Language of document : ECLI:EU:C:2013:709

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

7. November 2013(*)

„Elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste – Richtlinien 97/66/EG, 2002/19/EG, 2002/20/EG, 2002/21/EG und 2002/22/EG – Sachlicher Anwendungsbereich – Bereitstellung eines über Kabel zugänglichen Basisangebots an Hörfunk- und Fernsehprogrammen – Veräußerung des Kabelnetzes einer Gemeinde an ein privates Unternehmen – Vertragsklausel betreffend das Entgelt – Zuständigkeiten der nationalen Regulierungsbehörden – Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit“

In der Rechtssache C‑518/11

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Gerechtshof te Amsterdam (Niederlande) mit Entscheidung vom 4. Oktober 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 10. Oktober 2011, in dem Verfahren

UPC Nederland BV

gegen

Gemeente Hilversum

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richter C. G. Fernlund und A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader sowie des Richters E. Jarašiūnas (Berichterstatter),

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. November 2012,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der UPC Nederland BV, vertreten durch P. Glazener und E. Besselink, advocaten,

–        der Gemeente Hilversum, vertreten durch J. Doeleman und G. van der Wal, advocaten,

–        der niederländischen Regierung, zunächst vertreten durch C. Wissels, dann durch M. Bulterman und B. Koopman als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Nijenhuis, P. Van Nuffel und L. Nicolae als Bevollmächtigte,

–        der EFTA-Überwachungsbehörde, vertreten durch X. Lewis und M. Moustakali als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 30. April 2013

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 101 AEUV, der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste (Rahmenrichtlinie) (ABl. L 108, S. 33, im Folgenden: Rahmenrichtlinie), der Richtlinie 97/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre im Bereich der Telekommunikation (ABl. L 24, S. 1), der Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie) (ABl. L 108, S. 7), der Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste (Genehmigungsrichtlinie) (ABl. L 108, S. 21) und der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten (Universaldienstrichtlinie) (ABl. L 108, S. 51).

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der UPC Nederland BV (im Folgenden: UPC) und der Gemeente Hilversum (im Folgenden: Gemeinde Hilversum) wegen eines Vertrags über den Verkauf des dieser Gemeinde gehörenden Kabelnetzunternehmens.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

 Der neue Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsdienste

3        Der neue Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsdienste (im Folgenden: NRR) besteht aus der Rahmenrichtlinie und den sie begleitenden vier Einzelrichtlinien, nämlich der Richtlinie 97/66, der Zugangsrichtlinie, der Genehmigungsrichtlinie und der Universaldienstrichtlinie (die vier letztgenannten Richtlinien im Folgenden zusammen: Einzelrichtlinien).

4        Die Genehmigungs-, die Zugangs-, die Universaldienst- und die Rahmenrichtlinie wurden durch die Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 (ABl. L 337, S. 37) geändert. Aufgrund des Zeitpunkts der Ereignisse des Ausgangsverfahrens bleiben für den vorliegenden Rechtsstreit jedoch die vier Richtlinien in ihrer ursprünglichen Fassung maßgeblich.

–       Die Rahmenrichtlinie

5        Der fünfte Erwägungsgrund der Rahmenrichtlinie lautet:

„Angesichts der Verschmelzung von Telekommunikation, Medien und Informationstechnologien sollte für alle Übertragungsnetze und ‑dienste ein einheitlicher Rechtsrahmen gelten. Dieser Rechtsrahmen besteht aus der vorliegenden Richtlinie und folgenden Einzelrichtlinien: der [Genehmigungsrichtlinie], der [Zugangsrichtlinie], der [Universaldienstrichtlinie] und der Richtlinie 97/66 … Es ist notwendig, die Regulierung der Übertragung von der Regulierung von Inhalten zu trennen. Dieser Rahmen betrifft daher nicht die Inhalte von Diensten, die über elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste bereitgestellt werden, wie Rundfunkinhalte oder Finanzdienste und bestimmte Dienste der Informationsgesellschaft; er lässt folglich alle Maßnahmen unberührt, die auf Gemeinschaftsebene oder im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht auf der Ebene der Mitgliedstaaten in Bezug auf diese Dienste getroffen werden, um die kulturelle und sprachliche Vielfalt zu fördern und die Wahrung des Pluralismus der Medien sicherzustellen. Inhalte von Fernsehprogrammen fallen unter die Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit [(ABl. L 298, S. 23) in der Fassung der Richtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 (ABl. L 202, S. 60)]. Bei der Trennung der Regulierung von Übertragung und Inhalten sind dennoch die Verbindungen zwischen beiden zu berücksichtigen, insbesondere zur Gewährleistung des Pluralismus der Medien, der kulturellen Vielfalt und des Verbraucherschutzes.“

6        Art. 2 Buchst. a und c dieser Richtlinie sieht vor:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

a)      ‚elektronisches Kommunikationsnetz‘: Übertragungssysteme und gegebenenfalls Vermittlungs- und Leitwegeinrichtungen sowie anderweitige Ressourcen, die die Übertragung von Signalen über Kabel, Funk, optische oder andere elektromagnetische Einrichtungen ermöglichen, einschließlich Satellitennetze, feste (leitungs- und paketvermittelte, einschließlich Internet) und mobile terrestrische Netze, Stromleitungssysteme, soweit sie zur Signalübertragung genutzt werden, Netze für Hör- und Fernsehfunk sowie Kabelfernsehnetze, unabhängig von der Art der übertragenen Informationen;

c)      ‚elektronische Kommunikationsdienste‘: gewöhnlich gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetze bestehen, einschließlich Telekommunikations- und Übertragungsdienste in Rundfunknetzen, jedoch ausgenommen Dienste, die Inhalte über elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste anbieten oder eine redaktionelle Kontrolle über sie ausüben; nicht dazu gehören die Dienste der Informationsgesellschaft im Sinne von Artikel 1 der Richtlinie 98/34/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. L 204, S. 37) in der durch die Richtlinie 98/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 (ABl. L 217, S. 18) geänderten Fassung], die nicht ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetze bestehen“.

7        Art. 3 der Rahmenrichtlinie bestimmt:

„(1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass alle den nationalen Regulierungsbehörden [im Folgenden: NRB] mit dieser Richtlinie und den Einzelrichtlinien übertragenen Aufgaben von einer zuständigen Stelle wahrgenommen werden.

(2) Die Mitgliedstaaten gewährleisten die Unabhängigkeit der [NRB], indem sie dafür sorgen, dass sie rechtlich und funktional von allen Unternehmen unabhängig sind, die elektronische Kommunikationsnetze, ‑geräte oder ‑dienste anbieten. …

(6) Die Mitgliedstaaten teilen der [Europäischen] Kommission unter Angabe der jeweiligen Zuständigkeiten alle Aufgaben mit, die den [NRB] aufgrund dieser Richtlinie und der Einzelrichtlinien übertragen werden.“

8        Art. 8 dieser Richtlinie sieht vor:

„(1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die nationalen Regulierungsbehörden bei der Wahrnehmung der in dieser Richtlinie und den Einzelrichtlinien festgelegten regulatorischen Aufgaben alle angezeigten Maßnahmen treffen, die den in den Absätzen 2, 3 und 4 vorgegebenen Zielen dienen. Die Maßnahmen müssen in angemessenem Verhältnis zu diesen Zielen stehen.

(2) Die nationalen Regulierungsbehörden fördern den Wettbewerb bei der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste sowie zugehöriger Einrichtungen und Dienste, indem sie unter anderem

a)      sicherstellen, dass die Nutzer, einschließlich behinderte Nutzer, größtmögliche Vorteile in Bezug auf Auswahl, Preise und Qualität genießen;

b)      gewährleisten, dass es keine Wettbewerbsverzerrungen oder ‑beschränkungen im Bereich der elektronischen Kommunikation gibt;

(3)      Die [NRB] tragen zur Entwicklung des Binnenmarktes bei, indem sie unter anderem

a)      verbleibende Hindernisse für die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste sowie zugehöriger Einrichtungen und Dienste auf europäischer Ebene abbauen;

d)      untereinander und mit der Kommission in transparenter Weise zusammenarbeiten, um die Entwicklung einer einheitlichen Regulierungspraxis und die einheitliche Anwendung dieser Richtlinie und der Einzelrichtlinien sicherzustellen.

…“

9        Nach den Art. 9 bis 13 der Rahmenrichtlinie betreffen die Aufgaben der NRB ferner auch die Verwaltung der Funkfrequenzen für die elektronischen Kommunikationsdienste, die Vergabe von Nummern, Namen und Adressen, Wegerechte, die Kollokation und gemeinsame Nutzung von Einrichtungen, die getrennte Rechnungslegung und die Finanzberichte.

–       Die Zugangsrichtlinie

10      Art. 13 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie sieht vor:

„Weist eine Marktanalyse darauf hin, dass ein Betreiber aufgrund eines Mangels an wirksamem Wettbewerb seine Preise zum Nachteil der Endnutzer auf einem übermäßig hohen Niveau halten oder Preisdiskrepanzen praktizieren könnte, so kann die [NRB] dem betreffenden Betreiber … hinsichtlich bestimmter Arten von Zusammenschaltung und/oder Zugang Verpflichtungen betreffend die Kostendeckung und die Preiskontrolle einschließlich kostenorientierter Preise auferlegen und ihm bestimmte Auflagen in Bezug auf Kostenrechnungsmethoden erteilen. Die [NRB] tragen den Investitionen des Betreibers Rechnung und ermöglichen ihm eine angemessene Rendite für das entsprechend eingesetzte Kapital, wobei die damit verbundenen Risiken zu berücksichtigen sind.“

–       Die Richtlinie 2009/140

11      Der fünfte Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/140 lautet:

„Das Ziel besteht darin, die sektorspezifische Vorabregulierung je nach der Wettbewerbsentwicklung auf den Märkten schrittweise abzubauen und letztendlich die elektronische Kommunikation nur durch das Wettbewerbsrecht zu regeln. Da die Märkte für elektronische Kommunikation in den letzten Jahren eine starke Wettbewerbsdynamik gezeigt haben, ist es von entscheidender Bedeutung, dass regulatorische Vorabverpflichtungen nur auferlegt werden, wenn kein wirksamer und nachhaltiger Wettbewerb besteht.“

 Die anderen relevanten Richtlinien

12      Im siebten Erwägungsgrund der Richtlinie 2002/77/EG der Kommission vom 16. September 2002 über den Wettbewerb auf den Märkten für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste (ABl. L 249, S. 21, im Folgenden: Wettbewerbsrichtlinie) heißt es:

„In dieser Richtlinie wird auf ‚elektronische Kommunikationsdienste‘ und ‚elektronische Kommunikationsnetze‘ anstelle der früher verwendeten Begriffe ‚Telekommunikationsdienste‘ und ‚Telekommunikationsnetze‘ Bezug genommen. Diese neuen Begriffsbestimmungen sind nötig, um alle elektronischen Kommunikationsdienste und/oder für die Übertragung von Signalen über Draht, Funk, optische oder sonstige elektromagnetische Mittel verwendeten Netze (d. h. Festnetze, drahtlose Netze, Kabelfernsehnetze, Satellitennetze) unter einem Oberbegriff zusammenzufassen und so dem Phänomen der Verschmelzung Rechnung zu tragen. Die Übertragung und Ausstrahlung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen sind demzufolge ebenfalls als ein elektronischer Kommunikationsdienst und die für die Übertragung und Ausstrahlung genutzten Netze als elektronische Kommunikationsnetze einzustufen. Unter den Begriff der elektronischen Kommunikationsnetze fallen nach der neuen Definition auch Glasfasernetze, mit deren Hilfe Dritte unter Verwendung ihrer eigenen Vermittlungs- oder Schalttechniken Signale übertragen können.“

13      Art. 1 Nr. 3 der Wettbewerbsrichtlinie lautet:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

3.      ‚elektronische Kommunikationsdienste‘: gewöhnlich gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetze bestehen, einschließlich Telekommunikations- und Übertragungsdienste in Rundfunknetzen, jedoch ausgenommen Dienste, die die Bereitstellung oder redaktionelle Kontrolle von mittels elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste übertragenen Inhalten zum Gegenstand haben; nicht dazu gehören Dienste der Informationsgesellschaft im Sinne von Artikel 1 der Richtlinie [98/34], die nicht ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetze bestehen“.

14      Art. 1 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) (ABl. L 95, S. 1) sieht vor:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

a)      ‚audiovisueller Mediendienst‘

i)      eine Dienstleistung im Sinne der Artikel 56 und 57 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, für die ein Mediendiensteanbieter die redaktionelle Verantwortung trägt und deren Hauptzweck die Bereitstellung von Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung der allgemeinen Öffentlichkeit über elektronische Kommunikationsnetze im Sinne des Artikels 2 Buchstabe a der [Rahmenrichtlinie] ist. Bei diesen audiovisuellen Mediendiensten handelt es sich entweder um Fernsehprogramme gemäß der Definition unter Buchstabe e des vorliegenden Absatzes oder um audiovisuelle Mediendienste auf Abruf gemäß der Definition unter Buchstabe g des vorliegenden Absatzes“.

 Niederländisches Recht

15      Das Königreich der Niederlande hat den NRR durch eine Änderung der Telecommunicatiewet (Telekommunikationsgesetz) (Stb. 2004, Nr. 189), die am 19. Mai 2004 in Kraft getreten ist (Stb. 2004, Nr. 207), in das nationale Recht umgesetzt.

 Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

16      Wie auch andere niederländische Gemeinden hatte die Gemeinde Hilversum mit der Einrichtung, der Unterhaltung und dem Betrieb eines Kabelfernsehnetzes in ihrem Gebiet eine ihr gehörende Betreibergesellschaft betraut. Dieser Betrieb wurde als Dienst der Daseinsvorsorge angesehen, da die Gemeinden die Aufgabe haben, ihren Einwohnern unter Berücksichtigung der Betriebskosten eine größtmögliche Zahl an Fernsehprogrammen zu den besten Empfangsbedingungen und einem möglichst vorteilhaften Preis anzubieten.

17      Unter dem Einfluss der auf Unionsebene eingetretenen Entwicklung beschlossen viele Gemeinden, ihre Kabelnetzunternehmen zu veräußern. Nach den zu diesem Zweck geschlossenen Kaufverträgen behielten sich die Gemeinden Befugnisse in Bezug auf die Zusammensetzung des Basisangebots an über Kabel zugänglichen Hörfunk‑ und Fernsehprogrammen (im Folgenden: über Kabel zugängliches Basisangebot) für die an das Netz angeschlossenen Haushalte sowie auf die Festsetzung der Entgelte für dieses Angebot vor.

18      So veräußerte die Gemeinde Hilversum mit Vertrag vom 1. Juli 1996 über den zukünftigen Betrieb des Kabelnetzes von Hilversum (im Folgenden: Vertrag) das Kabelnetzunternehmen einschließlich des Kabelnetzes, das die Gemeinde hatte einrichten lassen, an die Rechtsvorgängerin der UPC.

19      Die Gemeinde Hilversum verpflichtete sich mit diesem Vertrag, an der Erlangung einer Genehmigung für den Aufbau, die Unterhaltung und den Betrieb einer Kabelrundfunkeinrichtung auf Gemeindegebiet durch die Käuferin mitzuwirken.

20      UPC verpflichtete sich zu Investitionen von solch einem Umfang, dass ein Kabelnetz realisiert werden konnte, das eine höhere Dienstleistungsqualität für den normalen Kabelabonnenten in der Gemeinde ermöglichte, und dazu, diesen Abonnenten neben Hörfunk- und Fernsehsendern ein attraktives Telekommunikationsdienstleistungsangebot für Privat- und Geschäftskunden zur Verfügung zu stellen.

21      Außerdem enthielt der Vertrag eine Klausel, wonach UPC ein über Kabel zugängliches Basisangebot zu gewährleisten hatte, das hinsichtlich Zusammensetzung und Entgelt die in diesem Vertrag näher bestimmten Kriterien erfüllte (im Folgenden: Entgeltklausel). Der Vertrag sah insoweit eine jährliche Anpassung des monatlichen Entgelts für das über Kabel zugängliche Basisangebot nach Maßgabe des Verbraucherpreisindexes gemäß einer im Anhang des Vertrags festgelegten Formel vor. Es wurde auch bestimmt, dass externe Kostensteigerungen proportional auf das Entgelt umgelegt werden sollten, wenn die in der Klausel vorgesehene Anpassung nicht zur Deckung dieser Kostensteigerungen ausreichen sollte.

22      Ferner schloss der Vertrag die vollständige oder teilweise Kündigung oder Beendigung des Vertrags ohne schriftliche Genehmigung aller Parteien aus und bestimmte, dass er nur mit schriftlicher Genehmigung aller Parteien geändert werden konnte, wobei diese sich in jedem Fall nach zehn Jahren erneut über den Vertragsinhalt abstimmen wollten.

23      Mit Schreiben vom 28. November 2003 teilte UPC der Gemeinde Hilversum mit, dass das Entgelt für das über Kabel zugängliche Basisangebot für sämtliche Haushalte in Hilversum zum 1. Januar 2004 von monatlich 10,28 Euro (inkl. Mehrwertsteuer) auf monatlich 13,32 Euro (inkl. Mehrwertsteuer) erhöht werde; in den anderen Gemeinden erhob UPC für ihr über Kabel zugängliches Basisangebot ein Entgelt von 16 Euro.

24      Die Gemeinde Hilversum beantragte im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, UPC die beabsichtigte Entgelterhöhung zu untersagen. Mit Urteil vom 23. Dezember 2003 gab die Rechtbank te Amsterdam diesem Antrag statt. Dieses Urteil wurde im Rechtsmittelverfahren mit Urteil des Gerechtshof te Amsterdam vom 12. August 2004 bestätigt. Die Kassationsbeschwerde der UPC gegen dieses Urteil wurde mit Urteil des Hoge Raad der Nederlanden vom 8. Juli 2005 zurückgewiesen.

25      Darüber hinaus leitete die Nederlandse Mededingingsautoriteit (Niederländische Wettbewerbsbehörde, im Folgenden NWB) im Jahr 2003 aufgrund von Beschwerden über die von der UPC angekündigten Entgelterhöhungen eine Untersuchung ein, um festzustellen, ob UPC durch die Berechnung überhöhter Abonnemententgelte eine wirtschaftliche Machtstellung im Sinne von Art. 24 der Wet houdende nieuwe regels omtrent de economische mededinging (Wettbewerbsgesetz, im Folgenden: Mededingingswet) vom 22. Mai 1997 missbraucht hat.

26      Mit Entscheidung vom 27. September 2005 kam die NWB zu dem Ergebnis, dass die von der UPC berechneten Entgelte nicht überhöht seien und dass diese nicht eine wirtschaftliche Machtstellung im Sinne von Art. 24 der Mededingingswet missbraucht habe.

27      Am 28. September 2005 verfasste die Onafhankelijke Post en Telecommunicatie Autoriteit (Unabhängige Post- und Telekommunikationsbehörde, im Folgenden: OPTA) den Entwurf einer Entscheidung betreffend den Markt für die Bereitstellung von Rundfunkübertragungsdiensten im Versorgungsgebiet der UPC, in dem die Behörde feststellte, dass UPC in ihrem Versorgungsgebiet über beträchtliche Marktmacht auf dem Markt für die Bereitstellung von über Kabel zugänglichen Basisangeboten verfüge, und ihr Verpflichtungen in Bezug auf die Berechnung ihrer Entgelte auferlegte.

28      Am 3. November 2005 äußerte die gemäß dem in der Rahmenrichtlinie vorgesehenen Verfahren mit diesem Entscheidungsentwurf der OPTA befasste Kommission Zweifel an der Vereinbarkeit dieses Entwurfs mit der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit der Empfehlung 2003/311/EG der Kommission vom 11. Februar 2003 über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die aufgrund der Richtlinie 2002/21 für eine Vorabregulierung in Betracht kommen (ABl. L 114, S. 45). In ihrer endgültigen Entscheidung vom 17. März 2006 sah die OPTA schließlich von der ins Auge gefassten Preiskontrolle ab.

29      Am 15. Mai 2005 leitete UPC vor der Rechtbank te Amsterdam ein Verfahren gegen die Gemeinde Hilversum ein, in dem sie beantragte, die Entgeltklausel für nichtig zu erklären und die Gemeinde Hilversum zur Duldung von Entgelterhöhungen zu verpflichten. UPC berief sich insoweit auf die Unvereinbarkeit dieser Klausel mit dem Unionsrecht.

30      Gegen die Abweisung dieser Klage legte UPC ein Rechtsmittel zum vorlegenden Gericht ein mit dem Antrag, zum einen die Entgeltklausel für nichtig oder, hilfsweise, für unanwendbar zu erklären und zum anderen festzustellen, dass die Gemeinde Hilversum für den Schaden haftet, den UPC dadurch erlitten habe, dass sie ihren im Gemeindegebiet von Hilversum ansässigen Abonnenten nicht das allgemeine Entgelt habe berechnen können, das sie auf nationaler Ebene verlange.

31      In der Vorlageentscheidung führt der Gerechtshof te Amsterdam erstens aus, dass die Parteien zunächst über die Frage stritten, ob der von UPC angebotene Dienst, d. h. die Bereitstellung eines über Kabel zugänglichen Basisangebots, in den sachlichen Anwendungsbereich des NRR falle.

32      Zweitens fragt es für den Fall, dass der von UPC angebotene Dienst in den Anwendungsbereich des NRR fällt, nach der Bedeutung der Anwendung des NRR für die Entgeltklausel. In diesem Zusammenhang stellt sich nach Ansicht des vorlegenden Gerichts die Frage, ob die Gemeinde Hilversum noch befugt sei, das Allgemeininteresse durch Eingriff in die Festsetzung der Entgelte zu schützen, was Anlass zu der weiteren Frage gebe, ob mit dem NRR eine vollständige Harmonisierung angestrebt werde und ob zusätzliche staatliche Maßnahmen möglich blieben. Sofern diese Eingriffsbefugnis nicht gegeben sei, stelle sich die Frage, ob die öffentliche Körperschaft nicht zur loyalen Zusammenarbeit im Sinne des Unionsrechts verpflichtet sei.

33      Drittens stellt sich das vorlegende Gericht die Frage, ob sich die Folgen einer etwaigen Ungültigkeit der Entgeltklausel nach dem Unionsrecht und konkret nach der Sanktion der Nichtigkeit gemäß Art. 101 Abs. 2 AEUV bestimmten.

34      Unter diesen Umständen hat der Gerechtshof te Amsterdam beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Fällt ein aus der Verbreitung frei zugänglicher Hörfunk- und Fernsehprogramme über Kabel bestehender Dienst, für dessen Bereitstellung sowohl Übertragungskosten als auch ein Betrag für (die Weitergabe der) an Rundfunkanstalten und kollektive Verwertungsgesellschaften im Zusammenhang mit der Veröffentlichung ihrer Inhalte gezahlte(n) Gebühren in Rechnung gestellt werden, in den sachlichen Anwendungsbereich des NRR?

2.      a)      Kommt der Gemeinde vor dem Hintergrund der Liberalisierung des Telekommunikationssektors und der Ziele des NRR, einschließlich des darin vorgesehenen strengen Koordinierungs- und Konsultationsverfahrens, das durchzuführen ist, bevor eine nationale Regulierungsbehörde die (ausschließliche) Zuständigkeit dafür erhält, mittels einer Preiskontrollmaßnahme in Endnutzerentgelte einzugreifen, noch eine Befugnis (Aufgabe) zu, die allgemeinen Interessen ihrer Einwohner durch ein Eingreifen in Endnutzerentgelte mittels einer Entgeltbeschränkungsklausel zu schützen?

b)      Falls nein, steht der neue Rechtsrahmen der Anwendung der Entgeltbeschränkungsklausel entgegen, die sich die Gemeinde beim Verkauf ihres Kabelnetzunternehmens ausbedungen hat?

3.      Sofern die Fragen 2 Buchst. a und b verneint werden, stellt sich folgende Frage:

Ist eine staatliche Stelle wie die Gemeinde in einer Situation wie der vorliegenden (auch) zur Unionstreue verpflichtet, wenn sie bei der Vereinbarung und späteren Anwendung der Entgeltbeschränkungsklausel nicht in Ausführung einer öffentlichen Aufgabe, sondern im Rahmen einer zivilrechtlichen Befugnis tätig wird (vgl. auch Frage 6 Buchst. a)?

4.      Falls sowohl der neue Rechtsrahmen anwendbar als auch die Gemeinde zur Unionstreue verpflichtet ist:

a)      Steht die Verpflichtung zur Unionstreue in Verbindung mit dem NRR (bzw. dessen Zielen), einschließlich des darin vorgesehenen strengen Koordinierungs- und Konsultationsverfahrens, das durchzuführen ist, bevor eine NRB die Zuständigkeit dafür erhält, mittels einer Preiskontrollmaßnahme in Endnutzerentgelte einzugreifen, der Anwendung der Entgeltbeschränkungsklausel durch die Gemeinde entgegen?

b)      Falls nein, fällt die Antwort auf Frage 4 Buchst. a für den Zeitraum, nachdem die Kommission in ihrem Schreiben erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit der von der OPTA vorgeschlagenen Preiskontrolle mit den in Art. 8 der Rahmenrichtlinie umschriebenen Zielen des NRR geäußert und die OPTA daraufhin vom Erlass dieser Maßnahme abgesehen hat, anders aus?

5.      a)      Handelt es sich bei Art. 101 AEUV um eine Vorschrift aus dem Bereich der öffentlichen Ordnung, die das nationale Gericht im Sinne der Art. 24 und 25 der niederländischen Zivilprozessordnung außerhalb der Grenzen des Rechtsstreits von Amts wegen anzuwenden hat?

b)      Falls ja, im Hinblick auf welche im Verfahren vorgetragenen Tatsachen hat das Gericht die Anwendbarkeit von Art. 101 AEUV von Amts wegen zu prüfen? Ist das Gericht hierzu auch verpflichtet, wenn diese Prüfung, nachdem den Parteien Gelegenheit gegeben worden ist, sich hierzu zu äußern, (möglicherweise) zu einer Tatsachenergänzung im Sinne von Art. 149 der niederländischen Zivilprozessordnung führt?

6.      Sofern Art. 101 AEUV außerhalb der von den Parteien gezogenen Grenzen des Rechtsstreits anzuwenden ist, stellen sich vor dem Hintergrund (der Ziele) des NRR, seiner Anwendung durch die OPTA und die Europäische Kommission sowie der Angleichung der im NRR verwendeten Begriffe wie „beträchtliche Marktmacht“ und „Abgrenzung der relevanten Märkte“ an ähnliche Begriffe im europäischen Wettbewerbsrecht aufgrund des Sachvortrags im vorliegenden Verfahren folgende Fragen:

a)      Gilt die Gemeinde beim Verkauf ihres Kabelnetzunternehmens und bei der in diesem Zusammenhang geschlossenen Entgeltbeschränkungsklausel als Unternehmen im Sinne von Art. 101 AEUV (vgl. auch dritte Frage)?

b)      Ist die Entgeltbeschränkungsklausel nach Maßgabe der Bekanntmachung der Kommission über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die den Wettbewerb gemäß Artikel 81 Absatz 1 [EG] nicht spürbar beschränken (de minimis) (ABl. 2001, C 368, S. 13, Ziff. 11), als schwerwiegende Beschränkung (Kernbeschränkung) im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Buchst. a AEUV anzusehen? Falls ja, liegt bereits aus diesem Grund eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV vor? Falls nein, sind für die Beantwortung die in Frage 6 Buchst. d genannten Umstände von Bedeutung?

c)      Falls die Entgeltbeschränkungsklausel keine schwerwiegende Beschränkung darstellt, bezweckt sie (bereits) deshalb eine Einschränkung des Wettbewerbs, weil

–      die nationale Wettbewerbsbehörde zu dem Ergebnis gekommen ist, dass UPC durch die Berechnung (höherer) Entgelte für die Erbringung von mit einem über Kabel zugänglichen Basisangebot identischen Diensten auf demselben Markt ihre beherrschende Stellung nicht missbraucht hat;

–      die Kommission in ihrem „letter of serious doubt“ erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit einer (Vorab‑)Regulierung von Endnutzerentgelten (mittels Preiskontrolle) für Dienste wie die Bereitstellung eines über Kabel zugänglichen Basisangebots durch UPC mit den in Art. 8 der Rahmenrichtlinie umschriebenen Zielen geäußert hat? Ist für die Beantwortung der Umstand, dass die OPTA auf den „letter of serious doubt“ hin von einer Preiskontrolle abgesehen hat, von Bedeutung?

d)      Stellt der die Entgeltbeschränkungsklausel enthaltende Vertrag (auch) in Anbetracht der Tatsache, dass

–      UPC nach dem NRR als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht anzusehen ist (De-minimis-Bekanntmachung, Ziff. 7),

–      nahezu sämtliche niederländische Gemeinden, die in den 90er Jahren ihre Kabelnetzunternehmen an Kabelbetreiber – darunter UPC – veräußert haben, sich in diesen Verträgen Befugnisse zur Festsetzung der Entgelte für das über Kabel zugängliche Basisangebot vorbehalten haben (De-minimis-Bekanntmachung, Ziff. 8),

eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV dar?

e)      Ist der die Entgeltbeschränkungsklausel enthaltende Vertrag in Anbetracht der Tatsache, dass

–      UPC nach dem NRR als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht anzusehen ist,

–      die OPTA das europäische Konsultationsverfahren, das nach dem NRR durchzuführen ist, wenn eine geplante Maßnahme Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten haben wird, für eine Preiskontrollmaßnahme in Bezug auf Dienste wie die Bereitstellung des Basisangebots über Kabel durch Kabelbetreiber mit beträchtlicher Marktmacht wie UPC durchgeführt hat,

–      der Vertrag seinerzeit einen Wert von 51 Mio. Niederländischen Gulden (NLG) (rund 23 Mio. Euro) hatte,

–      nahezu sämtliche niederländische Gemeinden, die in den 90er Jahren ihre Kabelnetzunternehmen an Kabelbetreiber – darunter UPC – veräußert haben, sich in diesen Verträgen Befugnisse zur Festsetzung der Entgelte für das Basisangebot vorbehalten haben,

im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV und nach Maßgabe der Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] (ABl. 2004, C 101, S. 81) als den Handel zwischen Mitgliedstaaten (potenziell) spürbar beeinträchtigend anzusehen?

7.      Ist das nationale Gericht vor dem Hintergrund des NRR und der von der Kommission im „letter of serious doubt“ geäußerten erheblichen Zweifel an der Vereinbarkeit einer (Vorab-) Regulierung von Endnutzerentgelten mit den Zielen des Wettbewerbsrechts noch befugt, eine nach Art. 101 Abs. 1 AEUV verbotene Entgeltbeschränkungsklausel gemäß Art. 101 Abs. 3 AEUV für nicht anwendbar zu erklären? Ist für die Beantwortung der Umstand, dass die OPTA auf den „letter of serious doubt“ hin von der geplanten Preiskontrolle abgesehen hat, von Bedeutung?

8.      Lässt die europäische Nichtigkeitssanktion des Art. 101 Abs. 2 AEUV im Licht der Umstände zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses (Anfangsphase der Liberalisierung des Telekommunikationssektors) und der späteren Entwicklungen innerhalb des Telekommunikationssektors, einschließlich des Inkrafttretens des NRR und der darauf zurückzuführenden erheblichen Bedenken der Kommission gegen den Erlass einer Preiskontrollmaßnahme, Raum für eine Relativierung ihrer zeitlichen Geltung?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Frage

35      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 2 Buchst. c der Rahmenrichtlinie dahin auszulegen ist, dass ein aus der Verbreitung eines über Kabel zugänglichen Basisangebots bestehender Dienst, für den Übertragungskosten sowie die an Rundfunkanstalten und kollektive Verwertungsgesellschaften im Zusammenhang mit der Veröffentlichung ihrer Inhalte gezahlten Gebühren in Rechnung gestellt werden, unter den Begriff „elektronischer Kommunikationsdienst“ und damit in den sachlichen Anwendungsbereich sowohl dieser Richtlinie als auch der Einzelrichtlinien fällt, die den für elektronische Kommunikationsdienste geltenden NRR bilden.

36      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 2 Buchst. a und c der Rahmenrichtlinie als „elektronische Kommunikationsdienste“ gewöhnlich gegen Entgelt erbrachte Dienste gelten, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetze bestehen, einschließlich Telekommunikations- und Übertragungsdienste in Rundfunknetzen, jedoch ausgenommen Dienste, die Inhalte über elektronische Kommunikationsnetze, darunter Kabelfernsehnetze, und ‑dienste anbieten oder eine redaktionelle Kontrolle über sie ausüben. Ferner bestimmt dieser Artikel der Rahmenrichtlinie, dass der Begriff „elektronische Kommunikationsdienste“ die Dienste der Informationsgesellschaft im Sinne von Art. 1 der Richtlinie 98/34, die nicht ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetze bestehen, nicht erfasst.

37      Diese Definition der elektronischen Kommunikationsdienste wurde nahezu wortgleich in Art. 1 Nr. 3 der Wettbewerbsrichtlinie übernommen.

38      Nach dem fünften Erwägungsgrund der Rahmenrichtlinie sollte angesichts der Verschmelzung von Telekommunikation, Medien und Informationstechnologien für alle Übertragungsnetze und ‑dienste ein einheitlicher Rechtsrahmen gelten und ist es im Zusammenhang mit der Errichtung dieses Rahmens notwendig, die Regulierung der Übertragung von der Regulierung von Inhalten zu trennen. Wie ebenfalls aus diesem Erwägungsgrund hervorgeht, betrifft der NRR nicht die Inhalte von Diensten, die über elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste bereitgestellt werden, wie Rundfunkinhalte oder Finanzdienste und bestimmte Dienste der Informationsgesellschaft; er lässt folglich alle Maßnahmen unberührt, die auf Unionsebene oder im Einklang mit dem Unionsrecht auf der Ebene der Mitgliedstaaten in Bezug auf diese Dienste getroffen werden, um die kulturelle und sprachliche Vielfalt zu fördern und die Wahrung des Pluralismus der Medien sicherzustellen.

39      Auch heißt es im siebten Erwägungsgrund der Wettbewerbsrichtlinie, in dem ausgeführt wird, dass die Begriffe „elektronische Kommunikationsdienste“ und „elektronische Kommunikationsnetze“ den Begriffen „Telekommunikationsdienste“ und „Telekommunikationsnetze“ vorgezogen worden sind, um gerade dem Phänomen der Verschmelzung Rechnung zu tragen, dass diese Begriffsbestimmungen alle elektronischen Kommunikationsdienste und/oder für die Übertragung von Signalen über Draht, Funk, optische oder sonstige elektromagnetische Mittel verwendeten Netze unter einem Oberbegriff zusammenfassen, um Festnetze, drahtlose Netze, Kabelfernsehnetze und Satellitennetze zu erfassen. Dieser Erwägungsgrund stellt ferner klar, dass die Übertragung und die Ausstrahlung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen ebenfalls als ein elektronischer Kommunikationsdienst einzustufen sind.

40      Darüber hinaus definiert Art. 1 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste audiovisuelle Mediendienste als eine Dienstleistung im Sinne der Art. 56 AEUV und 57 AEUV, für die ein Mediendiensteanbieter die redaktionelle Verantwortung trägt und deren Hauptzweck die Bereitstellung von Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung der allgemeinen Öffentlichkeit über elektronische Kommunikationsnetze im Sinne des Art. 2 Buchst. a der Rahmenrichtlinie ist.

41      Aus alledem ergibt sich, wie der Generalanwalt in Nr. 33 seiner Schlussanträge festgestellt hat, dass die einschlägigen Richtlinien, insbesondere die Rahmenrichtlinie, die Wettbewerbsrichtlinie und die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, klar zwischen der Produktion von Inhalten, die eine redaktionelle Kontrolle voraussetzt, und der Übertragung von Inhalten ohne jede redaktionelle Kontrolle unterscheiden, wobei die Inhalte und ihre Übertragung unter getrennte Regelungen fallen, die jeweils eigene Ziele verfolgen und sich weder auf die Kunden der bereitgestellten Dienste noch auf die Struktur der diesen in Rechnung gestellten Übertragungskosten beziehen.

42      Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung sowie aus den beim Gerichtshof abgegebenen schriftlichen und mündlichen Erklärungen hervor, dass UPC eine Tätigkeit ausübt, die im Wesentlichen aus der Übertragung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen über Kabel an ihre Kunden besteht, die Inhaber eines Abonnements sind. UPC hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof bestätigt, dass sie diese Programme nicht selbst produziert und keinerlei redaktionelle Kontrolle über deren Inhalt ausübt.

43      Auch wenn die Kunden von UPC ein Abonnement abschließen, um Zugang zu dem über Kabel zugänglichen Basisangebot dieser Gesellschaft zu erlangen, bedeutet dies gleichwohl nicht, dass deren Tätigkeit, die aus der Verbreitung der von Inhalteanbietern, im vorliegenden Fall Hörfunk- und Fernsehsendern, produzierten Programme durch deren Übertragung bis zum Verbindungspunkt ihres Kabelnetzes in der Wohnung ihrer Abonnenten besteht, nicht unter den Begriff „elektronische Kommunikationsdienste“ im Sinne von Art. 2 Buchst. c der Rahmenrichtlinie und damit in den Anwendungsbereich des NRR fällt.

44      Wie in den Randnrn. 36 bis 41 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, fällt die Bereitstellung eines über Kabel zugänglichen Basisangebots vielmehr unter den Begriff elektronischer Kommunikationsdienst und damit in den sachlichen Anwendungsbereich des NRR, soweit dieser Dienst die Übertragung von Signalen über das Kabelnetz umfasst.

45      Jede andere Auslegung würde die Tragweite des NRR beträchtlich verringern, die praktische Wirksamkeit seiner Vorschriften beeinträchtigen und damit die Verwirklichung der Ziele, die er verfolgt, vereiteln. Da das eigentliche Ziel des NRR, wie aus dem fünften Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/140 hervorgeht, die Schaffung eines wirklichen Binnenmarkts für die elektronische Kommunikation ist, in dessen Rahmen diese letztendlich nur durch das Wettbewerbsrecht geregelt werden soll, würde der Ausschluss der Tätigkeiten eines Unternehmens wie UPC von seinem Anwendungsbereich unter dem Vorwand, dass dieses sich nicht mit der Übertragung der Signale begnüge, den genannten Rahmen nämlich gegenstandslos machen.

46      Aus den gleichen Gründen kann der Umstand, dass die den Abonnenten in Rechnung gestellten Übertragungskosten das den Hörfunk- und Fernsehsendern geschuldete Entgelt und die an die kollektiven Verwertungsgesellschaften im Zusammenhang mit der Verbreitung ihrer Inhalte gezahlten Gebühren enthalten, der Qualifizierung des von UPC bereitgestellten Dienstes als „elektronischer Kommunikationsdienst“ im Sinne des NRR nicht entgegenstehen.

47      Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 2 Buchst. c der Rahmenrichtlinie dahin auszulegen ist, dass ein aus der Verbreitung eines über Kabel zugänglichen Basisangebots bestehender Dienst, für den Übertragungskosten sowie die an Rundfunkanstalten und kollektive Verwertungsgesellschaften im Zusammenhang mit der Veröffentlichung ihrer Inhalte gezahlten Gebühren in Rechnung gestellt werden, unter den Begriff „elektronischer Kommunikationsdienst“ und damit in den sachlichen Anwendungsbereich sowohl dieser Richtlinie als auch der Einzelrichtlinien fällt, die den für elektronische Kommunikationsdienste geltenden NRR bilden, sofern dieser Dienst in erster Linie die Übertragung von Fernsehinhalten über das Kabelnetz bis zum Empfänger des Endnutzers umfasst.

 Zu Frage 2 Buchst. a

48      Mit seiner Frage 2 Buchst. a möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die den NRR bildenden Richtlinien dahin auszulegen sind, dass sie es vom Ablauf ihrer Umsetzungsfrist an verbieten, dass eine Körperschaft wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende in die Festsetzung der gegenüber dem Endnutzer für die Bereitstellung eines über Kabel zugänglichen Basisangebots berechneten Entgelte eingreift.

49      Vorab ist festzustellen, dass sich der Ansatz des NRR von dem des früher geltenden Rechtsrahmens unterscheidet. Im alten Rechtsrahmen wurden die für einen bestimmten Markt geltenden Regeln nämlich durch den Rechtsrahmen selbst festgelegt, während im NRR die NRB dafür zuständig sind, den relevanten Markt für die Anwendung der im NRR vorgesehenen Regeln und Regulierungsinstrumente zu definieren. Hierzu müssen die NRB Marktanalysen vornehmen und können insbesondere, wenn sie feststellen, dass Unternehmen über eine beträchtliche Macht auf diesem Markt verfügen, diesen bestimmte Verpflichtungen auch bezüglich der Entgelte auferlegen.

50      Die regulatorischen Aufgaben der NRB sind in den Art. 8 bis 13 der Rahmenrichtlinie festgelegt. Insbesondere verpflichtet Art. 8 dieser Richtlinie die Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass die nationalen Regulierungsbehörden alle angezeigten Maßnahmen treffen, die der Förderung des Wettbewerbs bei der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsdienste dienen, wobei sie gewährleisten, dass es keine Wettbewerbsverzerrungen oder ‑beschränkungen im Bereich der elektronischen Kommunikation gibt, und verbleibende Hindernisse für die Erbringung dieser Dienste auf Unionsebene abbauen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 31. Januar 2008, Centro Europa 7, C‑380/05, Slg. 2008, I‑349, Randnr. 81, und vom 13. November 2008, Kommission/Polen, C‑227/07, Slg. 2008, I‑8403, Randnrn. 62 und 63).

51      Zu diesen Maßnahmen, die in bestimmten Fällen der Kommission vorab zu notifizieren sind, zählen Maßnahmen in Bezug auf Kostendeckung und Preiskontrolle, einschließlich der Verpflichtungen zur Orientierung der Preise an den Kosten auf der Grundlage insbesondere von Art.13 der Zugangsrichtlinie.

52      Gemäß Art. 3 der Rahmenrichtlinie müssen die Mitgliedstaaten u. a. dafür sorgen, dass alle den NRB übertragenen Aufgaben von einer zuständigen und unabhängigen Stelle wahrgenommen werden. Zudem müssen die Mitgliedstaaten der Kommission die NRB sowie deren jeweiligen Zuständigkeiten mitteilen.

53      Aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten geht jedoch eindeutig hervor, dass die Gemeinde Hilversum keine NRB ist. Hierzu genügt der Hinweis, dass das Königreich der Niederlande der Kommission keine entsprechende Entscheidung oder Absicht mitgeteilt hat, diese Gemeinde als NRB zu benennen; vielmehr hat dieser Mitgliedstaat die OPTA benannt. Die Situation der Gemeinde Hilversum gleicht ferner nicht der eines nationalen Gesetzgebers wie der, die der Gerichtshof in Randnr. 30 des Urteils vom 6. Oktober 2010, Base u. a. (C‑389/08, Slg. 2010, I‑9073), angesprochen hat.

54      Folglich ist die Gemeinde Hilversum grundsätzlich nicht befugt, direkt in die Festlegung der Entgelte einzugreifen, die dem Endnutzer für unter den NRR fallende Dienste in Rechnung gestellt werden. Zu diesen Diensten zählt, wie aus der Antwort auf die erste Vorlagefrage hervorgeht, der Dienst der Bereitstellung eines über Kabel zugänglichen Basisangebots. In jedem Fall kann die Gemeinde Hilversum bei der NRB, hier der OPTA, den Erlass geeigneter Maßnahmen beantragen.

55      Nach alledem ist auf Frage 2 Buchst. a zu antworten, dass die den NRR bildenden Richtlinien dahin auszulegen sind, dass sie es vom Ablauf ihrer Umsetzungsfrist an verbieten, dass eine Körperschaft wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die nicht die Eigenschaft einer NRB hat, direkt in die Festsetzung der dem Endnutzer für die Bereitstellung eines über Kabel zugänglichen Basisangebots berechneten Entgelte eingreift.

 Zu den Fragen 2 Buchst. b und 4 Buchst. a

56      Mit seinen Fragen 2 Buchst. b und 4 Buchst. a, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die den NRR bildenden Richtlinien dahin auszulegen sind, dass sie es unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens im Hinblick auf den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verbieten, dass eine Körperschaft, die nicht die Eigenschaft einer NRB besitzt, sich gegenüber einem Anbieter von über Kabel zugänglichen Basisangeboten auf eine Klausel eines vor dem Erlass des NRR geschlossenen Vertrags beruft, mit der die Preisgestaltungsfreiheit dieses Anbieters beschränkt wird.

57      Die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Entgeltklausel wurde in dem Vertrag vom 1. Juli 1996 vereinbart, mit dem die Gemeinde Hilversum der Rechtsvorgängerin der UPC das bis dahin der Gemeinde gehörende Kabelnetzunternehmen verkauft hat. Weder das vorlegende Gericht noch eine der Parteien, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, haben in Frage gestellt, dass diese Klausel zum Zeitpunkt ihrer Vereinbarung gültig war oder dass sie zwischen der Gemeinde Hilversum und der Rechtsvorgängerin der UPC frei verhandelt und geschlossen wurde; es ist allerdings Sache des nationalen Gerichts, dies im Licht der Umstände des Sachverhalts und des nationalen Rechts zu prüfen. Vorbehaltlich dieser Prüfung sind die Fragen 2 Buchst. b und 4 Buchst. a dahin aufzufassen, dass sie sich auf einen wirksam geschlossenen Vertrag beziehen.

58      Zwar lässt, wie die Gemeinde Hilversum bemerkt hat, nichts in den den NRR bildenden Richtlinien den Schluss zu, dass diese die automatische Ungültigkeit einer vor dem Erlass dieser Richtlinien wirksam vereinbarten Entgeltklausel zur Folge hätten, doch beantwortet diese Feststellung die vorgelegten Fragen nicht in ausreichender Weise. Die Antwort muss das vorlegende Gericht nämlich in die Lage versetzen, nicht nur über den Antrag der UPC auf Nichtigerklärung dieser Entgeltklausel zu entscheiden, sondern auch über den Hilfsantrag der UPC, mit dem die Feststellung begehrt wird, dass sich die Gemeinde Hilversum aufgrund des NRR nicht weiter auf diese Klausel berufen darf.

59      Es ist darauf hinzuweisen, dass die Behörden der Mitgliedstaaten in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen, zu denen der Bereich der elektronischen Kommunikationsdienste zählt, an den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit gebunden sind. Nach diesem Grundsatz müssen sie alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen ergreifen, die sich aus den Verträgen oder den Handlungen der Organe der Union ergeben, und alle Maßnahmen unterlassen, die die Verwirklichung der Ziele der Union gefährden könnten (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 18. März 1986, Kommission/Belgien, 85/85, Slg. 1986, 1149, Randnr. 22, vom 4. März 2004, Deutschland/Kommission, C‑344/01, Slg. 2004, I‑2081, Randnr. 79, und vom 28. April 2011, El Dridi, C‑61/11 PPU, Slg. 2011, I‑3015, Randnr. 56).

60      Im Rahmen der Wahrung der Interessen der in ihrem Gebiet wohnenden Verbraucher hat die Gemeinde Hilversum daher zur Wirksamkeit der durch den NRR eingeführten Regelung beizutragen und jede ihr zuwiderlaufende Maßnahme zu unterlassen.

61      Im vorliegenden Fall steht fest, dass sich die Parteien gemäß dem in Rede stehenden Vertrag nach zehn Jahren erneut über seinen Inhalt abstimmen wollten. In der mündlichen Verhandlung hat die Gemeinde Hilversum bestätigt, dass sie sich, um für ihre Einwohner die aufgrund der in diesem Vertrag enthaltenen Entgeltklausel bestehenden Preise zu bewahren, nach Ablauf dieser Zehnjahresfrist einer Anpassung dieser Klausel widersetzt habe.

62      Nach dieser Klausel wird das monatliche Entgelt für das über Kabel zugängliche Basisangebot aber auf 13,65 NLG ohne Mehrwertsteuer festgelegt und darf UPC dieses Entgelt nur an den Verbraucherpreisindex und gestiegene „externe Kosten“ anpassen. Dadurch, dass sie auf die fortgesetzte und unveränderte Anwendung dieser Beschränkung der Preisgestaltungsfreiheit der UPC bestand, obwohl der Vertrag die Aufforderung zu einer Abstimmung enthält, um diese Klausel im Licht der zwischen 1996 und 2006 eingetretenen Entwicklungen neu zu beurteilen, hat die Gemeinde Hilversum zu einer Missachtung der Regeln des NRR in ihrem Gebiet beigetragen, die den Anbietern elektronischer Kommunikationsdienste keine solche Beschränkung auferlegen, sondern vielmehr dadurch, dass sie präzise Beschränkungen vorsehen, die auf der Grundlage einer Marktanalyse und im Rahmen genau bestimmter Verfahren von den NRB festgelegt werden können, die Freiheit der Preisbestimmung hervorheben.

63      Nach alledem ist auf die Fragen 2 Buchst. b und 4 Buchst. a zu antworten, dass die den NRR bildenden Richtlinien dahin auszulegen sind, dass sie es unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens im Hinblick auf den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verbieten, dass eine Körperschaft, die nicht die Eigenschaft einer NRB besitzt, sich gegenüber einem Anbieter von über Kabel zugänglichen Basisangeboten auf eine Klausel eines Vertrags beruft, der vor dem Erlass des für elektronische Kommunikationsdienste geltenden NRR geschlossen wurde, mit der die Preisgestaltungsfreiheit dieses Anbieters beschränkt wird.

 Zu den Fragen 3, 4 Buchst. b und 5 bis 8

64      Im Hinblick auf die Antworten auf die Fragen 1, 2 Buchst. a und b und 4 Buchst. a ist eine Beantwortung der Fragen 3, 4 Buchst. b und 5 bis 8 nicht erforderlich.

 Kosten

65      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste (Rahmenrichtlinie) ist dahin auszulegen, dass ein aus der Bereitstellung eines über Kabel zugänglichen Basisangebots an Hörfunk- und Fernsehprogrammen bestehender Dienst, für den Übertragungskosten sowie die an Rundfunkanstalten und kollektive Verwertungsgesellschaften im Zusammenhang mit der Veröffentlichung ihrer Inhalte gezahlten Gebühren in Rechnung gestellt werden, unter den Begriff „elektronischer Kommunikationsdienst“ und damit in den sachlichen Anwendungsbereich sowohl dieser Richtlinie als auch der Richtlinien 97/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre im Bereich der Telekommunikation, 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie), 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste (Genehmigungsrichtlinie) und 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten (Universaldienstrichtlinie) fällt, die den für elektronische Kommunikationsdienste geltenden neuen Rechtsrahmen bilden, sofern dieser Dienst in erster Linie die Übertragung von Fernsehinhalten über das Kabelnetz bis zum Empfänger des Endnutzers umfasst.

2.      Diese Richtlinien sind dahin auszulegen, dass sie es vom Ablauf ihrer Umsetzungsfrist an verbieten, dass eine Körperschaft wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die nicht die Eigenschaft einer nationalen Regulierungsbehörde hat, direkt in die Festsetzung der dem Endnutzer für die Bereitstellung eines über Kabel zugänglichen Basisangebots an Hörfunk- und Fernsehprogrammen berechneten Entgelte eingreift.

3.      Diese Richtlinien sind dahin auszulegen, dass sie es unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens im Hinblick auf den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verbieten, dass eine Körperschaft, die nicht die Eigenschaft einer nationalen Regulierungsbehörde besitzt, sich gegenüber einem Anbieter von über Kabel zugänglichen Basisangeboten an Hörfunk- und Fernsehprogrammen auf eine Klausel eines Vertrags beruft, der vor dem Erlass des für elektronische Kommunikationsdienste geltenden neuen Rechtsrahmens geschlossen wurde, mit der die Preisgestaltungsfreiheit dieses Anbieters beschränkt wird.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Niederländisch.