Language of document : ECLI:EU:F:2011:150

URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
(Erste Kammer)

26. September 2011

Rechtssache F‑29/06

Andres Arnaldos Rosauro u. a.

gegen

Europäische Kommission

„Öffentlicher Dienst – Beamte – Ernennung – Art. 5 Abs. 2 des Anhangs XIII des Statuts – Vor dem 1. Mai 2004 veröffentlichte interne Auswahlverfahren für den Übergang in eine andere Laufbahngruppe – Vor dem 1. Mai 2006 in die Reservelisten aufgenommene Bewerber – Einstufung in die Besoldungsgruppe – Anwendung eines Multiplikationsfaktors kleiner als Eins – Streichung der Beförderungspunkte“

Gegenstand:      Klage nach den Art. 236 EG und 152 EA in erster Linie auf Aufhebung der Entscheidungen, mit denen Herr Arnaldos Rosauro und fünf andere Beamte der Kommission, erfolgreiche Teilnehmer von internen Auswahlverfahren für den Übergang in eine andere Laufbahngruppe, deren Bekanntmachungen vor dem 1. Mai 2004 veröffentlicht wurden, in eine höhere Laufbahngruppe ernannt werden, soweit darin ihre Einstufung in die Besoldungsgruppe festgelegt wird

Entscheidung:      Die Klage wird abgewiesen. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Leitsätze

1.      Unionsrecht – Grundsätze – Vertrauensschutz – Voraussetzungen

2.      Beamte – Einstellung – Ernennung in die Besoldungsgruppe – Einführung einer neuen Laufbahnstruktur durch die Verordnung Nr. 723/2004 – Übergangsbestimmungen für die Einstufung in die Besoldungsgruppe

(Beamtenstatut, Art. 31; Anhang XIII, Art. 2 Abs. 1)

3.      Beamte – Laufbahn – Einführung von Übergangsregeln für den Übergang vom alten zum neuen Laufbahnsystem der Beamten – Regeln für die Einstufung in die Besoldungsgruppe

(Beamtenstatut, Art. 35; Anhang XIII, Art. 2 Abs. 1 und Art. 8)

4.      Beamte – Einstellung – Ernennung in die Besoldungsgruppe – Ernennung in die Besoldungsgruppe der in der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens angegebenen Funktionsgruppe – Einführung einer neuen Laufbahnstruktur durch die Verordnung Nr. 723/2004 – Übergangsbestimmungen für die Einstufung in die Besoldungsgruppe

(Beamtenstatut, Art. 31; Anhang XIII, Art. 5 Abs. 2)

5.      Beamte – Laufbahn – Einführung von Übergangsregeln für den Übergang vom alten zum neuen Laufbahnsystem der Beamten – Regeln für die Einstufung in die Besoldungsgruppe

(Beamtenstatut, Art. 45 Abs. 2; Anhang XIII, Art. 5 Abs. 2)

6.      Beamte – Dienstbezüge – Nach dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 723/2004 geltende Übergangsregeln – Bestimmung der Besoldungsgruppe und des Multiplikationsfaktors

(Beamtenstatut, Art. 45a; Anhang XIII, Art. 2 und 5 Abs. 2 sowie Art. 7 und 8)

7.      Beamte – Einstellung – Ernennung in die Besoldungsgruppe – Einführung einer neuen Laufbahnstruktur durch die Verordnung Nr. 723/2004 – Übergangsbestimmungen für die Einstufung in die Besoldungsgruppe

(Beamtenstatut, Anhang XIII, Art. 2 Abs. 2 und 7 Abs. 2)

8.      Beamte – Beförderung – Wechsel der Laufbahngruppe nach einem internen Auswahlverfahren

(Beamtenstatut, Art. 45, 45a und 110 Abs. 1; Anhang XIII, Art. 5)

1.      Auf den Vertrauensschutz kann sich jeder berufen, bei dem die Unionsverwaltung durch konkrete, von zuständiger und zuverlässiger Seite gegebene Zusicherungen in Form von präzisen, nicht an Bedingungen geknüpften und übereinstimmenden Auskünften begründete Erwartungen geweckt hat.

Dagegen kann niemand eine Verletzung dieses Grundsatzes geltend machen, dem die Verwaltung keine klaren Zusicherungen gegeben hat.

(vgl. Randnrn. 56 und 57)

Verweisung auf:

Gericht erster Instanz: 19. März 2003, Innova Privat-Akademie/Kommission, T‑273/01, Randnr. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung; 11. Juli 2007, Centeno Mediavilla u. a./Kommission, T‑58/05, Randnr. 96

2.      Bei einer Änderung von Vorschriften mit allgemeiner Geltung und insbesondere von Vorschriften des Beamtenstatuts gilt eine neue Vorschrift unmittelbar für die künftigen Auswirkungen von rechtlichen Situationen, die – ohne vollständig begründet worden zu sein – unter der Geltung der alten Vorschrift entstanden sind.

Im Rahmen der internen Auswahlverfahren für den Übergang in eine andere Laufbahngruppe bedeutet die Aufnahme erfolgreicher Teilnehmer an diesen Auswahlverfahren in die nach den Auslesevorgängen erstellten Reservelisten für die Betroffenen lediglich eine bloße Anwartschaft darauf, in die höhere Laufbahngruppe ernannt zu werden. Mit dieser Anwartschaft sind zwangsläufig keine wohlerworbenen Rechte verbunden, da die Einstufung eines in die Reserveliste eines internen Auswahlverfahrens aufgenommenen erfolgreichen Teilnehmers in die Besoldungsgruppe nicht feststeht, solange über seine Ernennung noch nicht ordnungsgemäß entschieden worden ist.

Daher verleiht einem Beamten, auch wenn er ein internes Auswahlverfahren für den Übergang in eine andere Laufbahngruppe vor dem 1. Mai 2004, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Statuts, erfolgreich bestanden hat, seine Aufnahme in eine Eignungsliste vor diesem Zeitpunkt keinen Anspruch darauf, im Fall der Einstellung nach diesem Zeitpunkt gemäß Art. 31 des alten Statuts in die Besoldungsgruppe, die in der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens genannt wird, oder in die ihr nach Art. 2 Abs. 1 des Anhangs XIII des Statuts entsprechende Besoldungsgruppe ernannt zu werden.

Einem Beamten stehen nämlich nur dann wohlerworbene Rechte zu, wenn die anspruchsbegründende Tatsache unter der Geltung eines bestimmten Statuts eingetreten ist und zeitlich vor der Änderung der Statutsbestimmungen liegt.

(vgl. Randnrn. 70 bis 74 und 131)

Verweisung auf:

Gerichtshof: 5. Dezember 1973, SOPAD, 143/73, Randnr. 8; 10. Juli 1986, Licata/WSA, 270/84, Randnr. 31

Gericht erster Instanz: Centeno Mediavilla u. a./Kommission, Randnrn. 52, 58 und 79 bis 81

3.      Art. 2 Abs. 1 des Anhangs XIII des Beamtenstatuts sieht vor, dass am 1. Mai 2004 und vorbehaltlich des Art. 8 dieses Anhangs die Besoldungsgruppen der Beamten, die sich in einer der dienstrechtlichen Stellungen gemäß Art. 35 des Statuts befinden, die in der in dieser Bestimmung wiedergegebenen Tabelle enthaltenen Bezeichnungen erhalten, in der für jede alte Besoldungsgruppe die entsprechende neue (vorübergehende) Besoldungsgruppe genannt wird.

Somit geht schon aus dem Wortlaut des Art. 2 Abs. 1 des Anhangs XIII des Statuts hervor, dass diese Bestimmung nur Personen betrifft, die am 1. Mai 2004 bereits die Beamteneigenschaft besaßen und in eine der Besoldungsgruppen in der Spalte mit der Überschrift „Alte Besoldungsgruppe“ eingestuft waren.

Die Besoldungsgruppen in der Tabelle des Art. 2 Abs. 1 des Anhangs XIII des Statuts sind nämlich die alten Besoldungsgruppen der vor dem 1. Mai 2004 im Dienst stehenden Beamten, die in die neuen vorübergehenden Besoldungsgruppen umgewandelt werden. Im Übrigen hatte Art. 2 Abs. 1 des Anhangs XIII des Statuts nur den Zweck, am 1. Mai 2004 die Besoldungsgruppen, die diejenigen innehatten, die am 30. April 2004 die Beamteneigenschaft besaßen, umzuwandeln, damit die neue Laufbahnstruktur, die am 1. Mai 2006 in vollem Umfang Geltung erlangen sollte, auf sie angewandt werden konnte, und es kann ihr keine über die Festlegung dieses vorübergehenden Verhältnisses hinausgehende Bedeutung zuerkannt werden. Diese Bestimmung sollte somit nicht zur Anwendung kommen, um die Besoldungsgruppeneinstufung der Beamten, die im Jahr 2005 in die höhere Laufbahn ernannt wurden, festzulegen, und zwar im Hinblick auf ihre Eigenschaft als erfolgreiche Teilnehmer interner Auswahlverfahren für den Übergang in eine andere Laufbahngruppe, deren Prüfungen nach dem 1. Mai 2004 abgehalten wurden.

(vgl. Randnrn. 80 bis 82)

Verweisung auf:

Gericht erster Instanz: Centeno Mediavilla u. a./Kommission, Randnr. 112

Gericht für den öffentlichen Dienst: 30. September 2010, De Luca/Kommission, F‑20/06, Randnr. 91, Rechtsmittel beim Gericht der Europäischen Union anhängig, Rechtssache T‑563/10 P

4.      Im Rahmen der internen Auswahlverfahren für den Übergang in eine andere Laufbahngruppe konnte die Festlegung des Niveaus der zu besetzenden Planstellen und der Bedingungen für die Ernennung der erfolgreichen Teilnehmer auf diese Planstellen – eine Festlegung, die das betreffende Organ im Rahmen der alten Statutsbestimmungen bei der Abfassung der Bekanntmachungen der Auswahlverfahren vorgenommen hatte – die Wirkungen des alten Statuts nicht über den vom Unionsgesetzgeber für das Inkrafttreten der neuen Laufbahnstruktur der Beamten gewählten Zeitpunkt, den 1. Mai 2004, hinaus verlängern.

Aufgrund der zum 1. Mai 2004 erfolgten, auf der Einführung des neuen Laufbahnsystems beruhenden Aufhebung der Besoldungsgruppen für die Einstufung in den Laufbahnen, die in den Bekanntmachungen der Auswahlverfahren angegeben waren, hat der Gesetzgeber die im Anhang XIII des Statuts enthaltenen Übergangsbestimmungen und insbesondere Art. 5 Abs. 2 dieses Anhangs erlassen, um für die erfolgreichen Teilnehmer an Auswahlverfahren für den Übergang in eine andere Laufbahngruppe, die vor dem 1. Mai 2006 in eine Reserveliste aufgenommen wurden, jedoch erst nach dem 1. Mai 2004 in die neue Laufbahngruppe gewechselt sind, die Einstufung in die Besoldungsgruppe festzulegen.

Es trifft zu, dass die nach Art. 5 Abs. 2 des Anhangs XIII des Statuts bestimmten Einstufungen in die Besoldungsgruppe nicht den Besoldungsgruppen entsprechen, die in den vor dem 1. Mai 2004 veröffentlichten Bekanntmachungen von internen Auswahlverfahren angegeben waren, und dass diese Bestimmung von der Regelung in Art. 31 des Statuts, die aus Art. 31 des alten Statuts übernommen wurde, abweicht. Im Hinblick auf seinen Zweck stellt Art. 5 Abs. 2 des Anhangs XIII des Statuts jedoch eine spezielle Übergangsbestimmung dar, die als solche für eine bestimmte Gruppe von Beamten von der allgemeinen Regelung in Art. 31 des Statuts abweichen kann. Die Zwänge, die in Bezug auf die Laufbahn der Beamten mit dem Übergang von einem Verwaltungssystem zu einem anderen verbunden sind, können nämlich von der Verwaltung verlangen, dass sie zeitweilig innerhalb bestimmter Grenzen von der strikten Anwendung der gewöhnlich für die fraglichen Situationen geltenden, auf Dauer gültigen Regeln und Grundsätze abweicht.

(vgl. Randnrn. 84, 85 und 90)

Verweisung auf:

Gericht erster Instanz: Centeno Mediavilla u. a./Kommission, Randnrn. 109 und 110

Gericht für den öffentlichen Dienst: De Luca/Kommission, Randnr. 86 und die dort angeführte Rechtsprechung

5.      Art. 5 Abs. 2 des Anhangs XIII des Statuts bezieht sich auf die Beamten, die vor dem 1. Mai 2006 in eine Eignungsliste für einen Wechsel der Laufbahngruppe aufgenommen wurden und nach dem 1. Mai 2004 tatsächlich die Laufbahngruppe gewechselt haben. Was das betrifft, konnte nach Art. 45 Abs. 2 des alten Statuts der Übergang eines Beamten oder Bediensteten in eine andere Laufbahngruppe nur aufgrund eines Auswahlverfahrens erfolgen. Per definitionem kann es sich nur um ein internes Auswahlverfahren handeln. Daher wollte der Unionsgesetzgeber dadurch, dass er genau die Beamten nennt, die in eine Eignungsliste für einen Wechsel der Laufbahngruppe aufgenommen wurden, auf jene Bewerber abstellen, die diese spezifische Art des Auswahlverfahrens erfolgreich bestanden haben. Daraus ist abzuleiten, dass Art. 5 Abs. 2 des Anhangs XIII des Statuts nur jene Beamten betrifft, die nach Abschluss eines internen Auswahlverfahrens die Laufbahngruppe wechseln.

(vgl. Randnrn. 87 und 88)

Verweisung auf:

Gericht für den öffentlichen Dienst: 28. Oktober 2010, Kay/Kommission, F‑113/05, Randnrn. 52 und 54

6.      Art. 7 Abs. 1 des Anhangs XIII des Beamtenstatuts sieht vor, dass mit der Neubezeichnung der Besoldungsgruppen gemäß Art. 2 Abs. 1 dieses Anhangs keine Änderung des Monatsgrundgehalts der vor dem 1. Mai 2004 eingestellten Beamten verbunden ist. Nach Art. 7 Abs. 2 wird hierzu für jeden Beamten am 1. Mai 2004 ein Multiplikationsfaktor berechnet, der gleich ist dem Verhältnis zwischen dem monatlichen Grundgehalt, das der Beamte vor dem 1. Mai 2004 bezog, und dem anwendbaren Betrag gemäß Art. 2 Abs. 2 des Anhangs XIII des Statuts. Art. 2 Abs. 3 bestimmt, dass die Gehälter für die neuen vorübergehenden Besoldungsgruppen die anwendbaren Beträge im Sinne von Art. 7 des Anhangs XIII des Statuts sind. Damit soll Art. 7 verhindern, dass die Neubezeichnung der Besoldungsgruppen zu einer Änderung des monatlichen Grundgehalts der unter der Geltung des alten Statuts eingestellten Beamten und insbesondere zu ihrer ungerechtfertigten Bereicherung führt.

Da zum anderen die Besoldungsgruppen B*3 und B*4 neue vorübergehende Besoldungsgruppen sind, die ausdrücklich in Art. 2 Abs. 3 des Anhangs XIII des Statuts genannt werden, können auch die diesen neuen vorübergehenden Besoldungsgruppen zugeordneten Gehälter Gegenstand eines Multiplikationsfaktors werden, wenn diese Besoldungsgruppen von Personen innegehabt werden, die vor dem 1. Mai 2004 eingestellt wurden. Wenn Art. 2 Abs. 2 keinen Multiplikationsfaktor für die neuen vorübergehenden Besoldungsgruppen B*3 und B*4 erwähnt, liegt das daran, dass diese zwei neuen vorübergehenden Besoldungsgruppen gemäß Art. 2 Abs. 1 keiner Besoldungsgruppe des alten Statuts entsprechen.

Schließlich gibt zwar Fn. 1 zu Art. 2 Abs. 2 des Anhangs XIII des Statuts an, dass die kursiv gesetzten Zahlen den vor dem 1. Mai 2004 geltenden Gehältern entsprechen und dass sie lediglich zur Information aufgeführt und rechtlich nicht bindend sind, doch ist festzustellen, dass diese Zahlen zur Berechnung des Multiplikationsfaktors herangezogen werden. Daher lässt diese Fußnote nicht die Schlussfolgerung zu, dass nach dem 1. Mai 2004 die Zahlung eines Gehalts, das gleich hoch ist wie das nach der Regelung des alten Statuts ausgezahlte, rechtswidrig wäre.

Überdies legt Art. 2 Abs. 2 des Anhangs XIII des Statuts das monatliche Grundgehalt für jede Besoldungsgruppe und jede Dienstaltersstufe der neuen vorübergehenden Besoldungsgruppen fest. Nach dieser Bestimmung in Verbindung mit Art. 8 des Anhangs XIII des Statuts, der die neue Bezeichnung der vorübergehenden Besoldungsgruppen in den neuen Besoldungsgruppen der beiden durch das neue Statut geschaffenen Funktionsgruppen regelt, sind die Gehälter für die verschiedenen Besoldungsgruppen und Dienstaltersstufen der Funktionsgruppe AST und für diejenigen der Funktionsgruppe AD, denen sie entsprechen, gleich.

Außerdem sieht Art. 45a des Statuts ein System vor, nach dem ab dem 1. Mai 2006 der Wechsel von der Funktionsgruppe AST (mit der die alten Laufbahngruppen B, C und D ersetzt werden) in die Funktionsgruppe AD (mit der die alte Laufbahngruppe A ersetzt wird) nicht mehr durch ein internes Auswahlverfahren erfolgt, sondern mittels eines sogenannten Zertifizierungsverfahrens, das auf der erfolgreichen Teilnahme an einem Fortbildungsprogramm basiert. In Art. 45a Abs. 3 des Statuts ist ausdrücklich vorgesehen, dass sich die Ernennung auf eine Planstelle der Funktionsgruppe AD nicht auf die Besoldungsgruppe und Dienstaltersstufe des Beamten auswirkt, die er zum Zeitpunkt der Ernennung innehat.

Diese Vorschriften zeigen, dass der Übergang in die höhere Funktionsgruppe nach dem Willen des Unionsgesetzgebers mit der Ausübung der Funktionen eines Verwaltungsrats und besseren Laufbahnaussichten verbunden ist, nicht aber mit einer sofortigen Gehaltserhöhung.

Demnach sieht das neue Statut für den Beamten keine Änderung des Grundgehalts vor, und zwar weder als Folge seines Inkrafttretens, noch als Folge des Übergangs des Beamten in eine höhere Funktionsgruppe.

Der Gesetzgeber wollte zwar mit dem Erlass von Art. 5 Abs. 2 des Anhangs XIII des Statuts den Beamten, die nach Abschluss eines internen Auswahlverfahrens für den Übergang in eine andere Laufbahngruppe ihre Eignung dafür unter Beweis gestellt haben, Planstellen der höheren Laufbahngruppe zu bekleiden, einen Vorteil gewähren, er wollte aber nicht, dass dieser Vorteil über denjenigen der Beamten hinausgeht, die ab dem 1. Mai 2006 erfolgreich an einem Zertifizierungsverfahren teilnehmen.

Daher ist gemäß Art. 7 des Anhangs XIII des Statuts und mangels ausdrücklicher entgegenstehender Vorschriften in diesem Anhang das Gehalt der Beamten, die nach Art. 5 Abs. 2 des Anhangs XIII des Statuts ernannt werden, wie jenes der vor dem 1. Mai 2004 eingestellten Beamten unter Anwendung eines Multiplikationsfaktors zu berechnen.

(vgl. Randnrn. 103 bis 113)

Verweisung auf:

Gericht für den öffentlichen Dienst: 11. Mai 2011, Caminiti/Kommission, F‑71/09, Randnr. 46

7.      Das Recht von Arbeitnehmern, die bei demselben Arbeitgeber beschäftigt sind, für gleichwertige Arbeit das gleiche Entgelt zu erhalten, ist eine Ausprägung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes, dessen Beachtung das Gericht für den öffentlichen Dienst zu gewährleisten hat. Dieses Recht kommt nämlich in Art. 7 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sowie im Übereinkommen Nr. 111 der Internationalen Arbeitsorganisation zum Ausdruck.

Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung liegt vor, wenn zwei Personengruppen, deren rechtliche und tatsächliche Situation sich nicht wesentlich unterscheidet, unterschiedlich behandelt werden oder wenn unterschiedliche Situationen gleichbehandelt werden. Der Gleichbehandlungsgrundsatz erfordert daher, dass zwei Gruppen von Personen, deren tatsächliche und rechtliche Lage sich wesentlich unterscheidet, unterschiedlich behandelt werden.

Wenn man die Beamten, die ein internes Auswahlverfahren für den Übergang in eine andere Laufbahngruppe vor dem 1. Mai 2006 erfolgreich bestanden haben und nach dem 1. Mai 2004 in die höhere Laufbahngruppe ernannt wurden, mit den Personen vergleicht, die, nachdem sie ein allgemeines Auswahlverfahren erfolgreich bestanden haben, unabhängig davon, ob sie aus einer niedrigeren Laufbahngruppe kommen, unmittelbar in die höhere Laufbahngruppe zum Beamten auf Lebenszeit ernannt werden, so stimmt es zwar, dass die Beamten dieser zweiten Gruppe tatsächlich die monatlichen Grundgehälter beziehen, die in Art. 2 Abs. 2 des Anhangs XIII des Statuts festgelegt sind, ohne dass irgendein Multiplikationsfaktor auf sie angewandt würde. Da nämlich Art. 7 Abs. 2 des Anhangs XIII des Statuts die Anwendbarkeit eines Multiplikationsfaktors nur für die Gehälter der vor dem 1. Mai 2004 eingestellten Beamten vorsieht, ist diese Bestimmung nicht auf sie anwendbar.

Dennoch stellt das erfolgreiche Bestehen eines internen Auswahlverfahrens für den Übergang in eine andere Laufbahngruppe bei den Beamten der oben erwähnten ersten Gruppe und das erfolgreiche Bestehen eines allgemeinen Auswahlverfahrens bei den Beamten der oben erwähnten zweiten Gruppe einen objektiven Faktor dar, der die beiden genannten Beamtengruppen voneinander unterscheidet. Die Beamten der ersten Gruppe waren bereits Beamte nach dem alten Statut und haben ein internes Auswahlverfahren für den Übergang in eine andere Laufbahngruppe erfolgreich bestanden. Die Beamten der zweiten Gruppe wurden jedoch unter der Geltung des neuen Statuts und nach erfolgreicher Teilnahme an einem allgemeinen Auswahlverfahren eingestellt.

Daher hat der Unionsgesetzgeber im Rahmen der Ausübung seines weiten Ermessens entschieden, die beiden oben erwähnten Gruppen von Beamten unterschiedlich zu behandeln. Hinsichtlich der ersten Gruppe hat er beschlossen, diese Beamten, die vor dem 1. Mai 2006 ein internes Auswahlverfahren für den Wechsel der Laufbahngruppe erfolgreich bestanden haben, zu bevorzugen, indem er ermöglicht, sie in der höheren Laufbahngruppe in dieselbe Besoldungsgruppe und in dieselbe Dienstaltersstufe wie jene zu ernennen, die sie in der niedrigeren Laufbahngruppe innehatten, aber ohne dass diese Einstufung mit einer sofortigen Gehaltserhöhung verbunden wäre. Bei Beamten der zweiten Gruppe hingegen, die ein allgemeines Auswahlverfahren erfolgreich bestanden haben und nach dem neuen Statut eingestellt wurden, hat der Gesetzgeber entschieden, dass auf sie kein Multiplikationsfaktor angewandt wird, da sie in niedrigeren Besoldungsgruppen eingestellt werden, als Beamte, die zur Besetzung derselben Planstellen nach dem alten Statut eingestellt wurden.

(vgl. Randnrn. 118 bis 123)

Verweisung auf:

Gericht erster Instanz: 18. September 2008, Angé Serrano u. a./Parlament, T‑47/05, Randnr. 142 und die dort angeführte Rechtsprechung

Gericht für den öffentlichen Dienst: 30. September 2010, Torijano Montero/Rat, F‑76/05, Randnr. 67

8.      Weder Art. 45a des Beamtenstatuts, noch Art. 5 des Anhangs XIII des Statuts, noch eine andere Bestimmung des Statuts erwähnt für den Fall des Übergangs in eine andere Laufbahngruppe die in der alten Laufbahngruppe gesammelten Beförderungspunkte, geschweige denn, wie mit ihnen zu verfahren ist. Jedoch legt das Statut die Grundregeln der auf die Beamten anwendbaren Regelung fest, und es obliegt gemäß seinem Art. 110 Abs. 1 jedem Organ, die allgemeinen Durchführungsbestimmungen des Statuts zu erlassen, die Kriterien festlegen können, von denen sich die Verwaltung bei der Ausübung ihres Ermessens leiten lassen kann, oder die die Bedeutung unklarer Statutsbestimmungen erläutern können. So hat die Kommission in Anwendung von Art. 110 Abs. 1 des Statuts die Durchführungsbestimmungen des Art. 45 des Statuts zur Sicherstellung der Durchführung des Beförderungsverfahrens erlassen.

Außerdem wird die Ernennung in eine höhere Besoldungsgruppe nach Abschluss eines internen Auswahlverfahrens mit einer Beförderung gleichgesetzt, so dass die Regeln des Statuts über die Beförderung im eigentlichen Sinne zur Anwendung kommen.

Wird aber die Ernennung in eine höhere Besoldungsgruppe nach Abschluss eines internen Auswahlverfahrens mit einer Beförderung gleichgesetzt, dann muss dies erst recht für eine Ernennung in die höhere Laufbahngruppe nach Abschluss eines internen Auswahlverfahrens für den Übergang in die höhere Laufbahngruppe gelten: der Übergang in die höhere Laufbahngruppe, der die Ausübung anderer Funktionen mit sich bringt, stellt eine Beförderung dar, und die Regeln über die Beförderung kommen zur Anwendung.

Würden die Punkte, die ein auf der Grundlage von Art. 5 Abs. 2 des Anhangs XIII des Statuts in eine höhere Laufbahngruppe ernannter Beamter gesammelt hat, nicht gestrichen, hätte dies eine Erleichterung seiner Beförderung hauptsächlich aufgrund der in seiner alten Laufbahngruppe erworbenen Punkte zur Folge, was im Widerspruch zu Art. 45 des Statuts stünde, wonach die Abwägung der Verdienste eines Beamten im Hinblick auf seine Beförderung im Verhältnis zu seinen Kollegen derselben Besoldungsgruppe zu erfolgen hat. Tatsächlich ergibt sich aus diesem Artikel des Statuts, dass die Verwaltung bei der Abwägung der Verdienste der Beamten derselben Besoldungsgruppe, die für die Beförderung in Frage kommen, die Beförderungspunkte zu berücksichtigen hat, die diese Beamten in der betreffenden Besoldungsgruppe gesammelt haben. Die von einem Beamten vor seinem Übergang in eine andere Laufbahngruppe gesammelten Punkte entsprechen den Verdiensten, die er auf einer Planstelle in einer niedrigeren Laufbahngruppe und in Ausübung einer anderen Art von Funktionen unter Beweis gestellt hat. Diese Punkte dienten also zur Beförderung in die nächste Besoldungsgruppe der niedrigeren Laufbahngruppe und können nicht für eine Beförderung in die nächste Besoldungsgruppe der höheren Laufbahngruppe dienen, in der der Betroffene seine Verdienste noch nicht unter Beweis gestellt hat.

In einem solchen Fall hätte die Beibehaltung der gesammelten Punkte zur Folge, dass der nach einem Übergang in eine andere Laufbahngruppe unter Anwendung von Art. 5 Abs. 2 des Anhangs XIII des Statuts eingestufte Beamte eine größere Chance auf eine schnelle Beförderung erhielte als seine Kollegen derselben Besoldungsgruppe, die nach Art. 45 des Statuts in die höhere Laufbahngruppe gelangt sind, was sowohl im Widerspruch stünde zu Art. 5 Abs. 5 des Statuts – im Hinblick auf die dienstliche Laufbahn – als auch zum Gleichbehandlungsgrundsatz, der impliziert, dass sämtliche Beamte derselben Besoldungsgruppe bei gleichen Verdiensten dieselben Chancen haben, in die höhere Besoldungsgruppe befördert zu werden.

Daher sind die angesammelten Beförderungspunkte zu streichen, wenn ein Beamter in Anwendung von Art. 5 Abs. 2 des Anhangs XIII des Statuts in die höhere Laufbahngruppe ernannt wird.

(vgl. Randnrn. 141 bis 143, 146, 147 und 149)

Verweisung auf:

Gerichtshof: 13. Dezember 1984, Vlachos/Gerichtshof, 20/83 und 21/83, Randnrn. 22 bis 24

Gericht erster Instanz: 20. November 2007, Ianniello/Kommission, T‑308/04, Randnr. 38

Gericht für den öffentlichen Dienst: 28. Juni 2007, Da Silva/Kommission, F‑21/06, Randnr. 75