Language of document : ECLI:EU:T:2018:967

URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)

14. Dezember 2018(*)

„Außervertragliche Haftung – Instrument für Heranführungshilfe – Drittstaat – Nationaler öffentlicher Auftrag – Dezentrale Verwaltung – Beschluss 2008/969/EG, Euratom – Frühwarnsystem (FWS) – Warnmeldung im FWS – Schutz der finanziellen Interessen der Union – Weigerung der Kommission, eine Ex-ante-Genehmigung zu erteilen – Nichtvergabe des Auftrags – Zuständigkeit des Gerichts – Zulässigkeit der Beweise – Fehlende Rechtsgrundlage für die Warnmeldung – Verteidigungsrechte – Unschuldsvermutung – Hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die dem Einzelnen Rechte verleiht – Kausalzusammenhang – Materieller und immaterieller Schaden – Verlust des Auftrags – Verlust einer Chance, andere Aufträge zu erhalten“

In der Rechtssache T‑298/16,

East West Consulting SPRL mit Sitz in Nandrin (Belgien), vertreten zunächst durch Rechtsanwälte L. Levi und A. Tymen, dann durch Rechtsanwalt L. Levi,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch F. Dintilhac und J. Estrada de Solà als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen einer Klage nach Art. 268 AEUV auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens, der der Klägerin dadurch entstanden sein soll, dass sie von einer Warnmeldung im Frühwarnsystem (FWS) betroffen war und daraufhin, gestützt auf diese Warnmeldung, der Abschluss des Vertrags über einen Auftrag, der an das von ihr geleitete Konsortium vergeben worden war und von der Europäischen Union im Rahmen des Instruments für Heranführungshilfe (IPA) finanziert werden sollte, verweigert wurde,

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová (Berichterstatterin) sowie der Richter V. Valančius und U. Öberg,

Kanzler: S. Bukšek Tomac, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Mai 2018

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

 Sachverhalt vor Erhebung der Klage

1        Die Klägerin, East West Consulting SPRL, ist eine Gesellschaft belgischen Rechts, die in Belgien oder im Ausland auf eigene Rechnung oder für Rechnung Dritter oder gemeinsam mit Dritten u. a. Dienstleistungen anbietet und deren Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter Herr L. ist. Darüber hinaus hält die Klägerin 40 % der Anteile an der European Consultants Organisation SPRL (im Folgenden: ECO3), eine Gesellschaft belgischen Rechts, deren Geschäftsführer ebenfalls Herr L. ist.

2        Am 17. Juli 2006 erließ der Rat der Europäischen Union die Verordnung (EG) Nr. 1085/2006 zur Schaffung eines Instruments für Heranführungshilfe (IPA) (ABl. 2006, L 210, S. 82, im Folgenden: Verordnung IPA). Nach Art. 1 der Verordnung IPA sollte die Europäische Union die in den Anhängen I und II aufgeführten Länder, darunter die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, bei ihrer schrittweisen Angleichung an die Standards und die Politik der Europäischen Union, gegebenenfalls einschließlich des gemeinschaftlichen Besitzstands, mit Blick auf eine künftige Mitgliedschaft unterstützen. Nach Art. 3 der Verordnung IPA waren die Programmierung und die Durchführung der Hilfe an fünf Komponenten ausgerichtet, von denen eine sich auf die „Entwicklung der Humanressourcen“ bezog.

3        Im Zuge von Ermittlungen über möglicherweise strafrechtlich relevante Handlungen in einem Verfahren zur Vergabe von Aufträgen, die von der Union finanziert wurden, sandte das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) an den Staatsanwalt beim Tribunal de grande instance de Paris (Regionalregricht von Paris, Frankreich) am 26. Februar 2007 Informationen über Sachverhalte, die strafrechtlich als Bestechung bei der Vergabe eines von der Union finanzierten Auftrags in der Türkei qualifiziert werden konnten (im Folgenden: Türkei-Komplex). Diese Informationen betrafen insbesondere Kameleons International Consulting, jetzt KIC Systems (im Folgenden: KIC), sowie Herrn L. Am 5. März 2007 wurde in Frankreich ein Ermittlungsverfahren in Bezug auf den Türkei-Komplex eingeleitet und an die Division nationale d’investigations financières (DNIF) (nationale Abteilung für Finanzermittlungen, im Folgenden: DNIF) abgegeben.

4        Am 12. Juni 2007 erließ die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Verordnung (EG) Nr. 718/2007 zur Durchführung der Verordnung IPA (ABl. 2007, L 170, S. 1).

5        Am 4. März 2008 wurde von der Regierung der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und der Kommission eine Rahmenvereinbarung bezüglich der Vorschriften für die Zusammenarbeit hinsichtlich der Finanzhilfe der Union für die genannte ehemalige Republik bei der Durchführung der Hilfe im Rahmen des IPA unterzeichnet.

6        Am 27. Juni 2008 übermittelte das OLAF dem belgischen Generalstaatsanwalt Informationen über den Verdacht der Bestechung im Rahmen der Vergabe eines von der Union in der Ukraine finanzierten Auftrags (im Folgenden: Ukraine-Komplex). Diese Informationen betrafen insbesondere die KIC, Herrn L. und ECO3. Eine Voruntersuchung und ein Untersuchungsverfahren im Ukraine-Komplex wurden in Belgien eingeleitet.

7        Am 17. September 2008 wurde in Belgien die gerichtliche Voruntersuchung in dem Ukraine-Komplex eingeleitet.

8        Am 14. und 15. Oktober 2008 wurden auf Antrag der DNIF u. a. am Sitz der KIC Durchsuchungen im Beisein mehrerer Bediensteter des OLAF durchgeführt, deren Anwesenheit zuvor am 18. September 2008 gerichtlich angeordnet worden war. Am 17. Oktober 2008 erwirkte die DNIF in Bezug auf die Bediensteten des OLAF weitere gerichtliche Anordnungen, damit diese die beschlagnahmten Daten auswerten konnten. Diese Untersuchungsmaßnahmen mündeten in die Verfahren bezüglich des Türkei-Komplexes in Frankreich und des Ukraine-Komplexes in Belgien.

9        Die Kommission trägt vor, das OLAF habe am 17. November 2008 nach Art. 5 Abs. 2 des Beschlusses K(2004) 193/3 der Kommission über das Frühwarnsystem (im Folgenden: FWS) in Bezug auf die ECO3 die Aktivierung einer W3b‑Warnmeldung in dem genannten System beantragt, das zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union eingerichtet worden sei. Dieser Warnmeldung habe der Umstand zugrunde gelegen, dass gegen ECO3 gerichtliche Verfahren wegen schwerwiegender Verwaltungsfehler und wegen Betrugs eingeleitet worden seien. Eine entsprechende Warnmeldung sei vom OLAF in Bezug auf Herrn L. beantragt worden.

10      Am 16. Dezember 2008 erließ die Kommission mit Wirkung zum 1. Januar 2009 den Beschluss 2008/969/EG, Euratom über das von den Anweisungsbefugten der Kommission und den Exekutivagenturen zu verwendende Frühwarnsystem (ABl. 2008, L 344, S. 125, im Folgenden: FWS-Beschluss). Der FWS-Beschluss hob den Beschluss K(2004) 193/3 auf und führte neue Vorschriften über das FWS ein.

11      Nach dem vierten Erwägungsgrund des FWS-Beschlusses sollte „[d]as FWS … die Weitergabe vertraulicher Informationen über Dritte gewährleisten, die dem Ruf oder den finanziellen Interessen der [Union] Schaden zufügen oder die ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Gemeinschaftsmittel beeinträchtigen könnten“.

12      Nach den Erwägungsgründen 5 bis 7 des FWS-Beschlusses war das OLAF, das im Rahmen seiner Aufgaben im Zusammenhang mit der Durchführung von Untersuchungen und der Sammlung von Informationen zur Betrugsbekämpfung Zugang zum FWS erhielt, gemeinsam mit den verantwortlichen Anweisungsbefugten und dem Internen Auditdienst für die Beantragung der Eingabe, Änderung und Löschung von Warnmeldungen im FWS verantwortlich, deren Verwaltung vom Rechnungsführer der Kommission oder den ihm unterstehenden Bediensteten wahrgenommen wurde.

13      Insoweit bestimmte Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 2 des FWS-Beschlusses: „Der Rechnungsführer der Kommission [oder die ihm unterstehenden Bediensteten nehmen] auf Antrag des verantwortlichen [bevollmächtigten Anweisungsbefugten], des OLAF oder des Internen Auditdienstes (IAD) den Eintrag, die Änderung bzw. die Löschung einer [Warnmeldung im FWS] vor.“

14      In Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 3 des FWS-Beschlusses hieß es: „Bei Vergabe- und Finanzhilfeverfahren prüfen der verantwortliche [bevollmächtigte Anweisungsbefugte] bzw. seine Mitarbeiter bevor der Vergabebeschluss ergeht, ob eine FWS-Warnmeldung vorliegt.“

15      Art. 9 des FWS-Beschlusses bestimmte, dass FWS-Warnmeldungen je nach Art und Schwere des Sachverhalts, der dem Dienst, der die Eingabe der Warnmeldung beantragt hat, zur Kenntnis gebracht worden ist, einer der fünf mit W1 bis W5 bezeichneten Kategorien zugeordnet werden. Nach Art. 9 Nr. 3 des Beschlusses betraf die Kategorie W3 „einen Dritten[, gegen den] rechtliche Schritte eingeleitet [werden], die die Bekanntgabe eines Pfändungsbeschlusses zur Folge haben[,] bzw. … einen Dritten[, gegen den] wegen schwerwiegender Verwaltungsfehler oder Betrug ein Gerichtsverfahren angestrengt [wurde]“.

16      Art. 12 des FWS-Beschlusses („Warnmeldungen der Kategorie W3“) lautete u. a. wie folgt:

„(2)      Der verantwortliche [bevollmächtigte Anweisungsbefugte, im Folgenden: BAB] beantragt die Aktivierung einer W3b‑Warnmeldung, wenn er davon Kenntnis erhält, dass gegen Dritte, insbesondere wenn diese unter seiner Verantwortung Gemeinschaftsmittel erhalten oder erhalten haben, Gerichtsverfahren aufgrund von schwerwiegenden Verwaltungsfehlern oder Betrug eingeleitet wurden.

Mündet eine Untersuchung des OLAF jedoch in ein Gerichtsverfahren oder trifft das OLAF Follow-up-Maßnahmen bzw. leistet dazu Amtshilfe, beantragt das OLAF die Eingabe der diesbezüglichen W3b‑Warnmeldung.

(3)      Eine W3-Warnmeldung wird gespeichert, bis ein rechtskräftiges Urteil ergeht oder der Fall anderweitig beigelegt wird.“

17      Art. 17 Abs. 2 des FWS-Beschlusses, der insbesondere die Auswirkungen einer W3b‑Warnmeldung auf Verfahren zur Vergabe von Aufträgen oder zur Gewährung von Finanzhilfen regelt, bestimmte:

„Sollte der Dritte, für den im FWS eine W2‑, W3b‑ oder W4-Warnmeldung vorliegt, auf der Liste des Bewertungsausschusses oben stehen, trifft der verantwortliche BAB angesichts seiner Verpflichtung zum Schutz des Ansehens und der finanziellen Interessen der Gemeinschaften und unter Berücksichtigung der Art und Schwere des die Warnmeldung begründenden Tatbestands, des Betrags und der Dauer des Auftrags bzw. der Finanzhilfe sowie gegebenenfalls der Dringlichkeit der Abwicklung eine der folgenden Entscheidungen:

a)      Er vergibt den Auftrag oder die Finanzhilfe an den Dritten trotz Vorliegens der FWS-Warnmeldung und stellt sicher, dass verschärfte Überwachungsmaßnahmen getroffen werden.

b)      Wird mit dem Vorliegen einer solchen Warnmeldung die ursprüngliche Bewertung in Bezug auf Einhaltung der Auswahl- und Zuschlagskriterien objektiv in Frage gestellt, veranlasst er, dass der Auftrag bzw. die Finanzhilfe auf der Grundlage einer von der ursprünglichen Bewertung abweichenden Bewertung in Bezug auf Einhaltung der Auswahl- und Zuschlagskriterien an einen anderen Bieter oder Bewerber vergeben wird und begründet seine Entscheidung in angemessener Weise.

c)      Er schließt das Vergabeverfahren ohne Zuschlagserteilung ab und begründet diese Maßnahme in der Mitteilung an den Bieter in gebührender Weise.

…“

18      Auf eine schriftliche Anfrage der ECO3 vom 16. Dezember 2008 bestätigte die Kommission mit Schreiben vom 12. Januar 2009, dass am 17. November 2008 gegen die ECO3 eine W3b‑Warnmeldung in das FWS eingegeben worden war.

19      Am 15. Januar 2009 übersandte der Direktor des OLAF seine Berichte über die Auswertung der aufgenommenen IT‑Daten an die DNIF.

20      Am 10. März 2009 legte die ECO3 beim Europäischen Bürgerbeauftragten wegen der gegen sie in das FWS eingegebenen Warnmeldung eine Beschwerde ein. Diese Beschwerde wurde unter dem Aktenzeichen 637/2009/(ELB)FOR in das Register eingetragen.

21      Am 17. März 2009 wurde in Frankreich eine Voruntersuchung wegen des Türkei-Komplexes eingeleitet.

22      Am 14. September 2009 übermittelte das OLAF dem belgischen Generalstaatsanwalt Informationen über den Verdacht der Bestechung im Rahmen der Vergabe eines von der Union in Serbien finanzierten Auftrags (im Folgenden: Serbien-Komplex). Diese Informationen betrafen insbesondere die KIC, Herrn L. und ECO3. Eine Voruntersuchung und ein Untersuchungsverfahren im Serbien-Komplex wurden in Belgien eingeleitet.

23      Am 1. Oktober 2009 wurde in Belgien die gerichtliche Voruntersuchung in dem Serbien-Komplex eingeleitet.

24      Am 16. Oktober 2009 erließ die Kommission den Beschluss K(2009) 7692 endg. zur Übertragung von Verwaltungszuständigkeiten betreffend die Komponente „Entwicklung der Humanressourcen“ des IPA auf die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien. Da es Hinweise auf bestimmte Gefahren gegeben hatte, wurde in Art. 1 dieses Beschlusses vorgesehen, dass die Verwaltungszuständigkeiten bezüglich der Komponente „Entwicklung der Humanressourcen“ des IPA auf die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien übertragen werden, dass die Kommission jedoch die in Anhang II aufgeführten Ex-ante-Kontrollen durchführt. Nach diesem Anhang musste die Kommission, sobald der Auftrag vergeben war, u. a. die den Auftrag betreffenden Vertragsunterlagen bestätigen.

25      Im Mai 2010 wurde Herr L. von einem französischen Untersuchungsrichter wegen Bestechung im Kontext des Türkei-Komplexes vernommen.

26      Die Kommission und das OLAF tragen vor, das OLAF habe im Juli 2010 nach Art. 12 des FES-Beschlusses die Aktivierung einer W3b‑Warnmeldung im FWS in Bezug auf die Klägerin beantragt. Die Kommission führt aus, die Aktivierung einer entsprechenden Warnmeldung sei von dem OLAF in Bezug auf Herrn L. beantragt worden.

27      Am 6. Juli 2010 wurde eine nicht offene Ausschreibung für einen Dienstleistungsauftrag mit dem Titel „Bekämpfung der Schwarzarbeit“ (im Folgenden: fraglicher Auftrag) im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. 2010, S 128‑194817) unter dem Aktenzeichen EuropAid/130133/D/SER/MK veröffentlicht. Der fragliche Auftrag erfolgte im Rahmen der Komponente „Entwicklung der Humanressourcen“ gemäß der Verordnung IPA. Gegenstand der Ausschreibung war der Abschluss eines Vertrags zur Verbesserung der Wirksamkeit und Effizienz des Kampfes gegen Schwarzarbeit in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien mit einem vorläufigen Budget von 1 Mio. Euro. Es handelte sich um einen ex-ante dezentralisierten öffentlichen Auftrag, dessen Auftraggeber die zentrale Abteilung für Finanzierung und Vergabe von Aufträgen des Finanzministeriums der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien (im Folgenden: nationaler Auftraggeber) war.

28      Das Verfahren zur Vergabe des fraglichen Auftrags unterlag gemäß den Angaben, die in den Kopfzeilen der Hinweise für die Bieter dieses Auftrags enthalten waren, den Bestimmungen des „Handbuchs für Vergabeverfahren im Zusammenhang mit Maßnahmen betreffend Außenbeziehungen“ (im Folgenden: PRAG).

29      Nr. 2.2 des PRAG, der die Modalitäten der Verwaltung betraf, bestimmte insbesondere, dass im Rahmen eines dezentralen Programms, das eine Ex-ante-Kontrolle vorsieht, der Auftraggeber die Entscheidungen über die Verfahren und die Auftragsvergabe traf und sie der Kommission zur vorherigen Genehmigung vorlegte. Gemäß der genannten Bestimmung des PRAG bestand die Beteiligung der Kommission in der Genehmigung der Finanzierung der dezentralen Verträge, und die Maßnahmen ihrer Vertreter bei den dezentralen Verfahren zum Abschluss und zur Durchführung dieser Verträge betrafen nur die Feststellung, ob die Finanzierungsbedingungen der Union erfüllt waren. Daher berührten diese Maßnahmen nicht den Grundsatz – und konnten ihn nicht berühren –, dass die dezentralen Aufträge nationale Verträge blieben, für deren Vorbereitung, Aushandlung und Abschluss allein die dezentralen Auftraggeber verantwortlich waren. Zudem ergab sich aus der genannten Bestimmung, dass der in der Finanzierungsvereinbarung bezeichnete Auftraggeber, d. h. die Regierung oder Stelle des begünstigten Landes mit Rechtspersönlichkeit, mit der die Kommission die genannte Vereinbarung geschlossen hatte, den dezentralen Vertrag unterzeichnete und den Auftrag vergab, dass jedoch die genannte Regierung oder Stelle zuvor der Kommission das Prüfungsergebnis zur Genehmigung vorlegen musste und sodann nach Übermittlung dieses Ergebnisses an den Auftragnehmer, nach Entgegennahme und Prüfung der Nachweise bezüglich der Ausschluss- und Auswahlkriterien den Vertrag der Kommission zur Bestätigung (Genehmigung) vorlegen musste.

30      Nr. 2.4.13 des PRAG betreffend die Aufhebung des Vergabeverfahrens bestimmte, dass der Auftraggeber bis zur Unterzeichnung des Vertrags entweder auf die Auftragsvergabe verzichten oder das Vergabeverfahren aufheben konnte, ohne dass die Bewerber oder Bieter einen Anspruch auf Entschädigung hatten, und nannte hierfür den Fall, dass das Verfahren erfolglos geblieben war, weil kein qualitativ oder finanziell annehmbares Angebot eingegangen war. Nach der genannten Bestimmung lag die endgültige Entscheidung insoweit beim Auftraggeber (nach vorheriger Zustimmung der Kommission für Aufträge, die der Auftraggeber im Rahmen des Ex-ante-Systems vergeben hatte).

31      Nr. 2.4.15 des PRAG, der den Rechtsweg betraf, sah insbesondere vor, dass die Kommission, wenn sie nicht der Auftraggeber war und von der Beschwerde eines Bieters Kenntnis erhielt, der meinte, wegen eines Fehlers oder einer im Rahmen des Vergabeverfahrens begangenen Unregelmäßigkeit benachteiligt zu sein, ihre Stellungnahme dem Auftraggeber bekannt zu geben hatte und im Rahmen des Möglichen eine einvernehmliche Lösung zwischen dem beschwerdeführenden Bieter und dem Auftraggeber zu suchen hatte.

32      Nr. 2.9.2 des PRAG betreffend die Vorbereitung und die Unterzeichnung des Vertrags bestimmte, dass der Auftraggeber die Vertragsakte in dem ex-ante dezentralisierten System zwecks Bestätigung an die Delegation der Union übersendet, die alle Ausfertigungen des Vertrags unterzeichnen musste, um die Finanzierung der Union zu bestätigen.

33      Zudem heißt es in Nr. 14.1 der Hinweise für die Bieter des fraglichen Auftrags, dass der Auftragnehmer schriftlich von der Annahme seines Angebots in Kenntnis gesetzt werden musste, und in Nr. 15, dass das Vergabeverfahren insbesondere aufgehoben werden konnte, wenn das Verfahren erfolglos geblieben war, weil z. B. kein qualitativ oder finanziell annehmbares Angebot eingegangen war. Es wurde dort darauf hingewiesen, dass der nationale Auftraggeber in diesem Fall zu keiner Entschädigungsleistung verpflichtet war.

34      Ein Konsortium unter der Federführung der Klägerin bewarb sich auf die in Rede stehende Ausschreibung.

35      Am 13. September 2011 übersandte der nationale Auftraggeber an die Klägerin das Zustellungsschreiben, mit dem er diese davon in Kenntnis setzte, dass der fragliche Auftrag an das von ihr angeführte Konsortium vergeben worden sei, vorbehaltlich der Vorlage zulässiger Nachweise bezüglich der Ausschluss- und Auswahlkriterien des in Rede stehenden Vergabeverfahrens innerhalb von 14 Tagen. In dem Schreiben wurde darauf hingewiesen, dass der nationale Auftraggeber unter bestimmten Voraussetzungen noch die Ausschreibung aufheben könne, ohne dass er zu einer Entschädigung verpflichtet sei.

36      Mit E‑Mail vom 4. Oktober 2011 teilte der nationale Auftraggeber der Klägerin mit, dass er sämtliche Nachweise erhalten habe. Für eine abschließende Prüfung bat er die Klägerin, ihm ihre Bilanz für das Jahr 2006 zu übersenden oder ihm andernfalls bestimmte Informationen zu übermitteln. Die Klägerin fügte der E‑Mail, mit der sie am 5. Oktober 2010 antwortete, ihre Bilanz für das Jahr 2006 bei. Der nationale Auftraggeber bestätigte den Empfang mit E‑Mail vom selben Tag.

37      Mit E‑Mail vom 2. November 2011 erkundigte sich die Klägerin beim nationalen Auftraggeber über den Fortgang des Verfahrens.

38      Mit E‑Mail vom 3. November 2011 erwiderte der nationale Auftraggeber, dass er auf die Ex-ante-Genehmigung der Vertragsunterlagen durch die Delegation der Union in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien (im Folgenden: Delegation) warte, um das Vertragsunterzeichnungsverfahren abschließen zu können. Das Verfahren solle zügig beendet werden, so dass es von Bedeutung sei, dass die Klägerin sicherstelle, dass die wichtigsten Fachkräfte, die an der Durchführung des Vertrags beteiligt sein sollten, bis Ende des Jahres 2011 weiterhin zur Verfügung stünden.

39      Mit Schreiben vom 9. November 2011 bestätigte die Delegation den Empfang des Entwurfs eines Vertrags über den fraglichen Auftrag, den der nationale Auftraggeber ihr zwecks Bestätigung übersandt hatte. In dem Vermerk, auf den sie in dem genannten Schreiben verwies, teilte sie mit, dass sie sich gemäß Art. 17 Abs. 2 Buchst. c des FWS-Beschlusses entschieden habe, den Vertrag nicht zu bestätigen.

40      In dem oben in Rn. 39 angeführten Vermerk berief sich die Delegation auf ein Rechtmäßigkeits- bzw. Ordnungsmäßigkeitsproblem, das darauf zurückzuführen sei, dass gegen die für die Vergabe des Vertrags empfohlene Gesellschaft, also die Klägerin, eine W3b‑Warnmeldung in das FWS eingegeben worden sei, die im Zusammenhang mit einer wegen Betrugs oder schwerwiegender Verwaltungsfehler anhängigen Klage stehe. Sie empfahl dem nationalen Auftraggeber in diesem Vermerk schließlich, das Verfahren zur Vergabe des fraglichen Auftrags ohne Vertragsschluss zu beenden und die Beendigung in der an den Bieter übermittelten Benachrichtigung in gebührender Weise zu begründen.

41      In dem Schreiben vom 9. November 2011 fügte die Delegation hinzu, sie habe die Entscheidung, den Vertrag nicht zu bestätigen, angesichts ihrer Verpflichtung zum Schutz des Ansehens und der finanziellen Interessen der Union und unter Berücksichtigung der Art und Schwere des die fragliche Warnmeldung begründenden Tatbestands getroffen. Sie schlug dem nationalen Auftraggeber vor, ein neues Vergabeverfahren einzuleiten.

42      Mit Schreiben vom 17. November 2011 wies der nationale Auftraggeber die Delegation darauf hin, dass er aufgrund ihrer Mitteilung, wonach das für die Vergabe des fraglichen Auftrags technisch einzig annehmbare Angebot eine Gesellschaft einbeziehe, gegen die eine W3b‑Warnmeldung in das FWS eingegeben worden sei, ihr einen Vermerk über die Aufhebung des Verfahrens zur Vergabe des fraglichen Auftrags sowie ein Informationsschreiben für die nicht berücksichtigten Bieter zur Genehmigung übermittle.

43      Im November 2010 wurde die Aufhebung des Verfahrens zur Vergabe des fraglichen Auftrags bekannt gemacht.

44      Mit einem „Schreiben an nicht berücksichtigte Bieter“ vom 6. Dezember 2011 setzte der nationale Auftraggeber die Klägerin davon in Kenntnis, dass er „im Hinblick auf die Notwendigkeit, das Ansehen und die finanziellen Interessen der Union zu schützen, und unter Berücksichtigung der Art und Schwere des die Warnmeldung begründenden Tatbestands“ beschlossen habe, das Verfahren zur Vergabe des fraglichen Auftrags ohne Zuschlagserteilung für diesen Auftrag zu beenden, wie es in Art. 17 Abs. 2 Buchst. c des FWS-Beschlusses vorgesehen sei.

45      Mit Schreiben vom 12. Dezember 2011 an die Delegation und an den nationalen Auftraggeber machte die Klägerin geltend, dass die Entscheidung des nationalen Auftraggebers, das Verfahren zur Vergabe des fraglichen Auftrags ohne Zuschlagserteilung für diesen Auftrag wegen der gegen die Klägerin eingegebenen FWS-Warnmeldung zu beenden, rechtswidrig sei, und verlangte die Rücknahme dieser Entscheidung. Sie berief sich insbesondere darauf, dass die Kommission die Warnmeldung in das FWS gegen sie eingegeben habe, ohne sie hiervon zu benachrichtigen, geschweige denn, sie zuvor anzuhören, sowie unter Verstoß gegen ihre Verteidigungsrechte, obwohl, wie sich aus dem Beschluss vom 13. April 2011, Planet/Kommission (T‑320/09, EU:T:2011:172), ergebe, diese Warnmeldung eine sie beschwerende Maßnahme gewesen sei. Jedenfalls habe der nationale Auftraggeber seine Entscheidung, das Verfahren zur Vergabe des fraglichen Auftrags ohne Zuschlagserteilung für diesen Auftrag zu beenden, statt eine andere, weniger schädigende Lösung nach Art. 17 Abs. 2 Buchst. c des FWS-Beschlusses zu wählen, nicht begründet.

46      Am 16. Dezember 2011 gab der Bürgerbeauftragte den Entwurf einer Empfehlung für seine Initiativuntersuchung OI/3/2008/FOR gegen die Kommission heraus. In diesem Entwurf empfahl er eine Überprüfung des FWS-Beschlusses, um sicherzustellen, dass seine Tragweite nicht über das zum Schutz der finanziellen Interessen der Union Erforderliche hinausgeht und er nicht gegen die Grundrechte der in das FWS eingegebenen Personen, insbesondere gegen das Recht dieser Personen auf Anhörung vor ihrer Eingabe, verstößt. Er empfahl in Nr. 141 des Entwurfs ferner, dass die W3b‑Warnmeldungen unter der Geltung des Untersuchungsgrundsatzes nur Anwendung finden, wenn gemäß Entscheidung der Justizbehörden von der vorgerichtlichen Phase in die gerichtliche Phase übergegangen wird. Er war der Auffassung, dass allein die W1- oder W2-Warnmeldungen eventuell in der vorgerichtlichen Phase vorgenommen werden könnten.

47      Mit Schreiben vom 12. Januar 2012 an die Delegation sowie an den nationalen Auftraggeber bekräftigte die Klägerin ihren Standpunkt und stützte sich hierbei auf den Entwurf einer Empfehlung des Bürgerbeauftragten vom 16. Dezember 2011.

48      Mit Schreiben vom 1. März 2012 an die Delegation sowie an den nationalen Auftraggeber wies die Klägerin darauf hin, dass nach ihrer Auffassung im vorliegenden Fall die Union verantwortlich sei, und beantragte auf der Grundlage des Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, dass ihr der gesamte Schriftverkehr zwischen der Kommission und den Behörden der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien sowie alle zwischen diesen ausgetauschten Dokumente bezüglich des Verfahrens zur Vergabe des fraglichen Auftrags zugänglich gemacht werden, soweit sie von ihnen betroffen ist.

49      Mit Schreiben vom 14. März 2012 entschuldigte sich die Delegation für die verspätete Beantwortung der Schreiben der Klägerin und teilte dieser mit, dass sie gemäß Art. 2.4.15 des PRAG mit dem nationalen Auftraggeber, der für das Verfahren zur Vergabe des fraglichen Auftrags allein verantwortlich sei, nach einem Weg suche, wie ihrem Antrag auf Zugang zu bestimmten Dokumenten entsprochen werden könne.

50      Mit Schreiben vom 11. Mai 2012 an die Delegation und an die Kommission teilte die Klägerin mit, dass nach ihrer Auffassung die vom nationalen Auftraggeber getroffene Entscheidung über die Aufhebung des Verfahrens zur Vergabe des fraglichen Auftrags nur die Folge der Entscheidung der Kommission über die Eingabe der Klägerin in das FWS und der nachfolgenden Entscheidung der Delegation sei, den Vertrag wegen dieser Eingabe nicht zu bestätigen. Sie erneuerte zudem ihren Antrag auf Übermittlung von Dokumenten.

51      Mit Urteil vom 24. Mai 2012 hob die Cour d’appel de Paris (Berufungsgericht Paris, Frankreich) die gerichtlichen Anordnungen vom 18. September und 17. Oktober 2008, die nachfolgenden Berichte des OLAF und alle nachfolgenden Maßnahmen auf.

52      Mit Schreiben vom 25. Juni 2012 erinnerte die Klägerin die Delegation und die Kommission erneut an ihren Antrag auf Übermittlung von Dokumenten.

53      Mit Schreiben vom 25. Juni 2012 stellte die Klägerin bei der Kommission auch den Antrag, ihr zu bestätigen, dass gegen sie eine Warnmeldung in das FWS eingegeben worden sei, und ihr mitzuteilen, welcher Art die Warnmeldung sei und wie ihre Begründung laute, sowie den Verfasser und das Datum des Antrags auf Warnmeldung zu nennen.

54      Am 6. Juli 2012 erließ der Bürgerbeauftragte eine Entscheidung, mit der er seine Initiativuntersuchung OI/3/2008/FOR gegen die Kommission abschloss.

55      Mit Schreiben vom 11. Juli 2012 bestätigte die Kommission der Klägerin, dass gegen sie eine W3b‑Warnmeldung im FWS gemäß Art. 12 des FWS-Beschlusses bestehe, der vorsehe, dass, „[wenn] eine Untersuchung des OLAF … in ein Gerichtsverfahren [mündet] oder … das OLAF Follow-up-Maßnahmen [trifft] bzw. … dazu Amtshilfe [leistet], … das OLAF die Eingabe der diesbezüglichen W3b‑Warnmeldung [beantragt].“ Sie wies ferner darauf hin, dass jeder verantwortliche Anweisungsbefugte die Folgen zu prüfen habe, die sich aus dieser Warnmeldung für die Vergabeverfahren und die laufenden Verträge ergäben.

56      Mit Schreiben vom 11. Juli 2012 teilte die Delegation der Klägerin mit, dass die Entscheidung über die Aufhebung des Verfahrens zur Vergabe des fraglichen Auftrags vom nationalen Auftraggeber erlassen worden sei, dass sie über keine Akte verfüge, zu dem sie der Klägerin Zugang gewähren könne und dass sie daher ihren Antrag an die zuständigen nationalen Behörden weiterleiten werde.

57      Mit Schreiben vom 23. August 2012 legte die Klägerin beim Bürgerbeauftragen Beschwerde mit dem Antrag auf Feststellung ein, dass die Kommission gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen habe, indem sie gegen die Klägerin die Warnmeldung in das FWS eingegeben habe, ohne sie zuvor zu informieren, indem sie sich geweigert habe, die Klägerin mit den für das Verständnis dieser Warnmeldung erforderlichen Informationen zu versorgen, und indem sie sich vor diesem Hintergrund trotz ihrer späteren Einwände geweigert habe, den Vertrag über den an sie vergebenen Auftrag zu bestätigen. Sie beantragte beim Bürgerbeauftragten ferner Maßnahmen, um die gegen sie eingegebene Warnmeldung im FWS zu löschen. Diese Beschwerde wurde unter dem Aktenzeichen 604/2013/FOR eingetragen.

58      Mit Urteil vom 19. Dezember 2012, Kommission/Planet (C‑314/11 P, EU:C:2012:823), hat der Gerichtshof das gegen den Beschluss vom 13. April 2011, Planet/Kommission (T‑320/09, EU:T:2011:172), eingelegte Rechtsmittel mit der Feststellung zurückgewiesen, dass die Warnmeldung über ein Unternehmen im FWS, einschließlich einer W1-Warnmeldung, geeignet ist, das im FWS erfasste Unternehmen zu beschweren.

59      Als Konsequenz aus dem Urteil vom 19. Dezember 2012, Kommission/Planet (C‑314/11 P, EU:C:2012:823), traf die Kommission vorläufige Maßnahmen zur Durchführung des FWS-Beschlusses, damit die Unternehmen, gegen die ein Antrag auf Eingabe einer Warnmeldung W1 bis W4 vorlag, vor Eingabe der Warnmeldung schriftlich Stellung nehmen konnten.

60      Mit Beschluss vom 8. Mai 2013 schloss der Bürgerbeauftragte das Verfahren 637/2009/(ELB)FOR mit dem kritischen Vermerk: „Das OLAF versäumte es, die Rücknahme der gegen [ECO3] eingegebenen Warnmeldung W3b zu beantragen.“

61      Mit Schreiben vom 16. Dezember 2013 übermittelte der Bürgerbeauftragte an die Klägerin die Stellungnahme, die er vom OLAF mit Schreiben vom 2. Dezember 2013 erhalten hatte.

62      Mit Schreiben vom 8. Januar 2014 nahm die Klägerin gegenüber dem Bürgerbeauftragten Stellung zu dem Schreiben des OLAF vom 2. Dezember 2013.

63      Mit Schreiben vom 1. September 2014 übersandte der Bürgerbeauftragte an die Klägerin seinen Entwurf einer Empfehlung 604/2013/FOR, die lautete, dass die Kommission die gegen die Klägerin eingegebene Warnmeldung im FWS löscht oder die Gründe für deren Aufrechterhaltung mitteilt und an die Klägerin eine Kopie des Schriftverkehrs zwischen ihr und dem nationalen Auftraggeber bezüglich der genannten Warnmeldung übersendet.

64      Im Februar 2015 löschte die Kommission die gegen die Klägerin sowie gegen Herrn L. eingegebene FWS-Warnmeldung.

65      Mit Beschluss vom 16. April 2015 stellte der mit dem Türkei-Komplex betraute französische Untersuchungsrichter fest, dass für eine strafrechtliche Verfolgung des Herrn L. wegen Bestechung insoweit kein Grund bestehe, da sich aus den Informationen kein hinreichender Tatverdacht gegen Herrn L. ergeben habe.

66      Mit Schreiben vom 29. April 2015 übersandte der Bürgerbeauftragte an die Klägerin die Stellungnahme des OLAF zu dem Entwurf einer Empfehlung bezüglich der Beschwerde der Klägerin. In dieser Stellungnahme wies das OLAF darauf hin, dass es am 10. Februar 2015 an den Rechnungsführer der Kommission gemäß Art. 5 Abs. 3 Buchst. b des FWS-Beschlusses einen Antrag auf Aufhebung der gegen die Klägerin eingegebenen FWS-Warnmeldung gerichtet habe und dass der genannte Rechnungsführer am 16. Februar 2015 entschieden habe, die genannte Warnmeldung aufzuheben. In Bezug auf den Antrag auf Übersendung des Schriftverkehrs teilte das OLAF mit, dass es diesen Antrag an die zuständige Dienststelle der Kommission weitergeleitet habe.

67      Mit Schreiben vom 21. Mai 2015 an den Bürgerbeauftragten nahm die Klägerin die Rücknahme der gegen sie eingegebenen FWS-Warnmeldung zur Kenntnis, machte jedoch bezüglich der Stellungnahme des OLAF Vorbehalte.

68      Mit Beschluss vom 21. Mai 2015 brachte die Ratskammer des Tribunal de première instance francophone de Bruxelles (Französischsprachiges Amtsgericht Brüssel, Belgien) u. a. Herrn L. und ECO3 wegen des Verdachts der Bestechung in dem Ukraine-Komplex vor das Tribunal correctionnel (Strafgericht).

69      Mit Schreiben vom 26. Juni 2015, das bei der Klägerin am 1. Juli 2015 einging, übersandte die Kommission an die Klägerin den Schriftverkehr zwischen dem nationalen Auftraggeber und der Delegation, d. h. die Schreiben vom 9. und 17. November 2011, zu denen sie bis dahin keinen Zugang erhalten hatte.

 Sachverhalt nach Erhebung der Klage

70      Mit Beschluss vom 14. Juni 2016 brachte die Ratskammer des Tribunal de première instance francophone de Bruxelles (Französischsprachiges Amtsgericht Brüssel) u. a. Herrn L. und ECO3 wegen des Verdachts der Bestechung in dem Serbien-Komplex vor das Tribunal correctionnel (Strafgericht).

71      Mit zwei Urteilen vom 5. Oktober 2017 erklärte das Tribunal de première instance francophone de Bruxelles (Französischsprachiges Amtsgericht Brüssel) die Strafverfolgungen in dem Ukraine- und dem Serbien-Komplex für unzulässig, da die Grundlage für diese Verfolgungen unwiderruflich entfallen sei, nachdem die französische Justiz wesentliche Beweismittel für nichtig erklärt habe. Es stellte daher fest, dass es für eine Entscheidung über die Zivilklagen nicht zuständig sei. Da gegen diese Urteile kein Rechtsmittel eingelegt wurde, wurden sie rechtskräftig.

 Verfahren und Anträge der Parteien

72      Mit Klageschrift, die am 13. Juni 2016 bei der Kanzlei des Gerichts einging, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Die Rechtssache ist der Fünften Kammer des Gerichts zugewiesen worden.

73      Im Zuge einer Änderung der Zusammensetzung der Kammern des Gerichts ist die Rechtssache am 6. Oktober 2016 der Siebten Kammer des Gerichts zugewiesen worden.

74      Am 14. Februar 2017 ist die Rechtssache im Interesse einer geordneten Rechtspflege einem neuen Berichterstatter zugewiesen worden, der der Ersten Kammer des Gerichts angehört.

75      Im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme nach Art. 89 der Verfahrensordnung des Gerichts, die den Parteien am 15. Juni 2017 zugestellt worden ist, sind diese zur Stellungnahme zu den möglichen Schlussfolgerungen aufgefordert worden, die in der vorliegenden Rechtssache aus dem Beschluss vom 13. September 2012, Diadikasia Symvouloi Epicheiriseon/Kommission u. a. (T‑369/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:425), im Rechtsmittelverfahren bestätigt durch Beschluss vom 4. Juli 2013, Diadikasia Symvouloi Epicheiriseon/Kommission u. a. (C‑520/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:457), zu ziehen sind. Dieser Aufforderung sind die Parteien innerhalb der gesetzten Fristen nachgekommen.

76      Das Gericht hat auf Vorschlag der Berichterstatterin beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und die Parteien sind im Rahmen weiterer prozessleitender Maßnahmen, die ihnen am 23. März 2018 zugestellt worden sind, zur Beantwortung einiger schriftlicher Fragen aufgefordert worden. Die Parteien sind dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Fristen nachgekommen.

77      In der mündlichen Verhandlung vom 2. Mai 2018 haben die Parteien mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet. Danach ist die mündliche Verhandlung geschlossen worden.

78      Auf Vorschlag der Berichterstatterin hat das Gericht, das insbesondere ein zwischen den Parteien nicht erörtertes Vorbringen als entscheidungserheblich ansah, die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beschlossen und im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme die Parteien aufgefordert, schriftlich eine Frage zu beantworten. Die Parteien sind dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Fristen nachgekommen, und die mündliche Verhandlung ist mit Beschluss der Präsidentin der Ersten Kammer des Gerichts erneut geschlossen worden.

79      Die Klägerin beantragt,

–        die Kommission zu verurteilen, ihr den materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist, dass sie von einer FWS-Warnmeldung betroffen war und daraufhin, gestützt auf diese Warnmeldung, der Abschluss des Vertrags über den fraglichen Auftrag verweigert wurde, und der sich insgesamt auf 496 000 Euro beläuft, von denen 166 000 Euro auf den materiellen Schaden infolge des Verlusts des fraglichen Auftrags und 330 000 Euro auf den materiellen und immateriellen Schaden infolge des Verlusts einer Chance entfallen, im Personalbereich und in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien weitere Aufträge zu erhalten;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

80      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Zuständigkeit des Gerichts für die Entscheidung über die Klage

81      Während die Kommission in der Gegenerwiderung erklärt hat, sie wolle die Zulässigkeit der vorliegenden Klage nicht in Abrede stellen, führt sie in ihrer Antwort auf die am 15. Juni 2017 zugestellte prozessleitende Maßnahme aus, das Gericht müsse die vorliegende Klage von Amts wegen für unzulässig erklären. Aus Rn. 62 des Beschlusses vom 13. September 2012, Diadikasia Symvouloi Epicheiriseon/Kommission u. a. (T‑369/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:425), ergebe sich, dass, wenn die schadensbegründende Handlung von dem Auftraggeber eines Drittlandes ausgehe, allein die Gerichte dieses Landes für die Prüfung eines eventuellen Schadensersatzes zuständig seien. Die Handlung, auf die der von der Klägerin geltend gemachte Schaden zurückzuführen sei, sei eine Handlung des nationalen Auftraggebers, nämlich die vom nationalen Auftraggeber getroffene Entscheidung über die Aufhebung des Verfahrens zur Vergabe des fraglichen Auftrags, von der die Klägerin mit Schreiben des genannten Auftraggebers vom 6. Dezember 2011 in Kenntnis gesetzt worden sei.

82      In ihrer Antwort auf die am 15. Juni 2017 und 23. März 2018 zugestellten prozessleitenden Maßnahmen vertritt die Klägerin die Auffassung, dass die vorliegende Klage zulässig sei. Zur Begründung führt sie aus, dass auch dann, wenn die Entscheidung des nationalen Auftraggebers, das Verfahren zur Vergabe des fraglichen Auftrags ohne Vertragsschluss zu beenden, herangezogen werde, die als schadensbegründend angeführte rechtswidrige Handlung, d. h. die sie betreffende Eingabe in das FWS und die spätere Weigerung, den Vertrag über den fraglichen Auftrag zu bestätigen, der Kommission oder der Delegation zuzurechnen sei. Der Sachverhalt unterscheide sich daher von dem in der Rechtssache, die zu dem oben in Rn. 81 angeführten Beschluss geführt habe. Dort habe die Klägerin Ersatz des Schadens verlangt, der infolge der Entscheidung des Auftraggebers des Drittlandes, deren Rechtmäßigkeit sie in Frage gestellt habe, entstanden sei.

83      Im Rahmen der Zulässigkeit erörtern die Parteien im vorliegenden Fall die Frage, ob das Gericht für die Entscheidung über die vorliegende Klage zuständig ist oder ob die Klage in die Zuständigkeit der Gerichte der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien fällt.

84      Auch wenn die Parteien keinen förmlichen Antrag in Bezug auf die von ihnen erörterte Frage gestellt haben, kann der Unionsrichter sie von Amts wegen prüfen, da sie die Zuständigkeit des Unionsrichters für die Entscheidung des Rechtsstreits betrifft, die einen das zwingende Recht betreffenden Gesichtspunkt darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. März 1980, Ferriera Valsabbia u. a./Kommission, 154/78, 205/78, 206/78, 226/78 bis 228/78, 263/78, 264/78, 31/79, 39/79, 83/79 und 85/79, EU:C:1980:81, Rn. 7, und vom 15. März 2005, GEF/Kommission, T‑29/02, EU:T:2005:99, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).

85      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Handlung, von der die Klägerin zur Begründung ihres Schadensersatzanspruchs meint, sie sei rechtswidrig, nicht die vom nationalen Auftraggeber getroffene Entscheidung über die Aufhebung des Verfahrens zur Vergabe des fraglichen Auftrags ist, sondern die Entscheidung der Kommission über die Eingabe der Klägerin in das FWS sowie die spätere Weigerung der Delegation, den Vertrag über den fraglichen Auftrag zu bestätigen. Wie die Klägerin in ihrer Antwort auf die am 15. Juni 2017 und 23. März 2018 zugestellten prozessleitenden Maßnahmen ausführt, „stützt [sie] ihre Schadensersatzklage nicht auf die Entscheidung des nationalen Auftraggebers, der [zwar] im Rahmen eines sogenannten ex ante dezentralisierten Auftrags zuständig ist“, der aber „keinen Vertrag ohne die vorherige Zustimmung der Kommission schließen kann“, so dass allein die Kommission „für die Erteilung der Zustimmung oder die Verweigerung der Zustimmung verantwortlich“ sei.

86      Auch wenn daher die Entscheidung über die Aufhebung des Verfahrens zur Vergabe des fraglichen Auftrags von dem nationalen Auftraggeber getroffen wurde, so geht doch die Rechtswidrigkeit, auf die sich zur Stützung der vorliegenden Klage berufen wird, von einem Organ, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union aus, und es kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese auf eine nationale Behörde zurückzuführen ist.

87      Aus Art. 1 des Beschlusses K(2009) 7692 endg. in Verbindung mit Anhang II dieses Beschlusses und Nr. 2.2 des PRAG ergibt sich, dass die Delegation nicht eine einfache Stellungnahme zu dem Vertragsschluss mit dem ausgewählten Bieter abgab, sondern dass sie befugt war, diesen Abschluss zu billigen oder abzulehnen, wenn ihrer Auffassung nach die Voraussetzungen für den Abschluss nicht gegeben waren.

88      Aus den Prozessakten und der mündlichen Verhandlung ergibt sich zudem, dass die Delegation mit Schreiben vom 9. November 2011 von der ihr eingeräumten Befugnis tatsächlich Gebrauch machte, um zu verhindern, dass der Vertrag über den fraglichen Auftrag mit dem von der Klägerin geleiteten Konsortium geschlossen werden konnte, so dass der nationale Auftraggeber, da das technisch einzig annehmbare Angebot von diesem Konsortium abgegeben worden war, keine andere Wahl hatte, als das Verfahren zur Vergabe des fraglichen Auftrags aufzuheben.

89      Nach alledem ist die Rechtswidrigkeit, auf die sich die Klägerin zur Begründung ihres Schadensersatzanspruchs beruft, nicht dem nationalen Auftraggeber zuzurechnen, der aus der Weigerung der Delegation, die selbst wiederum auf der zuvor getroffenen Entscheidung der Kommission beruhte, die Konsequenzen ziehen musste, sondern der Delegation und der Kommission.

90      Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich demnach von dem, der dem Beschluss vom 13. September 2012, Diadikasia Symvouloi Epicheiriseon/Kommission u. a. (T‑369/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:425), zugrunde liegt, in dem die Handlungen, auf deren Rechtswidrigkeit sich zur Begründung der Schadensersatzklage berufen worden war, nur solche der nationalen Behörde waren.

91      Aus den gesamten vorstehenden Erwägungen folgt, dass das Gericht für die Entscheidung der vorliegenden Klage zuständig ist und dass das Gegenvorbringen der Kommission insoweit zurückzuweisen ist.

 Zur Zulässigkeit der in den Anlagen C.1 bis C.12 zur Erwiderung vorgelegten Beweismittel

92      Nach Art. 113 der Verfahrensordnung kann das Gericht von Amts wegen die unverzichtbaren Zulässigkeitsvoraussetzungen prüfen (vgl. Urteil vom 2. April 1998, Apostolidis/Gerichtshof, T‑86/97, EU:T:1998:71, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Unionsrichter kann jedoch seine Entscheidung grundsätzlich nicht auf einen von Amts wegen geprüften Rechtsgrund – sei er auch zwingenden Rechts – stützen, ohne die Parteien zuvor aufgefordert zu haben, sich dazu zu äußern (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2009, Réexamen M/EMEA, C‑197/09 RX‑II, EU:C:2009:804, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

93      Im vorliegenden Fall ist von Amts wegen die Zulässigkeit der in den Anlagen C.1 bis C.12 zur Erwiderung vorgelegten Beweismittel zu prüfen.

94      In ihrer Antwort auf die prozessleitenden Maßnahmen des Gerichts (vgl. oben, Rn. 78) macht die Klägerin geltend, sämtliche Beweismittel, die in den Anlagen C.1 bis C.12 zur Erwiderung vorgelegt worden seien, entgingen der Präklusion nach Art. 85 Abs. 1 der Verfahrensordnung, da es sich um Gegenbeweise oder um eine Erweiterung der Beweisangebote handele. Die Kommission trägt demgegenüber vor, die Klägerin habe die verspätete Vorlage der Beweise bisher nicht gerechtfertigt. Sie stellt die Entscheidung zwar in das Ermessen des Gerichts, ist aber der Ansicht, dass die genannten Beweise entweder als Zusatzinformationen, als Gegenbeweis oder als Erweiterung der Beweisangebote für zulässig erklärt werden könnten.

95      Aus der Klageschrift ergibt sich insoweit, dass die vorliegende Klage einen Antrag auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens betrifft, der der Klägerin aufgrund der Entscheidung der Kommission, sie in das FWS einzugeben, und der späteren Weigerung der Delegation entstanden sein soll, den Vertrag über den fraglichen Auftrag zu bestätigen. Es handelt sich somit um eine Klage, mit der die Klägerin die außervertragliche Haftung der Union geltend machen will.

96      Nach gefestigter Rechtsprechung ist es im Rahmen einer Klage aus außervertraglicher Haftung Sache der klagenden Partei, dem Unionsrichter Beweise für den Eintritt und den Umfang des von ihr geltend gemachten Schadens zu erbringen (vgl. Urteile vom 28. Januar 2016, Zafeiropoulos/Cedefop, T‑537/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:36, Rn. 91 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 26. April 2016, Strack/Kommission, T‑221/08, EU:T:2016:242, Rn. 308 [nicht veröffentlicht]).

97      Der Unionsrichter hat zwar anerkannt, dass es in bestimmten Fällen, insbesondere wenn der behauptete Schaden schwer zu beziffern ist, nicht unabdingbar ist, in der Klageschrift den genauen Schadensumfang anzugeben und den beantragten Schadensersatzbetrag zu beziffern (vgl. Urteil vom 28. Februar 2013, Inalca und Cremonini/Kommission, C‑460/09 P, EU:C:2013:111, Rn. 104 und die dort angeführte Rechtsprechung).

98      Die Klageschrift in der vorliegenden Rechtssache ist am 13. Juni 2016 eingegangen. Darin hat die Klägerin den materiellen und immateriellen Schaden, der ihr entstanden sein soll, beziffert, indem sie sich auf die in den Anlagen zu dieser Klageschrift vorgebrachten Beweismittel stützt.

99      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 76 Buchst. f der Verfahrensordnung jede Klageschrift gegebenenfalls die Beweise und Beweisangebote enthalten muss.

100    Darüber hinaus bestimmt Art. 85 Abs. 1 der Verfahrensordnung, dass Beweise und Beweisangebote im Rahmen des ersten Schriftsatzwechsels vorzulegen sind. Art. 85 Abs. 2 der Verfahrensordnung fügt hinzu, dass die Parteien für ihr Vorbringen noch in der Erwiderung oder in der Gegenerwiderung Beweise oder Beweisangebote vorlegen können, sofern die Verspätung der Vorlage gerechtfertigt ist. Im letztgenannten Fall entscheidet das Gericht gemäß Art. 85 Abs. 4 der Verfahrensordnung über die Zulässigkeit der vorgebrachten Beweise oder Beweisangebote, nachdem es den anderen Parteien Gelegenheit gegeben hat, hierzu Stellung zu nehmen.

101    Die Präklusionsvorschrift des Art. 85 Abs. 1 der Verfahrensordnung betrifft nicht den Gegenbeweis und die Erweiterung der Beweisangebote im Anschluss an einen Gegenbeweis der Gegenpartei (vgl. Urteil vom 22. Juni 2017, Biogena Naturprodukte/EUIPO [ZUM wohl], T‑236/16, EU:T:2017:416, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

102    Nach der Rechtsprechung zur Anwendung der Präklusionsvorschrift des Art. 85 Abs. 1 der Verfahrensordnung müssen die Parteien die verspätete Vorlage neuer Beweise oder Beweisangebote begründen (Urteil vom 18. September 2008, Angé Serrano u. a./Parlament, T‑47/05, EU:T:2008:384, Rn. 54), und der Unionsrichter ist befugt, die Stichhaltigkeit der Begründung für die Verspätung, mit der diese Beweise oder Beweismittel vorgelegt worden sind, und gegebenenfalls deren Inhalt zu prüfen sowie sie zurückzuweisen, wenn diese verspätete Vorlage rechtlich nicht hinreichend gerechtfertigt oder begründet ist (Urteile vom 14. April 2005, Gaki-Kakouri/Gerichtshof, C‑243/04 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2005:238, Rn. 33, und vom 18. September 2008, Angé Serrano u. a./Parlament, T‑47/05, EU:T:2008:384, Rn. 56).

103    Es ist bereits entschieden worden, dass die verspätete Vorlage von Beweisen oder Beweisangeboten durch eine Partei gerechtfertigt sein kann, wenn diese Partei über diese Beweise nicht früher verfügen konnte oder die Verspätung, mit der die Gegenpartei Beweise vorgelegt hat, es rechtfertigt, die Verfahrensakten zur Wahrung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens zu ergänzen (Urteile vom 14. April 2005, Gaki-Kakouri/Gerichtshof, C‑243/04 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2005:238, Rn. 32, und vom 18. September 2008, Angé Serrano u. a./Parlament, T‑47/05, EU:T:2008:384, Rn. 55).

104    Im vorliegenden Fall hat die Klägerin in den Anlagen C.1 bis C.15 zur Erwiderung eine Reihe von Beweismitteln vorgelegt, ohne deren verspätete Vorlage präzise zu rechtfertigen.

105    Zunächst ist festzustellen, dass die in der Anlage C.7 zur Erwiderung vorgelegte Tabelle, in der die operativen Kosten der Klägerin aufgeschlüsselt werden, keinen Beweis darstellt, wie die Klägerin meint. Es handelt sich nämlich lediglich um eine Information, mit der eine Frage der Kommission in Rn. 52 der Klagebeantwortung beantwortet werden sollte und die die Kommission in Rn. 34 der Gegenerwiderung „zur Kenntnis“ nahm. Es handelt sich folglich nicht um einen Beweis, dessen Zulässigkeit im Hinblick auf Art. 85 Abs. 1 der Verfahrensordnung geprüft werden müsste.

106    Soweit die Klägerin in ihren Antworten auf die Fragen des Gerichts (vgl. oben, Rn. 78) geltend gemacht hat, die Anlagen C.1 bis C.12 zur Erwiderung enthielten Beweise, die erforderlich seien, um die Darlegungen der Kommission in der Klagebeantwortung zu widerlegen, ist darauf hinzuweisen, dass, wie die Klägerin zu Recht ausführt und wie die Kommission auch einräumt, die verspätete Vorlage der in den Anlagen C.1 bis C.4 zur Erwiderung angeführten Beweismittel in der Tat damit gerechtfertigt werden kann, dass der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens in Bezug auf bestimmte Darlegungen in der Klagebeantwortung gewahrt werden soll. Erstens ist der Auszug aus dem Beschluss über die Verweisung an das Tribunal correctionnel (Strafgericht) und über die teilweise Einstellung vom 16. April 2015, der in dem in Frankreich eröffneten Strafverfahren erging, in der Anlage C.1 zur Erwiderung vorgelegt worden, um zu belegen, dass das Verfahren gegen Herrn L. aus sachlichen Gründen, nämlich mangels hinreichenden Tatverdachts, und nicht aus Gründen der Zulässigkeit eingestellt wurde, wie die Kommission in Rn. 12 der Klagebeantwortung behauptet hat. Zweitens sind die Schriftstücke des Verfahrens vor dem Bürgerbeauftragten in den Anlagen C.2 und C.3 zur Erwiderung zum Beweis dafür vorgelegt worden, dass nur gegen Herrn L. und die ECO3, nicht aber gegen die Klägerin eine Warnmeldung in das FWS eingegeben wurde, wie die Kommission in Rn. 16 der Klagebeantwortung behauptet. Drittens sind die Auszüge aus den endgültigen Prüfungsberichten über drei Projekte, an denen die Klägerin teilgenommen hatte, in der Anlage C.4 zur Erwiderung vorgelegt worden, um zu beweisen, dass die Anzahl der im Rahmen eines Projekts aufgewandten Arbeitstage im Allgemeinen der im Budget veranschlagten Anzahl entsprach, was die Kommission in Rn. 50 der Klagebeantwortung bezweifelt hat.

107    Die Beweismittel dagegen, die in den Anlagen C.5, C.6 und C.8 bis C.12 zur Erwiderung angeführt werden, nämlich die Erklärungen von zwei der wichtigsten Fachkräfte, die in der in der Anlage zur Klageschrift vorgelegten Tabelle über die Schadensbewertung (im Folgenden: Tabelle über die Bewertung des im Zusammenhang mit dem Verlust des fraglichen Auftrags stehenden Schadens) genannt werden und ihre Tagessätze bestätigen, die Gehaltsabrechnung eines Projektmanagers, den die Klägerin 2012 angestellt hatte, Erklärungen der Mitglieder des Konsortiums, die den Verteilungsschlüssel in der Tabelle über die Bewertung des im Zusammenhang mit dem Verlust des fraglichen Auftrags stehenden Schadens bestätigen, und eine am 13. Februar 2013 veröffentliche Stellungnahme zu einem öffentlichen Auftrag, der mit den Behörden der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien geschlossen werden sollte und dazu bestimmt war, diese beim Kampf gegen die illegale Beschäftigung zu unterstützen, sowie die Liste der für diesen Auftrag vorausgewählten Bieter, sind von der Klägerin allein zu dem Zweck vorgelegt worden, gemäß der oben in Rn. 96 angeführten Rechtsprechung den Eintritt und den Umfang des angeblichen materiellen und immateriellen Schadens zu beweisen, wie er in der Klageschrift beziffert worden war. Der Umstand, dass sich die Kommission in der Klagebeantwortung darauf berufen hat, dass die Klägerin den Eintritt und den Umfang des angeblich entstandenen Schadens in rechtlicher Hinsicht nicht hinreichend nachgewiesen habe, erlaubt nicht die Annahme, dass damit die verspätete Vorlage der in den Anlagen C.5, C.6 und C.8 bis C.12 angeführten Beweismittel durch die Notwendigkeit gerechtfertigt war, auf die Argumente der Kommission einzugehen und den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens zu wahren.

108    Aus den gesamten vorstehenden Erwägungen folgt, dass von den in den Anlagen zur Erwiderung vorgelegten Beweismitteln diejenigen, die in den Anlage C.5, C.6 und C.8 bis C.12 zur Erwiderung angeführt werden, als unzulässig zurückzuweisen sind und bei der Prüfung der Begründetheit der Klage nicht berücksichtigt werden.

 Zur Begründetheit

109    Nach Art. 340 Abs. 2 AEUV ersetzt die Union „[i]m Bereich der außervertraglichen Haftung … den durch ihre Organe oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind“. Nach ständiger Rechtsprechung hängt die außervertragliche Haftung der Union im Sinne von Art. 340 Abs. 2 AEUV für rechtswidriges Verhalten ihrer Organe vom Vorliegen einer Reihe von Voraussetzungen ab, nämlich von der Rechtswidrigkeit des den Organen vorgeworfenen Verhaltens, dem tatsächlichen Bestehen des Schadens und der Existenz eines Kausalzusammenhangs zwischen dem behaupteten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden (vgl. Urteil vom 9. September 2008, FIAMM u. a./Rat und Kommission, C‑120/06 P und C‑121/06 P, EU:C:2008:476‚ Rn. 106 und die dort angeführte Rechtsprechung, Urteile vom 11. Juli 2007, Schneider Electric/Kommission, T‑351/03, EU:T:2007:212‚ Rn. 113, und vom 25. November 2014, Safa Nicu Sepahan/Rat, T‑384/11, EU:T:2014:986‚ Rn. 47).

110    Zur Begründung der vorliegenden Klage trägt die Klägerin vor, dass die drei vorstehend in Rn. 109 aufgeführten Voraussetzungen erfüllt seien.

111    Die Kommission beantragt, die vorliegende Klage als unbegründet abzuweisen, da die Klägerin nicht den ihr obliegenden Nachweis erbringe, dass die Voraussetzungen für eine außervertragliche Haftung der Union im vorliegenden Fall erfüllt seien. Sie trägt vor, die Klägerin erbringe nicht den Nachweis für den Eintritt und den Umfang des von ihr geltend gemachten Schadens. Hilfsweise macht sie geltend, das ihr von der Klägerin vorgeworfene Verhalten sei nicht rechtswidrig.

112    Nach ständiger Rechtsprechung sind die Voraussetzungen für die außervertragliche Haftung der Union im Sinne von Art. 340 Abs. 2 AEUV, wie sie bereits oben in Rn. 109 aufgeführt worden sind, kumulativ (Urteil vom 7. Dezember 2010, Fahas/Rat, T‑49/07, EU:T:2010:499‚ Rn. 92 und 93, und Beschluss vom 17. Februar 2012, Dagher/Rat, T‑218/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:82‚ Rn. 34). Daraus folgt, dass die Klage insgesamt abzuweisen ist, wenn eine dieser Voraussetzungen nicht vorliegt (Urteil vom 26. Oktober 2011, Dufour/EZB, T‑436/09, EU:T:2011:634, Rn. 193).

113    Im vorliegenden Fall ist daher zu prüfen, ob die Klägerin den ihr obliegenden Nachweis erbracht hat, dass das Verhalten, das sie der Kommission vorwirft, rechtswidrig war, dass der materielle und immaterielle Schaden, den sie erlitten haben will, tatsächlich vorliegt und dass ein Kausalzusammenhang zwischen dem der Kommission vorgeworfenen rechtswidrigen Verhalten und dem geltend gemachten Schaden besteht.

 Zur Rechtswidrigkeit des der Kommission vorgeworfenen Verhaltens

114    Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Kommission und die Delegation hätten einen Fehler begangen, indem sie zunächst die FWS-Warnmeldung gegen die Klägerin eingegeben hätten und sich sodann wegen dieser Warnmeldung geweigert hätten, den Vertrag über den fraglichen Auftrag, nachdem dieser an das von der Klägerin geleitete Konsortium vergeben worden war, zu bestätigen. Dieser Fehler sei die Folge mehrerer Rechtsverstöße, die der Kommission und der Delegation zuzurechnen seien.

115    Zum einen sei die sie betreffende FWS-Warnmeldung rechtswidrig gewesen.

116    Erstens habe es für die Warnmeldung keine Rechtsgrundlage gegeben, da auch für den Beschluss, aufgrund dessen die Warnmeldung erfolgt sei, d. h. der FWS-Beschluss, keine Rechtsgrundlage vorhanden gewesen sei und dieser somit unter Verstoß gegen den Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung nach Art. 5 AEUV sowie gegen den in Art. 48 Abs. 1 der Charta der Grundrechte verankerten Grundsatz der Unschuldsvermutung erlassen worden sei, wie das Gericht bereits im Urteil vom 22. April 2015, Planet/Kommission (T‑320/09, EU:T:2015:223, Rn. 57, 58 und 66 bis 68), festgestellt habe.

117    Der FWS-Beschluss sei ferner unter Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit erlassen worden, da die Voraussetzung für eine W3b‑Warnmeldung, die darin bestehe, dass gegen die betreffende Person ein „Gerichtsverfahren“ eingeleitet worden sei, nicht so klar und deutlich gewesen sei, dass der Bürger seine Rechte und Pflichten eindeutig erkennen könne, wie dies der Bürgerbeauftragte in seinem Entwurf einer Empfehlung vom 16. Dezember 2011 mit dem Aktenzeichen OI/3/2008/FOR festgestellt habe.

118    Zweitens habe die Eingabe einer W3b‑Warnmeldung im FWS gegen Art. 41 der Charta der Grundrechte, den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte, das Grundrecht auf rechtliches Gehör und die Begründungspflicht verstoßen, da sie erfolgt sei, ohne die Klägerin hiervon zu benachrichtigen, geschweige denn, sie zuvor anzuhören, und ohne eine hinreichende Begründung zu erteilen.

119    Drittens und hilfsweise trägt die Klägerin vor, die sie betreffende FWS-Warnmeldung habe gegen den FWS-Beschluss und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz insofern verstoßen, als die Voraussetzung für eine W3b‑Warnmeldung, die darin bestehe, dass ein „Gerichtsverfahren“ eingeleitet worden sei, weder in ihrem Fall noch in dem des Herrn L. oder der ECO3 vorgelegen habe, da die Ermittlungsphase und die vorgerichtliche Phase unter der Geltung des Untersuchungsgrundsatzes von dem genannten Begriff nicht erfasst würden.

120    Zum anderen seien die Weigerung, den Vertrag über den Auftrag zu bestätigen, und damit die Entscheidung, das Verfahren ohne Vergabe des fraglichen Auftrags gemäß Art. 17 Abs. 2 des FWS-Beschlusses zu schließen, rechtswidrig gewesen. Die Kommission habe gegen die in Art. 41 der Charta der Grundrechte verankerte Begründungspflicht, die Sorgfaltspflicht und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen, indem sie Art. 17 Abs. 2 des FWS-Beschlusses nicht angewandt habe und nicht die Gründe angeführt habe, weshalb sie die genannte Bestimmung, die die Möglichkeit gebe, an die von der W3b‑Warnmeldung betroffene Person, sofern diese auf der Liste des Bewertungsausschusses oben stehe, den Auftrag unter Anwendung verschärfter Überwachungsmaßnahmen zu vergeben, nicht angewandt habe. Zudem habe die Kommission gegen Nr. 15 der Hinweise für die Bieter des fraglichen Auftrags verstoßen, der die Fälle, in denen das Verfahren zur Vergabe des fraglichen Auftrags habe aufgehoben werden können, abschließend geregelt habe, ohne den Fall einer W3b‑Warnmeldung im FWS vorzusehen.

121    Die Kommission bestreitet, einen Rechtsverstoß begangen zu haben, der ihre außervertragliche Haftung begründen könnte.

122    Nach gefestigter Rechtsprechung genügt die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Rechtsakts, so bedauerlich dieses rechtswidrige Verhalten auch sein mag, nicht für die Annahme, dass diejenige Voraussetzung für eine außervertragliche Haftung der Union erfüllt ist, die die Rechtswidrigkeit des den Organen zur Last gelegten Verhaltens betrifft (Urteil vom 25. November 2014, Safa Nicu Sepahan/Rat, T‑384/11, EU:T:2014:986, Rn. 50, vgl. auch in diesem Sinne Urteile vom 6. März 2003, Dole Fresh Fruit International/Rat und Kommission, T‑56/00, EU:T:2003:58, Rn. 72 bis 75, und vom 23. November 2011, Sison/Rat, T‑341/07, EU:T:2011:687, Rn. 31).

123    Die Voraussetzung des rechtswidrigen Verhaltens der Unionsorgane erfordert einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm, durch die dem Einzelnen Rechte verliehen werden sollen (vgl. Urteil vom 30. Mai 2017, Safa Nicu Sepahan/Rat, C‑45/15 P, EU:C:2017:402, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

124    Mit dem Erfordernis eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen eine Rechtsnorm, durch die den Einzelnen Rechte verliehen werden sollen, soll unabhängig von der Natur der beanstandeten rechtswidrigen Handlung verhindert werden, dass durch das Risiko, die von den betroffenen Personen behaupteten Schäden tragen zu müssen, die Fähigkeit des fraglichen Organs eingeschränkt wird, seine Befugnisse im Rahmen seiner normativen oder seiner wirtschaftliche Entscheidungen einschließenden Tätigkeit wie auch in der Sphäre seiner Verwaltungszuständigkeit in vollem Umfang im Allgemeininteresse auszuüben, ohne dass dabei allerdings die Folgen offenkundiger und unentschuldbarer Pflichtverletzungen Dritten aufgebürdet werden (vgl. Urteil vom 23. November 2011, Sison/Rat, T‑341/07, EU:T:2011:687, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung, Urteil vom 25. November 2014, Safa Nicu Sepahan/Rat, T‑384/11, EU:T:2014:986, Rn. 51).

125    Im vorliegenden Fall beruft sich die Klägerin zu Recht darauf, dass die sie betreffende W3b‑Warnmeldung im FWS rechtswidrig gewesen sei.

126    Erstens gab es für diese Warnmeldung keine Rechtsgrundlage.

127    Der Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung gemäß Art. 5 AEUV verlangt nämlich, dass jedes Organ nach Maßgabe der ihm durch den Vertrag zugewiesenen Zuständigkeiten tätig wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. April 2015, Planet/Kommission, T‑320/09, EU:T:2015:223, Rn. 57 und 58). Der Grundsatz der Rechtssicherheit verlangt außerdem, dass jede Maßnahme, die rechtliche Wirkungen erzeugen soll, ihre Bindungswirkung einer Bestimmung des Unionrechts entnimmt, die ausdrücklich als Rechtsgrundlage bezeichnet sein muss und die Rechtsform vorschreibt, in der die Maßnahme zu erlassen ist (Urteil vom 16. Juni 1993, Frankreich/Kommission, C‑325/91, EU:C:1993:245, Rn. 26).

128    Im vorliegenden Fall wurde die W3b‑Warnmeldung im FWS bezüglich der Klägerin aufgrund der Bestimmungen des FWS-Beschlusses eingegeben, die diese Art von Warnmeldung und ihre Folgen regeln. Es gab jedoch keine Rechtsgrundlage, aufgrund der die Kommission berechtigt gewesen wäre, derartige Bestimmungen zu erlassen, die negative Auswirkungen auf die Rechtsstellung der Personen haben können, für die diese Art von Warnmeldung gilt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. April 2015, Planet/Kommission, T‑320/09, EU:T:2015:223, Rn. 64, 68, 70 und 71).

129    Da ferner die W3b‑Warnmeldung im FWS bezüglich der Klägerin unbestreitbar Auswirkungen auf deren Rechtsstellung hatte, kann die Kommission nicht behaupten, die Bestimmungen des FWS-Beschlusses, die diese Art von Warnmeldung und ihre Folgen regeln, seien lediglich Vorschriften zur Durchführung des Gesamthaushaltsplans der Union.

130    Die Kommission kann sich überdies nicht darauf berufen, dass das Fehlen einer Rechtsgrundlage für den FWS-Beschluss noch nicht förmlich festgestellt gewesen sei, als sie die Klägerin in das FWS eingegeben habe. Dass eine solche Feststellung nicht getroffen wurde, ist nämlich keineswegs ein Hindernis dafür, dass sich die Klägerin im Rahmen der vorliegenden Klage auf die Rechtswidrigkeit des genannten Beschlusses beruft, um Ersatz des Schadens zu erlangen, den sie ihrer Auffassung nach infolge der Eingabe in das FWS erlitten hat.

131    Zweitens wurde die W3b‑Warnmeldung im FWS bezüglich der Klägerin unter Verstoß gegen die Verteidigungsrechte der Klägerin eingegeben.

132    Die Wahrung der Verteidigungsrechte stellt einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts dar, der anwendbar ist, wann immer die Verwaltung beabsichtigt, gegenüber einer Person eine sie beschwerende Maßnahme zu erlassen (Urteil vom 18. Dezember 2008, Sopropé, C‑349/07, EU:C:2008:746, Rn. 36).

133    Nach diesem Grundsatz müssen die Adressaten von Entscheidungen, die ihre Interessen spürbar beeinträchtigen, in die Lage versetzt werden, ihren Standpunkt zu den Elementen, auf die die Verwaltung ihre Entscheidung zu stützen beabsichtigt, sachdienlich vorzutragen. Diese Verpflichtung besteht für die Verwaltung, wenn sie Entscheidungen trifft, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, auch dann, wenn die anwendbaren Vorschriften ein solches Verfahrensrecht nicht ausdrücklich vorsehen (vgl. Urteil vom 18. Dezember 2008, Sopropé, C‑349/07, EU:C:2008:746, Rn. 37 und 38 und die dort angeführte Rechtsprechung). Gemäß Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta der Grundrechte steht auch jeder Person das Recht zu, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird.

134    Als eine andere Ausprägung des Grundsatzes der Wahrung der Verteidigungsrechte dient die Pflicht zur Begründung eines beschwerenden Rechtsakts nach ständiger Rechtsprechung dem Zweck, den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob der Rechtsakt sachlich richtig oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der seine Anfechtung vor dem Unionsrichter zulässt, und außerdem dem Unionsrichter die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Rechtsakts zu ermöglichen (Urteile vom 2. Oktober 2003, Corus UK/Kommission, C‑199/99 P, EU:C:2003:531, Rn. 145, vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 462, und vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 148). Daraus ergibt sich, dass die Begründung dem Betroffenen grundsätzlich gleichzeitig mit der ihn beschwerenden Entscheidung mitzuteilen ist und dass das Fehlen der Begründung nicht dadurch geheilt werden kann, dass der Betroffene die Gründe für die Entscheidung während des Verfahrens vor dem Unionsrichter erfährt (Urteil vom 26. November 1981, Michel/Parlament, 195/80, EU:C:1981:284, Rn. 22).

135    Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach Art. 296 AEUV und Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta der Grundrechte vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen worden ist, angepasst sein. So ist ein beschwerender Rechtsakt hinreichend begründet, wenn er in einem Zusammenhang ergangen ist, der dem Betroffenen bekannt war und ihm gestattet, die Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme zu verstehen. Ferner müssen die Anforderungen an die Genauigkeit, die an die Begründung eines Rechtsakts zu stellen sind, den tatsächlichen Möglichkeiten sowie den technischen und zeitlichen Bedingungen angepasst werden, unter denen der Rechtsakt ergeht (vgl. Urteil vom 14. April 2016, Ben Ali/Rat, T‑200/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:216, Rn. 94 und 95 und die dort angeführte Rechtsprechung).

136    Im vorliegenden Fall teilte die Kommission der Klägerin erst mit Schreiben vom 11. Juli 2012 förmlich mit, dass seit Juli 2010 für sie eine W3b‑Warnmeldung im FWS vorliege. Sie versäumte es daher, die Klägerin anzuhören, bevor sie diese in das FWS eingab bzw. bevor sie sich wegen dieser Eingabe weigerte, den Vertrag über den Auftrag, der an das von der Klägerin geleitete Konsortium vergeben worden war, zu bestätigen.

137    Was die Begründung für diese Warnmeldung betrifft, so wies die Kommission im Schreiben vom 11. Juli 2012 lediglich auf die in Art. 12 Abs. 2 des FWS-Beschlusses angeführten allgemeinen und abstrakten Umstände hin, unter denen das OLAF die Aktivierung einer W3b‑Warnmeldung im FWS beantragte, nämlich wenn die Untersuchung des OLAF in ein Gerichtsverfahren mündete oder das OLAF Follow-up-Maßnahmen traf bzw. dazu Amtshilfe leistete. Damit versäumte es die Kommission, der Klägerin die Gründe für die sie betreffende W3b‑Warnmeldung im FWS zu dem Zeitpunkt mitzuteilen, zu dem diese eingegeben wurde, und erläuterte auch nicht in dem Schreiben vom 11. Juli 2012 oder etwa in dem Schriftverkehr zwischen der Delegation und dem nationalen Auftraggeber, der der Klägerin mit Schreiben vom 26. Juni 2015 übermittelt wurde, die spezifischen und konkreten Gründe, weshalb sie der Auffassung war, dass Art. 12 Abs. 2 des FWS-Beschlusses auf sie anwendbar sei. Eine solche Begründung wäre aber im Kontext des vorliegenden Falles umso erforderlicher gewesen, als, wie aus den Akten hervorgeht, kein Gerichtsverfahren die Klägerin persönlich betraf und sich die Verfahren, die sich in Frankreich und Belgien auf Personen bezogen, mit denen sie in Verbindung stand, nämlich auf Herrn L. und ECO3, erst in der vorgerichtlichen Phase, nicht aber in der gerichtlichen Phase befanden, also der einzigen Verfahrensphase, die unter der Geltung des Untersuchungsgrundsatzes in Frankreich und Belgien durch eine rechtskräftige Entscheidung abgeschlossen werden kann. Wie aber aus den Schriftsätzen der Parteien und dem Entwurf einer Empfehlung des Bürgerbeauftragten vom 16. Dezember 2012 mit dem Aktenzeichen OI/3/2008/FOR (vgl. oben, Rn. 46) hervorgeht, war die genaue Tragweite des Art. 12 des FWS-Beschlusses ungewiss. Insbesondere ist im Hinblick auf Art. 12 Abs. 3 der genannten Entscheidung nicht ersichtlich, dass die W3b‑Warnmeldungen unter der Geltung des Untersuchungsgrundsatzes ab Beginn der vorgerichtlichen Phase Anwendung finden konnten.

138    Gemäß der oben in Rn. 134 angeführten Rechtsprechung kann dieses Fehlen einer Begründung nicht durch die Erläuterungen geheilt werden, die die Kommission in ihren Schriftsätzen in der vorliegenden Rechtssache gegeben hat. Jedenfalls ist darauf hinzuweisen, dass die genauen Gründe, die die W3b‑Warnmeldungen im FWS bezüglich der Klägerin rechtfertigen, auch jetzt noch unklar sind, da die Kommission zu keiner Zeit Dokumente vorgelegt hat, aus denen sich ergeben würde, dass das OLAF bei der Kommission die Aktivierung einer Warnmeldung im FWS bezüglich der Klägerin oder der Personen beantragt hätte, mit denen jene in Verbindung stand, nämlich Herr L. und ECO3.

139    Soweit die Kommission erstmals in der Klagebeantwortung vorträgt, sie könne im vorliegenden Fall vom Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte in Bezug auf die Klägerin abweichen, um die vertrauliche Behandlung der vom OLAF und den französischen und belgischen Behörden gegen Herrn L. und ECO3 eingeleiteten Untersuchungsverfahren und Gerichtsverfahren zu sichern, so genügt die Feststellung, dass, soweit die W3b‑Warnmeldung im FWS bezüglich der Klägerin geeignet war, sich nachteilig auf deren Rechtsstellung auszuwirken, ihre Verteidigungsrechte zu beachten waren, unbeschadet bestimmter Vorkehrungen, die erforderlich hätten sein können, um die genannten Rechte mit den Rechten Dritter zu vereinbaren. Die Kommission hat jedoch weder vorgetragen, geschweige denn bewiesen, dass sie sich im vorliegenden Fall um die Herstellung einer solchen Vereinbarkeit bemüht hätte. Insbesondere hat die Kommission keine Erklärung dafür geliefert, dass diese vertrauliche Behandlung noch im November 2011 geschützt werden musste, als sie sich weigerte, den Vertrag über den fraglichen Auftrag zu bestätigen, weil gegen die Klägerin eine W3b‑Warnmeldung im FWS eingegeben war.

140    Drittens verstieß die W3b‑Warnmeldung im FWS bezüglich der Klägerin gegen den in Art. 48 Abs. 1 der Charta der Grundrechte verankerten Grundsatz der Unschuldsvermutung, der gewährleisen soll, dass niemand so bezeichnet oder behandelt wird, als sei er einer Straftat schuldig, bevor der Beweis seiner Schuld durch ein Gericht erbracht worden ist. Dieser Grundsatz bedeutet auch, dass die Kommission, wenn sie es für erforderlich hält, in einem Frühstadium präventive Maßnahmen zu ergreifen, eine Rechtsgrundlage braucht, die es ihr erlaubt, ein solches Warnsystem zu schaffen und die damit zusammenhängenden Maßnahmen zu ergreifen, d. h. ein System, das die Verteidigungsrechte, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und den Grundsatz der Rechtssicherheit achten muss, wonach die rechtlichen Regelungen klar, bestimmt und hinsichtlich ihrer Folgen vorhersehbar sein müssen, insbesondere wenn sie gegenüber dem Einzelnen nachteilige Folgen haben können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. April 2015, Planet/Kommission, T‑320/09, EU:T:2015:223, Rn. 66 und 67). Wie sich oben aus Rn. 128 ergibt, war eine solche Rechtsgrundlage im vorliegenden Fall jedoch nicht vorhanden.

141    Für die Eingabe der W3b‑Warnmeldung im FWS bezüglich der Klägerin stützte sich die Kommission gemäß dem Wortlaut des Art. 9 Nr. 3 und Art. 12 Abs. 2 des FWS-Beschlusses – und wie sich aus dem Begleitvermerk zum Schreiben der Delegation vom 9. November 2011 ergibt – auf den Umstand, dass gegen die Klägerin ein Gerichtsverfahren wegen Betrugs und schwerwiegender Verwaltungsfehler eingeleitet worden war. Wie jedoch bereits oben in den Rn. 128 und 137 festgestellt, gab es keine Rechtsgrundlage, aufgrund der die Kommission berechtigt gewesen wäre, Vorschriften zu erlassen, die die Warnmeldungen der Kategorie W3b und ihre Folgen regeln. Überdies war die Klägerin zum Zeitpunkt der sie betreffenden W3b‑Warnmeldung im FWS von keinen Ermittlungen und keinem gerichtlichen Verfahren unmittelbar betroffen, und die gerichtlichen Verfahren, die sich gegen die Personen richteten, die mit ihr in Verbindung standen, befanden sich noch in der vorgerichtlichen Phase. Soweit diese Warnmeldung nachteilige Folgen für die Klägerin hatte, ist festzustellen, dass diese behandelt wurde, als sei sie des Betrugs oder schwerwiegender Verwaltungsfehler schuldig, ohne dass ihre unmittelbare oder mittelbare Schuld für dieses Verhalten gerichtlich nachgewiesen wurde.

142    Was die Frage angeht, ob die Rechtsvorschriften, gegen die die Kommission in dieser Weise verstoßen hat, dem Einzelnen Rechte verleihen, ist darauf hinzuweisen, dass die praktische Wirksamkeit dieser Voraussetzung nur dann gewährleistet werden kann, wenn der durch die geltend gemachte Bestimmung verliehene Schutz tatsächlich gegenüber der Person, die sich auf ihn beruft, besteht und diese Person somit zu denen gehört, denen die in Rede stehende Bestimmung Rechte verleiht. Eine Bestimmung, die nicht den Einzelnen gegen die von ihm gerügte Rechtswidrigkeit schützt, sondern einen anderen Einzelnen, kann nämlich keinen Schadensersatzanspruch eröffnen (Urteil vom 12. September 2007, Nikolaou/Kommission, T‑259/03, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:254, Rn. 44).

143    Es ist bereits entschieden worden, dass der Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte einen Rechtssatz darstellt, der dem Einzelnen Rechte verleiht (Urteil vom 11. Juli 2007, Sison/Rat, T‑47/03, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:207, Rn. 239), ebenso wie auch der Grundsatz der Unschuldsvermutung (Urteil vom 8. Juli 2008, Franchet und Byk/Kommission, T‑48/05, EU:T:2008:257, Rn. 218). Die Klägerin, deren Rechtsstellung durch die sie betreffende W3b‑Warnmeldung im FWS beeinträchtigt wurde, muss im Hinblick auf diese Warnmeldung selbst den Schutz erhalten, den die Grundsätze der Wahrung der Verteidigungsrechte und der Unschuldsvermutung gewähren.

144    In Bezug auf das Fehlen einer Rechtsgrundlage für die Warnmeldung ist bereits entschieden worden, dass zwar ein Verstoß gegen das System der Verteilung der Zuständigkeiten auf die verschiedenen Organe der Union, das die Beachtung des vom Vertrag vorgesehenen institutionellen Gleichgewichts sicherstellen, nicht aber den Einzelnen schützen soll, allein nicht ausreicht, um die Haftung der Union den Einzelnen gegenüber auszulösen, es sich jedoch anders verhielte, wenn eine Maßnahme der Union nicht nur unter Missachtung der für die Organe geltenden Zuständigkeitsverteilung, sondern – nach ihrem sachlichen Gehalt – auch unter Missachtung einer den Schutz Einzelner bezweckenden Rechtsnorm ergangen wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. April 2012, Artegodan/Kommission, C‑221/10 P, EU:C:2012:216, Rn. 81 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall aber ist oben in den Rn. 131 und 140 festgestellt worden, dass die W3b‑Warnmeldung im FWS bezüglich der Klägerin gegen die Grundsätze der Wahrung der Verteidigungsrechte und der Unschuldsvermutung verstieß, die der Klägerin Rechte verliehen.

145    Zu der Frage, ob der festgestellte Verstoß gegen die Rechtsvorschriften der Union als hinreichend qualifiziert angesehen werden kann, hat der Gerichtshof festgestellt, dass diese Voraussetzung als erfüllt angesehen werden kann, wenn das betreffende Organ die Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat, wobei zu den insoweit zu berücksichtigenden Gesichtspunkten insbesondere das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift sowie der Umfang des Ermessensspielraums gehören, den die verletzte Vorschrift der Unionsbehörde belässt (vgl. Urteil vom 30. Mai 2017, Safa Nicu Sepahan/Rat, C‑45/15 P, EU:C:2017:402, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

146    Verfügt das Unionsorgan nur über ein erheblich verringertes oder gar auf null reduziertes Ermessen, kann nach der Rechtsprechung die bloße Verletzung des Unionsrechts für die Annahme eines hinreichend qualifizierten Verstoßes ausreichen (vgl. Urteile vom 14. Dezember 2005, FIAMM und FIAMM Technologies/Rat und Kommission, T‑69/00, EU:T:2005:449, Rn. 88 und 89 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 11. Juli 2007, Sison/Rat, T‑47/03, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:207, Rn. 235 und die dort angeführte Rechtsprechung).

147    Schließlich ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass ein Verstoß gegen das Unionsrecht jedenfalls offenkundig qualifiziert ist, wenn er trotz des Erlasses eines Urteils, in dem der zur Last gelegte Verstoß festgestellt wird, oder eines Urteils im Vorabentscheidungsverfahren oder aber einer gefestigten einschlägigen Rechtsprechung des Unionsrichters, aus denen sich die Pflichtwidrigkeit des fraglichen Verhaltens ergibt, fortbestanden hat (vgl. Urteil vom 30. Mai 2017, Safa Nicu Sepahan/Rat, C‑45/15 P, EU:C:2017:402, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

148    Da im vorliegenden Fall die Delegation selbst die Bestätigung des Vertrags über den Auftrag, der an das von der Klägerin geleitete Konsortium vergeben worden war, allein deswegen verweigerte, weil die Kommission eine die Klägerin betreffende W3b‑Warnmeldung in das FWS eingegeben hatte, kann die Kommission nicht geltend machen, diese Warnmeldung habe außerhalb des internen Bereichs des Organs keine Wirkungen haben sollen und sich auch nicht nachteilig auf die Rechtsstellung der Klägerin auswirken sollen.

149    Im Juli 2010 konnte die Kommission aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung und der Charta der Grundrechte, die am 1. Dezember 2009 in Kraft getreten war, wissen, dass, wenn sich die gegen die Klägerin eingegebene W3b‑Warnmeldung im FWS auf deren Rechtsstellung in dieser Weise nachteilig auswirken konnte, das Recht der Klägerin, dass die Warnmeldung eine verlässliche Rechtsgrundlage hat, sowie ihre Verteidigungsrechte und der Grundsatz der Unschuldsvermutung geachtet werden mussten.

150    Die Anwendung dieser Rechte im vorliegenden Fall bereitete keine besonderen Schwierigkeiten, und der Kommission stand in diesem Rahmen kein Ermessensspielraum zu. Insbesondere konnte der Umstand, dass die Kommission die finanziellen Interessen und das Ansehen der Union schützen musste, keine Rechtfertigung für den Verstoß gegen die Rechte der Klägerin sein.

151    Bevor die Maßnahmen oder Handlungen der Kommission vom Bürgerbeauftragten unmittelbar beanstandet wurden, gab es ferner trotz der zahlreichen Schreiben und Initiativen der Klägerin, die dem Ziel dienten, ihre Rechte durchzusetzen, keine Reaktionen der Kommission, um den FWS-Beschluss zu ändern oder die Warnmeldung bezüglich der Klägerin oder der mit ihr verbundenen Personen im FWS zurückzunehmen.

152    Schließlich war das Verhalten der Kommission weder transparent noch kohärent. Erstens legte die Kommission weder der Klägerin noch im Rahmen des vorliegenden Verfahrens jemals Dokumente vor, die bestätigt hätten, dass das OLAF bei der Kommission die Eingabe einer die Klägerin oder Herrn L. und ECO3 betreffenden Warnmeldung im FWS beantragte (vgl. oben, Rn. 138). Zweitens teilte die Delegation dem nationalen Auftraggeber mit Schreiben vom 9. November 2011 mit, dass sie beschlossen habe, das Verfahren zur Vergabe des fraglichen Auftrags ohne dessen Vergabe gemäß Art. 17 Abs. 2 des FWS-Beschlusses, der auf die Anweisungsbefugten und die verantwortlichen Anweisungsbefugten anwendbar sei, zu schließen, und betonte in ihrer Antwort auf die am 15. Juni 2017 und 23. März 2018 zugestellten prozessleitenden Maßnahmen, dass die Handlung, durch die der Schaden der Klägerin entstanden sei, auf den nationalen Auftraggeber zurückzuführen sei, der für die Entscheidung über die Schließung des Verfahrens zur Vergabe des fraglichen Auftrags gemäß Nr. 2.4.13 des PRAG und Nr. 15 der Hinweise für die Bieter des fraglichen Auftrags allein zuständig sei. Drittens löschte die Kommission infolge der Maßnahmen des Bürgerbeauftragten im Februar 2015 die die Klägerin und Herrn L. betreffende Warnmeldung im FWS (vgl. oben, Rn. 64), trug jedoch in ihren Schriftsätzen vor dem Gericht weiterhin vor, dass die gerichtlichen Verfahren, die die genannten Eingaben rechtfertigten, in Belgien, wo die Strafverfolgung gegen Herrn L. beantragt worden sei, fortgesetzt würden. Obwohl viertens für die Klägerin weiterhin eine W3b‑Warnmeldung im FWS vorlag und die Kommission aus diesem Grund eine Bestätigung des Vertrags über den fraglichen Auftrag verweigert hatte, unterzeichnete die Kommission mit der Klägerin am 15. Dezember 2010 einen Vertrag mit einem Wert von 1 338 225 Euro über einen Auftrag in Albanien, der im Rahmen des IPA mit Mitteln der Union finanziert wurde. Auch ist ihr in der Antwort auf die am 23. März 2018 zugestellten prozessleitenden Maßnahmen und in der mündlichen Verhandlung nicht der Nachweis gelungen, dass sie sichergestellt hatte, dass in diesem Rahmen verschärfte Überwachungsmaßnahmen im Sinne von Art. 17 Abs. 2 Buchst. a des FWS-Beschlusses getroffen wurden.

153    Nach alledem ist, ohne dass die von der Klägerin geltend gemachten weiteren Rechtsverstöße geprüft zu werden brauchen, festzustellen, dass die Kommission selbst oder unter Einschaltung der Delegation durch die Eingabe einer W3b‑Warnmeldung im FWS und durch die Weigerung, wegen dieser Warnmeldung den Vertrag über den fraglichen Auftrag zu bestätigen, einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsvorschrift begangen hat, der geeignet ist, die Haftung der Union auszulösen.

 Zum Vorliegen eines Schadens und eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Schaden und dem von der Kommission begangenen Rechtsverstoß

154    Die Klägerin macht geltend, ihr sei infolge des von der Kommission begangenen Rechtsverstoßes ein zweifacher Schaden entstanden, der sich auf einen Gesamtbetrag von 496 000 Euro belaufe, von dem ein Betrag von 166 000 Euro auf den materiellen Schaden infolge des Verlusts des fraglichen Auftrags und ein Betrag von 330 000 Euro auf den materiellen und immateriellen Schaden infolge des Verlusts einer Chance entfalle, weitere öffentliche Aufträge zu erhalten.

–       Zum Schaden infolge des Verlusts des fraglichen Auftrags und zum Kausalzusammenhang zwischen diesem Schaden und dem von der Kommission begangenen Rechtsverstoß

155    Die Klägerin macht geltend, ihr sei ein Schaden in Höhe des Gewinns entstanden, den sie bei Ausführung des fraglichen Auftrags erzielt hätte. Sie bewertet den entgangenen Gewinn auf einen Betrag von 166 000 Euro unter Bezugnahme auf die Tabelle über die Bewertung des im Zusammenhang mit dem Verlust des fraglichen Auftrags stehenden Schadens. Der Betrag bestehe aus der maximalen Gewinnspanne, den sie bei einer vollständigen und vollkommenen Ausführung des Vertrags erzielt hätte, und entspreche in Höhe von ungefähr 78 000 Euro der Verwaltungsvergütung, die sie als Leiter des Konsortiums erhalten hätte, d. h. 10 % der gesamten im finanziellen Angebot des Konsortiums für die Fachkräfte vorgesehenen Honorare, und in Höhe von ungefähr 88 000 Euro dem Anteil von 45 % der Nettogewinnspanne, der ihr zugestanden hätte, wobei die Nettogewinnspanne die Differenz zwischen der erwarteten Bruttogewinnspanne einerseits, d. h. 315 455 Euro, und den Betriebskosten und der Verwaltungskommission andererseits, d. h. 41 500 Euro bzw. 78 305 Euro, darstelle. Die Bruttogewinnspanne entspräche einem zwischen 22 % und 37 % der in dem finanziellen Angebot des Konsortiums vorgesehenen Fachkrafthonorare liegenden Prozentsatz. Überdies hätte der Abschluss des Vertrags über den fraglichen Auftrag zum Abschluss von Vertragsnachträgen führen können, eine Möglichkeit, die ihr genommen worden sei, was für sie ein entgangener Gewinn sei.

156    Im Stadium der Erwiderung macht die Klägerin geltend, der obere Schätzwert, der als Grundlage für die Bewertung ihres entgangenen Gewinns im Rahmen des fraglichen Auftrags diene, sei zuverlässig, da die ordnungsgemäße Ausführung der öffentlichen Aufträge stets verlange, dass alle oder fast alle in dem finanziellen Angebot des berücksichtigten Bieters aufgeführten Mittel verwendet würden, wie dies durch die Auszüge aus den endgültigen Prüfungsberichten für drei Projekte in Albanien, in Montenegro und im Tschad, mit denen sie betraut gewesen sei, unter Beweis gestellt werde. In Bezug auf die Tabelle über die Bewertung des im Zusammenhang mit dem Verlust des fraglichen Auftrags stehenden Schadens räumt die Klägerin eine Unrichtigkeit bei der Berechnung der Höhe ihres entgangenen Gewinns ein, der sich in Wirklichkeit auf 130 348 Euro belaufe. Die Vergütung für die Verwaltung, die in der Tabelle über die Bewertung des im Zusammenhang mit dem Verlust des fraglichen Auftrags stehenden Schadens zugrunde gelegt worden sei, entspreche der Erstattung der Kosten für die Verwaltung des Projekts in der Eigenschaft als Leiter des Konsortiums und komme dem gleich, was ein Projektmanager durchschnittlich während eines Zeitraums von 18 Monaten gekostet hätte, der erforderlich gewesen wäre, um das Projekt erfolgreich durchzuführen. Die Abkürzung „TBC“, die im Englischen der Formulierung „to be confirmed“ (zu bestätigen) entspreche und in der genannten Tabelle bei der Vergütung für die Projektverwaltung und dem Anteil der Nettogewinnspanne stehe, ergebe sich daraus, dass die Unterzeichnung des Vertrags zwischen den Mitgliedern des Konsortiums in Übereinstimmung mit der Marktpraxis erst nach Abschluss des Vertrags mit dem nationalen Auftraggeber erfolgen dürfe.

157    Die Klägerin ist der Auffassung, der entgangene Gewinn, den sie in Bezug auf den fraglichen Auftrag geltend mache, folge unmittelbar aus dem Rechtsverstoß der Kommission, da der fragliche Auftrag, wie sich aus dem Schreiben des nationalen Auftraggebers vom 13. Dezember 2011 ergebe, an das von ihr geleitete Konsortium vergeben worden sei und da er, wie sich aus dem Schreiben des nationalen Auftraggebers vom 6. Dezember 2011 ergebe, allein deswegen aufgehoben worden sei, weil die Delegation die Bestätigung des Vertrags über den fraglichen Auftrag wegen der gegen sie eingegebenen W3b‑Eintragung im FWS verweigert habe.

158    Die Kommission trägt im Wesentlichen vor, die Klägerin habe nicht den ihr obliegenden Beweis für den geltend gemachten Schaden und den Kausalzusammenhang zwischen diesem Schaden und dem begangenen Rechtsverstoß beigebracht.

159    Insoweit ist hinsichtlich der Voraussetzung des Bestehens eines Kausalzusammenhangs zwischen dem behaupteten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden daran zu erinnern, dass sich dieser Schaden mit hinreichender Unmittelbarkeit aus dem gerügten Verhalten ergeben muss, und dieses Verhalten der ausschlaggebende Grund für den Schaden sein muss, da keine Verpflichtung der Union zum Schadensersatz für jede noch so entfernte nachteilige Folge von rechtswidrigen Verhaltensweisen ihrer Organe besteht (vgl. Urteil vom 10. Mai 2006, Galileo International Technology u. a./Kommission, T‑279/03, EU:T:2006:121, Rn. 130 und die dort angeführte Rechtsprechung, vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 4. Oktober 1979, Dumortier u. a./Rat, 64/76, 113/76, 167/78, 239/78, 27/79, 28/79 und 45/79, EU:C:1979:223, Rn. 21). Es obliegt dem Kläger, den Nachweis für das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem behaupteten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden zu erbringen (vgl. Urteil vom 30. September 1998, Coldiretti u. a./Rat und Kommission, T‑149/96, EU:T:1998:228, Rn. 101 und die dort angeführte Rechtsprechung).

160    Zwar wurde im vorliegenden Fall der Vertrag über den fraglichen Auftrag vom nationalen Auftraggeber nie unterzeichnet, und der nationale Auftraggeber konnte auch bis zur Unterzeichnung das Verfahren zur Vergabe des genannten Auftrags gemäß Nr. 2.4.13 des PRAG und Nr. 15 der Hinweise für die Bieter dieses Auftrags aufheben. Dies ändert jedoch nichts daran, dass er in seinem Schreiben vom 3. November 2011 klar und deutlich seinen Willen zum Ausdruck brachte, den Vertrag über den fraglichen Auftrag mit dem von der Klägerin geleiteten Konsortium, an das der Auftrag vergeben worden war, zügig abzuschließen, wobei die einzige Bedingung für die Unterzeichnung des Vertrags die Bestätigung der Vertragsakte durch die Kommission blieb.

161    Wie bereits oben in Rn. 88 ausgeführt, ergibt sich aus den Prozessakten und der mündlichen Verhandlung, dass die Delegation mit Schreiben vom 9. November 2011 von ihrer Befugnis nach Art. 1 des Beschlusses K(2009) 7692 endg. in Verbindung mit Anhang II zu diesem Beschluss sowie nach Nr. 2.2 des PRAG Gebrauch machte, um wegen der gegen die Klägerin eingegebenen W3b‑Warnmeldung im FWS zu verhindern, dass der Vertrag über den fraglichen Auftrag mit dem von der Klägerin geleiteten Konsortium geschlossen werden konnte, so dass der nationale Auftraggeber, da das technisch einzig annehmbare Angebot von diesem Konsortium abgegeben worden war, keine andere Wahl hatte, als das Verfahren zur Vergabe des fraglichen Auftrags aufzuheben.

162    Demnach ist festzustellen, dass die W3b‑Warnmeldung bezüglich der Klägerin im FWS der ausschlaggebende Grund für die Weigerung der Delegation war, den Vertrag über den fraglichen Auftrag, der an das von der Klägerin geleitete Konsortium vergeben worden war, zu bestätigen, wobei die Weigerung selbst wiederum der ausschlaggebende Grund für die Aufhebung des Verfahrens zur Vergabe dieses Auftrags durch den nationalen Auftraggeber war. Unter den Umständen des vorliegenden Falles ergibt sich daher der Ausfall des Gewinns, den die Klägerin bei Durchführung des fraglichen Auftrags erzielt hätte, aus dem gerügten Verhalten mit hinreichender Unmittelbarkeit, um das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem genannten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden feststellen zu können.

163    Ferner ist bezüglich der Voraussetzung eines tatsächlich eingetretenen Schadens daran zu erinnern, dass die außervertragliche Haftung der Union nach der Rechtsprechung (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. Januar 1982, De Franceschi/Rat und Kommission, 51/81, EU:C:1982:20, Rn. 9, vom 13. November 1984, Birra Wührer u. a./Rat und Kommission, 256/80, 257/80, 265/80, 267/80, 5/81, 51/81 und 282/82, EU:C:1984:341, Rn. 9, und vom 16. Januar 1996, Candiotte/Rat, T‑108/94, EU:T:1996:5, Rn. 54) nur ausgelöst werden kann, wenn der Kläger tatsächlich einen realen und sicheren Schaden erlitten hat. Insoweit ist der Kläger für die Erfüllung dieser Voraussetzung beweispflichtig (vgl. Urteil vom 9. November 2006, Agraz u. a./Kommission, C‑243/05 P, EU:C:2006:708, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung) und hat insbesondere sowohl für das Vorliegen als auch für den Umfang des Schadens schlüssige Beweise zu erbringen (vgl. Urteil vom 16. September 1997, Blackspur DIY u. a./Rat und Kommission, C‑362/95 P, EU:C:1997:401, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

164    Genauer gesagt, muss jeder Antrag auf Ersatz eines Schadens unabhängig davon, ob es sich um einen materiellen oder immateriellen Schaden handelt oder ob er auf eine symbolische Entschädigung oder auf einen tatsächlichen Schadensersatz gerichtet ist, die Art des behaupteten Schadens unter Berücksichtigung des vorgeworfenen Verhaltens erläutern und zumindest annähernd die Höhe dieses Schadens beziffern (vgl. Urteil vom 26. Februar 2015, Sabbagh/Rat, T‑652/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:112, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).

165    Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin den Schaden, der im Wesentlichen im Verlust einer Chance auf Abschluss von Nachträgen zu dem Vertrag über den fraglichen Auftrag besteht, nicht einmal annähernd beziffert hat. Ihr Antrag auf Schadensersatz kann daher bezüglich dieser Schadensposition gemäß der oben in Rn. 163 angeführten Rechtsprechung vom Gericht nicht berücksichtigt werden.

166    Was die Gewinne betrifft, die die Klägerin im Rahmen des fraglichen Auftrags hätte erzielen können, ist darauf hinzuweisen, dass das von der Klägerin geleitete Konsortium in Anbetracht seines finanziellen Angebots kein uneingeschränktes Recht auf Auszahlung der im Vertrag veranschlagten Beträge in Höhe von 893 050 Euro hatte. Das Recht auf Auszahlung dieser Beträge war davon abhängig, dass das Konsortium den fraglichen Auftrag vollständig und vollkommenen ausführte und dass hierfür sämtliche im Angebot des Konsortiums ausgewiesenen Mittel verwendet wurden. Die Erfüllung dieser Voraussetzungen unterlag jedoch einem gewissen Risiko, so dass sich die Klägerin im Rahmen der vorliegenden Klage nur auf den Verlust einer Chance auf Realisierung von Gewinnen berufen kann, die sie hätte erzielen können, wenn das Konsortium den fraglichen Auftrag mit allen in seinem Angebot ausgewiesenen Mitteln vollständig und vollkommen ausgeführt hätte.

167    Auch wenn die Klägerin, die Leiterin des Konsortiums, darauf hinweist, dass sie im Bereich des Personals über keine vorherige Erfahrung verfügt habe, konnte sie dem nationalen Auftraggeber doch nachweisen, dass das von ihr geleitete Konsortium die zur Durchführung des fraglichen Auftrags erforderliche finanzielle, wirtschaftliche, technische und berufliche Leistungsfähigkeit besaß, insbesondere weil die von ihr ausgewählten wichtigsten Fachkräfte in dem vom genannten Auftrag abgedeckten Bereich hinreichende Sachkenntnis und Erfahrung hatten. Es ist daher davon auszugehen, dass das Konsortium gute Chancen hatte, den fraglichen Auftrag mit Unterstützung der genannten Fachkräfte erfolgreich durchzuführen.

168    Was die Vergütung für die Projektverwaltung betrifft, die die Klägerin als Leiterin des Konsortiums erhalten hätte, so entspricht diese, wie die Kommission vorträgt und wie auch die Klägerin einräumt, der Erstattung der Kosten, die der Klägerin als Projektleiterin entstanden wären, und daher gebunden sind an „die Laufzeit des Projekts und [den damit] verbundenen Arbeitsaufwand, [nämlich die] Unterstützung der Fachkräfte, [die] Besuche vor Ort, [die] Überprüfung der Berichte, [die] Überprüfungen der Arbeitszeitnachweise, [die] Rechnungserstellung, [das] Teammanagement, [die] Problemlösungen, [die] Neuausrichtung der Fachkräfte usw.“ Hieraus folgt, dass diese Vergütung nicht dem entgangenen Gewinn, sondern den Kosten – im Wesentlichen den Kosten für das Personal – entspricht, die die Klägerin als Projektleiterin zu tragen gehabt hätte, wenn das von der Klägerin geleitete Konsortium den fraglichen Auftrag ausgeführt hätte. Da diese Ausführung nicht stattgefunden hat, kann die Klägerin nicht die Erstattung der Kosten verlangen, von denen sie nicht nachweist, dass sie entstanden sind. Die Klägerin hat daher keinen Anspruch auf Erstattung eines Betrages von rund 78 000 Euro zum Ausgleich der Vergütung für die Projektverwaltung, die sie als Projektleiterin erhalten hätte.

169    Was den Teil der Nettogewinnspanne betrifft, der der Klägerin zugestanden hätte, so ist bezüglich der Zuverlässigkeit der Höhe der Fachkrafthonorare darauf hinzuweisen, dass, wie die Kommission einräumt, der Tagessatz dieser Honorare und die Anzahl der Arbeitstage, die in der Tabelle über die Bewertung des im Zusammenhang mit dem Verlust des fraglichen Auftrags stehenden Schadens angesetzt werden, mit den Angaben im finanziellen Angebot des Konsortiums übereinstimmen.

170    Was den Einwand der Kommission angeht, wonach die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass alle in dem Angebot des Konsortiums veranschlagten Arbeitstage bei der Ausführung des fraglichen Auftrags tatsächlich genutzt worden seien, ist festzustellen, dass ein solcher Nachweis nicht erbracht werden konnte, da das Konsortium nicht die Möglichkeit hatte, den fraglichen Auftrag tatsächlich auszuführen. Zu berücksichtigen ist indessen, dass, wie sich aus der Vergabebekanntmachung und aus Nr. 4.2 der Hinweise für die Bieter ergibt, das für die Durchführung des Auftrags vorgesehene Budget maximal 1 000 000 Euro betrug, das finanzielle Angebot des Konsortiums sich aber auf einen Gesamtbetrag von 893 050 Euro belief, von dem ein Betrag von 783 050 Euro auf die Vergütung der Fachkräfte entfiel. Hieraus ergibt sich, dass das Konsortium, um im Rahmen des Verfahrens zur Vergabe des fraglichen Auftrags seine Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, sein finanzielles Angebot angepasst und eingeschränkt hatte, indem es sich bei jeder Kategorie von Fachkräften genau an die in Nr. 6 der Hinweise für die Bieter verlangte Mindestanzahl von Arbeitstagen hielt, d. h. mindestens 275 Arbeitstage für die Hauptfachkraft Nr. 1, mindestens 193 Arbeitstage für die Hauptfachkraft Nr. 2, mindestens 80 Arbeitstage für die Hauptfachkraft Nr. 3 und mindestens 539 Arbeitstage für die anderen Fachkräfte, darunter 184 für die Senior-Fachkräfte und 355 für die Junior-Fachkräfte. Unter diesen Umständen besteht kein Grund zur Annahme, dass das Konsortium, dessen finanzielles Angebot vom nationalen Auftraggeber ausgewählt worden war, bei der Ausführung des fraglichen Auftrags darauf verzichtet hätte, sämtliche veranschlagten Mittel – hauptsächlich in der Form von Honoraren für Fachkräfte – zu nutzen und damit den von den Hinweisen für die Bieter aufgestellten Mindestanforderungen für den Einsatz von Personal zuwidergehandelt hätte.

171    Bezüglich des Einwands der Kommission, wonach die Klägerin die tatsächliche Höhe der den Fachkräften geschuldeten Honorare nicht nachgewiesen habe, ist darauf hinzuweisen, dass das Konsortium nach den Nrn. 4.1 und 4.2 der Hinweise für die Bieter seinem technischen Angebot eine Ausschließlichkeits- und Verfügbarkeitsbindung der drei Hauptfachkräfte sowie seinem finanziellen Angebot die für die einzelne Fachkraftkategorie geltenden Honorarsätze beizufügen hatte. So enthielt das finanzielle Angebot des Konsortiums Tagessätze von 900 Euro für die drei Hauptfachkräfte und die Senior-Fachkräfte und von 350 Euro für die Junior-Fachkräfte. Diese Tagessätze beinhalteten die an die Fachkräfte gezahlten Honorare, die allgemeinen Kosten und die vom Konsortium berechnete Gewinnspanne, wie sie für jede Kategorie von Fachkräften in der Tabelle über die Bewertung des im Zusammenhang mit dem Verlust des fraglichen Auftrags stehenden Schadens im Einzelnen aufgeführt ist. Diese Tagessätze sollten vom Konsortium im Rahmen der Ausführung des fraglichen Auftrags angewandt werden und wurden vom nationalen Auftraggeber gebilligt, als er das finanzielle Angebot des Konsortiums auswählte. Unter diesen Umständen kann die Kommission nicht geltend machen, die Tagessätze, die das Konsortium im Rahmen dieser Ausführung anzuwenden hatte, seien noch nachzuweisen.

172    Die Gewinnspannen, die das Konsortium bei den Honoraren der einzelnen Kategorie von Fachkräften berechnete, wie auch die Höhe der auf jede dieser Kategorien entfallenden Kosten sind von der Kommission im Rahmen der vorliegenden Klage nicht bestritten worden, und die Akten enthalten keine Anhaltspunkte dafür, dass diese in Zweifel zu ziehen sind. Wie die Kommission zu Recht geltend macht und die Klägerin auch einräumt, haben sich vielmehr Fehler bei der Addition dieser Kosten und Gewinnspannen in der Tabelle über die Bewertung des im Zusammenhang mit dem Verlust des fraglichen Auftrags stehenden Schadens eingeschlichen. Die Bruttogewinnspanne, die das Konsortium bei Durchführung des fraglichen Auftrags erwartete, betrug daher nicht 315 455 Euro, wie die die Klägerin zur Begründung ihres Schadensersatzantrags behauptet, sondern 235 455 Euro.

173    Bezüglich der operativen Kosten und der Vergütung für das Projektmanagement, die in der Tabelle über die Bewertung des im Zusammenhang mit dem Verlust des fraglichen Auftrags stehenden Schadens von der Bruttogewinnspanne, die das Konsortium bei der Ausführung des fraglichen Auftrags erwartete, in Höhe von 41 500 Euro bzw. 78 305 Euro abgezogen wurden, weist die Kommission in der Gegenerwiderung darauf hin, dass sie die Tabelle zur Kenntnis nehme, in der die Klägerin ein kurze Aufstellung ihrer operativen Kosten gebe. Vor diesem Hintergrund und angesichts fehlender Hinweise in den Akten, die Zweifel an der Richtigkeit dieser Kosten entstehen ließen, sind die Beträge nicht in Frage zu stellen, die in der Tabelle über die Bewertung des im Zusammenhang mit dem Verlust des fraglichen Auftrags stehenden Schadens zwecks Berechnung der vom Konsortium bei der Ausführung des fraglichen Auftrags erwarteten Nettogewinnspanne, die sich nach Berichtigung oben in Rn. 172 auf 115 650 Euro beläuft, abgezogen wurden.

174    In Bezug auf den Anteil von 45 % an dieser Nettogewinnspanne, der der Klägerin zugestanden hätte, rügt die Kommission, dass die Klägerin eine Vereinbarung, die insoweit mit den Mitgliedern des Konsortiums geschlossen sei, nicht vorgelegt habe, dass dieser Anteil in der Tabelle über die Bewertung des im Zusammenhang mit dem Verlust des fraglichen Auftrags stehenden Schadens mit der Abkürzung „TBC“ versehen sei und dass er unverhältnismäßig sei, da er in Verbindung mit der Vergütung für das Projektmanagement darauf hinausgelaufen wäre, dass der Klägerin 67 % der bei Ausführung des fraglichen Auftrags erwarteten Nettogewinnspanne vorbehalten werde und den übrigen Mitgliedern des Konsortiums nur die verbleibenden 33 % dieser Gewinnspanne zur Verteilung geblieben wären. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die einzigen von der Klägerin vorgelegten zulässigen Beweismittel den Verteilungsschlüssel für die Nettogewinnspanne, auf den sich die Mitglieder des Konsortiums für den Fall einigten, dass der fragliche Auftrag an sie vergeben würde, nicht bestätigen. Die Klägerin bestreitet zudem nicht, dass die Abkürzung „TBC“, die in der Tabelle über die Bewertung des im Zusammenhang mit dem Verlust des fraglichen Auftrags stehenden Schadens enthalten ist, darauf hinwies, dass der dort erwähnte Verteilungsschlüssel noch „zu bestätigen“ war, sobald der Vertrag über den Auftrag förmlich unterzeichnet sein würde. Da die Klägerin ebenso wie die anderen Mitglieder des Konsortiums notwendigerweise Anspruch auf einen Anteil an der bei Ausführung des fraglichen Auftrags erwarteten Nettogewinnspanne gehabt hätten, sie im vorliegenden Fall aber nicht beweisen konnte, dass ihr Anteil größer als der der übrigen Mitglieder des Konsortiums hätte sein müssen, vor allem, dass er sich auf 45 % dieser Gewinnspanne belaufen hätte, ist das Gericht der Auffassung, dass die Schadenersatzansprüche der Klägerin zutreffend bewertet werden, wenn der genannte Anteil auf 20 % festgesetzt wird, was einer Verteilung der erwarteten Nettogewinnspanne zu gleichen Teilen unter den fünf Mitgliedern des Konsortiums entspricht.

175    Infolgedessen wird der Anteil an der vom Konsortium bei Ausführung des fraglichen Auftrags erwarteten Nettogewinnspanne, der der Klägerin zugestanden hätte, auf einen Betrag von 23 130 Euro geschätzt, entsprechend 20 % der genannten Gewinnmarge, die mit 115 650 Euro bewertet wird (vgl. oben, Rn. 173). Zur Berücksichtigung des oben in Rn. 167 genannten Risikos, dass das Konsortium den fraglichen Auftrag auch vollkommen und vollständig durchführt, ist der genannte Betrag überdies auf 20 000 Euro herabzusetzen.

176    Nach alledem ist dem Antrag der Klägerin auf Ersatz des materiellen Schadens wegen des Verlusts einer Chance auf Realisierung der Gewinne, die sie bei Durchführung des fraglichen Auftrags erwartete, in Höhe von 20 000 Euro stattzugeben, und im Übrigen ist der Schadensersatzantrag bezüglich des Verlusts des fraglichen Auftrags abzuweisen.

–       Zum Schaden infolge des Verlusts einer Chance, weitere öffentliche Aufträge zu erhalten, und zum Kausalzusammenhang zwischen diesem Schaden und dem von der Kommission begangenen Rechtsverstoß

177    Die Klägerin behauptet, sie habe infolge der entgangenen Chance, weitere öffentliche Aufträge zu erhalten, einen materiellen und immateriellen Schaden erlitten. Sie führt insoweit aus, die Aufhebung des Verfahrens zur Vergabe des fraglichen Auftrags aufgrund der sie betreffenden W3b‑Warnmeldung im FWS, die durch die Bekanntmachung im November 2010 veröffentlicht worden sei, habe ihr Ansehen und damit ihren geschäftlichen Ruf vor allem im Hinblick auf die ehemaligen Mitglieder des Konsortiums geschädigt und ihr die Möglichkeit genommen, den fraglichen Auftrag als wichtige Referenz zu gebrauchen, auf die sie sich für eine Teilnahme an anderen Vergabeverfahren im gleichen Sektor oder in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien hätte berufen können. Sie ist daher der Meinung, ihr sei die Chance entgangen, an 15 Vergabeverfahren teilzunehmen. Da ihr aber seinerzeit bei einem von fünf Vergabeverfahren, an denen sie teilgenommen habe, der Auftrag erteilt worden sei, sei ihr die Chance entgangen, drei Verträge zu schließen, die dem Vertrag über den fraglichen Auftrag entsprächen. Die Höhe dieses Verlusts belaufe sich daher auf den dreifachen Wert des im Rahmen des fraglichen Auftrags entgangenen Gewinns, d. h. auf 480 000 Euro, wobei sie jedoch ihren Schaden vorläufig mit einem geringeren Betrag ansetzt, d. h. mit 330 000 Euro.

178    Die Klägerin ist der Auffassung, der Verlust der Chance, auf den sie sich berufe, sei aus den gleichen Gründen, wie sie oben in Rn. 157 ausgeführt worden sind, die unmittelbare Folge des von der Kommission begangenen Rechtsverstoßes.

179    Die Kommission macht im Wesentlichen geltend, die Klägerin habe für den von ihr geltend gemachten Schaden und den Kausalzusammenhang zwischen dem Schaden und dem begangenen Rechtsverstoß nicht den ihr obliegenden Beweis erbracht.

180    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Klägerin nicht einmal annähernd den immateriellen Schaden ermittelt hat, der in der entgangenen Chance besteht, weitere öffentliche Aufträge zu erhalten. Ihr Antrag auf Schadensersatz kann daher bezüglich dieser Schadensposition gemäß der oben in Rn. 163 angeführten Rechtsprechung vom Gericht nicht berücksichtigt werden.

181    Was den materiellen Schaden betrifft, der in der entgangenen Chance besteht, weitere öffentliche Aufträge zu erhalten, und den die Klägerin mit 330 000 Euro bewertet, ist festzustellen, dass die Aufhebung des Verfahrens zur Vergabe des fraglichen Auftrags aufgrund der die Klägerin betreffenden W3b‑Warnmeldung im FWS zweifellos ihr Ansehen und damit ihren geschäftlichen Ruf sowohl bei den Behörden der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien als auch bei den ehemaligen Mitgliedern des Konsortiums schädigte, die hiervon wussten. Zudem brachte diese Aufhebung die Klägerin um die Möglichkeit, sich als Referenz auf den fraglichen Auftrag zu berufen, um im Rahmen anderer Vergabeverfahren, an denen sie teilgenommen hätte oder hätte teilnehmen wollen, ihre technische Leistungsfähigkeit in dem von diesem Auftrag erfassten Bereich unter Beweis zu stellen.

182    Aus den oben in Rn. 181 getroffenen Feststellungen folgt nicht unmittelbar in einem ursächlichen Zusammenhang, dass der Klägerin die Chance entgangen wäre, drei Verträge zu schließen, die dem Vertrag über den fraglichen Auftrag entsprochen hätten, und damit Gewinne realisiert hätte, die dem Dreifachen von dem entsprächen, was sie bei Durchführung des fraglichen Auftrags erwartet hatte, also einen Betrag in Höhe von 480 000 Euro, den sie in ihrem Klageantrag mit nur 330 000 Euro ansetzte.

183    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass, wie die Kommission ausführt und die Klägerin einräumt, die Tatsache, dass gegen die Klägerin zwischen Juni 2010 und Februar 2015 eine W3b‑Warnmeldung in das FWS eingegeben wurde, kein Hindernis dafür war, dass die Klägerin allein oder im Rahmen von Konsortien zwischen dem 15. Dezember 2010 und dem 3. August 2015 mit der Kommission fünf Verträge schloss, die – insbesondere im Rahmen des IPA – mit Mitteln der Union finanzierte Aufträge in anderen Bereichen als dem Personalbereich in den Nachbarstaaten der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien (Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Albanien) und in Afrika mit einem Wert von insgesamt 3 503 955 Euro betrafen.

184    Soweit die Klägerin vorträgt, dass die Referenz im Zusammenhang mit dem fraglichen Auftrag von entscheidender Bedeutung gewesen sei, um Angebote für andere Aufträge abgeben zu können, ist festzustellen, dass ihre Behauptungen bezüglich ihrer mangelnden Erfahrungen im Personalbereich im Widerspruch zu den Angaben auf ihrer Internetseite stehen, die die Kommission zu den Akten gereicht hat und in denen die Klägerin „Personal und Arbeitsmarkt“ als Tätigkeitsfeld anführt. Selbst wenn man unterstellt, dass der Klägerin in diesem Bereich, wie sie ausführt, Referenzen fehlten, war sie deswegen nicht daran gehindert, durch Bildung eines Konsortiums mit anderen Unternehmen, die Erfahrungen auf diesem Gebiet hatten, öffentliche Aufträge wie den fraglichen Auftrag zu erhalten, wie dies bereits oben in Rn. 167 festgestellt worden ist.

185    Soweit die Klägerin behauptet, infolge der Aufhebung des fraglichen Auftrags sei es für sie unmöglich geworden, sich mit anderen Unternehmen, insbesondere mit den ehemaligen Mitgliedern des Konsortiums, zusammen zu schließen, hat sie, wie die Kommission zu Recht ausführt, keinen Nachweis erbracht, der bestätigen würde, dass sie, um an Vergabeverfahren im Personalbereich oder in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien teilnehmen zu können, zwecks Bildung eines Konsortiums Kontakt zu anderen Unternehmen aufnahm, diese sie jedoch abgewiesen haben. Überdies räumt die Klägerin selbst ein, dass sie als Leiter des Konsortiums Aufträge erhalten habe, die andere Bereiche als den Personalbereich oder andere Staaten als die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien betrafen. Die Darlegungen der Klägerin sind in diesem Punkt somit nicht hinreichend belegt.

186    Soweit die Klägerin behauptet, ihr sei die Chance entgangen, andere öffentliche Aufträge in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien zu erhalten, weil ihr Ansehen bei deren Behörden beschädigt worden sei, ist ebenfalls festzustellen, dass sie, wie die Kommission zu Recht ausführt, nicht dargelegt und erst recht nicht bewiesen hat, dass sie sich um die Vergabe öffentlicher Aufträge beworben hat, deren Auftraggeber die Behörden der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien gewesen wären. Unter diesen Umständen kann die Klägerin nicht behaupten, ihr sei eine reale Chance auf Erhalt dieser Aufträge aufgrund der Tatsache entgangen, dass ihr Ansehen bei den genannten Behörden beschädigt gewesen sei.

187    Schließlich ist festzustellen, dass die in der Klageschrift enthaltene Tabelle über die Bewertung des im Zusammenhang mit dem Verlust des fraglichen Auftrags stehenden Schadens rein hypothetische Angaben enthält. Die Klägerin gibt nämlich keine konkreten Vergabeverfahren an, an denen sie teilnahm oder hätte teilnehmen können, sondern schließt lediglich aus ihren früheren Erfahrungen, an wie vielen Vergabeverfahren sie ihrer Ansicht nach hätte teilnehmen können, ohne Anhaltspunkte vorzutragen, anhand deren die Richtigkeit und Relevanz der Angaben überprüft werden könnte.

188    Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die Klägerin weder nachgewiesen hat, dass der materielle Schaden, der in dem Verlust einer Chance liegt, andere öffentliche Aufträge zu erhalten, tatsächlich und sicher besteht noch dass sich dieser Schaden mit hinreichender Unmittelbarkeit aus dem oben in Rn. 153 festgestellten Rechtsverstoß in dem Sinne ergibt, dass der Rechtsverstoß der ausschlaggebende Grund für diesen Schaden war.

189    Der Schadensersatzantrag der Klägerin wegen des Verlusts einer Chance, andere öffentliche Aufträge zu erhalten, ist somit insgesamt zurückzuweisen.

190    Nach alledem ist die Kommission zu verurteilen, an die Klägerin den Betrag von 20 000 Euro als Ersatz des ihr entstandenen Schadens zu zahlen. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.

 Kosten

191    Wenn mehrere Parteien unterliegen, entscheidet nach Art. 134 Abs. 2 der Verfahrensordnung das Gericht über die Verteilung der Kosten. Da die Parteien teils obsiegt haben und teils unterlegen sind, haben sie jeweils ihre eigenen Kosten zu tragen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Europäische Kommission wird verurteilt, 20 000 Euro an die East West Consulting SPRL zu zahlen.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Pelikánová

Valančius

Öberg

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Dezember 2018.

Unterschriften


Inhaltsverzeichnis



*      Verfahrenssprache: Französisch.