Language of document : ECLI:EU:T:2019:689

URTEIL DES GERICHTS (Siebte Kammer)

24. September 2019(*)

„Unionsmarke – Nichtigkeitsverfahren – Unionsbildmarke IAK – Ältere nationale Wortmarke IAK – Institut für angewandte Kreativität – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Art. 60 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) 2017/1001 – Ernsthafte Benutzung der älteren Marke“

In der Rechtssache T‑497/18

IAK GmbH Forum International mit Sitz in Kirchzarten (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt G. Wilke,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch M. Fischer als Bevollmächtigten,

Beklagter,

anderer Beteiligter im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO:

Ulrich Schwalb, wohnhaft in Köln (Deutschland),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 11. Juni 2018 (Sache R 1511/2017‑4) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen Herrn Schwalb und IAK – Forum International


erlässt

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin V. Tomljenović, der Richterin A. Marcoulli (Berichterstatterin) und des Richters A. Kornezov,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 14. August 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 30. Oktober 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von drei Wochen nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 14. März 2011 meldete die Klägerin, die IAK GmbH – Forum International, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das folgende Bildzeichen:

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3        Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16 und 41 des Abkommens von Nizza vom 15. Juni 1957 über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 9: „Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; CDs, CD-ROMs, DVDs; Computersoftware; elektronische Publikationen (herunterladbar); Audio- und Videodateien (herunterladbar)“;

–        Klasse 16: „Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Buchbindeartikel; Fotografien; Schreibwaren; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Veröffentlichungen; Bücher“;

–        Klasse 41: „Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Unterricht, Seminaren, Workshops und Symposien, insbesondere auf dem Gebiet der Entspannung, Heilung und Meditation; Online-Publikation von elektronischen Büchern“.

4        Am 26. Juli 2011 wurde die streitige Marke für alle oben in Rn. 3 genannten Waren und Dienstleistungen als Unionsmarke unter der Nr. 9843533 eingetragen. Diese Eintragung wurde im Blatt für Unionsmarken Nr. 2011/141 vom 28. Juli 2011 veröffentlicht.

5        Am 18. Dezember 2014 stellte Herr Ulrich Schwalb beim EUIPO für alle Waren und Dienstleistungen der Klassen 16 und 41 sowie für bestimmte Waren der Klasse 9 einen Antrag auf Nichtigerklärung der angegriffenen Marke, der auf Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 60 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001) in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001) gestützt war.

6        Der Antrag auf Nichtigerklärung war auf die ältere deutsche Wortmarke IAK – Institut für angewandte Kreativität gestützt, die am 25. März 2002 unter der Nr. 30142737 u. a. für die Dienstleistungen „Organisation und Durchführung von Kolloquien, Konferenzen, Kongressen, Seminaren, Symposien, Workshops und Incentives, insbesondere im Ausbildungs- und Weiterbildungsbereich; Unterricht und Erziehung; Ausbildungsberatung, Fortbildungsberatung; Personalentwicklung durch Aus- und Fortbildung“ der Klasse 41 eingetragen worden war.

7        Auf Antrag der Klägerin forderte das EUIPO Herrn Schwalb auf, den Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke zu erbringen, auf die er seinen Nichtigkeitsantrag gemäß Art. 57 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 64 Abs. 2 und 3 der Verordnung 2017/1001) gestützt hatte.

8        Mit Entscheidung vom 17. Mai 2017 erklärte die Nichtigkeitsabteilung die angegriffene Marke in Bezug auf einen Teil der Waren und Dienstleistungen für nichtig. Sie war insbesondere der Ansicht, dass für die Dienstleistungen der Klasse 41 eine ernsthafte Benutzung der älteren Marke gegeben sei, dass die von der angegriffenen Marke erfassten Waren und Dienstleistungen, mit Ausnahme von „Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten, Buchbindeartikel, Schreibwaren“ der Klasse 16, mit den von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen identisch oder ihnen ähnlich seien und dass die einander gegenüberstehenden Zeichen bildlich und klanglich zumindest durchschnittlich ähnlich seien. Sie zog daraus den Schluss, dass Verwechslungsgefahr bestehe, da mit der angegriffenen Marke Waren und Dienstleistungen gekennzeichnet seien, bezüglich derer festgestellt worden sei, dass sie mit den von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen identisch oder ihnen ähnlich seien.

9        Am 12. Juli 2017 legte die Klägerin beim EUIPO gemäß den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001) Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung ein.

10      Mit Entscheidung vom 11. Juni 2018 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) gab die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO der Beschwerde teilweise statt. Zunächst überprüfte sie die Nachweise der Benutzung der älteren Marke und sah für alle Dienstleistungen der Klasse 41, mit Ausnahme der Dienstleistung „Erziehung“, eine ernsthafte Benutzung als nachgewiesen an. Zweitens seien alle von der angegriffenen Marke erfassten Waren und Dienstleistungen, mit Ausnahme der „Computersoftware“ in Klasse 9 und „Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten“ in Klasse 41, mit den von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen identisch oder ihnen ähnlich. Drittens seien die einander gegenüberstehenden Zeichen bildlich und klanglich in mittlerem Grade ähnlich und sei der begriffliche Vergleich dieser Zeichen neutral, weil sie keine Bedeutung hätten. Aufgrund dieser Erwägungen und der mittleren Unterscheidungskraft der älteren Marke zog sie den Schluss, dass selbst bei einem erhöhten Aufmerksamkeitsgrad des Publikums die Gefahr von Verwechslungen bestehe, da mit den Marken zumindest ähnliche Waren und Dienstleistungen gekennzeichnet seien. Deshalb hob die Beschwerdekammer die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung insoweit auf, als sie die angegriffene Marke für „Computersoftware“ in Klasse 9 und „Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten“ in Klasse 41 für nichtig erklärt hatte. Im Übrigen bestätigte sie die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung.


 Anträge der Parteien

11      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass der Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit vollumfänglich zurückgewiesen wird,

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

12      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen,

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

13      Mit ihrem ersten Antrag ersucht die Klägerin das Gericht, die angefochtene Entscheidung dadurch abzuändern, dass es den Antrag auf Nichtigerklärung zurückweist. Zu Abänderungsanträgen ergibt sich jedoch aus der ständigen Rechtsprechung, dass die Ausübung der Abänderungsbefugnis grundsätzlich auf Situationen zu beschränken ist, in denen das Gericht nach einer Überprüfung der von der Beschwerdekammer vorgenommenen Beurteilung auf der Grundlage der erwiesenen tatsächlichen und rechtlichen Umstände die Entscheidung zu finden vermag, die die Beschwerdekammer hätte erlassen müssen (Urteil vom 5. Juli 2011, Edwin/HABM, C‑263/09 P, EU:C:2011:452, Rn. 72).

14      Somit ist die von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung zu überprüfen, was bedeutet, dass zunächst die Rügen zu prüfen sind, die im Rahmen des auf einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 gestützten einzigen Klagegrundes vorgetragen worden sind, der so zu verstehen ist, dass er zur Stützung eines Antrags geltend gemacht wird, der zwangsläufig nicht nur auf die Abänderung der angefochtenen Entscheidung, sondern auch auf die teilweise Aufhebung dieser Entscheidung, soweit sie dem Antrag auf Nichtigerklärung stattgegeben hat, gerichtet ist.

15      Das Gericht stellt zunächst fest, dass es nicht erforderlich ist, die in der Klagebeantwortung des EUIPO aufgeworfene Frage zu prüfen, ob die Beschwerdekammer die Grenzen ihrer Befugnis dadurch überschritten hat, dass sie die Nachweise der ernsthaften Benutzung der älteren Marke geprüft hat, obwohl diese Frage bei ihr nicht gestellt worden sei.

16      Selbst wenn man unterstellt, dass die Beschwerdekammer – wie das EUIPO in der Klagebeantwortung geltend macht – ultra vires entschieden hat, dass für die Dienstleistung „Erziehung“ keine ernsthafte Benutzung der älteren Marke nachgewiesen wurde, wirkt sich diese Unregelmäßigkeit nämlich nicht auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung aus. So hat die Beschwerdekammer das Vorliegen von Verwechslungsgefahr bejaht, obwohl sie die mit der älteren Marke gekennzeichneten Erziehungsdienstleistungen von ihrer Prüfung ausgeschlossen und folglich nicht berücksichtigt hat, dass diese Dienstleistungen mit den von der angegriffenen Marke erfassten Erziehungsdienstleistungen identisch sind, sondern nur angenommen hat, dass zwischen den von der angegriffenen Marke erfassten Erziehungsdienstleistungen und den von der älteren Marke erfassten übrigen Dienstleistungen eine durchschnittliche Ähnlichkeit bestehe.

 Zur fehlenden ernsthaften Benutzung der älteren Marke hinsichtlich der mit ihr gekennzeichneten Dienstleistungen Unterricht

17      Die Klägerin trägt vor, dass die Person, die die Nichtigerklärung beantrage, für die ältere Marke keinen Nachweis der ernsthaften Benutzung hinsichtlich der mit ihr gekennzeichneten Dienstleistungen „Unterricht“ in Klasse 41 erbracht habe, da diese Dienstleistungen Regelmäßigkeit und Kontinuität voraussetzten, die den unter der älteren Marke erbrachten Dienstleistungen fehlten. Sie legt einen Auszug des Online-Wörterbuchs Duden vor, das Unterricht als eine planmäßige, regelmäßige Unterweisung Lernender durch einen Lehrenden definiert.

18      Das EUIPO trägt im Wesentlichen vor, dass die Parteien vor der Beschwerdekammer die Frage der ernsthaften Benutzung der älteren Marke nicht aufgeworfen hätten, so dass diese Rüge als unzulässig und jedenfalls als unbegründet und ins Leere gehend zurückzuweisen sei.

19      Die Beschwerdekammer hat in den Rn. 17 bis 20 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die zahlreichen Werbematerialien, Rechnungen und Darstellungen der geschäftlichen Aktivitäten des Inhabers der älteren Marke belegten, dass er Ausbildungs- und Unterrichtsleistungen erbracht habe, die – mit Ausnahme von Erziehungsdienstleistungen – die von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen insgesamt abdeckten, und dass er die ältere Marke für diese Dienstleistungen ernsthaft benutzt habe.

20      Insoweit ist zum einen festzustellen, dass Unterricht ebenso wie Kolloquien, Konferenzen oder Seminare, insbesondere darauf abzielt, Wissen zu vermitteln. Zum anderen enthält die vom Online-Wörterbuch Duden angegebene Definition des Unterrichts zwar den Begriff der Regelmäßigkeit der Wissensvermittlung, doch ist zu berücksichtigen, dass durch Konferenzen oder Seminare eine regelmäßige oder periodische Wissensvermittlung gewährleistet werden kann. Insoweit belegen die vom Inhaber der älteren Marke vorgelegten Rechnungen, dass er solche Dienstleistungen periodisch für mehrere Kunden erbracht hat. Zudem steht fest, dass für die Dienstleistungen, die zwingend eine regelmäßige Wissensvermittlung voraussetzen, wie die Programme zur persönlichen Entwicklung, die ernsthafte Benutzung der Marke nachgewiesen wurde.


21      Folglich hat die Beschwerdekammer beurteilungsfehlerfrei angenommen, dass die vom Inhaber der älteren Marke vorgelegten Rechnungen für Leistungen im Zusammenhang mit der Organisation von Konferenzen, Workshops, „Coaching“ und Seminaren zeigen, dass er während des maßgeblichen Zeitraums Dienstleistungen erbracht hatte, die, mit Ausnahme von Erziehungsdienstleistungen, die von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen einschließlich Unterrichtsdienstleistungen insgesamt abdecken.

22      Daher ist die Rüge einer fehlenden ernsthaften Benutzung der älteren Marke unbegründet und schon aus diesem Grund zurückzuweisen, ohne dass über ihre Zulässigkeit entschieden zu werden braucht.

 Zur fehlenden Verwechslungsgefahr

23      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass keine Verwechslungsgefahr bestehe, da das maßgebliche Publikum zumindest für die Dienstleistungen der Klasse 41 einen erhöhten Aufmerksamkeitsgrad an den Tag lege, dass die streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen keine Ähnlichkeit bzw. allenfalls eine geringe Ähnlichkeit aufwiesen und dass die einander gegenüberstehenden Zeichen nicht ähnlich seien.

24      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

25      Nach Art. 60 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 wird eine Unionsmarke auf Antrag des Inhabers einer älteren Marke für nichtig erklärt, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt.

26      Nach ständiger Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr umfassend, gemäß der Wahrnehmung der fraglichen Waren und Dienstleistungen durch das maßgebliche Publikum und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, EU:T:2003:199, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).


27      Für die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 setzt eine Verwechslungsgefahr voraus, dass eine Identität oder Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken und eine Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besteht. Es handelt sich hierbei um kumulative Voraussetzungen (vgl. entsprechend Urteil vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, EU:T:2009:14, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zum maßgeblichen Publikum

28      Nach der Rechtsprechung ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der in Frage stehenden Art von Waren abzustellen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. Urteil vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, EU:T:2007:46, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29      Zum einen ist im vorliegenden Fall die ältere Marke eine deutsche Marke. Daher ist Deutschland, wie von der Beschwerdekammer zutreffend festgestellt, das für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgebliche Gebiet, was im Übrigen von der Klägerin nicht beanstandet wird.

30      Zum anderen hat die Beschwerdekammer in Rn. 48 der angefochtenen Entscheidung angenommen, dass sich die streitigen Waren und Dienstleistungen hauptsächlich an Firmen und deren Mitarbeiter als Kunden von Ausbildungsdienstleistungen richteten. Da die Inanspruchnahme der Dienstleistungen weder langfristige Verbindlichkeiten beinhalte noch besondere Risiken mit sich bringe, könne, abgesehen von Einzelfällen, wenn es bei den Ausbildungsdienstleistungen um eine wichtige berufliche Qualifikation für den Teilnehmer gehe, nicht von einem erhöhten Aufmerksamkeitsgrad des Publikums ausgegangen werden.

31      Die Klägerin trägt vor, dass der Durchschnittsverbraucher der Dienstleistungen in Klasse 41 – seien es Fachkreise oder der breite Verkehr – einen erhöhten Aufmerksamkeitsgrad aufweise, da die Auswahl solcher Dienstleistungen regelmäßig einen langen Entscheidungsprozess voraussetze und kostspielige und langfristige Verpflichtungen begründe.

32      Insoweit hat die Beschwerdekammer zutreffend festgestellt, dass das relevante Publikum aus den Fachkreisen aber auch aus der breiten Öffentlichkeit besteht und bei ihm Unterrichts- oder Ausbildungsbedarf bestehen kann, insbesondere in dem von der Beschwerdekammer angesprochenen Fall des Erwerbs einer beruflichen Qualifikation. Diese Beurteilung wird im Übrigen von der Klägerin nicht beanstandet. Hinsichtlich des Aufmerksamkeitsgrades des Publikums ist zu beachten, dass die streitgegenständlichen Dienstleistungen der Klasse 41 zwar bisweilen hohe Kosten verursachen können, aber auch zu niedrigen Preisen angeboten werden können. Darüber hinaus führen diese Dienstleistungen – wie das EUIPO geltend macht – nicht notwendigerweise zu langfristigen Verpflichtungen. Ebenso geht dem Erwerb der streitgegenständlichen Dienstleistungen nicht systematisch ein langes Überlegen voraus, auch wenn es keine Dienstleistungen des täglichen Bedarfs sind.

33      Daher hat die Beschwerdekammer fehlerfrei angenommen, dass beim maßgeblichen Publikum einschließlich des Fachpublikums nicht von einem erhöhten Aufmerksamkeitsgrad ausgegangen werden kann. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass dann, wenn das maßgebliche Publikum aus zwei Kategorien von Verbrauchern besteht, deren Aufmerksamkeitsgrad unterschiedlich ist, das Publikum mit dem geringsten Aufmerksamkeitsgrad maßgeblich ist (vgl. Urteil vom 10. November 2016, Polo Club/EUIPO – Lifestyle Equities [POLO CLUB SAINT‑TROPEZ HARAS DE GASSIN], T‑67/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:657, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zum Vergleich der Waren und Dienstleistungen

34      Nach ständiger Rechtsprechung sind für die Beurteilung der Ähnlichkeit zwischen den Waren und Dienstleistungen alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis kennzeichnen, in dem diese Waren oder Dienstleistungen zueinander stehen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren (vgl. Urteil vom 21. Januar 2016, Hesse/HABM, C‑50/15 P, EU:C:2016:34, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es können auch andere Faktoren wie die Vertriebswege der betreffenden Waren berücksichtigt werden (vgl. Urteil vom 11. Juli 2007, El Corte Inglés/HABM – Bolaños Sabri [PiraÑAM diseño original Juan Bolaños], T‑443/05, EU:T:2007:219, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer in Rn. 23 der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der von der angegriffenen Marke erfassten Waren in Klasse 16 festgestellt, dass „Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate)“ für die Durchführung von Unterrichtsdienstleistungen unerlässlich und wesentlich seien und normalerweise von den Anbietern der Schulungsmaßnahmen erstellt würden. Daraus hat sie abgeleitet, dass diese Ware den von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen ähnlich sei. In Rn. 24 der angefochtenen Entscheidung nahm sie an, dass dies auch auf „Druckereierzeugnisse“, „Fotografien“, „Veröffentlichungen“ und „Bücher“ zutreffe, da sie Unterrichtsmaterialien erfassten.


36      Hinsichtlich der von der angegriffenen Marke erfassten „CDs, CD-ROMs, DVDs, elektronischen Publikationen (herunterladbar), Audio- und Videodateien (herunterladbar)“ der Klasse 9 hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass der Waren- und Dienstleistungsvergleich technikneutral zu erfolgen habe. Sie kam zu dem Schluss, dass diese Waren ebenfalls den von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen ähnelten, da sie als Unterrichtsmaterial dienen könnten.

37      Hinsichtlich der von der angegriffenen Marke erfassten Dienstleistungen in Klasse 41 hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass die Dienstleistungen „Ausbildung“ und „Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Unterricht, Seminaren, Workshops und Symposien, insbesondere auf dem Gebiet der Entspannung, Heilung und Meditation“ mit den von der älteren Marke erfassten „Seminaren und Symposien, insbesondere im Ausbildungs- und Weiterbildungsbereich“ identisch oder ihnen zumindest hochgradig ähnlich seien. Hinsichtlich der Dienstleistungen „Online-Publikation von elektronischen Büchern“ nahm die Beschwerdekammer an, dass sie den von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen ähnlich seien, da sie Publikationen für Lehr- und Unterrichtszwecke erfassten. Hinsichtlich der Dienstleistung „Erziehung“ nahm die Beschwerdekammer nach Hinweis darauf, dass sie den Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke für diese Dienstleistungen als nicht erbracht ansehe, an, dass sie eine Ähnlichkeit mittleren Grades zu den von der älteren Marke erfassten übrigen Dienstleistungen aufwiesen, da zwischen diesen Dienstleistungen Überschneidungen bestünden.

38      Die Klägerin beanstandet die von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung hinsichtlich des zwischen den streitigen Waren und Dienstleistungen bestehenden Ähnlichkeitsgrades und trägt vor, dass zwischen ihnen keine Ähnlichkeit oder allenfalls eine geringe Ähnlichkeit bestehe. Im Wesentlichen macht sie geltend, dass selbst unter der Annahme, dass die von der angegriffenen Marke erfassten Waren in einem funktionellen Zusammenhang zu den von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen stünden, dieser Zusammenhang jedoch nicht hinreichend eng sei, um eine Ähnlichkeit zu begründen. Ferner habe die Beschwerdekammer nicht berücksichtigt, dass die Hersteller der von der angegriffenen Marke erfassten Waren und die Erbringer der von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen in der Regel nicht identisch seien.

39      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Waren oder Dienstleistungen einander ergänzen, wenn zwischen ihnen ein enger Zusammenhang in dem Sinn besteht, dass die eine Ware oder Dienstleistung für die Verwendung der anderen unentbehrlich oder wichtig ist, so dass die Verbraucher denken könnten, die Verantwortung für die Herstellung dieser Waren oder die Erbringung dieser Dienstleistungen liege bei demselben Unternehmen. Somit ist für die Beurteilung, ob Waren oder Dienstleistungen einander ergänzen, letztlich darauf abzustellen, wie wichtig eine Ware oder Dienstleistung aus Sicht des maßgeblichen Publikums für die Verwendung einer anderen Ware oder Dienstleistung ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Mai 2013, Sanco/HABM – Marsalman [Darstellung eines Huhns], T‑249/11, EU:T:2013:238, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Wie der Gerichtshof im Urteil vom 21. Januar 2016, Hesse/HABM (C‑50/15 P, EU:C:2016:34, Rn. 23), festgestellt hat, handelt es sich bei der Komplementarität der fraglichen Waren, auch wenn diese nur einen Faktor neben mehreren anderen, wie etwa der Art, dem Verwendungszweck oder den Vertriebskanälen dieser Waren, darstellt, anhand deren die Ähnlichkeit der Waren beurteilt werden kann, doch um ein selbständiges Kriterium, auf das als solches das Vorliegen einer Warenähnlichkeit gestützt werden kann.

41      Im vorliegenden Fall ist erstens hinsichtlich der von der angegriffenen Marke erfassten Waren der Klasse 16 mit der Beschwerdekammer festzustellen, dass „Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate)“ für das Angebot von Unterrichtsdienstleistungen unentbehrlich oder zumindest wichtig sind. Denn es ist nützlich und üblich, solche Mittel als begleitendes Lehrmaterial für die Erbringung der von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen zu verwenden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. Oktober 2002, Institut für Lernsysteme/HABM – Educational Services [ELS], T‑388/00, EU:T:2002:260, Rn. 55). Diese Beurteilung wird im Übrigen von der Klägerin nicht beanstandet.

42      Zudem werden „Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate)“ – wie die Beschwerdekammer ausgeführt hat und im Übrigen die Klägerin in Rn. 22 der Klageschrift offenbar einräumt – üblicherweise vom Erbringer der Unterrichtsdienstleistungen ausgearbeitet. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin hat die Beschwerdekammer ihre Schlussfolgerung, dass diese Waren und die streitgegenständlichen Dienstleistungen ähnlich seien, somit nicht nur auf die Feststellung eines funktionellen Zusammenhangs zwischen ihnen gestützt.

43      Aus den Feststellungen in den vorstehenden Rn. 41 und 42 ergibt sich, dass zwischen Unterrichtsdienstleistungen und „Lehr- und Unterrichtsmittel[n] (ausgenommen Apparate)“ ein so enger Zusammenhang besteht, dass das maßgebliche Publikum denken könnte, die Verantwortung für die Herstellung dieser Waren und für die Erbringung dieser Dienstleistungen liege bei demselben Unternehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. April 2008, Casa Editorial el Tiempo/HABM – Instituto Nacional de Meteorología [EL TIEMPO], T‑233/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:121, Rn. 37).

44      Folglich hat die Beschwerdekammer beurteilungs- und rechtsfehlerfrei angenommen, dass „Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate)“ und die von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen ähnlich sind.

45      Darüber hinaus schließen die „Druckereierzeugnisse“, „Fotografien“, „Veröffentlichungen“ und „Bücher“ auch „Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate)“ ein, wenn diese auf Papier gedruckt sind. Insoweit kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, dass diese Waren regelmäßig nicht von den Erbringern schulischer und hochschulischer Unterrichtsdienstleistungen hergestellt werden, da die von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen ihrem Wesen nach viel weiter gefasst sind und auch Unterricht umfassen, der in anderen Zusammenhängen – einschließlich Kolloquien, Konferenzen oder Seminaren – erteilt wird. Daher ist unter Berücksichtigung der Ähnlichkeit der „Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate)“ zu den von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen festzustellen, dass die Beschwerdekammer fehlerfrei angenommen hat, dass die „Druckereierzeugnisse“, „Fotografien“, „Veröffentlichungen“ und „Bücher“ den von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen der Klasse 41 ähnlich sind.

46      Was zweitens die von der angegriffenen Marke erfassten Waren der Klasse 9 angeht, ist darauf hinzuweisen, dass „CDs, CD-ROMs, DVDs; elektronische Publikationen (herunterladbar); Audio- und Videodateien (herunterladbar)“ Datenträger sind, die üblicherweise für das Angebot der von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen verwendet werden. Wie die Beschwerdekammer ausführt, können derartige Waren somit als Unterrichtsmaterialien dienen. Aus den oben in den Rn. 41 und 42 bereits dargelegten Gründen besteht ein so enger Zusammenhang zwischen Unterrichtsdienstleistungen und „CDs, CD-ROMs, DVDs; elektronische[n] Publikationen (herunterladbar); Audio- und Videodateien (herunterladbar)“, dass das maßgebliche Publikum denken könnte, die Verantwortung für die Herstellung dieser Waren und für die Erbringung dieser Dienstleistungen liege bei demselben Unternehmen. Somit hat die Beschwerdekammer fehlerfrei geschlossen, dass die von der angegriffenen Marke erfassten Waren der Klasse 9 den von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen ähnlich sind.

47      Drittens ist hinsichtlich der von der angegriffenen Marke erfassten Dienstleistungen der Klasse 41 zunächst festzustellen, dass die Klägerin lediglich vorträgt, sie seien allenfalls zu einem geringen Grad den von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen ähnlich, ohne etwas vorzutragen, was ihre Behauptung stützen könnte.

48      Sodann ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer angenommen hat, dass hinsichtlich der mit der älteren Marke gekennzeichneten Dienstleistung „Erziehung“ keine ernsthafte Benutzung der älteren Marke nachgewiesen worden sei. Folglich hat sie bei ihrer Prüfung des Vergleichs der von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Waren und Dienstleistungen diese Dienstleistungen außer Acht gelassen. Sodann hat sie die von der angegriffenen Marke erfassten Erziehungsdienstleistungen mit den von der älteren Marke erfassten übrigen Dienstleistungen verglichen und aufgrund der zwischen diesen Dienstleistungen bestehenden Überschneidungen geschlossen, dass eine Ähnlichkeit mittleren Grades zwischen ihnen bestehe. Die Klägerin hat nichts vorgetragen, um die fehlerfreie Feststellung der Beschwerdekammer, dass dieser Ähnlichkeitsgrad zwischen den genannten Dienstleistungen besteht, in Frage zu stellen.

49      Des Weiteren erfasst die angegriffene Marke die Dienstleistungen „Ausbildung“ und „Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Unterricht, Seminaren, Workshops und Symposien, insbesondere auf dem Gebiet der Entspannung, Heilung und Meditation“, während die ältere Marke die Dienstleistungen „Unterricht“ und Organisation von „Seminaren, Symposien, Workshops, insbesondere im Ausbildungs- und Weiterbildungsbereich“ erfasst. Wie die Beschwerdekammer zutreffend festgestellt hat, ist die Wendung „insbesondere“ in einer Warenbeschreibung jedoch nur beispielhaft (vgl. Urteil vom 12. November 2008, Scil proteins/HABM – Indena [affilene], T‑87/07, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:487, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung). Folglich wurden die einander gegenüberstehenden Marken für Ausbildungen, Unterricht, Seminare, Workshops und Symposien eingetragen, deren Gegenstand nicht abschließend definiert ist. Daher hat die Beschwerdekammer zutreffend festgestellt, dass sie identisch oder sehr ähnlich sind.

50      Außerdem hat die Beschwerdekammer im Hinblick auf die Dienstleistungen „Online-Publikation von elektronischen Büchern“ zutreffend im Wesentlichen angenommen, dass diese Dienstleistungen auch die Dienstleistungen der Publikation von elektronischen Büchern für Lehr- und Unterrichtszwecke umfassen, was im Übrigen von der Klägerin nicht beanstandet wird. Aus den oben in den Rn. 41 und 42 dargelegten Gründen ergänzen diese Dienstleistungen die von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen und können von denselben Erbringern angeboten werden. Folglich hat die Beschwerdekammer zutreffend geschlossen, dass sie ähnlich sind.

51      Nach alledem kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Beschwerdekammer die streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen unzutreffend für identisch oder ähnlich gehalten hat.

 Zum Zeichenvergleich

52      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Zeichen hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Bestandteile zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).


53      Die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Marken darf sich nicht darauf beschränken, dass nur ein Bestandteil einer zusammengesetzten Marke zu berücksichtigen und mit einer anderen Marke zu vergleichen wäre. Vielmehr sind die fraglichen Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen, was nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer zusammengesetzten Marke für den durch die Marke im Gedächtnis des maßgeblichen Publikums hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein könnten (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung). Für die Beurteilung der Ähnlichkeit kann es nur dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Markenbestandteile zu vernachlässigen sind (Urteile vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 42, und vom 20. September 2007, Nestlé/HABM, C‑193/06 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2007:539, Rn. 42).

54      Im Hinblick auf diese Erwägungen ist die Rüge der Klägerin zu prüfen, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen keine bildliche, klangliche oder begriffliche Ähnlichkeit aufwiesen.

–       Zu den unterscheidungskräftigen und dominierenden Bestandteilen der einander gegenüberstehenden Zeichen

55      Zunächst ist festzustellen, dass zur Bestimmung der Unterscheidungskraft eines Markenbestandteils nach der Rechtsprechung zu beurteilen ist, inwieweit er dazu beitragen kann, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke eingetragen worden ist, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und damit diese Waren oder Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. Urteil vom 22. September 2016, Sun Cali/EUIPO – Abercrombie & Fitch Europe [SUN CALI], T‑512/15, EU:T:2016:527, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung). Bei Marken, die aus Wort- und Bildbestandteilen bestehen, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Kennzeichnungskraft der Wortbestandteile die der Bildbestandteile übertrifft, weil ein Durchschnittsverbraucher zur Bezugnahme auf die fragliche Ware eher den Namen der Marke nennen wird, als ihren Bildbestandteil zu beschreiben (Urteil vom 20. September 2007, Nestlé/HABM, C‑193/06 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2007:539‚ Rn. 39, siehe auch Urteil vom 25. Mai 2016, Ice Mountain Ibiza/EUIPO – Marbella Atlantic Ocean Club [ocean ibiza], T‑6/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:310, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

56      Bei der Beurteilung der Frage, ob ein bestimmter oder mehrere bestimmte Bestandteile einer zusammengesetzten Marke dominierend sind, sind die Eigenschaften jedes einzelnen dieser Bestandteile insbesondere in der Weise zu berücksichtigen, dass sie mit den Eigenschaften der anderen Bestandteile verglichen werden. In zweiter Linie kann auch auf die jeweilige Rolle der einzelnen Bestandteile bei der Gesamtgestaltung der zusammengesetzten Marke abgestellt werden (vgl. Urteil vom 8. März 2018, Claro Sol Cleaning/EUIPO – Solemo [Claro Sol Facility Services desde 1972], T‑159/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:123, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

57      Nur wenn alle anderen Markenbestandteile zu vernachlässigen sind, kann es für die Beurteilung der Ähnlichkeit allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen (Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 42). Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn schon dieser Bestandteil allein geeignet ist, das Bild dieser Marke, das die angesprochenen Verkehrskreise im Gedächtnis behalten, so zu prägen, dass alle übrigen Bestandteile der Marke in dem durch diese hervorgerufenen Gesamteindruck zu vernachlässigen sind (Urteil vom 20. September 2007, Nestlé/HABM, C‑193/06 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2007:539, Rn. 43).

58      Im vorliegenden Fall ist hinsichtlich der angegriffenen Marke festzustellen, dass die Beschwerdekammer in den Rn. 35 und 36 der angefochtenen Entscheidung angenommen hat, dass der Wortbestandteil „IAK“ inhärent kennzeichnungskräftig und damit das dominierende Element sei, während der Bildbestandteil dieser Marke nur schwach kennzeichnungskräftig sei. Diese Auffassung der Beschwerdekammer, die im Übrigen von der Klägerin nicht beanstandet wird, ist im Hinblick auf die oben in den Rn. 55 bis 57 angeführte Rechtsprechung nicht in Frage zu stellen.

59      Hinsichtlich der älteren Marke hat die Beschwerdekammer in den Rn. 37 bis 39 der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen angenommen, dass der Bestandteil „Institut für angewandte Kreativität“ als allgemeiner Hinweis auf das Geschäftsfeld des Inhabers wahrgenommen werde und „weniger kennzeichnungskräftig“ als der inhärent kennzeichnungskräftige Wortbestandteil „IAK“ sei, obwohl dieser als das Akronym des zuerst genannten Bestandteils verstanden werden könne. Des Gleichen hat sie in Rn. 40 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass der Bestandteil „IAK“ eine selbständig kennzeichnende Stellung einnehme.

60      Mit einer ersten Rüge wirft die Klägerin der Beschwerdekammer vor, beim Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen allein auf den Wortbestandteil „IAK“ der älteren Marke abgestellt zu haben, weil sie ihn für dominierend gehalten habe, während er das Akronym des Bestandteils „Institut für angewandte Kreativität“ darstelle, das eine äußerst geringe Unterscheidungskraft habe. Zum einen sei die Unterscheidungskraft des Wortbestandteils „IAK“ nicht höher als die des Bestandteils „Institut für angewandte Kreativität“, und zum anderen werde die angegriffene Marke als Beschreibung eines Geschäftsfeldes wahrgenommen, so dass sie nur einen begrenzten Schutz genieße.


61      Erstens ist festzustellen, dass die erste Rüge auf einem falschen Verständnis der angefochtenen Entscheidung beruht. Aus der oben in Rn. 59 dargelegten Prüfung der Beschwerdekammer geht nämlich hervor, dass sie den Bestandteil „Institut für angewandte Kreativität“ für „weniger kennzeichnungskräftig“ als den Wortbestandteil „IAK“ gehalten hat, ohne jedoch anzunehmen, dass dieser die ältere Marke dominiere. Zudem hat die Beschwerdekammer entgegen dem Vorbringen der Klägerin diese Marke insgesamt geprüft und dabei den Bestandteil „Institut für angewandte Kreativität“ berücksichtigt.

62      Zweitens steht hinsichtlich der Bedeutung des Bestandteils „Institut für angewandte Kreativität“ fest, dass das Wort „Institut“ als eine Bezugnahme auf die Form des Erbringers der Dienstleistungen wahrgenommen wird. Ebenso steht fest, dass der Bestandteil „angewandte Kreativität“ vom maßgeblichen Publikum als allgemeiner Hinweis auf das von der älteren Marke erfasste Geschäftsfeld wahrgenommen werden könnte.

63      Drittens behauptet die Klägerin hinsichtlich der Unterscheidungskraft des Wortbestandteils „IAK“ unter Verweis auf das Urteil vom 15. März 2012, Strigl und Securvita (C‑90/11 und C‑91/11, EU:C:2012:147), dass sie nicht höher sei als die des Bestandteils „Institut für angewandte Kreativität“, dessen Akronym dieser darstelle.

64      Insoweit hat der Gerichtshof festgestellt, dass das Urteil vom 15. März 2012, Strigl und Securvita (C‑90/11 und C‑91/11, EU:C:2012:147), das die Anwendung absoluter Hindernisse für die Eintragung eines Zeichens betrifft, nicht so ausgelegt werden könne, dass es einen allgemeinen Maßstab für die Beurteilung des akzessorischen Charakters einer Buchstabenfolge aufstellt, die den ersten Buchstaben aller Wörter der Wortkombination enthält, mit der sie zusammengefügt ist (Urteil vom 22. Oktober 2015, BGW, C‑20/14, EU:C:2015:714‚ Rn. 32).

65      Sodann ist festzustellen, dass der Bestandteil „IAK“ für sich betrachtet die von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen nicht beschreibt, so dass er originäre Unterscheidungskraft besitzt. Der Bestandteil könnte vom maßgeblichen Publikum zwar als Akronym des Bestandteils „Institut für angewandte Kreativität“ wahrgenommen werden. Jedoch kann dieser Umstand für sich allein nicht beweisen, dass bei einer Gesamtbetrachtung des Zeichens die Unterscheidungskraft des Bestandteils „IAK“ verringert würde.

66      Der zur Prüfung der Verwechslungsgefahr vorgenommene Zeichenvergleich betrifft nämlich den Prozess, durch den die Zeichen im Gedächtnis behalten, wiedererkannt und in Erinnerung gerufen werden, sowie die Mechanismen einer gedanklichen Verbindung (Urteil vom 22. Oktober 2015, BGW, C‑20/14, EU:C:2015:714, Rn. 28). Die Klägerin trägt jedoch keinen konkreten Gesichtspunkt vor, der die Annahme erlaubt, dass der Bestandteil „IAK“ vom maßgeblichen Publikum nicht unabhängig von dem ihm folgenden Bestandteil „Institut für angewandte Kreativität“ wahrgenommen und im Gedächtnis behalten werden kann. Insbesondere trägt die Klägerin nicht vor, dass dieser Bestandteil dem maßgeblichen Publikum bekannt sei oder für es eine konkrete Bedeutung habe, wie eine besondere Ausbildungsmethode oder eine bestimmte Qualifikation.

67      Viertens ist, soweit die Klägerin geltend macht, die ältere Marke weise eine schwache Unterscheidungskraft auf, festzustellen, dass ein solches Argument bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen ist (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2007, Xentral/HABM – Pages jaunes [PAGESJAUNES.COM], T‑134/06, EU:T:2007:387, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung). Demnach ist es als ins Leere gehend zurückzuweisen, da sich die Klägerin darauf beruft, um darzutun, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen keine Ähnlichkeit bestehe.

68      Folglich ist die erste Rüge als unbegründet zurückzuweisen.

69      Mit einer zweiten Rüge trägt die Klägerin vor, die Beschwerdekammer habe in Anwendung des Urteils vom 6. Oktober 2005, Medion (C‑120/04, EU:C:2005:594), unzutreffend angenommen, dass der Bestandteil „IAK“ eine selbständig kennzeichnende Stellung in der älteren Marke habe, obwohl die Voraussetzungen für die Anwendung dieses Urteils nicht erfüllt seien. So könne zum einen der gemeinsame Bestandteil der einander gegenüberstehenden Zeichen, wenn er mit einer Unternehmensbezeichnung kombiniert werde, nur in der angegriffenen Marke und nicht in der älteren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung einnehmen, und müsse zum anderen die ältere Marke in der angegriffenen Marke identisch übernommen werden.

70      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in Bezug auf Marken mit einem gemeinsamen Bestandteil entschieden hat, dass dann, wenn dieser Bestandteil mit einer der einander gegenüberstehenden Marken identisch ist, auch wenn er nicht als den Gesamteindruck dominierend angesehen werden kann, er bei der Beurteilung der Ähnlichkeit dieser Zeichen gleichwohl zu berücksichtigen ist, soweit er selbst die ältere Marke bildet und eine selbständig kennzeichnende Stellung in der u. a. aus diesem Bestandteil zusammengesetzten angemeldeten Marke behält. Wenn nämlich ein gemeinsamer Bestandteil in dem zusammengesetzten Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, kann der von diesem Zeichen hervorgerufene Gesamteindruck das Publikum zu der Annahme veranlassen, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen, was dann dazu führen muss, das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr zu bejahen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2005, Medion, C‑120/04, EU:C:2005:594, Rn. 30 und 36, sowie Beschluss vom 22. Januar 2010, ecoblue/HABM und Banco Bilbao Vizcaya Argentaria, C‑23/09 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2010:35, Rn. 45).

71      Des Gleichen hat der Gerichtshof festgestellt, dass ein Bestandteil eines zusammengesetzten Zeichens keine solche selbständig kennzeichnende Stellung einnimmt, wenn dieser Bestandteil mit dem oder den anderen Bestandteilen des Zeichens in der Gesamtbetrachtung eine Einheit bildet, die einen anderen Sinn als diese Bestandteile einzeln betrachtet hat (Urteil vom 8. Mai 2014, Bimbo/HABM, C‑591/12 P, EU:C:2014:305, Rn. 25).

72      Die soeben angeführte Rechtsprechung bezieht sich zwar grundsätzlich auf die Fälle, in denen ein Bestandteil der älteren Marke in der angegriffenen Marke mit anderen Bestandteilen übernommen wird. Wie die Klägerin geltend macht, ist nach dieser Rechtsprechung daher im Rahmen der angegriffenen Marke zu prüfen, ob der den einander gegenüberstehenden Zeichen gemeinsame Bestandteil eine selbständig kennzeichnende Stellung einnimmt.

73      Die Feststellung der Beschwerdekammer, dass der Bestandteil „IAK“ in der älteren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung einnimmt, folgt jedoch auf die Darlegung in Rn. 39 der angefochtenen Entscheidung, dass dieser Bestandteil originär kennzeichnungskräftig ist. Diese Darlegung beruht u. a. auf der Struktur der älteren Marke und insbesondere darauf, dass der Bestandteil „IAK“ dem Bestandteil „Institut für angewandte Kreativität“ vorangestellt ist, sowie darauf, dass das Publikum den vollständigen Namen „Institut für angewandte Kreativität“ nicht kenne. Daher ist diese Feststellung der Beschwerdekammer so zu verstehen, dass sie angenommen hat, dass das Publikum den Bestandteil „IAK“ unabhängig von dem ihm folgenden Bestandteil wahrnehmen und im Gedächtnis behalten könnte.

74      Unter diesen Umständen geht der Verweis auf das Urteil vom 6. Oktober 2005, Medion (C‑120/04, EU:C:2005:594), zwar fehl, doch macht er die von der Beschwerdekammer vorgenommene Prüfung der älteren Marke nicht fehlerhaft. Folglich kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Annahme der Beschwerdekammer, der Bestandteil „IAK“ habe Unterscheidungskraft, ein Beurteilungsfehler sei.

–       Zur bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit

75      Zum Vergleich in bildlicher und klanglicher Hinsicht hat die Beschwerdekammer in Rn. 41 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen in mittlerem Grade ähnlich seien, und dazu auf die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung verwiesen, die darauf gestützt war, dass die Zeichen den gemeinsamen Bestandteil „IAK“ aufwiesen, dass der weitere Wortbestandteil der älteren Marke möglicherweise nicht ausgesprochen werde und dass dem Bildbestandteil der angegriffenen Marke nur geringe Bedeutung zukomme.

76      Die Klägerin macht geltend, die einander gegenüberstehenden Zeichen seien nicht ähnlich, weil sie erhebliche bildliche und klangliche Unterschiede aufwiesen, die sich aus der Länge der Zeichen, aus der Anzahl der darin enthaltenen Wörter und Buchstaben sowie aus dem Vorliegen eines Bildbestandteils in der angegriffenen Marke ergäben.

77      Hinsichtlich des bildlichen Vergleichs ist festzustellen, dass gegen eine Prüfung, ob zwischen einer Wortmarke und einer Bildmarke bildliche Ähnlichkeit besteht, nichts einzuwenden ist, da diese beiden Markenarten eine grafische Gestaltung aufweisen, die einen optischen Eindruck vermitteln kann (vgl. Urteil vom 26. September 2014, Koscher + Würtz/HABM – Kirchner & Wilhelm [KW SURGICAL INSTRUMENTS], T‑445/12, EU:T:2014:829, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

78      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer zutreffend angenommen hat, dass der Bildbestandteil „IAK“ der dominierende Bestandteil der angegriffenen Marke ist. Dieser Bestandteil ist in der älteren Marke vorhanden und wird sich isoliert einprägen lassen. Daher kann weder das Vorhandensein eines Bildbestandteils mit geringer Unterscheidungskraft in der angegriffenen Marke noch das Vorhandensein eines anderen Wortbestandteils mit geringerer Unterscheidungskraft in der älteren Marke die bildliche Ähnlichkeit beseitigen, die durch den gemeinsamen Bestandteil „IAK“ entsteht und von der Beschwerdekammer zutreffend als mittleren Grades angesehen worden ist.

79      Hinsichtlich der klanglichen Ähnlichkeit ist hervorzuheben, dass nur die Wortbestandteile der Zeichen ausgesprochen werden können. Des Weiteren wird der Durchschnittsverbraucher zum einen dazu neigen, eine aus mehreren Begriffen bestehende Marke mündlich abzukürzen, um sie leichter aussprechbar zu machen, und zum anderen im Allgemeinen eher den Anfang eines Zeichens als sein Ende im Gedächtnis behalten (vgl. Urteil vom 24. Februar 2016, Tayto Group/HABM – MIP Metro [REAL HAND COOKED], T‑816/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:93, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

80      Im vorliegenden Fall können in der angegriffenen Marke der Bestandteil „IAK“ und in der älteren Marke der Bestandteil „IAK – Institut für angewandte Kreativität“ ausgesprochen werden. Im Hinblick auf die oben in Rn. 79 angeführte Rechtsprechung und angesichts der gegenüber dem Bestandteil „IAK“ geringeren Unterscheidungskraft des Bestandteils „Institut für angewandte Kreativität“ besteht die Möglichkeit, dass Letzterer nicht ausgesprochen wird.

81      Folglich hat die Beschwerdekammer beurteilungsfehlerfrei angenommen, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen eine klangliche Ähnlichkeit mittleren Grades aufweisen.

82      Vor diesem Hintergrund kann die Klägerin die Schlussfolgerungen der Beschwerdekammer zum Grad der bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen nicht mit Erfolg anfechten.


–       Zur begrifflichen Ähnlichkeit

83      In Rn. 42 der angefochtenen Entscheidung ist die Beschwerdekammer davon ausgegangen, dass der begriffliche Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen neutral sei, nachdem sie zum einen ausgeführt hatte, dass der gemeinsame Bestandteil „IAK“ keine Bedeutung habe, und zum anderen die Bedeutung des Bestandteils „Institut für angewandte Kreativität“ diesen gemeinsamen Bestandteil nicht „neutralisiert“.

84      Die Klägerin macht geltend, die Zeichen seien begrifflich unähnlich, da die ältere Marke aufgrund des Vorhandenseins des Bestandteils „Institut für angewandte Kreativität“ im Gegensatz zur angegriffenen Marke einen eindeutigen Bedeutungsgehalt habe.

85      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich eine Ähnlichkeit in der Bedeutung nach der Rechtsprechung daraus ergibt, dass bei zwei Marken Bilder benutzt werden, die in ihrem Sinngehalt übereinstimmen (Urteile vom 11. November 1997, SABEL, C‑251/95, EU:C:1997:528, Rn. 24, und vom 8. November 2017, Oakley/EUIPO – Xuebo Ye [Darstellung einer unterbrochenen Ellipse], T‑754/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:786, Rn. 62).

86      Im vorliegenden Fall steht fest, dass die angegriffene Marke für das maßgebliche Publikum keine Bedeutung hat. Des Gleichen steht fest, dass der Bestandteil „Institut für angewandte Kreativität“ der älteren Marke eine Bedeutung hat, die als allgemeiner Verweis auf das Geschäftsfeld des Inhabers der Marke angesehen werden kann.

87      Folglich macht die Klägerin zu Recht geltend, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen in begrifflicher Hinsicht als nicht ähnlich anzusehen sind (vgl. entsprechend Urteil vom 22. November 2018, The Vianel Group/EUIPO – Viania Dessous [VIANEL], T‑724/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:825, Rn. 41). Somit hat die Beschwerdekammer unzutreffend angenommen, dass der Vergleich der Zeichen in begrifflicher Hinsicht neutral bleibe.

–       Zur umfassenden Beurteilung der Ähnlichkeit der Zeichen

88      In Rn. 42 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer im Wesentlichen festgestellt, dass ein Unterschied in der Bedeutung der einander gegenüberstehenden Zeichen, der ihre Ähnlichkeit neutralisieren könne, voraussetze, dass beide eine Bedeutung hätten, dass der gemeinsame Bestandteil „IAK“ nicht zwei verschiedene Bedeutungen haben könne und dass die Bedeutung der beschreibenden Bestandteile zu relativieren sei.

89      Die Klägerin macht geltend, die Beschwerdekammer hätte aufgrund der begrifflichen Unähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen unter Anwendung des Neutralisierungsgedankens jedenfalls zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Zeichen insgesamt unähnlich seien.

90      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Bedeutungsunterschiede zwischen zwei einander gegenüberstehenden Zeichen deren optische und klangliche Ähnlichkeit neutralisieren können, sofern zumindest eines dieser Zeichen für das maßgebliche Publikum eine eindeutige und bestimmte Bedeutung hat, so dass dieses Publikum sie ohne Weiteres erfassen kann (Urteile vom 12. Januar 2006, Ruiz-Picasso u. a./HABM, C‑361/04 P, EU:C:2006:25‚ Rn. 20, vom 23. März 2006, Mülhens/HABM, C‑206/04 P, EU:C:2006:194, Rn. 35 und vom 5. Oktober 2017, Wolf Oil/EUIPO, C‑437/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:737, Rn. 43). Genauer gesagt betrifft diese Rechtsprechung die Beurteilung des Grades der Bedeutungsunterschiede, die zu einer Neutralisierung der bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit führen können. Vor dieser Prüfung sind die Bedeutungsunterschiede zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen festzustellen (vgl. Urteil vom 5. Oktober 2017, Wolf Oil/EUIPO, C‑437/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:737, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

91      Aus dieser Rechtsprechung folgt, dass es entgegen den Ausführungen der Beschwerdekammer in Rn. 42 der angefochtenen Entscheidung genügt, dass zumindest eines der einander gegenüberstehenden Zeichen eine eindeutige und bestimmte Bedeutung hat, damit eine Neutralisierung der bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit der Zeichen festgestellt werden kann.

92      Im vorliegenden Fall vermag das maßgebliche Publikum dem Bestandteil „Institut für angewandte Kreativität“ zwar eine Bedeutung zu geben, doch wird der Bestandteil – wie oben in Rn. 66 ausgeführt –dem Publikum keinen konkreten Begriff in den Sinn rufen. Daher ist davon auszugehen, dass diese Wendung im Zusammenhang mit den betreffenden Dienstleistungen keine Assoziationen hervorrufen wird, die die Merkbarkeit dieser Marke ausgehend von dieser Bedeutung erleichtern können (vgl. entsprechend Urteil vom 27. Februar 2015, Bayer Intellectual Property/HABM – Interhygiene [INTERFACE], T‑227/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:120, Rn. 48). Daher besteht die Möglichkeit, dass dem maßgeblichen Publikum der Bedeutungsunterschied zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen entgehen wird. Somit kann im vorliegenden Fall der Begriffsinhalt der älteren Marke die bildliche und klangliche Ähnlichkeit, die durch den gemeinsamen Bestandteil „IAK“ in den einander gegenüberstehenden Zeichen entsteht, nicht neutralisieren.

93      Daher konnte die Beschwerdekammer angesichts der durchschnittlichen bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen und trotz ihrer begrifflichen Unähnlichkeit zutreffend im Wesentlichen zu dem Ergebnis kommen, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen durchschnittlich ähnlich sind.


 Zur Verwechslungsgefahr

94      Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteile vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, EU:C:1998:442, Rn. 17, und vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, EU:T:2006:397, Rn. 74).

95      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer in Rn. 51 der angefochtenen Entscheidung das Vorliegen von Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Unterscheidungskraft der älteren Marke, der Identität bzw. Ähnlichkeit der streitigen Waren und Dienstleistungen sowie der durchschnittlichen bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen bejaht. Sie nahm an, dass selbst bei einem im Einzelfall erhöhten Aufmerksamkeitsgrad des Publikums Verwechslungsgefahr bestehe.

96      Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, die Beschwerdekammer habe angesichts der Unähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen, der fehlenden bzw. geringen Ähnlichkeit der streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen, des hohen Aufmerksamkeitsgrads des Publikums und der geringen Unterscheidungskraft der älteren Marke unzutreffend das Vorliegen von Verwechslungsgefahr angenommen.

97      Insoweit ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer fehlerfrei angenommen hat, dass das maßgebliche Publikum außer in Einzelfällen, in denen der Aufmerksamkeitsgrad erhöht sein kann, einen mittleren Aufmerksamkeitsgrad an den Tag legt, dass die von den einander gegenüberstehenden Zeichen erfassten Waren und Dienstleistungen identisch oder zumindest zu einem durchschnittlichen Grad ähnlich sind und diese Zeichen in bildlicher und klanglicher Hinsicht ähnlich sind.

98      Soweit die Klägerin die äußerst geringe oder insgesamt geringe Unterscheidungskraft der älteren Marke geltend macht, ist festzustellen, dass ihr Vorbringen darauf gestützt ist, dass der Bestandteil „IAK“ geringe Unterscheidungskraft habe, weil er als Akronym des rein beschreibenden Bestandteils „Institut für angewandte Kreativität“ wahrgenommen werde. Dieses Argument wurde jedoch zurückgewiesen und oben in Rn. 74 festgestellt, dass der Bestandteil „IAK“ Unterscheidungskraft hat. Mangels anderer Argumente kann sich die Klägerin folglich nicht darauf berufen, dass die ältere Marke eine geringe Unterscheidungskraft habe.

99      Daher hat die Beschwerdekammer in Anbetracht der oben in Rn. 97 genannten Gesichtspunkte und der durchschnittlichen Unterscheidungskraft der älteren Marke zutreffend das Vorliegen von Verwechslungsgefahr bejaht. Dies gilt selbst unter Berücksichtigung eines im Einzelfall erhöhten Aufmerksamkeitsgrades des Publikums. Aufgrund des Vorliegens des gemeinsamen Bestandteils „IAK“ und der fehlenden Bedeutung dieses Bestandteils in der angegriffenen Marke könnte das Publikum nämlich glauben, dass die streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen von demselben Unternehmen stammen.

100    Nach alledem ist der einzige Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

101    Folglich ist die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

102    Gemäß Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

103    Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die IAK GmbH – Forum International trägt die Kosten.

Tomljenović

Marcoulli

Kornezov

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 24. September 2019.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

      V. Tomljenović      


*      Verfahrenssprache: Deutsch.