Language of document : ECLI:EU:F:2009:118

BESCHLUSS DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST DER EUROPÄISCHEN UNION (Zweite Kammer)

17. September 2009(*)

„Öffentlicher Dienst – Zwischenstreit – Einrede der Unzulässigkeit – Versäumnisverfahren“

In der Rechtssache F‑132/07

betreffend eine Klage nach den Art. 236 EG und 152 EA,

Guido Strack, ehemaliger Beamter der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, wohnhaft in Köln (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt H. Tettenborn,

Kläger,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Currall und B. Eggers als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen (Berichterstatter), der Richterin I. Boruta und des Richters S. Van Raepenbusch,

Kanzlerin: W. Hakenberg,

folgenden

Beschluss

1        Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat im Rahmen der von Herrn Strack am 22. Oktober 2007 erhobenen Klage mit besonderem Schriftsatz, der am 29. Mai 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist (die Urschrift ist am 30. Mai 2008 eingegangen), gemäß Art. 78 der Verfahrensordnung eine Unzulässigkeitseinrede gegen diese Klage erhoben.

2        Das Gericht hat den Kläger am 12. Juni 2008 aufgefordert, zu der Unzulässigkeitseinrede bis zum 7. Juli 2008 Stellung zu nehmen.

3        Mit Schreiben vom 19. Juni 2008, das am selben Tag mit Fernkopie bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist (die Urschrift ist am 25. Juni 2008 eingegangen), hat der Kläger beantragt, die Entscheidung des Gerichts, mit der ihm eine Frist zur Stellungnahme zu der von der Kommission erhobenen Unzulässigkeitseinrede bis zum 7. Juli 2008 gesetzt wurde, aufzuheben, hilfsweise, die Frist zu verlängern. Außerdem hat er beantragt, in der vorliegenden Rechtssache ein Versäumnisurteil zu erlassen.

4        In demselben Schreiben vom 19. Juni 2008 macht der Kläger geltend, dass die von der Kommission erhobene Unzulässigkeitseinrede offensichtlich unzulässig sei, da sie nicht innerhalb der in Art. 78 Abs. 1 der Verfahrensordnung festgelegten Frist von einem Monat nach Zustellung der Klageschrift erhoben worden sei.

5        Am 1. Juli 2008 hat das Gericht den Parteien mitgeteilt, dass das Schreiben des Klägers vom 19. Juni 2008 zu den Akten zu nehmen war und als Antrag auf Verlängerung der Frist für die Einreichung einer Stellungnahme zur Unzulässigkeitseinrede anzusehen war. Später hat das Gericht dem Kläger eine neue Frist zur Stellungnahme bis zum 2. September 2008 gesetzt. Der Kläger hat seine Stellungnahme am 1. September 2008 eingereicht und darin seine mit Schreiben vom 19. Juni 2008 gestellten Anträge aufrechterhalten. Hilfsweise macht er geltend, dass die Unzulässigkeitseinrede unbegründet und die Klage zulässig sei.

6        Die Klage ist in der vorliegenden Rechtssache am 30. November 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen (die Urschrift ist am 4. Dezember 2008 eingegangen), d. h., nachdem die im Amtsblatt der Europäischen Union vom 29. August 2007 (ABl. L 225, S. 1) veröffentlichte Verfahrensordnung am 1. November 2007 in Kraft getreten ist.

7        Art. 78 Abs. 1 der Verfahrensordnung bestimmt, dass der Antrag auf Entscheidung über eine Vorfrage innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klageschrift zu stellen ist.

8        Die Klageschrift wurde im vorliegenden Fall am 10. Dezember 2007 der Kommission zugestellt. Diese hat am 29. Mai 2008 beim Gericht mit besonderem Schriftsatz die Einrede der Unzulässigkeit erhoben.

9        Bei der informellen Güteverhandlung zwischen den Parteien, die am 4. Dezember 2007 vor dem Gericht stattgefunden hat, hat das Gericht jedoch beschlossen, die Frist für die Einreichung der Klagebeantwortung bis zum 29. Februar 2008 zu verlängern. Am 18. Januar 2008 hat die Kommission beantragt, die Frist für die Einreichung der Klagebeantwortung bis zum 17. April 2008 zu verlängern, und das Gericht hat diesem Antrag stattgegeben. Am 11. März 2008 schließlich hat das Gericht beschlossen, die Frist für die Einreichung der Klagebeantwortung erneut zu verlängern, und zwar bis zum 30. Mai 2008, woraufhin die Kommission am 29. Mai 2008 mit besonderem Schriftsatz ihre Unzulässigkeitseinrede erhoben hat.

10      Entgegen dem Vorbringen des Klägers kann die Tatsache, dass die Kommission vor Ablauf der verlängerten Frist für die Einreichung der Klagebeantwortung eine Unzulässigkeitseinrede gemäß Art. 78 der Verfahrensordnung erhoben hat, anstatt eine Klagebeantwortung mit einer materiell-rechtlichen Beurteilung der Rechtssache einzureichen, weder die Berechtigung ihres Verlängerungsantrags nach den einschlägigen Vorschriften der Verfahrensordnung in Frage stellen, noch lässt sie darauf schließen, dass dieser Antrag missbräuchlich wäre (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichts erster Instanz vom 10. Juli 2002, Comitato organizzatore del convegno internazionale/Kommission, T‑387/00, Slg. 2002, II‑3031, Randnr. 35).

11      Die beklagte Partei hat nämlich nach Art. 39 Abs. 1 der Verfahrensordnung innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Klageschrift eine Klagebeantwortung einzureichen. Nach Art. 39 Abs. 2 kann auf begründeten Antrag der beklagten Partei der Präsident unter außergewöhnlichen Umständen die in Abs. 1 bezeichnete Frist verlängern. Im vorliegenden Fall hat die Kommission, wie in Randnr. 9 dieses Beschlusses angegeben, für die Einreichung ihrer Klagebeantwortung eine Fristverlängerung erhalten.

12      Art. 78 der Verfahrensordnung bestimmt zwar, dass der Antrag auf Entscheidung über die Unzulässigkeit innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klageschrift zu stellen ist; daraus kann jedoch – da die Frist für die Einreichung der Klagebeantwortung verlängert wurde (Beschluss des Gerichts vom 4. Dezember 2007), bevor die Frist von einem Monat nach Zustellung der Klageschrift für die Erhebung der Unzulässigkeitseinrede (Zustellung der Klageschrift an die Kommission am 10. November 2007) abgelaufen war – nicht abgeleitet werden, dass die Kommission vor Ablauf der verlängerten Frist keine Unzulässigkeitseinrede mit besonderem Schriftsatz erheben könnte. Das Gericht hat nämlich dadurch, dass es vor Ablauf der einmonatigen Frist nach Zustellung der Klageschrift die Frist für die Einreichung der Klagebeantwortung verlängert hat, implizit zugelassen, dass die Kommission innerhalb der verlängerten Frist mit besonderem Schriftsatz eine Unzulässigkeitseinrede erhebt oder eine Klagebeantwortung einreicht.

13      Außerdem ist zu berücksichtigen, dass in der vorliegenden Rechtssache die dreimalige Fristverlängerung für die Einreichung der Klagebeantwortung zu einer Zeit gewährt wurde, als Güteverhandlungen im Gange waren.

14      Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles ist daher die von der Kommission erhobene Unzulässigkeitseinrede zulässig; demzufolge ist der Antrag des Klägers auf Erlass eines Versäumnisurteils zurückzuweisen.

15      Gemäß Art. 78 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verfahrensordnung entscheidet das Gericht, wenn die beklagte Partei mit besonderem Schriftsatz eine Unzulässigkeitseinrede erhebt, über diesen Antrag oder behält die Entscheidung dem Endurteil vor.

16      Nach Ansicht des Gerichts ist unter den Umständen des vorliegenden Falles gemäß Art. 78 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verfahrensordnung die Entscheidung über die Unzulässigkeitseinrede dem Endurteil vorzubehalten und das Verfahren fortzusetzen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

beschlossen:

1.      Der Antrag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften auf Entscheidung über die Unzulässigkeit der Klage ist zulässig.

2.      Der Antrag von Herrn Strack auf Erlass eines Versäumnisurteils wird zurückgewiesen.

3.      Die von Kommission der Europäischen Gemeinschaften beantragte Entscheidung über die Unzulässigkeit der Klage wird dem Endurteil vorbehalten.

4.      Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Luxemburg, den 17. September 2009

Die Kanzlerin

 

      Der Präsident

W. Hakenberg

 

       H. Kanninen

Die vorliegende Entscheidung sowie die darin zitierten und noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlichten Entscheidungen der Gemeinschaftsgerichte sind auf der Internetseite des Gerichtshofs verfügbar: www.curia.europa.eu


* Verfahrenssprache: Deutsch.