Language of document : ECLI:EU:F:2010:120

URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
DER EUROPÄISCHEN UNION (Dritte Kammer)

30. September 2010(*)

„Öffentlicher Dienst – Beamte – Dienstbezüge – Art. 64 des Statuts – Art. 3 Abs. 5 Satz 1 und Art. 9 des Anhangs XI des Statuts – Berichtigungskoeffizient – Gleichbehandlung“

In der Rechtssache F‑29/09

betreffend eine Klage nach den Art. 236 EG und 152 EA,

Giorgio Lebedef und Trevor Jones, Beamte der Europäischen Kommission, wohnhaft in Senningerberg (Luxemburg) bzw. Ernzen (Luxemburg), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte F. Frabetti und J.‑Y. Vergnaud,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch J. Currall und D. Martin als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Rat der Europäischen Union, vertreten durch K. Zieleśkiewicz und M. Bauer als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

erlässt

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
(Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten P. Mahoney sowie der Richter H. Kreppel und S. Van Raepenbusch (Berichterstatter),

Kanzler: R. Schiano, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. März 2010

folgendes

Urteil

1        Mit Klageschrift, die am 30. März 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, beantragen Herr Lebedef und Herr Jones die Aufhebung einer angeblichen Entscheidung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, mit der es abgelehnt worden sein soll, die Kaufkraft der in Luxemburg (Luxemburg) tätigen Beamten dem Niveau der Kaufkraft der in Brüssel (Belgien) tätigen Beamten anzugleichen, und hilfsweise die Aufhebung ihrer Gehaltsabrechnungen ab Juni 2008.

 Rechtlicher Rahmen

2        Art. 64 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) bestimmt:

„Auf die Dienstbezüge des Beamten, die auf Euro lauten, wird nach Abzug der nach dem Statut und dessen Durchführungsverordnungen einzubehaltenden Beträge ein Berichtigungskoeffizient angewandt, der je nach den Lebensbedingungen am Ort der dienstlichen Verwendung 100 v. H. oder einen höheren oder niedrigeren Hundertsatz beträgt.

… Am 1. Januar 1962 beträgt der Berichtigungskoeffizient für die Dienstbezüge der an den vorläufigen Sitzen der Gemeinschaften tätigen Beamten 100 v. H.“

3        Art. 1 des Anhangs XI („Anwendungsmodalitäten zu den Artikeln 64 und 65 des Statuts“) des Statuts sieht vor:

„(1)      Bericht des Statistischen Amts der Europäischen Gemeinschaften (Eurostat)

Für die Überprüfung des Besoldungsniveaus gemäß Artikel 65 Absatz 1 des Statuts erstellt Eurostat jedes Jahr bis Ende Oktober einen Bericht über die Entwicklung der Lebenshaltungskosten in Brüssel, die Kaufkraftparitäten zwischen Brüssel und bestimmten Orten in den Mitgliedstaaten und die Entwicklung der Kaufkraft der Dienstbezüge der nationalen Beamten in den Zentralverwaltungen.

(3)      Entwicklung der Lebenshaltungskosten außerhalb Brüssels (Kaufkraftparitäten und implizite Indizes)

d)      Außerhalb von Belgien und Luxemburg wird die Entwicklung der Lebenshaltungskosten während des Bezugszeitraums anhand der impliziten Indizes gemessen. Diese Indizes werden als Produkt aus dem Brüsseler internationalen Index und der Entwicklung der Kaufkraftparität errechnet.

…“

4        Art. 3 Abs. 5 Satz 1 des Anhangs XI des Statuts lautet:

„Die Berichtigungskoeffizienten für Belgien und Luxemburg werden auf 100 festgesetzt.“

5        Art. 5 Abs. 3 des Anhangs XI des Statuts bestimmt:

„Für die Dienstorte, für die ein Berichtigungskoeffizient festgelegt wurde (Belgien und Luxemburg ausgenommen), wird eine Schätzung der in Artikel 1 Absatz 3 genannten Kaufkraftparitäten für Dezember angestellt. Die Entwicklung der Lebenshaltungskosten wird nach den Modalitäten des Artikels 1 Absatz 3 berechnet.“

6        Art. 9 Abs. 1 des Anhangs XI des Statuts sieht vor:

„Die zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats, die Verwaltung eines Organs der [Europäischen Union] oder die Vertreter der Beamten der [Europäischen Union] an einem bestimmten Dienstort können die Festsetzung eines Berichtigungskoeffizienten für diesen Ort beantragen.

Der Antrag hat sich auf objektive Elemente zu stützen, die eine mehrere Jahre andauernde erhebliche Differenz der Lebenshaltungskosten an einem bestimmten Dienstort gegenüber der Hauptstadt des betreffenden Mitgliedstaats erkennen lassen (ausgenommen die Niederlande, bei denen anstelle von Amsterdam Den Haag herangezogen wird). Bestätigt Eurostat, dass die Differenz erheblich (über 5 %) und nachhaltig ist, so legt die Kommission einen Vorschlag zur Festsetzung eines Berichtigungskoeffizienten für diesen Dienstort vor.“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

7        Herr Ott, Präsident der Gewerkschaft Solidarité européenne, war der Ansicht, dass sich die Kaufkraft der in Luxemburg tätigen Beamten im Vergleich zu den in Brüssel tätigen Beamten seit einigen Jahren ständig verringere, und richtete deshalb am 28. Oktober 2005 ein Schreiben an Herrn S. Kallas, den Vizepräsidenten der Kommission, in dem er ihn ersuchte, eine Studie über die Möglichkeit einzuleiten, für Luxemburg einen Berichtigungskoeffizienten vorzusehen.

8        Mit Schreiben vom 29. November 2005 antwortete Herr Kallas, dass es nicht im Interesse der Bediensteten liege, Arbeiten zur Festsetzung eines Berichtigungskoeffizienten für Luxemburg zu beginnen, weil eine solche Maßnahme u. a. eine Änderung des Statuts erfordere, was die Gefahr einer Neuverhandlung der Methode zur jährlichen Angleichung der Bezüge mit sich bringe, zu der man „nach langen und schwierigen Verhandlungen im Zuge der Reform“ gelangt sei.

9        Am 3. April 2007 richtete das interinstitutionelle Gewerkschaftskollektiv, das mehrere Gewerkschaften und Berufsverbände des Europäischen Parlaments, der Kommission und des Gerichtshofs der Europäischen Union umfasst, ein Schreiben an den Generaldirektor von Eurostat, in dem dieser aufgefordert wurde, eine Studie durchzuführen, um die Erheblichkeit der Differenz zwischen der Kaufkraft der in Luxemburg und der in Brüssel tätigen Beamten festzustellen, und das in Art. 9 des Anhangs XI des Statuts vorgesehene Verfahren zur Festsetzung eines Berichtigungskoeffizienten für Luxemburg einzuleiten.

10      Mit Schreiben vom 6. Juni 2007 antwortete der Generaldirektor von Eurostat, dass Anträge auf Festlegung eines Berichtigungskoeffizienten nicht in die Zuständigkeit von Eurostat fielen und an die Generaldirektion (GD) „Personal und Verwaltung“ der Kommission zu richten seien.

11      Mit Schreiben vom 12. April 2008 beantragten mehrere zu einer gemeinsamen Gewerkschaftsgruppe vereinigte Gewerkschaften und Berufsverbände beim Generaldirektor der GD „Personal und Verwaltung“ eine interinstitutionelle Konzertierung in Bezug auf den Kaufkraftverlust der Bediensteten der Organe.

12      Mit Schreiben vom 12. September 2008, das am 15. September 2008 von der Verwaltung registriert wurde, legten die Kläger Beschwerde gegen ihre Gehaltsabrechnungen von Juni 2008, die eine Berichtigung der Ende 2007 erfolgten Angleichung der Bezüge enthielten, ohne jedoch einen Berichtigungskoeffizienten für ihren Dienstort zu enthalten, sowie gegen ihre Gehaltsabrechnungen der folgenden Monate ein.

13      Mit Entscheidung vom 17. Dezember 2008, die am 18. Dezember 2008 zugestellt wurde, wies die Anstellungsbehörde die Beschwerde zurück.

 Anträge der Parteien und Verfahren

14      Die Kläger beantragen,

–      die stillschweigende Entscheidung aufzuheben, mit der es abgelehnt wurde, die Kaufkraft der Dienstbezüge in Luxemburg dem Niveau der Kaufkraft der Bezüge in Brüssel anzugleichen;

–        hilfsweise, ihre Gehaltsabrechnungen für die Zeit ab dem 15. Juni 2008 aufzuheben;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

15      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Klägern die Kosten aufzuerlegen.

16      Mit Schriftsatz, der am 25. Juni 2009 mit Fernkopie bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist (die Urschrift ist am 29. Juni 2009 eingegangen), hat der Rat der Europäischen Union beantragt, in der Rechtssache als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts hat diesem Antrag mit Beschluss vom 7. September 2009 stattgegeben.

17      Mit seinem Streithilfeschriftsatz, der am 16. Oktober 2009 mit Fernkopie bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, beantragt der Rat, die Klage als offensichtlich unzulässig, hilfsweise als unbegründet abzuweisen, was die Einrede der Rechtswidrigkeit betrifft, die die Kläger zur Begründung ihrer Klage erhoben haben.

 Zur Zulässigkeit der Klage

 Vorbringen der Parteien

18      Die Kommission ist der Ansicht, dass die Klage unzulässig sei, unabhängig davon, ob sie gegen die angebliche Weigerung, einen Berichtigungskoeffizienten für Luxemburg festzusetzen, oder gegen die Gehaltsabrechnungen der Kläger ab Juni 2008 gerichtet sei.

19      Zum einen seien die vor Einreichung der Beschwerde unternommenen Schritte gewerkschaftlicher und politischer, aber nicht dienstrechtlicher Natur gewesen. Es habe keinen Antrag eines einzelnen Beamten im Sinne von Art. 90 Abs. 1 des Statuts gegeben.

20      Jedenfalls sei die Klage, soweit sie gegen die angebliche Weigerung, einen Berichtigungskoeffizienten für Luxemburg festzusetzen, gerichtet sei, verspätet, da weder innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung des Antrags von Oktober 2005 durch Herrn Kallas, noch innerhalb von drei Monaten nach der Weigerung des Generaldirektors von Eurostat, die beantragten Berechnungen durchzuführen, eine Beschwerde eingelegt worden sei. Außerdem seien es nicht die Kläger gewesen, die diese Anträge gestellt hätten.

21      Darüber hinaus habe die Klage nicht denselben Gegenstand wie die zuvor unternommenen Schritte. Ihr Hauptzweck sei es, das Fehlen eines Berichtigungskoeffizienten für Luxemburg zu rügen, der nach Ansicht der Kläger zwangsläufig höher sein müsse als der für Brüssel, während die zuvor unternommenen Schritte das Fehlen einer Berechnung oder Konzertierung betroffen hätten.

22      Zum anderen räumt die Kommission ein, dass die Klage eines Beamten gegen seine Gehaltsabrechnung für zulässig erklärt worden sei, soweit diese nicht die Anwendung eines Berichtigungskoeffizienten enthalten habe, auf den der Beamte seiner Meinung nach Anspruch gehabt habe (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts erster Instanz vom 27. Oktober 1994, Chavane de Dalmassy u. a./Kommission, T‑64/92, Slg. ÖD 1994, I‑A‑227 und II‑723). Diese Möglichkeit setze jedoch voraus, dass in der fraglichen Abrechnung eine Änderung der Lage oder eine neue Entscheidung zum Ausdruck komme, was im Juni 2008 nicht der Fall gewesen sei.

23      In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger zunächst geltend gemacht, dass sie das Recht hätten, die stillschweigende Weigerung, die Kaufkraft der in Luxemburg tätigen Beamten durch Festsetzung eines spezifischen Berichtigungskoeffizienten auf ein Niveau zu bringen, das der Kaufkraft der in Brüssel tätigen Beamten entspreche, unmittelbar beim Gericht anzugreifen, sodann, dass die Gehaltsabrechnung von Juni 2008 eine Änderung der Lage erkennen lasse, da sie eine Berichtigung der Ende 2007 nach der jährlichen Prüfung erfolgten Angleichung der Bezüge enthalte, ohne jedoch einen Berichtigungskoeffizienten für Luxemburg vorzusehen, und schließlich, dass die Beschwerde- und Klagefristen vollauf eingehalten worden seien.

 Würdigung durch das Gericht

 Zur Klage, soweit sie gegen die angebliche stillschweigende Weigerung gerichtet ist, die Kaufkraft der in Luxemburg tätigen Beamten auf ein Niveau zu bringen, das der Kaufkraft der in Brüssel tätigen Beamten entspricht

24      Innerhalb des Systems von Rechtsbehelfen, das durch die Art. 90 und 91 des Statuts geregelt wird, erfordert eine gegen stillschweigende Weigerung gerichtete Klage

–        entweder einen vorherigen Antrag des betreffenden Beamten nach Art. 90 Abs. 1 des Statuts, der als stillschweigend abgelehnt gilt, wenn die Anstellungsbehörde nicht binnen vier Monaten antwortet, in welchem Fall der Beamte nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts innerhalb einer Frist von drei Monaten eine Beschwerde bei der Anstellungsbehörde einlegen kann,

–        oder die Einreichung einer vorherigen Beschwerde gegen eine beschwerende Maßnahme nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts, wobei nach Art. 90 Abs. 2 Unterabs. 2 das Ausbleiben einer Antwort binnen vier Monaten ab der Einreichung der Beschwerde als stillschweigende Zurückweisung gilt, gegen die eine Klage nach Art. 91 des Statuts zulässig ist.

25      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Kläger das Vorverfahren nicht ordnungsgemäß befolgt haben. Denn zum einen haben sie keinen vorherigen Antrag nach Art. 90 Abs. 1 des Statuts gestellt, der darauf gerichtet war, die Kaufkraft der in Luxemburg tätigen Beamten auf ein Niveau zu bringen, das der Kaufkraft der in Brüssel tätigen Beamten entspricht, da die Schreiben vom 28. Oktober 2005, vom 3. April 2007 und vom 12. April 2008, selbst wenn sie als Anträge im Sinne von Art. 90 Abs. 1 des Statuts eingestuft werden könnten, nicht von den Klägern selbst stammten.

26      Zum anderen wurde auf die Antwort von Herrn Kallas vom 29. November 2005 und auf die Antwort des Generaldirektors von Eurostat vom 6. Juni 2007 innerhalb der Beschwerde- und der Klagefristen nichts unternommen. Auch von den Gewerkschaften und Berufsverbänden wurde nichts unternommen, nachdem ihr Antrag vom 12. April 2008 auf interinstitutionelle Konzertierung vom Generaldirektor der GD „Personal und Verwaltung“ nicht ausdrücklich beantwortet wurde.

27      Die Klage ist demnach als unzulässig abzuweisen, soweit sie gegen die behauptete stillschweigende Weigerung, die Kaufkraft der in Luxemburg tätigen Beamten auf ein Niveau zu bringen, das der Kaufkraft der in Brüssel tätigen Beamten entspricht, gerichtet ist.

 Zur Klage, soweit sie gegen die Gehaltsabrechnungen der Kläger ab Juni 2008 gerichtet ist

28      Aus der Klageschrift geht hervor, dass die Kläger ihre Klage gegen ihre Gehaltsabrechnungen ab Juni 2008 im Wesentlichen auf gegen Art. 3 Abs. 5 Satz 1 des Anhangs XI des Statuts gerichtete Klagegründe stützen, mit denen sie vor dem Gericht die Unabwendbarkeit dieser Bestimmung geltend machen.

29      Zunächst ist zu beachten, dass der zum Zeitpunkt der Klageerhebung geltende Art. 241 EG, nach Änderung jetzt Art. 277 AEUV, vorsieht, dass jede Partei in einem Rechtsstreit, bei dem es auf die Rechtmäßigkeit einer von dieser Bestimmung erfassten Verordnung ankommt, insbesondere zur Stützung einer Klage gegen eine Durchführungsmaßnahme, die in Art. 230 Abs. 2 EG, nach Änderung jetzt Art. 263 Abs. 2 AEUV, genannten Gründe auch nach Ablauf der Klagefrist gegen diese Verordnung geltend machen kann. Nach ständiger Rechtsprechung ist dieser inzidente Rechtsbehelf Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes, der gewährleisten soll, dass jedermann die Möglichkeit erhält oder erhalten hat, einen Rechtsakt der Union in Frage zu stellen, der für eine ihm entgegengehaltene Entscheidung als Grundlage dient (Urteile des Gerichtshofs vom 6. März 1979, Simmenthal/Kommission, 92/78, Slg. 1979, 777, vom 19. Januar 1984, Andersen u. a./Parlament, 262/80, Slg. 1984, 195, und vom 10. Juli 2003, Kommission/EZB, C‑11/00, Slg. 2003, I‑7147, Randnrn. 74 bis 78). Die in Art. 241 EG festgelegte Regel gilt sicherlich im Rahmen eines Rechtsstreits, mit dem das Gericht nach Art. 236 EG, nach Änderung jetzt Art. 270 AEUV, befasst wurde.

30      Nach der Rechtsprechung begründet jedoch die Möglichkeit, nach Art. 241 EG die Unanwendbarkeit einer Verordnung geltend zu machen, keinen selbständigen Klageweg, sondern kann nur inzident ausgeübt werden, so dass die Einrede der Rechtswidrigkeit unzulässig ist, wenn kein Klageweg eröffnet oder die Klage unzulässig ist (Urteile des Gerichtshofs vom 16. Juli 1981, Albini/Rat und Kommission, 33/80, Slg. 1981, 2141, Randnr. 17, und vom 7. Juli 1987, Étoile commerciale und CNTA/Kommission, 89/86 und 91/86, Slg. 1987, 3005, Randnr. 22).

31      Nach den Art. 90 und 91 des Statuts können die Beschwerde und folglich die Klage nur gegen eine beschwerende Maßnahme der Anstellungsbehörde gerichtet werden. Außerdem steht fest, dass beschwerend im Sinne von Art. 90 Abs. 2 und Art. 91 Abs. 1 des Statuts eine Maßnahme ist, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugt, die die Interessen des Klägers unmittelbar und sofort beeinträchtigen, indem sie seine Rechtsstellung in qualifizierter Weise verändert (Urteil des Gerichts vom 28. Juni 2006, Grünheid/Kommission, F‑101/05, Slg. ÖD 2006, I‑A‑1‑55 und II‑A‑1‑199, Randnr. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Es ist daher zu prüfen, ob die Klage, soweit sie gegen die ab Juni 2008 ausgestellten Gehaltsabrechnungen der Kläger gerichtet ist, den Anforderungen der Art. 90 und 91 des Statuts entspricht.

33      Eine Gehaltsabrechnung weist nach ihrer Art und ihrem Gegenstand nicht die Merkmale einer beschwerenden Maßnahme auf, da mit ihr nur frühere Entscheidungen der Verwaltung in Bezug auf die persönliche und rechtliche Lage des Beamten in finanzielle Begriffe umgesetzt werden (Urteile des Gerichts vom 23. April 2008, Pickering/Kommission, F‑103/05, Slg. ÖD 2008, I‑A‑1‑101 und II‑A‑1‑527, Randnr. 72, und Bain u. a./Kommission, F‑112/05, Slg. ÖD 2008, I‑A‑1‑111 und II‑A‑1‑579, Randnr. 73). Sofern die Gehaltsabrechnung jedoch klar das Vorliegen und den Inhalt einer Entscheidung der Verwaltung mit individueller Geltung zum Ausdruck bringt, die bisher unbemerkt geblieben ist, da sie dem Betroffenen nicht förmlich bekannt gegeben wurde, kann sie, da sie die Aufschlüsselung der finanziellen Ansprüche enthält, als beschwerende Maßnahme angesehen werden, die Gegenstand einer Beschwerde und gegebenenfalls einer Klage sein kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts erster Instanz vom 16. Februar 2005, Reggimenti/Parlament, T‑354/03, Slg. ÖD 2005, I‑A‑33 und II‑147, Randnrn. 38 und 39, zur Erstattung von Reisekosten oder auch Beschluss des Gerichts erster Instanz vom 24. März 1998, Meyer u. a./Gerichtshof, T‑181/97, Slg. ÖD 1998, I‑A‑151 und II‑481, zu einem Abzug von der im Übrigen bezogenen Familienzulage). Unter diesen Umständen setzt die Mitteilung der Gehaltsabrechnung die Beschwerde- und Klagefrist gegen die Verwaltungsentscheidung in Lauf, die gegenüber dem betreffenden Beamten ergangen ist und sich in dieser Abrechnung niederschlägt (Urteile Pickering/Kommission, Randnr. 75, und Bain u. a./Kommission, Randnr. 76).

34      Das Gleiche gilt, wenn in der Gehaltsabrechnung zum ersten Mal die Durchführung eines neuen Rechtsakts mit allgemeiner Geltung über die Festsetzung finanzieller Ansprüche zum Ausdruck kommt, wie z. B. ein Beschluss, mit dem die Berechnungsmethode für Reisekosten geändert wird (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 18. September 2003, Lebedef u. a./Kommission, T‑221/02, Slg. ÖD 2003, I‑A‑211 und II‑1037, Randnrn. 24 und 25), ein Beschluss, mit dem die Sätze für Elternbeiträge für die Kinderkrippe geändert werden (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 29. Januar 1997, Vanderhaeghen/Kommission, T‑297/94, Slg. ÖD 1997, I‑A‑7 und II‑13), eine Verordnung, mit der Berichtigungskoeffizienten geändert werden (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 8. November 2000, Bareyt u. a./Kommission, T‑175/97, Slg. ÖD 2000, I‑A‑229 und II‑1053; Urteile Pickering/Kommission, und Bain u. a./Kommission), eine Verordnung, mit der die Dienstbezüge angeglichen werden (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 22. Juni 1994, Di Marzio und Lebedef/Kommission, T‑98/92 und T‑99/92, Slg. ÖD 1994, I‑A‑167 und II‑541), oder eine Verordnung, mit der eine besondere Krisenabgabe oder eine vorübergehende Abgabe eingeführt wird (Urteil des Gerichtshofs vom 3. Juli 1985, Abrias u. a./Kommission, 3/83, Slg. 1985, 1995; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 22. Juni 1994, Rijnoudt und Hocken/Kommission, T‑97/92 und T‑111/92, Slg. ÖD 1994, I‑A‑159 und II‑511).

35      In den letztgenannten Fällen gibt die erste Gehaltsabrechnung, die auf das Inkrafttreten eines Rechtsakts mit allgemeiner Geltung folgt, mit dem die finanziellen Ansprüche einer abstrakten Gruppe von Beamten geändert wurden, ihrem Empfänger gegenüber zwangsläufig den Erlass einer Verwaltungsentscheidung mit individueller Geltung wieder, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugt, die die Interessen des betroffenen Beamten unmittelbar und sofort beeinträchtigen. Selbst wenn man daher annehmen könnte, dass die Anstellungsbehörde Monat für Monat eine neue Verwaltungsentscheidung von individueller Geltung in Bezug auf die Festsetzung der finanziellen Ansprüche des Beamten erlässt, die sich in der entsprechenden Gehaltsabrechnung widerspiegelt, bestätigen diese nachfolgenden Entscheidungen bloß die erste Entscheidung, die die Rechtsstellung des Betroffenen durch die Anwendung des neuen Rechtsakts mit allgemeiner Geltung in qualifizierter Weise verändert hat.

36      Infolgedessen kann ein Beamter, der es unterlassen hat, innerhalb der Beschwerde- und Klagefrist die Gehaltsabrechnung anzufechten, in der die Durchführung eines Rechtsakts mit allgemeiner Geltung über die Festsetzung finanzieller Ansprüche zum ersten Mal zum Ausdruck kommt, die späteren Abrechnungen nach dem Ablauf dieser Frist nicht wirksam in der Weise anfechten, dass er in Bezug auf diese dieselbe Rechtswidrigkeit geltend macht, mit der die erste Abrechnung behaftet gewesen sein soll (Urteile Pickering/Kommission, Randnrn. 75 bis 89, und Bain u. a./Kommission, Randnrn. 76 bis 89).

37      Im vorliegenden Fall entspricht die Situation jedoch nicht den oben genannten Fällen. Denn aus dem Vorbringen der Kläger erweist sich, dass diese im Wesentlichen kritisieren, dass die Kommission an der Anwendung von Art. 3 Abs. 5 Satz 1 des Anhangs XI des Statuts festgehalten habe, ohne eine Studie über die mögliche Differenz der Kaufkraft zwischen Brüssel und Luxemburg erstellt zu haben, während sie das Auftreten neuer wirtschaftlicher Umstände geltend machen, die eine Anwendung dieser Bestimmung insbesondere im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichbehandlung nicht mehr rechtfertigten.

38      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass, wie die Kommission einräumt, der Grundsatz der Gleichbehandlung vom Gesetzgeber zu beachten ist und die in den Art. 64 und 65 des Statuts vorgesehene Festsetzung von Berichtigungskoeffizienten diesen Grundsatz gerade dadurch umsetzen soll, dass allen Beamten unabhängig von ihrem Dienstort die gleiche Kaufkraft gewährleistet wird (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 19. November 1981, Benassi/Kommission, 194/80, Slg. 1981, 2815, Randnr. 5, und vom 23. Januar 1992, Kommission/Rat, C‑301/90, Slg. 1992, I‑221, Randnr. 19, sowie Beschluss des Gerichtshofs vom 29. April 2004, Drouvis/Kommission, C‑187/03 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39      Wenn, wie im vorliegenden Fall, ein Rechtsuchender der Ansicht ist, dass die Europäische Union aufgrund neuer Gesichtspunkte zum Erlass neuer normativer Maßnahmen verpflichtet ist, muss er sich in der Regel der hierfür im Vertrag und in den Unionsrechtsakten geregelten Verfahren bedienen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 22. Oktober 2002, National Farmers’ Union, C‑241/01, Slg. 2002, I‑9079, Randnr. 38).

40      Es ist jedoch festzustellen, dass Art. 90 Abs. 1 des Statuts den Beamten nur erlaubt, den Erlass einer sie betreffenden Entscheidung bei der Verwaltung als Anstellungsbehörde zu beantragen. Das ist hier nicht der Fall, da die Kläger der Kommission im Wesentlichen vorwerfen, nicht die erforderlichen politischen Initiativen ergriffen zu haben, damit für die Zukunft ein spezifischer Berichtigungskoeffizient für Luxemburg festgesetzt wird, was die Aufhebung von Art. 3 Abs. 5 Satz 1 des Anhangs XI des Statuts voraussetzt. Ein solcher Antrag fällt nicht in den Anwendungsbereich von Art. 90 Abs. 1 des Statuts, da eine politische Initiative nicht als eine „den Beamten betreffende Entscheidung“ eingestuft werden kann.

41      Unter diesen Umständen und unter Berücksichtigung der verfahrensrechtlichen Schwierigkeiten, denen ein Einzelner gegenüberstehen würde, der eine Untätigkeitsklage nach Art. 265 AEUV gegen ein Organ zum Zweck der Aufhebung einer Bestimmung einer vom Unionsgesetzgeber erlassenen Verordnung erheben wollte (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil des Gerichtshofs vom 16. Februar 1993, ENU/Kommission, C‑107/91, Slg. 1993, I‑599, Randnrn. 16 und 17), würde es die Erhebung einer Klage, die auf die Gewährleistung der Einhaltung des im Unionsrecht anerkannten allgemeinen Grundsatzes der Gleichbehandlung gerichtet ist, praktisch unmöglich machen und somit unverhältnismäßig in das Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz eingreifen, wenn nach der in den Randnrn. 33 bis 36 des vorliegenden Urteils genannten Rechtsprechung ausgeschlossen würde, dass ein Beamter seine Gehaltsabrechnung wegen einer Änderung tatsächlicher Umstände, wie einer Änderung wirtschaftlicher Bedingungen, anfechten kann, indem er dabei eine Einrede der Rechtswidrigkeit gegen eine Bestimmung des Statuts geltend macht, die zwar zum Zeitpunkt ihres Erlasses gültig zu sein schien, nach Ansicht des betreffenden Beamten aber wegen dieser Änderung der Umstände rechtswidrig geworden ist.

42      Daher ist es unter den sehr speziellen Umständen des vorliegenden Falls ungeachtet der Einschränkungen, die sich aus der in den Randnrn. 33 bis 36 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ergeben, zum Schutz des Klagerechts der Beamten zuzulassen, dass diese ihre Gehaltsabrechnungen anfechten, indem sie gegen eine Bestimmung des Statuts, mit der ihre finanziellen Ansprüche festgesetzt werden, eine Einrede der Rechtswidrigkeit erheben, mit der u. a. ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung gerügt wird.

43      Nach alledem ist die Einrede der Unzulässigkeit der Klage, soweit sie gegen die Gehaltsabrechnungen der Kläger ab Juni 2008 gerichtet ist, zurückzuweisen.

 Zur Begründetheit

44      Die Kläger stützen sich auf vier Klagegründe, wobei mit den ersten drei, in der Klageschrift gemeinsam ausgeführten ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung, gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung sowie gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes gerügt wird und mit dem vierten Klagegrund ein Verstoß gegen Art. 64 des Statuts.

 Zu den ersten drei Klagegründen

 Vorbringen der Parteien

45      Die Kläger tragen vor, dass die Lebenshaltungskosten in Luxemburg höher seien als in Brüssel. Sie stützen sich für diese Behauptung auf den nationalen Mindestlohn und die Wohnkosten, sowie auf von der Bankgesellschaft UBS verbreitete Daten, informelle Berechnungen von Statistikern von Eurostat und auf die Einschätzungen von Kollegen, die sich im Rahmen der Mobilität von Luxemburg nach Brüssel und umgekehrt begeben hätten.

46      Da Luxemburg der einzige Dienstort sei, der keinen Berichtigungskoeffizienten habe, sind die Kläger der Ansicht, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung offenkundig sei.

47      Es sei schwierig, wenn nicht unmöglich, einen Berichtigungskoeffizienten für Luxemburg ohne den internationalen Index der Lebenshaltungskosten in dieser Stadt zu berechnen, der anhand einer von Eurostat durchgeführten Untersuchung ermittelt werden müsste, die jedoch nie durchgeführt worden sei.

48      Indem die Kommission die darauf gerichteten Anträge der Personalvertreter unberücksichtigt gelassen habe, was aus den Gehaltsabrechnungen ab Juni 2008 hervorgehe, habe sie Art. 9 des Anhangs XI des Statuts nicht beachtet und gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen. Dieser Artikel, der auf eine „erhebliche Differenz der Lebenshaltungskosten an einem bestimmten Dienstort gegenüber der Hauptstadt des betreffenden Mitgliedstaats“ Bezug nehme, meine in Wirklichkeit eine „erhebliche Differenz der Lebenshaltungskosten an einem bestimmten Dienstort gegenüber den Lebenshaltungskosten an dem Dienstort, der die Bezüge auch für diesen bestimmten Dienstort festlegt“.

49      Schließlich erstrecke sich das Recht auf Inanspruchnahme des Vertrauensschutzes nach ständiger Rechtsprechung auf jeden Einzelnen, bei dem die Verwaltung begründete Erwartungen geweckt habe. Im vorliegenden Fall seien die Kläger dazu gebracht worden, zu glauben, das Fehlen eines Berichtigungskoeffizienten für Luxemburg bedeute, dass die Kommission die notwendigen Überprüfungen vorgenommen habe, die ihr die Annahme ermöglichten, es sei gerechtfertigt, keinen solchen Koeffizienten vorzusehen.

50      Die Kommission entgegnet, dass die Kläger in keiner Weise erklärten, wie Art. 9 des Anhangs XI des Statuts in Bezug auf Luxemburg hätte verletzt werden können, da nach Art. 3 Abs. 5 Satz 1 dieses Anhangs, der den gleichen Rang habe, ein Berichtigungskoeffizient für Luxemburg ausgeschlossen sei.

51      Die Kommission bestreitet zwar nicht, dass der Gesetzgeber im Allgemeinen an den Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden sei. In Bezug auf Art. 3 Abs. 5 Satz 1 des Anhangs XI des Statuts erfordere die Geltendmachung einer solchen Rüge jedoch einen besonders fundierten Nachweis eines tatsächlichen und dauerhaften Unterschieds zwischen Brüssel und Luxemburg. Das gehe aus der Rechtsprechung zur punktuellen Anfechtung eines vom Rat festgesetzten Berichtigungskoeffizienten für einen bestimmten Dienstort hervor. Das gleiche Beweiserfordernis gelte erst recht, wenn nachgewiesen werden müsse, dass der Gesetzgeber im Statut selbst den Grundsatz der Gleichbehandlung durch die Annahme verletzt habe, dass zwei Dienstorte gleichbehandelt werden müssten.

52      Die Kommission weist auch auf den weiten Ermessensspielraum hin, über den die Organe in Bezug auf die Gesichtspunkte verfügten, die bei der Festsetzung der Berichtigungskoeffizienten zu berücksichtigen seien, da das Gericht nur einen offenkundigen Beurteilungsfehler oder einen Ermessensmissbrauch beanstanden könne (vgl. u. a. Urteile des Gerichts erster Instanz vom 25. September 2002, Ajour u. a./Kommission, T‑201/00 und T‑384/00, Slg. ÖD 2002, I‑A‑167 und II‑885, Randnrn. 47 bis 49, und Bareyt u. a./Kommission, Randnrn. 57 und 64).

53      Die Kläger lieferten jedoch nicht den geringsten Anhaltspunkt, aus dem auf das Vorliegen eines offenkundigen Beurteilungsfehlers in Bezug auf das Fehlen eines Berichtigungskoeffizienten für Luxemburg geschlossen werden könnte.

54      Der Präsident der Gewerkschaft Solidarité européenne habe 2005 bei der Kommission eine Studie über die Durchführbarkeit eines spezifischen Koeffizienten beantragt und dabei als selbstverständlich vorausgesetzt, dass das Leben in Luxemburg teurer sei als in Brüssel. Eurostat könne jedoch unmöglich eine Untersuchung über die Familienbudgets der in Luxemburg tätigen Beamten mit dem Ziel durchführen, einen solchen Koeffizienten festzulegen, da es diesen nach Art. 3 Abs. 5 Satz 1 des Anhangs XI des Statuts von Rechts wegen nicht geben könne.

55      Weiter hätten sich die Kläger darauf beschränkt, allgemeine und vage Erwägungen vorzutragen, ohne den geringsten Nachweis über Preise zu erbringen, der die Feststellung ermögliche, dass die Lebenshaltungskosten in Luxemburg tatsächlich erheblich und nachhaltig höher seien als in Brüssel.

56      Im Übrigen ist nach Ansicht der Kommission im vorliegenden Fall die Berufung auf Art. 9 des Anhangs XI des Statuts verfehlt, da dieser Artikel die Festsetzung eines Koeffizienten für einen anderen Ort als die Hauptstadt eines Staats und nicht die Hauptstadt selbst betreffe, für die es – was Luxemburg angehe – eine Sonderbestimmung in Art. 3 Abs. 5 Satz 1 dieses Anhangs gebe.

57      Die in Bezug auf die Lebenshaltungskosten in Luxemburg verfügbaren Informationen entsprächen zudem bei Weitem nicht alle den Angaben der Kläger. Die Kommission zitiert ein Beispiel aus Mercer’s Cost of Living Survey, aus dem hervorgehe, dass im März 2008 die Lebenshaltungskosten in Luxemburg (91,3) niedriger gewesen seien als die in Brüssel (92,9), wobei der Index für New York 100 betragen habe.

58      Zum behaupteten Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung bemerkt die Kommission, dass eine Bestimmung des Statuts nach der Rechtsprechung nicht aus diesem Grund angefochten werden könne (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 29. November 2006, Campoli/Kommission, T‑135/05, Slg. ÖD 2006, I‑A‑2‑297 und II‑A‑2‑1527, Randnr. 149).

59      Was die behauptete Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes betrifft, sei der Standpunkt der Kläger inkohärent. Die Kommission hätte es besser verstanden, wenn die Kläger vorgetragen hätten, dass die Verwaltung ihnen die Festsetzung eines spezifischen Koeffizienten für Luxemburg tatsächlich zugesagt, aber keinen Koeffizienten festgesetzt hätte. Jedenfalls sei es rechtlich ausgeschlossen gewesen, dass die Kläger irgendeine Erwartung gehabt hätten, einen Koeffizienten für Luxemburg zu erhalten, da Art. 3 Abs. 5 Satz 1 des Anhangs XI des Statuts ihn ausdrücklich untersage. Jede Zusage in diesem Sinne, falls sie existiert habe, hätte gegen die geltenden Bestimmungen verstoßen und somit keine berechtigten Erwartungen wecken können (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 27. März 1990, Chomel/Kommission, T‑123/89, Slg. 1990, II‑131 Randnrn. 26 bis 30).

 Würdigung durch das Gericht

60      Die Kläger werfen der Kommission im Wesentlichen vor, ungeachtet des Art. 3 Abs. 5 Satz 1 des Anhangs XI des Statuts Eurostat nicht damit beauftragt zu haben, statistische Untersuchungen vorzunehmen, die die Feststellung ermöglichen, ob es eine für die in Luxemburg tätigen Beamten nachteilige erhebliche Differenz zwischen ihrer Kaufkraft und der in Brüssel festgestellten Kaufkraft gibt. Sie meinen, dass die Kommission durch ihre Untätigkeit, obwohl die Kläger Indizes vorgelegt hätten, die eine erhebliche Erhöhung der Lebenshaltungskosten in Luxemburg während der letzten Jahre erkennen ließen, gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung, der ordnungsgemäßen Verwaltung und des Vertrauensschutzes verstoßen habe.

61      Das Vorbringen der Kläger ist daher in dem Sinne zu verstehen, dass sie grundsätzlich die Rechtmäßigkeit von Art. 3 Abs. 5 Satz 1 des Anhangs XI des Statuts in Frage stellen, da diese Bestimmung nicht nur verhindert, dass ein Berichtigungskoeffizient für Luxemburg festgesetzt werden kann, sondern auch, dass die Kommission Eurostat beauftragt, die statistischen Untersuchungen durchzuführen, die für den Nachweis einer möglichen Differenz der Lebenshaltungskosten zwischen Brüssel und Luxemburg erforderlich sind, obwohl die von den Klägern vorgelegten Indizes die Vornahme solcher Untersuchungen rechtfertigten.

62      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung der Zweck der Anwendung von Berichtigungskoeffizienten auf die Dienstbezüge der Beamten nach den Art. 64 und 65 des Statuts darin besteht, allen Beamten gemäß dem Grundsatz der Gleichbehandlung unabhängig von ihrem Dienstort die Erhaltung einer gleichwertigen Kaufkraft zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Urteile Benassi/Kommission, Randnr. 5, Kommission/Rat, Randnr. 19, und Beschluss Drouvis/Kommission, Randnr. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung). Nach Art. 65 Abs. 2 des Statuts obliegt es dem Rat, wenn er eine erhebliche Änderung der Lebenshaltungskosten feststellt, die Konsequenzen daraus zu ziehen, indem er die Berichtigungskoeffizienten angleicht (Urteil Kommission/Rat, Randnr. 24). Weiter hat der Gerichtshof zu einer erheblichen Änderung der Lebenshaltungskosten, die sich zwischen einem von der Hauptstadt des berücksichtigten Mitgliedstaats verschiedenen Dienstort und dieser Hauptstadt ergeben hatte, entschieden, dass der Rat über kein Ermessen in Bezug auf die Notwendigkeit der Einführung eines spezifischen Berichtigungskoeffizienten für einen Dienstort verfügte (Urteil Kommission/Rat, Randnr. 25).

63      Außerdem ist zu beachten, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung, der mit der Festsetzung der in den Art. 64 und 65 des Statuts vorgesehenen Berichtigungskoeffizienten gewährleistet werden soll – wie die Kommission einräumt –, auch für den Gesetzgeber gilt.

64      Im vorliegenden Fall ist klar, dass sich die Kläger, die eine diskriminierende Behandlung der in Luxemburg tätigen Beamten aufgrund des Fehlens eines spezifischen Berichtigungskoeffizienten für diesen Mitgliedstaat gemäß Art. 3 Abs. 5 Satz 1 des Anhangs XI des Statuts behaupten, wegen der technischen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Erhebung und der Zusammenstellung hinreichend zuverlässiger statistischer Daten vor dem Gericht in einer besonders schwierigen Situation befinden, was die Führung des Beweises betrifft.

65      Unter diesen Umständen kann sich die Kommission nicht darauf beschränken, geltend zu machen, dass die Kläger das Bestehen eines erheblichen und nachhaltigen Unterschieds zwischen Luxemburg und Brüssel zur Stützung ihrer Rüge eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht nachgewiesen hätten, und sich gleichzeitig darauf berufen, dass es für sie nicht möglich sei, Eurostat zu ersuchen, statistische Untersuchungen dazu durchzuführen, weil Art. 3 Abs. 5 Satz 1 des Anhangs XI des Statuts die Festsetzung eines spezifischen Berichtigungskoeffizienten für Luxemburg untersage. Ein solcher Zirkelschluss, sollte das Gericht ihm folgen, würde es nicht erlauben, die Wahrung der Gleichbehandlung von Beamten hinsichtlich ihrer Bezüge und insbesondere das Erfordernis, allen Beamten eine gleichwertige Kaufkraft zu erhalten, zu gewährleisten.

66      Unter diesen Umständen kann in Anbetracht der technischen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Bestimmung und der Auswahl der Grunddaten und der statistischen Methoden von den Klägern nicht verlangt werden, dass sie vor dem Gericht das Vorliegen einer erheblichen und nachhaltigen Erhöhung der Lebenshaltungskosten in Luxemburg im Vergleich zu Brüssel, womit eine Ungleichbehandlung von Beamten nach ihrem Dienstort dargetan werden kann, rechtlich hinreichend nachweisen. Sie haben lediglich, wie der Rat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, ein hinreichend aussagekräftiges Bündel von Hinweisen beizubringen, das eine mögliche Differenz zwischen der Kaufkraft erkennen lässt und geeignet ist, die Beweislast auf die Kommission zu verlagern und gegebenenfalls die Einleitung administrativer Untersuchungen durch Eurostat zu rechtfertigen.

67      Aus Art. 65 Abs. 2 des Statuts und Art. 9 Abs. 1 des Anhangs XI des Statuts geht zwar hervor, dass nur eine im Vergleich zu Brüssel erhebliche Erhöhung der Lebenshaltungskosten in Luxemburg die Ergreifung von Angleichungsmaßnahmen rechtfertigen kann, um die Gleichwertigkeit der Kaufkraft der in Luxemburg tätigen Beamten und ihren in Brüssel tätigen Kollegen zu gewährleisten. Der Grundsatz der Gleichbehandlung kann nämlich nicht die vollkommen gleiche Kaufkraft der Beamten unabhängig von ihrem Dienstort vorschreiben, sondern eine wesentliche Übereinstimmung der Lebenshaltungskosten an den berücksichtigten Dienstorten. Der Gesetzgeber verfügt insoweit angesichts der Komplexität der Materie über ein weites Ermessen, und das Eingreifen des Gerichts muss sich auf die Prüfung beschränken, ob sich die Organe in Bezug auf die Erwägungen, die sie geleitet haben, innerhalb vernünftiger Grenzen gehalten und ihr Ermessen nicht offensichtlich fehlerhaft ausgeübt haben (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts erster Instanz vom 7. Dezember 1995, Abello u. a./Kommission, T‑544/93 und T‑566/93, Slg. ÖD 1995, I‑A‑271 und II‑815, Randnr. 76).

68      Auch wenn die Schriftsätze der Kläger in diesem Punkt nicht sehr klar sind, scheint aber die mit der vorliegenden Klage in erster Linie vorgetragene Rüge zu sein, dass die Kommission an der Anwendung von Art. 3 Abs. 5 Satz 1 des Anhangs XI des Statuts festgehalten hat, ohne eine Untersuchung zur möglichen Differenz der Kaufkraft zwischen Brüssel und Luxemburg durchgeführt zu haben. In einem solchen Zusammenhang ist die Kontrolle des Gerichts nicht auf die Prüfung offensichtlicher Beurteilungsfehler beschränkt, sondern umfasst die Frage, ob die Beteiligten ausreichende Hinweise wie bezifferte oder andere Studien aus autorisierter Quelle vorgelegt haben, die hinreichend belegt sind und die Einleitung einer Untersuchung rechtfertigen.

69      Im vorliegenden Fall ist jedoch festzustellen, dass sich die Kläger darauf beschränken, einige eher abstrakte Erwägungen anzustellen, ohne den Ansatz eines Beweises zu liefern, der zumindest die Feststellung eines die Einleitung statistischer Untersuchungen durch Eurostat rechtfertigenden Anscheins eines erheblichen Unterschieds ermöglichen kann. In ihrer Klageschrift berufen sich die Kläger nämlich auf

–        „von UBS verbreitete Daten“, ohne dass diese Daten erläutert oder vorgelegt würden;

–        nicht untermauerte Behauptungen zum nationalen Mindestlohn, den Wohnkosten und den Geschäftsraummieten in Luxemburg;

–        „Informationen von Kollegen, die sich im Rahmen der Mobilität von Luxemburg nach Brüssel oder von Brüssel nach Luxemburg begeben und festgestellt haben, dass ihre Kaufkraft in Luxemburg geringer ist als in Brüssel“, ohne weitere konkretere Bemerkungen;

–        „informelle Berechnungen von Statistikern von Eurostat“, ebenfalls ohne weitere Bemerkungen;

–        ein Schreiben des Direktors für Ressourcen der NATO-Agentur für Ersatzteilversorgung und Instandsetzung (NAMSA) vom 6. März 2006, in dem dieser sich darauf beschränkt, seine Besorgnis über „die wachsende Differenz zwischen den Lebenshaltungskosten in Brüssel und in Luxemburg“ zum Ausdruck zu bringen;

–        weitere Behauptungen, die in Schriftwechseln und Gewerkschaftsflugblättern enthalten sind, die der Klageschrift beigefügt sind.

70      Solche Hinweise reichen nicht aus, um den Anschein eines erheblichen und nachhaltigen Unterschieds der Lebenshaltungskosten zwischen den beiden in Rede stehenden Dienstorten festzustellen, der ohne einen spezifischen Berichtigungskoeffizienten für Luxemburg die Kaufkraft der in Luxemburg tätigen Beamten im Vergleich zu der ihrer in Brüssel arbeitenden Kollegen erheblich verringern würde, zumal die Kommission ihrerseits Anhaltspunkte dafür vorgelegt hat, dass die Lebenshaltungskosten in Luxemburg im Gegenteil geringer sind als in Brüssel (vgl. Randnr. 57 des vorliegenden Urteils).

71      Außerdem genügt hinsichtlich des behaupteten Verstoßes gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung der Hinweis, dass eine vom Rat ordnungsgemäß erlassene Bestimmung des Statuts wegen eines behaupteten Verstoßes gegen einen solchen Grundsatz nicht mit Erfolg angefochten werden kann (Urteile des Gerichts erster Instanz vom 15. Februar 2005, Pyres/Kommission, T‑256/01, Slg. ÖD 2005, I‑A‑23 und II‑99, Randnr. 66, und Campoli/Kommission, Randnr. 149).

72      Was schließlich die behauptete Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes betrifft, genügt ebenfalls die Feststellung, dass die Kläger nicht nachweisen konnten, von der Verwaltung konkrete Zusicherungen in Bezug auf das Vorliegen eines erheblichen Unterschieds bei der Kaufkraft der Beamten zwischen Brüssel und Luxemburg oder gar in Bezug auf die künftige Annahme eines Berichtigungskoeffizienten für Luxemburg erhalten zu haben. Jedenfalls kann ein Beamter nicht den Grundsatz des Vertrauensschutzes geltend machen, um die Rechtmäßigkeit einer Bestimmung des Statuts, im vorliegenden Fall von Art. 3 Abs. 5 Satz 1 des Anhangs XI des Statuts, in Frage zu stellen und sich gegen deren Anwendung zur Wehr zu setzen, da Zusagen der Verwaltung, die den Bestimmungen des Statuts nicht Rechnung tragen würden, beim Adressaten kein berechtigtes Vertrauen begründen können (vgl. in diesem Sinne Urteil Chomel/Kommission, Randnrn. 26 bis 30, und Urteil des Gerichts erster Instanz vom 7. Juli 2004, Schmitt/AER, T‑175/03, Slg. 2004, I‑A‑211 und II‑939, Randnrn. 46 und 47).

73      Ferner ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Klage nicht gegen die Ablehnung eines Antrags auf Vornahme einer statistischen Untersuchung gerichtet ist, sondern insbesondere gegen Gehaltsabrechnungen, und zwar auf der Grundlage einer Einrede der Rechtswidrigkeit, die gegen eine Bestimmung des Statuts gerichtet ist.

74      Nach alledem sind die ersten drei Klagegründe zurückzuweisen.

 Zum vierten Klagegrund

 Vorbringen der Parteien

75      Die Kläger bemerken, dass der Berichtigungskoeffizient nach Art. 64 Abs. 2 des Statuts „[a]m 1. Januar 1962 … für die Dienstbezüge der an den vorläufigen Sitzen der Gemeinschaften tätigen Beamten 100 v. H. [beträgt]“. Das bedeute, dass sich der Koeffizient für Luxemburg mit den Jahren ändern könne. Da Anhang XI die Tragweite von Art. 64 nach Ansicht der Kläger nicht einschränken kann, bestreiten diese die Rechtmäßigkeit der sich auf Luxemburg beziehenden Art. 1 Abs. 3 Buchst. d, Art. 3 Abs. 5 und Art. 5 Abs. 3 des Anhangs XI des Statuts.

76      Die Kläger vertreten die Ansicht, dass ein rechtlicher Zusammenhang zwischen der angegriffenen Einzelfallentscheidung, nämlich der Weigerung der Kommission, die Kaufkraft der Bezüge in Luxemburg auf ein Niveau zu bringen, das dem der Kaufkraft der Bezüge in Brüssel entspreche, und dem in Frage gestellten allgemeinen Rechtsakt bestehe und dass die erhobene Einrede der Rechtswidrigkeit auf das beschränkt sei, was zur Entscheidung des Rechtsstreits unerlässlich sei.

77      Die Kommission und der Rat entgegnen, dass die Kläger nichts zur Untermauerung ihres vierten Klagegrundes vortrügen und dass dies nach Art. 35 Abs. 1 Buchst. d und e der Verfahrensordnung zur Zurückweisung dieses Klagegrundes als unzulässig führen müsse.

78      In der Sache ist die Kommission der Ansicht, dass Art. 64 des Statuts entgegen dem Vorbringen der Kläger keinen höheren Rang als die Bestimmungen des Anhangs XI hat. Man könne daher unmöglich behaupten, dass diese gegen Art. 64 verstoßen könnten.

79      Alle geltend gemachten Bestimmungen hätten in Wirklichkeit den gleichen Rang und seien demnach gemeinsam zu betrachten, um eine harmonische Auslegung zu gewährleisten. Art. 64 des Statuts könne nicht bedeuten, dass ein spezifischer Koeffizient für Luxemburg festgesetzt werden könne, denn das liefe auf eine Auslegung dieses Artikels hinaus, die sich vom klaren Wortlaut des Art. 3 Abs. 3 oder 5 des Anhangs XI entferne. Art. 64 sei vielmehr so zu verstehen, dass er andere Fälle betreffe als diejenigen, für die besondere Bestimmungen vorgesehen seien, wie die Bestimmungen in Bezug auf Luxemburg.

80      Der Rat teilt den Standpunkt der Kommission. Er fügt hinzu, soweit die Kläger die in Rede stehenden Bestimmungen im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichbehandlung zu kritisieren versuchten, gehe aus Anhang XI, insbesondere Art. 9 Abs. 1, hervor, dass das Ziel des Gesetzgebers nicht die Gewährleistung der vollkommen gleichen Kaufkraft der an verschiedene Orten tätigen Beamten zu jeder Zeit sei. Die genannte Bestimmung sehe nämlich vor, dass ein Antrag auf Festsetzung eines neuen Berichtigungskoeffizienten „sich auf objektive Elemente zu stützen [hat], die eine mehrere Jahre andauernde erhebliche Differenz der Lebenshaltungskosten an einem bestimmten Dienstort gegenüber der Hauptstadt des betreffenden Mitgliedstaats erkennen lassen“. Wie überdies Generalanwalt Capotorti in seinen Schlussanträgen vom 30. September 1982 in der Rechtssache Roumengous Carpentier/Kommission (158/79, Urteil des Gerichtshofs vom 15. Dezember 1982, Slg. 1982, 4379) ausgeführt habe, „[müssen] die Berichtigungskoeffizienten … nur im Falle einer erheblichen Änderung der Lebenshaltungskosten angeglichen werden …, [woraus sich] entnehmen [lässt], dass das Ziel des Verordnungsgebers der Gemeinschaft nicht die vollkommene Gleichbehandlung (gleiche Kaufkraft unabhängig vom Ort der dienstlichen Verwendung), sondern eine im Wesentlichen und in vernünftiger Weise übereinstimmende Behandlung mit der Tolerierung eventueller geringfügiger Unterschiede ist“. Angenommen, Art. 9 Abs. 1 des Anhangs XI wäre entsprechend auf den vorliegenden Fall übertragbar, ergäbe sich daraus, dass die Rechtmäßigkeit der fraglichen Bestimmungen über Luxemburg im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichbehandlung nur bei Vorliegen von objektiven Elementen in Frage gestellt werden könne, die einen erheblichen und nachhaltigen Unterschied zwischen den Lebenshaltungskosten in Brüssel und Luxemburg erkennen ließen.

81      Die Kläger hätten aber keine objektiven Elemente vorgetragen, die einen solchen Unterschied zwischen den beiden Hauptstädten, geschweige denn die Erheblichkeit und Nachhaltigkeit eines solchen Unterschieds, erkennen ließen.

 Würdigung durch das Gericht

82      Die Kläger machen im Wesentlichen geltend, dass die Bestimmungen in Anhang XI des Statuts, insbesondere Art. 3 Abs. 5 Satz 1, nicht von Art. 64 des Statuts abweichen könnten, der nach Wortlaut und Sinn zwangsläufig die Möglichkeit verlange, die Berichtigungskoeffizienten, die die Bezüge der Beamten beträfen, je nach den Lebensbedingungen an den verschiedenen Dienstorten zu ändern.

83      Es trifft zu, dass nach Art. 65a des Statuts „[d]ie Anwendungsmodalitäten der Artikel 64 und 65 im Anhang XI festgelegt [sind]“. Daraus lässt sich ableiten, dass diese Anwendungsmodalitäten nicht von den in den Art. 64 und 65 des Statuts festgelegten Grundregeln abweichen können. Außerdem besteht zwar allgemein keine formelle Hierarchie im eigentlichen Sinne zwischen den grundlegenden Regeln des Statuts und seinen Anhängen, da beide Normenkategorien vom Rat erlassen wurden, doch könnte gegebenenfalls zwischen ihnen eine Hierarchie in der Sache bestehen, da die Anhänge unter Berücksichtigung der Grundlagen und des Systems des öffentlichen Dienstes der Europäischen Union, wie sie durch das Statut im eigentlichen Sinne festgelegt wurden, auszulegen sind.

84      Im vorliegenden Fall haben die Kläger jedoch nicht bewiesen, dass die Bestimmungen des Anhangs XI, insbesondere Art. 3 Abs. 5 Satz 1, gegen eine wesentliche, in Art. 64 des Statuts enthaltene Bestimmung verstoßen, da sie nicht dargetan haben, dass der Gesetzgeber rechtswidrig angenommen hat, dass die Lebensbedingungen in Brüssel und Luxemburg die Festsetzung unterschiedlicher Berichtigungskoeffizienten nicht rechtfertigen. Die Frage, ob eine solche Beurteilung gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstößt oder mit einem offensichtlichen Ermessensfehler behaftet ist, wurde gerade im Rahmen der ersten drei geltend gemachten Klagegründe geprüft.

85      Nach alledem ist der vierte Klagegrund zurückzuweisen, und infolgedessen ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

 Kosten

86      Nach Art. 87 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei vorbehaltlich der übrigen Bestimmungen des Achten Kapitels des Zweiten Titels der Verfahrensordnung auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift kann das Gericht aus Gründen der Billigkeit entscheiden, dass eine unterliegende Partei zur Tragung nur eines Teils der Kosten oder gar nicht zur Tragung der Kosten zu verurteilen ist.

87      Aus dem vorliegenden Urteil ergibt sich, dass die Kläger unterlegen sind. Die Kommission hat auch ausdrücklich beantragt, die Kosten den Klägern aufzuerlegen. Da die Umstände des vorliegenden Falls die Anwendung des Art. 87 Abs. 2 der Verfahrensordnung nicht rechtfertigen, sind die Kläger daher zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

88      Im Übrigen trägt der Streithelfer nach Art. 89 Abs. 4 der Verfahrensordnung seine eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
(Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Herr Lebedef und Herr Jones tragen die gesamten Kosten mit Ausnahme der Kosten des Rates der Europäischen Union.

3.      Der Rat der Europäischen Union trägt als Streithelfer seine eigenen Kosten.

Mahoney

Kreppel

Van Raepenbusch

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 30. September 2010.

Die Kanzlerin

 

       Der Präsident

W. Hakenberg

 

       P. Mahoney


* Verfahrenssprache: Französisch.