluss, der zu einem Zeitpunkt ergangen ist, zu dem einer der erfolgreichen Bewerber seinen Dienst noch nicht angetreten hatte, hat der Präsident des fraglichen Gerichts ausgeführt, dass der von Herrn Galocha geltend gemachte Klagegrund der Nichtbeachtung der betreffenden Stellenausschreibung und des Leitfadens für Bewerber „dem ersten Anschein nach“ begründet sei.

68      Was das dienstliche Interesse anbelangt, hat das Gericht dieses berücksichtigt, als es in Rn. 69 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, dass die Aufhebung der Reservelisten und der Entscheidungen, in diese Listen aufgenommene erfolgreiche Bewerber einzustellen, nicht als unverhältnismäßige Folge der Aufhebung des Auswahlverfahrens angesehen werden könne, da die fragliche Rechtsfehlerhaftigkeit die Bewertung aller Bewerber betroffen habe und daher nicht durch Maßnahmen behoben werden könne, die nur Herrn Galocha beträfen. Das Gericht hat ferner berücksichtigt, dass das Auswahlverfahren nur einen sehr begrenzten Umfang hatte, was nahelegt, dass eine Wiederaufnahme des Auswahlverfahrens oder die Durchführung eines neuen Verfahrens keinen großen Aufwand bedeuten würde.

69      Was die Erwägungen von Fusion for Energy in Bezug auf das Fehlen positiver Auswirkungen des angefochtenen Urteils für Herrn Galocha angeht, da dieser keinen Schadensersatz beantragt hatte und seine Anträge betreffend die Durchführung eines neuen Auswahlverfahrens zurückgewiesen wurden, ist auszuführen, dass dem Gericht kein Rechtsfehler unterlaufen ist, als es in Rn. 74 dieses Urteils darauf hingewiesen hat, dass der Unionsrichter im Rahmen einer Klage nach Art. 270 AEUV und Art. 91 des Statuts nicht befugt sei, der Verwaltung Anordnungen zu erteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. August 1994, Parlament/Meskens, C‑412/92 P, EU:C:1994:308, Rn. 71). Auch wenn das Gericht somit dem Antrag auf Durchführung eines neuen Auswahlverfahrens nicht stattgeben konnte, kann dieser Gesichtspunkt allein jedoch nicht bewirken, dass die Aufhebung des fraglichen Auswahlverfahrens für Herrn Galocha nicht von Interesse ist.

70      Insoweit ist, was die Gewährung von Schadensersatz betrifft, darauf hinzuweisen, dass das Gericht nach ständiger Rechtsprechung nach Art. 91 Abs. 1 Satz 2 des Statuts bei Streitsachen vermögensrechtlicher Art über eine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung verfügt, in deren Rahmen es gegebenenfalls auch die beklagte Partei von Amts wegen zur Zahlung einer Entschädigung für den durch ihren Amtsfehler entstandenen Schaden verurteilen und unter Berücksichtigung aller Umstände der Rechtssache den Schaden nach billigem Ermessen schätzen kann (vgl. u. a. Urteile vom 5. Juni 1980, Oberthür/Kommission, 24/79, EU:C:1980:145, Rn. 14, vom 21. Februar 2008, Kommission/Girardot, C‑348/06 P, EU:C:2008:107, Rn. 58, und vom 20. Mai 2010, Gogos/Kommission, C‑583/08 P, EU:C:2010:287, Rn. 44).

71      Aus den von Herrn Galocha eingereichten Anträgen ergibt sich jedoch, dass dieser die Aufhebung der Ergebnisse des Auswahlverfahrens begehrte, um die Möglichkeit zu haben, an dem Verfahren teilzunehmen, das erneut eingeleitet oder wiederaufgenommen würde, und keinen Schadensersatz. Im Übrigen ist das Gericht, indem es zum einen die Entscheidung, den Namen von Herrn Galocha nicht in die Reservelisten aufzunehmen, und zum anderen diese Reservelisten sowie die Entscheidungen über die Einstellung von in diese Listen aufgenommenen erfolgreichen Bewerbern aufgehoben hat, implizit davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall die rechtliche Situation wiederherzustellen sei, in der sich Herr Galocha vor der Begehung des Rechtsverstoßes befunden habe, statt ihm Schadensersatz zuzusprechen.

72      Was die beiden in die Reservelisten aufgenommenen Bewerber angeht, so hätten diese, wenn der Rechtsmittelführer ein der Stellenausschreibung entsprechendes Auswahlverfahren erneut eingeleitet oder wiederaufgenommen hätte, die Möglichkeit gehabt, daran teilzunehmen. Zu den vom Rechtsmittelführer eingestellten Bewerbern ist auszuführen, dass diese, obwohl ein Rechtsmittel gemäß Art. 60 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union keine aufschiebende Wirkung hat, keine Aussetzung der Durchführung der Entscheidung des Gerichts beantragt haben. Wie in Rn. 68 des vorliegenden Urteils festgestellt wurde, könnten sich die erfolgreichen Bewerber im vorliegenden Fall im Übrigen nicht auf einen Vertrauensschutz berufen, der bei der Beurteilung der Interessen Dritter besonders relevant ist. Jedenfalls waren die ersten beiden Verträge, von denen der eine am 1. August 2015 und der andere am 1. November 2015 in Kraft trat, für eine Dauer von drei Jahren, ohne Möglichkeit einer Verlängerung, geschlossen worden. Der Rechtsmittelgrund betreffend den Schutz der beiden vom Rechtsmittelführer eingestellten erfolgreichen Bewerber ist somit nicht mehr von Bedeutung.

73      Aus alledem ergibt sich, dass das Gericht keinen Rechtsfehler begangen hat, als es die zu berücksichtigenden Interessen bestimmt hat, diese gegeneinander abgewogen hat, zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Entscheidung, die Reservelisten des Auswahlverfahrens und die Entscheidungen von Fusion for Energy, in diese Reservelisten aufgenommene erfolgreiche Bewerber einzustellen, aufzuheben, keine unverhältnismäßig Folge der Aufhebung des Auswahlverfahrens darstellt, und entschieden hat, dem zweiten und dem dritten Klageantrag von Herrn Galocha stattzugeben.

74      Folglich ist der dritte Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.

75      Da der einzige Rechtsmittelgrund nicht durchgreift, ist das Rechtsmittel zurückzuweisen.

 Kosten

76      Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

77      Da Herr Galocha keine Rechtsmittelbeantwortung eingereicht hat, trägt Fusion for Energy seine eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Das Europäische gemeinsame Unternehmen für den ITER und die Entwicklung der Fusionsenergie trägt seine eigenen Kosten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Spanisch.