Language of document : ECLI:EU:T:2012:173

URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

29. März 2012(*)

„Wettbewerb – Missbrauch einer beherrschenden Stellung – Spanische Märkte für Breitband-Internetzugang – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 82 festgestellt wird – Preisfestsetzung – Kosten-Preis-Schere – Loyale Zusammenarbeit – Ultra-vires-Anwendung von Art. 82 EG – Rechtssicherheit – Vertrauensschutz“

In der Rechtssache T‑398/07

Königreich Spanien, vertreten durch N. Díaz Abad, abogado del Estado,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch F. Castillo de la Torre, É. Gippini Fournier und K. Mojzesowicz als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung C(2007) 3196 final der Kommission vom 4. Juli 2007 in einem Verfahren nach Art. 82 [EG] (Sache COMP/38.784 – Wanadoo España gegen Telefónica)

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Truchot, der Richterin M. E. Martins Ribeiro (Berichterstatterin) und des Richters H. Kanninen,

Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juni 2011

folgendes

Urteil

 Sachverhalt

1        Die Telefónica SA ist die Muttergesellschaft der Telefónica-Gruppe, des ehemaligen spanischen Staatsmonopolunternehmens im Telekommunikationsbereich. In dem von der Entscheidung C(2007) 3196 final der Kommission vom 4. Juli 2007 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] (Sache COMP/38.784 – Wanadoo España gegen Telefónica) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) erfassten Zeitraum von September 2001 bis Dezember 2006 erbrachte Telefónica durch ihre Tochtergesellschaft Telefónica de España SAU (im Folgenden: TESAU) und zwei weitere, mit TESAU am 30. Juni und 7. Juli 2006 verschmolzene Tochtergesellschaften, die Telefónica Data de España SAU und die Terra Networks España SA, Breitbanddienste (Erwägungsgründe 11, 13 und 19 bis 21 der angefochtenen Entscheidung). Während des gesamten Untersuchungszeitraums bildeten Telefónica und ihre Tochtergesellschaften (im Folgenden zusammen: Telefónica) eine wirtschaftliche Einheit (zwölfter Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

2        Vor der vollständigen Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte im Jahr 1998 befand sich Telefónica im Besitz des spanischen Staates und hatte ein gesetzliches Monopol für die Bereitstellung von Telekommunikationsdiensten im Festnetz inne. Heute betreibt die Gesellschaft das einzige landesweite Netz für Festnetztelefonie (13. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

3        Am 11. Juli 2003 legte die Wanadoo España SL (jetzt France Telecom España SA) bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaft eine Beschwerde ein, mit der sie geltend machte, dass die Spanne zwischen den Großkundenpreisen, die die Tochtergesellschaften von Telefónica Wettbewerbern für Großkunden-Breitbandzugänge in Spanien berechneten, und den Preisen, die Telefónica Endkunden in Rechnung stelle, nicht ausreiche, um den Wettbewerbern von Telefónica einen wirksamen Wettbewerb mit Telefónica zu ermöglichen (26. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

4        Am 18. November 2004 übermittelte die Kommission der Comisión del Mercado de las Telecomunicaciones (CMT, spanische Kommission für den Telekommunikationsmarkt) ein Auskunftsverlangen.

5        Mit E-Mail vom 17. Dezember 2004 ersuchte die Kommission die CMT um zusätzliche Informationen zu den am 18. November 2004 erbetenen Auskünften. Am 17. Januar 2005 übermittelte sie ihr ein weiteres Auskunftsverlangen.

6        Am 20. Dezember 2004 sowie am 26. Januar und 2. Februar 2005 kam die CMT den Auskunftsverlangen der Kommission vom 18. November und 17. Dezember 2004 sowie vom 17. Januar 2005 nach.

7        Am 20. Februar 2006 sandte die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an Telefónica, die diese am 19. Mai 2006 erwiderte.

8        Am 15. Mai 2006 teilte die Kommission der CMT mit, dass sie, falls sie an der mündlichen Anhörung teilnehmen wolle, beim Anhörungsbeauftragten einen entsprechenden Antrag stellen müsse. Am 24. Mai 2006 übermittelte die Kommission der CMT eine nicht vertrauliche Mitteilung der Beschwerdepunkte und forderte sie zur schriftlichen Stellungnahme auf.

9        Am 12. und 13. Juni 2006 fand auf Antrag von Telefónica eine mündliche Anhörung statt. Telefónica, die Beschwerdeführerin und Dritte wurden angehört und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme zu den von der Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dargestellten Punkten (30. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Die CMT nahm mündlich Stellung. Am 26. Juni 2006 antwortete sie auf mehrere in der Anhörung gestellte Fragen der Beschwerdeführerin.

10      Am 11. Januar 2007 richtete die Kommission ein Schreiben an Telefónica, in dem sie diese aufforderte, Stellung zu den Schlussfolgerungen zu nehmen, die sie aufgrund neuer und in der Mitteilung der Beschwerdepunkte noch nicht genannter Tatsachen zu ziehen beabsichtige. Telefónica beantwortete das Schreiben am 12. Februar 2007 (31. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

11      Am 12. Juni 2007 übermittelte der Vorsitzende der CMT der Kommission ein Schreiben, in dem er diese über die Folgen der angefochtenen Entscheidung aus regulatorischer Sicht unterrichtete und das Fehlen einer wirksamen Zusammenarbeit zwischen der Kommission und der CMT im Lauf des Verfahrens bedauerte. Die Kommission antwortete darauf mit Schreiben vom 21. August 2007.

12      Am 14. Juni 2007 fand ein Treffen zwischen der Kommission und der CMT statt.

13      Am 15. Juni 2007 nahm die CMT als Sachverständige an einer Sitzung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen teil, der in Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) vorgesehen ist.

 Angefochtene Entscheidung

14      Am 4. Juli 2007 erließ die Kommission die angefochtene Entscheidung, die Gegenstand der vorliegenden Klage ist.

15      Als Erstes machte die Kommission in der angefochtenen Entscheidung drei relevante Produktmärkte aus, und zwar einen Endkunden-Breitbandmarkt und zwei Großkunden-Breitbandmärkte (Erwägungsgründe 145 bis 208 der angefochtenen Entscheidung).

16      Der relevante Endkundenmarkt erfasst nach der angefochtenen Entscheidung alle auf dem „Massenmarkt“ für Privat- und Geschäftskunden vertriebenen und nicht weiter differenzierten Breitbandprodukte unabhängig davon, ob sie mit Hilfe von ADSL (Asymetric Digital Subscriber Line, asymmetrischer digitaler Teilnehmeranschluss) oder einer anderen Technologie angeboten werden. Nicht dazu zählten hingegen kundenspezifische Breitbandzugangsdienste, die in erster Linie für „große Geschäftskunden“ entwickelt würden (153. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

17      Zu den Großhandelsmärkten stellte die Kommission fest, dass im Wesentlichen drei Großkundenangebote zur Verfügung stünden, nämlich ein Standardangebot für entbündelte Teilnehmeranschlüsse, das nur von Telefónica vertrieben werde, ein regionales Großkundenangebot (GigADSL, im Folgenden: regionales Großkundenprodukt), das ebenfalls nur von Telefónica vertrieben werde, und mehrere nationale Großkundenangebote, die sowohl von Telefónica (ADSL‑IP und ADSL‑IP Total, im Folgenden: nationales Großkundenprodukt) als auch von anderen Betreibern auf der Grundlage entbündelter Teilnehmeranschlüsse und/oder dem regionalen Großkundenangebot vertrieben würden (75. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

18      Um die vorliegend relevanten Großkundenmärkte zu bestimmen, prüfte die Kommission, ob die in der vorstehenden Randnummer beschriebenen Großkundenprodukte demselben relevanten Markt oder verschiedenen Märkten zuzurechnen seien (162. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Dabei war die Kommission der Auffassung, dass das regionale Großkundenprodukt und die entbündelten Teilnehmeranschlüsse nicht substituierbar seien (Erwägungsgründe 163 bis 182 der angefochtenen Entscheidung). Ferner sei keine hinreichende Substituierbarkeit zwischen dem regionalen und den nationalen Großkundenprodukten gegeben (Erwägungsgründe 183 bis 195 der angefochtenen Entscheidung), da die Grenzen zwischen dem regionalen und dem nationalen Markt aufgrund der beherrschenden Stellung von Telefónica auf beiden Märkten nicht eindeutig seien (195. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Schließlich könnten die neben ADSL verfügbaren Technologien für Breitbandzugänge, vor allem die Kabelmodem-Technologie, nicht als durch die ADSL-Angebote substituierbar angesehen werden (Erwägungsgründe 196 bis 207 der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission zog den Schluss, dass für die angefochtene Entscheidung die relevanten Großkundenmärkte aus dem regionalen Großkundenprodukt und dem nationalen Großkundenprodukt mit Ausnahme der Großkunden-Kabeldienste und der ADSL-unabhängigen Technologien bestünden (Erwägungsgründe 6 und 208 der angefochtenen Entscheidung).

19      Bei dem räumlich relevanten Markt sowohl auf Großkunden- als auch auf Endkundenebene handelt es sich der angefochtenen Entscheidung zufolge um den nationalen (spanischen) Markt (209. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

20      Als Zweites stellte die Kommission fest, dass Telefónica auf den beiden relevanten Großkundenmärkten eine beherrschende Stellung eingenommen habe (Erwägungsgründe 223 bis 242 der angefochtenen Entscheidung). Im fraglichen Zeitraum habe Telefónica das Monopol für die Bereitstellung der regionalen Großkundenprodukte und mehr als 84 % des nationalen Großkundenmarkts innegehabt (Erwägungsgründe 223 und 235 der angefochtenen Entscheidung). Der angefochtenen Entscheidung zufolge (Erwägungsgründe 243 bis 277) hat Telefónica auch eine beherrschende Stellung auf dem Endkundenmarkt eingenommen.

21      Als Drittes prüfte die Kommission, ob Telefónica ihre beherrschende Stellung auf den relevanten Märkten missbraucht habe (Erwägungsgründe 278 bis 694 der angefochtenen Entscheidung). Sie stellte hierzu fest, dass Telefónica dadurch gegen Art. 82 EG verstoßen habe, dass sie im Zeitraum von September 2001 bis Dezember 2006 von ihren Wettbewerbern unfaire Preise im Sinne einer Kosten-Preis-Schere zwischen den Preisen für einen Breitbandinternetzugang auf dem spanischen „Massenmarkt“ und den Preisen auf dem regionalen und dem nationalen Großkunden-Breitbandmarkt verlangt habe (694. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

22      Die Kommission wies erstens zum Nachweis einer Kosten-Preis-Schere auf den regulatorischen Kontext hin, in dem Telefónica die regionalen und nationalen Großkundenprodukte bereitgestellt habe, insbesondere die Telefónica nach spanischem Recht auferlegte Verpflichtung, einen Großkundenzugang auf der regionalen und der nationalen Ebene zu angemessenen Bedingungen anzubieten. Die Kommission wies auch auf die Verpflichtung zur Bereitstellung des regionalen Großkundenprodukts hin, die die CMT Telefónica seit März 1999 auferlegt habe, und stellte fest, dass Telefónica im September 1999 auf eigene Initiative begonnen habe, ADSL‑IP Total anzubieten, während die CMT Telefónica verpflichtet habe, den Zugang zu ADSL‑IP ab April 2002 bereitzustellen (Erwägungsgründe 288 und 289 der angefochtenen Entscheidung).

23      Zweitens war die Kommission im Hinblick auf die Berechnungsmethode der Kosten-Preis-Schere der Auffassung, dass zum Ersten der Effizienzgrad der Wettbewerber von Telefónica abhängig von den nachgelagerten Kosten von Telefónica bestimmt werden solle („ebenso effizienter Wettbewerber“-Test) (Erwägungsgründe 311 bis 315 der angefochtenen Entscheidung), zum Zweiten als Kostenmaßstab vorliegend das Konzept der LRAIC (Long Run Average Incremental Costs, langfristige durchschnittliche Zusatzkosten) zugrunde zu legen sei (Erwägungsgründe 316 bis 324 der angefochtenen Entscheidung), zum Dritten die Rentabilitätsentwicklung nach zwei Methoden bewertet werden könne, und zwar nach einem historischen Ansatz, der einzelne Zeiträume getrennt betrachte, und nach der Ertragswertmethode (Erwägungsgründe 325 bis 385 der angefochtenen Entscheidung), zum Vierten die Berechnung der Kosten-Preis-Schere auf der Grundlage der verschiedenen von Telefónica auf dem relevanten Endkundenmarkt vertriebenen Dienste durchgeführt werden müsse (Erwägungsgründe 386 bis 388 der angefochtenen Entscheidung) und zum Fünften bei der Wahl der Vorprodukte im Rahmen der Prüfung, ob die Nachbildung der Preise auf der nachgelagerten Ebene möglich sei, die Endkundenentgelte von Telefónica von einem ebenso effizienten Wettbewerber in jedem der relevanten Großkundenmärkte auf der Grundlage wenigstens eines von Telefónica angebotenen Großkundenprodukts nachbildbar sein müssten (Erwägungsgründe 389 bis 396 der angefochtenen Entscheidung).

24      Drittens untersuchte die Kommission, ob die Spanne zwischen den nachgelagerten und den vorgelagerten Preisen von Telefónica zumindest die nachgelagerten LRAIC von Telefónica erfasse (Erwägungsgründe 397 bis 511 der angefochtenen Entscheidung). Nach der in der vorstehenden Randnummer beschriebenen Methode ermittelte die Kommission, dass die Endkundenpreise von Telefónica im Zeitraum von September 2001 bis Dezember 2006 auf der Grundlage ihrer nationalen oder regionalen Großkundenprodukte nicht reproduzierbar gewesen seien (Erwägungsgründe 512 bis 542 der angefochtenen Entscheidung).

25      Viertens ging die Kommission in Bezug auf die Auswirkungen des Missbrauchs davon aus, dass das Verhalten von Telefónica die Möglichkeit der ADSL-Betreiber, im Endkundenmarkt nachhaltig zu wachsen, beschränkt und den Endkunden wahrscheinlich einen Schaden zugefügt habe. Zudem habe das Verhalten von Telefónica konkrete Ausschlusswirkungen gehabt und die Verbraucher geschädigt (Erwägungsgründe 544 bis 618 der angefochtenen Entscheidung).

26      Fünftens stellte die Kommission fest, dass das Verhalten von Telefónica nicht objektiv gerechtfertigt gewesen sei und keine Effizienzgewinne nach sich gezogen habe (Erwägungsgründe 619 bis 664 der angefochtenen Entscheidung).

27      Sechstens wies die Kommission schließlich darauf hin, dass Telefónica über einen Spielraum zur Vermeidung einer Kosten-Preis-Schere verfügt habe. Telefónica hätte ihre Endkundenpreise anheben oder ihre für die vorgelagerte Ebene berechneten Entgelte senken können. Ferner könnten die an Telefónica gerichteten Entscheidungen der CMT bezüglich einer Kosten-Preis-Schere Telefónica nicht von ihrer Verantwortung entlasten (Erwägungsgründe 665 bis 694 der angefochtenen Entscheidung).

28      Als Viertes stellte die Kommission fest, dass im vorliegenden Fall der Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt sei, da die Preispolitik von Telefónica die Zugangsdienste eines marktbeherrschenden Unternehmens betreffe, die das gesamte spanische Hoheitsgebiet erfasse, das einen erheblichen Teil des Binnenmarkts ausmache (Erwägungsgründe 695 bis 697 der angefochtenen Entscheidung).

29      Zur Festsetzung der Geldbuße wandte die Kommission in der angefochtenen Entscheidung das Verfahren an, das in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 [KS]-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3), festgelegt ist. Unter Berücksichtigung der Art und der Schwere des missbräuchlichen Verhaltens sowie des Umfangs des relevanten räumlichen Marktes stellte die Kommission fest, dass die Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ eingestuft werden müsse, obwohl die Schwere möglicherweise nicht während des gesamten in Rede stehenden Zeitraums gleich gewesen sei. Nach der angefochtenen Entscheidung wird mit dem auf 90 000 000 Euro festgesetzten Ausgangsbetrag der Geldbuße der Tatsache Rechnung getragen, dass die Schwere des missbräuchlichen Verhaltens im Lauf des betreffenden Zeitraums, vor allem nach Erlass der Entscheidung 2003/707/EG der Kommission vom 21. Mai 2003 in einem Verfahren nach Artikel 82 EG-Vertrag (Sache COMP/C‑1/37.451, 37.578, 37.579 – Deutsche Telekom AG) (ABl. L 263, S. 9), deutlicher geworden sei (Erwägungsgründe 738 und 757 der angefochtenen Entscheidung).

30      Aufgrund der erheblichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Telefónica wurde auf den Ausgangsbetrag der Geldbuße ein Multiplikator von 1,25 angewandt, um eine hinreichend abschreckende Wirkung der Geldbuße zu gewährleisten, so dass der Ausgangsbetrag der Geldbuße auf 112 500 000 Euro erhöht wurde (758. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

31      Die Kommission erhöhte den Ausgangsbetrag der Geldbuße um 50 %, da das missbräuchliche Verhalten von September 2001 bis Dezember 2006, d. h. fünf Jahre und vier Monate, gedauert habe. Der Grundbetrag der Geldbuße wurde somit auf 168 750 000 Euro festgesetzt (Erwägungsgründe 759 bis 761 der angefochtenen Entscheidung).

32      Die Kommission ging auf der Grundlage der verfügbaren Beweise davon aus, dass im vorliegenden Fall bestimmte mildernde Umstände berücksichtigt werden könnten, da während eines Teils des Zeitraums der Zuwiderhandlung für bestimmte von Telefónica verlangte Preise sektorspezifische Regelungen gegolten hätten. Daher wurde Telefónica eine Herabsetzung ihrer Geldbuße um 10 % gewährt, auch wenn sie nach Auffassung der Kommission über einen deutlich weiteren Spielraum bei der Festlegung ihrer Preise verfügt hatte. Folglich wurde eine Geldbuße von 151 875 000 Euro festgesetzt (Erwägungsgründe 765 und 766 der angefochtenen Entscheidung).

33      Der Tenor der angefochtenen Entscheidung lautet:

„Artikel 1

[Telefónica] und [TESAU] haben gegen Artikel 82 EG verstoßen, indem sie im Zeitraum September 2001 bis Dezember 2006 unangemessene Tarife in der Form eines Missverhältnisses zwischen den Preisen für die Breitband-Zugangsdienste auf Großkundenebene und denjenigen auf Endkundenebene anwendeten.

Artikel 2

Wegen der in Artikel 1 genannten Zuwiderhandlung wird gegen [Telefónica] und [TESAU] eine Geldbuße in Höhe von 151 875 000 EUR festgesetzt, für deren Zahlung beide Unternehmen gesamtschuldnerisch haften.

…“

 Verfahren und Anträge der Beteiligten

34      Das Königreich Spanien hat mit Klageschrift, die am 31. Oktober 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

35      Das Königreich Spanien beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

36      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Königreich Spanien die Kosten aufzuerlegen.

37      Das Gericht (Achte Kammer) hat auf Bericht der Berichterstatterin beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Die Parteien haben in der Sitzung vom 8. Juni 2011 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

 Rechtliche Würdigung

38      Das Königreich Spanien stützt seine Klage auf fünf Klagegründe. Mit dem ersten rügt es einen Verstoß gegen die Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit nach Art. 10 EG und Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste (Rahmenrichtlinie) (ABl. L 108, S. 33). Mit dem zweiten Klagegrund macht es einen Verstoß gegen Art. 82 EG aufgrund offensichtlicher Beurteilungsfehler der Kommission geltend. Mit dem dritten Klagegrund beruft es sich auf eine Ultra-vires-Anwendung von Art. 82 EG. Mit dem vierten Klagegrund rügt es einen Verstoß gegen die Rechtssicherheit. Mit dem fünften Klagegrund macht es schließlich einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes geltend.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die in Art. 10 EG und Art. 7 Abs. 2 der Rahmenrichtlinie verankerte Pflicht zu loyaler Zusammenarbeit

39      Mit seinem ersten Klagegrund macht das Königreich Spanien geltend, die Kommission habe während des fraglichen Verwaltungsverfahrens gegen ihre in Art. 10 EG und Art. 7 Abs. 2 der Rahmenrichtlinie verankerte Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit mit der CMT verstoßen.

40      Es ist festzustellen, dass die Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit nach Art. 10 EG für alle Behörden der Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Zuständigkeiten wie auch für die Organe der Union gilt, die mit den Mitgliedstaaten in einem Verhältnis der Gegenseitigkeit loyal zusammenzuarbeiten haben (Beschluss des Gerichtshofs vom 13. Juli 1990, Zwartveld u. a., Slg. 1990, I‑3365, Randnr. 17; vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 22. Oktober 2002, Roquette Frères, C‑94/00, Slg. 2002, I‑9011, Randnr. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung). In einem Fall, in dem wie hier die Unionsbehörden und die nationalen Behörden durch koordinierte Ausübung ihrer jeweiligen Befugnisse zur Verwirklichung der Ziele des Vertrags beizutragen haben, kommt einer solchen Zusammenarbeit besondere Bedeutung zu (Urteil Roquette Frères, Randnr. 32).

41      Zu der von der Kommission bestrittenen Zulässigkeit des auf den Verstoß gegen Art. 7 Abs. 2 der Rahmenrichtlinie bezogenen Teils des ersten Klagegrundes ist, der Kommission folgend, zunächst festzustellen, dass das Königreich Spanien im Rahmen dieses Klagegrundes nur vorgetragen hat, dass sich die Tragweite der Verpflichtung zur Zusammenarbeit nicht auf einen Konsultationsmechanismus für die von den nationalen Regulierungsbehörden geplanten Maßnahmen und anschließende Stellungnahmen der Kommission beschränken könne, und keine Argumente ausgeführt hat, die einen Verstoß gegen diese Bestimmung belegen sollen.

42      In der mündlichen Verhandlung zur Relevanz dieser Bestimmung im vorliegenden Fall befragt, hat das Königreich Spanien erklärt, dass es sich dabei um eine Anwendung der in Art. 10 EG verankerten Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit im Rechtsrahmen der elektronischen Kommunikation handele.

43      Gemäß Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts muss jede Klage den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Diese Angaben müssen so klar und genau sein, dass dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Wahrnehmung seiner Kontrollaufgabe, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, ermöglicht wird. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen die Klage beruht, zumindest in gedrängter Form, jedenfalls aber zusammenhängend und verständlich, aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst hervorgehen (vgl. Urteil des Gerichts vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission, T‑201/04, Slg. 2007, II‑3601, Randnr. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung).

44      Darüber hinaus erfüllt die bloß abstrakte Aufzählung der Klagegründe in der Klageschrift die Anforderungen der Verfahrensordnung nicht, und in der Klageschrift ist im Einzelnen darzulegen, worin der Klagegrund besteht, auf den die Klage gestützt wird (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Dezember 1961, Fives Lille Cail u. a./Hohe Behörde, 19/60, 21/60, 2/61 und 3/61, Slg. 1961, 559, 588, und Urteil des Gerichts vom 18. Dezember 2008, Componenta/Kommission, T‑455/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 45).

45      Es ist festzustellen, dass das Königreich Spanien zur Stützung des Teils des Klagegrundes betreffend einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 2 der Rahmenrichtlinie im Zusammenhang mit dem Verwaltungsverfahren, das zu der angefochtenen Entscheidung geführt hat, nicht hinreichend substantiiert vorgetragen hat. Dieser Teil ist daher für unzulässig zu erklären, da er nicht den in den Randnrn. 43 f. des vorliegenden Urteils aufgeführten Anforderungen genügt.

46      Zur Begründetheit des vorliegenden Klagegrundes ist, soweit er sich auf die Verletzung von Art. 10 EG bezieht, als Erstes die Behauptung des Königreichs Spanien zurückzuweisen, die Kommission habe gegen ihre Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit verstoßen, indem sie die CMT nicht hinreichend in das Verwaltungsverfahren einbezogen habe.

47      Zum einen ist hinsichtlich der Beziehungen, zu denen es im Rahmen der von der Kommission nach den Art. 81 und 82 EG geführten Verfahren kommt, darauf hinzuweisen, dass die Modalitäten für die Durchführung der Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit gemäß Art. 10 EG, die der Kommission in ihren Beziehungen mit den Mitgliedstaaten obliegt, u. a. in den Art. 11 bis 16 der Verordnung Nr. 1/2003 in Kapitel IV („Zusammenarbeit“) präzisiert wurden. Diese Vorschriften sehen jedoch weder die Verpflichtung der Kommission zur Konsultation der nationalen Regulierungsbehörden vor noch die vom Königreich Spanien vorgebrachte Möglichkeit der Kommission zu einem „gemeinsamen Handeln“ mit den nationalen Regulierungsbehörden in dem von der Kommission nach den Art. 81 und 82 EG geführten Verfahren.

48      Zum anderen ist festzustellen, dass in der vorliegenden Rechtssache die CMT am Verwaltungsverfahren tatsächlich beteiligt war. Zum Ersten hat die Kommission, wie aus den vorstehenden Randnrn. 4 bis 6 hervorgeht, der CMT drei Auskunftsverlangen gesandt, die diese beantwortet hat. Zum Zweiten hat die Kommission der CMT am 24. Mai 2006 eine nicht vertrauliche Fassung der Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt. Sie hat die CMT auch darauf hingewiesen, dass sie gegebenenfalls schriftliche Bemerkungen zur Mitteilung der Beschwerdepunkte an sie richten oder sich bei der Anhörung mündlich äußern oder Fragen stellen könne. Die CMT hat jedoch keine schriftliche Stellungnahme abgegeben. Zum Dritten bestreitet das Königreich Spanien nicht, dass bei der Anhörung vom 12. und 13. Juni 2006 mehrere Vertreter der CMT anwesend waren und die CMT sich dabei auch mündlich geäußert hat. Zum Vierten hat die CMT am 26. Juni 2006 bei der Anhörung auch mehrere Fragen der Beschwerdeführerin schriftlich beantwortet. Zum Fünften bestreitet das Königreich Spanien nicht die Behauptung der Kommission, die mit der Sache befasste Arbeitsgruppe habe die CMT mehrfach getroffen, um über die Untersuchung zu reden. Zum Sechsten widerspricht das Königreich Spanien nicht dem Vorbringen der Kommission, sie habe am 14. Juni 2007 mehrere Vertreter der CMT getroffen und diese hätten sich zur Fassung bestimmter Erwägungsgründe der angefochtenen Entscheidung geäußert, die mit Blick auf die zweite Sitzung des Beratenden Ausschusses nach Art. 14 der Verordnung Nr. 1/2003 berücksichtigt worden seien. Die CMT hat hierzu keine weiteren Bemerkungen abgegeben. Im Übrigen hat ein Sachverständiger der CMT an einer Sitzung des Beratenden Ausschusses teilgenommen, die am 15. Juni 2007 stattgefunden hat. Es ist jedoch festzustellen, dass das Königreich Spanien in seiner Klageschrift nicht die Gründe ausführt, warum die Teilnahme der CMT, wie sie vorstehend beschrieben wird, im vorliegenden Fall nicht ausreichend gewesen sein soll.

49      Den vom Königreich Spanien vorgetragenen Argumenten, mit denen die Schwere des Verstoßes der Kommission gegen ihre Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit dargetan werden soll, ist ebenfalls nicht zu folgen.

50      Erstens ist nicht relevant, ob die angefochtene Entscheidung von der CMT gemäß den europäischen Richtlinien regulierte Erzeugnisse und Dienstleistungen betrifft. Wie die Kommission zutreffend feststellt, ist das Wettbewerbsrecht in Ermangelung einer entsprechenden ausdrücklichen Ausnahmevorschrift auf die reglementierten Sektoren anwendbar (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 16. Dezember 1975, Suiker Unie u. a./Kommission, 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73, Slg. 1975, 1663, Randnrn. 65 bis 72, und vom 11. April 1989, Saeed Flugreisen und Silver Line Reisebüro, 66/86, Slg. 1989, 803). Im Übrigen ist die Anwendbarkeit der Wettbewerbsvorschriften nicht ausgeschlossen, soweit die betreffenden sektorspezifischen Vorschriften die Möglichkeit eines Wettbewerbs bestehen lassen, der durch selbständige Verhaltensweisen der Unternehmen verhindert, eingeschränkt oder verfälscht werden kann (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 11. November 1997, Kommission und Frankreich/Ladbroke Racing, C‑359/95 P und C‑379/95 P, Slg. 1997, I‑6265, Randnrn. 33 f. sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Wie die Kommission aber in den Erwägungsgründen 665 bis 694 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, verfügte Telefónica im vorliegenden Fall über einen Spielraum zur Vermeidung einer Kosten-Preis-Schere; dies wird vom Königreich Spanien nicht bestritten (siehe auch oben, Randnr. 27). Das in der angefochtenen Entscheidung mit einer Geldbuße belegte Verhalten von Telefónica fällt daher in den Anwendungsbereich von Art. 82 EG (vgl. in diesem Sinne auch die Schlussanträge des Generalanwalts Mazák in der Rechtssache C‑280/08 P, Urteil des Gerichtshofs vom 14. Oktober 2010, Deutsche Telekom/Kommission, Slg. 2010, I‑9555, Randnrn. 15 und 19).

51      Zweitens ist auch die Behauptung des Königreichs Spanien, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung die Regulierungsmaßnahme der CMT „eingehend“ geprüft, nicht relevant. Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich zwar, dass sich die Kommission auf den rechtlichen Kontext bezogen hat, in dem Telefónica die regionalen und nationalen Großkunden-Zugangsprodukte bereitgestellt hat, dies beruht aber auf der Notwendigkeit, zur Feststellung eines etwaigen Missbrauchs durch ein Preisgebaren sämtliche Umstände zu berücksichtigen und zu untersuchen, ob diese Verhaltensweise darauf abzielt, die Wahl zwischen mehreren Bezugsquellen unmöglich zu machen oder zu erschweren, den Konkurrenten den Zugang zum Markt zu verwehren, Handelspartnern für gleichwertige Leistungen ungleiche Bedingungen aufzuerlegen oder die beherrschende Stellung durch einen verfälschten Wettbewerb zu stärken (Urteil Deutsche Telekom/Kommission, oben in Randnr. 50 angeführt, Randnr. 175; vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige, C‑52/09, Slg. 2011, I‑527, Randnr. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung). In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission zudem ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die nationalen Vorschriften, die Telefónica die Bereitstellung der Großkundenprodukte auf regionaler und nationaler Ebene auferlegten, mit dem Rechtsrahmen der Union vereinbar seien, der im Jahr 2002 verabschiedet worden sei (294. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), und dass der Nachweis eines Verstoßes gegen Art. 82 EG aufgrund der Verursachung einer Kosten-Preis-Schere nicht im Widerspruch zur Politik der CMT stehe (684. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Ferner hat sie darauf hingewiesen, dass die in der angefochtenen Entscheidung angewandte Methodik nicht im Widerspruch zu der von der CMT im Jahr 2001 angewandten Methodik stehe (733. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Schließlich hat die Kommission festgestellt, dass die Annahme vorläufiger Maßnahmen durch die CMT, die zu einer erheblichen Senkung der Preise für die regionalen und nationalen Großkundenprodukte geführt hätten, die Beendigung der Kosten-Preis-Schere zur Folge gehabt hätte (759. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

52      Drittens kann nicht geltend gemacht werden, dass die Kommission gegen Telefónica eine Geldbuße wegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise festgesetzt habe, die bereits von der CMT geprüft worden sei. Das Königreich Spanien hat weder in seinen Schriftsätzen noch auf entsprechende Fragen in der mündlichen Verhandlung bestritten, dass die CMT zu keiner Zeit untersucht habe, ob im Zeitraum der Zuwiderhandlung eine Kosten-Preis-Schere zwischen dem nationalen Großkundenprodukt von Telefónica und seinen Endkundenprodukten bestanden habe und dass die Untersuchung einer Kosten-Preis-Schere zwischen dem regionalen Großkundenprodukt von Telefónica und ihren Endkundenprodukten zu keinem Zeitpunkt auf der Grundlage der tatsächlichen Preise von Telefónica in der Vergangenheit, sondern auf der Grundlage von Ex-ante-Schätzungen erfolgt sei (Erwägungsgründe 726 f. der angefochtenen Entscheidung).

53      Als Zweites kann entgegen dem Vorbringen des Königreichs Spanien nicht angenommen werden, dass die angefochtene Entscheidung der Regulierungstätigkeit der CMT entgegensteht, Auswirkungen auf deren künftige Handlungen hat und sie in ihrer Regulierungspolitik beeinträchtigt.

54      Erstens ist das Argument des Königreichs Spanien zurückzuweisen, beim Eingreifen der Kommission sei die sektorspezifische Regelung nicht berücksichtigt worden.

55      Ohne dass es erforderlich wäre, darüber zu befinden, ob das Urteil des Supreme Court of the United States (Oberster Gerichtshof der Vereinigten Staaten) vom 13. Januar 2004 (Rechtssache Verizon Communications Inc. v. Law Offices of Curtis V. Trinko, LLP, 540 U.S. 398 [2004]) relevant ist,anhand dessen das Königreich Spanien im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für ein Tätigwerden der Kommission auf der Grundlage von Art. 82 EG auf dem in Rede stehenden geregelten Markt geprüft hat, ist festzustellen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 287 bis 309 der angefochtenen Entscheidung tatsächlich den rechtlichen Kontext geprüft hat, in dem Telefónica einen Großkundenzugang auf regionaler und auf nationaler Ebene bereitgestellt hat, und unter Berücksichtigung dieses Kontexts gerade angesichts der in Randnr. 51 des vorliegenden Urteils erwähnten Notwendigkeit, sämtliche Umstände zu würdigen, u. a. die Telefónica im spanischen Rechtsrahmen auferlegte Verpflichtung, den Großkundenzugang auf regionaler Ebene von März 1999 an und den Großkundenzugang auf nationaler Ebene von April 2002 an bereitzustellen (287. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Darüber hinaus hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung wiederholt auf das Handeln der CMT auf dem spanischen Markt Bezug genommen. Auch wenn man davon ausgeht, dass die sektorspezifische Regelung, auf die sich das Königreich Spanien bezieht, aus Rechtsakten des abgeleiteten Unionsrechts hervorgeht, ist festzustellen, dass solche Rechtsakte im Hinblick auf die Grundsätze der Normenhierarchie bei Fehlen jeder hierzu ermächtigenden Vorschrift des Vertrags nicht von einer Vorschrift des Vertrags, im vorliegenden Fall Art. 82 EG, abweichen könnten (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 10. Juli 1990, Tetra Pak/Kommission, T‑51/89, Slg. 1990, II‑309, Randnr. 25).

56      Das Vorbringen des Königreichs Spanien, die Annahme der angefochtenen Entscheidung durch die Kommission habe Auswirkungen auf künftige Tätigkeiten der CMT und beeinträchtige seine Regulierungspolitik, ist ebenfalls zurückzuweisen. Abgesehen davon, dass das Königreich Spanien in seinen Schriftsätzen weder diese Auswirkungen noch die Gründe näher darlegt, aus denen seine Regulierungspolitik beeinträchtigt sein soll, ist festzustellen, dass die Vorabkontrolle durch eine nationale Regulierungsbehörde und die nachträgliche Kontrolle der Kommission einen unterschiedlichen Gegenstand haben und einen unterschiedlichen Zweck verfolgen, wobei die Wettbewerbsvorschriften des EG-Vertrags insoweit im Wege der Ausübung einer nachträglichen Kontrolle den vom Unionsgesetzgeber gesetzten Rechtsrahmen für die Vorabregulierung der Telekommunikationsmärkte ergänzen (Urteil Deutsche Telekom/Kommission, oben in Randnr. 50 angeführt, Randnr. 92).

57      Zweitens ist das auf die Entscheidung der Kommission vom 30. April 2003 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (COMP/38.370 – O2 UK Limited/T‑Mobile UK Limited) (ABl. L 200, S. 59) und auf mehrere Pressemitteilungen der Kommission gestützte Vorbringen des Königreichs Spanien zurückzuweisen, die Kommission habe in anderen Rechtssachen im Telekommunikationsbereich die Auffassung vertreten, dass der Wettbewerb aufgrund des Eingreifens der nationalen Regulierungsbehörden ausreichend gewahrt sei. Die Bewertungen der Kommission werden auf der Grundlage der Umstände des jeweiligen Falls vorgenommen, und die Entscheidungen zu anderen Sachen können nur richtungweisenden Charakter haben, da die tatsächlichen Gegebenheiten in den einzelnen Sachen nicht übereinstimmen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 21. September 2006, JCB Service/Kommission, C‑167/04 P, Slg. 2006, I‑8935, Randnrn. 201 und 205, und vom 7. Juni 2007, Britannia Alloys & Chemicals/Kommission, C‑76/06 P, Slg. 2007, I‑4405, Randnr. 60). Folglich lassen sich die Wertungen der Sachverhalte früherer Fälle durch die Kommission, die im vorliegenden Fall zudem im Wesentlichen nur durch die Bezugnahme auf Pressemitteilungen der Kommission gestützt werden, nicht auf den vorliegenden Fall übertragen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2007, Sun Chemical Group u. a./Kommission, T‑282/06, Slg. 2007, II‑2149, Randnr. 88).

58      Nach alledem ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 82 EG aufgrund offensichtlicher Beurteilungsfehler der Kommission

59      Mit diesem Klagegrund rügt das Königreich Spanien, die Kommission habe bei der Anwendung von Art. 82 EG mehrere offensichtliche Beurteilungsfehler begangen. Das Königreich Spanien macht insofern geltend, dass die betreffenden Großkundenprodukte für die Betreiber, die diese Angebote angenommen hätten, nicht unentbehrlich gewesen seien, dass die Berechnung der spezifischen Endkundenkosten der ebenso effizienten hypothetischen Wettbewerber wie Telefónica nicht richtig sei und dass die Untersuchung der Auswirkungen des wettbewerbswidrigen Verhaltens von Telefónica auf dem spanischen Markt fehlerhaft sei.

60      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsrichter nach ständiger Rechtsprechung zwar grundsätzlich eine umfassende Prüfung der Frage vornimmt, ob die Tatbestandsmerkmale der Wettbewerbsvorschriften erfüllt sind, seine Überprüfung der Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten durch die Kommission aber notwendigerweise darauf beschränkt, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten worden sind, ob die Begründung ausreichend ist, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt worden ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts und kein Ermessensmissbrauch vorliegen (Urteile des Gerichtshofs vom 11. Juli 1985, Remia u. a./Kommission, 42/84, Slg. 1985, 2545, Randnr. 34, vom 17. November 1987, British American Tobacco und Reynolds Industries/Kommission, 142/84 und 156/84, Slg. 1987, 4487, Randnr. 62, und vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnr. 279; Urteil des Gerichts vom 10. April 2008, Deutsche Telekom/Kommission, T‑271/03, Slg. 2008, II‑477, Randnr. 185).

61      Soweit die Entscheidung der Kommission das Ergebnis komplexer technischer Beurteilungen ist, unterliegen diese grundsätzlich ebenfalls einer beschränkten gerichtlichen Kontrolle; dies bedeutet, dass der Unionsrichter die von der Kommission vorgenommene Beurteilung des Sachverhalts nicht durch seine eigene Beurteilung ersetzen darf (Urteile des Gerichts Microsoft/Kommission, oben in Randnr. 43 angeführt, Randnr. 88, und vom 9. September 2009, Clearstream/Kommission, T‑301/04, Slg. 2009, II‑3155, Randnr. 94).

62      Auch wenn der Unionsrichter anerkennt, dass der Kommission in wirtschaftlichen Fragen ein Beurteilungsspielraum zusteht, bedeutet dies jedoch nicht, dass er sich einer Kontrolle der Auslegung derartiger Daten durch die Kommission enthalten muss. Der Unionsrichter muss nämlich nicht nur die sachliche Richtigkeit der angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und ihre Kohärenz prüfen, sondern auch kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Februar 2005, Kommission/Tetra Laval, C‑12/03 P, Slg. 2005, I‑987, Randnr. 39, Urteile Microsoft/Kommission, oben in Randnr. 43 angeführt, Randnr. 89, und Clearstream/Kommission, oben in Randnr. 61 angeführt, Randnr. 95).

63      Anhand der oben erwähnten Grundsätze ist zu prüfen, ob die Kommission die vom Königreich Spanien geltend gemachten offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat.

64      Als Erstes macht das Königreich Spanien geltend, soweit eine Art. 82 EG widersprechende Beschneidung der Margen zwischen einem Großkundenprodukt und einem Endkundenprodukt vorliege, wie sie durch die angefochtene Entscheidung festgestellt werde, verlange die Rechtsprechung, dass das Großkundenprodukt für die Erbringung der Endkundendienstleistung unentbehrlich sei. Dies sei hier nicht der Fall.

65      In der mündlichen Verhandlung zur Bedeutung und Tragweite ihres Vorbringens insbesondere im Hinblick auf das Urteil TeliaSonera Sverige, oben in Randnr. 51 angeführt, befragt, hat das Königreich Spanien wiederholt, dass die Kommission, wenn wie hier eine rechtliche Verpflichtung zur Bereitstellung eines Großkundenprodukts bestehe, für den Nachweis einer gegen Art. 82 EG verstoßenden Margenbeschneidung dartun müsse, dass das Produkt für die Bereitstellung des Endkundenprodukts unentbehrlich gewesen sei. Zudem seien die Erwägungen jenes Urteils nur anzuwenden, wenn die fraglichen Großkundenprodukte freiwillig auf den Markt gebracht worden seien, ohne dass dazu eine Rechtspflicht bestehe.

66      Nach der in Randnr. 51 des vorliegenden Urteils genannten Rechtsprechung sind für die Feststellung, ob das Unternehmen in beherrschender Stellung diese Stellung durch die Anwendung seiner Preispolitik missbräuchlich ausgenutzt hat, sämtliche Umstände zu berücksichtigen, und es muss untersucht werden, ob diese Verhaltensweise darauf abzielt, die Wahl zwischen mehreren Bezugsquellen unmöglich zu machen oder zu erschweren, den Konkurrenten den Zugang zum Markt zu verwehren, Handelspartnern für gleichwertige Leistungen ungleiche Bedingungen aufzuerlegen oder die beherrschende Stellung durch einen verfälschten Wettbewerb zu stärken

67      Insbesondere kann eine Preispolitik eines vertikal integrierten Unternehmens, die unangemessen ist, weil sie aufgrund der Spanne zwischen den Preisen seiner Großkundenprodukte und den Preisen seiner Endkundenprodukte die Margen seiner Wettbewerber bei den Endkundenpreisen tatsächlich beschneidet, einen gegen Art. 82 EG verstoßenden Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteil TeliaSonera Sverige, oben in Randnr. 51 angeführt, Randnr. 30).

68      Die Margenbeschneidung kann nämlich angesichts ihrer möglichen Verdrängungswirkung auf zumindest ebenso effiziente Wettbewerber wie das beherrschende Unternehmen mangels jeglicher objektiven Rechtfertigung bereits für sich allein einen Missbrauch im Sinne von Art. 82 EG darstellen (Urteil TeliaSonera Sverige, oben in Randnr. 51 angeführt, Randnr. 31).

69      In diesem Zusammenhang ist auch das vom Königreich Spanien in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Argument zurückzuweisen, dass die Erwägungen im Urteil TeliaSonera Sverige (oben in Randnr. 51 angeführt) nur anzuwenden seien, wenn die fraglichen Großkundenprodukte freiwillig ohne rechtliche Verpflichtung auf den Markt gebracht würden.

70      Der Gerichtshof hat in diesem Urteil in Wirklichkeit darauf hingewiesen, dass Art. 82 EG nur für wettbewerbswidrige Verhaltensweisen gilt, die die Unternehmen von sich aus an den Tag legen. Wird den Unternehmen ein wettbewerbswidriges Verhalten durch nationale Rechtsvorschriften vorgeschrieben oder bilden diese einen Rechtsrahmen, der jede Möglichkeit für ein Wettbewerbsverhalten der Unternehmen ausschließt, so ist Art. 82 EG nicht anwendbar. In einem solchen Fall findet die Wettbewerbsbeschränkung nicht, wie diese Vorschrift voraussetzt, in selbständigen Verhaltensweisen der Unternehmen ihre Ursache (vgl. Urteil TeliaSonera Sverige, oben in Randnr. 51 angeführt, Randnr. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

71      Art. 82 EG ist hingegen anwendbar, wenn sich wie im vorliegenden Fall herausstellt (Erwägungsgründe 665 bis 685 der angefochtenen Entscheidung) (siehe auch oben, Randnr. 27), dass die nationalen Rechtsvorschriften die Möglichkeit eines Wettbewerbs bestehen lassen, der durch selbständige Verhaltensweisen der Unternehmen verhindert, eingeschränkt oder verfälscht werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil TeliaSonera Sverige, oben in Randnr. 51 angeführt, Randnr. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

72      Der Gerichtshof hat festgestellt, dass einem vertikal integrierten beherrschenden Unternehmen, selbst wenn es nur über einen Handlungsspielraum zur Änderung seiner Endkundenentgelte verfügt, unbeschadet derartiger Rechtsvorschriften die Beschneidung der Margen allein aus diesem Grund zugerechnet werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Oktober 2010, Deutsche Telekom/Kommission, oben in Randnr. 50 angeführt, Randnr. 85, und TeliaSonera Sverige, oben in Randnr. 51 angeführt, Randnr. 51).

73      Ferner kann auch das Vorbringen des Königreichs Spanien, wenn die Marge zwischen den nationalen und regionalen Großkundenprodukten einerseits und den Endkundenprodukten andererseits so gering sei, dass sie sich umkehren könne, so dass kein anderer Marktteilnehmer diese Großkundenprodukte verwenden könne, das untersuchte Verhalten als Zugangsverweigerung bewertet werden, die nur nach den im Urteil des Gerichtshofs vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, Slg. 1998, I‑7791), aufgestellten Kriterien als missbräuchlich anzusehen sei, keinen Erfolg haben.

74      Der Gerichtshof hat nämlich klargestellt, dass sich diesem Urteil nicht entnehmen lässt, dass die für den Nachweis einer missbräuchlichen Lieferverweigerung notwendigen Voraussetzungen zwangsläufig auch für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit eines Verhaltens gelten, das darin besteht, für die Erbringung von Dienstleistungen oder den Verkauf von Waren Bedingungen aufzustellen, die für den Empfänger nachteilig sind oder nicht von Interesse sein können. Derartige Verhaltensweisen könnten nämlich als solche eine eigenständige Form des Missbrauchs sein, die sich von der Lieferverweigerung unterscheidet (Urteil TeliaSonera Sverige, oben in Randnr. 51 angeführt, Randnrn. 55 f.).

75      Die Auslegung des Urteils Bronner (oben in Randnr. 73 angeführt) im gegenteiligen Sinne liefe darauf hinaus, dass das Verhalten eines beherrschenden Unternehmens in Bezug auf seine Geschäftsbedingungen nur dann als missbräuchlich anzusehen wäre, wenn die für den Nachweis einer Kontrahierungsverweigerung notwendigen Voraussetzungen erfüllt wären; dies würde die praktische Wirksamkeit von Art. 82 EG ungebührlich einschränken (vgl. in diesem Sinne Urteil TeliaSonera Sverige, oben in Randnr. 51 angeführt, Randnr. 58).

76      Daher kann das Königreich Spanien nicht geltend machen, dass die Kommission verpflichtet gewesen sei, in der angefochtenen Entscheidung zum Beleg einer Margenbeschneidung nachzuweisen, dass die betreffenden Großkundenprodukte für die Betreiber, die die Angebote darüber angenommen hätten, unentbehrlich gewesen seien. Seine Argumente, mit denen dargetan werden soll, dass die Kommission auf der Grundlage einer fehlerhaften Auslegung der Theorie der Investitionsleiter in der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertreten habe, dass die regionalen und nationalen Großkundenprodukte notwendig gewesen seien, können folglich ebenfalls keinen Erfolg haben.

77      Aus der in Randnr. 51 des vorliegenden Urteils genannten Rechtsprechung des Gerichtshofs geht schließlich hervor, dass für die Feststellung, ob das Unternehmen in beherrschender Stellung diese Stellung durch die Anwendung seiner Preispolitik missbräuchlich ausgenutzt hat, sämtliche Umstände zu berücksichtigen sind und untersucht werden muss, ob diese Verhaltensweise darauf abzielt, die Wahl zwischen mehreren Bezugsquellen unmöglich zu machen oder zu erschweren, den Wettbewerbern den Zugang zum Markt zu verwehren, Handelspartnern für gleichwertige Leistungen ungleiche Bedingungen aufzuerlegen oder die beherrschende Stellung durch einen verfälschten Wettbewerb zu stärken.

78      Wie die Kommission jedoch in den Erwägungsgründen 287 bis 309 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, handelt es sich bei der Vermarktung der Großkundenprodukte durch Telefónica und deren nach dem Rechtsrahmen in Spanien bestehenden Verpflichtung, Zugang zu ihrer Infrastruktur zu gewähren, um bereits bestehende Gegebenheiten des spanischen Markts. Zum einen geht in Bezug auf das nationale Großhandelsprodukt aus den Erwägungsgründen 110 und 287 bis 289 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass Telefónica im September 1999 auf eigene Initiative begonnen hat, ADSL‑IP Total anzubieten, und dass ihr im Hinblick auf ADSL‑IP von April 2002 an von der CMT auferlegt worden ist, den Zugang zu gewähren. Die nicht weiter ausgeführte Behauptung des Königreichs Spanien in der mündlichen Verhandlung, wonach ADSL‑IP Total in unbedeutendem Umfang verwendet worden sei, ist insoweit ebenfalls zurückzuweisen, da diese Dienstleistung jedenfalls bis zum letzten Quartal 2002 das meistgenutzte Großkundenprodukt war (98. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Zum anderen ist Telefónica hinsichtlich des regionalen Großkundenprodukts seit März 1999 zur Zugangsgewährung verpflichtet. Die Kommission hat somit nicht gegen Art. 82 EG verstoßen und keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie vor diesem Hintergrund das Preisverhalten von Telefónica im fraglichen Zeitraum geprüft hat.

79      Der erste Teil des zweiten Klagegrundes des Königreichs Spanien, wie er in Randnr. 64 des vorliegenden Urteils dargestellt wird, ist folglich zurückzuweisen.

80      Als Zweites macht das Königreich Spanien geltend, dass die von der Kommission vorgenommene Kostenanalyse erhebliche Fehler aufweise, da sie die für die alternativen Betreiber geltenden Großkundenpreise sowie die spezifischen Kosten von Telefónica zu hoch angesetzt habe. Zur Stützung dieses Arguments führt das Königreich Spanien lediglich an, dass zum einen die alternativen Betreiber eine optimale Kombination der auf dem Markt verfügbaren Großkundenprodukte nutzten, wodurch sie ihre Kosten senken könnten, und zum anderen sich die spezifischen Kosten, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegt worden seien, von den Kosten unterschieden, die die CMT verwende, und nicht den Gegebenheiten des spanischen Markts entsprächen. Ferner macht das Königreich Spanien geltend, die Kommission begründe nicht, warum die von der CMT verwendeten spezifischen „Werte“ der Kosten nicht als richtig angesehen werden dürften.

81      Erstens ist das Vorbringen des Königreichs Spanien zurückzuweisen, die Kommission begründe nicht, warum die von der CMT verwendeten spezifischen „Werte“ der Kosten, die sich von den in der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Werten unterschieden, nicht als richtig angesehen werden dürften, da die Kommission darauf in den Erwägungsgründen 492 bis 511 der angefochtenen Entscheidung eingegangen ist. Wie die Kommission in diesen Erwägungsgründen ausgeführt hat, ohne dass diese Feststellungen vom Königreich Spanien bestritten worden sind, kann die Vereinbarkeit der Preise von Telefónica für Breitbandzugänge mit Art. 82 EG nicht anhand der von der CMT verwendeten Kostendaten bewertet werden, da das Kostenmodell der CMT nicht auf den neueren Angaben zu den tatsächlichen Kosten von Telefónica beruhte. Ferner schätzte, so die Kommission, das Kostenmodell der externen Berater die netzwerkbezogenen Kosten von Telefónica viel zu gering ein und ließ die Werbekosten von Telefónica unberücksichtigt. Demgegenüber stützt sich das Modell der Kommission, wie diese darlegt, auf die jüngsten Daten des Unternehmens und den Geschäftsplan von Telefónica (511. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

82      Zweitens ist das Vorbringen des Königreichs Spanien bezüglich der Verwendung einer optimalen Kombination von Großkundenprodukten durch einen ebenso effizienten Wettbewerber mit dem Ziel der Kostensenkung zurückzuweisen. Es ist zunächst festzustellen, dass die alternativen Betreiber im Zeitraum der Zuwiderhandlung in den einzelnen Vermittlungsstellen keine optimale Kombination von Großkundenprodukten, die entbündelte Teilnehmeranschlüsse einbeziehe, verwendet haben. Wie aus den Erwägungsgründen 102 f. der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, deren Feststellungen vom Königreich Spanien nicht bestritten worden sind, hat France Telecom bis zum Jahr 2002 fast ausschließlich das nationale Großkundenprodukt von Telefónica gekauft, das Ende 2002 durch ein alternatives nationales Großkundenangebot auf der Grundlage des regionalen Großkundenprodukts von Telefónica ersetzt worden ist. Erst ab Februar 2005 war die Zahl der entbündelten Teilnehmeranschlüsse von France Telecom erheblich gestiegen, während die Zahl der alternativen nationalen Großkundenangebote, die auf dem regionalen Großkundenprodukt von Telefónica beruhten, zurückgegangen ist. Darüber hinaus hat Ya.com bis zum letzten Quartal 2004 ausschließlich das nationale Großkundenprodukt von Telefónica gekauft und erst von Juli 2005 an mit der Übernahme von Albura begonnen, verstärkt die entbündelten Teilnehmeranschlüsse zu verwenden.

83      Ferner kann, wie die Kommission festgestellt hat, eine solche optimale Kombination nur von den Wettbewerbern von Telefónica verwendet werden, die über ein Netz verfügen, das ihnen die Entbündelung der Teilnehmeranschlüsse ermöglicht, nicht aber von den potenziellen Wettbewerbern von Telefónica.

84      Das Vorbringen des Königreichs Spanien, eine mögliche optimale Kombination von Großkundenprodukten verhindere die Bildung einer Kosten-Preis-Schere, steht im Widerspruch zu den Telefónica durch die CMT auferlegten rechtlichen Verpflichtungen die u. a. besagen, alle ihre Endkundenangebote auf der Grundlage ihres regionalen Großkundenprodukts sollten replizierbar sein (114. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Insofern ist das Königreich Spanien zudem in seiner Erwiderung und in der mündlichen Verhandlung der beispielhaften Bezugnahme der Kommission auf die Entscheidungen der CMT vom 8., 22. und 28. Juli, 21. Oktober, 11. November und 20. Dezember 2004 nicht entgegengetreten, mit denen die CMT neue Geschäftsangebote von Telefónica untersagt hat, die keine hinreichende Marge zwischen ihren Endkundenpreisen und den regionalen Großkundenpreisen lassen (vgl. auch 115. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

85      Drittens tritt das Königreich Spanien, wie die Kommission zutreffend ausführt, nicht deren Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung zu den berechneten Kosten und zur Höhe des Endkundenpreises in Spanien entgegen. Es beschränkt sich auf den Hinweis, dass sich das Vorliegen von Berechnungsfehlern in der angefochtenen Entscheidung daraus ergebe, dass die Kosten für den Zugang zu ADSL‑IP Total (zwischen 2001 und 2004) und ADSL‑IP (zwischen 2002 und 2004) niedriger als die Kosten von GigADSL gewesen seien, das seit dem letzten Quartal 2002 jedoch das von den alternativen Betreibern am meisten genutzte Produkt gewesen sei (99. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung); dies sei „offensichtlich irrational“. Das Königreich Spanien macht jedoch keine Angaben dazu, inwiefern eine solche Behauptung die Rechtswidrigkeit der von der Kommission vorgenommenen Berechnungen oder das Fehlen der Wirkung einer Kosten-Preis-Schere belegen können soll.

86      Viertens beruft sich das Königreich Spanien zwar auf einen Vergleich der Großkunden- und der Endkundenpreise in Frankreich, führt aber nicht aus, inwiefern dieser Vergleich die Rechtswidrigkeit der von der Kommission vorgenommenen Kostenberechnung im Zusammenhang mit der Feststellung einer Kosten-Preis-Schere auf dem spanischen Markt belegen können soll. Folglich ist dieses Vorbringen zurückzuweisen.

87      Nach alledem ist der zweite Teil des zweiten Klagegrundes des Königreichs Spanien, wie er in Randnr. 80 des vorliegenden Urteils dargestellt wird, ebenfalls zurückzuweisen.

88      Als Drittes macht das Königreich Spanien geltend, dass die Prüfung der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen von Telefónica fehlerhaft sei.

89      Indem Art. 82 EG die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung verbietet, soweit dadurch der Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt werden kann, erfasst nach der Rechtsprechung die Vorschrift die Verhaltensweisen eines Unternehmens in einer marktbeherrschenden Stellung, die einen Markt beeinflussen können, auf dem der Wettbewerb gerade wegen der Anwesenheit des fraglichen Unternehmens bereits geschwächt ist, und die die Aufrechterhaltung des auf dem Markt noch bestehenden Wettbewerbs oder dessen Entwicklung durch die Verwendung von Mitteln behindern, die von den Mitteln eines normalen Produkt- oder Dienstleistungswettbewerbs auf der Grundlage der Leistungen der Unternehmen abweichen (vgl. Urteil vom 14. Oktober 2010, Deutsche Telekom/Kommission, oben in Randnr. 50 angeführt, Randnr. 174 und die dort angeführte Rechtsprechung).

90      Die Wirkung, von der in der vorstehend angeführten Rechtsprechung die Rede ist, betrifft nicht unbedingt die konkrete Folge des beanstandeten missbräuchlichen Verhaltens. Für die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 82 EG genügt der Nachweis, dass das missbräuchliche Verhalten des Unternehmens in beherrschender Stellung darauf gerichtet ist, den Wettbewerb zu beschränken, oder anders ausgedrückt, dass das Verhalten eine solche Wirkung haben kann (Urteile des Gerichts vom 30. September 2003, Michelin/Kommission, T‑203/01, Slg. 2003, II‑4071, Randnr. 239, vom 17. Dezember 2003, British Airways/Kommission, T‑219/99, Slg. 2003, II‑5917, Randnr. 293, und Microsoft/Kommission, oben in Randnr. 43 angeführt, Randnr. 867). Demzufolge muss die wettbewerbswidrige Wirkung der betreffenden Preispolitik auf dem Markt vorliegen, wenn auch nicht unbedingt im konkreten Fall, denn es genügt der Nachweis einer potenziellen wettbewerbswidrigen Wirkung, durch die zumindest ebenso effiziente Wettbewerber wie das beherrschende Unternehmen verdrängt werden könnten (Urteil TeliaSonera Sverige, oben in Randnr. 51 angeführt, Randnr. 64).

91      Ebenfalls nach der in Randnr. 51 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs sind für die Feststellung, ob das Unternehmen in beherrschender Stellung diese Stellung durch die Anwendung seiner Preispolitik missbräuchlich ausgenutzt hat, sämtliche Umstände zu berücksichtigen und muss untersucht werden, ob diese Verhaltensweise darauf abzielt, dem Abnehmer durch die Gewährung eines Vorteils, der nicht auf einer ihn rechtfertigenden wirtschaftlichen Leistung beruht, die Wahl zwischen mehreren Bezugsquellen unmöglich zu machen oder zu erschweren, den Konkurrenten den Zugang zum Markt zu verwehren, Handelspartnern für gleichwertige Leistungen ungleiche Bedingungen aufzuerlegen und ihnen damit einen Wettbewerbsnachteil zuzufügen oder die beherrschende Stellung durch einen verfälschten Wettbewerb zu stärken.

92      Da Art. 82 EG somit nicht nur Verhaltensweisen erfasst, durch die den Verbrauchern ein unmittelbarer Schaden erwachsen kann, sondern auch solche, die sie durch die Beeinträchtigung des Wettbewerbs schädigen, trägt das Unternehmen, das eine beherrschende Stellung innehat, eine besondere Verantwortung dafür, dass es durch sein Verhalten einen wirksamen und unverfälschten Wettbewerb auf dem Gemeinsamen Markt nicht beeinträchtigt (vgl. Urteil vom 14. Oktober 2010, Deutsche Telekom/Kommission, oben in Randnr. 50 angeführt, Randnr. 176 und die dort angeführte Rechtsprechung).

93      Folglich verbietet Art. 82 EG einem beherrschenden Unternehmen insbesondere eine Preispolitik, die für seine gegenwärtigen oder potenziellen ebenso effizienten Wettbewerber eine Verdrängungswirkung entfaltet, d. h. eine Verhaltensweise, die geeignet ist, seinen Wettbewerbern den Zugang zum Markt und seinen Vertragspartnern die Wahl zwischen mehreren Bezugsquellen oder Handelspartnern zu erschweren oder gar unmöglich zu machen, und damit seine Stellung stärkt, indem andere Mittel als diejenigen eines Leistungswettbewerbs herangezogen werden. Aus dieser Sicht kann nicht jeder Preiswettbewerb als zulässig angesehen werden (vgl. Urteil vom 14. Oktober 2010, Deutsche Telekom/Kommission, oben in Randnr. 50 angeführt, Randnr. 177 und die dort angeführte Rechtsprechung).

94      Auch wenn der Gerichtshof im Urteil TeliaSonera Sverige (oben in Randnr. 51 angeführt, Randnr. 69) festgestellt hat, dass die Unentbehrlichkeit des Großkundenprodukts bei der Beurteilung der Auswirkungen der Margenbeschneidung relevant sein kann, ist hierzu, wie die Kommission zutreffend ausgeführt und das Königreich Spanien in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt hat, festzustellen, dass dieses zum einen mit der Berufung auf die Unentbehrlichkeit der Großkundenprodukte lediglich das Vorliegen einer gegen Art. 82 EG verstoßenden Margenbeschneidung überhaupt widerlegen wollte (siehe oben, Randnr. 65) und zum anderen die Rechtmäßigkeit der Erwägungsgründe 543 bis 563 der angefochtenen Entscheidung nicht in Frage gestellt hat, denen zufolge das Verhalten von Telefónica geeignet war, den Wettbewerb auf den relevanten Märkten zu beeinträchtigen.

95      Da sich, wenn bestimmte Gründe einer Entscheidung diese für sich genommen rechtlich hinreichend rechtfertigen können, etwaige Mängel der übrigen Begründung des Rechtsakts nach gefestigter Rechtsprechung keinesfalls auf dessen verfügenden Teil auswirken (Urteil des Gerichts vom 21. September 2005, EDP/Kommission, T‑87/05, Slg. 2005, II‑3745, Randnr. 144; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juli 2001, Kommission und Frankreich/TF1, C‑302/99 P und C‑308/99 P, Slg. 2001, I‑5603, Randnrn. 26 bis 29), muss das Vorbringen des Königreichs Spanien, es fehle der Beweis für die konkreten Auswirkungen des Verhaltens von Telefónica auf dem Markt im Rahmen der Feststellung des behaupteten Verstoßes in der vorliegenden Rechtssache, als ins Leere gehend zurückgewiesen werden.

96      Daher ist der dritte Teil des zweiten Klagegrundes des Königreichs Spanien, wie er in Randnr. 88 des vorliegenden Urteils dargestellt wird, und somit dieser Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Ultra-vires-Anwendung von Art. 82 EG

97      Das Königreich Spanien macht eine Ultra-vires-Anwendung von Art. 82 EG durch die Kommission geltend.

98      In ihrer Klagebeantwortung hat die Kommission ausgeführt, dass sich aus der Angabe, sie habe ihre Befugnisse ultra vires ausgeübt, nicht hinreichend klar ergebe, ob sich der Klagegrund des Königreichs Spanien auf einen Zuständigkeitsfehler oder auf einen Ermessensmissbrauch beziehe. Der vorliegende Klagegrund könne daher als unzulässig aufgrund fehlender Klarheit der Klageschrift erklärt werden. Die fehlende Klarheit beeinträchtige ihre Verteidigungsrechte, da der Zuständigkeitsfehler und der Ermessensmissbrauch Gegenstand unterschiedlicher Prüfkriterien seien.

99      Hierzu ist festzustellen, dass das Königreich Spanien in seinen Schriftsätzen fünf Argumente zur Begründung seines auf eine Ultra-vires-Anwendung von Art. 82 EG gestützten Klagegrundes vorgetragen hat. Erstens stimme die spanische Regelung mit den Zielen der europäischen Richtlinien überein. Daher hätte die Kommission keine Entscheidung nach Art. 82 EG, sondern nach Art. 226 EG erlassen oder auf einen der in Art. 7 der Rahmenrichtlinie vorgesehenen Mechanismen zurückgreifen müssen. Zweitens habe die Kommission den in Spanien bestehenden Rechtsrahmen durch einen neuen Rechtsrahmen ersetzt. Drittens schaffe die angefochtene Entscheidung eine Situation, die nicht den Zielen der Regulierungspolitik entspreche, die die nationalen Regulierungsbehörden verfolgen müssten, und die Ergebnisse der angefochtenen Entscheidung entsprächen nicht „internationaler regulatorischer Erfahrung“. Viertens hindere die Kommission die nationale Regulierungsbehörde in Spanien de facto daran, die in dem Rechtsrahmen für die elektronische Kommunikation festgelegten Ziele zu erreichen, und der angefochtenen Entscheidung lasse „sich entnehmen, dass die Regelungstätigkeit Art. 82 EG nicht beachte“. Fünftens schließlich werde der Grundsatz der Spezialität verletzt, da die Vorschriften zur elektronischen Kommunikation den Wettbewerbsvorschriften vorgingen.

100    Es ist festzustellen, dass die im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes geltend gemachten Argumente sich im Wesentlichen auf einen Zuständigkeitsmangel, auf einen Ermessensmissbrauch oder teilweise sogar auf einen Verstoß gegen Art. 82 EG zu beziehen scheinen.

101    Hierzu hat das Königreich Spanien in seiner Erwiderung ausdrücklich festgestellt und in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass es im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes weder die Unzuständigkeit der Kommission noch einen Ermessensmissbrauch, sondern eine Anwendung von Art. 82 EG geltend mache, „die über dessen Wortlaut hinausgehe“. Insbesondere hat es in der mündlichen Verhandlung auch darauf hingewiesen, dass die Kommission nach diesem Klagegrund ultra vires gehandelt habe, indem sie in einen ausreichend geregelten Markt verspätet eingegriffen habe.

102    Das Königreich Spanien hat jedoch keine Angaben zu den Gründen gemacht, aus denen die Kommission vorliegend „eine Anwendung von Art. 82 EG, die über dessen Wortlaut hinausgehe“, vorgenommen haben soll. Es hat auch nicht angegeben, wodurch sich die im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes geltend gemachten Argumente von denjenigen unterscheiden, die im Rahmen der anderen Klagegründe der vorliegenden Klage vorgetragen worden sind.

103    Jede Klageschrift muss gemäß Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung den Streitgegenstand angeben und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es nach dieser Vorschrift für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen die Klage beruht, zumindest in gedrängter Form, jedenfalls aber zusammenhängend und verständlich, aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst hervorgehen müssen (vgl. Urteil des Gerichts vom 17. Dezember 2010, EWRIA u. a./Kommission, T‑369/08, Slg. 2010, I‑6283, Randnr. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

104    Überdies muss nach der Rechtsprechung die kurze Darstellung der Klagegründe so klar und deutlich sein, dass der Beklagte seine Verteidigung vorbereiten und das Gericht, gegebenenfalls ohne Einholung weiterer Informationen, über die Klage entscheiden kann. Entsprechende Anforderungen sind an ein Vorbringen zur Stützung eines Klagegrundes zu stellen (vgl. Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2005, Honeywell/Kommission, T‑209/01, Slg. 2005, II‑5527, Randnr. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

105    Angesichts des Vorstehenden und da das Königreich Spanien ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass es weder eine Unzuständigkeit der Kommission noch einen Ermessensmissbrauch geltend mache, ist festzustellen, dass der vorliegende Klagegrund keine Darlegung schlüssiger rechtlicher Argumente enthält, die sich konkret gegen die Feststellungen der angefochtenen Entscheidung wenden. Dieser Klagegrund ist daher zu unbestimmt, als dass über ihn entschieden werden könnte, so dass er für unzulässig zu erklären ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 2. Oktober 2003, Thyssen Stahl/Kommission, C‑194/99 P, Slg. 2003, I‑10821, Randnrn. 105 f.).

 Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit

106    Das Königreich Spanien macht im Wesentlichen geltend, dass die Kommission mit dem Erlass der angefochtenen Entscheidung gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen habe, da diese Entscheidung eine nachträgliche Änderung der Gestaltung des ex ante festgelegten Rechtsrahmens verlange. Die angefochtene Entscheidung verstoße gegen den Rechtsrahmen, nach Maßgabe dessen die Betreiber im Bereich der elektronischen Kommunikation umfangreiche langfristige Investitionen geplant hätten, was für die Wirtschaftsteilnehmer eine erhebliche Unsicherheit entstehen lasse. Durch die angefochtene Entscheidung sei die Kommission zu einer Einrichtung geworden, die die Verwaltungstätigkeit der nationalen Regulierungsbehörden überprüfen dürfe, was zur Folge habe, dass eine doppelte Preisregelung eingeführt werde. Im geprüften Zeitraum habe es in Spanien auch eine umfangreiche Vorabregulierung gegeben, und es habe nach Art. 7 der Rahmenrichtlinie der Kommission oblegen, die regulatorischen Maßnahmen der CMT zu überprüfen. Die Kommission sei nicht durch die jährlichen Umsetzungsberichte oder eine Verletzungsklage gegen das Königreich Spanien den von der CMT geschaffenen Regulierungsinstrumenten oder deren Verhalten auf dem Markt entgegengetreten. Die Beeinträchtigung der Rechtssicherheit hätte angesichts der in der angefochtenen Entscheidung zum Ausdruck gekommenen Unterschiede in Bezug auf die Definition der Märkte oder die Untersuchungsmethode, die die nationalen Regulierungsbehörden im Rahmen der Vorabprüfung anwenden dürften, auch „künftige Folgen“.

107    Es ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet, dass Rechtsvorschriften klar und bestimmt sind, und gewährleisten soll, dass Tatbestände und Rechtsbeziehungen, die unter das Unionsrecht fallen, voraussehbar sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 18. November 2008, Förster, C‑158/07, Slg. 2008, I‑8507, Randnr. 67; Urteile des Gerichts vom 12. Dezember 2007, Italien/Kommission, T‑308/05, Slg. 2007, II‑5089, Randnr. 158, und vom 13. November 2008, SPM/Rat und Kommission, T‑128/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 147)

108    Dieser Grundsatz ist im vorliegenden Fall nicht verletzt. Der Klagegrund des Königreichs Spanien stützt sich nämlich, wie die Kommission feststellt, auf die fehlerhafte Annahme, dass die Kommission den Rechtsrahmen nachträglich geändert habe, was nicht erwiesen ist.

109    Erstens ist festzustellen, dass die sektorspezifische Regelung, auf die sich das Königreich Spanien beruft, in keiner Weise die Zuständigkeit beeinträchtigt, die die Kommission zur Feststellung der Verstöße gegen die Art. 81 EG und 82 EG unmittelbar aus Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 [EG] und 86 [EG] (ABl. 1962, 13, S. 204) und seit dem 1. Mai 2004 aus Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 ableitet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. April 2008, Deutsche Telekom/Kommission, oben in Randnr. 60 angeführt, Randnr. 263).

110    Wie bereits in Randnr. 56 des vorliegenden Urteils festgestellt, ergänzen nämlich die Wettbewerbsvorschriften des EG-Vertrags im Wege der Ausübung einer nachträglichen Kontrolle den vom Unionsgesetzgeber gesetzten Rechtsrahmen für die Vorabregulierung der Telekommunikationsmärkte (Urteil vom 14. Oktober 2010, Deutsche Telekom/Kommission, oben in Randnr. 50 angeführt, Randnr. 92).

111    Da Telefónica über einen Handlungsspielraum verfügte, um die Kosten-Preis-Schere zu vermeiden (siehe auch oben, Randnrn. 27 und 50), fällt ihr in der angefochtenen Entscheidung mit einer Geldbuße belegtes Verhalten in den Anwendungsbereich von Art. 82 EG (vgl. in diesem Sinne auch Schlussanträge von Generalanwalt Mazák in der Rechtssache Deutsche Telekom/Kommission, oben in Randnr. 50 angeführt, Nrn. 15 und 19).

112    Darüber hinaus kann dieser Rechtsrahmen die primärrechtlich in den Art. 83 EG und 85 EG festgelegte Zuständigkeitsverteilung für die Anwendung von Art. 82 EG tangieren (vgl. auch Schlussanträge von Generalanwalt Mazák in der Rechtssache Deutsche Telekom/Kommission, oben in Randnr. 50 angeführt, Nr. 19).

113    Zweitens kann das Königreich Spanien nicht geltend machen, die Kommission habe gemäß Art. 7 der Rahmenrichtlinie die von der CMT erlassenen regulatorischen Maßnahmen zu überprüfen. Wie die Kommission in ihren Schriftsätzen festgestellt hat, wurden ihr nach Maßgabe des in dieser Vorschrift vorgesehenen Verfahrens nur die Maßnahmen übermittelt, die die CMT im Juni 2006 im Anschluss an die Umsetzung des neuen Rechtsrahmens für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste erlassen hatte.

114    Drittens kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Verstoß gegen die Rechtssicherheit angesichts der in der angefochtenen Entscheidung zum Ausdruck gekommenen Unterschiede in Bezug auf die Definition der Märkte oder die Untersuchungsmethode, die die nationalen Regulierungsbehörden im Rahmen der Vorabprüfung anwenden dürfen, „künftige Folgen“ hätte. Wie insbesondere aus Art. 15 der Rahmenrichtlinie hervorgeht, werden die Märkte für elektronische Kommunikationsprodukte und ‑dienste, deren Merkmale die Auferlegung der in den Einzelrichtlinien dargelegten Verpflichtungen rechtfertigen, unbeschadet der Märkte aufgeführt, die in bestimmten Fällen nach dem Wettbewerbsrecht definiert werden können. Ebenso wird in Nr. 28 der Leitlinien der Kommission zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste (ABl. 2002, C 165, S. 6) ausgeführt, dass sich die Marktdefinitionen, die nach dem neuen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste festgelegt werden, selbst in vergleichbaren Bereichen in einigen Fällen von denen der Wettbewerbsbehörden unterscheiden können.

115    Viertens schließlich ist zum Vorbringen des Königreichs Spanien, die Kommission hätte gegen das Königreich Spanien eine Verletzungsklage nach Art. 226 EG einreichen müssen, wenn sie zu dem Schluss gelangt wäre, dass die Entscheidungen der CMT als einer mitgliedstaatlichen Einrichtung die Vermeidung einer Kosten-Preis-Schere ausgeschlossen und daher den genannten Rechtsrahmen nicht beachtet hätten, zum einen darauf hinzuweisen, dass sich der angefochtenen Entscheidung keine solche Feststellung der Kommission entnehmen lässt. Zum anderen kann, selbst wenn die CMT eine Vorschrift des Unionsrechts verletzt haben sollte und die Kommission daher ein Verletzungsverfahren gegen das Königreich Spanien hätte einleiten können, dies in keiner Weise die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung beeinträchtigen. Die Kommission hat sich in dieser Entscheidung auf die Feststellung beschränkt, dass Telefónica gegen Art. 82 EG verstoßen habe, eine Bestimmung, die sich nicht an die Mitgliedstaaten richtet, sondern allein an Wirtschaftsteilnehmer (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. April 2008, Deutsche Telekom/Kommission, oben in Randnr. 60 angeführt, Randnr. 271). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs steht es im Übrigen nach dem System des Art. 226 EG im Ermessen der Kommission, eine Vertragsverletzungsklage zu erheben, und es ist nicht Sache der Unionsgerichte, die Zweckmäßigkeit der Ausübung dieses Ermessens zu beurteilen (Urteil vom 14. Oktober 2010, Deutsche Telekom/Kommission, oben in Randnr. 50 angeführt, Randnr. 47).

116    Daher ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes

117    Das Königreich Spanien macht geltend, dass die Kommission durch die in einem Bereich angenommene Entscheidung, der bereits durch die CMT geregelt worden sei, den Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht nur in Bezug auf den mit der Geldbuße belegten Betreiber verletzt habe, sondern auch in Bezug auf die übrigen Betreiber auf diesem Markt, die geglaubt hätten, unter dem Schutz des von der CMT aufgestellten sektorspezifischen Rahmens für den Großkunden-Zugang zu handeln. Der Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes sei besonders eindeutig, da die CMT Einzelmaßnahmen in Bezug auf das kommerzielle Angebot von Telefónica ergriffen habe. Daher verstoße die angefochtene Entscheidung gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, indem sie feststelle, dass der Umstand, dass ein Betreiber sich dem von einer nationalen Regulierungsbehörde aufgestellten Rahmen anpasse, nicht ausreiche, um davon auszugehen, dass dieses Verhalten rechtmäßig sei.

118    Es ist zu beachten, dass die Möglichkeit, sich auf den Schutz des berechtigten Vertrauens zu berufen, für jeden Wirtschaftsteilnehmer besteht, bei dem ein Gemeinschaftsorgan begründete Erwartungen geweckt hat. Außerdem spricht nichts dagegen, dass ein Mitgliedstaat im Rahmen einer Nichtigkeitsklage geltend macht, dass ein Rechtsakt der Organe das berechtigte Vertrauen bestimmter Wirtschaftsteilnehmer verletzt (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 19. November 1998, Spanien/Rat, C‑284/94, Slg. 1998, I‑7309, Randnr. 42, und vom 10. März 2005, Spanien/Rat, C‑342/03, Slg. 2005, I‑1975, Randnr. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

119    Wenn diese Wirtschaftsteilnehmer jedoch in der Lage sind, den Erlass einer Unionsmaßnahme vorherzusehen, die ihre Interessen berührt, so ist eine Berufung auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht möglich (vgl. Urteil vom 10. März 2005, Spanien/Rat, oben in Randnr. 118 angeführt, Randnr. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

120    Hier ist bereits in den vorstehenden Randnrn. 109 bis 111 darauf hingewiesen worden, dass die sektorspezifische Regelung, auf die sich das Königreich Spanien bezieht, die Zuständigkeit der Kommission zur Feststellung von Verstößen gegen die Art. 81 EG und 82 EG nicht beeinträchtigt und dass das in der angefochtenen Entscheidung mit einer Geldbuße belegte Verhalten von Telefónica in den Anwendungsbereich von Art. 82 EG fällt. Das Eingreifen der Kommission nach Art. 82 EG kann daher nicht als unvorhersehbar angesehen werden.

121    Auch wenn die CMT, wie das Königreich Spanien hervorgehoben hat, insbesondere zur Vermeidung einer Kosten-Preis-Schere tatsächlich Einzelmaßnahmen in Bezug auf das kommerzielle Angebot von Telefónica getroffen hat, ist darauf hinzuweisen, dass die CMT keine Wettbewerbsbehörde, sondern eine Regulierungsbehörde ist und dass sie zu keinem Zeitpunkt eingeschritten ist, um die Einhaltung von Art. 82 EG durchzusetzen, oder Entscheidungen in Bezug auf die Verhaltensmaßnahmen erlassen hat, die durch die angefochtene Entscheidung mit einer Geldbuße belegt worden sind (Erwägungsgründe 678 und 683 der angefochtenen Entscheidung). Außerdem hat das Königreich Spanien, wie in Randnr. 52 des vorliegenden Urteils ausgeführt, nicht bestritten, dass die CMT das Bestehen einer Kosten-Preis-Schere im fraglichen Zeitraum zwischen dem nationalen Großkundenprodukt von Telefónica und ihren Endkundenprodukten nicht geprüft hat und dass die Prüfung einer Kosten-Preis-Schere zwischen dem nationalen Großkundenprodukt von Telefónica und ihren Endkundenprodukten zu keiner Zeit auf der Grundlage der tatsächlich bei Telefónica in der Vergangenheit angefallenen Kosten, sondern nur auf der Grundlage von Ex-ante-Schätzungen erfolgt ist (Erwägungsgründe 726 f. der angefochtenen Entscheidung).

122    Nach alledem konnten weder die Entscheidungen der CMT noch der von ihr errichtete Rechtsrahmen ein berechtigtes Vertrauen bei Telefónica und den anderen Betreibern darauf entstehen lassen, dass ein Verhalten, das diese Entscheidungen oder diesen Rechtsrahmen beachtet, Art. 82 EG entspricht.

123    Somit ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen, und die Klage ist insgesamt abzuweisen.

 Kosten

124    Gemäß Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung hat die unterliegende Partei auf Antrag die Kosten zu tragen.

125    Da die Klägerin mit ihren Anträgen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Das Königreich Spanien trägt die Kosten.

Truchot

Martins Ribeiro

Kanninen

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 29. März 2012.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Spanisch.