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Vorabentscheidungsersuchen des Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande), eingereicht am 17. Dezember 2019 – Stichting Waternet/MG

(Rechtssache C-922/19)

Verfahrenssprache: Niederländisch

Vorlegendes Gericht

Hoge Raad der Nederlanden

Parteien des Ausgangsverfahrens

Kassationsbeschwerdeführerin: Stichting Waternet

Kassationsbeschwerdegegner: MG

Vorlagefragen

Sind Art. 9 der Fernabsatzrichtlinie1 und Art. 27 der Verbraucherrechte-Richtlinie2 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 5 und Anhang I Nr. 29 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken3 dahin auszulegen, dass eine unbestellte Lieferung von Trinkwasser im Sinne dieser Vorschriften vorliegt, wenn die Geschäftspraxis des Trinkwasserversorgers in Folgendem besteht:

(i)    Der Trinkwasserversorger ist nach dem Gesetz a) innerhalb des ihm zugewiesenen Versorgungsgebiets für die Lieferung von Trinkwasser mittels Leitungen ausschließlich zuständig und hierzu verpflichtet sowie b) verpflichtet, Personen, die dies beantragen, ein Angebot über den Anschluss an die öffentliche Trinkwasserversorgung und die Lieferung von Trinkwasser zu machen,

(ii)    der Trinkwasserversorger erhält den Anschluss der Wohnung des Verbrauchers an die öffentliche Trinkwasserversorgung, so wie er vor dem Bezug der Wohnung durch den Verbraucher bestand, aufrecht, wodurch die Wasserleitungen in der Wohnung des Verbrauchers unter Druck stehen und der Verbraucher nach Vornahme einer aktiven und bewussten Handlung – die im Aufdrehen des Wasserhahns oder in einer damit gleichzustellenden Handlung besteht – gegebenenfalls Trinkwasser entnehmen kann, auch nachdem er mitgeteilt hat, dass er keinen Vertrag über die Lieferung von Trinkwasser schließen wolle, und

(iii)    der Trinkwasserversorger stellt Kosten in Rechnung, soweit der Verbraucher durch die Vornahme einer aktiven und bewussten Handlung tatsächlich Trinkwasser entnommen hat, wobei die angewandten Tarife kostendeckend, transparent und nichtdiskriminierend sind, was von der öffentlichen Hand kontrolliert wird?

Stehen Art. 9 der Fernabsatzrichtlinie und Art. 27 der Verbraucherrechte-Richtlinie in Verbindung mit Art. 5 Abs. 5 und Anhang I Nr. 29 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken der Annahme entgegen, dass zwischen dem Trinkwasserversorger und dem Verbraucher ein Vertrag über die Lieferung von Trinkwasser zustande kommt, wenn (i) der Verbraucher – ebenso wie der niederländische Durchschnittsverbraucher – weiß, dass mit der Lieferung von Trinkwasser Kosten verbunden sind, (ii) der Verbraucher trotzdem über einen langen Zeitraum systematisch Trinkwasser verbraucht, (iii) der Verbraucher, auch nachdem er vom Trinkwasserversorger ein Willkommensschreiben, Rechnungen und Mahnungen erhalten hat, seinen Wasserverbrauch fortsetzt und (iv) der Verbraucher, nachdem eine richterliche Genehmigung zur Stilllegung des Trinkwasseranschlusses der Wohnung erteilt worden ist, mitteilt, dass er doch einen Vertrag mit dem Trinkwasserversorger wolle?

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1     Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. 1997, L 144, S. 19).

2     Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2011, L 304, S. 64).

3     Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) (ABl. 2005, L 149, S. 22).