Language of document : ECLI:EU:C:2015:9

Rechtssache C‑518/13

The Queen, auf Antrag von
Eventech Ltd

gegen

Parking Adjudicator

(Vorabentscheidungsersuchen des Court of Appeal [England & Wales] [Civil Division])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Wettbewerb – Staatliche Beihilfen – Art. 107 Abs. 1 AEUV – Erlaubnis nur für London-Taxis, nicht aber für Funkmietwagen zur Benutzung der den Bussen vorbehaltenen Spuren – Begriff ‚staatliche Beihilfe‘ – Staatliche Mittel – Wirtschaftlicher Vorteil – Selektiver Vorteil – Auswirkung auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 14. Januar 2015

1.        Staatliche Beihilfen – Begriff – Maßnahme, die die Belastungen eines Unternehmens vermindert – Einbeziehung

(Art. 107 Abs. 1 AEUV)

2.        Staatliche Beihilfen – Begriff – Erlaubnis nur für London-Taxis, nicht aber für Funkmietwagen zur Benutzung der den Bussen vorbehaltenen Spuren – Vorteil, der weder geeignet erscheint, einen Einsatz staatlicher Mittel zu bewirken, noch, den London-Taxis einen selektiven wirtschaftlichen Vorteil zu gewähren – Prüfung durch das vorlegende Gericht

(Art. 107 Abs. 1 AEUV)

3.        Staatliche Beihilfen – Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Erlaubnis nur für London-Taxis, nicht aber für Funkmietwagen zur Benutzung der den Bussen vorbehaltenen Spuren – Prüfung durch das vorlegende Gericht

(Art. 107 Abs. 1 AEUV)

1.        Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 32, 33)

2.        Der Umstand, dass es London-Taxis zur Schaffung eines sicheren und effizienten Beförderungssystems erlaubt ist, die auf den öffentlichen Straßen eingerichteten Busspuren während der Zeiten, in denen die Verkehrsbeschränkungen für diese Spuren gelten, zu befahren, wohingegen Funkmietwagen dies außer zum Aufnehmen oder Absetzen von Fahrgästen, die eine entsprechende Vorbestellung vorgenommen haben, untersagt ist, erscheint weder geeignet, einen Einsatz staatlicher Mittel zu bewirken, noch, den London-Taxis einen selektiven wirtschaftlichen Vorteil im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV zu gewähren; dies zu prüfen ist allerdings Sache des vorlegenden Gerichts.

Zum Zweck der Feststellung des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe muss nämlich ein hinreichend enger Zusammenhang zwischen dem Vorteil, der dem Begünstigten gewährt wird, einerseits und der Verringerung eines Postens des Staatshaushalts oder einem hinreichend konkreten wirtschaftlichen Risiko für dessen Belastung andererseits dargetan werden.

London-Taxis können die Busspuren nicht deshalb benutzen, ohne Geldbußen zu riskieren, weil die Behörden auf die Erhebung geschuldeter Geldbußen verzichten, sondern weil es den London-Taxis erlaubt ist, diese Spuren zu benutzen. Dass London-Taxis für ihre Benutzung der Busspuren keine Geldbußen zahlen müssen, bewirkt deshalb keine zusätzlichen Belastungen für die Behörden, die dazu führen könnten, dass staatliche Mittel eingesetzt werden.

Darüber hinaus räumt der Staat, wenn er zur Erreichung eines in seiner Regelung vorgesehenen Ziels den Nutzern einer von den Behörden nicht wirtschaftlich genutzten öffentlichen Infrastruktur ein Recht auf bevorzugten Zugang zu dieser gewährt, nicht zwangsläufig einen wirtschaftlichen Vorteil im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV ein.

Die zuständigen nationalen Behörden verfügen in Bezug auf die Frage, ob es erforderlich ist, zur Erreichung des verfolgten Regelungsziels auf potenzielle Einnahmen zu verzichten, und in Bezug auf die Feststellung geeigneter Zuweisungskriterien, die jedoch im Voraus und transparent festzulegen sind und nicht diskriminierend sein dürfen, über ein Ermessen.

Art. 107 Abs. 1 AEUV verlangt nämlich die Feststellung, ob eine nationale Maßnahme im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung geeignet ist, bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige gegenüber anderen Unternehmen oder Produktionszweigen zu begünstigen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden.

Bei der Feststellung der jeweiligen Situation von London-Taxis und Funkmietwagen sowie der Beurteilung der etwaigen Vergleichbarkeit dieser Situationen handelt es sich um eine Frage, die in die Zuständigkeit des vorlegenden Gerichts fällt, da ihm allein sämtliche maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Informationen vorliegen.

(vgl. Rn. 34, 40, 41, 48, 49, 55, 57, 63, Tenor 1)

3.        Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Umstand, dass es London-Taxis erlaubt ist, die auf den öffentlichen Straßen eingerichteten Busspuren während der Zeiten, in denen die Verkehrsbeschränkungen für diese Spuren gelten, zu befahren, wohingegen Funkmietwagen dies außer zum Aufnehmen oder Absetzen von Fahrgästen, die eine entsprechende Vorbestellung vorgenommen haben, untersagt ist, geeignet sein kann, im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen; dies zu prüfen ist Sache des vorlegenden Gerichts.

Es gibt nämlich keine Schwelle und keinen Prozentsatz, bis zu der oder dem man davon ausgehen könnte, dass der Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigt ist.

Die Voraussetzung, wonach die Beihilfe geeignet sein muss, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, hängt daher nicht vom örtlichen oder regionalen Charakter der erbrachten Verkehrsdienste oder von der Größe des betreffenden Tätigkeitsgebiets ab.

Daher kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Busspurregelung die Erbringung von Diensten durch Funkmietwagen in London weniger attraktiv macht, so dass sich die Chancen der in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen, in diesen Markt einzudringen, verringern.

(vgl. Rn. 68-71, Tenor 2)