Language of document : ECLI:EU:T:2019:310

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

8. Mai 2019(*)

„Dumping – Einfuhren bestimmter kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse mit Ursprung in China und Russland – Endgültiger Antidumpingzoll – Zollamtliche Erfassung der Einfuhren – Rückwirkende Anwendung des endgültigen Antidumpingzolls – Durchführungsverordnung (EU) 2016/1329 – Kenntnis des Einführers vom Dumping und der Schädigung – Weiterer erheblicher Anstieg der Einfuhren, der die Abhilfewirkung des endgültigen Antidumpingzolls wahrscheinlich ernsthaft untergraben wird – Art. 10 Abs. 4 Buchst. c und d der Verordnung (EU) 2016/1036“

In der Rechtssache T‑749/16,

Stemcor London Ltd mit Sitz in London (Vereinigtes Königreich),

Samac Steel Supplies Ltd mit Sitz in London,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte F. Di Gianni und C. Van Hemelrijck,

Klägerinnen,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch J.‑F. Brakeland, N. Kuplewatzky, T. Maxian Rusche und E. Schmidt als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Eurofer, Association européenne de l’acier, ASBL mit Sitz in Luxemburg (Luxemburg), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte O. Prost, A. Coelho Dias und S. Seeuws,

Streithelferin,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV, mit der die teilweise Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung (EU) 2016/1329 der Kommission vom 29. Juli 2016 zur Erhebung des endgültigen Antidumpingzolls auf die zollamtlich erfassten Einfuhren bestimmter kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse mit Ursprung in der Volksrepublik China und der Russischen Föderation (ABl. 2016, L 210, S. 27) begehrt wird,

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Prek sowie der Richter E. Buttigieg (Berichterstatter) und B. Berke,

Kanzler: P. Cullen, Verwaltungsrat,

auf das schriftliche Verfahren und auf die mündliche Verhandlung vom 23. Oktober 2018

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Klägerinnen, die Stemcor London Ltd und die Samac Steel Supplies Ltd, sind zwei Gesellschaften englischen Rechts, die in die Europäische Union vor allem kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse wie jene, die in Art. 1 Abs. 1 der Durchführungsverordnung (EU) 2016/1329 der Kommission vom 29. Juli 2016 zur Erhebung des endgültigen Antidumpingzolls auf die zollamtlich erfassten Einfuhren bestimmter kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse mit Ursprung in der Volksrepublik China und der Russischen Föderation (ABl. 2016, L 210, S. 27, im Folgenden: angefochtene Verordnung) aufgeführt sind, einführen und dort vermarkten.

2        Auf Antrag von Eurofer, Association européenne de l’acier, ASBL (im Folgenden: Eurofer) vom 1. April 2015 veröffentlichte die Europäische Kommission am 14. Mai 2015 die Bekanntmachung der Einleitung eines Antidumpingverfahrens betreffend die Einfuhren bestimmter kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse mit Ursprung in der Volksrepublik China und der Russischen Föderation (ABl. 2015, C 161, S. 9, im Folgenden: Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern ([ABl. 2009, L 343, S. 51, Berichtigung ABl. 2010, L 7, S. 22], ersetzt durch die Verordnung [EU] 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern [ABl. 2016, L 176, S. 21, im Folgenden: Grundverordnung]).

3        Die Untersuchung des Dumpings und der Schädigung betraf den Zeitraum vom 1. April 2014 bis zum 31. März 2015 (im Folgenden: Untersuchungszeitraum), während die Prüfung der für die Schadensermittlung relevanten Entwicklungen den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum Ende des Untersuchungszeitraums betraf.

4        Auf Antrag von Eurofer erließ die Kommission gemäß Art. 14 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1225/2009 die Durchführungsverordnung (EU) 2015/2325 vom 11. Dezember 2015 zur zollamtlichen Erfassung der Einfuhren bestimmter kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse mit Ursprung in der Volksrepublik China und der Russischen Föderation (ABl. 2015, L 328, S. 104), die am 13. Dezember 2015 in Kraft getreten ist.

5        Am 11. Januar 2016 reichten die Klägerinnen bei der Kommission schriftliche Erklärungen zur Durchführungsverordnung 2015/2325 ein. Sie machten geltend, die Voraussetzungen für eine rückwirkende Einführung von Antidumpingzöllen auf die betreffenden Erzeugnisse seien nicht erfüllt und die zollamtliche Erfassung der Einfuhren sowie die rückwirkende Einführung dieser Zölle hätten erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Einführer und Verwender der betreffenden Erzeugnisse in der Union. Am 14. Januar 2016 wurden die Klägerinnen in einer auf ihr Ersuchen von der Kommission durchgeführten Anhörung angehört.

6        Mit ihrer Durchführungsverordnung (EU) 2016/181 vom 10. Februar 2016 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse mit Ursprung in der Volksrepublik China und der Russischen Föderation (ABl. 2016, L 37, S. 1) führte die Kommission einen vorläufigen Antidumpingzoll auf die Einfuhren der betreffenden Erzeugnisse ab 13. Februar 2016 ein und wies die Zollbehörden an, die zollamtliche Erfassung der Einfuhren der betreffenden Erzeugnisse einzustellen.

7        Am 17. Februar 2016 übermittelte die Kommission den Klägerinnen sowie anderen Einführern ein Auskunftsersuchen zu den betreffenden Erzeugnissen, die vom 1. April 2015 bis zum 31. Januar 2016 eingeführt worden waren. Mit Schreiben vom 9. und 17. März 2016 legten die Klägerinnen ihre Antworten auf das Auskunftsersuchen der Kommission vor.

8        Am 26. Februar 2016 wurden die Klägerinnen erneut in einer auf ihr Ersuchen von der Kommission durchgeführten Anhörung angehört und machten erneut geltend, die Voraussetzungen für eine rückwirkende Einführung von Antidumpingzöllen seien nicht erfüllt.

9        Am 8. Juni 2016 teilte die Kommission den Klägerinnen ihre endgültigen Schlussfolgerungen mit, in denen sie ihre Absicht zum Ausdruck brachte, rückwirkend einen endgültigen Antidumpingzoll auf die zollamtlich erfassten Einfuhren zu erheben.

10      Am 15. Juni 2016 wurden die Klägerinnen in einer Anhörung vor dem Anhörungsbeauftragten angehört und erhoben Einwände gegen die Schlussfolgerungen in der endgültigen Unterrichtung der Kommission.

11      Mit ihrer Durchführungsverordnung (EU) 2016/1328 vom 29. Juli 2016 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren bestimmter kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse mit Ursprung in der Volksrepublik China und der Russischen Föderation (ABl. 2016, L 210, S. 1) führte die Kommission einen endgültigen Antidumpingzoll auf die betreffenden Erzeugnisse ein und beschloss, den vorläufigen Zoll auf diese Erzeugnisse endgültig zu vereinnahmen. Am selben Tag erließ die Kommission gemäß Art. 10 Abs. 4 der Grundverordnung die angefochtene Verordnung, die die rückwirkende Vereinnahmung des endgültigen Antidumpingzolls auf die gemäß der Durchführungsverordnung 2015/2325 zollamtlich erfassten Einfuhren vorsieht.

 Verfahren und Anträge der Beteiligten

12      Die Klägerinnen haben mit Klageschrift, die am 28. Oktober 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

13      Mit Schriftsatz, der am 1. März 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Eurofer beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden.

14      Mit Schriftsatz, der am 30. März 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen beantragt, bestimmte in der Klageschrift und ihren Anträgen enthaltene Angaben gegenüber Eurofer vertraulich zu behandeln, falls diese als Streithelferin zugelassen wird. Die Klägerinnen haben diesem Antrag eine nicht vertrauliche Fassung dieser Dokumente beigelegt.

15      Mit Schriftsatz, der am 21. April 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen beantragt, bestimmte in der Klagebeantwortung und ihren Anhängen enthaltene Angaben gegenüber Eurofer vertraulich zu behandeln, falls diese als Streithelferin zugelassen wird.

16      Mit Beschluss vom 3. Mai 2017 hat der Präsident der Zweiten Kammer des Gerichts dem Antrag von Eurofer auf Zulassung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission stattgegeben und angeordnet, dieser die nicht vertraulichen Fassungen der in Rede stehenden Dokumente zu übermitteln.

17      Mit Schriftsatz, der am 15. Mai 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen beantragt, bestimmte in der Erwiderung und ihren Anhängen enthaltene Angaben gegenüber Eurofer vertraulich zu behandeln. Sie haben diesem Antrag eine nicht vertrauliche Fassung dieser Dokumente beigelegt.

18      Mit Schriftsatz, der am 16. August 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen einen begründeten Antrag nach Art. 106 der Verfahrensordnung des Gerichts gestellt, im mündlichen Verfahren gehört zu werden.

19      Die Klägerinnen beantragen,

–        die angefochtene Verordnung für nichtig zu erklären, soweit sie sie betrifft;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

20      Die Kommission beantragt,

–        die Klage als unbegründet abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

21      Die Streithelferin beantragt,

–        die Klage als unbegründet abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

22      Die Klägerinnen stützen ihre Klage auf drei Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund wird eine falsche Auslegung und Anwendung der Voraussetzung der „Kenntnis“ des Einführers vom Ausmaß des Dumpings nach Art. 10 Abs. 4 Buchst. c der Grundverordnung gerügt. Mit dem zweiten Klagegrund wird geltend gemacht, die Beurteilung der Voraussetzung eines „[weiteren] erheblichen Anstiegs der Einfuhren“ nach Art. 10 Abs. 4 Buchst. d der Grundverordnung sei fälschlich auf den Zeitraum vom ersten vollen Monat nach Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung im Amtsblatt der Europäischen Union bis zum letzten vollen Monat vor der Einführung vorläufiger Maßnahmen gestützt worden. Schließlich wird mit dem dritten Klagegrund gerügt, die in Art. 10 Abs. 4 Buchst. d der Grundverordnung genannte Voraussetzung, dass der weitere Anstieg der Einfuhren „die Abhilfewirkung wahrscheinlich ernsthaft untergräbt“, sei falsch ausgelegt worden.

 Erster Klagegrund: falsche Auslegung und Anwendung der Voraussetzung der „Kenntnis“ des Einführers vom Dumping und von dessen Ausmaß nach Art. 10 Abs. 4 Buchst. c der Grundverordnung

 Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes

23      Mit dem ersten Teil des ersten Klagegrundes machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe dadurch gegen Art. 10 Abs. 4 Buchst. c der Grundverordnung verstoßen, dass sie den Schluss gezogen habe, dass die Einführer aufgrund der Übermittlung der nicht vertraulichen Fassung des Antrags von Eurofer und der Veröffentlichung der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung im Sinne dieser Vorschrift „nach dem Ausmaß des Dumpings und der angeblichen oder festgestellten Schädigung von dem Dumping Kenntnis hatten oder hätten haben müssen“.

24      Indem sie sich auf eine vergleichende Analyse verschiedener Sprachfassungen der zuvor angeführten Vorschrift stützen, machen die Klägerinnen erstens geltend, der Ausdruck „angeblich“ beziehe sich nur auf den Ausdruck „Schädigung“ und nicht auch auf den Ausdruck „Dumping“. Folglich hätte die Kommission hinsichtlich des streitigen Dumpings nachweisen müssen, dass der Einführer von dessen „tatsächlichem“ Vorhandensein und Ausmaß Kenntnis gehabt habe, was sie nicht getan habe.

25      Wenn zweitens der Schluss gezogen werde, dass der Einführer vom Dumping und seinem Ausmaß aufgrund der Veröffentlichung der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung und des Zugangs zur nicht vertraulichen Fassung des Antrags Kenntnis erlangt habe, laufe dies auf eine unwiderlegbare Vermutung hinaus, dass der Einführer in jedem solchen Fall durch die bloße Einleitung einer Untersuchung Kenntnis erlange, sofern er als Beteiligter daran registriert werde, wodurch Art. 10 Abs. 4 Buchst. c der Grundverordnung seiner praktischen Wirksamkeit beraubt werde. Hinzu komme, dass die rückwirkende Erhebung endgültiger Antidumpingzölle offensichtlich eine außerordentliche Maßnahme darstelle, was insbesondere aus Art. 10 Abs. 1 der Grundverordnung hervorgehe, und dass nach ständiger Rechtsprechung Ausnahmen sowie Vorschriften mit nachteiligen Folgen für die Einzelnen eng auszulegen seien.

26      Drittens könnten bloße nicht kontradiktorische Behauptungen in einem Antrag sowie Anscheinsbeweise für das Vorliegen von Dumping in einer Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung nicht Informationen gleichgestellt werden, die dem Einführer das Ausmaß des Dumpings, dessen Feststellung notwendigerweise komplexe wirtschaftliche Erwägungen erfordere, und daher die erwartete Höhe des Antidumpingzolls bewusst machten, der erst zu einem späteren Zeitpunkt erhoben werden könne. Die Beweismittel in einem Antrag oder einer Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung seien keine repräsentativen und zuverlässigen Beweise, sondern sehr vage Anscheinsbeweise für das angebliche Dumping und könnten somit keine objektive Grundlage für die Feststellung einer Kenntnis vom Ausmaß des Dumpings sein, selbst wenn es ausreiche, dass Letzteres nur behauptet werde. Solche repräsentativen und zuverlässigen Beweise könnten die Form von nicht vertraulichen Zusammenfassungen der Antworten auf die Fragebögen durch die ausführenden Hersteller annehmen, die es dem Einführer ermöglichten, zu verstehen, dass Dumping vorliege, und dessen Ausmaß zu beurteilen.

27      Was den Antrag von Eurofer betrifft, fügen die Klägerinnen hinzu, es gebe keine hinreichenden Indizien, da sie nicht repräsentativ, vage und größtenteils vertraulich seien. Nach Ansicht der Klägerinnen beruhte die Berechnung der Dumpingspanne hinsichtlich der russischen Einfuhren auf unvollständigen Beweisen für die Ermittlung des Normalwerts und des Ausfuhrpreises. Dieser Antrag enthalte auch keine Angaben zum Ausmaß des angeblichen Dumpings in Bezug auf den speziellen russischen ausführenden Hersteller, bei dem sie die betreffenden Erzeugnisse während des Zeitraums der zollamtlichen Erfassung gekauft hätten. Um die in Art. 10 Abs. 4 Buchst. c der Grundverordnung vorgesehene Voraussetzung betreffend die Kenntnis von dem Dumping zu erfüllen, müssten die Einführer über zuverlässige Informationen über das Ausmaß des von jedem kooperierenden herstellenden Ausführer praktizierten Dumpings verfügen. Wenngleich die in einem Antrag enthaltenen Berechnungen, die nie auf detaillierten Angaben beruhten, ausreichend sein könnten, um die Einleitung einer Untersuchung auszulösen, reichten sie nicht aus, um eine Kenntnis vom Ausmaß des Dumpings festzustellen und auf einen außergewöhnlichen Mechanismus der rückwirkenden Anwendung endgültiger Antidumpingzölle zurückzugreifen. Hinzu komme, dass die nicht vertraulichen Fassungen der im Namen der ausführenden Hersteller vorgelegten Fragebogenantworten keine seriösen Angaben enthalten hätten, die verwendet werden könnten, um ihre Dumpingspannen zu bestimmen, und dass aus den Akten auch keine solchen Angaben hervorgingen. Vielmehr hätten sich die ausführenden Hersteller stets vehement gegen die Einleitung einer Untersuchung ausgesprochen.

28      Die Kommission, unterstützt von der Streithelferin, tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

29      Art. 10 Abs. 4 Buchst. c der Grundverordnung sieht vor, dass ein endgültiger Antidumpingzoll auf Waren erhoben werden kann, die innerhalb von 90 Tagen vor dem Zeitpunkt der Anwendung der vorläufigen Maßnahmen, aber nicht vor der Einleitung einer Untersuchung in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt wurden, sofern insbesondere bei der betreffenden Ware schon früher Dumping über einen längeren Zeitraum vorlag oder „der Einführer nach dem Ausmaß des Dumpings und der angeblichen oder festgestellten Schädigung von dem Dumping Kenntnis hatte oder hätte haben müssen“.

30      Es ist festzustellen, dass letztere Voraussetzung in der deutschen Fassung der Grundverordnung wie folgt formuliert wird: „der Einführer nach dem Ausmaß des Dumpings und der angeblichen oder festgestellten Schädigung von dem Dumping Kenntnis hatte oder hätte haben müssen“. Die portugiesische Fassung lautet hier „o importador tivesse ou devesse ter tido conhecimento dessas práticas no que respeita à importância do dumping e do prejuízo alegados ou verificados“ und in der englischen heißt es, dass „the importer was aware of, or should have been aware of, the dumping as regards the extent of the dumping and the injury alleged or found“.

31      Aus der Prüfung dieser verschiedenen Sprachfassungen der oben genannten Vorschrift ergibt sich, dass es zwischen ihnen Unterschiede gibt. So werden vor allem in der deutschen und in der französischen Fassung die Termini „angeblich“ („allégué“) und „festgestellt“ („établi“) in der Einzahl verwendet, was nahelegt, dass sich diese Termini nur auf die Schädigung und nicht auch auf das Dumping oder sein Ausmaß beziehen. In der portugiesischen Fassung hingegen werden die Termini „angeblich“ und „festgestellt“ im Plural verwendet, was nahelegt, dass sich diese Termini auf das Ausmaß der Schädigung und auf das Dumping beziehen. Schließlich erlaubt die englische Fassung sowohl eine Auslegung, wonach sich die Termini „alleged“ und „found“ nur auf die Schädigung beziehen, als auch eine Auslegung, wonach sich diese Termini auf die Schädigung und auf das Dumping oder auch auf das Ausmaß der Schädigung und des Dumpings beziehen.

32      Weichen die verschiedenen Sprachfassungen eines Rechtstexts der Union voneinander ab, muss die fragliche Vorschrift nach ständiger Rechtsprechung anhand der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört (Urteil vom 18. September 2014, Vueling Airlines, C‑487/12, EU:C:2014:2232, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Aus dem Zweck und der Systematik der Grundverordnung und vor allem aus ihrem 17. Erwägungsgrund und ihrem Art. 10 Abs. 4 Buchst. d ergibt sich, dass mit der rückwirkenden Erhebung endgültiger Antidumpingzölle bezweckt wird, zu verhindern, dass die Abhilfewirkung der endgültigen Maßnahmen untergraben wird und diese Maßnahmen dadurch unterlaufen werden, indem die Einführer, die Waren nach der Zollabfertigung gelagert haben, gezwungen werden, die eingeführten Waren während des Zeitraums der zollamtlichen Erfassung zu nicht schädigenden Preisen zu verkaufen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteile vom 6. Juni 2013, Paltrade, C‑667/11, EU:C:2013:368, Rn. 28 und 29, und vom 17. Dezember 2015, APEX, C‑371/14, EU:C:2015:828, Rn. 50). Im Licht dieses Ziels ist der Schluss zu ziehen, dass die Auslegung der Klägerinnen, wonach die Kenntnis der Einführer in Bezug auf ein „tatsächliches“ und nicht bloß „angebliches“ Dumping festgestellt werden müsse, damit die Voraussetzung des Art. 10 Abs. 4 Buchst. c der Grundverordnung erfüllt sei, Art. 10 Abs. 4 dieser Verordnung seiner praktischen Wirksamkeit berauben würde.

34      Denn wie die Kommission zu Recht ausgeführt hat, wird das „tatsächliche“ Vorliegen von Dumping erst nach Abschluss der Untersuchung, nämlich bei Erlass der endgültigen Maßnahmen, festgestellt. Somit würde die von den Klägerinnen vorgeschlagene Auslegung dazu führen, dass die Kenntnis der Einführer generell erst ab Erlass der endgültigen Maßnahmen festgestellt würde.

35      Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass sich der im Sinne von Art. 10 Abs. 4 Buchst. c der Grundverordnung für die „Kenntnis“ der Einführer relevante Zeitpunkt vor Erlass der endgültigen Maßnahmen befindet, da diese Kenntnis notwendig ist, um den Ausgangspunkt festzustellen, ab dem man beurteilen kann, ob es einen weiteren erheblichen Anstieg der Einfuhren gibt, der die Abhilfewirkung der in der Folge anzuwendenden endgültigen Maßnahmen wahrscheinlich ernsthaft untergraben wird.

36      Es zeigt sich auch, dass die Berücksichtigung eines weiteren erheblichen Anstiegs der Einfuhren erst ab Einführung der endgültigen Zölle jede Möglichkeit ausschließen würde, endgültige Zölle rückwirkend zu erheben, und dass eine solche Auslegung daher sinnlos wäre.

37      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist der Schluss zu ziehen, dass dem Vorbringen der Klägerinnen zur Stützung einer engen Auslegung der in Rede stehenden Vorschrift nicht gefolgt werden kann, da dies dazu führen würde, dass nur die Situation berücksichtigt würde, in der der Einführer Kenntnis vom „tatsächlichen“ Dumping hatte oder hätte haben müssen, und dass die Termini „angeblich“ oder „festgestellt“ so zu verstehen sind, dass sie sich sowohl auf das Ausmaß des Dumpings als auch auf das der Schädigung beziehen, damit die praktische Wirksamkeit dieser Vorschrift gewährleistet ist.

38      Diese Auslegung wird im Übrigen durch die Entstehungsgeschichte der in Rede stehenden Vorschrift untermauert, die durch die Verordnung (EG) Nr. 3283/94 des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 1994, L 349, S. 1) eingeführt wurde, wie sich aus dem Dokument COM(94) 414 final der Kommission vom 5. Oktober 1994 mit dem Titel „Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Uruguay-Runde“ ergibt. Auf S. 170 dieses Dokuments stellt die Kommission fest, dass „vorgeschlagen [wird] (Art. 10 Abs. 4 des Vorschlags), davon auszugehen, dass… der Einführer Kenntnis [vom Dumping] hatte, wenn die ‚angeblichen oder festgestellten‘ Spannen hoch sind“.

39      Was die Rüge der Klägerinnen betrifft, wonach es auf eine systematische und „unwiderlegbare“ Vermutung der Kenntnis von dem Dumping hinauslaufe, wenn man auf der Grundlage der nicht vertraulichen Fassung des Antrags und der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung den Schluss ziehe, dass der Einführer vom Ausmaß des Dumpings Kenntnis habe, obwohl Art. 10 Abs. 4 der Grundverordnung als Ausnahme vom Grundsatz des Verbots der rückwirkenden Erhebung von Antidumpingzöllen eng auszulegen sei, ist vorab darauf hinzuweisen, dass es der mit der Untersuchung beauftragten Behörde obliegt, die objektiven Umstände rechtlich hinreichend nachzuweisen, die den Schluss zulassen, dass der Einführer Kenntnis vom Ausmaß des angeblichen oder festgestellten Dumpings und von der angeblichen oder festgestellten Schädigung hatte oder hätte haben müssen, und dass es somit dem Unionsrichter obliegt, zu prüfen, ob die mit der Untersuchung beauftragte Behörde das Vorliegen solcher objektiven Umstände nachgewiesen hat (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Beschluss vom 16. Mai 2013, Hardimpex, C‑444/12, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:318, Rn. 28 und 29).

40      Im vorliegenden Fall zeigt sich aber, dass die am 14. Mai 2015 im Amtsblatt veröffentlichte Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung und die nicht vertrauliche Fassung des Antrags, die den Klägerinnen am 18. Mai 2015 zur Kenntnis gebracht wurde, wie von der Kommission in Beantwortung einer Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung bestätigt worden ist, eine Reihe von Aussagen und Beweismitteln enthalten, die das Ausmaß des angeblichen Dumpings und der angeblichen Schädigung untermauern und feststellen.

41      Was zunächst die Ausfuhren aus China anbelangt, so geht insbesondere aus den Rn. 58 und 59 der nicht vertraulichen Fassung des Antrags hervor, dass die vom Antragsteller durchgeführte Berechnung eine gewogene durchschnittliche Dumpingspanne von 28 % ergibt und dass die Dumpingspanne daher beträchtlich und eindeutig über der in der Grundverordnung festgelegten Geringfügigkeitsschwelle liegt.

42      Hinsichtlich der Ausfuhren aus Russland geht aus den Rn. 89 und 90 der nicht vertraulichen Fassung des Antrags hervor, dass die vom Antragsteller durchgeführte Berechnung eine Dumpingspanne zwischen 10–15 % und 20–25 % ergibt und dass die Dumpingspanne daher erheblich ist und eindeutig über der in der Grundverordnung festgelegten Geringfügigkeitsschwelle liegt.

43      Was schließlich die Schädigung anbelangt, um die es in Rn. 5 des Antrags geht, so ergibt sich vor allem aus den Rn. 82, 83, 128, 133, 134 und 147 der nicht vertraulichen Fassung des Antrags, dass es Anscheinsbeweise für das Vorliegen von Dumping seitens der russischen und chinesischen ausführenden Hersteller bestimmter kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse gibt, wodurch dem Wirtschaftszweig der Union eine Schädigung zugefügt wurde, was somit die Einleitung einer Antidumping-Untersuchung durch die Kommission und die frühestmögliche Verhängung von Antidumpingzöllen rechtfertigen würde.

44      Den Rn. 3 und 4 der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung ist ebenfalls zu entnehmen, dass „[d]ie für die betroffenen Länder ermittelten Dumpingspannen… beträchtlich [sind]“ und dass „[a]us den vom Antragsteller vorgelegten Anscheinsbeweisen [hervorgeht], dass die Menge und die Preise der eingeführten zu untersuchenden Ware sich unter anderem auf die Verkaufsmengen, die in Rechnung gestellten Preise und den Marktanteil des Wirtschaftszweigs der Union negativ ausgewirkt und dadurch die Gesamtergebnisse sowie die Finanz- und Beschäftigungssituation im Wirtschaftszweig der Union sehr nachteilig beeinflusst haben“.

45      Daher konnte die Kommission zu Recht den Schluss ziehen, dass die Klägerinnen, die erfahrene Experten sind, ab dem Zeitpunkt der Kenntnis von dem Antrag und der Bekanntmachung der Eröffnung der Untersuchung Kenntnis vom Ausmaß des angeblichen Dumpings und der angeblichen Schädigung hatten oder hätten haben müssen, ohne dass diese Vermutung zudem „unwiderlegbar“ war, da die Kenntnis der Klägerinnen aus objektiven Beweisen abgeleitet wurde, wie auch aus den folgenden Rn. 53 bis 55 hervorgeht, und diese vor allem nicht hätte festgestellt werden können, wenn die angeblichen Dumpingspannen gering gewesen wären, wenn die Akte nur auf einer Gefahr einer Schädigung beruht hätte oder auch wenn der Antrag die in der Grundverordnung angeführten Voraussetzungen nicht erfüllt hätte, was es dem Einführer ermöglicht hätte, Einwände gegen die Einleitung einer Untersuchung zu erheben und zu behaupten, dass die Voraussetzung der Kenntnis nicht erfüllt sei, wie die Kommission zu Recht geltend gemacht hat.

46      Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass Art. 10 Abs. 4 der Grundverordnung die rückwirkende Erhebung von endgültigen Zöllen, die als eine Ausnahme vom Grundsatz des Verbots der rückwirkenden Erhebung von Antidumpingzöllen konzipiert ist, von der Erfüllung mehrerer kumulativer Bedingungen abhängig macht. Erstens müssen die Einfuhren vorab zollamtlich erfasst worden sein, was bereits in diesem Stadium erfordert, dass der Erfassungsantrag ordnungsgemäß begründet ist, zweitens müssen die Einführer von der Kommission die Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten haben, drittens muss bei der betreffenden Ware schon früher Dumping über einen längeren Zeitraum vorgelegen haben oder der Einführer nach dem Ausmaß des Dumpings und der angeblichen oder festgestellten Schädigung von dem Dumping Kenntnis gehabt haben oder haben müssen, und viertens muss zusätzlich zu der Höhe der Einfuhren, die die Schädigung im Untersuchungszeitraum verursachten, ein weiterer erheblicher Anstieg der Einfuhren verzeichnet worden sein, der in Anbetracht der Zeitspanne und des Volumens und sonstiger Umstände die Abhilfewirkung des anzuwendenden endgültigen Antidumpingzolls wahrscheinlich ernsthaft untergraben haben würde.

47      Wie im 41. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung ausgeführt, wäre daher die Behauptung sachlich nicht richtig, dass unter der Annahme, dass sich die Kenntnis vom Ausmaß des angeblichen Dumpings und der angeblichen Schädigung aus der Veröffentlichung der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung und dem Zugang zum Antrag ergeben könne, die rückwirkende Einführung von Antidumpingzöllen in jeder einzelnen Antidumping-Untersuchung möglich sei.

48      Zudem bestünde bei einer so engen Auslegung wie der von den Klägerinnen vorgeschlagenen die Gefahr, dass die rückwirkende Erhebung von endgültigen Antidumpingzöllen übermäßig erschwert würde und daher die wirksame Anwendung der endgültigen Maßnahmen nicht gewährleistet werden könnte. Dies wäre vor allem dann der Fall, wenn das Argument der Klägerinnen zu akzeptieren wäre, wonach die in einem Antrag oder einer Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung enthaltenen Beweismittel für die Feststellung der Kenntnis vom Ausmaß des Dumpings jedenfalls „weder repräsentativ noch zuverlässig“ seien.

49      Im Übrigen verlangt weder die Grundverordnung noch das Übereinkommen zur Durchführung des Artikels VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 1994 (GATT) (ABl. 1994, L 336, S. 103, im Folgenden: Antidumping-Übereinkommen), das sich in Anhang 1 A des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO) (ABl. 1994, L 336, S. 3) befindet, „zuverlässige und repräsentative Beweise“, um die Kenntnis der Einführer festzustellen.

50      Sodann ist an die Beweismittel, die notwendig sind, damit die in Art. 10 Abs. 4 Buchst. c der Grundverordnung vorgesehene Voraussetzung betreffend die Kenntnis erfüllt ist, hinsichtlich ihrer Anzahl und Qualität notwendigerweise ein weniger strenger Maßstab anzulegen als an jene, die für die vorläufige oder endgültige Feststellung eines Dumpings, einer Schädigung oder eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen den angeblich gedumpten Ausfuhren und der angeblichen Schädigung erforderlich sind.

51      Im Übrigen muss nach Art. 5 Abs. 2 der Grundverordnung jeder an die Kommission gerichtete Antrag Beweise für das Vorliegen von Dumping und einer Schädigung sowie für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen den angeblich gedumpten Einfuhren und der angeblichen Schädigung enthalten.

52      Schließlich prüft die Kommission nach Art. 5 Abs. 3 der Grundverordnung, soweit möglich, die Richtigkeit und die Stichhaltigkeit der dem Antrag beigefügten Beweise, um festzustellen, ob genügend Beweise vorliegen, um die Einleitung einer Untersuchung zu rechtfertigen. Wenn sie hingegen feststellt, dass die vorgelegten Beweise nicht ausreichen, um eine Untersuchung des Falls zu rechtfertigen, wird der Antrag gemäß Art. 5 Abs. 7 dieser Verordnung zurückgewiesen.

53      Im vorliegenden Fall ist erstens festzustellen, dass die nicht vertrauliche Fassung des Antrags die nach Art. 5 Abs. 2 der Grundverordnung erforderlichen Angaben enthält, nämlich die Angaben zum Vorliegen von Dumping im Zusammenhang mit den betreffenden Erzeugnissen, der daraus folgenden Schädigung und des ursächlichen Zusammenhangs zwischen den angeblich gedumpten Einfuhren und der angeblichen Schädigung. Wie oben in den Rn. 41 und 42 ausgeführt, sind im Übrigen in der nicht vertraulichen Fassung des Antrags die hohen Dumpingspannen angeführt, die für Einfuhren aus China auf 28 % und für Einfuhren aus Russland auf bis zu 20–25 % geschätzt werden.

54      Zweitens geht aus der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung hervor, dass die Kommission die Richtigkeit und die Stichhaltigkeit der dem Antrag beigefügten Beweise gemäß Art. 5 Abs. 3 der Grundverordnung geprüft hat, um festzustellen, ob genügend Beweise vorlagen, um die Einleitung einer Untersuchung zu rechtfertigen. Nach dieser Prüfung gelangte sie zu dem Ergebnis, dass diese Beweise ausreichten.

55      Drittens heißt es in der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung auch, dass „[d]ie für die betroffenen Länder ermittelten Dumpingspannen… beträchtlich [sind]“ und dass „[a]us den vom Antragsteller vorgelegten Anscheinsbeweisen [hervorgeht], dass die Menge und die Preise der eingeführten zu untersuchenden Ware sich unter anderem auf die Verkaufsmengen, die in Rechnung gestellten Preise und den Marktanteil des Wirtschaftszweigs der Union negativ ausgewirkt und dadurch die Gesamtergebnisse sowie die Finanz- und Beschäftigungssituation im Wirtschaftszweig der Union sehr nachteilig beeinflusst haben“.

56      Nach alledem ist der Schluss zu ziehen, dass entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen die Beweismittel in der nicht vertraulichen Fassung des Antrags und in der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung im vorliegenden Fall ausreichend waren für den Nachweis, dass die Einführer, die erfahrene Experten sind, ab der Einleitung einer Untersuchung Kenntnis vom Ausmaß des angeblichen Dumpings im Sinne von Art. 10 Abs. 4 der Grundverordnung hatten, und dass die Argumente der Klägerinnen, wonach die Beweise in der nicht vertraulichen Fassung der im Namen der ausführenden Hersteller vorgelegten Fragebogenantworten nicht hinreichend seien, abgesehen davon, dass sie erstmalig im Stadium der Erwiderung vorgetragen wurden, als nicht stichhaltig zurückzuweisen sind.

57      Diese Schlussfolgerung wird nicht durch die pauschale Behauptung der Klägerinnen in Frage gestellt, wonach sich aus der Berücksichtigung der Zahlenangaben, die sie dem Gericht vorgelegt hätten und die sich aus Anträgen ableiteten, die in jüngerer Vergangenheit die Einleitung von Antidumping-Untersuchungen ausgelöst hätten, ergebe, dass die ursprünglich in den Anträgen behaupteten Dumpingspannen beträchtlich von den endgültigen nach Abschluss der Untersuchung festgestellten Spannen abweichen könnten, so dass die in einem Antrag behaupteten Dumpingspannen keinesfalls eine zuverlässige Grundlage für die Feststellung der Kenntnis der Einführer vom Ausmaß des Dumpings darstellen könnten.

58      Ohne dass es nötig wäre, den Antrag der Kommission zu prüfen, diese Zahlenangaben aus der Akte zu entfernen, da es keine zufriedenstellenden Erklärungen der Klägerinnen zur Rechtmäßigkeit ihrer Beibringung gebe, genügt nämlich die Feststellung, dass es zum einen, wie die Kommission zu Recht ausgeführt hat, normal ist, dass die in einem Antrag enthaltenen Berechnungen nicht notwendigerweise denen entsprechen, die von diesem Organ nach vielen Monaten gründlicher Untersuchungen angestellt werden, und dass zum anderen, wie oben in den Rn. 50 bis 52 ausgeführt, an die Beweismittel, die notwendig sind, damit die in Art. 10 Abs. 4 Buchst. c der Grundverordnung vorgesehene Voraussetzung betreffend die Kenntnis erfüllt ist, hinsichtlich ihrer Anzahl und Qualität notwendigerweise ein weniger strenger Maßstab anzulegen ist als an jene, die für die vorläufige oder endgültige Feststellung eines Dumpings, einer Schädigung oder eines ursächlichen Zusammenhangs erforderlich sind, obwohl jeder Antrag im Übrigen Beweismittel enthalten muss, deren Richtigkeit und Stichhaltigkeit die Kommission soweit wie möglich prüft, um festzustellen, ob diese Beweise ausreichen, um die Einleitung einer Untersuchung zu rechtfertigen.

59      Nach alledem ist der erste Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes

60      Mit dem zweiten Teil des ersten Klagegrundes machen die Klägerinnen geltend, aus einer wörtlichen und systematischen Auslegung von Art. 10 Abs. 4 Buchst. c der Grundverordnung und aus einer Auslegung dieser Vorschrift unter Bezugnahme auf die allgemeine Systematik und den Kontext der Grundverordnung sowie im Licht des Antidumping-Übereinkommens ergebe sich, dass die Kommission hätte nachweisen müssen, dass jeder Einführer tatsächliche Kenntnis vom Ausmaß des Dumpings und von der Tatsache, dass die Einfuhren gedumpt gewesen seien, gehabt habe oder hätte haben müssen, anstatt sich insoweit auf eine „unwiderlegbare“ Vermutung betreffend alle in Rede stehenden Einführer zu berufen.

61      Die Klägerinnen machen auch geltend, die Kenntnis von bloßen auf Vermutungen beruhenden Behauptungen sei offensichtlich unzureichend, um festzustellen, dass die in Art. 10 Abs. 4 Buchst. c der Grundverordnung genannte Voraussetzung erfüllt sei, wenn man den Umstand berücksichtige, dass dieses Kriterium darauf abziele, die Beachtung der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes zu gewährleisten. Diese Grundsätze würden nicht beachtet, wenn der Einführer keine Kenntnis von zuverlässigen Informationen und Daten betreffend die Dumpingspanne habe, weil dieser Einführer, wenn er Erzeugnisse einführe, die der zollamtlichen Erfassung unterlägen, den von ihm möglicherweise mehrere Monate später zu zahlenden Betrag des endgültigen Zolls nicht voraussehen und folglich keine gut begründete Entscheidung treffen könne. Zudem laufe dies dem Grundsatz der Rechtssicherheit zuwider, da die „maximale Exposition“ des Einführers gegenüber später angewendeten Zöllen nicht bekannt sei, bevor die endgültigen Schlussfolgerungen gezogen würden.

62      In Bezug auf die angeblichen Verbindungen der Klägerinnen mit dem größten chinesischen ausführenden Hersteller der betreffenden Erzeugnisse in der Stichprobe, aus denen sich nach Ansicht der Kommission ableiten lasse, dass sich für die Klägerinnen die Frage der Kenntnis von dem Dumping und seinem Ausmaß nicht einmal stelle, machen die Klägerinnen geltend, diese Verbindungen seien irrelevant, da sie zum einen die betreffenden aus China stammenden Erzeugnisse während des Zeitraums der zollamtlichen Erfassung nicht eingeführt hätten und zum anderen die Kommission ihre Behauptung nicht untermauert habe, wonach sie aufgrund solcher Verbindungen über „Informationen aus erster Hand“ verfügten.

63      Die Kommission, unterstützt von der Streithelferin, tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

64      Was das Vorbringen der Klägerinnen anbelangt, wonach die Kommission hätte nachweisen müssen, dass jeder Einführer eine „tatsächliche“ Kenntnis vom Vorliegen des Dumpings und von seinem Ausmaß gehabt habe oder hätte haben müssen, genügt es, darauf hinzuweisen, dass Art. 10 Abs. 4 Buchst. c der Grundverordnung ausdrücklich vorsieht, dass es ausreicht, dass der Einführer nach dem Ausmaß des angeblichen Dumpings und der angeblichen Schädigung von dem Dumping „Kenntnis… hätte haben müssen“, weshalb also kein Nachweis einer „tatsächlichen“ Kenntnis nötig ist. Im vorliegenden Fall konnte die Kommission, wie oben in den Rn. 40 bis 58 gezeigt worden ist, zu Recht davon ausgehen, dass die Klägerinnen aufgrund der Übermittlung der nicht vertraulichen Fassung des Antrags und der Veröffentlichung der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung vom Ausmaß des angeblichen Dumpings und der angeblichen Schädigung Kenntnis hatten oder hätten haben müssen, ohne dass es nötig wäre, das Argument der Kommission zu prüfen, wonach die Klägerinnen im vorliegenden Fall schon allein aufgrund ihrer Verbindungen zum größten chinesischen ausführenden Hersteller jedenfalls über alle für die Feststellung ihrer Kenntnis vom angeblichen Dumping notwendigen Informationen verfügt hätten.

65      In Erwiderung auf das Vorbringen der Klägerinnen, wonach die nicht vertrauliche Fassung des Antrags und die Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung, die „bloßes Parteivorbringen“ enthielten, nicht Informationen gleichgestellt werden könnten, die dem Einführer das Ausmaß des Dumpings und daher der erwarteten Höhe des möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt erhobenen Antidumpingzolls bewusst machen könnten, was den Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes zuwiderlaufe, ist zunächst auf die Beurteilung zu verweisen, die sich aus den obigen Rn. 40 bis 58 ergibt, was die Beweismittel betrifft, die in der nicht vertraulichen Fassung des Antrags und in der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung enthalten sind, woraus hervorgeht, dass diese Beweismittel ausreichend waren, um festzustellen, dass die Klägerinnen als erfahrene Experten Kenntnis vom Ausmaß des behaupteten Dumpings im Sinne von Art. 10 Abs. 4 Buchst. c der Grundverordnung hatten.

66      Was im Speziellen die Rüge der Nichtbeachtung der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass die Einführer durch die Verordnung über die zollamtliche Erfassung förmlich davon in Kenntnis gesetzt sind, dass eine rückwirkende Anwendung von endgültigen Antidumping-Zöllen auf zollamtlich erfasste Einfuhren möglich ist, und dass es unmöglich ist, den Höchstbetrag des Antidumpingzolls, der rückwirkend erhoben werden kann, in einem Stadium vor den vorläufigen Maßnahmen festzulegen, wobei der endgültige Antidumpingzoll seinerseits nicht höher sein kann als der vorläufige Antidumpingzoll, wie aus Art. 10 Abs. 3 der Grundverordnung hervorgeht. Wie zudem aus dem 15. Erwägungsgrund der Durchführungsverordnung 2015/2325 hervorgeht, sieht diese bereits einen geschätzten Betrag der möglichen zukünftigen Zollschuld vor. Unter diesen Umständen können sich die Klägerinnen nicht auf einen Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes berufen und dies nur damit begründen, dass sie bei der Einfuhr der Erzeugnisse im Laufe des Zeitraums der zollamtlichen Erfassung über keine zuverlässigen Informationen und Daten betreffend die Dumpingspanne verfügt hätten und daher den Betrag des endgültigen Zolls nicht hätten abschätzen können, den sie möglicherweise rückwirkend hätten zahlen müssen.

67      Nach alledem ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes und daher der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen, da die Kommission im 40. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung, ohne einen Fehler zu begehen, den Schluss ziehen konnte, dass die Einführer zum Zeitpunkt der Übermittlung der nicht vertraulichen Fassung des Antrags und der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung im Amtsblatt vom angeblichen Dumping und der angeblichen Schädigung Kenntnis gehabt hätten oder hätten haben müssen.

 Zweiter Klagegrund: fehlerhafte Beurteilung der Voraussetzung eines „[weiteren] erheblichen Anstiegs der Einfuhren“ nach Art. 10 Abs. 4 Buchst. d der Grundverordnung

68      Mit dem zweiten Klagegrund machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe dadurch gegen Art. 10 Abs. 4 Buchst. d der Grundverordnung verstoßen, dass sie für die Zwecke der Anwendung dieser Vorschrift die während des Untersuchungszeitraums, nämlich zwischen April 2014 und März 2015, erfolgten Einfuhren mit jenen verglichen habe, die zwischen dem ersten vollen Monat nach Veröffentlichung der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung im Amtsblatt und dem letzten vollen Monat vor Einführung der vorläufigen Maßnahmen erfolgt seien, nämlich zwischen Juni 2015 und Januar 2016. Denn die Kommission hätte die Einfuhren während des Untersuchungszeitraums nur mit den Einfuhren vergleichen dürfen, die während des Zeitraums der zollamtlichen Erfassung erfolgt seien, nämlich zwischen Dezember 2015 und Februar 2016, und zwar gemäß dem zweistufigen System, das zunächst die zollamtliche Erfassung und anschließend nur dann, wenn die zollamtliche Erfassung keinen signifikanten Rückgang der Einfuhren bewirke und dadurch die Abhilfewirkung der endgültigen Zölle nicht gewährleistet sei, die Einführung rückwirkender Zölle vorsehe.

69      Nach Ansicht der Klägerinnen verlangt Art. 10 Abs. 4 Buchst. d der Grundverordnung, ausgelegt im Licht seines Zwecks, einen engen ursächlichen Zusammenhang zwischen den zollamtlich erfassten Einfuhren und den Einfuhren, von denen angenommen wird, dass sie die Abhilfewirkung des anzuwendenden endgültigen Antidumpingzolls wahrscheinlich ernsthaft untergraben werden. Der Entschluss, rückwirkend Zölle auf der Grundlage der Entwicklung der Einfuhren zu erheben, die vor dem Zeitraum der zollamtlichen Erfassung erfolgten, unterbreche jedoch diesen Zusammenhang. Daher bestehe der relevante Vergleich zwischen der Höhe der im Untersuchungszeitraum erfolgten Einfuhren und der Höhe der im Zeitraum der zollamtlichen Erfassung erfolgten Einfuhren, was im Übrigen durch die frühere Praxis der Kommission betätigt werde. Wenn es keinen erheblichen Anstieg der Einfuhren im Zeitraum der zollamtlichen Erfassung gebe, könne mit der rückwirkenden Einführung endgültiger Zölle das Ziel nicht erreicht werden, die ernsthafte Untergrabung der Abhilfewirkung der Zölle zu verhindern. Im vorliegenden Fall hätte ein solcher Vergleich im Übrigen gezeigt, dass es keinen erheblichen Anstieg der Einfuhren gegeben habe und die in Art. 10 Abs. 4 Buchst. d der Grundverordnung genannte Voraussetzung daher nicht erfüllt gewesen sei.

70      Die Klägerinnen bestreiten auch die Behauptung der Streithelferin, wonach die in Rede stehenden Einführer die Einfuhren in den neun Monaten nach Einleitung der Untersuchung, in denen der Verbrauch in der Union angestiegen sei, drastisch erhöht hätten. Die Klägerinnen fügen hinzu, die Streithelferin berücksichtige nicht die Zeitspanne zwischen der Bestellung der Erzeugnisse und ihrer tatsächlichen Zollabfertigung im Hinblick auf ihre Überführung in den freien zollrechtlichen Verkehr in der Union, die der Grund für das Eintreffen der betreffenden Erzeugnisse auf dem Markt der Union in den ersten Monaten nach Veröffentlichung der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung sei, obwohl sie lange vor dieser Veröffentlichung bestellt worden seien.

71      Die Kommission, unterstützt von der Streithelferin, tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

72      Art. 10 Abs. 4 Buchst. d der Grundverordnung verlangt für die Zwecke der rückwirkenden Anwendung eines endgültigen Antidumpingzolls, dass „zusätzlich zu der Höhe der Einfuhren, die die Schädigung im Untersuchungszeitraum verursachten, ein [weiterer] erheblicher Anstieg der Einfuhren verzeichnet wird“, der „in Anbetracht der Zeitspanne“ und des Volumens und sonstiger Umstände die Abhilfewirkung des anzuwendenden endgültigen Antidumpingzolls wahrscheinlich ernsthaft untergraben wird.

73      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass in der oben genannten Vorschrift kein konkreter Zeitraum für die Feststellung des Vorliegens eines „[weiteren] erheblichen Anstiegs der Einfuhren“ festgelegt wird, sondern nur von einer „Zeitspanne“ die Rede ist. Es ist jedoch festzustellen, dass die Verwendung der adverbialen Bestimmung „zusätzlich zu“ durch den Gesetzgeber in Bezug auf die Einfuhren, die die Schädigung im Untersuchungszeitraum verursachten, und des (in der deutschen Fassung allerdings fehlenden) Adjektivs „weiterer“ („nouveau“) in Bezug auf den erheblichen Anstieg der Einfuhren ein Hinweis darauf ist, dass die Höhe der Einfuhren während des Untersuchungszeitraums mit der Höhe der Einfuhren nach diesem Untersuchungszeitraum verglichen werden muss, ohne dass diese Vorschrift den zu berücksichtigenden Zeitraum in irgendeiner Weise auf den Zeitraum der zollamtlichen Erfassung der Einfuhren begrenzt.

74      Wie die Kommission zu Recht vorgetragen hat, muss der relevante Zeitraum für die Beurteilung des „[weiteren] erheblichen Anstiegs der Einfuhren“ im Sinne von Art. 10 Abs. 4 Buchst. d der Grundverordnung den Zeitraum einschließen können, der seit der Veröffentlichung der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung vergangen ist, da die Einführer ab diesem Zeitpunkt davon Kenntnis hatten, dass zu einem späteren Zeitpunkt auf die zollamtlich erfassten Einfuhren rückwirkend Zölle erhoben werden könnten, und deshalb versucht sein konnten, im Hinblick auf die zukünftige Einführung dieser Zölle die betreffenden Erzeugnisse in großen Mengen einzuführen. Die Kommission war daher berechtigt, im vorliegenden Fall die Einfuhren, die während des Untersuchungszeitraums erfolgten, mit denen zu vergleichen, die zwischen dem ersten vollen Monat nach Veröffentlichung der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung und dem letzten vollen Monat vor der Einführung der vorläufigen Maßnahmen erfolgten.

75      Zudem können die Auswirkungen von Einfuhren, die während des Zeitraums der zollamtlichen Erfassung erfolgten, nicht auf sichere Weise von den Auswirkungen der Einfuhren unterschieden werden, die vor diesem Zeitraum erfolgten, da die Einfuhren zu niedrigen Preisen in die Union während des Zeitraums der zollamtlichen Erfassung zu einem zuvor bestehenden Lagerbestand von Erzeugnissen dazugekommen sein können, der zu einer Zeit aufgebaut worden sein kann, als die Einführer bereits davon Kenntnis hatten, dass auf die zollamtlich erfassten Einfuhren Antidumpingzölle erhoben werden könnten, wodurch die Abhilfewirkung des anzuwendenden endgültigen Antidumpingzolls möglicherweise ernsthaft untergraben wurde.

76      Im Übrigen sieht auch Art. 10.6 des Antidumping-Übereinkommens keinen konkreten Zeitraum für die Beurteilung des Vorliegens von „massiven, in einem verhältnismäßig kurzen Zeitraum getätigten Einfuhren“ vor. In Nr. 7.167 ihres Berichts vom 28. Februar 2001 im Streitfall „Vereinigte Staaten – Antidumping-Maßnahmen gegenüber bestimmten kaltgewalzten Stahlerzeugnissen aus Japan (WT/DS 184/R) hat die Sondergruppe der WTO in Bezug auf Art. 10.7 dieses Übereinkommens, das den Erlass bestimmter Maßnahmen zu jedem Zeitpunkt nach Einleitung einer Untersuchung gestattet, angemerkt, dass „es… möglich [ist], massive Einfuhren zu berücksichtigen, die nicht in tempore non suspectu getätigt wurden, sondern zu einem Zeitpunkt, zu dem bekannt geworden war, dass eine Untersuchung bevorstand, um zu beurteilen, ob man Maßnahmen nach Art. 10.7 verhängen kann“, und betont, dass sie sich „nicht mit der Frage [beschäftigt], ob das für die Zwecke der endgültigen Feststellung, die die rückwirkende Anwendung von Zöllen nach Art. 10.6 vorsieht, angemessen ist“. Wie die Kommission zu Recht ausgeführt hat, unterstützt dieser Bericht die These, wonach für die Zwecke der Anwendung von Art. 10 Abs. 4 Buchst. c der Grundverordnung die Kenntnis des Einführers von der Einleitung einer Untersuchung entscheidend ist, was bedeutet, dass die Einfuhren vor dem Zeitraum der zollamtlichen Erfassung für die Beurteilung des Vorliegens eines „[weiteren] erheblichen Anstiegs der Einfuhren“ im Sinne dieser Vorschrift relevant sind.

77      Was zudem das Vorbringen der Klägerinnen betrifft, wonach die Kommission für die Zwecke der Beurteilung des Vorliegens eines weiteren erheblichen Anstiegs der Einfuhren einzig und allein die Einfuhren berücksichtigen dürfe, auf die sie zu einem späteren Zeitpunkt rückwirkend Zölle erheben dürfe, ist darauf hinzuweisen, dass die Beschränkung der Rückwirkung auf die Einfuhren, die Gegenstand einer zollamtlichen Erfassung nach Art. 14 Abs. 5 der Grundverordnung waren, darauf abzielt, die Verteidigungsrechte der Einführer zu wahren, indem es der Kommission erst dann gestattet wird, rückwirkend Antidumpingzölle auf eingeführte Erzeugnisse einzuführen, nachdem die Einführer benachrichtigt worden sind, dass eine solche Möglichkeit in Bezug auf die zollamtlich erfassten Erzeugnisse besteht, und sie die Möglichkeit hatten, ihre Stellungnahme nach Art. 10 Abs. 4 Buchst. b der Grundverordnung abzugeben. Das bedeutet aber nicht, dass die vor dem Zeitraum der zollamtlichen Erfassung erfolgten Einfuhren, die nicht Gegenstand von Antidumpingzöllen sein können, keine schädigenden Auswirkungen hätten oder ganz allgemein für die Beurteilung des Vorliegens eines weiteren erheblichen Anstiegs der Einfuhren irrelevant wären.

78      Was schließlich das Vorbringen der Klägerinnen anbelangt, wonach die Zeitspanne zwischen der Bestellung der betreffenden Erzeugnisse und ihrer tatsächlichen Zollabfertigung im Hinblick auf ihre Überführung in den freien zollrechtlichen Verkehr in der Union jedenfalls der Grund für das Eintreffen der betreffenden Erzeugnisse auf dem Markt der Union in den ersten Monaten nach Veröffentlichung der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung sei, genügt es, darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen diese Behauptung nicht mit konkreten und präzisen Beweisen untermauern, obwohl, wie vor allem aus den Erwägungsgründen 33, 50 und 51 der angefochtenen Verordnung hervorgeht, feststeht, dass mehr als eine Million Tonnen des betreffenden Erzeugnisses zwischen der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung und dem Beginn des Zeitraums der zollamtlichen Erfassung, im Laufe dessen diese Einfuhren mit ungefähr 165 000 Tonnen beziffert wurden, in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt wurden. Daher ist dieses Vorbringen auch zurückzuweisen.

79      Aus alledem ergibt sich, dass der zweite Klagegrund zurückzuweisen ist.

 Dritter Klagegrund: falsche Auslegung der Voraussetzung, wonach der weitere Anstieg der Einfuhren „die Abhilfewirkung“ des anzuwendenden endgültigen Antidumpingzolls im Sinne von Art. 10 Abs. 4 Buchst. d der Grundverordnung wahrscheinlich „ernsthaft untergraben“ muss

 Zum ersten Teil des dritten Klagegrundes

80      Zur Stützung des ersten Teils des dritten Klagegrundes machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe fälschlich eine Gesamtbeurteilung der Daten mehrerer Einführer vorgenommen, um zu prüfen, ob die Einfuhren „die Abhilfewirkung“ des anzuwendenden endgültigen Antidumpingzolls im Sinne von Art. 10 Abs. 4 Buchst. d der Grundverordnung wahrscheinlich „ernsthaft untergraben“ würden. Tatsächlich hätte sie das Verhalten jedes kooperierenden oder nicht kooperierenden Einführers gesondert untersuchen müssen, um festzustellen, ob er Lagerbestände aufgebaut habe und die Einfuhren folglich zu der angeblich „ernsthaften Neutralisierung“ der Abhilfewirkung der endgültigen Antidumpingzölle hätten beitragen können. Unter Berücksichtigung der abschreckenden Wirkung der rückwirkenden Erhebung von Antidumpingzöllen müsse die persönliche Verantwortung jedes Einführers festgestellt werden, und dieses Ziel könne nur erreicht werden, wenn die in Rede stehenden Einführer noch im Besitz der Lagerbestände seien. Wenn die Kommission eine gesonderte Beurteilung der Lage jedes Einführers vorgenommen hätte, hätte sie den Schluss gezogen, dass die Klägerinnen vor und während der zollamtlichen Erfassung keine Lagerbestände aufgebaut hätten, und sogar festgestellt, dass ihre Lagerbestände beträchtlich gesunken seien. Die Klägerinnen hätten so gut wie alle Waren weiterverkauft, die vor Verhängung der endgültigen Antidumpingzölle der zollamtlichen Erfassung unterlegen seien.

81      Die Kommission, unterstützt von der Streithelferin, tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

82      Art. 10 Abs. 4 Buchst. d der Grundverordnung knüpft die rückwirkende Anwendung eines endgültigen Antidumpingzolls an die Bedingung, dass „ein erheblicher Anstieg der Einfuhren verzeichnet wird, der in Anbetracht der Zeitspanne und des Volumens und sonstiger Umstände die Abhilfewirkung des anzuwendenden endgültigen Antidumpingzolls wahrscheinlich ernsthaft untergraben wird“.

83      Es ist darauf hinzuweisen, dass mit der rückwirkenden Erhebung eines endgültigen Antidumpingzolls sichergestellt werden soll, dass die Abhilfewirkung dieses Zolls nicht ernsthaft untergraben wird und der Wirtschaftszweig der Union deshalb keine zusätzliche Schädigung erfährt. Angesichts dieser Zielsetzung ist offensichtlich, dass für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die Feststellung vorliegen, dass der weitere Anstieg der Einfuhren „die Abhilfewirkung“ des endgültigen Antidumpingzolls wahrscheinlich „ernsthaft untergraben“ wird, die gleiche Logik gilt wie für die Beurteilung der Schädigung, die dem Wirtschaftszweig der Union zugefügt wird.

84      Der Gerichtshof hat entschieden, dass die Schädigung, die ein bestehender Wirtschaftszweig der Union durch Einfuhren zu Dumpingpreisen erleidet, umfassend zu beurteilen ist, ohne dass es erforderlich oder auch nur möglich wäre, den individuellen Anteil jedes der verantwortlichen Unternehmen an dieser Schädigung zu bestimmen (Urteil vom 7. Mai 1987, Nachi Fujikoshi/Rat, 255/84, EU:C:1987:203, Rn. 46).

85      Der Gerichtshof hat außerdem entschieden, dass die Auswirkungen der Einfuhren aus verschiedenen Drittländern insgesamt beurteilt werden müssen, und dass es gerechtfertigt ist, es den Unionsbehörden zu erlauben, die Auswirkungen all dieser Einfuhren auf den Wirtschaftszweig der Union zu prüfen und daraufhin die geeigneten Maßnahmen gegenüber allen Ausführern zu ergreifen, selbst wenn der Umfang der Ausfuhren jedes Einzelnen von ihnen individuell betrachtet von geringer Bedeutung ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Oktober 1988, Technointorg/Kommission, 294/86 und 77/87, EU:C:1988:470, Rn. 40 und 41).

86      Daher ist ein „[weiterer] erheblicher Anstieg der Einfuhren“ im Sinne von Art. 10 Abs. 4 Buchst. d der Grundverordnung umfassend zu beurteilen, um festzustellen, ob die Einfuhren insgesamt die Abhilfewirkung der endgültigen Antidumpingzölle wahrscheinlich ernsthaft untergraben und daher zu einer weiteren Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union führen werden, ohne die individuelle und subjektive Lage der betreffenden Einführer zu berücksichtigen.

87      Schließlich verfolgt die angefochtene Verordnung entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht das Ziel, „Sanktionen“ zu verhängen. Wenngleich, wie Letztere geltend machen, in Art. 10 Abs. 1 der Grundverordnung das Rückwirkungsverbot von Antidumpingmaßnahmen verankert ist, weichen doch mehrere Bestimmungen der Grundverordnung davon ab, indem sie unter bestimmten Umständen die Anwendung von Antidumpingmaßnahmen auf vor Inkrafttreten der sie einführenden Verordnung in den zollrechtlichen Verkehr überführte Waren erlauben, die nach Art. 14 Abs. 5 der Grundverordnung zollamtlich erfasst wurden, und zwar zu dem alleinigen Zweck, zu verhindern, dass die Abhilfewirkung der endgültigen Maßnahmen ernsthaft untergraben wird und diese Maßnahmen dadurch unterlaufen werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Juni 2013, Paltrade, C‑667/11, EU:C:2013:368, Rn. 28 und 29, und vom 17. Dezember 2015, APEX, C‑371/14, EU:C:2015:828, Rn. 50). Solche rückwirkenden Maßnahmen sind flankierende Maßnahmen der nach der Antidumping-Untersuchung erlassenen Durchführungsverordnung 2016/1328, die dieselben Merkmale aufweist wie diese Maßnahmen und nichts mit der Verhängung von „Sanktionen“ oder Strafen zu tun hat (in Bezug auf den zuletzt genannten Aspekt vgl. Urteil vom 12. Oktober 1999, Acme/Rat, T‑48/96, EU:T:1999:251, Rn. 30).

88      Nach alledem ist der erste Teil des dritten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil des dritten Klagegrundes

89      Zur Stützung des zweiten Teils des dritten Klagegrundes machen die Klägerinnen erstens geltend, die Kommission hätte, um festzustellen, ob die Abhilfewirkung der anzuwendenden endgültigen Antidumpingzölle ohne die rückwirkende Erhebung dieser Antidumpingzölle ernsthaft untergraben würde, die Einfuhren während des Untersuchungszeitraums mit den Einfuhren vergleichen müssen, die während des Zeitraums der zollamtlichen Erfassung erfolgt seien, und nicht mit denen, die zwischen der Veröffentlichung der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung und der Einführung der vorläufigen Maßnahmen erfolgt seien, da, wie sie im Rahmen des zweiten Klagegrundes vorgetragen hätten, letztlich die Einfuhren, die während des Zeitraums der zollamtlichen Erfassung erfolgt seien, Gegenstand der rückwirkenden Erhebung der Zölle sein müssten. In diesem Zusammenhang tragen die Klägerinnen vor, wenn die Kommission einen solchen Vergleich angestellt hätte, wäre sie zu dem Schluss gekommen, dass die Einfuhren während des Zeitraums der zollamtlichen Erfassung die Abhilfewirkung des anzuwendenden endgültigen Antidumpingzolls wahrscheinlich nicht „ernsthaft“ untergraben hätten können, insbesondere weil sie im Vergleich mit den Einfuhren während des Untersuchungszeitraums zurückgegangen seien, weil es keine Beweise dafür gebe, dass während des Zeitraums der zollamtlichen Erfassung Lagerbestände der betreffenden Erzeugnisse aufgebaut worden seien, und die Klägerinnen nachgewiesen hätten, dass sie in Wirklichkeit keinen Aufbau der Lagerbestände betrieben hätten, weil die Einfuhren weniger als 0,5 % des Verbrauchs der betreffenden Erzeugnisse in der Union ausmachten, der seit dem Untersuchungszeitraum gestiegen sei, und weil ihr Volumen von 165 000 Tonnen auf einem Markt von mehr als 37 000 000 Tonnen vernachlässigbar sei.

90      Zweitens und für alle Fälle machen die Klägerinnen zum einen geltend, im Zeitraum von der Veröffentlichung der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung bis zur Einführung der vorläufigen Maßnahmen habe das mittlere monatliche Einfuhrvolumen nur um 31 761 Tonnen über demjenigen gelegen, das während des Untersuchungszeitraums ermittelt worden sei, und zum anderen, dass während der elf Monate nach dem Untersuchungszeitraum der Rückgang der durchschnittlichen monatlichen Preise für Einfuhren aus den betreffenden Ländern aufgrund des Preisrückgangs der Rohstoffe gerechtfertigt gewesen sei. Zudem führen sie aus, die betreffenden Erzeugnisse seien für die Lagerung nicht geeignet, was bedeute, dass die nach der Veröffentlichung der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung und während des Zeitraums der zollamtlichen Untersuchung eingeführten Erzeugnisse im Wesentlichen noch vor der Einführung der endgültigen Antidumpingzölle weiterverkauft worden seien. Um den Schluss ziehen zu können, dass die Abhilfewirkung der endgültigen Antidumpingzölle ernsthaft untergraben worden sei, hätte schließlich nach Ansicht der Klägerinnen festgestellt werden müssen, dass die Einführung solcher Zölle im vorgesehenen Zeitraum von fünf Jahren unzureichend gewesen sei, um das mit diesen endgültigen Antidumpingzöllen verfolgte Ziel zu erreichen, nämlich faire Wettbewerbsbedingungen herzustellen.

91      Schließlich werfen die Klägerinnen der Kommission drittens zum einen vor, sie habe die Voraussetzung, wonach der weitere erhebliche Anstieg der Einfuhren „die Abhilfewirkung“ des anzuwendenden endgültigen Antidumpingzolls wahrscheinlich „ernsthaft untergraben“ müsse, durch ein „Kriterium der Verzögerung“ dieser Wirkung ersetzt, das eine viel niedrigere Schwelle habe, da es nur darin bestehe, zu prüfen, ob ohne die rückwirkende Erhebung der Zölle die Abhilfewirkung des Antidumpingzolls bloß verzögert würde, und zum anderen, sie habe keine näheren Angaben zur Bedeutung, zur Dauer und zu den Folgen der angeblichen Verzögerung der Abhilfewirkung gemacht.

92      Die Kommission, unterstützt von der Streithelferin, tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

93      Erstens ist auf das Vorbringen der Klägerinnen, wonach die Kommission nur die während des Zeitraums der zollamtlichen Erfassung erfolgten Einfuhren hätte berücksichtigen dürfen, um festzustellen, ob sie die Abhilfewirkung des anzuwendenden endgültigen Antidumpingzolls wahrscheinlich ernsthaft untergraben würden, zunächst zu erwidern, dass, wie oben in Rn. 77 ausgeführt, daraus, dass die rückwirkende Erhebung der Zölle zur Wahrung der Verteidigungsrechte nur auf zollamtlich erfasste Einfuhren angewendet wird, nicht folgt, dass die mit der Untersuchung betrauten Behörden verpflichtet sind, die Importe außer Acht zu lassen, die vor dem Zeitraum der zollamtlichen Erfassung erfolgt sind, wenn sie prüfen, ob die Abhilfewirkung der endgültigen Zölle untergraben werden könnte.

94      Wie oben in den Rn. 72 bis 78 dargelegt, ist der „[weitere] erhebliche Anstieg der Einfuhren“ im Sinne von Art. 10 Abs. 4 Buchst. d der Grundverordnung nämlich ab dem Zeitpunkt zu beurteilen, ab dem die Einführer davon Kenntnis hatten, dass zu einem späteren Zeitpunkt auf die zollamtlich erfassten Einfuhren rückwirkend Antidumpingzoll erhoben werden könnte, und deshalb versucht sein konnten, im Hinblick auf die zukünftige Einführung dieses Zolls die betreffenden Erzeugnisse in großen Mengen einzuführen, was bedeutet, dass die Einfuhren einzubeziehen sind, die ab der Veröffentlichung der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung erfolgt sind, um festzustellen, ob diese zusammen mit den Einfuhren, die während des Zeitraums der zollamtlichen Erfassung erfolgten, die Abhilfewirkung der anzuwendenden endgültigen Zölle wahrscheinlich untergraben werden. Dieses Vorbringen ist daher zurückzuweisen.

95      Was zweitens das Vorbringen der Klägerinnen anbelangt, wonach während des Zeitraums von der Veröffentlichung der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung bis zur Einführung vorläufiger Maßnahmen das mittlere monatliche Einfuhrvolumen nur um 31 761 Tonnen über demjenigen gelegen habe, das während des Untersuchungszeitraums ermittelt worden sei, so ist anzumerken, dass die Feststellung, ob der Anstieg „erheblich“ ist, wie im 27. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung ausgeführt, nach Lage des Einzelfalls erfolgt, nicht nur durch den Vergleich gewogener Monatsdurchschnittswerte der Einfuhren während des Untersuchungszeitraums und jener während des Zeitraums von der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung bis zur Einführung der vorläufigen Maßnahmen, sondern auch durch die Berücksichtigung aller sonstigen relevanten Erwägungen, zu denen insbesondere die Entwicklung des Gesamtverbrauchs der betroffenen Ware in der Union, die Entwicklung der Lagerbestände und der Entwicklung der Marktanteile gehören. Ein Vergleich der beiden vorstehend genannten monatlichen Durchschnittswerte ist zwar wichtig, aber nicht notwendigerweise der ausschlaggebende Faktor in der Frage, ob der weitere Anstieg der Einfuhren „erheblich“ ist. Daher haben die Klägerinnen Unrecht, wenn sie behaupten, dass der Anstieg der Einfuhren keinesfalls als erheblicher Anstieg eingestuft werden könne, weil das Einfuhrvolumen nur um 31 761 Tonnen über demjenigen gelegen habe, das während des Untersuchungszeitraums ermittelt worden sei, ohne sonstige Faktoren zu berücksichtigen, die relevant und für diese Beurteilung notwendig sind.

96      Was drittens die Behauptungen der Klägerinnen angeht, wonach zum einen im Zeitraum von der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung bis zum Ende des Zeitraums der zollamtlichen Erfassung der Einfuhren der Rückgang der durchschnittlichen monatlichen Preise für Einfuhren aus den betreffenden Ländern aufgrund des Preisrückgangs der Rohstoffe gerechtfertigt gewesen sei und zum anderen die betreffenden Erzeugnisse für die Lagerung nicht geeignet seien, so ist vorab darauf hinzuweisen, dass der Rat und die Kommission im Bereich handelspolitischer Schutzmaßnahmen wegen der Komplexität der von ihnen zu prüfenden wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Sachverhalte über ein weites Ermessen verfügen, so dass der Unionsrichter nur zu einer beschränkten gerichtlichen Nachprüfung berufen ist (vgl. Urteil vom 17. März 2015, RFA International/Kommission, T‑466/12, EU:T:2015:151, Rn. 37 und 43 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

97      Was zum einen den Preisrückgang der Rohstoffe anbelangt, so ist im 80. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung festgestellt worden, dass die gesunkenen Rohstoffpreise einen Rückgang der Verkaufspreise von höchstens 4 % hätten verursachen können. Ein Gesamtvergleich des durchschnittlichen Einfuhrpreises aus den betroffenen Ländern mit dem durchschnittlichen Verkaufspreis des Wirtschaftszweigs der Union während und nach dem Untersuchungszeitraum ergibt eine Preisunterbietung von 7 % im Untersuchungszeitraum und von 14 % nach dem Untersuchungszeitraum. Daher können die Klägerinnen nicht geltend machen, dass der Rückgang der durchschnittlichen monatlichen Preise für Einfuhren aus den betreffenden Ländern nur auf die gesunkenen Rohstoffpreise zurückzuführen sei und dass die in Rede stehenden Einfuhren somit die Abhilfewirkung des anzuwendenden Antidumpingzolls nicht ernsthaft untergraben könnten.

98      Was zum anderen den behaupteten Umstand angeht, wonach die betreffenden Erzeugnisse nicht für die Lagerung geeignet seien, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass diese bloße Behauptung nicht geeignet ist, die Schlussfolgerung zu widerlegen, wonach es nach Einleitung des Verfahrens tatsächlich zum Aufbau von Lagerbeständen gekommen sei. Wie im 68. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung ausgeführt, ist die Lagerbestandsbildung häufig keine gängige Praxis und erfolgt nur, wenn bestimmte Umstände vorliegen und/oder Markterwartungen bestehen, zum Beispiel im Hinblick auf die zukünftigen Preise der jeweiligen Ware. Die Tatsache, dass eine Ware in der Regel nicht auf Lager gehalten wird, heißt nicht, dass keine Lagerbestände aufgebaut werden, wenn derartige Umstände oder Erwartungen ins Spiel kommen. Zudem wurde im 52. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung auf der Grundlage der von den Einführern und/oder Verwendern vorgelegten Zahlen für Letztere insgesamt festgestellt, dass die Lagerbestände Ende des Jahres 2015 um 22 % höher waren als Ende 2014. Da keine Beweise vorgelegt wurden, die die Schlussfolgerung widerlegen, wonach der weitere erhebliche Anstieg der Einfuhren ein Indiz für die Bildung beträchtlicher Lagerbestände der eingeführten Waren sein könne, was auch der oben genannte Anstieg der Lagerbestände an sich vermuten lässt, konnten die Klägerinnen daher nicht nachweisen, dass die Beurteilung der Kommission mit einem offensichtlichen Fehler behaftet war.

99      Viertens ist auch das Vorbringen der Klägerinnen zurückzuweisen, wonach die Kommission hätte feststellen müssen, dass die Einführung von Antidumpingzöllen im vorgesehenen Zeitraum von fünf Jahren unzureichend gewesen sei, um faire Wettbewerbsbedingungen herzustellen. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Zeitraum von fünf Jahren, in dem die endgültigen Maßnahmen grundsätzlich eingeführt werden, nicht endgültig ist, da die endgültigen Zölle nach Art. 11 Abs. 2 der Grundverordnung frühestens ein Jahr nach der Einführung dieser endgültigen Maßnahmen Gegenstand einer Interimsprüfung sein können, was zum Auslaufen dieser Zölle führen kann, da Letztere nur so lange und in dem Umfang in Kraft bleiben, wie dies notwendig ist, um das schädigende Dumping unwirksam zu machen. Daher kann die rückwirkende Anwendung endgültiger Antidumpingzölle einem solchen Erfordernis nicht unterworfen werden.

100    Fünftens kann weder das „Kriterium der Verzögerung“, das die Kommission zur Illustrierung der kumulativen Wirkung der Einfuhren zwischen der Einleitung der Untersuchung und dem Beginn des Zeitraums der zollamtlichen Erfassung und der Einfuhren, die während dieses Zeitraums erfolgten, verwendet, noch der Umstand, dass die angefochtene Verordnung angeblich keine Erklärungen zur Bedeutung, zur Länge und zu den Auswirkungen der behaupteten Verzögerung der Abhilfewirkung enthält, die sich daraus ergebe, dass die Antidumpingzölle nicht rückwirkend auf die der zollamtlichen Erfassung unterliegenden Einfuhren angewendet würden, die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verordnung beeinträchtigen. Art. 10 Abs. 4 Buchst. d der Grundverordnung sieht lediglich vor, dass die Kommission feststellt, dass ein weiterer erheblicher Anstieg der Einfuhren verzeichnet wird, der in Anbetracht der Zeitspanne und des Volumens und sonstiger Umstände die Abhilfewirkung des anzuwendenden endgültigen Antidumpingzolls wahrscheinlich ernsthaft untergraben wird. Daher ist davon auszugehen, dass die oben genannten Umstände, unter denen dieser weitere erhebliche Anstieg der Einfuhren erfolgt, diese Abhilfewirkung ernsthaft untergraben.

101    Wie vor allem aus den Erwägungsgründen 31, 50 bis 53, 75, 76, 79 bis 81 und 84 der angefochtenen Verordnung hervorgeht, ist es der Kommission darum gegangen, zusätzlich zu den in Art. 10 Abs. 4 Buchst. d der Grundverordnung genannten Faktoren vor allem die Preise der eingeführten Erzeugnisse sowie die Lagerbestände der vor der zollamtlichen Erfassung eingeführten Waren zu prüfen.

102    Erstens ergibt sich aus dem 50. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung, dass das monatliche Durchschnittsvolumen der Einfuhren aus den betroffenen Ländern in der Zeit vom ersten vollen Monat nach Veröffentlichung der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung bis zum letzten vollen Monat vor der Einführung vorläufiger Maßnahmen gegenüber dem Untersuchungszeitraum ein Plus von 37 % aufwies. Zudem ergibt sich aus dem 51. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung, dass im Zeitraum vom ersten vollen Monat nach der Einleitung einer Untersuchung bis einschließlich des Monats, in dem vorläufige Maßnahmen eingeführt wurden, das monatliche Durchschnittsvolumen der Einfuhren aus den betreffenden Ländern um 27 % gegenüber dem Monatsdurchschnitt im Untersuchungszeitraum angestiegen ist. Daraus hat die Kommission im 53. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung abgeleitet, dass die Einfuhrvolumina nach der Verfahrenseinleitung tatsächlich erheblich angestiegen seien.

103    Zweitens erfolgten diese Einfuhren, nachdem die Einführer davon Kenntnis erlangt hatten, dass zu einem späteren Zeitpunkt rückwirkend Antidumpingzölle angewendet werden könnten, wobei diese Kenntnisnahme zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung und der Übermittlung der nicht vertraulichen Fassung des Antrags erfolgte, und diese Einfuhren dauerten bis zur Einführung der vorläufigen Maßnahmen an. Es handelt sich daher um einen Zeitraum, in dem Einfuhren erfolgten, obwohl die Einführer volle Kenntnis von der Tatsache hatten, dass eine Antidumping-Untersuchung anhängig war und möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt Antidumpingzölle verhängt würden.

104    Drittens geht aus dem 79. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung hervor, dass die durchschnittlichen monatlichen Preise der Einfuhren aus der Volksrepublik China und Russland in den elf Monaten nach dem Untersuchungszeitraum um 13 % bzw. 12 % gesunken sind, wenn man sie mit den durchschnittlichen monatlichen Einfuhrpreisen im Untersuchungszeitraum vergleicht. Wie aus Rn. 97 oben hervorgeht und im 80. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung ausgeführt wird, sind zwar in diesem Zeitraum auch die Preise für Rohstoffe gefallen, jedoch hätte dieser Umstand einen Rückgang der Verkaufspreise von höchstens 4 % verursachen können, so dass dieser Vergleich eine Preisunterbietung von 7 % im Untersuchungszeitraum und von 14 % nach dem Untersuchungszeitraum ergibt. Zudem geht vor allem aus dem 81. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung hervor, dass im Zeitraum der zollamtlichen Erfassung die durchschnittlichen Preise der Einfuhren aus der Volksrepublik China und Russland um 19 % bzw. 24 % gesunken sind, wenn man sie mit den durchschnittlichen Einfuhrpreisen im Untersuchungszeitraum vergleicht. Daraus hat die Kommission im selben Erwägungsgrund den Schluss gezogen, dass für beide Länder zusammen die Preisunterbietung im Erfassungszeitraum weiter auf durchschnittlich fast 20 % gestiegen sei. Somit gab es weiter sinkende Durchschnittspreise für Einfuhren aus den betreffenden Ländern.

105    Viertens geht aus dem 52. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung hervor, dass die Einfuhren der 22 Einführer und/oder Verwender, die Angaben zu den Einfuhren in der Zeit nach der Einleitung einer Untersuchung machten, 46 % aller Einfuhren aus den betroffenen Ländern entsprachen. Die so erhobenen Daten zeigen in Bezug auf diese mitarbeitenden Einführer und/oder Verwender insgesamt, dass Ende 2015 die Lagerbestände der betroffenen Ware 22 % höher waren als Ende 2014. Im 84. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung wiederum wird darauf hingewiesen, dass nicht nur angesichts der Feststellungen im 52. Erwägungsgrund dieser Verordnung, sondern auch aufgrund des erheblichen Anstiegs der Einfuhren nach dem Untersuchungszeitraum im Vergleich zum Stand der Einfuhren vor der Veröffentlichung der Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung notwendigerweise eine Lagerbildung stattgefunden hat.

106    Aus den Erwägungsgründen 75 und 76 der angefochtenen Verordnung geht hervor, dass dieser weitere erhebliche Anstieg der Einfuhren zu noch niedrigeren Preisen als im Untersuchungszeitraum mit einem Anstieg des Unionsverbrauchs auf dem freien Markt um 14 % im Zeitraum von April 2015 bis Januar 2016 einhergeht, während die Verkaufsmengen der Unionshersteller stabil blieben und nur einen moderaten Anstieg um 3 % verzeichneten. Dies führte zu einer weiteren Verringerung des Marktanteils des Wirtschaftszweigs der Union um 7 Prozentpunkte von 71 % auf 64 %.

107    Daher konnte die Kommission zu Recht unter anderem in den Erwägungsgründen 86 und 94 der angefochtenen Verordnung den Schluss ziehen, dass dieser weitere erhebliche Anstieg der Einfuhren angesichts ihres Volumens, des Zeitpunkts, zu dem sie erfolgt seien, sowie sonstiger Umstände, nämlich des beträchtlichen Preisrückgangs und des beträchtlichen Anstiegs der Lagerbestände, die negativen Auswirkungen auf die Preise und den Marktanteil in der Union des Wirtschaftszweigs der Union zusätzlich verstärkt habe und daher die Abhilfewirkung des endgültigen Antidumpingzolls wahrscheinlich ernsthaft untergraben werde.

108    Nach alledem ist der zweite Teil des dritten Klagegrundes zurückzuweisen und daher die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

109    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen gemäß dem Antrag der Kommission und der Streithelferin neben ihren eigenen Kosten auch deren Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Stemcor London Ltd und die Samac Steel Supplies Ltd tragen neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Kommission und die Kosten der Eurofer, Association européenne de l’acier, ASBL.

Prek

Buttigieg

Berke

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 8. Mai 2019.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.