Language of document : ECLI:EU:F:2014:41

BESCHLUSS DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST DER EUROPÄISCHEN UNION

(Erste Kammer)

20. März 2014

Rechtssache F‑84/10 DEP

Efstratios Chatzidoukakis

gegen

Europäische Kommission

„Öffentlicher Dienst – Verfahren – Kostenfestsetzung“

Gegenstand:      Antrag der Europäischen Kommission auf Festsetzung der Kosten nach Art. 92 Abs. 1 der Verfahrensordnung im Anschluss an das Urteil des Gerichts vom 5. Juni 2012, Chatzidoukakis/Kommission (F‑84/10)

Entscheidung:      Der Gesamtbetrag der der Europäischen Kommission vom Antragsteller in der Rechtssache F‑84/10 zu erstattenden Kosten wird auf 2 555,50 Euro zuzüglich Verzugszinsen in Höhe des auf der Grundlage des von der Europäischen Zentralbank für die wesentlichen Refinanzierungsgeschäfte festgesetzten, während des betreffenden Zeitraums anwendbaren Zinssatzes zuzüglich zwei Prozentpunkten von der Zustellung des vorliegenden Beschlusses an bis zur Zahlung festgesetzt.

Leitsätze

1.      Gerichtliches Verfahren – Kosten – Festsetzung – Erstattungsfähige Kosten – Begriff – Notwendige Aufwendungen der Parteien – Kosten für die externe Übersetzung von durch die Organe der Union im Verfahren vorgelegten Schriftstücken – Ausschluss

(Verordnung Nr. 1 des Rates, Art. 1; Verfahrensordnung des Gerichts für den öffentlichen Dienst, Art. 91 Buchst. b)

2.      Gerichtliches Verfahren – Kosten – Festsetzung – Erstattungsfähige Kosten – Notwendige Aufwendungen der Parteien – Von einem Organ an seinen Rechtsanwalt gezahltes Honorar – Einbeziehung – Bei der Festsetzung zu berücksichtigende Gesichtspunkte

(Satzung des Gerichtshofs, Art. 19 Abs. 1 und Anhang I, Art. 7 Abs. 1; Verfahrensordnung des Gerichtshofs, Art. 144 Buchst. b und 145 Abs. 1)

1.      Aus Art. 91 Buchst. b der Verfahrensordnung des Gerichts für den öffentlichen Dienst ergibt sich, dass die erstattungsfähigen Kosten zum einen auf die Aufwendungen für das Verfahren vor dem Gericht und zum anderen auf die für diese Zwecke notwendigen Aufwendungen beschränkt sind.

Die Kosten für die externe Übersetzung von durch die Organe der Union vor dem Gericht für den öffentlichen Dienst vorgelegten Verfahrensschriftstücken können nicht als für das Verfahren notwendige Aufwendungen und damit auch nicht als erstattungsfähige Kosten angesehen werden. Die Organe müssen von jedem von ihnen verfassten Verfahrensschriftstück Übersetzungen vorlegen. Diese den Organen der Union durch die Verfahrensordnung auferlegte Verpflichtung geht darauf zurück, dass die Organe in einer Umgebung der Mehrsprachigkeit tätig sind und über die erforderlichen personellen Mittel verfügen, um Verfahrensschriftstücke in alle in Art. 1 der Verordnung Nr. 1 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft genannten Sprachen übersetzen zu lassen. Diese Kosten können nicht zulasten des Beamten gehen, der das Recht hat, die Verfahrenssprache zu wählen, und der daher diskriminiert würde, wenn er die damit verbundenen Kosten tragen müsste. Im Übrigen wird von einem Anwalt nicht erwartet, dass er Unterlagen übersetzt, sondern seine Gebühren müssen seine Arbeit als Jurist im Hinblick auf die Unterstützung und Vertretung seines Mandanten widerspiegeln.

(vgl. Rn. 20 und 32)

Verweisung auf:

Gerichtshof: 26. November 2004, EIB/De Nicola, C‑198/02 P (R)‑DEP, Rn. 21

Gericht für den öffentlichen Dienst: 26. April 2010, Schönberger/Parlament, F‑7/08 DEP, Rn. 23

2.      Wie aus Art. 19 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs hervorgeht, der nach Art. 7 Abs. 1 des Anhangs I der Satzung auch auf das Gericht für den öffentlichen Dienst Anwendung findet, steht es den Organen frei, sich der Hilfe eines Anwalts zu bedienen. Dessen Vergütung fällt daher unter den Begriff der für das Verfahren notwendigen Aufwendungen, ohne dass das Organ nachweisen müsste, dass eine solche Hilfe objektiv gerechtfertigt war.

Was die Bestimmung der Höhe der Anwaltskosten betrifft, für die Ersatz verlangt werden kann, hat der Unionsrichter nicht die Vergütungen festzusetzen, die die Parteien ihren eigenen Anwälten schulden, sondern den Betrag zu bestimmen, bis zu dem die Erstattung dieser Vergütungen von der zur Tragung der Kosten verurteilten Partei verlangt werden kann. Er darf bei der Entscheidung über einen Antrag auf Kostenfestsetzung weder eine nationale Gebührenordnung für Anwälte noch eine eventuell zwischen der betroffenen Partei und ihren Bevollmächtigten oder Beiständen getroffene Gebührenvereinbarung berücksichtigen.

Da das Unionsrecht keine Gebührenordnung kennt, hat der Richter die Umstände des Einzelfalls frei zu würdigen und dabei dem Gegenstand und der Art des Rechtsstreits, seiner Bedeutung aus unionsrechtlicher Sicht sowie seinem Schwierigkeitsgrad, dem Arbeitsaufwand der tätig gewordenen Bevollmächtigten oder Beistände im Zusammenhang mit dem Verfahren und dem wirtschaftlichen Interesse der Beteiligten am Ausgang des Rechtsstreits Rechnung zu tragen.

Ebenso lässt sich der Betrag des erstattungsfähigen Honorars des Rechtsanwalts des betreffenden Organs nicht ohne Berücksichtigung der Arbeit bewerten, die die Dienststellen des Organs – auch schon vor der Anrufung des Gerichts für den öffentlichen Dienst – erbracht haben. Da nämlich die Zulässigkeit einer Klage voraussetzt, dass eine Beschwerde eingelegt und diese von der Anstellungsbehörde zurückgewiesen worden ist, sind die Dienststellen des Organs grundsätzlich in die Bearbeitung von Rechtsstreitigkeiten eingebunden, noch bevor diese vor das Gericht gebracht werden.

Was den mit dem Verfahren vor dem Gericht verbundenen Arbeitsaufwand angeht, hat der Richter die Gesamtzahl der Arbeitsstunden zu berücksichtigen, die für dieses Verfahren als objektiv notwendig angesehen werden können.

(vgl. Rn. 21 bis 24 und 29)

Verweisung auf:

Gericht für den öffentlichen Dienst: 10. November 2009, X/Parlament, F‑14/08 DEP, Rn. 22; Schönberger/Parlament, Rn. 24 und 29; 27. September 2011, De Nicola/EIB, F‑55/08 DEP, Rn. 41 und 42

Gericht der Europäischen Union: 23. März 2012, Kerstens/Kommission, T‑498/09 P‑DEP, Rn. 20; 28. Mai 2013, Marcuccio/Kommission, T‑278/07 P‑DEP, Rn. 14