Language of document : ECLI:EU:F:2015:63

URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
DER EUROPÄISCHEN UNION
(Zweite Kammer)

18. Juni 2015

Rechtssache F‑79/14

EG

gegen

Europäisches Parlament

„Öffentlicher Dienst – Beamte – Dienstbezüge – Haushaltszulage – Voraussetzung für die Gewährung – Gleichgeschlechtliches Paar – Eingetragene nicht eheliche Lebensgemeinschaft belgischen Rechts – Art. 1 Abs. 2 Buchst. c Ziff. iv des Anhangs VII des Statuts – Möglichkeit zur Schließung einer gesetzlichen Ehe in einem Mitgliedstaat – Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung – Einrichtungsbeihilfe“

Gegenstand:      Klage nach Art. 270 AEUV, der gemäß Art. 106a EA auch für den EAG-Vertrag gilt, u. a. auf Aufhebung der Entscheidung des Europäischen Parlaments, dem Kläger keine Haushaltszulage zu zahlen und die Einrichtungsbeihilfe auf einen Betrag zu begrenzen, der einem Monatsgrundgehalt entspricht.

Entscheidung:      Die Klage wird abgewiesen. EG trägt seine eigenen Kosten und wird verurteilt, die Kosten des Europäischen Parlaments zu tragen. Der Rat der Europäischen Union trägt seine eigenen Kosten.

Leitsätze

Beamte – Dienstbezüge – Familienzulagen – Haushaltszulage – Voraussetzungen für die Gewährung – Beamter, der als fester Partner in einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft eingetragen ist – Keine Möglichkeit zur Schließung einer gesetzlichen Ehe – Pflicht zur Überprüfung, ob diese Möglichkeit konkret und wirksam besteht

(Art. 19 Abs. 1 AEUV; Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 7 und Art. 21 Abs. 1; Beamtenstatut, Anhang VII Art. 1 Abs. 2 Buchst. c Ziff. iv)

Die Ausdehnung des Anspruchs auf die Haushaltszulage auf Beamte, die als feste Partner in einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft eingetragen sind, einschließlich gleichgeschlechtlicher Partner, die nicht in einem Mitgliedstaat eine gesetzliche Ehe schließen können, entspricht dem Wunsch des Gesetzgebers, den Grundsatz der Nichtdiskriminierung, der in Art. 19 Abs. 1 AEUV verankert ist, zu wahren und so eine Personalpolitik weiterzuentwickeln, die auf die Chancengleichheit für alle ungeachtet der sexuellen Ausrichtung oder des Familienstands des Betroffenen abzielt, was auch dem in Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union enthaltenen Verbot jeglicher Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung entspricht. Außerdem ergibt sich die Ausdehnung des Anspruchs auf die Haushaltszulage auf Beamte, die als feste Partner einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft eingetragen sind, einschließlich gleichgeschlechtlicher Partner, die keine Ehe schließen können, aus dem Erfordernis, die Beamten bei der Ausübung ihres in Art. 7 der Charta und Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten anerkannten Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens vor Eingriffen der Verwaltung zu schützen.

Sowohl aus dem Wortlaut von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c Ziff. iv des Anhangs VII des Statuts als auch aus seiner Zielsetzung ergibt sich demnach, dass diese Bestimmung keine Diskriminierung zwischen Beamten aus Gründen der sexuellen Ausrichtung schafft, sondern es ermöglicht, dass die Haushaltszulage jedem, der als fester Partner in einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft eingetragen ist, ungeachtet seiner sexuellen Ausrichtung gewährt werden kann.

Auch ein Beamter, der als fester Partner in einer heterosexuellen nicht ehelichen Lebensgemeinschaft eingetragen ist, muss nämlich in Anwendung dieser Bestimmung, um die Haushaltszulage beziehen zu können, den Nachweis erbringen, dass er nicht in einem Mitgliedstaat eine gesetzliche Ehe schließen kann.

Die Verwaltung hat die genannte Bestimmung so auszulegen, dass der Anspruch auf die Haushaltszulage nicht theoretisch oder illusorisch bleibt, sondern konkret und wirksam wird. Das kann sogar dazu führen, dass das Gesetz eines Staates berücksichtigt werden muss, das auf die Eheschließung nicht anwendbar war, aber mit der betreffenden Situation wegen der Nationalität der Betroffenen eine enge Verbindung aufwies.

Dem Wortlaut von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c Ziff. iv des Anhangs VII des Statuts ist jedoch zu entnehmen, dass bei einem Beamten, der als fester Partner in einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft eingetragen ist, der Umstand, dass das Paar in dem Mitgliedstaat, in dem der Betroffene dienstlich verwendet wird, keine Ehe schließen kann, für sich genommen nicht ausreicht, um darzutun, dass das Paar keine Ehe schließen kann und der betroffene Beamte daher die Haushaltszulage erhalten muss.

(vgl. Rn. 48 bis 50, 81 und 82)

Verweisung auf:

Gericht für den öffentlichen Dienst: Urteile vom 14. Oktober 2010, W/Kommission, F‑86/09, EU:F:2010:125, Rn. 42, 43 und 45, und vom 6. Mai 2014, Forget/Kommission, F‑153/12, EU:F:2014:61, Rn. 26