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Vorabentscheidungsersuchen des Conseil d’État (Belgien), eingereicht am 25. September 2019 – G.M.A./État belge

(Rechtssache C-710/19)

Verfahrenssprache: Französisch

Vorlegendes Gericht

Conseil d’État

Parteien des Ausgangsverfahrens

Rechtsmittelführer: G.M.A.

Rechtsmittelgegner: État belge

Vorlagefragen

Ist Art. 45 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union so auszulegen und anzuwenden, dass der Aufnahmemitgliedstaat verpflichtet ist, erstens, einem Arbeitsuchenden einen angemessenen Zeitraum einzuräumen, um es ihm zu ermöglichen, von in Betracht kommenden Stellenangeboten Kenntnis zu nehmen und die für eine Einstellung erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, zweitens, anzuerkennen, dass der Zeitraum für die Arbeitsuche keinesfalls weniger als sechs Monate betragen dürfe, und, drittens, es einem Arbeitsuchenden zu gestatten, sich während dieses gesamten Zeitraums in seinem Hoheitsgebiet aufzuhalten, ohne von ihm den Nachweis zu verlangen, dass er eine tatsächliche Chance auf Einstellung hat?

Sind die Art. 15 und 31 der Richtlinie 2004/38 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten1 frei zu bewegen und aufzuhalten, und die Art. 41 und 47 der Charta der Grundrechte sowie die allgemeinen Grundsätze des Vorrangs des Unionsrechts und der praktischen Wirksamkeit von Richtlinien so auszulegen und anzuwenden, dass die nationalen Gerichte des Aufnahmemitgliedstaats im Rahmen einer Klage auf Aufhebung einer Entscheidung, mit der die Anerkennung eines mehr als dreimonatigen Aufenthaltsrechts eines Unionsbürgers verweigert wird, verpflichtet sind, neue Gesichtspunkte, die nach der Entscheidung der nationalen Behörden eingetreten sind, zu berücksichtigen, wenn sie eine Änderung der Situation des Betroffenen bewirken können, die keine Beschränkung seiner Aufenthaltsrechte im Aufnahmemitgliedstaat mehr zuließe?

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1     Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. 2004, L 158, S. 77).