Language of document : ECLI:EU:F:2016:11

URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
DER EUROPÄISCHEN UNION
(Dritte Kammer)

5. Februar 2016

Rechtssache F‑56/15

Adrian Barnett
und
Sven-Ole Mogensen

gegen

Europäische Kommission

„Öffentlicher Dienst – Beamte im Ruhestand – Ruhegehälter – Art. 64 des Statuts – Berichtigungskoeffizienten – Jährliche Aktualisierung der Berichtigungskoeffizienten – Art. 65 Abs. 2 des Statuts – Zwischenzeitliche Aktualisierung – Art. 3, 4 und 8 des Anhangs XI des Statuts – Sensibilitätsschwelle – Änderung der Lebenshaltungskosten – Art. 64 Abs. 4 des Statuts – Vom Gesetzgeber beschlossene Nichtaktualisierung in den Jahren 2013 und 2014 – Tragweite – Verordnung Nr. 1416/2013 – Überbewertung des Berichtigungskoeffizienten für Dänemark – Herabsetzung des Berichtigungskoeffizienten durch den Mechanismus der zwischenzeitlichen Aktualisierung – Ermessensmissbrauch“

Gegenstand:      Klage nach Art. 270 AEUV, der gemäß Art. 106a EA auch für den EAG-Vertrag gilt, auf Aufhebung der in den Ruhegehaltsabrechnungen der Kläger für den Monat Juni 2014 enthaltenen Entscheidungen der Anstellungsbehörde der Europäischen Kommission, ihre Ruhegehälter durch Anwendung des für die in Dänemark wohnhaften Beamten im Ruhestand vorgesehenen Berichtigungskoeffizienten von 126,3 % zu kürzen

Entscheidung:      Die Klage wird abgewiesen. Herr Barnett und Herr Mogensen tragen ihre eigenen Kosten und werden verurteilt, die Kosten der Europäischen Kommission zu tragen.

Leitsätze

1.      Beamtenklage – Beschwerende Maßnahme – Begriff – Gehalts- oder Ruhegehaltsabrechnung, die eine Entscheidung mit rein finanziellem Zweck zum Ausdruck bringt – Einbeziehung – Gehalts- oder Ruhegehaltsabrechnung, die frühere Verwaltungsentscheidungen lediglich bestätigt – Nichteinbeziehung

(Beamtenstatut, Art. 90 Abs. 2 und Art. 91 Abs. 3; Verordnung Nr. 1023/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates)

2.      Beamte – Dienstbezüge – Berichtigungskoeffizienten – Festsetzung – Zwischenzeitliche Aktualisierung durch einen Beschluss der Kommission – Anwendbarkeit auf Ruhegehälter – Zulässigkeit

(Beamtenstatut, Art. 65 Abs. 1 und 2 und Art. 82 Abs. 2, Anhang XI Art. 3 Abs. 5 Unterabs. 3 und Abs. 6, Art. 8, Anhang XIII Art. 20; Verordnung Nr. 1023/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates)

3.      Beamte – Dienstbezüge – Berichtigungskoeffizienten – Festsetzung – Zwischenzeitliche Aktualisierung durch einen Beschluss der Kommission – Ausschluss der Möglichkeit, die Dienstbezüge in den Jahren 2013 und 2014 zu aktualisieren, durch den Unionsgesetzgeber – Keine Auswirkung auf zwischenzeitliche Aktualisierungen der Berichtigungskoeffizienten

(Beamtenstatut, Art. 64 und Art. 65 Abs. 1, 2 und 4; Verordnung Nr. 1023/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates)

4.      Beamte – Dienstbezüge – Jährliche Anpassung – In Anhang XI des Statuts vorgesehene Verfahren – Zweck

(Beamtenstatut, Art. 64 und Art. 65 Abs. 1; Verordnung Nr. 1023/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates)

5.      Beamte – Dienstbezüge – Berichtigungskoeffizienten – Festsetzung – Zwischenzeitliche Aktualisierung durch einen Beschluss der Kommission – Zweck

(Beamtenstatut, Art. 65 Abs. 2 und Anhang XI Art. 6 Abs. 2 Buchst. b; Verordnung Nr. 1023/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates)

6.      Beamte – Dienstbezüge – Berichtigungskoeffizienten – Festsetzung – Zwischenzeitliche Aktualisierung durch einen Beschluss der Kommission –Überprüfung des Berichtigungskoeffizienten, der bei einer vorangegangenen jährlichen Aktualisierung falsch berechnet worden war – Zulässigkeit

(Beamtenstatut, Art. 65 Abs. 1 und 2; Verordnung Nr. 1023/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates; Verordnung Nr. 1416/2013 des Rates)

1.      Gehalts- oder Ruhegehaltsabrechnungen können beschwerende Maßnahmen darstellen, die als solche Gegenstand einer Beschwerde und gegebenenfalls einer Klage sein können. So verhält es sich, wenn eine Entscheidung mit rein finanziellem Zweck aufgrund ihres Charakters in einer solchen Gehalts- oder Ruhegehaltsabrechnung Ausdruck finden kann. In diesem Fall setzt die Übermittlung der monatlichen Gehalts- oder Ruhegehaltsabrechnung die Beschwerde- bzw. Klagefrist nach Art. 90 Abs. 2 bzw. Art. 91 Abs. 3 des Statuts gegen eine Verwaltungsentscheidung in Gang, wenn diese Abrechnung deutlich und erstmals das Vorliegen und die Tragweite dieser Entscheidung erkennen lässt.

Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rechte, die z. B. durch die Änderung eines generellen Rechtsakts beschnitten werden, hauptsächlich oder ausschließlich finanzieller Art sind. Dann können die Einstellung oder Kürzung einer Zahlung, wie sie der auf diese Änderung folgenden Gehalts- oder Ruhegehaltsabrechnung zu entnehmen sind, nämlich nur auf der Entscheidung der zuständigen Stelle beruhen, den fraglichen generellen Rechtsakt auf den betreffenden Beamten oder Ruhegehaltsempfänger anzuwenden.

Eine Gehalts- oder Ruhegehaltsabrechnung weist ihrer Natur und ihrem Zweck nach nicht die Merkmale einer beschwerenden Maßnahme auf, wenn sie nur die finanzielle Ausformung früherer rechtlicher Entscheidungen, die das Dienstverhältnis des Beamten betreffen, bildet oder, anders ausgedrückt, wenn sie offensichtlich diese früheren Verwaltungsentscheidungen lediglich bestätigt.

Zudem gibt die erste Gehalts- oder Ruhegehaltsabrechnung nach Inkrafttreten des generellen Rechtsakts, mit dem die finanziellen Ansprüche einer abstrakten Gruppe von Beamten geändert wurden, unabhängig von der Form des Rechtsakts ihrem Empfänger gegenüber zwangsläufig den Erlass einer individuellen Verwaltungsentscheidung wieder, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugt, die die Interessen des betroffenen Beamten oder Ruhegehaltsempfängers unmittelbar und sofort beeinträchtigen können. Dies trifft nicht auf Ruhegehaltsabrechnungen zu, in denen erstmals auf einer Entscheidungsebene, die in den Zuständigkeitsbereich der Anstellungsbehörde fällt, ein neuer Berichtigungskoeffizient Niederschlag findet, der auf der im Statut in seiner Fassung nach Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1023/2013 zur Änderung des Statuts der Beamten der Europäischen Union und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union vorgesehenen neuen Aktualisierungsmethode beruht, bei der keine Verordnung des Rates, sondern nur noch ein Beschluss der Kommission erforderlich ist.

(vgl. Rn. 32 bis 35, 37 und 38)

Verweisung auf:

Gerichtshof: Urteil vom 19. Januar 1984, Andersen u. a./Parlament, 262/80, EU:C:1984:18, Rn. 4

Gericht erster Instanz: Urteile vom 27. Oktober 1994, Benzler/Kommission, T‑536/93, EU:T:1994:264, Rn. 15, vom 8. November 2000, Bareyt u. a./Kommission, T‑175/97, EU:T:2000:259, vom 29. November 2006, Campoli/Kommission, T‑135/05, EU:T:2006:366, Rn. 40, und vom 9. Januar 2007, Van Neyghem/Ausschuss der Regionen, T‑288/04, EU:T:2007:1, Rn. 39 und 40

Gericht für den öffentlichen Dienst: Urteile vom 23. April 2008, Pickering/Kommission, F‑103/05, EU:F:2008:45, Rn. 72 und 74, vom 4. September 2008, Lafili/Kommission, F‑22/07, EU:F:2008:104, Rn. 33, vom 30. September 2010, Lebedef und Jones/Kommission, F‑29/09, EU:F:2010:120, Rn. 35, vom 5. Dezember 2012, Lebedef u. a./Kommission, F‑110/11, EU:F:2012:174, Rn. 37, und vom 26. Juni 2013, Buschak/Kommission, F‑56/12, EU:F:2013:96, Rn. 19; Beschlüsse vom 20. März 2014, Michel/Kommission, F‑44/13, EU:F:2014:40, Rn. 49 und 50, und vom 23. April 2015, Bensai/Kommission, F‑131/14, EU:F:2015:34, Rn. 34 und 35

2.      Es kann nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, dass einem Beschluss über die zwischenzeitliche Aktualisierung der Berichtigungskoeffizienten für die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten, den die Kommission nach dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1023/2013 zur Änderung des Statuts der Beamten der Europäischen Union und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union erlassen hat, die Rechtsgrundlage fehlt. Denn Art. 82 Abs. 2 des durch die Verordnung Nr. 1023/2013 geänderten Statuts, der vorsieht, dass eine Aktualisierung der Dienstbezüge gemäß Art. 65 Abs. 1 des geänderten Statuts auch für Versorgungsbezüge gilt, betrifft eindeutig nur die Frage der Aktualisierung des Nominalbetrags der Versorgungsbezüge der Ruhegehaltsempfänger, die in derselben Weise aktualisiert werden sollen wie die Dienstbezüge der Beamten. Um diese vom Gesetzgeber beschlossene Parallelität sicherzustellen, verweist diese Bestimmung somit auf den im geänderten Statut, konkret in Art. 65 Abs. 1, vorgesehenen Mechanismus der Aktualisierung der Dienstbezüge.

Daraus, dass Art. 82 Abs. 2 des geänderten Statuts nichts über die Möglichkeit aussagt, den Mechanismus der jährlichen und/oder zwischenzeitlichen Aktualisierung auf die Berichtigungskoeffizienten anzuwenden, die ganz oder teilweise für bestimmte Versorgungsbezüge gelten, lässt sich jedoch keinesfalls schließen, dass diese Bestimmung dem Erlass zwischenzeitlicher Aktualisierungen der Berichtigungskoeffizienten entgegenstünde.

Art. 65 Abs. 2 des geänderten Statuts, der denselben Regelungsgehalt wie Art. 82 Abs. 2 dieses Statuts hat, schreibt nämlich ausdrücklich die zwischenzeitliche Aktualisierung nicht nur der Dienstbezüge, sondern auch der Berichtigungskoeffizienten vor, die in Art. 64 des geänderten Statuts für die Dienstbezüge vorgesehen und in bestimmten Fällen gemäß Art. 20 des Anhangs XIII des geänderten Statuts auch für Versorgungsbezüge gelten, und zwar im konkreten Fall abweichend von Art. 82 Abs. 1 Unterabs. 2 des geänderten Statuts.

Was die Modalitäten einer zwischenzeitlichen Aktualisierung anbelangt, so wird in Art. 65 Abs. 2 des geänderten Statuts zwar allgemein auf eine zwischenzeitliche Aktualisierung der Berichtigungskoeffizienten im Fall einer erheblichen Änderung der Lebenshaltungskosten Bezug genommen, doch ist in Art. 3 Abs. 5 Unterabs. 3 und Abs. 6 des Anhangs XI des geänderten Statuts die Aktualisierung der ganz oder teilweise für die Versorgungsbezüge geltenden Berichtigungskoeffizienten geregelt. Diese Bestimmungen sehen u. a. vor, dass die Berichtigungskoeffizienten ab dem Zeitpunkt ihrer Wirksamkeit bis zum Tag des Inkrafttretens der folgenden jährlichen Aktualisierung angewandt werden, während der zu Kapitel 3 dieses Anhangs über den Zeitpunkt der Anwendung eines Berichtigungskoeffizienten gehörende Art. 8 des Anhangs XI des geänderten Statuts, auf den Art. 3 Abs. 5 Unterabs. 3 dieses Anhangs verweist, die Möglichkeit vorsieht, dass dieser Zeitpunkt der Anwendung vor dem 1. Januar liegt, was zwangsläufig bedeutet, dass die auf die Versorgungsbezüge angewandten Berichtigungskoeffizienten nach dem Willen des Unionsgesetzgebers uneingeschränkt dem Mechanismus der zwischenzeitlichen Aktualisierung unterliegen.

Außerdem ist Kapitel 2 des Anhangs XI des geänderten Statuts gerade den zwischenzeitlichen Aktualisierungen der Dienst- und Versorgungsbezüge (Art. 65 Abs. 2 des geänderten Statuts) gewidmet. Gemäß Art. 65 Abs. 2 des geänderten Statuts, der ausdrücklich die Berichtigungskoeffizienten betrifft, kommt dieses Kapitel 2 entsprechend auf die zwischenzeitliche Aktualisierung der Berichtigungskoeffizienten zur Anwendung.

(vgl. Rn. 46 bis 51)

3.      Zwar ist dem Wortlaut des Art. 65 Abs. 4 des Statuts in der durch die Verordnung Nr. 1023/2013 zur Änderung des Statuts der Beamten der Europäischen Union und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union geänderten Fassung zu entnehmen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers in den Jahren 2013 und 2014 keine Aktualisierung gemäß den Abs. 1 und 2 dieses Artikels vorgenommen werden kann; dies bedeutet jedoch nicht, dass die Kommission keinen Beschluss über die zwischenzeitliche Aktualisierung der für Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten geltenden Berichtigungskoeffizienten nach Art. 65 Abs. 2 des geänderten Statuts erlassen darf, der sich auf diese Jahre bezieht.

Denn während Art. 65 Abs. 1 des geänderten Statuts die jährliche Aktualisierung der Nominalbeträge der Dienstbezüge sowie verschiedener geldwerter Vorteile betrifft, bezieht sich Art. 65 Abs. 2 des geänderten Statuts auf die sogenannte zwischenzeitliche Aktualisierung im Fall der erheblichen Änderung der Lebenshaltungskosten nicht nur der von Abs. 1 erfassten Nominalbeträge der Dienstbezüge und geldwerten Vorteile, sondern auch der in Art. 64 des geänderten Statuts genannten Berichtigungskoeffizienten, die auf die Versorgungsbezüge nur im Zusammenhang mit den vor dem 1. Mai 2004 erworbenen Ansprüchen angewandt werden.

Im Übrigen muss jede unionsrechtliche Vorschrift nach dem Zusammenhang und dem Zweck der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört, und anhand des wirklichen Willens ihres Urhebers und des von diesem verfolgten Ziels.

Insoweit ist der Verweis in Art. 65 Abs. 4 des geänderten Statuts auf die Aktualisierungen gemäß den Abs. 1 und 2 dieses Artikels so aufzufassen, dass er nur die Aktualisierungen der Nominalbeträge der Dienst- und Versorgungsbezüge sowie der Zulagen, nicht aber die zwischenzeitliche Aktualisierung der Berichtigungskoeffizienten nach Art. 65 Abs. 2 des geänderten Statuts noch deren jährliche Aktualisierung nach Art. 64 des geänderten Statuts erfasst.

(vgl. Rn. 65 bis 67 und 75)

Verweisung auf:

Gerichtshof: Urteile vom 12. November 1969, Stauder, 29/69, EU:C:1969:57, Rn. 3, vom 7. Juli 1988, Moksel Import und Export, 55/87, EU:C:1988:377, Rn. 15, und vom 29. April 2004, Plato Plastik Robert Frank, C‑341/01, EU:C:2004:254, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung

4.      Der Mechanismus der automatischen Aktualisierung der Dienst- und Versorgungsbezüge nach Art. 65 Abs. 1 des Statuts in der Fassung nach Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1023/2013 zur Änderung des Statuts der Beamten der Europäischen Union und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union, der den im Statut in seiner vom 1. Mai 2004 bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung vorgesehenen Mechanismus der Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge durch Verordnungen des Rates ablöst, soll eine gewisse Parallelität zwischen der Entwicklung der Kaufkraft der Beamten und der sonstigen Bediensteten der Union und damit auch der Ruhegehaltsempfänger zum einen und der Entwicklung der Kaufkraft der Angehörigen der nationalen öffentlichen Verwaltungen zum anderen sicherstellen.

Dieses Ziel der Parallelität unterscheidet sich jedoch deutlich von dem im europäischen öffentlichen Dienst herrschenden Grundsatz der Kaufkraftäquivalenz unter Unionsbeamten, der sich u. a. aus den Bestimmungen des Art. 64 des Statuts in der durch die Verordnung Nr. 1023/2013 geänderten Fassung ableitet und auch für jene Ruhegehaltsempfänger gilt, die ein Ruhegehalt beziehen, für das die Ansprüche ganz oder teilweise vor dem 1. Mai 2004 erworben wurden.

Dieser Grundsatz, der auf der Feststellung beruht, dass die Wirtschaftslage in den verschiedenen Mitgliedstaaten und einigen Drittstaaten als Dienstorte oder bei Ruhegehaltsempfängern als Wohnsitzorte sehr unterschiedlich ist, besagt, dass die finanziellen Ansprüche der Beamten und sonstigen Bediensteten der Union sowie bestimmter Ruhegehaltsempfänger ihnen unter gleichwertigen beruflichen und familiären Umständen unabhängig vom Dienstort oder Wohnort die gleiche Kaufkraft verschaffen sollen. Diesem vom Gleichbehandlungsgebot inspirierten Grundsatz wird entsprochen, indem ein Berichtigungskoeffizient auf den Nominalbetrag der Dienstbezüge oder – ganz oder teilweise – auf den Nominalbetrag bestimmter Versorgungsbezüge angewandt wird, der das Verhältnis zwischen den Lebenshaltungskosten in Brüssel (Belgien) und Luxemburg (Luxemburg) als Referenzorte und den Lebenshaltungskosten am Dienst- oder Wohnort ausdrückt.

(vgl. Rn. 71 bis 73)

Verweisung auf:

Gericht erster Instanz: Urteil vom 25. September 2002, Ajour u. a./Kommission, T‑201/00 und T‑384/00, EU:T:2002:224, Rn. 45

Gericht für den öffentlichen Dienst: Urteil vom 21. März 2013, van der Aat u. a./Kommission, F‑111/11, EU:F:2013:42, Rn. 42

5.      Der Zweck des Mechanismus der zwischenzeitlichen Aktualisierung der Berichtigungskoeffizienten, der in Art. 65 Abs. 2 des Statuts in seiner Fassung nach Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1023/2013 zur Änderung des Statuts der Beamten der Europäischen Union und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union vorgesehen ist, besteht darin, Koeffizienten festzusetzen und auf die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und bestimmter Ruhegehaltsempfänger anzuwenden, die die tatsächlichen Lebenshaltungskosten an den Dienst- oder Wohnorten in wirtschaftlicher und zeitlicher Hinsicht am besten wiedergeben. Wird dieser Mechanismus angewandt, besteht er also darin, nicht weiter den Berichtigungskoeffizienten anzuwenden, der sich aus der jährlichen Aktualisierung zum 1. Juli des vorangegangenen Jahres ergibt, sondern ihn durch einen neuen Berichtigungskoeffizienten zu ersetzen, der grundsätzlich ab dem darauffolgenden 1. Januar angewandt wird, um den Kaufkraftverlust bzw. -gewinn für die betreffenden Beamten und Ruhegehaltsempfänger, die im ersten Halbjahr an dem betreffenden Ort dienstlich verwendet werden oder wohnhaft sind, zu minimieren, anstatt die nächste jährliche Aktualisierung zum darauffolgenden 1. Juli abzuwarten.

Da es kostspielig und schwierig wäre, die Berichtigungskoeffizienten monatlich anzupassen, um die monatlichen Entwicklungen der Lebenshaltungskosten in den einzelnen Mitgliedstaaten oder sogar Drittstaaten, in denen sich Dienst- oder Wohnorte befinden, wiederzugeben, hat der Gesetzgeber eine Sensibilitätsschwelle festgelegt, bei deren Überschreitung Eurostat und die Kommission prüfen müssen, ob der geltende Berichtigungskoeffizient, der sich aus der vorangegangenen jährlichen Aktualisierung ergibt, noch die wirtschaftliche Realität wiedergibt, und, wenn dies nicht der Fall ist, mittels zwischenzeitlicher Aktualisierung einen neuen Berichtigungskoeffizienten festsetzen müssen. Bezüglich der Einzelheiten der Berechnung, die das durch die Verordnung Nr. 1023/2013 geänderte Statut vorsieht, insbesondere die Vorausschätzung der Kaufkraftentwicklung, ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Feststellung, dass sich die Lebenshaltungskosten um einen Prozentsatz geändert haben, der die Sensibilitätsschwelle überschreitet, nicht zwangsläufig dazu führt, dass die Dienst- oder Versorgungsbezüge oder der Berichtigungskoeffizient um denselben Prozentsatz geändert werden.

Dies bedeutet, dass nach dem geänderten Statut bei einer unter der Sensibilitätsschwelle liegenden Änderung der Lebenshaltungskosten seit der vorangegangenen jährlichen Aktualisierung keine Verpflichtung besteht, die Dienst- und Versorgungsbezüge oder die im Rahmen der jährlichen Aktualisierung zum vorangegangenen 1. Juli festgesetzten Berichtigungskoeffizienten zu aktualisieren, auch wenn die betroffenen Beamten und Ruhegehaltsempfänger im täglichen Leben vorübergehend, d. h. bis zur jährlichen Aktualisierung zum darauffolgenden 1. Juli, eventuell einen Verlust verzeichnen oder sich im Gegenteil über einen Kaufkraftgewinn im Verhältnis zu ihren Kollegen – betroffenen Beamten und Ruhegehaltsempfängern, die in den anderen Mitgliedstaaten dienstlich verwendet werden oder wohnen – freuen. Damit hat der Gesetzgeber eine Toleranzschwelle für einen möglichen Kaufkraftverlust oder ‑gewinn bei Beamten und Ruhegehaltsempfängern vorgesehen, die in dem Unterschied zwischen dem Berichtigungskoeffizienten, der sich aus der seit dem vorangegangenen 1. Juli geltenden jährlichen Aktualisierung ergibt, und dem Berichtigungskoeffizienten besteht, der die Entwicklung der tatsächlichen Wirtschaftsdaten seit der vorangegangenen jährlichen Aktualisierung wiedergeben würde.

Zwar ist bei Überschreitung der in Art. 6 Abs. 2 Buchst. b des Anhangs XI des geänderten Statuts genannten Sensibilitätsschwelle eine zwischenzeitliche Aktualisierung der Berichtigungskoeffizienten zwingend geboten, und insoweit muss es sich bei den berücksichtigten Daten um von Eurostat festgestellte echte Daten handeln.

Doch zum einen soll mit einer Sensibilitätsschwelle erreicht werden, dass eine zwischenzeitliche Aktualisierung nur in Fällen vorgenommen wird, in denen diese zur Festsetzung eines Berichtigungskoeffizienten führen kann, der sich in nennenswertem Umfang von dem im Rahmen der jährlichen Aktualisierung festgesetzten unterscheidet. Anders ausgedrückt, der Gesetzgeber hat eine Pflicht, den sich aus der vorangegangenen jährlichen Aktualisierung ergebenden Berichtigungskoeffizienten zwischenzeitlich zu überprüfen, verneint, wenn die Änderungen der Lebenshaltungskosten gering sind und nur zu einer geringfügigen Änderung dieses Koeffizienten führen können.

Zum anderen setzt die Durchführung von Art. 6 Abs. 2 Buchst. b des Anhangs XI des geänderten Statuts mittels eines Vergleichs der tatsächlichen Daten zwangsläufig voraus, dass die der jährlichen Aktualisierung zum 1. Juli des vorangegangenen Kalenderjahres zugrunde liegenden Daten tatsächlich die echten Lebenshaltungskosten zu diesem Zeitpunkt wiedergaben.

(vgl. Rn. 93 bis 98)

6.      Unter Berücksichtigung dessen, dass in der Verordnung Nr. 1416/2013 zur Anpassung der Berichtigungskoeffizienten für die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Union mit Wirkung vom 1. Juli 2013 falsche Wirtschaftsdaten für Dänemark herangezogen wurden, haben Eurostat und die Kommission in Anbetracht des weiten Ermessens, das Eurostat bei der Würdigung der Wirtschaftsdaten und der Kommission in ihren Entscheidungen und Beschlüssen zukommt, zu Recht einen Vergleich zwischen den richtigen und aktualisierten Daten zur Entwicklung der Lebenshaltungskosten in Dänemark im zweiten Halbjahr 2013 und denjenigen Daten gezogen, die durch die Verordnung Nr. 1416/2013 als Abbild der Wirklichkeit der Wirtschaftslage zum 1. Juli 2013 herangezogen und bestätigt worden waren und die, wenn auch fälschlicherweise, eine Erhöhung des Berichtigungskoeffizienten für diesen Mitgliedstaat gerechtfertigt hatten.

Es liefe nämlich dem Zweck des in Art. 65 Abs. 1 des Statuts in seiner Fassung nach Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1023/2013 zur Änderung des Statuts der Beamten der Europäischen Union und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union vorgesehenen Mechanismus der Aktualisierung der Berichtigungskoeffizienten, d. h. Koeffizienten festzusetzen und auf die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und bestimmter Ruhegehaltsempfänger anzuwenden, die die tatsächlichen Lebenshaltungskosten an den Dienst- oder Wohnorten in wirtschaftlicher und zeitlicher Hinsicht am besten wiedergeben, zuwider, wollte man Eurostat und die Kommission dazu verpflichten, einen Vergleich zwischen den richtigen Daten, die in der Verordnung Nr. 1416/2013 hätten berücksichtigt werden müssen, d. h. den Daten, die die tatsächlichen Lebenshaltungskosten zum 1. Juli 2013 ohne Einbeziehung der Falschinformation wiedergaben, und den echten Daten im Lauf des zweiten Halbjahres 2013 zu ziehen. Eine zwischenzeitliche Aktualisierung der Berichtigungskoeffizienten nach Art. 65 Abs. 2 des geänderten Statuts ist aus Sicht des Statuts gerechtfertigt, wenn der sich aus der jährlichen Aktualisierung ergebende Berichtigungskoeffizient in erheblicher Weise nicht mehr den tatsächlichen Lebenshaltungskosten entspricht und deshalb überprüft werden muss, wobei eine solche Überprüfung nur dann vorzunehmen ist, wenn sie zu einer wesentlichen Änderung des Berichtigungskoeffizienten nach oben oder nach unten führen kann.

(vgl. Rn. 101 bis 103)