Language of document : ECLI:EU:C:2017:431

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

8. Juni 2017(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Öffentliche Aufträge – Humanarzneimittel – Richtlinie 2004/18/EG – Art. 2 und Art. 23 Abs. 2 und 8 – Art. 34 und 36 AEUV – Öffentlicher Auftrag zur Versorgung eines Krankenhauses – Nationale Regelung, die eine prioritäre Versorgung der Krankenhäuser mit Arzneimitteln vorschreibt, die aus nationalem Plasma hergestellt wurden – Grundsatz der Gleichbehandlung“

In der Rechtssache C‑296/15

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Državna revizijska komisija za revizijo postopkov oddaje javnih naročil (Staatliche Kommission für die Überprüfung öffentlicher Auftragsvergabeverfahren, Slowenien) mit Entscheidung vom 14. Mai 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 18. Juni 2015, in dem Verfahren

Medisanus d.o.o.

gegen

Splošna Bolnišnica Murska Sobota

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen sowie der Richter M. Vilaras, J. Malenovský, M. Safjan und D. Šváby (Berichterstatter),

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. September 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Medisanus d.o.o., vertreten durch A. Godec, odvetnik, G. Backmann und M. Žlebnik,

–        der slowenischen Regierung, vertreten durch A. Grum als Bevollmächtigte,

–        der spanischen Regierung, vertreten durch A. Gavela Llopis als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braga da Cruz, A. Sipos und B. Rous Demiri als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 1. Dezember 2016

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 und Art. 23 Abs. 2 und 8 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. 2004, L 134, S. 114, und Berichtigungen ABl. 2004, L 351, S. 44, und ABl. 2008, L 198, S. 74) in Verbindung mit Art. 83 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. 2001, L 311, S. 67) in der durch die Richtlinie 2002/98 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 2003 (ABl. 2003, L 33, S. 30) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2001/83), Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2002/98 und Art. 18 AEUV.

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Medisanus d.o.o. und dem Splošna Bolnišnica Murska Sobota (Allgemeines Krankenhaus Murska Sobota, Slowenien, im Folgenden: Krankenhaus) über die Rechtmäßigkeit einer Klausel in den Verdingungsunterlagen zu einem vom Krankenhaus eingeleiteten Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags über die Lieferung von Arzneimitteln.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

 Richtlinie 2004/18

3        Die Richtlinie 2004/18, die in zeitlicher Hinsicht auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbar ist, wurde durch die Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe (ABl. 2014, L 94, S. 65) mit Wirkung zum 18. April 2016 aufgehoben. Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 definierte öffentliche Aufträge als „zwischen einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern und einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern geschlossene schriftliche entgeltliche Verträge über die Ausführung von Bauleistungen, die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen im Sinne dieser Richtlinie“.

4        Art. 2 („Grundsätze für die Vergabe von Aufträgen“) dieser Richtlinie schrieb vor, dass die öffentlichen Auftraggeber alle Wirtschaftsteilnehmer gleich und nicht diskriminierend behandeln und in transparenter Weise vorgehen müssen.

5        Art. 23 dieser Richtlinie sah vor:

„…

(2)      Die technischen Spezifikationen müssen allen Bietern gleichermaßen zugänglich sein und dürfen die Öffnung der öffentlichen Beschaffungsmärkte für den Wettbewerb nicht in ungerechtfertigter Weise behindern.

(8)      Soweit es nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist, darf in technischen Spezifikationen nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren oder auf Marken, Patente, Typen, einen bestimmten Ursprung oder eine bestimmte Produktion verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden. Solche Verweise sind jedoch ausnahmsweise zulässig, wenn der Auftragsgegenstand nach den Absätzen 3 und 4 nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden kann; solche Verweise sind mit dem Zusatz ‚oder gleichwertig‘ zu versehen.“

6        Der Begriff „technische Spezifikationen“ wurde in Anhang VI Nr. 1 dieser Richtlinie definiert. Bei öffentlichen Liefer- und Dienstleistungsaufträgen wurden in Nr. 1 Buchst. b dieses Anhangs solche Spezifikationen als Spezifikationen definiert, „die in einem Schriftstück enthalten sind, das Merkmale für ein Erzeugnis oder eine Dienstleistung vorschreibt, wie Qualitätsstufen, Umweltleistungsstufen, die Konzeption für alle Verwendungsarten (‚Design for all‘) (einschließlich des Zugangs von Behinderten) sowie Konformitätsbewertung, Vorgaben für Gebrauchstauglichkeit, Verwendung, Sicherheit oder Abmessungen des Erzeugnisses, einschließlich der Vorschriften über Verkaufsbezeichnung, Terminologie, Symbole, Prüfungen und Prüfverfahren, Verpackung, Kennzeichnung und Beschriftung, Gebrauchsanleitung, Produktionsprozesse und ‑methoden sowie über Konformitätsbewertungsverfahren“.

 Unionsrechtliche Vorschriften über menschliches Blut

7        In den Erwägungsgründen 2, 4, 23 und 32 der Richtlinie 2002/98, die verschiedene Vorgänge im Zusammenhang mit menschlichem Blut regelt, heißt es:

„(2)      Die Verfügbarkeit von Blut und Blutbestandteilen für therapeutische Zwecke hängt weitgehend davon ab, ob Bürger der Gemeinschaft zur Blutspende bereit sind. …

(4)      … Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Förderung der Selbstversorgung der Gemeinschaft mit menschlichem Blut und Blutbestandteilen sowie Maßnahmen zur Förderung freiwilliger, unbezahlter Spenden von Blut und Blutbestandteilen ergreifen.

(23)      Freiwillige, unbezahlte Blutspenden sind ein Faktor, der zu hohen Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Blut und Blutbestandteile und somit zum Gesundheitsschutz beitragen kann. Die diesbezüglichen Bestrebungen des Europarates sollten unterstützt und alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden, um freiwillige, unbezahlte Blutspenden durch geeignete Maßnahmen und Initiativen sowie dadurch zu fördern, dass Blutspender größere öffentliche Anerkennung erfahren; damit würde auch die Selbstversorgung der Gemeinschaft verbessert. …

(32)      … [D]ie Ziele dieser Richtlinie – nämlich einen Beitrag zum wechselseitigen Vertrauen in die Qualität von gespendetem Blut und gespendeten Blutbestandteilen und zum Gesundheitsschutz der Spender zu leisten, die Selbstversorgung der Gemeinschaft mit Blut zu verwirklichen und das Vertrauen in die Sicherheit der Transfusionskette in allen Mitgliedstaaten zu stärken – …“

8        Den Geltungsbereich der Richtlinie 2002/98 legt deren Art. 2 Abs. 1 wie folgt fest:

„Diese Richtlinie gilt für die Gewinnung und Testung von menschlichem Blut und Blutbestandteilen unabhängig von deren Verwendungszweck sowie für deren Verarbeitung, Lagerung und Verteilung, sofern sie zur Transfusion bestimmt sind.“

9        Art. 4 Abs. 2 dieser Richtlinie sieht vor:

„Diese Richtlinie hindert die Mitgliedstaaten nicht, in ihrem Hoheitsgebiet strengere Schutzmaßnahmen beizubehalten oder einzuführen, sofern diese in Einklang mit dem Vertrag stehen.

Insbesondere kann ein Mitgliedstaat Anforderungen für freiwillige, unbezahlte Blutspenden einführen einschließlich des Verbots oder der Beschränkung der Einfuhren von Blut oder Blutbestandteilen, um ein hohes Gesundheitsschutzniveau zu gewährleisten und das in Artikel 20 Absatz 1 genannte Ziel zu erreichen, soweit dies in Einklang mit den Bestimmungen des Vertrags geschieht.“

10      Art. 20 Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:

„Die Mitgliedstaaten ergreifen die notwendigen Maßnahmen, um freiwillige, unbezahlte Blutspenden zu fördern, damit erreicht wird, dass Blut und Blutbestandteile so weit wie möglich aus solchen Spenden stammen.“

11      Der 19. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/83, die im Wesentlichen gewerblich zubereitete Humanarzneimittel betrifft, lautet:

„Die Gemeinschaft unterstützt uneingeschränkt die Bemühungen des Europarates zur Förderung der freiwilligen, unentgeltlichen Blut- und Blutplasmaspende, um die Selbstversorgung der gesamten Gemeinschaft mit aus Blut bestehenden Erzeugnissen zu verwirklichen und die Einhaltung ethischer Grundsätze beim Handel mit therapeutischen Substanzen menschlichen Ursprungs zu gewährleisten.“

12      Art. 1 dieser Richtlinie enthält u. a. folgende Definitionen:

„10.      Arzneimittel aus menschlichem Blut oder Blutplasma:

[g]ewerblich von staatlichen oder privaten Einrichtungen zubereitete Arzneimittel, die sich aus Blutbestandteilen zusammensetzen; zu diesen Arzneimitteln gehören insbesondere Albumin, Gerinnungsfaktoren und Immunglobuline menschlichen Ursprungs.

17.      Großhandelsvertrieb von Arzneimitteln:

[j]ede Tätigkeit, die in der Beschaffung, der Lagerung, der Lieferung oder der Ausfuhr von Arzneimitteln besteht, mit Ausnahme der Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit; diese Tätigkeiten werden mit Herstellern oder deren Kommissionären, Importeuren oder sonstigen Großhändlern oder aber mit Apothekern und Personen abgewickelt, die in dem betreffenden Mitgliedstaat zur Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit ermächtigt oder befugt sind.

…“

13      Art. 83 dieser Richtlinie, der zu ihrem Titel VII über den Großhandelsvertrieb und die Vermittlung von Arzneimitteln gehört, bestimmt:

„Die Bestimmungen dieses Titels lassen die strengeren Anforderungen unberührt, die die Mitgliedstaaten an den Großhandelsvertrieb folgender Erzeugnisse stellen:

–        Arzneimittel aus Blut,

…“

14      Art. 109 dieser Richtlinie, der sich in ihrem Titel X über besondere Bestimmungen für Arzneimittel aus menschlichem Blut oder Blutplasma befindet, sieht vor:

„Für die Sammlung und Testung von menschlichem Blut und menschlichem Blutplasma gilt die Richtlinie [2002/98].“

15      Art. 110 dieser Richtlinie lautet:

„Die Mitgliedstaaten treffen alle sachdienlichen Maßnahmen, damit die Selbstversorgung der Gemeinschaft mit menschlichem Blut und Blutplasma gefördert wird. Zu diesem Zweck ermutigen sie die freiwillige, unentgeltliche Blut- und Blutplasmaspende und treffen die sachdienlichen Maßnahmen zur Förderung der Erzeugung und Verwendung von Erzeugnissen aus menschlichem Blut oder Blutplasma, das aus freiwilligen, unentgeltlichen Blutspenden stammt. Sie unterrichten die Kommission über die ergriffenen Maßnahmen.“

 Slowenisches Recht

 Arzneimittelgesetz

16      Hinsichtlich der Definition des Grundsatzes der prioritären Versorgung mit Arzneimitteln, die industriell aus in Slowenien gewonnenem Plasma hergestellt wurden, bestimmt Art. 6 Nr. 71 des Zakon o zdravilih (Arzneimittelgesetz) (Uradni list RS, Nr. 17/14):

„Die prioritäre Versorgung mit industriell hergestellten Arzneimitteln aus slowenischem Plasma (hierbei handelt es sich um frisches, für die Verarbeitung eingefrorenes und in Slowenien gewonnenes Plasma) ist ein Grundsatz, nach dem die Versorgung mit aus ausländischem Plasma hergestellten Arzneimitteln aus der Europäischen Union erfolgt, und zwar gemäß der Arzneimittelzulassung, wenn mit aus slowenischem Plasma hergestellten Arzneimitteln nicht die gesamte Nachfrage nach diesen Arzneimitteln in der Republik Slowenien abgedeckt werden kann, es sei denn, dass die Anwendung oder der Import eines bestimmten, aus ausländischem Plasma hergestellten Arzneimittels fachlich begründet ist oder hierfür ein strategischer Grund besteht, wozu der Strateški svet za zdravila [(Strategierat für Arzneimittel, Slowenien)] und der Strokovni svet za preskrbo s krvjo in z zdravili iz plazme [(Fachrat für die Versorgung mit Blut und aus Plasma hergestellten Arzneimitteln, Slowenien)] Stellung nehmen.“

17      In Nr. 106 dieser Bestimmung werden die „aus Blut oder Plasma erzeugten Arzneimittel“ wie folgt definiert:

„Aus Blut oder Plasma erzeugte Arzneimittel sind industriell hergestellte Arzneimittel, wie zum Beispiel Arzneimittel, die insbesondere Albumine … und Immunglobuline menschlichen Ursprungs enthalten, die von hierfür spezialisierten Unternehmen gemäß den Vorschriften über die Versorgung mit Blut und Blutpräparaten und über Arzneimittel aus Blutbestandteilen erzeugt werden.“

18      Art. 11 Nr. 6 des Arzneimittelgesetzes legt dessen Geltungsbereich wie folgt fest:

„Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden keine Anwendung auf … Blut, Plasma oder Blutzellen, die durch die die Versorgung mit Blut regelnden Vorschriften festgelegt sind; dies gilt nicht für Plasma, das nach einer auf einem industriellen Verfahren beruhenden Methode erzeugt wird und zur Herstellung von Arzneimitteln angewandt wird.“

 Gesetz über die Versorgung mit Blut

19      Art. 2 Abs. 1 und 2 des Zakon o preskrbi s krvjo (Gesetz über die Versorgung mit Blut) (Uradni list RS, Nr. 104/06) bestimmt:

„(1)      Die Versorgung mit Blut nach diesem Gesetz ist Teil der Transfusionstätigkeit, welche die Planung, Gewinnung, Verarbeitung, Testung, Lagerung, Verteilung, Behandlung sowie die gleichmäßige und ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Blut und Blutzubereitungen sowie den Handel mit diesen Produkten umfasst.

(2)      Die im vorherigen Absatz angeführten Tätigkeiten werden gemäß den Grundsätzen der nationalen Selbstversorgung und der freiwilligen, unentgeltlichen Spende ausgeführt, um eine ausreichende Zahl von Blutspendern und Blutspenderinnen (im Folgenden: Blutspender) und die Sicherheit der Bluttransfusionen zu gewährleisten.

…“

20      Art. 3 dieses Gesetzes enthält in den Nrn. 11, 12, 13, 18 und 27 folgende Definitionen:

–        „Blut“: menschliches Vollblut;

–        „Blutbestandteile“: heilende Bestandteile des Blutes (Plasma), die durch verschiedene Verfahren aus Blut zubereitet werden können;

–        „Blutzubereitung“: jede Arzneimittelzubereitung (Bestandteil oder Arzneimittel), die von menschlichem Blut oder Plasma stammt;

–        „Selbstversorgung“: Grundsatz der Versorgung mit Blut und Blutzubereitungen, wonach der Staat den Bedarf an Blut und Blutzubereitungen aus eigenen Quellen deckt;

–        „[a]us Blut erzeugtes Arzneimittel“: jedes Arzneimittel, das aus menschlichem Blut oder Plasma erzeugt wird.

21      Art. 5 Abs. 1 dieses Gesetzes, der insbesondere die Gewinnung von Blut zum Gegenstand hat, bestimmt:

„Die Tätigkeit der Gewinnung und Testung von Blut und Blutbestandteilen ist unabhängig von dem vorgesehenen Verwendungszweck sowie deren Verarbeitung, Lagerung und Verteilung, sofern sie zur Transfusion bestimmt sind, eine öffentliche Dienstleistung. Sie wird vom Institut für Bluttransfusion oder vom Zentrum für Bluttransfusion erbracht, das von der Agentur festgelegt wird, die auch die Genehmigung erteilt.“

22      Art. 10 Abs. 1 und 2 dieses Gesetzes legt die Aufgabe des Zavod Republike Slovenije za transfuzisko medecino (Institut der Republik Slowenien für Transfusionsmedizin, im Folgenden: Institut) wie folgt fest:

„(1)      Das [Institut] ist … auf staatlicher Ebene für die fachliche Qualität der Versorgung mit Blut und Blutzubereitungen sowie die Koordinierung zwischen der Transfusionsmedizin und der Tätigkeit der Krankenhäuser verantwortlich …

(2)      Das [Institut] koordiniert alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Auswahl der Blutspender, der Gewinnung, Testung, Verarbeitung, Lagerung und Verteilung von Blut und Blutzubereitungen, der klinischen Verwendung von Blut …“

 Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

23      Mit Beschluss vom 14. Januar 2015 leitete das Krankenhaus ein Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags über die Beschaffung zweier Arten von aus Plasma gewonnenen Arzneimitteln ein, nämlich Human-Albumin 200 mg/ml Infusionslösung und Human-Immunglobulin zur intravenösen Verabreichung 50 mg/ml oder 100 mg/ml.

24      In den Verdingungsunterlagen wurde angegeben, dass die Arzneimittel, die Gegenstand dieses Auftrags waren, „aus slowenischem Plasma“ erzeugt sein mussten. Auf einen Einwand eines Wirtschaftsteilnehmers hin wurde diese Anforderung unter Verweisung auf den in Art. 6 Nr. 71 des Arzneimittelgesetzes niedergelegten Grundsatz der prioritären Versorgung mit Arzneimitteln, die industriell aus in Slowenien gewonnenem Plasma hergestellt wurden, gerechtfertigt.

25      Medisanus beanstandete diese Anforderung des nationalen Ursprungs der aus Plasma gewonnenen Arzneimittel und ersuchte das Krankenhaus, davon abzusehen und dementsprechend die Verdingungsunterlagen zu ändern. Da das Institut nämlich über ein Monopol zur Gewinnung von Blut in Slowenien verfüge, könne definitionsgemäß nur das Institut selbst aus slowenischem Plasma hergestellte Arzneimittel liefern und somit der in den Verdingungsunterlagen aufgestellten Anforderung des nationalen Ursprungs des Plasmas genügen. Eine solche Anforderung verstoße aber gegen das Unionsrecht.

26      Das Krankenhaus wies dieses Ersuchen mit der Begründung zurück, dass sich diese Anforderungen aus dem nationalen Recht ergäben, dass sie aus wissenschaftlicher Sicht gerechtfertigt seien und dass sie außerdem mit dem in Art. 110 der Richtlinie 2001/83 vorgesehenen Ziel der Selbstversorgung in der Union übereinstimmten. Zudem deckten die aus slowenischem Plasma hergestellten Arzneimittel nicht den gesamten Bedarf der slowenischen Bevölkerung an aus Plasma gewonnenen Arzneimitteln ab. Ein Teil dieses Bedarfs werde durch ein Vergabeverfahren zur Beschaffung von Arzneimitteln auf der Grundlage von Blut aus verschiedenen Mitgliedstaaten gedeckt.

27      Darauf focht Medisanus die Zurückweisung ihres Antrags vor der Državna revizijska komisija za revizijo postopkov oddaje javnih naročil (Staatliche Kommission für die Überprüfung öffentlicher Auftragsvergabeverfahren, Slowenien) an.

28      Diese Kommission ist eine nationale Sonderinstanz, die durch das Zakon o pravnem varstvu v postopkih javnega naročanja (Gesetz über die Rechtsbehelfe in Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge) (Uradni list RS, Nr. 43/11) geregelt ist und über die ausschließliche Zuständigkeit für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der von den öffentlichen Auftraggebern im Rahmen der Vergabeverfahren erlassenen Entscheidungen verfügt.

29      Im Rahmen des bei ihr anhängigen Überprüfungsantrags hat die Državna revizijska komisija za revizijo postopkov oddaje javnih naročil (Staatliche Kommission für die Überprüfung öffentlicher Auftragsvergabeverfahren) Zweifel, ob die Anforderung, wonach das Plasma, das für die Erzeugung der Arzneimittel verwendet wird, die im Ausgangsverfahren Gegenstand des öffentlichen Auftrags sind, slowenischen Ursprungs sein muss, mit den Art. 2 und 23 der Richtlinie 2004/18 vereinbar ist, da sich daraus ein Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Wahrung des Wettbewerbs zwischen den Wirtschaftsteilnehmern ergeben könnte.

30      Sie weist jedoch darauf hin, dass diese Anforderung auf slowenischem Recht beruhe. Erstens schreibe nämlich Art. 6 Nr. 71 des Arzneimittelgesetzes eine prioritäre Versorgung mit industriell hergestellten Arzneimitteln aus in Slowenien gewonnenem Plasma vor. Zweitens stelle das Gesetz über die Versorgung mit Blut den Grundsatz der Selbstversorgung auf, dem zufolge die Republik Slowenien beschlossen habe, ihren Bedarf an Blut und an aus menschlichem Blut und aus Plasma gewonnenen Arzneimitteln aus eigenen Quellen zu decken. Drittens betraue dieses Gesetz das Institut mit der Erbringung der öffentlichen Dienstleistung, die in der Gewinnung und Testung von Blut und Blutbestandteilen unabhängig von dem vorgesehenen Verwendungszweck sowie in deren Verarbeitung, Lagerung und Verteilung, sofern sie zur Transfusion bestimmt seien, bestehe.

31      Vor diesem Hintergrund hat die Državna revizijska komisija za revizijo postopkov oddaje javnih naročil (Staatliche Kommission für die Überprüfung öffentlicher Auftragsvergabeverfahren) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist die Richtlinie 2004/18, insbesondere Art. 23 Abs. 2 und 8 und Art. 2, in Verbindung mit

–        der Richtlinie 2001/83, insbesondere Art. 83,

–        der Richtlinie 2002/98, insbesondere Art. 4 Abs. 2,

–        dem AEU-Vertrag, insbesondere Art. 18,

dahin auszulegen, dass sie der (auf der nationalen Gesetzgebung beruhenden) Anforderung entgegensteht, wonach es sich um industriell hergestellte Arzneimittel „aus slowenischem Plasma“ handeln muss?

 Zur Vorlagefrage

 Zur Zulässigkeit

32      Vorab ist die Frage zu prüfen, ob die Državna revizijska komisija za revizijo postopkov oddaje javnih naročil (Staatliche Kommission für die Überprüfung öffentlicher Auftragsvergabeverfahren) die Kriterien erfüllt, um als „einzelstaatliches Gericht“ im Sinne von Art. 267 AEUV eingestuft zu werden.

33      Die Beurteilung der Frage, ob es sich bei der vorlegenden Einrichtung um ein „Gericht“ im Sinne von Art. 267 AEUV handelt, hängt von einer Reihe von Merkmalen ab, wie z. B. der gesetzlichen Grundlage der Einrichtung, ihrem ständigen Charakter, der obligatorischen Gerichtsbarkeit, dem streitigen Verfahren, der Anwendung von Rechtsnormen durch die Einrichtung sowie deren Unabhängigkeit (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2015, Consorci Sanitari del Maresme, C‑203/14, EU:C:2015:664, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Im vorliegenden Fall zeigt sich auf der Grundlage der von der Državna revizijska komisija za revizijo postopkov oddaje javnih naročil (Staatliche Kommission für die Überprüfung öffentlicher Auftragsvergabeverfahren) als Anlage zum Vorlagebeschluss übermittelten Informationen, dass zwischen dieser Kommission und den Behörden, deren Entscheidungen sie kontrolliert, keine Verbindung besteht. Außerdem sieht das Gesetz über das Richteramt (Zakon o sodniški službi) für die Mitglieder dieser Kommission Garantien in Bezug auf ihre Ernennung sowie die Dauer ihres Mandats und die Gründe für die Beendigung des Mandats vor, so dass ihre Unabhängigkeit gewährleistet ist.

35      Weiter ist diese Kommission gemäß dem Gesetz über den Rechtsschutz in öffentlichen Auftragsvergabeverfahren vorgesehen, das ihr ständigen Charakter verleiht und ihre Gerichtsbarkeit obligatorisch macht.

36      Zudem entscheidet diese Kommission nicht nur auf der Grundlage dieses Gesetzes, sondern wendet auch das Gesetz über den Zivilprozess (Zakon a pravdnem postopku) und ihre eigene Verfahrensordnung an, die im Uradni list Republike Slovenije (Amtsblatt der Republik Slowenien) veröffentlicht worden ist. Ferner wird sie durch Einreichung eines Rechtsbehelfs befasst, und ihre Entscheidungen erwachsen in Rechtskraft.

37      Schließlich haben die Parteien und gegebenenfalls der Bieter, dessen Angebot angenommen worden ist, das Recht, im Rahmen des Verfahrens Stellung zu nehmen sowie auf das Vorbringen der anderen Parteien und des Vertreters des öffentlichen Interesses einzugehen. Das Verfahren vor der vorlegenden Einrichtung ist somit kontradiktorisch.

38      Folglich erfüllt die Državna revizijska komisija za revizijo postopkov oddaje javnih naročil (Staatliche Kommission für die Überprüfung öffentlicher Auftragsvergabeverfahren) die Kriterien, um als „einzelstaatliches Gericht“ im Sinne von Art. 267 AEUV eingestuft zu werden, und ist die dem Gerichtshof von ihr vorgelegte Frage zulässig.

 Zur Begründetheit

 Vorbemerkungen

39      Bei der Vorlagefrage geht es im Wesentlichen darum, festzustellen, ob die Anforderung, Arzneimittel aus in Slowenien gewonnenem Plasma herzustellen, zum einen mit Art. 2 und Art. 23 Abs. 2 und 8 der Richtlinie 2004/18 in Verbindung mit Art. 83 der Richtlinie 2001/83 und Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2002/98 und zum anderen mit Art. 18 AEUV vereinbar ist.

40      Aus dem Vorlagebeschluss ergibt sich, dass der slowenische Gesetzgeber in Bezug auf industriell hergestellte Arzneimittel aus menschlichem Blutplasma ein System eingeführt hat, das auf folgenden Gesichtspunkten beruht.

41      Erstens stellt Art. 3 Nr. 18 des Gesetzes über die Versorgung mit Blut den Grundsatz der Selbstversorgung mit menschlichem Blut und seinen Bestandteilen sowie mit aus menschlichem Blut oder Blutplasma hergestellten Arzneimitteln auf, wonach der slowenische Staat den Bedarf der auf seinem Staatsgebiet gepflegten Patienten an Blut und aus Blut oder Plasma gewonnenen Arzneimitteln aus eigenen Quellen deckt (im Folgenden: Grundsatz der nationalen Selbstversorgung).

42      Nach Art. 2 dieses Gesetzes ist die Beachtung des Grundsatzes der nationalen Selbstversorgung bei allen Transfusionstätigkeiten vorgeschrieben, nämlich u. a. bei der Gewinnung, der Verarbeitung, der Verteilung und der Versorgung der Bevölkerung mit Blut und Blutbestandteilen oder mit aus Blut oder Plasma gewonnenen Arzneimitteln sowie beim Handel mit diesen Bestandteilen und Arzneimitteln.

43      Dieser Artikel führt den Grundsatz der freiwilligen und unentgeltlichen Blutspende ein. Danach muss die gemeinsame Ausführung der Grundsätze der nationalen Selbstversorgung und der freiwilligen, unentgeltlichen Spende auf die Gewährleistung sowohl einer ausreichenden Zahl von Blutspendern als auch der Sicherheit der Bluttransfusionen ausgerichtet sein.

44      Zweitens bestimmt Art. 10 des Gesetzes über die Versorgung mit Blut, dass das Institut als öffentliche Einrichtung auf staatlicher Ebene u. a. für die Versorgung mit Blut und Blutbestandteilen oder mit aus Blut und Plasma gewonnenen Arzneimitteln verantwortlich ist. Es koordiniert außerdem die Tätigkeiten im Zusammenhang mit insbesondere der Gewinnung, Verarbeitung und Verteilung dieser Bestandteile und Arzneimittel.

45      Drittens stellt Art. 6 Nr. 71 des Arzneimittelgesetzes den Grundsatz der prioritären Versorgung mit industriell hergestellten Arzneimitteln aus in Slowenien gewonnenem Plasma (im Folgenden: slowenisches Plasma) auf. Dieser Grundsatz bringt mit sich, dass das Inverkehrbringen von Arzneimitteln aus Plasma, das woanders als in Slowenien gewonnen worden ist, grundsätzlich nur erlaubt ist, wenn die aus slowenischem Plasma gewonnenen Arzneimittel nicht den gesamten Bedarf abdecken (im Folgenden: Grundsatz der prioritären Versorgung).

46      Aus diesem Grundsatz folgt also, dass der Bedarf der slowenischen Krankenhäuser an aus Plasma gewonnenen Arzneimitteln vorrangig durch Arzneimittel gedeckt werden muss, die aus slowenischem Plasma hergestellt worden sind (im Folgenden: Anforderung des nationalen Ursprungs), und, wenn die Arzneimittel slowenischen Ursprungs nicht ausreichen, soweit erforderlich unter Heranziehung von Arzneimitteln, die aus in anderen Mitgliedstaaten gewonnenem Plasma hergestellt worden sind.

47      In der Praxis stellt das Institut die Mengen an slowenischem Plasma, die nicht zu Transfusionszwecken verwendet werden, zur Herstellung von Arzneimitteln bereit. Zu diesem Zweck organisiert es die Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge, um den Wirtschaftsteilnehmer auszuwählen, der diese Arzneimittel herstellen wird, wobei aber das Institut Eigentümer des Plasmas bleibt und Eigentümer der aus diesem Plasma hergestellten Arzneimittel wird. Das Institut liefert diese Arzneimittel an die Krankenhäuser gegen Zahlung eines Preises, der den Herstellungskosten entspricht.

48      Außerdem organisiert das Institut zur Deckung des Bedarfs an aus Plasma hergestellten Arzneimitteln, der nicht durch aus slowenischem Plasma gewonnene Arzneimittel gedeckt ist, gemeinsam mit den slowenischen Krankenhäusern die Vergabe öffentlicher Lieferaufträge.

49      Vor diesem Hintergrund findet das Verfahren zur Vergabe des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden öffentlichen Auftrags statt, mit dem das Krankenhaus Arzneimittel erwerben will, die aus Plasma hergestellt sind, das nach dem Grundsatz der prioritären Versorgung slowenischen Ursprungs sein muss und das nur das Institut ihm liefern kann.

 Zur Einstufung von menschlichem Blut und seinen Bestandteilen

50      Sowohl in ihren schriftlichen Erklärungen als auch in der mündlichen Verhandlung hat die slowenische Regierung unter Berufung auf Art. 168 Abs. 7 AEUV vorgetragen, dass menschliches Blut und seine Bestandteile „Mittel“ und keine Ware im Sinne von Art. 34 AEUV seien.

51      Nach Art. 168 Abs. 7 AEUV zählt zur Verantwortung der Mitgliedstaaten zwar die Zuweisung von Mitteln für die Festlegung ihrer Gesundheitspolitik sowie die Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung.

52      Dem Wortlaut von Art. 168 Abs. 7 AEUV lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass der Verfasser der Verträge mit der allgemeinen Verwendung des Begriffs „Mittel“ gerade Blut oder seine Bestandteile in den Blick nehmen wollte.

53      Außerdem spricht angesichts der besonders weiten Auslegung des Begriffs „Waren“ im Sinne der Bestimmungen des AEU-Vertrags über den freien Warenverkehr, die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs insbesondere zu Arzneimitteln sowie zu Blut und Blutbestandteilen vorgenommen worden ist, nichts dagegen, dass aus menschlichem Blut oder Plasma hergestellte Arzneimittel unter die Definition dieses Begriffs fallen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. September 2008, Kommission/Deutschland, C‑141/07, EU:C:2008:492, Rn. 27 bis 32, sowie vom 9. Dezember 2010, Humanplasma, C‑421/09, EU:C:2010:760, Rn. 27 und 30). Folglich stellen aus menschlichem Blut oder Plasma hergestellte Arzneimittel „Waren“ im Sinne von Art. 34 AEUV dar.

54      Wie der Generalanwalt im Übrigen in den Nrn. 62 bis 66 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, stellen die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Arzneimittel „Waren“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a und c der Richtlinie 2004/18 dar, die einen Geldwert haben und deshalb Gegenstand von Handelsgeschäften sein können.

 Zu den anwendbaren Vorschriften

55      Es ist darauf hinzuweisen, dass eine Vorlagefrage im Licht sämtlicher Bestimmungen der Verträge und des abgeleiteten Rechts, die für die aufgeworfene Problematik von Bedeutung sein können, zu prüfen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 1985, Mutsch, 137/84, EU:C:1985:335, Rn. 10). Der Umstand, dass das vorlegende Gericht seine Vorlagefrage unter Bezugnahme auf bestimmte Vorschriften des Unionsrechts formuliert hat, hindert den Gerichtshof somit nicht daran, diesem Gericht unabhängig davon, worauf es in seinen Fragen Bezug genommen hat, alle Auslegungshinweise zu geben, die ihm bei der Entscheidung der bei ihm anhängigen Rechtssache von Nutzen sein können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Dezember 1990, SARPP, C‑241/89, EU:C:1990:459, Rn. 8).

56      Was aber die Vorschriften des Unionsrechts angeht, die der Gerichtshof auf Ersuchen des vorlegenden Gerichts auslegen soll, ist zunächst die Anwendbarkeit von Art. 83 der Richtlinie 2001/83, von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2002/98 und von Art. 18 AEUV auf eine Situation wie die des Ausgangsverfahrens zu prüfen.

57      Erstens sind die Mitgliedstaaten nach Art. 83 der Richtlinie 2001/83 dazu berechtigt, den Großhandelsvertrieb von Arzneimitteln aus Blut strengeren Anforderungen zu unterwerfen, als sie zum einen für den Großhandelsvertrieb von anderen Arzneimitteln und zum anderen für andere, nicht in dieser Bestimmung genannte Vertriebsmethoden von Arzneimitteln gelten.

58      Der „Großhandelsvertrieb von Arzneimitteln“ ist in Art. 1 Nr. 17 der Richtlinie 2001/83 definiert als „[j]ede Tätigkeit, die in der Beschaffung, der Lagerung, der Lieferung oder der Ausfuhr von Arzneimitteln besteht, mit Ausnahme der Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit; diese Tätigkeiten werden mit Herstellern oder deren Kommissionären, Importeuren oder sonstigen Großhändlern oder aber mit Apothekern und Personen abgewickelt, die in dem betreffenden Mitgliedstaat zur Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit ermächtigt oder befugt sind“.

59      Dies ist aber offensichtlich nicht Gegenstand der Tätigkeit des Krankenhauses. Folglich ist Art. 83 der Richtlinie 2001/83 unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens nicht anwendbar.

60      Zweitens erlaubt Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2002/98 einem Mitgliedstaat, die Einfuhren von Blut oder Blutbestandteilen zu verbieten oder zu beschränken, um freiwillige, unbezahlte Spenden von Blut oder Blutbestandteilen zu fördern.

61      Dazu ist festzustellen, dass Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2002/98 die Verteilung von menschlichem Blut und Bestandteilen nur regelt, „sofern sie zur Transfusion bestimmt sind“. Da aber aus Plasma gewonnene Arzneimittel nicht zur Transfusion bestimmt sind, ist Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2002/98 unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens nicht anwendbar.

62      Drittens ist darauf hinzuweisen, dass, wie der Generalanwalt in den Nrn. 37 und 38 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, Art. 18 AEUV als eigenständige Grundlage nur auf unionsrechtlich geregelte Fallgestaltungen angewendet werden kann, für die der Vertrag keine besonderen Diskriminierungsverbote vorsieht (vgl. u. a. in diesem Sinne Urteile vom 21. Juni 1974, Reyners, 2/74, EU:C:1974:68, Rn. 15 und 16, vom 30. Mai 1989, Kommission/Griechenland, 305/87, EU:C:1989:218, Rn. 12 und 13, und vom 18. Dezember 2014, Generali-Providencia Biztosító, C‑470/13, EU:C:2014:2469, Rn. 31).

63      Unter den Umständen des Ausgangsverfahrens ist, da der freie Warenverkehr betroffen ist, davon auszugehen, dass die Anforderung des nationalen Ursprungs in den Anwendungsbereich von Art. 34 AEUV fällt, der Behinderungen des freien Warenverkehrs verbietet.

64      Es ist insoweit auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs hinzuweisen, nach der das in Art. 34 AEUV aufgestellte Verbot von Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen jede Maßnahme der Mitgliedstaaten erfasst, die geeignet ist, die Einfuhren zwischen Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern (Urteil vom 19. Oktober 2016, Deutsche Parkinson Vereinigung, C‑148/15, EU:C:2016:776, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

65      Art. 34 AEUV verbietet aber in Verbindung mit Art. 36 AEUV namentlich alle diskriminierenden Behinderungen des freien Warenverkehrs und sieht somit in Bezug auf Art. 18 AEUV besondere Diskriminierungsverbote vor.

66      Folglich sind unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens Art. 83 der Richtlinie 2001/83, Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2002/98 und Art. 18 AEUV auf den Rechtsstreit des Ausgangsverfahrens nicht anwendbar.

 Zur Vereinbarkeit der Anforderung des nationalen Ursprungs von aus Plasma gewonnenen Arzneimitteln wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden mit den Art. 2 und 23 der Richtlinie 2004/18 sowie mit Art. 34 AEUV

67      Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist die Vorlagefrage so zu verstehen, dass das vorlegende Gericht wissen möchte, ob Art. 2 und Art. 23 Abs. 2 und 8 der Richtlinie 2004/18 sowie Art. 34 AEUV in Verbindung mit Art. 36 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer Klausel in Verdingungsunterlagen eines öffentlichen Auftrags entgegenstehen, wonach im Einklang mit den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, dem der öffentliche Auftraggeber angehört, die aus Plasma gewonnenen Arzneimittel, die Gegenstand des fraglichen öffentlichen Auftrags sind, aus Plasma hergestellt werden müssen, das in diesem Mitgliedstaat gewonnen worden ist.

68      Es ist festzustellen, dass die Anforderung des nationalen Ursprungs im vorliegenden Fall ihrem Wesen nach diskriminierend ist. Die Verpflichtung, sich vorrangig mit aus slowenischem Plasma gewonnenen Arzneimitteln zu versorgen, hindert jedes Unternehmen, das über Arzneimittel aus in einem anderen Mitgliedstaat der Union gewonnenem Plasma verfügt, daran, bei Ausschreibungen wie derjenigen des Krankenhauses erfolgreich mitzubieten.

69      Wie der Generalanwalt in Nr. 94 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, harmonisiert die Richtlinie 2004/18 die Aspekte des freien Warenverkehrs nicht abschließend. Diese Feststellung ergibt sich insbesondere aus dem Wortlaut von Art. 23 Abs. 8 dieser Richtlinie, da technische Spezifikationen danach durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt sein können.

70      Hinzu kommt, dass der öffentliche Auftraggeber im Ausgangsverfahren zum einen den Anforderungen hinsichtlich der Vergabe öffentlicher Aufträge unterliegt, nämlich denjenigen, die sich aus Art. 2 und Art. 23 Abs. 2 und 8 der Richtlinie 2004/18 ergeben, und zum anderen Art. 110 der Richtlinie 2001/83 berücksichtigen muss, wonach die Mitgliedstaaten alle sachdienlichen Maßnahmen treffen, damit die Selbstversorgung der Union mit menschlichem Blut und Blutplasma gefördert wird. Nach dieser Bestimmung ermutigen die Mitgliedstaaten zu diesem Zweck aber die freiwillige, unentgeltliche Blut- und Blutplasmaspende und treffen die sachdienlichen Maßnahmen zur Förderung der Erzeugung und Verwendung von Erzeugnissen aus menschlichem Blut oder Blutplasma, das aus freiwilligen, unentgeltlichen Blutspenden stammt.

71      Was die Zuständigkeiten und die Verantwortung der Mitgliedstaaten u. a. hinsichtlich der Blutspende im Sinne von Art. 168 Abs. 7 AEUV im Bereich der Gesundheitspolitik, der Verwaltung des Gesundheitswesens und der medizinischen Versorgung sowie der Zuweisung der für sie bereitgestellten Mittel angeht, ist festzustellen, dass die Mitgliedstaaten bei der Ausübung dieser Zuständigkeiten, u. a. im Bereich der öffentlichen Aufträge, das Unionsrecht und insbesondere die Bestimmungen über den freien Warenverkehr beachten müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. September 2008, Kommission/Deutschland, C‑141/07, EU:C:2008:492, Rn. 22 bis 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

72      Daraus folgt, dass die Prüfung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Anforderung des nationalen Ursprungs, wonach die aus Plasma gewonnenen Arzneimittel aus in Slowenien gewonnenem Plasma hergestellt werden müssen, sowohl in Bezug auf die diskriminierenden Behinderungen des freien Warenverkehrs als auch in Bezug auf die Rechtfertigungsgründe dafür nicht auf eine Beurteilung im Hinblick auf die Richtlinie 2004/18 beschränkt werden kann, sondern auch Bestimmungen des Primärrechts berücksichtigt werden müssen.

73      Was die Richtlinie 2004/18 betrifft, genügt die Feststellung in Rn. 68 des vorliegenden Urteils, um die Nichtbeachtung von Art. 2 dieser Richtlinie zu belegen, wonach die öffentlichen Auftraggeber u. a. alle Wirtschaftsteilnehmer gleich und nicht diskriminierend behandeln müssen.

74      Es ist außerdem darauf hinzuweisen, dass nach Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18 die in den Unterlagen zu einem öffentlichen Auftrag enthaltenen technischen Spezifikationen allen Bietern gleichermaßen zugänglich sein müssen und die Öffnung der öffentlichen Beschaffungsmärkte für den Wettbewerb nicht in ungerechtfertigter Weise behindern dürfen.

75      Es zeigt sich jedoch, dass die in Art. 23 Abs. 8 dieser Richtlinie aufgestellten Bedingungen unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens nicht erfüllt sind.

76      Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung der Richtlinie 2004/18 geht nämlich klar hervor, dass in technischen Spezifikationen auf eine bestimmte Herkunft nur dann verwiesen werden darf, wenn der Auftragsgegenstand es rechtfertigt, und dass dies nur ausnahmsweise zulässig sein kann. Jedenfalls ist der Hinweis auf eine technische Spezifikation wie eine Herkunft oder ein bestimmter Ursprung mit dem Zusatz „oder gleichwertig“ zu versehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. September 1988, Kommission/Irland, 45/87, EU:C:1988:435, Rn. 22).

77      Was aber das Ausgangsverfahren angeht, hat das Krankenhaus dadurch, dass es die Anforderung des nationalen Ursprungs aufgestellt, dann aber den Zusatz „oder gleichwertig“ weggelassen hat, nicht nur die Wirtschaftsteilnehmer, die über ähnliche Arzneimittel verfügen, davon abhalten können, an der Ausschreibung teilzunehmen, sondern auch die Einfuhrströme im Handel zwischen den Mitgliedstaaten behindern können, indem der Markt für aus slowenischem Plasma gewonnene Arzneimittel dem Institut vorbehalten bleibt. Dadurch hat das Krankenhaus weder Art. 2 der Richtlinie 2004/18 noch ihren Art. 23 Abs. 2 und 8 noch Art. 34 AEUV beachtet (vgl. entsprechend Urteil vom 24. Januar 1995, Kommission/Niederlande, C‑359/93, EU:C:1995:14, Rn. 27).

 Zur Rechtfertigung der Behinderung des freien Warenverkehrs

78      Um zu ermitteln, ob eine Klausel in Verdingungsunterlagen eines öffentlichen Auftrags, die die Anforderung des nationalen Ursprungs von aus Plasma gewonnenen Arzneimitteln enthält, wie die im Ausgangsverfahren streitige eine nach Art. 34 AEUV verbotene Beschränkung darstellt, ist zu prüfen, ob sie, wie insbesondere die slowenische Regierung und die Kommission geltend gemacht haben, mit dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gerechtfertigt werden kann (vgl. entsprechend Urteil vom 9. Dezember 2010, Humanplasma, C‑421/09, EU:C:2010:760, Rn. 31).

79      Zunächst ist festzustellen, dass der öffentliche Auftraggeber im Ausgangsverfahren, wie in Rn. 70 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, zwei potenziell widersprüchlichen Anforderungen unterliegt. Er muss nämlich Art. 6 des Arzneimittelgesetzes einhalten, der die Grundsätze der prioritären Versorgung und der nationalen Selbstversorgung aufstellt, wobei sich Letzterer aus Art. 2 des Gesetzes über die Versorgung mit Blut ergibt. Zugleich muss dieser öffentliche Auftraggeber nach Art. 2 der Richtlinie 2004/18 den gleichen Zugang zum öffentlichen Auftragswesen beachten und folglich eine nicht diskriminierende Behandlung der Wirtschaftsteilnehmer, die über aus Plasma gewonnene Arzneimittel verfügen, gewährleisten.

80      Da im vorliegenden Fall die Anforderung des nationalen Ursprungs diskriminierend ist, wie in Rn. 68 des vorliegenden Urteils festgestellt worden ist, kann das slowenische Gesetz nur aus einem der in Art. 36 AEUV angeführten Gründe gerechtfertigt werden (vgl. u. a. entsprechend Urteile vom 17. Juni 1981, Kommission/Irland, 113/80, EU:C:1981:139, Rn. 7, 8, 10 und 11, sowie vom 30. November 1995, Gebhard, C‑55/94, EU:C:1995:411, Rn. 37).

81      Die slowenische Regierung vertritt dazu die Ansicht, das im Ausgangsverfahren in Rede stehende System zur Gewinnung von Blut und Blutplasma sei aus Gründen der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt.

82      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist bei der Prüfung, ob ein Mitgliedstaat den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Bereich der Gesundheit der Bevölkerung beachtet hat, zu berücksichtigen, dass unter den vom AEU-Vertrag geschützten Gütern und Interessen die Gesundheit und das Leben von Menschen den höchsten Rang einnehmen und dass es Sache der Mitgliedstaaten ist, zu bestimmen, auf welchem Niveau sie den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gewährleisten wollen und wie dieses Niveau erreicht werden soll. Da dieses Niveau sich von einem Mitgliedstaat zum anderen unterscheiden kann, ist den Mitgliedstaaten ein entsprechender Beurteilungsspielraum zuzuerkennen (vgl. u. a. Urteile vom 11. September 2008, Kommission/Deutschland, C‑141/07, EU:C:2008:492, Rn. 51, vom 19. Mai 2009, Apothekerkammer des Saarlandes u. a., C‑171/07 und C‑172/07, EU:C:2009:316, Rn. 19, vom 21. Juni 2012, Susisalo u. a., C‑84/11, EU:C:2012:374, Rn. 28, vom 5. Dezember 2013, Venturini u. a., C‑159/12 bis C‑161/12, EU:C:2013:791, Rn. 59, und vom 19. Oktober 2016, Deutsche Parkinson Vereinigung, C‑148/15, EU:C:2016:776, Rn. 30).

83      Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs geht jedoch auch hervor, dass sich eine Regelung, die eine durch den Vertrag gewährleistete Grundfreiheit wie den freien Warenverkehr beschränken kann, nur dann mit Erfolg rechtfertigen lässt, wenn sie geeignet ist, die Verwirklichung des verfolgten legitimen Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne im Bereich der öffentlichen Gesundheit Urteile vom 11. September 2008, Kommission/Deutschland, C‑141/07, EU:C:2008:492, Rn. 48, und vom 9. Dezember 2010, Humanplasma, C‑421/09, EU:C:2010:760, Rn. 34).

84      In einem ersten Schritt ist also zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Anforderung des nationalen Ursprungs ein legitimes Ziel verfolgt.

85      Die slowenische Regierung trägt vor, dass diese Anforderung des nationalen Ursprungs zum einen freiwillige, unbezahlte Blutspenden fördern und zum anderen die Beachtung des Grundsatzes der nationalen Selbstversorgung gewährleisten soll. Sie hebt die Verflechtung dieser beiden Ziele hervor und führt aus, dass die strengen Voraussetzungen für freiwillige, unbezahlte Blutspenden einen erheblichen Einfluss darauf hätten, welche Menge an menschlichem Blut und Blutbestandteilen gewonnen werden könne, was sich auf die Selbstversorgung bei der Lieferung von Blut und folglich auf die Lieferung von Blutbestandteilen auswirke.

86      Vorab ist zu bemerken dass sich die von der slowenischen Regierung geltend gemachte Verflechtung dieser beiden Ziele aus dem Wortlaut von Art. 110 der Richtlinie 2001/83 selbst ergibt. Nach dieser Bestimmung „[treffen d]ie Mitgliedstaaten … alle sachdienlichen Maßnahmen, damit die Selbstversorgung der Gemeinschaft mit menschlichem Blut und Blutplasma gefördert wird. Zu diesem Zweck ermutigen sie die freiwillige, unentgeltliche Blut- und Blutplasmaspende …“

87      Der Umstand, dass freiwillige, unentgeltliche Blutspenden gefördert werden, trägt den Belangen des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung im Sinne von Art. 36 AEUV Rechnung. Dieses Ziel kann eine Beeinträchtigung des freien Warenverkehrs somit grundsätzlich rechtfertigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Dezember 2010, Humanplasma, C‑421/09, EU:C:2010:760, Rn. 33).

88      Da das zweite von der slowenischen Regierung vorgetragene Ziel darin besteht, die Beachtung des Grundsatzes der nationalen Selbstversorgung zu gewährleisten, ist zu beurteilen, ob eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren fragliche, die ein solches Ziel verfolgt, zur Förderung der Selbstversorgung der Union mit menschlichem Blut und Blutplasma im Sinne von Art. 110 der Richtlinie 2001/83 beiträgt.

89      Da erstens der Unionsgesetzgeber nicht erläutert hat, wie die Eigenversorgung der Union mit menschlichem Blut und Blutplasma erreicht werden kann, lässt sich mit der Kommission vertreten, dass beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts die Eigenversorgung der Union dadurch konkretisiert wird, dass die einzelnen Mitgliedstaaten das Ziel der nationalen Eigenversorgung verfolgen.

90      Zweitens ist festzustellen, dass der Unionsgesetzgeber eine uneinheitliche Terminologie verwendet, um die für die Selbstversorgung der Union vorgesehenen Grundzüge festzulegen. Während nämlich Art. 110 der Richtlinie 2001/23 nur menschliches Blut und Blutplasma erwähnt, fordert Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie 2002/98 im Licht ihres vierten Erwägungsgrundes die Mitgliedstaaten auf, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um freiwillige, unbezahlte Blutspenden zu fördern, damit erreicht wird, dass Blut und Blutbestandteile so weit wie möglich aus solchen Spenden stammen.

91      Der Geltungsbereich des Grundsatzes der Selbstversorgung der Union wird im 19. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/83, der auf „die Selbstversorgung der gesamten Gemeinschaft mit aus Blut bestehenden Erzeugnissen“ verweist, noch weiter verstanden.

92      Da mit dem Ziel, die Selbstversorgung der Union mit aus Blut bestehenden Erzeugnissen zu gewährleisten, die Gesundheit der Bevölkerung geschützt werden soll, ist sein Anwendungsbereich weit zu verstehen.

93      Demnach verfolgt eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende legitime Ziele des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung.

94      In einem zweiten Schritt ist die Verhältnismäßigkeit einer solchen Regelung zur Erreichung des Ziels des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung zu beurteilen.

95      Da Art. 36 AEUV eine eng auszulegende Ausnahme vom Grundsatz des freien Warenverkehrs innerhalb der Union ist, muss eine nationale Regelung erforderlich sein, um das geltend gemachte Ziel zu erreichen, und darf dieses Ziel nicht durch Verbote oder Beschränkungen erreicht werden können, die weniger weit gehen oder den Handel innerhalb der Union weniger beeinträchtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. September 2008, Kommission/Deutschland, C‑141/07, EU:C:2008:492, Rn. 50).

96      Die dem Gerichtshof vorliegenden Unterlagen lassen in diesem Zusammenhang nicht den Schluss zu, dass der Grundsatz der prioritären Versorgung mit industriell hergestellten Arzneimitteln aus slowenischem Plasma, das in slowenischen Krankenhäusern entnommen wurde, entscheidend dazu beiträgt, die slowenische Bevölkerung zu ermutigen, freiwillig und unbezahlt Blut zu spenden.

97      Der 19. Erwägungsgrund und Art. 110 der Richtlinie 2001/83 sind zwar Teil des Konzepts der Solidarität. Da sie nämlich nicht bezahlt werden, handeln sämtliche Blutspender im Interesse aller, mit denen sie die gleichen Interessen teilen, indem sie es ermöglichen, sich gemeinsam u. a. gegen die Risiken eines Mangels an Arzneimitteln zu schützen, die aus Blut oder Blutplasma gewonnen werden. Der im Ausgangsverfahren fragliche Grundsatz der prioritären Versorgung steht jedoch offensichtlich im Widerspruch zu diesem Konzept, das dem Ziel der Selbstversorgung der Union zugrunde liegt, da er die Wirtschaftsteilnehmer ausschließt, die Arzneimittel nach Slowenien importieren wollen, die aus Plasma hergestellt worden sind, das in anderen Mitgliedstaaten ebenfalls durch freiwillige, unbezahlte Blutspenden gewonnen worden ist. Da somit zum einen die Motivation der Blutspender in den anderen Mitgliedstaaten dieselbe ist wie in Slowenien und zum anderen die Interessen aller Blutspender der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Herstellung und die Verwendung von Produkten aus menschlichem Blut und Blutplasma, das aus diesen freiwilligen Spenden stammt, objektiv übereinstimmen, gibt es keinen Grund, davon auszugehen, dass – wie die slowenische Regierung vorträgt – in Slowenien nur auf einem rein nationalen Konzept der Solidarität beruhende Bedingungen einen erheblichen Einfluss darauf haben können, welche Menge an menschlichem Blut und Blutbestandteilen gewonnen wird und wie viele aus diesen Spenden gewonnene, aus Blut bestehende Erzeugnisse demnach zur Verfügung stehen.

98      Es ist also nicht ersichtlich, dass für das Ziel, ein hohes Niveau an freiwilligen, unbezahlten Blutspenden zu fördern und beizubehalten, zwangsläufig auf die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Anforderung des nationalen Ursprungs zurückgegriffen werden muss. Unter diesen Umständen ist der Grundsatz der prioritären Versorgung als unverhältnismäßig anzusehen.

99      Diese Feststellung kann auch durch das Vorbringen nicht entkräftet werden, dass ein System der prioritären Versorgung, wie es in den Rn. 41 bis 48 des vorliegenden Urteils beschrieben worden ist, als die den freien Warenverkehr am wenigsten beeinträchtigende Lösung angesehen werden könne, insbesondere weil die Arzneimittel gegen Zahlung eines Preises, der den Herstellungskosten entspreche, an die Krankenhäuser geliefert würden.

100    Richtig ist, dass ein System zur Gewinnung von Plasma wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende vor einem globalen Hintergrund eingeführt worden ist, der durch einen dauerhaften und unstreitigen Mangel an hochwertigem Blut und Blutplasma sowie eine hohe Konzentration im Bereich der industriellen Verarbeitung von Blut und Blutplasma zu Arzneimitteln gekennzeichnet ist. Wie die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen ausgeführt hat, verleitet diese dauerhafte Tendenz zudem die wenigen in diesem Bereich tätigen Unternehmen dazu, aus Plasma gewonnene Arzneimittel vorzugsweise in den Ländern zu verkaufen, die einen höheren Preis zahlen können oder die eine größere Menge kaufen, und setzen sich die Staaten geringerer Größe somit einer beträchtlichen Verteuerung des Preises für aus Plasma gewonnene Arzneimittel aus.

101    Wirtschaftliche Interessen, die darauf gerichtet sind, die Aufrechterhaltung einer hochwertigen, sicheren und allen zugänglichen klinischen Versorgung zu gewährleisten, können zwar zu den in Art. 36 AEUV vorgesehenen Ausnahmen aus Gründen der Gesundheit der Bevölkerung zählen, soweit sie zur Erreichung eines hohen Niveaus des Gesundheitsschutzes beitragen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. September 2008, Kommission/Deutschland, C‑141/07, EU:C:2008:492, Rn. 60).

102    Dennoch kann ein System der prioritären Versorgung mit industriell aus slowenischem Plasma hergestellten Arzneimitteln wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende nicht als unverzichtbar angesehen werden, um eine Verteuerung der aus Plasma gewonnenen Arzneimittel zu verhindern, da alle industriell aus Plasma erzeugten Arzneimittel, sei es in Slowenien oder in einem anderen Mitgliedstaat, in Bezug auf die Festsetzung der Preise für diese Arzneimittel dieselbe Grundlage haben, nämlich freiwillige, unbezahlte Blutspenden.

103    Nach alledem ist festzustellen, dass sich eine Beschränkung, wie sie sich aus der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung ergibt, als nicht geeignet erweist, die angeführten Ziele zu erreichen, und daher nicht als durch die Verwirklichung dieser Ziele gerechtfertigt angesehen werden kann.

104    Daher ist die Vorlagefrage dahin zu beantworten, dass Art. 2 und Art. 23 Abs. 2 und 8 der Richtlinie 2004/18 sowie Art. 34 AEUV in Verbindung mit Art. 36 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer Klausel in Verdingungsunterlagen eines öffentlichen Auftrags entgegenstehen, wonach im Einklang mit den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, dem der öffentliche Auftraggeber angehört, die aus Plasma gewonnenen Arzneimittel, die Gegenstand des fraglichen öffentlichen Auftrags sind, aus Plasma hergestellt werden müssen, das in diesem Mitgliedstaat gewonnen worden ist.

 Kosten

105    Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 2 und Art. 23 Abs. 2 und 8 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge sowie Art. 34 AEUV in Verbindung mit Art. 36 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer Klausel in Verdingungsunterlagen eines öffentlichen Auftrags entgegenstehen, wonach im Einklang mit den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, dem der öffentliche Auftraggeber angehört, die aus Plasma gewonnenen Arzneimittel, die Gegenstand des fraglichen öffentlichen Auftrags sind, aus Plasma hergestellt werden müssen, das in diesem Mitgliedstaat gewonnen worden ist.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Slowenisch.