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Vorabentscheidungsersuchen des Consiglio di Stato (Italien), eingereicht am 27. Januar 2020 – AQ, BO, CP/Presidenza del Consiglio dei Ministri, Ministero dell'Istruzione, dell'Università e della Ricerca - MIUR, Università degli studi di Perugia

(Rechtssache C-40/20)

Verfahrenssprache: Italienisch

Vorlegendes Gericht

Consiglio di Stato

Parteien des Ausgangsverfahrens

Rechtsmittelführer: AQ, BO, CP

Rechtsmittelgegner: Presidenza del Consiglio dei Ministri, Ministero dell'Istruzione, dell'Università e della Ricerca - MIUR, Università degli studi di Perugia

Vorlagefragen

Stehen Paragraf 5 („Maßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch“) der Rahmenvereinbarung im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG1 (des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge, im Folgenden: Richtlinie) in Verbindung mit den Erwägungsgründen 6 und 7 und Paragraf 4 („Grundsatz der Nichtdiskriminierung“) der Rahmenvereinbarung sowie im Hinblick auf die Grundsätze der Äquivalenz, der Effektivität und der praktischen Wirksamkeit des Unionsrechts einer nationalen Regelung – im vorliegenden Fall Art. 24 Abs. 3 Buchst. a und Art. 22 Abs. 9 des Gesetzes Nr. 240/2010 – entgegen, die es Universitäten gestattet, auf drei Jahre befristete und um zwei Jahre verlängerbare Verträge für Forscher zahlenmäßig unbegrenzt zu verwenden, ohne deren Abschluss und Verlängerung von einem sachlichen Grund abhängig zu machen, der mit einem zeitweiligen oder außergewöhnlichen Bedarf der diese Verträge anbietenden Universität zusammenhängt, und die als einzige Begrenzung für den Rückgriff auf mehrere befristete Vertragsverhältnisse mit derselben Person nur die Dauer vorsieht, die zwölf – auch nicht aufeinanderfolgende – Jahre nicht überschreiten darf?

Stehen Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung in Verbindung mit den Erwägungsgründen 6 und 7 der Richtlinie und Paragraf 4 dieser Rahmenvereinbarung sowie im Hinblick auf die praktische Wirksamkeit des Unionsrechts einer nationalen Regelung (im vorliegenden Fall die Art. 24 und 29 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 240/2010) entgegen, soweit sie Universitäten gestattet, durch die potenziell unbegrenzte Abfolge befristeter Verträge zur Deckung des gewöhnlichen Lehr- und Forschungsbedarfs dieser Universitäten Forscher ausschließlich befristet einzustellen, ohne die entsprechende Entscheidung vom Vorliegen eines zeitweiligen oder außergewöhnlichen Bedarfs abhängig zu machen und ohne dies zu begrenzen?

Steht Paragraf 4 der Rahmenvereinbarung einer nationalen Regelung, wie Art. 20 Abs. 1 des Decreto legislativo Nr. 75/2017 (in der Auslegung des ministeriellen Rundschreibens Nr. 3/2017), entgegen, die zwar Forschern an öffentlichen Forschungseinrichtungen die Möglichkeit zuerkennt, ihre befristete Beschäftigung in eine unbefristete umzuwandeln, sofern sie bis zum 31. Dezember 2017 mindestens drei Dienstjahre absolviert haben, diese Möglichkeit befristet beschäftigten Forschern an Universitäten jedoch nur deshalb versagt, weil Art. 22 Abs. 16 des Decreto legislativo Nr. 75/2017 deren Arbeitsverhältnis – auch wenn es rechtlich auf einem Arbeitsvertrag beruht – der „öffentlich-rechtlichen Regelung“ unterwirft, obwohl Art. 22 Abs. 9 des Gesetzes Nr. 240/2010 für Forscher an Forschungseinrichtungen und an Universitäten dieselbe Regelung über die Höchstdauer befristeter Arbeitsverhältnisse mit Universitäten und Forschungseinrichtungen vorschreibt, seien sie in Form von Verträgen gemäß Art. 24 des Gesetzes oder von Forschungsstipendien gemäß Art. 22 des Gesetzes?

Stehen die Grundsätze der Äquivalenz, der Effektivität und der praktischen Wirksamkeit des Unionsrechts im Hinblick auf die Rahmenvereinbarung sowie der in Paragraf 4 der Rahmenvereinbarung enthaltene Grundsatz der Nichtdiskriminierung einer nationalen Regelung (Art. 24 Abs. 3 Buchst. a des Gesetzes Nr. 240/2010 und Art. 29 Abs. 2 Buchst. d und Abs. 4 des Decreto legislativo Nr. 81/2015) entgegen, die trotz Bestehens einer für alle öffentlichen und privaten Bediensteten geltenden Regelung, die zuletzt im Decreto legislativo Nr. 81/2015 enthalten ist, (ab 2018) die Höchstdauer befristeter Arbeitsverhältnisse auf 24 Monate festlegt (einschließlich Verlängerungen und Erneuerungen) und die Anwendung dieser Art von Arbeitsverhältnissen bei der öffentlichen Verwaltung vom Vorliegen eines „zeitweiligen und außergewöhnlichen Bedarfs“ abhängig macht, Universitäten gestattet, Forscher durch einen auf drei Jahre befristeten Vertrag einzustellen, der bei einer positiven Bewertung der in diesen drei Jahren ausgeübten Lehr- und Forschungstätigkeit um zwei Jahre verlängert werden kann, ohne den Abschluss des ersten Vertrags oder die Verlängerung vom Vorliegen eines solchen zeitweiligen oder außergewöhnlichen Bedarfs der Universität abhängig zu machen, und es ihr sogar gestattet, am Ende des Fünfjahreszeitraums mit derselben Person oder mit anderen Personen noch einen weiteren befristeten Vertrag gleicher Art abzuschließen, um denselben Lehr- und Forschungsbedarf wie mit dem vorherigen Vertrag zu befriedigen?

Steht Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung auch im Hinblick auf die Grundsätze der Effektivität und der Äquivalenz und des angeführten Paragrafen 4 einer nationalen Regelung (Art. 29 Abs. 2 Buchst. d und Abs. 4 des Decreto legislativo Nr. 81/2015 und Art. 36 Abs. 2 und 5 des Decreto legislativo Nr. 165/2001) entgegen, die Forschern an Universitäten, die mit einem auf drei Jahre befristeten Vertrag, der um zwei Jahre verlängert werden kann (im Sinne des Art. 24 Abs. 3 Buchst. a des Gesetzes Nr. 240/2010), eingestellt sind, daran hindert, anschließend ein unbefristetes Arbeitsverhältnis einzugehen, da es in der italienischen Rechtsordnung keine anderen Maßnahmen gibt, mit denen der Missbrauch aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverhältnisse durch die Universitäten verhindert und geahndet werden kann?

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1     Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (ABl. 1999, L 175, S. 43).