Language of document : ECLI:EU:T:2019:572

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

10. September 2019(*)

„Öffentliche Dienstleistungsaufträge – Ausschreibungsverfahren – IT‑Anwendungs- und Infrastrukturmanagementdienste – Ablehnung des Angebots eines Bieters und Vergabe des Auftrags an andere Bieter – Begründungspflicht – Prüfung des Vorliegens ungewöhnlich niedriger Angebote – Merkmale und relative Vorteile der erfolgreichen Angebote – Begründungsersuchen eines Bieters, für den kein Ausschlussgrund vorliegt und dessen Angebot den Auftragsunterlagen entspricht“

In der Rechtssache T‑741/17,

TRASYS International EEIG mit Sitz in Brüssel (Belgien),

Axianseu – Digital Solutions SA mit Sitz in Lissabon (Portugal),

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte L. Masson und G. Tilman,

Klägerinnen,

gegen

Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA), vertreten durch S. Rostren, E. Tellado Vásquez und M. H. Köppen als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte V. Ost, M. Vanderstraeten und F. Tulkens,

Beklagte,

betreffend eine Klage gemäß Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung der Entscheidung der EASA vom 28. August 2017 über die Ablehnung des Angebots des Konsortiums der Klägerinnen im Rahmen der Ausschreibung EASA.2017.HVP.08 zu einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag betreffend IT‑Anwendungs- und Infrastrukturmanagement in Köln (Deutschland) und die Kaskadenvergabe des Auftrags an drei andere Bieter

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Frimodt Nielsen sowie der Richter I. S. Forrester (Berichterstatter) und E. Perillo,

Kanzler: L. Ramette, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. April 2019

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte und Hintergrund des Rechtsstreits

1        Mit einer Auftragsbekanntmachung vom 5. April 2017, veröffentlicht im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 15. April 2017 (ABl. 2017, S 075-144229) unter der Referenznummer EASA.2017.HVP.08 (im Folgenden: Auftragsbekanntmachung), leitete die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) ein Ausschreibungsverfahren zu einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag betreffend IT‑Anwendungs- und Infrastrukturmanagement in Köln (Deutschland) ein.

2        Die Auftragsbekanntmachung betraf den Abschluss eines oder mehrerer Rahmenverträge über IT‑Anwendungs- und Infrastrukturmanagementdienste. Die Rahmenverträge legten ein Kaskadensystem fest. Die EASA richtete somit ihre Aufträge zunächst an den an die erste Stelle gesetzten Wirtschaftsteilnehmer, sodann an den an die zweite Stelle gesetzten Wirtschaftsteilnehmer und schließlich an den an die dritte Stelle gesetzten Wirtschaftsteilnehmer.

3        Am 31. Mai 2017 reichten die Klägerinnen, TRASYS International EEIG (im Folgenden: Trasys), eine europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung, und Axianseu – Digital Solutions SA (vormals Novabase IMS – Infrastructures & Management Services SA), eine Gesellschaft portugiesischen Rechts, in der Form eines von Trasys geleiteten Konsortiums ein gemeinsames Angebot ein. Sieben weitere Bieter reichten auf die Auftragsbekanntmachung hin ein Angebot ein.

4        In den Verdingungsunterlagen war angegeben, dass der Rahmenvertrag auf der Grundlage des wirtschaftlich günstigsten Angebots nach dem Grundsatz des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses vergeben werde, wobei die technische Qualität und der Preis bei der Bewertung der eingereichten Angebote jeweils zu 50 % zählten, vorausgesetzt, dass der ausgewählte Bieter bzw. die ausgewählten Bieter bestimmten Mindestkriterien im Hinblick auf die Erfüllung der Teilnahmevoraussetzungen, den Nichtausschluss, die Kapazität und die Konformität des Angebots genügte bzw. genügten.

5        Am 13. Juli 2017 richtete die EASA im Rahmen der Prüfung der eingegangenen Angebote auf der Grundlage eines Vergleichs der von den verschiedenen Bietern angebotenen Sätze an vier von ihnen (Atos, Icarus, e‑KARE und UniSystems) Begründungsaufforderungen betreffend u. a. die ungewöhnlich niedrig scheinenden Preise, die sie anboten. Auf die von diesen Bietern auf die Begründungsaufforderungen übermittelten Antworten ersuchte die EASA am 18. August 2017 um ergänzende Auskünfte bei jedem der betroffenen Bieter, die ihre Antworten ergänzt hatten. Die Klägerinnen wurden über diese Korrespondenz nicht unterrichtet.

6        Mit Entscheidung vom 28. August 2017 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) lehnte die EASA das vom Konsortium der Klägerinnen im Rahmen der Ausschreibung EASA.2017.HVP.08 eingereichte Angebot ab und vergab den Rahmenvertrag nach dem Kaskadensystem an folgende drei Bieter: Icarus an erster Stelle, Atos an zweiter Stelle und UniSystems an dritter Stelle.

7        Mit Schreiben vom 28. August 2017 unterrichtete die EASA Trasys darüber, dass die Bewertung des Angebots des von den Klägerinnen gebildeten Konsortiums, das an die fünfte Stelle gesetzt worden war, nicht den Schluss zugelassen habe, dass dieses Angebot das wirtschaftlich günstigste sei. Aus einer Tabelle mit einem Vergleich zwischen dem ersten Auftragnehmer und dem Konsortium der Klägerinnen, die in diesem Schreiben enthalten war, ging nämlich hervor, dass die „technische Punktzahl“ des ersten Auftragnehmers 82 betrug, während die der Klägerinnen 91 war, was eine „gewichtete technische Punktzahl“ von 41 für den ersten Auftragnehmer und von 45,5 für die Klägerinnen ergab. Die „gewichtete finanzielle Punktzahl“ betrug 48,8 für den ersten Auftragnehmer und nur 29,64 für die Klägerinnen, was zu einer „Gesamtpunktzahl“ von 89,80 für den ersten Auftragnehmer und von 75,14 für die Klägerinnen führte. Die EASA forderte Trasys auf, um weitere Informationen zu ersuchen, wenn sie dies wünsche.

8        Mit E‑Mail vom 31. August 2017 ersuchte Trasys die EASA, ihr den detaillierten Bewertungsbericht zu übermitteln.

9        Am 1. September 2017 teilte die EASA den Klägerinnen die Namen der ausgewählten Bieter und die Stelle, an die sie gesetzt wurden, mit und übermittelte ihnen einen Auszug aus dem Bewertungsbericht, der in einer Tabelle bestand, in der die Punktzahlen des ersten Auftragnehmers und des Konsortiums der Klägerinnen im Hinblick auf die technische Bewertung verglichen wurden.

10      Mit Schreiben vom 6. September 2017 beanstandeten die Klägerinnen das Ergebnis des Ausschreibungsverfahrens. Insbesondere ersuchten sie die EASA, die Unterzeichnung des Rahmenvertrags auszusetzen und ihnen zu gestatten, Zugang zu einer mit Gründen versehenen Entscheidung betreffend die Vergabe mit gegebenenfalls einer Kopie des Berichts über die Bewertung der Angebote zu erhalten. Die Klägerinnen wiesen darauf hin, dass die Preise der ausgewählten Bieter nur ungewöhnlich niedrig sein könnten, insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass die Leistungen in Köln zu erbringen sein würden.

11      Mit Schreiben vom 15. September 2017 teilte die EASA den Klägerinnen mit, dass sie es ablehne, die Unterzeichnung des Rahmenvertrags auszusetzen, und gab an, dass sie im Bewertungsverfahren u. a. die drei ausgewählten Bieter ersucht habe, die angebotenen Preise näher darzulegen, und dass der Bewertungsausschuss diese Darlegungen für hinreichend erachtet habe. Die EASA fügte diesem Schreiben die Tabellen über die technische Bewertung der drei ausgewählten Bieter mit einigen geschwärzten Passagen bei.

12      Am selben Tag richtete Trasys eine Beschwerde an den Europäischen Bürgerbeauftragten, die unter der Nr. 1633/2017/MDC registriert wurde.

13      Am 25. September 2017 ersuchte das Konsortium der Klägerinnen die EASA um Vorlage der Dokumente, mit denen diese die Bieter befragt habe, der von Letzteren gegebenen Antworten und des Dokuments mit den Erwägungen, die die EASA veranlasst hätten, die von den befragten Bietern vorgebrachten Begründungen zu akzeptieren, wobei es seinen Antrag auf Aussetzung der Unterzeichnung des Vertrags wiederholte, auf die von der Rechtsprechung aufgestellten Erfordernisse der Begründungspflicht hinwies und seine Zweifel im Hinblick auf die ungewöhnlich niedrigen Preise von zumindest zweien der Bieter darlegte.

14      Am 17. Oktober 2017 übermittelte die EASA den Klägerinnen eine Kopie der angefochtenen Entscheidung sowie des Bewertungsberichts und der Schreiben, mit denen sie die Bieter um Klarstellungen ersucht hatte. In diesen Kopien waren weite Teile geschwärzt, die Angaben enthielten, deren Offenlegung nach Auffassung der EASA die Privatsphäre oder die legitimen Geschäftsinteressen der betroffenen Bieter beeinträchtigen könnten. Zu den Antworten auf die Begründungsaufforderungen erklärte die EASA den Klägerinnen, dass sie im Fall von Zweifeln hinsichtlich der potenziell vertraulichen Natur eines Dokuments die Verpflichtung habe, die Zustimmung der betreffenden Bieter einzuholen.

15      Mit Klageschrift, die am 30. Oktober 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben.

16      Am 7. November 2017 teilte die EASA den Klägerinnen, nach Schriftwechseln mit den vier von den Begründungsaufforderungen des öffentlichen Auftraggebers über die Frage der ungewöhnlich niedrigen Preise betroffenen Bietern, nämlich Atos, e‑Kare, Icarus und UniSystems, die Geschäftsgeheimnisse und persönliche Daten geltend machten, mit, dass sie es ablehne, ihnen die angeforderten Dokumente zu übermitteln.

17      Mit Schreiben vom 4. Dezember 2017 übermittelte die EASA auf Ersuchen des Bürgerbeauftragten, an den Trasys ihre Beschwerde gerichtet hatte, zusätzliche Informationen, wobei sie darauf hinwies, dass während des Bewertungsprozesses Zweifel betreffend die Frage der von vier Bietern angebotenen ungewöhnlich niedrigen Preise, wie die Tagessätze für gewisse spezifische Profile, die erheblich niedriger als die derzeitigen Marktpreise für eine gleichwertige Dienstleistung schienen, aufgetreten seien und dass zwei Schriftwechsel erfolgt seien, um diese Frage betreffend diese Bieter zu klären. Die EASA erklärte gegenüber dem Bürgerbeauftragten, dass, außer in Bezug auf einige spezifische Fragen, die gestellt worden seien, von den Bietern Nachweise dafür verlangt worden seien, dass ihre Preise im Einklang mit den anwendbaren Umweltschutz‑, Sozialrechts- und Arbeitsrechtsvorschriften stünden und dass die Dienstleistungen zu Sätzen erbracht würden, die mit den in den Angeboten enthaltenen vergleichbar seien. Außerdem führte die EASA aus, dass alle Bieter geantwortet und Nachweise beigebracht hätten, wie u. a. Zahlungsbelege, Rechnungen und Verweise auf Verträge für Dienstleistungen, die in einer ähnlichen Umgebung erbracht worden seien. Überdies hätten alle Bieter bestätigt, dass sie die nationalen Regelungen betreffend Arbeitsrecht und soziale Sicherheit für die gesamte Vertragsdauer einhalten würden, und der EASA als Nachweis Berechnungen übermittelt, die diese dem Bürgerbeauftragten in einem vertraulichen Anhang vorlegte. Der Bewertungsausschuss habe unter Berücksichtigung der Erklärungen der Bieter sowie der Unterlagen und der Berechnungsformeln für die Kosten, die zur Stützung dieser Erklärungen vorgelegt worden seien, die in den finanziellen Angeboten enthaltenen Preise akzeptiert, da es keine hinreichend starken Anhaltspunkte oder Beweise gegeben habe, auf deren Grundlage die drei an die erste Stelle gesetzten Angebote hätten abgelehnt werden können. Sie habe auch das Schreiben von Trasys vom 6. September 2017 sorgfältig berücksichtigt, sei aber zu dem Schluss gekommen, dass sich dieses auf Vermutungen stütze und keine hinreichenden Beweise beibringe.

18      In ihrer Kommunikation mit dem Bürgerbeauftragten machte die EASA geltend, dass sie den Klägerinnen die gesamten verlangten Unterlagen übermittelt habe. Allerdings wies die EASA den Bürgerbeauftragten nicht darauf hin, dass die an die Klägerinnen übermittelten Dokumente nicht die Einzelheiten der Prüfung enthielten, die sie in Bezug auf das mögliche Vorliegen ungewöhnlich niedriger Preise vorgenommen hatte, oder dass diese Dokumente aus Vertraulichkeitsgründen geschwärzt waren.

19      Gleichzeitig legte die EASA dem Bürgerbeauftragten in einem vertraulichen Anhang vertrauliche Dokumente als Beweise vor.

20      Mit Schreiben vom 4. Februar 2018 unterrichtete die EASA den Bürgerbeauftragten über die Anhängigkeit der Rechtssache beim Gericht. Der Bürgerbeauftragte erließ dennoch eine Entscheidung, mit der Begründung, dass der Gegenstand der Klage beim Gericht nicht mit demjenigen der Beschwerde von Trasys bei ihm identisch sei, der sich darauf beschränke, von der EASA eine bessere Antwort auf ihre Fragen zur Vereinbarkeit der Angebote der Auftragnehmer mit dem nationalen Arbeitsrecht und den arbeitsrechtlichen Vorschriften der Europäischen Union zu erhalten. In diesem Kontext schloss der Bürgerbeauftragte am 1. Juni 2018 das Verfahren ab, indem er zu dem Ergebnis kam, dass die Sache erledigt sei, da die EASA ihre ursprünglichen Antworten verbessert habe, indem sie Trasys eine umfassende, angemessene und vollständigere Antwort gegeben habe.

 Verfahren und Anträge der Parteien

21      Mit Klageschrift, die am 30. Oktober 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben.

22      Die EASA hat am 19. März 2018 bei der Kanzlei des Gerichts ihre Klagebeantwortung eingereicht.

23      Mit Beschluss vom 22. November 2018 hat das Gericht auf der Grundlage von Art. 103 Abs. 1 seiner Verfahrensordnung der EASA aufgegeben, die vollständige vertrauliche Fassung des Bewertungsberichts, der Begründungsaufforderungen zu den Preisen und der Antwortschreiben zu den Begründungsaufforderungen zu den Preisen vorzulegen. Das Gericht hat auch darauf hingewiesen, dass diese Dokumente in diesem Stadium den anderen Parteien nicht bekannt gegeben würden. Die EASA hat die angeforderten Unterlagen innerhalb der gesetzten Frist vorgelegt.

24      Die Parteien haben in der Sitzung vom 11. April 2019 mündlich verhandelt und Fragen beantwortet, die das Gericht in der Sitzung und im Wege einer der mündlichen Verhandlung vorangehenden prozessleitenden Maßnahme gestellt hat.

25      Am Ende der mündlichen Verhandlung hat das Gericht den Parteien eine Frist gewährt, um eine Vereinbarung auszuhandeln, die das Verfahren beenden könnte. Am 2. Mai 2019 hat die EASA dem Gericht mitgeteilt, dass die Parteien in der gesetzten Frist keine Vereinbarung erzielt hätten, was zum Abschluss der mündlichen Verhandlung geführt hat.

26      Die Klägerinnen beantragen,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        der EASA die Kosten aufzuerlegen.

27      Die EASA beantragt,

–        die Klage für unzulässig zu erklären, soweit sie sich gegen die „implizite Entscheidung, die … Rahmenverträge nicht an die Klägerinnen zu vergeben“, richtet;

–        die Klage als unbegründet abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

28      Die Klägerinnen machen als einzigen Klagegrund eine unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf einen wesentlichen Gesichtspunkt geltend. Sie werfen somit der EASA vor, die Gründe nicht rechtlich hinreichend dargelegt zu haben, die sie zu dem Schluss geführt haben, dass die von den drei ausgewählten Bietern angebotenen Preise nicht ungewöhnlich niedrig gewesen seien. Insoweit stützen sich die Klägerinnen insbesondere auf öffentliche Statistiken und auf den Vergleich der technischen Punktzahlen der Auftragnehmer mit ihren eigenen Punktzahlen.

 Zum Gegenstand des Rechtsstreits

29      Die EASA macht geltend, dass die Klage, soweit sie die „implizite Entscheidung, die verschiedenen Rahmenverträge nicht an die Klägerinnen zu vergeben“, betreffe, unzulässig sei. Sollte das Gericht entscheiden, die angefochtene Entscheidung wegen einer unzureichenden Begründung für nichtig zu erklären, soweit damit die Rahmenverträge an die drei ausgewählten Bieter vergeben wurden, sei es nämlich dann Sache der EASA, nach Art. 266 AEUV die sich aus diesem Urteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen. Das Gericht könne die Beurteilung der EASA nicht durch seine eigene Beurteilung ersetzen, indem es diese verpflichte, einen der Rahmenverträge an die Klägerinnen zu vergeben.

30      Dieser Einwand ist zurückzuweisen. Aus der Klageschrift geht hervor, dass die Klägerinnen in ihren Anträgen nicht beantragen, dass der Auftrag an sie vergeben werde, sondern nur, dass die angefochtene Entscheidung, die diesen Auftrag an drei andere Bieter vergibt und daher implizit entscheidet, ihn nicht an die Klägerinnen zu vergeben, für nichtig erklärt werde.

31      Es ist unstreitig, dass die Klägerinnen ein tatsächliches Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung haben. Es ist nämlich bereits entschieden worden, dass Bieter, deren Angebote abgelehnt wurden, ein Rechtsschutzinteresse an der Nichtigerklärung einer Vergabeentscheidung haben, um gemäß der Verpflichtung aus Art. 266 AEUV eine angemessene Berichtigung ihrer Situation zu erhalten, die gegebenenfalls die Form eines angemessenen Ausgleichs des erlittenen Schadens in Geld annehmen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Oktober 2015, Direct Way und Direct Way Worldwide/Parlament, T‑126/13, EU:T:2015:819, Rn. 44).

32      Unter den Umständen des vorliegenden Falles ist darauf hinzuweisen, dass die angefochtene Entscheidung, die im Anhang den Bewertungsbericht enthält, zum einen einen Teil betreffend die Vergabe des Dienstleistungsauftrags an die drei nach dem Kaskadensystem gereihten Bieter umfasst und zum anderen implizit, aber zwangsläufig, einen anderen Teil betreffend die Ablehnung des Angebots des Konsortiums der Klägerinnen, das nach der Bewertung der Angebote keine der ersten drei Stellen belegt hat, das aber auf jeder Stufe dieser Bewertung vorkommt. Diese zwei Teile stellen in Wirklichkeit ein und dieselbe Entscheidung dar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Februar 2016, PRIMA/Kommission, T‑722/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:61, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Folglich ist festzustellen, dass die Klage die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung zum Gegenstand hat, soweit diese den streitigen Auftrag an drei andere Bieter als die Klägerinnen vergibt und damit das von den Letzteren für diesen Auftrag eingereichte Angebot ablehnt. Die von der EASA erhobene Einrede der Unzulässigkeit ist daher zurückzuweisen.

 Zur Begründetheit

34      Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerinnen, indem sie sich auf den einzigen Klagegrund einer unzureichenden Begründung hinsichtlich der Frage, ob die Preise der ausgewählten Angebote nicht ungewöhnlich niedrig waren, beschränken, kein anderes Argument betreffend z. B., nach der EASA, den Zugang zu Dokumenten, deren Vertraulichkeit behauptet wird, oder das Vorliegen eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers seitens des öffentlichen Auftraggebers im Verfahren zur Vergabe des öffentlichen Auftrags geltend machen.

 Zur Prüfung des Vorliegens ungewöhnlich niedriger Angebote und zur Begründungspflicht

35      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der öffentliche Auftraggeber bei der Beurteilung der Gesichtspunkte, die bei einer Entscheidung über die Vergabe eines ausgeschriebenen Auftrags zu berücksichtigen sind, über ein weites Ermessen verfügt. Dieses weite Ermessen wird ihm während des gesamten Vergabeverfahrens zuerkannt, und zwar einschließlich der Wahl und Bewertung der Zuschlagskriterien (vgl. Urteil vom 26. Januar 2017, TV1/Kommission, T‑700/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:35, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36      Zudem ist daran zu erinnern, dass der Beachtung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren vorsieht, in den Fällen, in denen der Urheber des Rechtsakts über ein weites Ermessen verfügt, eine umso größere Bedeutung zukommt. Zu diesen Garantien gehört insbesondere die Verpflichtung des Urhebers des Rechtsakts, seine Entscheidungen hinreichend zu begründen. Nur so kann der Unionsrichter überprüfen, ob die für die Ausübung des Ermessens maßgeblichen sachlichen und rechtlichen Umstände vorgelegen haben (vgl. Urteil vom 2. Februar 2017, European Dynamics Luxembourg und Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑74/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:55, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Nichtbeachtung wesentlicher Formvorschriften im Zusammenhang mit einer Entscheidung muss jedoch die Nichtigerklärung der Entscheidung zur Folge haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. März 1995, Parlament/Rat, C‑65/93, EU:C:1995:91, Rn. 21).

37      Außerdem sind für die Prüfung, ob die EASA ihrer Begründungspflicht hinsichtlich der Prüfung des Vorliegens ungewöhnlich niedriger Angebote genügt hat, die insoweit von der Rechtsprechung verlangten Elemente zu bestimmen.

38      Diese Elemente betreffen erstens den Inhalt der Begründung, zweitens die Frist, innerhalb deren die Begründung dem betroffenen Bieter bekannt zu geben ist, und drittens den Umfang der erforderlichen Begründung.

39      Erstens ist zum Inhalt der Begründung darauf hinzuweisen, dass die Beurteilung des Vorliegens ungewöhnlich niedriger Angebote einen der Faktoren darstellt, die der öffentliche Auftraggeber nach Art. 151 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1268/2012 der Kommission vom 29. Oktober 2012 über die Anwendungsbestimmungen für die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union (ABl. 2012, L 362, S. 1) in der durch die Delegierte Verordnung (EU) 2015/2462 der Kommission vom 30. Oktober 2015 (ABl. 2015, L 342, S. 7) geänderten Fassung (im Folgenden: Anwendungsverordnung) zu prüfen hat.

40      Insoweit ist festzustellen, dass der Begriff „ungewöhnlich niedriges Angebot“ weder in der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates (ABl. 2012, L 298, S. 1) in der zuletzt durch die Verordnung (EU, Euratom) 2015/1929 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Oktober 2015 (ABl. 2015, L 286, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Haushaltsordnung), noch in der Anwendungsverordnung definiert wird. Nach der Rechtsprechung ist jedoch die Frage, ob ein Angebot ungewöhnlich niedrig ist, in Anbetracht der Einzelposten des Angebots und der betreffenden Leistung zu beurteilen (Urteil vom 28. Januar 2016, Agriconsulting Europe/Kommission, T‑570/13, EU:T:2016:40, Rn. 55).

41      Nach Art. 276 Abs. 4 der Anwendungsverordnung verlangt der Bewertungsausschuss bei ungewöhnlich niedrigen Angeboten nähere Angaben zur Zusammensetzung des Angebots.

42      Die Pflicht des öffentlichen Auftraggebers zur Prüfung der Seriosität eines Angebots ergibt sich aus dem vorherigen Vorliegen von Zweifeln an seiner Verlässlichkeit, da Art. 276 Abs. 4 der Anwendungsverordnung hauptsächlich verhindern soll, dass ein Bieter vom Verfahren ausgeschlossen wird, ohne dass er die Möglichkeit gehabt hätte, den Inhalt seines ungewöhnlich niedrig scheinenden Angebots zu begründen. Demgemäß ist der Bewertungsausschuss nur dann, wenn solche Zweifel bestehen, dazu verpflichtet, gegebenenfalls vor der Ablehnung des Angebots die ihm geboten erscheinende Aufklärung über dessen Einzelposten zu verlangen. Dagegen ist dann, wenn ein Angebot nicht gemäß Art. 151 Abs. 1 der Anwendungsverordnung ungewöhnlich niedrig zu sein scheint, Art. 276 Abs. 4 dieser Verordnung nicht anwendbar (vgl. entsprechend Urteil vom 26. Januar 2017, TV1/Kommission, T‑700/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:35, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Solche Zweifel können insbesondere vorliegen, wenn es ungewiss erscheint, ob zum einen ein Angebot die Rechtsvorschriften über die Vergütung des Personals, die Sozialversicherungsbeiträge, die Einhaltung der Bestimmungen über die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz und den Verkauf unter Selbstkosten des Landes beachtet, in dem die Dienstleistungen erbracht werden sollten, und zum anderen der angebotene Preis alle mit den technischen Aspekten des Angebots einhergehenden Kosten umfasst (Urteil vom 8. Oktober 2015, Secolux/Kommission, T‑90/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:772, Rn. 62). Dies gilt auch dann, wenn der in einem eingereichten Angebot angeführte Preis erheblich niedriger ist als derjenige der anderen eingereichten Angebote oder als der übliche Marktpreis (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Juli 2017, European Dynamics Luxembourg u. a./Eisenbahnagentur der Europäischen Union, T‑392/15, EU:T:2017:462, Rn. 88).

44      Nach alledem wird die Frage, ob ungewöhnlich niedrige Angebote vorliegen, vom öffentlichen Auftraggeber in zwei Schritten geprüft (Urteil vom 4. Juli 2017, European Dynamics Luxembourg u. a./Eisenbahnagentur der Europäischen Union, T‑392/15, EU:T:2017:462, Rn. 87).

45      In einem ersten Schritt muss der öffentliche Auftraggeber prüfen, ob der in einem Angebot angeführte Preis oder die angeführten Kosten ungewöhnlich niedrig zu sein „scheinen“ (vgl. Art. 151 Abs. 1 der Anwendungsverordnung). Die Verwendung des Verbs „scheinen“ in der Anwendungsverordnung bedeutet, dass der öffentliche Auftraggeber eine Prima-facie-Prüfung der Frage vornimmt, ob ein Angebot ungewöhnlich niedrig ist. Die Anwendungsverordnung schreibt daher dem öffentlichen Auftraggeber nicht vor, von Amts wegen die Einzelpositionen jedes Angebots eingehend zu prüfen, um festzustellen, ob es nicht ungewöhnlich niedrig ist. So muss der öffentliche Auftraggeber in einem ersten Schritt nur feststellen, ob die eingereichten Angebote einen Hinweis enthalten, der den Verdacht erwecken kann, dass sie ungewöhnlich niedrig sind (vgl. entsprechend Urteil vom 4. Juli 2017, European Dynamics Luxembourg u. a./Eisenbahnagentur der Europäischen Union, T‑392/15, EU:T:2017:462, Rn. 88, das sich auf die frühere Fassung von Art. 151 der Anwendungsverordnung bezieht, dessen wesentlicher Inhalt sich in der im vorliegenden Fall anwendbaren Fassung der Anwendungsverordnung nicht geändert hat).

46      In einem zweiten Schritt hat der öffentliche Auftraggeber, wenn Hinweise vorliegen, die den Verdacht erwecken können, dass ein Angebot ungewöhnlich niedrig sein könnte, die Einzelpositionen des Angebots zu prüfen, um sich zu vergewissern, dass dieses nicht ungewöhnlich niedrig ist. Wenn er diese Prüfung vornimmt, ist der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, dem Bieter, von dem dieses Angebot stammt, die Möglichkeit zu geben, darzulegen, aus welchen Gründen er der Ansicht ist, dass sein Angebot nicht ungewöhnlich niedrig ist. Der öffentliche Auftraggeber hat sodann die gegebenen Erläuterungen zu beurteilen und festzustellen, ob das in Rede stehende Angebot ungewöhnlich niedrig ist, und ist gegebenenfalls zu dessen Ablehnung verpflichtet (Urteil vom 4. Juli 2017, European Dynamics Luxembourg u. a./Eisenbahnagentur der Europäischen Union, T‑392/15, EU:T:2017:462, Rn. 89).

47      Im vorliegenden Fall steht das Vorliegen von Zweifeln im Hinblick auf die von mehreren Bietern angebotenen Preise fest. Zum einen hatte die EASA selbst hinsichtlich dieser Frage Zweifel, die den öffentlichen Auftraggeber veranlassten, die betroffenen Bieter, darunter die drei ausgewählten Bieter, am 13. Juli und 18. August 2017 zu befragen. Zum anderen teilten die Klägerinnen, nachdem sie über das Ergebnis der Ausschreibung unterrichtet worden waren, der EASA am 6. und am 25. September 2017 ihre eigenen Zweifel und Hinweise in Bezug auf das Vorliegen von ungewöhnlich niedrigen Angeboten mit. Sobald sie konnten, ersuchten die Klägerinnen auch wiederholt die EASA, ihnen eine ausdrückliche Begründung zu ihrer Prüfung in Bezug auf das Vorliegen ungewöhnlich niedriger Angebote bei der Bewertung und der Vergabe des streitigen Auftrags zu geben.

48      Es ist festzustellen, dass die Klägerinnen, indem sie die Mitteilung der Gründe verlangten, aus denen der Bewertungsausschuss der Ansicht gewesen war, dass die Angebote der ausgewählten Bieter nicht ungewöhnlich niedrig gewesen seien, darauf abzielten, dass der öffentliche Auftraggeber die Merkmale und Vorteile dieser Angebote darlegt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Februar 2017, European Dynamics Luxembourg und Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑74/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:55, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es ist daran zu erinnern, dass für das Konsortium der Klägerinnen kein Ausschlussgrund vorlag, ihr Angebot den Auftragsunterlagen entsprach und dieses Angebot nicht ausgewählt wurde, weil es nicht als das wirtschaftlich günstigste Angebot angesehen wurde. Außerdem erreichte das Angebot des Konsortiums der Klägerinnen bei der Bewertung der Angebote unter ihrem technischen Aspekt, mit 91 von 100 Punkten, den ersten Platz. Nach Abschluss der Bewertung und unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Bewertung der Angebote unter ihrem finanziellen Aspekt wurde das Angebot des Konsortiums der Klägerinnen jedoch an die fünfte Stelle der sechs gereihten Bieter gesetzt.

49      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass, wenn Hinweise vorliegen, die den Verdacht erwecken können, dass ein Angebot ungewöhnlich niedrig sein könnte, der öffentliche Auftraggeber verpflichtet ist, einem abgelehnten Bieter, der ausdrücklich darum ersucht, die Gründe mitzuteilen, aus denen ihm das Angebot, das er ausgewählt hat, nicht ungewöhnlich niedrig erschien (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Juli 2017, European Dynamics Luxembourg u. a./Eisenbahnagentur der Europäischen Union, T‑392/15, EU:T:2017:462, Rn. 93).

50      Mit anderen Worten gehört in einer solchen Situation die Prüfung des Vorliegens ungewöhnlich niedriger Angebote zu den Merkmalen und relativen Vorteilen der erfolgreichen Angebote, in Bezug auf die der öffentliche Auftraggeber nach Art. 113 Abs. 3 Buchst. a der Haushaltsordnung auf ausdrücklichen Antrag eines Bewerbers, für den kein Ausschlussgrund vorliegt und dessen Angebot den Auftragsunterlagen entspricht, die relevanten Informationen mitzuteilen hat.

51      Was zweitens die Frist anbelangt, innerhalb deren die Begründung vorzulegen ist, ist diese Begründung dem Betroffenen nach der Rechtsprechung grundsätzlich gleichzeitig mit der ihn beschwerenden Entscheidung mitzuteilen (Urteile vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 149, und vom 19. Juli 2012, Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission, C‑628/10 P und C‑14/11 P, EU:C:2012:479, Rn. 74).

52      Zu einem späteren Zeitpunkt übermittelte Informationen können jedoch bei der Prüfung der Frage, ob die Begründung ausreichend war, berücksichtigt werden, sofern sie sich darauf beschränken, nähere Angaben zur ursprünglichen Begründung zu machen und auf der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt dieser Entscheidung beruhen (vgl. Urteil vom 2. Februar 2017, European Dynamics Luxembourg und Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑74/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:55, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

53      Die Frage, ob der Begründungspflicht nachgekommen wurde, ist allerdings anhand der Informationen zu beurteilen, über die der Kläger spätestens zum Zeitpunkt der Klageerhebung verfügte (vgl. Urteil vom 2. Februar 2017, European Dynamics Luxembourg und Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑74/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:55, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung). Das Fehlen der Begründung kann daher nicht dadurch geheilt werden, dass der Betroffene die Gründe für die Entscheidung während des Verfahrens vor den Unionsinstanzen erfährt (Urteile vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 149, sowie vom 19. Juli 2012, Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission, C‑628/10 P und C‑14/11 P, EU:C:2012:479, Rn. 74).

54      Erläuterungen, die zum ersten Mal und nachträglich vor dem Unionsrichter erfolgen, können nur berücksichtigt werden, wenn außergewöhnliche Umstände gegeben sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Mai 2009, VIP Car Solutions/Parlament, T‑89/07, EU:T:2009:163, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

55      Im vorliegenden Fall sind daher, da keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen, die Informationen, die die Prüfung der Begründung der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die Prüfung des Vorliegens ungewöhnlich niedriger Angebote erlauben, diejenigen, die den Klägerinnen von der EASA spätestens zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 30. Oktober 2017 mitgeteilt worden waren.

56      Drittens sind die Kriterien zu berücksichtigen, die die Rechtsprechung zum Umfang der erforderlichen Begründung, insbesondere in Bezug auf die Prüfung des Vorliegens ungewöhnlich niedriger Angebote, aufgestellt hat.

57      Was insbesondere die Begründung von Einzelentscheidungen angeht, hat die in Art. 296 AEUV vorgesehene Pflicht neben der Ermöglichung einer gerichtlichen Überprüfung den Zweck, die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen, dass die Betroffenen der Begründung die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können, und die Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass sie erkennen können, ob die Entscheidung eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Anfechtung ermöglicht (vgl. Urteile vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 147 und 148 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 115 und die dort angeführte Rechtsprechung).

58      Soweit außerdem die Begründung u. a. dem Interesse Rechnung zu tragen hat, das die Adressaten des Rechtsakts an Erläuterungen haben können, kommt dieses Interesse z. B. durch Argumente zum Ausdruck, die die Betroffenen vor dem öffentlichen Auftraggeber geltend gemacht haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 150 bis 161).

59      Wie die EASA ausführt, ist das Begründungserfordernis auch anhand der Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und des Interesses zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen von Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteile vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 150, und vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 116).

60      Allgemein bestimmt hinsichtlich der von den Unionsorganen vergebenen öffentlichen Aufträge zum einen Art. 113 Abs. 2 der Haushaltsordnung, dass der öffentliche Auftraggeber alle Bieter, deren Angebot abgelehnt wurde, über die Gründe für die Ablehnung unterrichtet. Zum anderen unterrichtet der öffentliche Auftraggeber nach Art. 113 Abs. 3 der Haushaltsordnung auf schriftlichen Antrag jeden Bewerber, für den kein Ausschlussgrund vorliegt und dessen Angebot den Auftragsunterlagen entspricht, über die Merkmale und relativen Vorteile des erfolgreichen Angebots sowie den Namen des ausgewählten Bieters. Insoweit bestimmt Art. 161 Abs. 2 der Anwendungsverordnung, dass „[d]er öffentliche Auftraggeber … die in Artikel 113 Absatz 3 der Haushaltsordnung genannten Informationen so schnell wie möglich und auf jeden Fall innerhalb von 15 Tagen nach Eingang des schriftlichen Antrags [übermittelt]“.

61      Art. 113 Abs. 2 und 3 der Haushaltsordnung und Art. 161 Abs. 2 der Anwendungsverordnung sehen daher gegenüber den Bietern, die die in Art. 113 Abs. 3 der Haushaltsordnung genannten Voraussetzungen erfüllen, eine Begründung in zwei Schritten vor.

62      Insbesondere ist, was die Prüfung des Vorliegens ungewöhnlich niedriger Angebote betrifft, darauf hinzuweisen, dass, wenn vom öffentlichen Auftraggeber verlangt wird, dass er die Gründe darlegt, aus denen ein Angebot nicht als ungewöhnlich niedrig angesehen wurde, ihn dies nicht verpflichtet, genaue Informationen über die technischen und finanziellen Aspekte dieses Angebots offenzulegen, wie die angebotenen Preise oder die Mittel, die der ausgewählte Bieter einsetzen will, um die von ihm angebotenen Dienstleistungen zu erbringen. Der öffentliche Auftraggeber muss, um hinreichend zu begründen, dass das ausgewählte Angebot nicht ungewöhnlich niedrig war, die Überlegungen darlegen, aufgrund deren er zu dem Ergebnis gelangt ist, dass zum einen ein solches Angebot in Anbetracht hauptsächlich seiner finanziellen Merkmale insbesondere die Rechtsvorschriften im Bereich der Vergütung des Personals, der Sozialversicherungsbeiträge und der Einhaltung der Bestimmungen über die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz des Landes beachtete, in dem die Dienstleistungen erbracht werden sollten, und dass zum anderen die angebotenen Preise alle mit den technischen Aspekten der ausgewählten Angebote einhergehenden Kosten umfassten (vgl. Urteil vom 2. Februar 2017, European Dynamics Luxembourg und Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑74/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:55, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

63      Es reicht auch nicht aus, dass der öffentliche Auftraggeber sich auf eine bloße Feststellung in einem einzigen Satz beschränkt, wonach das im Rahmen der Ausschreibung ausgewählte Angebot nicht ungewöhnlich niedrig sei, oder lediglich darauf hinweist, er sei der Ansicht gewesen, dass dies nicht der Fall sei (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Februar 2017, European Dynamics Luxembourg und Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑74/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:55, Rn. 45 und 47 und die dort angeführte Rechtsprechung). Ein öffentlicher Auftraggeber kann nicht nachweisen, dass ein Angebot nicht ungewöhnlich niedrig war, indem er lediglich darauf hinweist, dass er nach den vom fraglichen Bieter abgegebenen Klarstellungen der Auffassung gewesen sei, dass dieses Angebot nicht ungewöhnlich niedrig sei (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Oktober 2013, European Dynamics Belgium u. a./EMA, T‑638/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:530, Rn. 64).

64      Außerdem ist in der Rechtsprechung klargestellt worden, dass es nicht genügt, einzelne Tabellen oder Zahlenangaben vorzulegen, und dass die vom öffentlichen Auftraggeber vergebenen Punkte mangels erläuternder Anmerkungen zu den Angeboten nur das Ergebnis der vorgenommenen Bewertung widerspiegeln und nicht die vom öffentlichen Auftraggeber vorgenommene Bewertung selbst oder eine kurze Zusammenfassung davon zum Ausdruck bringen können. Nach der Rechtsprechung muss nachvollziehbar sein, wie der öffentliche Auftraggeber zum in Rede stehenden Ergebnis gelangt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2016, Argus Security Projects/Kommission, T‑266/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:415, Rn. 47 bis 51).

65      Bestehen Zweifel hinsichtlich des Vorliegens ungewöhnlich niedriger Angebote, muss der öffentliche Auftraggeber daher die Überlegungen darlegen, aufgrund deren er zu dem Ergebnis gelangt ist, dass zum einen die ausgewählten Angebote in Anbetracht hauptsächlich ihrer finanziellen Merkmale insbesondere die Rechtsvorschriften im Bereich der Vergütung des Personals, der Sozialversicherungsbeiträge und der Einhaltung der Bestimmungen über die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz des Landes beachteten, in dem die Dienstleistungen erbracht werden sollten, und dass zum anderen die angebotenen Preise alle mit den technischen Aspekten der ausgewählten Angebote einhergehenden Kosten umfassten (Urteil vom 15. Oktober 2013, European Dynamics Belgium u. a./EMA, T‑638/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:530, Rn. 68).

 Zu den den Klägerinnen in Bezug auf die Prüfung des Vorliegens ungewöhnlich niedriger Angebote übermittelten Informationen

66      Der einzige Klagegrund eines Begründungsmangels betreffend den Verdacht, dass die Angebote der ausgewählten Bieter ungewöhnlich niedrig seien, ist im Licht der in den vorstehenden Rn. 35 bis 65 dargelegten Erwägungen zu prüfen.

67      Während der zwei Monate, die zwischen dem Zeitpunkt, zu dem der öffentliche Auftraggeber den Klägerinnen mitteilte, dass ihr Angebot nach dem Bewertungsverfahren nicht ausgewählt worden war, dem 28. August 2017, und der Klageerhebung am 30. Oktober 2017 vergingen, verlangten die Klägerinnen eindeutig und wiederholt die Darlegung der Überlegungen, die es dem öffentlichen Auftraggeber ermöglicht hatten, davon auszugehen, dass die von den drei ausgewählten Bietern eingereichten Angebote nicht ungewöhnlich niedrig waren.

68      Erstens ist festzustellen, dass die EASA nicht individuell auf die Anfragen der Klägerinnen geantwortet hat, obwohl diese konkrete Gründe für ihre Zweifel vorgebracht haben, indem sie sich in ihrem Schreiben vom 6. September 2017 u. a. auf die Statistiken über die Mindesttagessätze, die von PayScale, einer auf Informationen über Gehaltszahlungen und Vergütungen spezialisierten Internetseite, veröffentlicht worden waren, und in ihrem Schreiben vom 25. September 2017 auf einen Vergleich ihrer technischen Punktzahlen mit denjenigen der Auftragnehmer bezogen haben. Nach der in den vorstehenden Rn. 63 bis 65 angeführten Rechtsprechung hatten die Klägerinnen angesichts der geltend gemachten Argumente das Recht, Erläuterungen zu erhalten.

69      Wenn die EASA der Ansicht wäre, dass die für die Berechnungen der Klägerinnen herangezogenen Vergleichspunkte nicht verwendbar seien, hätte sie darauf hinweisen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Februar 2017, European Dynamics Luxembourg und Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑74/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:55, Rn. 51). Jedenfalls war die EASA nicht von ihrer Verpflichtung befreit, Erläuterungen zu geben.

70      Zweitens zeigt sich bei der Prüfung der Informationen, die die EASA den Klägerinnen tatsächlich übermittelt hat und die sie in ihrer Klagebeantwortung anführt, um darzutun, dass sie damit ihrer Begründungspflicht zur Frage der potenziell ungewöhnlich niedrigen Preise nachgekommen sei, dass diese Informationen entweder irrelevant oder unvollständig waren.

71      Die Informationen, die die EASA den Klägerinnen übermittelt hat, betrafen nicht die Frage der ungewöhnlich niedrigen Preise. Die Antworten vom 1. und vom 15. September 2017 auf die Anfragen der Klägerinnen enthielten die Namen der drei Auftragnehmer, einen Auszug des Bewertungsberichts und ergänzende Informationen zur technischen Bewertung sowie die allgemeine Bestätigung, dass keine Unregelmäßigkeiten im Vergabeverfahren festgestellt worden seien. Die offengelegten Einzelheiten betrafen nur technische Aspekte. Außerdem befasst sich die angefochtene Entscheidung, von der die Klägerinnen am 17. Oktober 2017 eine vollständige Kopie erhielten, nicht mit den Preisen. Der Bewertungsbericht, von dem der angefochtenen Entscheidung als Anhang eine Kopie beigefügt war, auf die diese verwies, enthält zahlreiche geschwärzte Passagen und gibt keine Informationen zu den Preisen und ihrer Zusammensetzung. Dieser Bericht enthält eine allgemeine Bemerkung, wonach die Bewerter die finanziellen Angebote im Hinblick auf Rechenfehler geprüft hätten. Die finanziellen Punktzahlen werden auch genannt, aber ohne jede Erläuterung, und ein Anhang E wird mit dem Text eines „Muster[s] für ein finanzielles Angebot“ übermittelt. Der Bewertungsbericht weist auch darauf hin, dass die Bieter, deren Angebote eine Klarstellung erforderten, die Möglichkeit bekommen hätten, auf diese Klarstellungsersuchen zu antworten. Der Bericht verweist in diesem Punkt auf den „Anhang G“ für eine Übersicht über die betroffenen Bieter und eine Zusammenfassung der Korrespondenz und des sonstigen Austauschs.

72      Anhang G des Bewertungsberichts sowie mehrere E‑Mails, von denen den Klägerinnen teilweise geschwärzte Kopien übermittelt wurden, befassen sich tatsächlich mit dem Thema der ungewöhnlich niedrigen Preise.

73      So haben die Klägerinnen ein Standardformular mit Fragen aller Art, einschließlich über die Preise, erhalten, aber die Antworten auf diese Formulare wurde nicht übermittelt. Außerdem enthält Anhang G Anmerkungen, wonach die drei Auftragnehmer die verlangten Klarstellungen und Nachweise beigebracht hätten, und zwar Atos und Icarus nach einer Verlängerung der Frist bis zum 26. Juli 2017, während für e‑KARE zu diesem Zeitpunkt neue Klarstellungsaufforderungen verfasst worden seien.

74      Allerdings enthalten die den Klägerinnen übermittelte Kopie des Bewertungsberichts sowie ihre Anhänge nichts zu den Erwägungen, die die Bewerter veranlasst haben, angesichts der verlangten und erhaltenen Klarstellungen davon auszugehen, dass die Angebote der vier genannten Konsortien trotz ihres ursprünglichen Verdachts nicht ungewöhnlich niedrig gewesen seien.

75      Die EASA hat gegenüber den Klägerinnen auch ihre E‑Mails mit Begründungsaufforderungen zu den Preisen offengelegt, die sie den betreffenden Bietern im Juli und im August 2017 übermittelt hat. Alle spezifischen Informationen waren geschwärzt. Diese Dokumente offenbaren den Gegenstand der Begründungsaufforderungen, nämlich die Sätze bestimmter Profile, ohne die problematischen Profile zu bestimmen. Außerdem verlangt die EASA in ihren E‑Mails Nachweise, indem sie an die Kategorien zulässiger Nachweise erinnert, und weist die Bieter auf ihre Verpflichtung hin, die Beachtung der Vorschriften des Sozial- und Arbeitsrechts nachzuweisen. In einer ihrer E‑Mails an UniSystems betont die EASA die Verpflichtung des Bieters, zu bestätigen, dass er in der Lage ist, die angebotenen Preise während der gesamten Dauer der Rahmenvereinbarung anzuwenden.

76      Obwohl diese Dokumente etwas ausführlichere Informationen enthalten als eine knappe Feststellung, genügt die Offenlegung dieser verstreuten Informationen nicht, um der Begründungspflicht nachzukommen. Erstens beschränken sich diese Dokumente darauf, einige Informationen zum von der EASA durchgeführten Verfahren zu übermitteln, sie legen jedoch nicht ihre Erwägungen zu den relevanten Merkmalen der Preise dar. So erlauben es diese Informationen nicht, die Überlegungen des Urhebers des Rechtsakts zu erfahren, damit nicht nur das Gericht seine Kontrolle ausüben kann, sondern auch die Betroffenen Kenntnis von den Gründen für die erlassene Maßnahme erlangen können, um ihre Rechte geltend zu machen (Urteil vom 2. Februar 2017, European Dynamics Luxembourg und Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑74/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:55, Rn. 47).

77      Zweitens geht aus der oben in Rn. 64 angeführten Rechtsprechung hervor, dass der öffentliche Auftraggeber verpflichtet ist, die in Form von Zahlen oder Tabellen übermittelten Informationen mit erläuternden Anmerkungen zu versehen, die nachvollziehbar machen, wie er zum in Rede stehenden Ergebnis gelangt ist, und seine Bewertung zum Ausdruck bringen können. Die einzige Anmerkung, die die Klägerinnen in Bezug auf die Prüfung der Frage der potenziell ungewöhnlich niedrigen Preise rechtzeitig erhielten, befand sich im Schreiben vom 15. September 2017, wonach sich die von den verschiedenen Bietern verlangten Klarstellungen auf verschiedene Themen bezogen hätten und die Antworten vom Bewertungsausschuss bewertet und akzeptiert worden seien. Diese Mitteilungen reichen nicht aus, um die von der Rechtsprechung aufgestellten Begründungsanforderungen zu erfüllen.

78      Die EASA trägt vor, dass die übermittelten Schriftstücke den Klägerinnen eine ausreichende Kenntnis des Kontexts ermöglicht hätten. Sie beruft sich auf das Urteil vom 4. Juli 2017, European Dynamics Luxembourg u. a./Eisenbahnagentur der Europäischen Union (T‑392/15, EU:T:2017:462, Rn. 97), aus dem sich ergebe, dass die Kenntnis des Kontexts den Klägerinnen gestatte, die Begründetheit der Entscheidung zu beanstanden. Im vorliegenden Fall reichen jedoch die Teilinformationen, die den Klägerinnen übermittelt wurden, selbst wenn sie kombiniert werden, um eine Kenntnis des Kontexts zu vermitteln, in dem die angefochtene Entscheidung erlassen wurde, nicht aus. In der Rechtssache, in der das oben angeführte Urteil ergangen ist, war der öffentliche Auftraggeber davon ausgegangen, dass die ausgewählten Angebote keine Anhaltspunkte enthalten hätten, die den Verdacht hätten begründen können, dass sie ungewöhnlich niedrig seien. In der vorliegenden Rechtssache wird der ursprüngliche Verdacht in Bezug auf das Vorliegen ungewöhnlich niedriger Preise nicht bestritten. Die Klägerinnen interessieren sich für den Grund, aus dem der öffentliche Auftraggeber beschlossen hat, seine ursprünglichen Zweifel zu verwerfen. Die EASA hätte, ohne ihre Vertraulichkeitspflichten zu verletzen, darlegen können, wie die drei ausgewählten Bieter sie von der Angemessenheit ihrer Angebote überzeugt haben, so wie sie es später im Rahmen des Verfahrens beim Bürgerbeauftragten getan hat.

79      Außerdem ließen sich selbst in Anbetracht der Auszüge aus gewissen E‑Mails und aus dem Bewertungsbericht im vorliegenden Fall aus diesen übermittelten Dokumenten keine Information zur Frage entnehmen, ob der angebotene Preis alle mit den technischen Aspekten des ausgewählten Angebots einhergehenden Kosten umfasste, obwohl die Klägerinnen in ihrem Schreiben vom 25. September 2017 ausdrücklich darauf hingewiesen haben, dass eine rechtlich hinreichende Begründung zur Frage der ungewöhnlich niedrigen Preise nach der Rechtsprechung zwangsläufig diesen Punkt umfassen müsse.

80      Drittens ist festzustellen, dass die von der EASA im Rahmen des Verfahrens beim Bürgerbeauftragten vorgelegten Informationen eingehendere Erwägungen enthalten, die Letzteren veranlasst haben, das Verfahren abzuschließen, da er zu dem Ergebnis gekommen war, dass die Sache erledigt sei. Wenn eine solche Erläuterung den Klägerinnen rechtzeitig übermittelt worden wäre, hätte der vorliegende Rechtsstreit vielleicht vermieden werden können. Die von der EASA übermittelten ergänzenden Informationen können jedoch zur Begründung der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt werden, da sie vom 4. Dezember 2017 datieren, während die Klage bereits am 30. Oktober 2017 erhoben wurde.

81      Viertens kann sich die EASA nicht ihrer Begründungspflicht entziehen, indem sie sich auf die Vertraulichkeit der Dokumente beruft.

82      Der Zugang zu Dokumenten ist nämlich nicht das einzige verfügbare Mittel, um die Informationen mitzuteilen, die erforderlich sind, um festzustellen, ob die Begründung rechtlich ausreichend ist. Die behauptete Vertraulichkeit gewisser Dokumente hindert den öffentlichen Auftraggeber nicht daran, die Gründe, aus denen er die Entscheidung getroffen hat, die betreffenden Bieter nicht wegen ungewöhnlich niedriger Preise vom Vergabeverfahren auszuschließen, in abstrakterer Form neu zu formulieren.

83      Zwar gestattet die Begründungspflicht, wie die EASA geltend macht, nicht die Verbreitung vertraulicher Informationen. Die EASA trägt jedoch nicht vor, dass es nicht möglich gewesen sei, auf ausdrückliche Anfrage eine angemessene Begründung unter Umschreibung der vertraulichen Einzelheiten oder eine aufschlussreichere oder nützlichere Begründung als geschwärzte Seiten zu liefern. Wenn gewisse Daten nicht verbreitet werden können, ist es grundsätzlich möglich, zumindest die Natur dieser Daten zu beschreiben oder die Kategorie, zu der sie gehören, oder auch Prozentsätze anzugeben, die einen Vergleich der fraglichen Preise mit Bezugspunkten ermöglichen. Die Rechtsprechung hat daher als Rechtfertigungsgründe, die eine wesentliche Preisabweichung erklären können, z. B. folgende Angaben anerkannt: den Rückgriff auf Unteraufträge durch den Kläger in Höhe von 35 %, während der Auftragnehmer über Personal für alle Aufgaben verfügte, der Umstand, dass der Kläger ein neuer Marktteilnehmer war, der die Gegenstände der Leistungen nicht kannte und daher eine größere Marge angewandt hatte, sowie die Preisbemühungen des Auftragnehmers und Vergleiche mit früheren ähnlichen Verträgen hinsichtlich des Preises und der Qualität (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Oktober 2015, Secolux/Kommission, T‑90/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:772, Rn. 64 und 65).

84      Informationen dieser Art würden die Vertraulichkeit der Geschäftszahlen, der Namen der Auftragnehmer früherer Verträge und anderer sensibler Einzelheiten nicht beeinträchtigen. In der vorliegenden Rechtssache hat die EASA nämlich selbst in ihrem Schreiben vom 28. August 2017 die „gewichtete finanzielle Punktzahl“ des ersten Auftragnehmers offengelegt. Wenn diese Punktzahl daher nicht zu den Daten gehörte, die sie als vertraulich ansah, stellt sich die Frage, warum die „gewichtete finanzielle Punktzahl“ der an zweiter und an dritter Stelle gereihten Auftragnehmer den Klägerinnen nicht mitgeteilt wurde. Die EASA hatte sowohl den Grundsatz der Transparenz als auch den des Schutzes der legitimen Geschäftsinteressen von Unternehmen und den des lauteren Wettbewerbs zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung sind diese Ziele miteinander in Einklang zu bringen, um eine kohärente Anwendung der Haushaltsordnung und der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43) sicherzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Dezember 2017, Evropaïki Dynamiki/Parlament, T‑136/15, EU:T:2017:915, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).

85      Im vorliegenden Fall trägt die EASA insbesondere nicht vor, dass sie nicht die Möglichkeit gehabt hätte, innerhalb angemessener Frist zumindest Erläuterungen zu formulieren, die denen vergleichbar gewesen wären, die sie schließlich am 4. Dezember 2017 auf Aufforderung des Bürgerbeauftragten abgegeben hat und die sie offenbar nicht als vertraulich angesehen hat. Bis zu diesem Zeitpunkt hat die EASA nicht versucht, eine den zu erfüllenden Kriterien entsprechende Begründung zu formulieren. Sie hat sich vollständig auf die Offenlegung und die Vertraulichkeit der Dokumente konzentriert, ohne es für erforderlich zu halten, Erläuterungen zu geben.

86      Mit Schreiben vom 4. Dezember 2017 legte die EASA jedoch den Bewertungsprozess kohärent und ausführlicher dar. Sie führte darin u. a. aus, dass ihre ursprünglichen Zweifel betreffend bestimmte Tagessätze durch die Vorlage von Berechnungsformeln, Zahlungsbelegen, Rechnungen, Verweisen auf Verträge über in einer ähnlichen Umgebung erbrachte Dienstleistungen und Erklärungen über die Beachtung der anwendbaren Gesetze ausgeräumt worden seien. Außerdem legte die EASA in diesem Schreiben dar, dass die Klägerinnen in ihrem Schreiben vom 6. September 2017 keine hinreichend starken Anhaltspunkte oder Beweise beigebracht hätten, auf deren Grundlage die drei an die ersten Stellen gesetzten Angebote hätten abgelehnt werden können.

87      Daraus folgt, dass die EASA in ihrer Antwort vom 4. Dezember 2017, die vom Bürgerbeauftragten als umfassender, besser und vollständiger angesehen wurde, den Nachweis erbracht hat, dass eine vollständigere Begründung möglich war, ohne geschützte Informationen oder Einzelheiten heranzuziehen. Die Frage, ob diese am 4. Dezember 2017 gegebene Begründung hinreichend gewesen wäre, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Um den Verfahrensfehler nachzuweisen, der für die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung erforderlich ist, genügt die Feststellung, dass es möglich gewesen wäre, rechtzeitig eine angemessene Erläuterung zu geben, dass dies aber in der angemessenen Frist nicht geschah.

88      Nach alledem ist dem einzigen Klagegrund einer unzureichenden Begründung der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die Gründe, die den öffentlichen Auftraggeber veranlasst haben, davon auszugehen, dass die ausgewählten Angebote keine ungewöhnlich niedrigen Angebote waren, stattzugeben. Folglich ist festzustellen, dass die Missachtung der wesentlichen Formerfordernisse der angefochtenen Entscheidung durch die EASA ihre Nichtigerklärung zur Folge hat, ohne dass es erforderlich wäre, sich die Frage zu stellen, ob die EASA zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass die ausgewählten Angebote nicht ungewöhnlich niedrig waren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Februar 2017, European Dynamics Luxembourg und Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑74/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:55, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Kosten

89      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die EASA unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) vom 28. August 2017, das Angebot des Konsortiums der TRASYS International EEIG und der Axianseu - Digital Solutions SA im Rahmen der Ausschreibung EASA.2017.HVP.08 zu einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag betreffend ITAnwendungs- und Infrastrukturmanagement in Köln (Deutschland) abzulehnen und den öffentlichen Auftrag im Kaskadenverfahren an drei andere Bieter zu vergeben, wird für nichtig erklärt.

2.      Die EASA trägt die Kosten.

Frimodt Nielsen

Forrester

Perillo

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 10. September 2019.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Französisch.