Language of document : ECLI:EU:C:2019:100

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

NILS WAHL

vom 6. Februar 2019(1)

Rechtssache C‑724/17

Vantaan kaupunki

gegen

Skanska Industrial Solutions Oy,

NCC Industry Oy,

Asfaltmix Oy

(Vorabentscheidungsersuchen des Korkein oikeus [Oberster Gerichtshof, Finnland])

„Vorabentscheidungsersuchen – Art. 101 AEUV – Zivilrechtliche Durchsetzung des Wettbewerbsrechts – Zivilrechtliche Haftung – Schadensersatzklage – Ersatz des Schadens, der durch ein Verhalten verursacht worden ist, das gegen das Wettbewerbsrecht der Union verstößt – Voraussetzungen für die Entschädigung – Ersatzpflichtige – Unternehmensbegriff – Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität“






1.        Die vorliegende Rechtssache betrifft die Voraussetzungen einer zivilrechtlichen Haftung bei einer Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts. Für diese Art der Haftung war der verstorbene Generalanwalt Van Gerven in seinen wegweisenden Schlussanträgen zu der Rechtssache Banks vor 25 Jahren nachdrücklich eingetreten(2). Diese Schlussanträge hinterließen damals einen prägenden Eindruck bei mir und sind auch heute noch eine Quelle der Inspiration für mich. Es ist mir daher eine große Freude, meine Tätigkeit als Generalanwalt mit Schlussanträgen zu genau diesem Thema beschließen zu dürfen und an das Vermächtnis der Schlussanträge in der Rechtssache Banks anknüpfen zu können.

2.        Seit diesen Schlussanträgen gab es im Bereich der zivilrechtlichen Haftung wichtige Entwicklungen in Literatur(3) und Gesetzgebung(4). Gleichwohl sind viele grundlegend wichtige Fragen noch nicht gelöst. Eine dieser Fragen dreht sich darum, wer wettbewerbsrechtlich auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann.

3.        Bei der öffentlich-rechtlichen Rechtsdurchsetzung des EU-Wettbewerbsrechts durch die Wettbewerbsbehörden bestimmt sich der für Verstöße gegen Wettbewerbsregeln verantwortliche Personenkreis durch den Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität. Gestützt auf eine weite Auslegung des Unternehmensbegriffs in den Bestimmungen der Verträge im Bereich des Wettbewerbsrechts besagt dieser Grundsatz, dass eine Haftung nicht auf diejenige juristische Person beschränkt ist, die sich an dem wettbewerbswidrigen Verhalten beteiligt hat. Bei Umstrukturierungen oder anderen Veränderungen in der Unternehmensstruktur kann auch ein Unternehmen eine Strafe erhalten, das nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten mit dem Unternehmen identisch ist, das den Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht der Union begangen hat(5).

4.        Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage, ob dieses grundlegende Prinzip des Wettbewerbsrechts der Union auch im Bereich der zivilrechtlichen Durchsetzung des Wettbewerbsrechts der Union Anwendung findet. Insbesondere geht die Frage an den Gerichtshof, ob bei einer zivilrechtlichen Klage auf Schadensersatz ein Unternehmen, das die Geschäftsaktivität eines Kartellteilnehmers weiterführt, für durch die Verletzung von Art. 101 AEUV entstandene Schäden haftbar gemacht werden kann.

I.      Rechtlicher Rahmen

5.        Nach finnischem Recht trifft grundsätzlich nur dasjenige Rechtssubjekt die Haftung, das den Schaden verursacht hat.

6.        Nach dem finnischen Gesellschaftsrecht ist jede beschränkt haftende Gesellschaft eine eigenständige juristische Person mit eigenem Vermögen und eigener Verantwortlichkeit.

7.        Des Weiteren ist nach finnischem Recht eine Person dann im Rahmen der außervertraglichen Haftung schadensersatzpflichtig, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig einen Schaden verursacht hat.

II.    Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

8.        Von 1994 bis 2002 war auf dem Asphaltmarkt in Finnland ein Kartell tätig. Mit Entscheidung vom 29. September 2009 verhängte der Korkein hallinto-oikeus (Oberster Verwaltungsgerichtshof, Finnland) wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens, das gegen das nationale Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen sowie gegen den heutigen Art. 101 AEUV (aufgrund der Auswirkungen des Kartells auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten) verstieß, Bußgelder gegen sieben Unternehmen.

9.        Eines der zu Bußgeldern verurteilten Unternehmen war die Lemminkäinen Oyj, mit der die Vantaan kaupunki (im Folgenden: Stadt Vantaa) von 1998 bis 2001 mehrere Verträge über Asphaltierungsarbeiten geschlossen hatte.

10.      Seitdem wurden – im Gegensatz zu Lemminkäinen – andere an dem Kartell beteiligte Unternehmen, und zwar die Sata-Asfaltti Oy, die Interasfaltti Oy und die Asfalttineliö Oy, im Rahmen freiwilliger Liquidationsverfahren aufgelöst; die jeweiligen Alleingesellschafter, jetzt bekannt als Skanska Industrial Solutions Oy, NCC Industry Oy und Asfaltmix Oy, erwarben die Vermögenswerte ihrer ehemaligen Tochterunternehmen und führten deren wirtschaftliche Aktivitäten weiter.

11.      Nach dem Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität verhängte der Korkein hallinto-oikeus (Oberster Verwaltungsgerichtshof) gegen Skanska Industrial Solutions wegen ihres eigenen und des Verhaltens von Sata-Asfaltti, gegen NCC Industry wegen des Verhaltens von Interasfaltti und gegen die Asfaltmix wegen des Verhaltens von Asfalttineliö Bußgelder.

12.      Nach der Entscheidung des Korkein hallinto-oikeus (Oberster Verwaltungsgerichtshof) erhob die Stadt Vantaa beim Helsingin käräjäoikeus (erstinstanzliches Gericht Helsinki, Finnland) eine zivilrechtliche Klage auf Schadensersatz gegen die zur Zahlung von Bußgeldern verurteilten Unternehmen, darunter Skanska Industrial Solutions, NCC Industry und Asfaltmix.

13.      In diesem Verfahren begehrt die Stadt Vantaa von diesen Unternehmen gesamtschuldnerisch den Ersatz des Schadens, der ihr durch die Zahlung von wegen des Kartells überhöhten Preisen für die Asphaltierungsarbeiten entstanden sei. Skanska Industrial Solutions, NCC Industry und Asfaltmix sind der Klage u. a. mit der Begründung entgegengetreten, dass sie nicht für Schäden verantwortlich seien, die von rechtlich selbstständigen Gesellschaften verursacht worden seien. Daher seien die Schadensersatzansprüche gegen die im Rahmen der Liquidationsverfahren aufgelösten Gesellschaften zu richten. Da die Ansprüche nicht im Zuge der freiwilligen Liquidationsverfahren geltend gemacht worden seien, in denen die am Kartell beteiligten Unternehmen aufgelöst worden seien, seien die jeweiligen Verpflichtungen erloschen.

14.      Die Frage, die damit im Mittelpunkt der Verfahren vor dem nationalen Gericht steht, ist, ob Skanska Industrial Solutions, NCC Industry und Asfaltmix für Schäden ersatzpflichtig sind, die durch das wettbewerbswidrige Verhalten von Sata-Asfaltti, Interasfaltti und Asfalttineliö verursacht wurden. Das erstinstanzliche Gericht und das Berufungsgericht vertreten dazu verschiedene Auffassungen.

15.      Das erstinstanzliche Gericht hat entschieden, dass es für eine Person unmöglich oder übermäßig schwer wäre, Ersatz des durch die Verletzung der einschlägigen Wettbewerbsregeln entstandenen Schadens zu erhalten, wenn der Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität in einem solchen Fall nicht angewendet würde. Dies gelte insbesondere, wenn die gegen die Regeln verstoßende Gesellschaft nicht länger aktiv sei und aufgelöst worden sei. Vor diesem Hintergrund ist das erstinstanzliche Gericht der Ansicht, dass zur effektiven Verwirklichung von Art. 101 AEUV die Verantwortlichkeit für Bußgelder auf der einen Seite und die Haftungszurechnung für Schadensersatz auf der anderen Seite denselben Regeln folgen sollten. Infolgedessen kam das erstinstanzliche Gericht zu dem Schluss, dass Skanska Industrial Solutions, NCC Industry und Asfaltmix für das wettbewerbswidrige Verhalten von Sata-Asfaltti, Interasfaltti und Asfalttineliö schadensersatzpflichtig seien.

16.      Gegen diese Entscheidung ist Berufung beim Helsingin hovioikeus (Berufungsgericht Helsinki, Finnland) eingelegt worden. Das Berufungsgericht entschied, dass es keine Grundlage dafür gebe, den Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität auch auf eine zivilrechtliche Schadensersatzklage im Rahmen von Wettbewerbsrechtsverstößen anzuwenden. Das Ziel, die Effektivität des Wettbewerbsrechts der Union sicherzustellen, könne nicht herangezogen werden, um eine Abweichung von den grundlegenden Prinzipien der außervertraglichen Haftung des nationalen Rechtssystems zu begründen. Die Grundsätze, die bei der Verhängung von Bußgeldern gälten, sollten im Rahmen von zivilrechtlichen Schadensersatzklagen, da es hierzu an näheren Bestimmungen fehle, keine Anwendung finden. Mit dieser Begründung hat das Berufungsgericht die Ansprüche der Stadt Vantaa abgewiesen, soweit sie gegen Skanska Industrial Solutions, NCC Industry und Asfaltmix aufgrund des Verhaltens von Sata-Asfaltti, Interasfaltti und Asfalttineliö gerichtet waren.

17.      In demselben Verfahren hat das Berufungsgericht Lemminkäinen für die durch das Kartell verursachten Schäden zur Zahlung von Schadensersatz an die Stadt Vantaa verurteilt. Lemminkäinen hat daraufhin den zugesprochenen Schadensersatz an die Stadt geleistet.

18.      Wie auch die Stadt Vantaa hat Lemminkäinen – mit Erfolg – die Zulassung eines Rechtsmittels vor dem Korkein oikeus (Oberster Gerichtshof, Finnland) beantragt. Lemminkäinen trägt u. a. vor, dass die Höhe der von ihr zu leistenden Schadensersatzzahlungen verringert werden müsse, da die Stadt Vantaa keinen Schadensersatz von den an dem Kartell beteiligten (jetzt aufgelösten) Gesellschaften verlangt habe. Die Stadt Vantaa hat vor dem Korkein oikeus (Oberster Gerichtshof) – mit Erfolg – die Zulassung eines Rechtsmittels hinsichtlich der Frage beantragt, ob Skanska Industrial Solutions, NCC Industry und Asfaltmix auf Grundlage des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität zivilrechtlich haftbar gemacht werden können.

19.      Vor dem Hintergrund der vorgebrachten Argumente muss der Korkein oikeus (Oberster Gerichtshof) nun entscheiden, ob ein Unternehmen auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann, das die Geschäftsaktivität eines anderen Unternehmens übernommen hat, das an einem Kartell beteiligt war und im Rahmen eines freiwilligen Liquidationsverfahrens aufgelöst worden ist. Dazu erklärt der Korkein oikeus (Oberster Gerichtshof), dass im Rahmen einer außervertraglichen Haftung im finnischen Recht nur diejenige (juristische) Person schadensersatzpflichtig sei, die den Schaden verursacht habe. Von dieser Grundregel existiere nur unter bestimmten Umständen eine Ausnahme, nämlich wenn eine Durchgriffshaftung für notwendig angesehen werde, um eine unrechtmäßige Umgehung der Haftung zu verhindern.

20.      Da der Korkein oikeus (Oberster Gerichtshof) Zweifel hinsichtlich der zutreffenden Auslegung des Unionsrechts hegt, hat er beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Bestimmt sich die Frage, wer auf Ersatz eines durch ein Verhalten, das gegen Art. 101 AEUV verstößt, verursachten Schadens haftet, durch direkte Anwendung dieses Artikels oder anhand der nationalen Regeln?

2.      Sofern die Ersatzpflichtigen direkt anhand von Art. 101 AEUV bestimmt werden: Haften auf Ersatz diejenigen, die unter den in dieser Vorschrift genannten Begriff „Unternehmen“ fallen? Finden auf die Bestimmung der Schadensersatzpflichtigen dieselben Grundsätze Anwendung, die der Gerichtshof in Bußgeldsachen zur Bestimmung der dort Haftenden angewandt hat und nach denen eine Haftung insbesondere auf der Zugehörigkeit zur selben wirtschaftlichen Gesamtheit oder auf einer wirtschaftlichen Kontinuität beruhen kann?

3.      Sofern sich die Schadensersatzpflichtigen anhand der nationalen Regeln des Mitgliedstaats bestimmen: Verstößt eine nationale Regelung, wonach eine Gesellschaft, die nach Erwerb sämtlicher Aktien einer an einem gegen Art. 101 AEUV verstoßenden Kartell beteiligten Gesellschaft die fragliche Gesellschaft beendet und deren Geschäftstätigkeit fortgesetzt hat, nicht für den Ersatz des Schadens haftet, der durch ein wettbewerbsbeschränkendes Verhalten der beendeten Gesellschaft verursacht wurde, obwohl die Erlangung einer Entschädigung von der beendeten Gesellschaft praktisch unmöglich oder übermäßig schwer wäre, gegen das Effektivitätserfordernis des Unionsrechts? Steht das Effektivitätserfordernis einer Auslegung des innerstaatlichen Rechts eines Mitgliedstaats entgegen, wonach als Voraussetzung für eine Schadenshaftung verlangt wird, dass eine Unternehmensumwandlung der beschriebenen Art gesetzeswidrig oder künstlich zum Zweck der Umgehung der wettbewerbsrechtlichen Schadensersatzpflicht oder ansonsten in unlauterer Weise erfolgt sein muss oder zumindest, dass die Gesellschaft bei Durchführung der Unternehmensumwandlung Kenntnis von dem Wettbewerbsverstoß gehabt hat oder hätte haben müssen?

21.      Die Stadt Vantaa, Skanska Industrial Solutions (im Folgenden: Skanska), NCC Industry und Asfaltmix, die finnische, die italienische und die polnische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Mit Ausnahme von Asfaltmix sowie der italienischen und der polnischen Regierung haben die vorgenannten Beteiligten in der Sitzung vom 16. Januar 2019 auch mündliche Ausführungen gemacht.

III. Würdigung

22.      Die vorliegende Rechtssache berührt einen elementaren Aspekt der zivilrechtlichen Durchsetzung des Wettbewerbsrechts der Union: das Zusammenwirken des Unionsrechts und der nationalen Rechte der Mitgliedstaaten bei der Regelung von Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung des Wettbewerbsrechts der Union. Zwar leiten sich die Prinzipien für die zivilrechtliche Haftung wegen eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht der Union zum großen Teil aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs her. Für die zivilrechtliche Durchsetzung des Wettbewerbsrechts der Union gilt jedoch auch das nationale Zivil- und Zivilverfahrensrecht, auch wenn der Gerichtshof aus den Verträgen einen Anspruch auf Schadensersatz wegen eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht der Union abgeleitet(6) und bestimmte Aspekte des Anspruchs näher ausgeführt hat(7).

23.      Der Unionsgesetzgeber war bestrebt, mit der Richtlinie 2014/104 das Zusammenwirken von Unionsrecht und den nationalen Rechten der Mitgliedstaaten zu regeln; diese Richtlinie ist jedoch auf die vorliegende Rechtssache zeitlich nicht anwendbar. In ihr sind nunmehr mit Bezug auf die Geltendmachung von wettbewerbsrechtlichen Schadensersatzansprüchen vor den nationalen Gerichten bestimmte Aspekte harmonisiert worden. Dennoch bleiben verschiedene Grundsatzfragen in der Richtlinie – wie auch in der Rechtsprechung des Gerichtshofs – unbeantwortet.

24.      Eine dieser Fragen ist, wie (und vor allem, auf welcher rechtlichen Grundlage) zu bestimmen ist, welche Personen bei einem Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht der Union schadensersatzpflichtig sind. Mit der vorliegenden Rechtssache ergibt sich für den Gerichtshof die Möglichkeit, diese Frage zu prüfen: Der Gerichtshof hat zu entscheiden, inwieweit sich die Haftungszurechnung im Rahmen von zivilrechtlichen Klagen wegen Wettbewerbsrechtsverstößen vor nationalen Gerichten nach dem Unionsrecht richtet.

25.      Bevor ich mich mit dieser Frage befasse, scheinen einige einleitende Anmerkungen zu dem System der zivilrechtlichen Durchsetzung des Wettbewerbsrechts der Union angebracht.

A.      Einleitung: das System der zivilrechtlichen Durchsetzung des Wettbewerbsrechts der Union

26.      Im Allgemeinen gilt in den europäischen Rechtssystemen für die außervertragliche Haftung, dass eine Person eine zivilrechtliche Klage auf Ersatz des Schadens erheben kann, der ihr durch ein bestimmtes Verhalten oder eine bestimmte Handlung entsteht. Die genaue Ausgestaltung des Schadensersatzanspruchs und seine Durchsetzung vor einem Gericht unterliegt jedoch je nach Rechtsordnung sehr verschiedenen Regelungen und Grundsätzen. Diese Unterschiede – u. a. hinsichtlich der Art des haftungsbegründenden Verhaltens (z. B. eine unerlaubte Handlung, eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder die verschuldensunabhängige Haftung), des als verletzt qualifizierten Personenkreises, der Kausalität, des schadensersatzpflichtigen Personenkreises sowie der ersatzfähigen Schadensarten – können durch die verschiedenen Rechtstraditionen der Mitgliedstaaten erklärt werden.

27.      Trotz dieser Unterschiede erfüllen die meisten Schadensersatzansprüche in den europäischen Rechtsordnungen in erster Linie die Funktion einer entschädigenden Wiedergutmachung (restitutio ad integrum). Auch wenn die Pflicht zum Ersatz des Schadens unter bestimmten Umständen zusätzlich eine abschreckende Wirkung haben kann, ist die Schadenshaftung in der Funktion als eigenständige Abschreckungs- (oder Straf)maßnahme für unerwünschtes Verhalten in der europäischen Rechtslandschaft wohl weniger verbreitet.

28.      Im Rahmen des Wettbewerbsrechts der Union sollen die Schadensersatzklagen jedoch beide Funktionen erfüllen. Einerseits erfüllt ein Schadensersatzanspruch wegen einer Verletzung des Wettbewerbsrechts der Union eine Wiedergutmachungsfunktion. Einzelne können so den vollständigen Ersatz des Schadens verlangen, den sie durch einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht der Union erleiden(8). Andererseits kann ein zivilrechtlicher Anspruch auf Ersatz des durch einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht verursachten Schadens auch abschreckend wirken und damit die öffentliche Rechtsdurchsetzung ergänzen.

1.      Die Betonung der vollen Wirksamkeit und der Abschreckungsfunktion des Wettbewerbsrechts der Union in der Rechtsprechung des Gerichtshofs

29.      Durch seine die Rechte und die Wirksamkeit des Wettbewerbsrechts der Union betonende Wortwahl hat der Gerichtshof besonderes Gewicht auf die abschreckende Funktion der Klagen auf Schadensersatz wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht der Union gelegt.

30.      Den Grundstein für ein System der zivilrechtlichen Durchsetzung innerhalb der Union hat der Gerichtshof in seinen Entscheidungen in den Rechtssachen Courage(9) und Manfredi(10) gelegt. In diesen Entscheidungen hat der Gerichtshof – für jeden Einzelnen – das Recht, einen Ersatz des durch wettbewerbswidriges Verhalten erlittenen Schadens verlangen zu können, entwickelt(11).

a)      Die Doppelfunktion zivilrechtlicher Klagen auf Schadensersatz wegen eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht

31.      Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs geht deutlich hervor, dass der Schadensersatzanspruch nicht nur deswegen entwickelt wurde, um den durch wettbewerbswidriges Verhalten entstandenen Schaden wiedergutzumachen. Der Anspruch soll vielmehr sicherstellen, dass das Wettbewerbsrecht der Union seine volle Wirkung entfalte(12). Der Gerichtshof hat ausdrücklich anerkannt, dass ein Anspruch auf Schadensersatz die Wirksamkeit des Wettbewerbsrechts stärkt, weil Unternehmen davon abgehalten werden, sich an wettbewerbswidrigen Vereinbarungen oder anderem wettbewerbswidrigen – häufig verdeckten – Verhalten zu beteiligen. Zivilrechtliche Schadensersatzklagen vor den nationalen Gerichten dienen daher auch dazu, einen effektiven Wettbewerb in der Europäischen Union aufrechtzuerhalten(13). Mit anderen Worten, diese Klagen führen dazu, dass Unternehmen von der Beteiligung an wettbewerbsschädigendem Verhalten abgehalten werden.

32.      Es ist jedoch wichtig, darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof zwar aus Art. 101 AEUV einen Schadensersatzanspruch hergeleitet hat, es aber bisher unterlassen hat, die wesentlichen Voraussetzungen für diese zivilrechtliche Haftung klar zu benennen. Zudem ist selbstverständlich, dass der verfahrens- und materiell-rechtliche Rahmen für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs vor einem Gericht grundsätzlich im Bereich des nationalen Rechts liegt(14). Mangels unionsrechtlicher Regelungen in dieser Frage ist es Aufgabe der Mitgliedstaaten – wie der Gerichtshof in auf die Rechtssachen Courage und Manfredi folgenden Entscheidungen klargestellt hat –, detaillierte Regelungen für die Geltendmachung des Anspruchs auf Schadensersatz wegen einer Verletzung von Art. 101 AEUV (oder Art. 102 AEUV) festzulegen, insbesondere Regelungen für die Anwendung des Begriffs des ursächlichen Zusammenhangs. Die Mitgliedstaaten müssen jedoch sicherstellen, dass diese nationalen Regelungen den Äquivalenz- und den Effektivitätsgrundsatz erfüllen(15).

33.      Welche Komponenten einer Schadensersatzklage unterliegen nun aber dem Unionsrecht und welche regelt das nationale Recht der Mitgliedstaaten? Die Antwort auf diese Frage ergibt sich nach meiner Auffassung aus der jüngeren Rechtsprechung.

b)      Das Zusammenwirken von Unions- und nationalem Recht und die Verstärkung der Abschreckungsfunktion als Ziel der zivilrechtlichen Schadensersatzklagen wegen eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht

34.      Die Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache Kone(16) hilft bei der Antwort auf diese Frage. Darin entschied der Gerichtshof, dass durch „umbrella pricing“ (Preisschirmeffekt) Geschädigte (die einen mittelbaren Schaden durch überhöhte Preise aufgrund einer Verletzung von Art. 101 AEUV erlitten) einen Anspruch auf Ersatz des Schadens im Wege der zivilrechtlichen Klage geltend machen können. Im Ergebnis verstieß also nach Auffassung des Gerichtshofs eine nationale Regelung zum Kausalzusammenhang, durch die ein eventueller Schadensersatzanspruch bei Umbrella-Pricing-Fällen von vornherein ausgeschlossen wird, gegen Art. 101 AEUV(17).

35.      Dabei stellen sich zwei miteinander zusammenhängende Fragen.

36.      Zunächst bekräftigte der Gerichtshof im Urteil Kone, dass die Regelung der Modalitäten für die Ausübung des Anspruchs auf Ersatz des aufgrund einer durch Art. 101 AEUV verbotenen Vereinbarung oder Praktik entstandenen Schadens – einschließlich der Modalitäten für die Anwendung des Begriffs „ursächlicher Zusammenhang“ – Aufgabe der Mitgliedstaaten ist. Die Mitgliedstaaten müssen gleichwohl sicherstellen, dass die nationale Regelung nicht gegen den Äquivalenz- und den Effektivitätsgrundsatz verstößt. Das bedeutet, dass die betreffende Regelung nicht weniger günstig ausgestaltet sein darf als die für Klagen wegen Verletzung ähnlicher Rechte im jeweiligen nationalen Recht und dass sie die Geltendmachung des durch Unionsrecht verliehenen Anspruchs nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren darf(18).

37.      Daraus könnte sich der Eindruck ergeben, dass die Vereinbarkeit einer nationalen Regelung zu wettbewerbsrechtlichen Schadensersatzklagen mit dem Unionsrecht anhand des klassischen Äquivalenz- und Effektivitätstests zu beurteilen ist. Jedoch sollte nicht übersehen werden, dass der Gerichtshof nach dieser allgemeinen Feststellung ausgeführt hat, dass im Zusammenhang mit dem Wettbewerbsrecht die Anwendung von nationalen Vorschriften die effektive Anwendbarkeit von Art. 101 AEUV nicht gefährden darf(19). Und ein näherer Blick zeigt, dass die anschließende Prüfung im Hinblick auf die vollständige Wirksamkeit von Art. 101 AEUV durchgeführt wird(20).

38.      Die Argumentation des Gerichtshofs wirkt auf mich so, dass eine Prüfung anhand des Äquivalenz- und des Effektivitätsgrundsatzes ganz offensichtlich nicht ausreicht. Nach meiner Ansicht bedarf es danach einer Prüfung der Vereinbarkeit der betreffenden nationalen Regelung im Licht der vollen Wirksamkeit einer Vertragsbestimmung, hier Art. 101 AEUV.

39.      Der Unterschied zwischen einer Prüfung anhand des Äquivalenz- und des Effektivitätsgrundsatzes einerseits und einer Prüfung anhand der vollen Wirksamkeit von Art. 101 AEUV andererseits ist von großer Bedeutung. Er dient als Hilfestellung bei der Bestimmung der Trennlinie zwischen Fragen, die dem Unionsrecht, und solchen, die dem nationalen Rechtssystem der Mitgliedstaaten unterliegen.

40.      Nach meiner Interpretation der Rechtsprechung des Gerichtshofs wird die klassische Äquivalenz- und Effektivitätsprüfung nur im Zusammenhang mit der „Bestimmung der Einzelheiten für die Ausübung des Rechts auf Schadensersatz“ vor den nationalen Gerichten angewendet. Mit anderen Worten werden Regelungen, die sich (auf die eine oder andere Weise) auf die Anwendung des Schadensersatzanspruchs vor einem nationalen Gericht beziehen, entsprechend geprüft(21). Diese Regelungen sind Sache der Mitgliedstaaten.

41.      Im Gegensatz dazu werden Voraussetzungen, die die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale des Schadensersatzanspruchs bilden (wie der ursächliche Zusammenhang), anhand von Art. 101 AEUV geprüft.

42.      Zutreffend ist indes, dass der Gerichtshof in der Rechtssache Kone davon abgesehen hat, den Begriff des „ursächlichen Zusammenhangs“ im unionsrechtlichen Sinne zu definieren, und zwar entgegen der Empfehlung von Generalanwältin Kokott(22). Stattdessen hielt er sich (wie so oft) vorsichtig zurück und beschränkte seine Antwort auf diejenigen Aspekte, die für die damalige Rechtssache unverzichtbar waren(23). Mit Verweis auf die vollständige Wirksamkeit von Art. 101 AEUV stellte der Gerichtshof dementsprechend fest, dass diese Vertragsbestimmung einer nationalen Regelung zum ursächlichen Zusammenhang entgegensteht, die von vornherein jegliche Möglichkeit der Geltendmachung eines auf „umbrella pricing“ gestützten Schadensersatzanspruchs ausschließt.

43.      Mit anderen Worten, auch wenn der Gerichtshof die Entwicklung des Begriffs des ursächlichen Zusammenhangs der späteren Rechtsprechung überlassen hat, sollte dies nach meiner Ansicht nicht dahin verstanden werden, dass die Voraussetzungen, die die eigentliche Grundlage für einen Schadensersatzanspruch darstellen, dem nationalen Recht unterliegen.

44.      Zweitens waren die Gründe für einen Anspruch auf Ersatz eines durch die Verletzung des Wettbewerbsrechts verursachten Schadens – als unmittelbare Folge der Betonung der vollständigen Wirksamkeit von Art. 101 AEUV – im Urteil Kone eng mit der Abschreckungsfunktion verknüpft. Indem der Gerichtshof die Anwendbarkeit einer Regelung verneine, die für die Begründung einer zivilrechtlichen Haftung einen unmittelbaren ursächlichen Zusammenhang voraussetzt, entschied er nämlich, dass eine nationale Regelung, die ausschließt, dass ein an einem Kartell beteiligtes Unternehmen für den Schaden, der durch eine Erhöhung der Preise am Markt infolge eines wettbewerbswidrigen Verhaltens entsteht, haften muss, unvereinbar mit Art. 101 AEUV ist(24).

45.      Der durch „umbrella pricing“ entstehende „Schaden“ ist die Folge einer unabhängigen Preisgestaltung einer Person, die nicht an dem beanstandeten wettbewerbswidrigen Verhalten beteiligt ist. Eine solche Preisgestaltung kann Auswirkungen auf eine Vielzahl von Einzelnen haben. Die Folge davon ist, dass die Zahl der Einzelnen, die wegen einer Verletzung des Wettbewerbsrechts der Union unmittelbar aus Art. 101 AEUV (oder Art. 102 AEUV) einen Schadensersatzanspruch haben, erheblich steigt. Vor diesem Hintergrund war die Entscheidung in der Rechtssache Kone ein entscheidender Schritt, um die Rolle der wettbewerbsrechtlichen Schadensersatzklagen als Abschreckungsmittel gegen die Beteiligung von Unternehmen an wettbewerbswidrigem Verhalten zu stärken.

2.      Ist die Betonung der Abschreckungsfunktion berechtigt?

46.      Obgleich vieles über den praktischen Mehrwert gesagt werden könnte, den die Lösung in der Rechtssache Kone für die Wirksamkeit des Systems der zivilrechtlichen Rechtsdurchsetzung nach sich zieht, ist es nach meiner Ansicht aus verschiedenen Gründen gerechtfertigt, dass der Gerichtshof die Abschreckungsfunktion ganz allgemein betont hat. Zwei dieser Gründe möchte ich kurz hervorheben.

47.      Erstens bietet die zivilrechtliche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen – wie der Gerichtshof festgestellt hat – eine zusätzliche Abschreckungswirkung gegen wettbewerbswidriges Verhalten, die allein durch die öffentlich-rechtliche Rechtsdurchsetzung nicht erzielt werden kann. Ebenso wie bei der öffentlich-rechtlichen Rechtsdurchsetzung ist es Ziel und Zweck der zivilrechtlichen Geltendmachung, das Verhalten der Unternehmen am Markt dahin zu beeinflussen, dass sie von der Beteiligung an wettbewerbswidrigem Verhalten Abstand nehmen.

48.      Wenn Einzelnen (oft mit Kenntnis von Kartellen oder eines anderen wettbewerbswidrigen Verhaltens aus erster Hand) effektive zivilrechtliche Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen, steigt zum einen die Wahrscheinlichkeit, dass eine größere Zahl von illegalen Wettbewerbsbeschränkungen erfasst wird und dass die Rechtsverletzer zur Verantwortung gezogen werden(25). Mit anderen Worten, das Risiko, entdeckt zu werden, steigt erheblich. Zum anderen kann, auch wenn die Abschreckungswirkung einer einzelnen Schadensersatzklage wohl zu vernachlässigen ist, die Zahl der potenziellen Kläger – zusammen mit dem erhöhten Risiko, entlarvt zu werden – erklären, weshalb zivilrechtliche Durchsetzungsmechanismen (wie Schadensersatzklagen) eine effektive Maßnahme darstellen, um die Einhaltung der Wettbewerbsregeln sicherzustellen(26).

49.      Zweitens sollte man sich vergegenwärtigen, dass der Schaden, der durch wettbewerbswidriges Verhalten entsteht, in der Regel rein wirtschaftlicher Natur ist. Es dürfte zwar vergleichsweise leicht sein, den unmittelbaren wirtschaftlichen Schaden für bestimmte Personen zu identifizieren und nachzuweisen. Man darf aber nicht übersehen, dass Verletzungen des Wettbewerbsrechts auch einen mittelbaren Schaden nach sich ziehen und allgemein negative Auswirkungen auf die Struktur und die Funktionsfähigkeit des Marktes haben. Es muss nicht erwähnt werden, dass die Quantifizierung oder der Nachweis dieses Schadens, geschweige denn seines Kausalzusammenhangs, anhand einer kontrafaktischen Ereigniskette einen Schwall von Problemen auslöst.

50.      Aber der eigentliche fundamentale Schaden, der durch illegale Wettbewerbsbeschränkungen entsteht, ist der durch sie hervorgerufene Wohlfahrtsverlust, d. h. ein Verlust an wirtschaftlicher Effizienz, der durch das jeweilige wettbewerbswidrige Verhalten verursacht wird. Das bedeutet, dass der Schaden, der durch die wettbewerbsrechtlichen Schadensersatzklagen aufgezeigt wird, in Wirklichkeit stellvertretend für die wirtschaftlichen Defizite steht, die durch einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht verursacht werden, und für den damit einhergehenden Verlust für die Gesellschaft als Ganzes, nämlich die Schwächung von Verbraucherinteressen. Im Ergebnis ist die Wiedergutmachungsfunktion einer wettbewerbsrechtlichen Schadensersatzklage also nach meiner Ansicht verglichen mit seiner Abschreckungsfunktion zweitrangig.

51.      Vor dem Hintergrund dieser Anmerkungen werde ich mich nun den Vorlagefragen des Korkein oikeus (Oberster Gerichtshof) im Einzelnen zuwenden.

B.      Zu den Vorlagefragen

52.      Das vorlegende Gericht hat dem Gerichtshof drei Fragen vorgelegt, von denen zwei alternativ gestellt wurden, je nach Beantwortung der ersten Vorlagefrage. Alle drei Fragen beziehen sich aufeinander und betreffen die Klärung eines einzigen Problems: Verlangt das Unionsrecht, dass ein Einzelner das Recht haben muss, in einem zivilrechtlichen Verfahren vor einem nationalen Gericht den Ersatz des Schadens geltend machen zu können, der durch eine Verletzung des Wettbewerbsrechts der Union entstanden ist, und zwar gegen ein Unternehmen, das die Geschäftstätigkeit eines Kartellteilnehmers fortgesetzt hat? Mit anderen Worten: Findet der Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität in diesem Zusammenhang Anwendung?

53.      Nach meiner Ansicht muss diese Frage bejaht werden.

54.      Zur Begründung werde ich die erste und die zweite Vorlagefrage nacheinander behandeln.

1.      Die Bestimmung des schadensersatzpflichtigen Personenkreises ist Aufgabe des Unionsrechts

55.      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob sich die Personen, die zum Ersatz eines Schadens verpflichtet sind, der durch ein gegen Art. 101 AEUV verstoßendes Verhalten entstanden ist, anhand des Unionsrechts oder anhand des nationalen Rechts bestimmen.

56.      Die in der vorliegenden Rechtssache eingereichten schriftlichen Erklärungen sprechen sich größtenteils dafür aus, dass die Schadensersatzpflichtigen anhand des nationalen Rechts zu bestimmen sind. Der dahin gehende Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten werde durch den Äquivalenz- und den Effektivitätsgrundsatz begrenzt.

57.      Ich teile diese Ansicht nicht.

58.      Einerseits erzeugt Art. 101 AEUV durch seine unmittelbare Wirkung Rechtsfolgen für die Beziehungen zwischen Einzelnen und lässt damit in deren Person Rechte entstehen, die die Gerichte der Mitgliedstaaten zu wahren haben. Wie bereits oben erwähnt, hat der Gerichtshof aus der unmittelbaren Wirkung von Art. 101 AEUV das Recht – jedes Einzelnen – abgeleitet, den Ersatz eines durch Verletzung dieser Bestimmung entstandenen Schadens verlangen zu können. Andererseits hat der Gerichtshof in diesem Zusammenhang mehrfach festgestellt, dass die genauen Voraussetzungen für die Ausübung dieses Rechts von den Mitgliedstaaten festzulegen sind, die dabei die (Mindest‑)Anforderungen an Äquivalenz und Effektivität zu beachten haben(27).

59.      Ist die Bestimmung der zum Ersatz des durch eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht der Union verursachten Schadens Verpflichteten eine solche genaue Voraussetzung für die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs? Oder ist sie eine haftungsbegründende Bedingung des Unionsrechts?

60.      Nach meiner Auffassung ist sie eine haftungsbegründende Bedingung des Unionsrechts.

61.      Die Bestimmung der Ersatzpflichtigen ist weder eine Frage der konkreten Anwendung eines Schadensersatzanspruchs noch eine Regelung zur konkreten Durchsetzung des Anspruchs. Die Bestimmung der Ersatzpflichtigen ist die andere Seite der Medaille eines Schadensersatzanspruchs wegen der Verletzung des Wettbewerbsrechts der Union. Die Existenz eines solchen Anspruchs auf Grundlage von Art. 101 AEUV setzt schlichtweg voraus, dass eine rechtliche Verpflichtung existiert, die verletzt worden ist(28). Sie setzt außerdem voraus, dass eine Person für diese Verletzung haftbar gemacht werden kann.

62.      Diese haftende Person kann aus Art. 101 AEUV abgeleitet werden, eine Bestimmung, die auf Unternehmen Anwendung findet. Denn die Adressaten der Verbotsregelung in Art. 101 AEUV sind Unternehmen, ein Begriff, mit dem der Gerichtshof im Zusammenhang mit der öffentlich-rechtlichen Rechtsdurchsetzung und der Verhängung von Bußgeldern flexibel umgegangen ist.

63.      Gemäß den Leitsätzen in der Rechtsprechung umfasst der Unternehmensbegriff jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einrichtung unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung. Verstößt eine solche Einrichtung gegen die Wettbewerbsregeln der Union, hat sie nach dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit für diese Zuwiderhandlung einzustehen(29).

64.      Vor diesem Hintergrund fällt es mir schwer, einen stichhaltigen Grund dafür zu finden, weshalb im Rahmen der zivilrechtlichen Haftung die Bestimmung der schadensersatzpflichtigen Personen auf anderer Grundlage entschieden werden sollte. Ganz im Gegenteil.

65.      In der mündlichen Verhandlung trug die Kommission vor, dass das bisherige Schweigen des Gerichtshofs in seiner Rechtsprechung und der Umstand, dass die Richtlinie 2014/104 die gesamtschuldnerische Haftung von Unternehmen für den Schaden aus wettbewerbswidrigem Verhalten nunmehr ausdrücklich erwähne(30), darauf hinwiesen, dass die Bestimmung der Ersatzpflichtigen vorbehaltlich der Beachtung des Äquivalenz- und des Effektivitätsgrundsatzes Sache des nationalen Rechts sei. Dass der Gerichtshof bisher keine Möglichkeit hatte, diese Frage zu klären – oder dass der Unionsgesetzgeber eine Bestimmung zur gesamtschuldnerischen Haftung von Unternehmen in die Richtlinie aufgenommen hat –, sagt jedoch nichts über die gesetzliche Grundlage, anhand derer die Ersatzpflichtigen zu bestimmen sind, oder gar über die Grundsätze, die bei der Bestimmung dieser Personen Anwendung finden.

66.      Die Bestimmung der Ersatzpflichtigen berührt unmittelbar die eigentliche Existenz des Schadensersatzanspruchs. Als solche ist sie eine Frage von grundlegender Bedeutung, gleich derjenigen des Anspruchs auf Schadensersatz selbst. Mit anderen Worten, ebenso wie für den ursächlichen Zusammenhang – eine andere haftungsbegründende Voraussetzung – bestimmen sich die Ersatzpflichtigen anhand des Unionsrechts.

67.      Die haftungsbegründenden Voraussetzungen müssen einheitlich sein(31). Wiche der Personenkreis der Ersatzpflichtigen in einem Mitgliedstaat von dem in einem anderen Mitgliedstaat ab, bestünde offenkundig die Gefahr der Ungleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer, je nachdem, welches nationale Rechtssystem mit dem Schadensersatzanspruch befasst ist. Überließe man die Bestimmung der Ersatzpflichtigen dem Ermessen der Mitgliedstaaten, könnte dies aus Sicht der effektiven Durchsetzung des Wettbewerbsrechts der Union dem Schadensersatzanspruch enge Grenzen setzen. Des Weiteren liefen verschiedene Regelungen in den Mitgliedstaaten zu der Frage, ob ein Schadensersatzanspruch überhaupt besteht, nicht nur einem grundlegenden Ziel des Wettbewerbsrechts der Union zuwider, nämlich der Schaffung von möglichst einheitlichen Rahmenbedingungen für alle auf dem Binnenmarkt tätigen Unternehmen, sondern wären gleichzeitig eine Aufforderung zum Forum-Shopping(32).

68.      Im Ergebnis hätte eine solche Lösung eine nachteilige Wirkung auf die Abschreckungsfunktion von Schadensersatzansprüchen und damit auch auf die Effektivität der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts der Union, ein Ziel, dem der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung besondere Bedeutung einräumt.

69.      Daher sollte bei einer zivilrechtlichen Klage auf Schadensersatz vor einem nationalen Gericht die Person, die für den durch eine Verletzung des Wettbewerbsrechts der Union verursachten Schadens einzustehen hat, anhand des Unionsrechts mit Bezug auf Art. 101 AEUV (oder gegebenenfalls Art. 102 AEUV) bestimmt werden.

70.      Bedeutet das, dass im Rahmen einer wettbewerbsrechtlichen Schadensersatzklage vor einem nationalen Gericht bei der Bestimmung der ersatzpflichtigen Person der Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität Anwendung findet?

2.      Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität bei der Bestimmung der ersatzpflichtigen Person im Rahmen einer zivilrechtlichen Klage auf Schadensersatz wegen einer Verletzung des Wettbewerbsrechts

71.      Mit seiner zweiten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Bestimmung der schadensersatzpflichtigen Person denselben Kriterien unterliegt, die der Gerichtshof für die Verhängung von Bußgeldern aufgestellt hat.

72.      Es ist sinnvoll, zu Anfang kurz die wesentlichen Grundzüge der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität darzustellen, die – dies sollte man sich in Erinnerung rufen – im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Durchsetzung des Wettbewerbsrechts der Union entwickelt worden sind.

73.      Der Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität ist Ausdruck der weiten Definition des Unternehmensbegriffs im Wettbewerbsrecht der Union. Er findet insbesondere dann Anwendung, wenn die Einrichtung, die die Zuwiderhandlung begangen hat, rechtlich oder wirtschaftlich nicht länger besteht. Wie der Gerichtshof bereits erläutert hat, fiele die Abschreckungswirkung einer Sanktion weg, wenn sie gegen ein Unternehmen, das rechtlich weiterbesteht, aber seine Geschäftsaktivität beendet hat, festgesetzt würde(33).

74.      Allgemein gesehen – auch wenn die persönliche Verantwortlichkeit die Grundregel bleibt – besteht der Sinn hinter der Ausweitung der Haftung auf eine Einrichtung, die die Geschäftstätigkeit derjenigen Einrichtung weiterführt, die das Wettbewerbsrecht der Union verletzt hat, darin, dass Unternehmen andernfalls Sanktionen entgehen könnten, indem sie ihre Identität durch Umstrukturierung, Verkauf oder andere rechtliche oder strukturelle Veränderungen ändern. Dies liefe dem Ziel zuwider, Verhaltensweisen, die das Wettbewerbsrecht verletzen, zu unterbinden und deren Wiederauftreten durch abschreckende Sanktionen zu verhindern(34).

75.      Daher hat aus Sicht des Wettbewerbsrechts der Union eine rechtliche oder organisatorische Änderung nicht zwingend zur Folge, dass ein neues, von der Haftung für wettbewerbswidrige Handlungen seines Vorgängers befreites Unternehmen entsteht, sofern die beiden Einrichtungen wirtschaftlich gesehen identisch sind. In dieser Hinsicht kommt auch der Rechtsform der Einrichtung, die eine Zuwiderhandlung begangen hat, und der ihres Rechtsnachfolgers nach Ansicht des Gerichtshofs keine Bedeutung zu(35). Der Grund dafür ist, dass die Einrichtung aus wirtschaftlicher Sicht dieselbe bleibt.

76.      Nach meiner Auffassung gelten die Argumente, die im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Durchsetzung des Wettbewerbsrechts vorgetragen werden, um die weite Auslegung des Unternehmensbegriffs – und des damit unmittelbar zusammenhängenden Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität – zu rechtfertigen, auch im Zusammenhang mit der Geltendmachung eines zivilrechtlichen Anspruchs auf Ersatz des durch die Verletzung des Wettbewerbsrechts der Union verursachten Schadens. Der Grund dafür ist, dass eine zivilrechtliche Schadensersatzklage – ebenso wie die öffentlich-rechtliche Durchsetzung des Wettbewerbsrechts durch die Wettbewerbsbehörden – die Funktion hat (wenn auch durch einen anderen Wirkungsmechanismus), Unternehmen von der Beteiligung an wettbewerbswidrigem Verhalten abzuhalten. Wie auch die Stadt Vantaa betont hat, bilden die öffentlich-rechtliche und die zivilrechtliche Durchsetzung des Wettbewerbsrechts der Union zusammen nämlich ein vollständiges Rechtsdurchsetzungssystem, das aus zwei zusammengehörigen Teilen besteht.

77.      Würde der Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität im Rahmen der Schadensersatzklage nicht angewendet, würde das Abschreckungselement, das ein jedem Einzelnen zustehender Anspruch auf Ersatz des durch die Verletzung des Wettbewerbsrechts der Union verursachten Schadens mit sich bringt, erheblich geschwächt.

78.      Wie der vorliegende Fall zeigt, könnten Unternehmen außerdem die zivilrechtliche Haftung durch gesellschaftsrechtliche oder andere Arten von Arrangements umgehen, so dass es für Einzelne praktisch unmöglich würde, das ihnen in Art. 101 AEUV verliehene Recht auf Schadensersatz auszuüben. Dazu haben Skanska, NCC Industry und Asfaltmix vor dem Gerichtshof vorgetragen, dass die Stadt Vantaa auch Schadensersatz von den nunmehr aufgelösten Unternehmen hätte geltend machen können. Obwohl das finnische Unternehmensrecht einem Geschädigten offenbar tatsächlich einen solchen Anspruch gewährt, ist es schwierig sich vorzustellen, wie ein solcher Anspruch den Ersatz des Schadens für einen Einzelnen effektiv sicherstellen kann: Jeder weiß, dass man einem nackten Mann nicht in die Tasche greifen kann.

79.      Sicher erscheint es problematisch, dass ein Unternehmen für den Schaden einstehen muss, den ein anderes (aufgelöstes) Unternehmen durch sein wettbewerbswidriges Verhalten verursacht hat, nur weil ersteres die Geschäftstätigkeit des Verursachers weiterführt. Man könnte daher argumentieren, dass die Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität auf einen Schadensersatzanspruch die zivilrechtliche Logik eines solchen Anspruchs auf den Kopf stellt, gerade wenn der Verursacher und der Ersatzpflichtige (rechtlich) nicht dieselbe Person sind.

80.      Doch nach meiner Ansicht ist an dieser Lösung nichts außergewöhnlich oder irgendwie überraschend. Wie ich oben dargelegt habe, bilden wettbewerbsrechtliche Schadensersatzklagen einen integralen Bestandteil des Systems zur Durchsetzung des Wettbewerbsrechts der Union, das (als Ganzes) in erster Linie darauf abzielt, Unternehmen von der Beteiligung an wettbewerbswidrigem Verhalten abzuhalten. In diesem System ist die Haftung an Vermögenswerte und nicht an eine bestimmte Rechtspersönlichkeit geknüpft. Aus wirtschaftlicher Sicht haftet daher dasselbe Unternehmen, das auch die Verletzung verursacht hat, sowohl für die öffentlich-rechtlichen Sanktionen als auch für den zivilrechtlichen Schadensersatz. In Anbetracht der Tatsache, dass sich öffentlich-rechtliche und zivilrechtliche Rechtsdurchsetzung ergänzen und zusammengehörige Teile eines Ganzen bilden, wäre eine Lösung, bei der die Auslegung des Unternehmensbegriffs davon abhinge, welcher Mechanismus für die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts der Union gewählt wird, nicht haltbar.

81.      Daher bin ich der Ansicht, dass Art. 101 AEUV dahin auszulegen ist, dass bei der Bestimmung des Ersatzpflichtigen für Schäden, die durch die Verletzung dieser Bestimmung verursacht werden, der Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität angewendet werden muss, so dass ein Einzelner im Rahmen einer zivilrechtlichen Klage vor einem nationalen Gericht Schadensersatz von einem Unternehmen geltend machen kann, das die Geschäftstätigkeit eines Kartellbeteiligten fortgesetzt hat.

82.      Vor einem Endergebnis ist jedoch noch eine letzte Bemerkung nötig, die durch die Argumente von NCC Industry in der mündlichen Verhandlung veranlasst worden ist.

83.      In ihrem mündlichen Vorbringen hat NCC Industry den Gerichtshof ersucht, die Wirkung des Urteils zeitlich zu begrenzen, falls er zu dem Ergebnis kommen sollte, dass der Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität bei der Bestimmung des ersatzpflichtigen Personenkreises im Rahmen einer wettbewerbsrechtlichen Schadensersatzklage anzuwenden ist. Dieses Ersuchen gründete jedoch auf einer allgemeinen und ungenügend substantiierten Behauptung hinsichtlich der finanziellen Konsequenzen, die eine solche Auslegung für die Marktteilnehmer hätte, die sich an Unternehmenskäufen beteiligt haben. Daher sollte dieses Ersuchen ohne Weiteres abgelehnt werden, ohne dass im Einzelnen geprüft zu werden braucht, ob die zwei in der Rechtsprechung entwickelten kumulativen Voraussetzungen für eine zeitliche Begrenzung der Wirkung eines Urteils in der vorliegenden Rechtssache vorliegen(36).

IV.    Ergebnis

84.      In Anbetracht aller vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorabentscheidungsfragen des Korkein oikeus (Oberster Gerichtshof, Finnland) wie folgt zu antworten:

Art. 101 AEUV ist dahin auszulegen, dass bei der Bestimmung des Ersatzpflichtigen für Schäden, die durch die Verletzung dieser Bestimmung verursacht werden, der Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität angewendet werden muss, so dass ein Einzelner im Rahmen einer zivilrechtlichen Klage vor einem nationalen Gericht Schadensersatz von einem Unternehmen geltend machen kann, das die Geschäftstätigkeit eines Kartellbeteiligten fortgesetzt hat.


1      Originalsprache: Englisch.


2      Schlussanträge des Generalanwalts Van Gerven in der Rechtssache Banks (C‑128/92, EU:C:1993:860).


3      Vgl. vor allem Urteile vom 20. September 2001, Courage und Crehan (C‑453/99, EU:C:2001:465), sowie vom 13. Juli 2006, Manfredi u. a. (C‑295/04 bis C‑298/04, EU:C:2006:461).


4      Richtlinie 2014/104/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. November 2014 über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union (ABl. 2014, L 349, S. 1).


5      Für eine frühe Erwähnung des Grundsatzes vgl. Urteil vom 28. März 1984, Compagnie Royale Asturienne des Mines und Rheinzink/Kommission (29/83 und 30/83, EU:C:1984:130, Rn. 9). Für jüngere Beispiele vgl. Urteile vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni (C‑49/92 P, EU:C:1999:356, Rn. 145), vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission (C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 59), vom 11. Dezember 2007, ETI u. a. (C‑280/06, EU:C:2007:775, Rn. 45 und 46), sowie vom 18. Dezember 2014, Kommission/Parker Hannifin Manufacturing und Parker-Hannifin (C‑434/13 P, EU:C:2014:2456, Rn. 39 und 40).


6      Urteile vom 20. September 2001, Courage und Crehan (C‑453/99, EU:C:2001:465 Rn. 26), sowie vom 13. Juli 2006, Manfredi u. a. (C‑295/04 bis C‑298/04, EU:C:2006:461, Rn. 60).


7      Vgl. z. B. Urteile vom 13. Juli 2006, Manfredi u. a. (C‑295/04 bis C‑298/04, EU:C:2006:461, Rn. 95 bis 97), vom 14. Juni 2011, Pfleiderer (C‑360/09, EU:C:2011:389, Rn. 32), sowie vom 5. Juni 2014, Kone u. a. (C‑557/12, EU:C:2014:1317, Rn. 37).


8      Vgl. insbesondere Urteil vom 13. Juli 2006, Manfredi u. a. (C‑295/04 bis C‑298/04, EU:C:2006:461, Rn. 95 und 96 und die dort angeführte Rechtsprechung).


9      Urteil vom 20. September 2001, Courage und Crehan (C‑453/99, EU:C:2001:465).


10      Urteil vom 13. Juli 2006, Manfredi u. a. (C‑295/04 bis C‑298/04, EU:C:2006:461).


11      Bereits vor dem Urteil vom 20. September 2001, Courage und Crehan (C‑453/99, EU:C:2001:465), hat der Gerichtshof die unmittelbare Wirkung der Regelungen, die sich heute in den Art. 101 und 102 AEUV finden, anerkannt. Vgl. Urteile vom 30. Januar 1974, BRT und Société belge des auteurs, compositeurs et éditeurs (127/73, EU:C:1974:6, Rn. 16), und vom 18. März 1997, Guérin automobiles/Kommission (C‑282/95 P, EU:C:1997:159, Rn. 39).


12      Urteile vom 20. September 2001, Courage und Crehan (C‑453/99, EU:C:2001:465, Rn. 24 bis 26), sowie vom 13. Juli 2006, Manfredi u. a. (C‑295/04 bis C‑298/04, EU:C:2006:461, Rn. 59).


13      Urteile vom 20. September 2001, Courage und Crehan (C‑453/99, EU:C:2001:465, Rn. 27), sowie vom 13. Juli 2006, Manfredi u. a. (C‑295/04 bis C‑298/04, EU:C:2006:461, Rn. 91). Vgl. außerdem Urteile vom 14. Juni 2011, Pfleiderer (C‑360/09, EU:C:2011:389, Rn. 29), vom 6. November 2012, Otis u. a. (C‑199/11, EU:C:2012:684, Rn. 42), vom 6. Juni 2013, Donau Chemie u. a. (C‑536/11, EU:C:2013:366, Rn. 23), sowie vom 5. Juni 2014, Kone u. a. (C‑557/12, EU:C:2014:1317, Rn. 23).


14      Urteil vom 13. Juli 2006, Manfredi u. a. (C‑295/04 bis C‑298/04, EU:C:2006:461, Rn. 62).


15      Urteile vom 20. September 2001, Courage und Crehan (C‑453/99, EU:C:2001:465, Rn. 29), sowie vom 13. Juli 2006, Manfredi u. a. (C‑295/04 bis C‑298/04, EU:C:2006:46164, Rn. 62).


16      Urteil vom 5. Juni 2014, Kone u. a. (C‑557/12, EU:C:2014:1317).


17      Urteil vom 5. Juni 2014, Kone u. a. (C‑557/12, EU:C:2014:1317, Rn. 37).


18      Urteil vom 5. Juni 2014, Kone u. a. (C‑557/12, EU:C:2014:1317, Rn. 24 und 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).


19      Urteil vom 5. Juni 2014, Kone u. a. (C‑557/12, EU:C:2014:1317, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).


20      Urteil vom 5. Juni 2014, Kone u. a. (C‑557/12, EU:C:2014:1317, Rn. 27 ff. und insbesondere Rn. 34). Zum Vergleich: zur Anwendung des Äquivalenz- und des Effektivitätsgrundsatzes Urteile vom 14. Juni 2011, Pfleiderer (C‑360/09, EU:C:2011:389, Rn. 30 bis 32), sowie vom 6. Juni 2013, Donau Chemie u. a. (C‑536/11, EU:C:2013:366, Rn. 32 bis 34).


21      Dies hat Generalanwältin Kokott das Wie des Schadensersatzanspruchs genannt. Vgl. Schlussanträge von Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Kone u. a. (C‑557/12, EU:C:2014:45, Nr. 23). Man könnte sogar noch zusätzlich zwischen Wiedergutmachungsregelungen und bloß prozessualen Regelungen unterscheiden wie auch den unionsrechtlichen Voraussetzungen, die solche Regelungen erfüllen müssen. In diesem Sinne vgl. Van Gerven, W., „Of rights, remedies and procedures“, Common Market Law Review, Bd. 37, 2000, 501–536, Rn. 503 und 504.


22      Schlussanträge von Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Kone u. a. (C‑557/12, EU:C:2014:45, Nrn. 31 ff.).


23      Sunstein, C., One case at a time: judicial minimalism on the Supreme Court, Harvard, Harvard University Press, 1999. Zur Zurückhaltung in der Rechtsprechung der Union vgl. Sarmiento, D., „Half a case at a time: dealing with judicial minimalism at the European Court of Justice“, in Claes, M., u. a., Constitutional conversations, Cambridge, Intersentia, 2012, 11–40.


24      Urteil vom 5. Juni 2014, Kone u. a. (C‑557/12, EU:C:2014:1317, Rn. 37).


25      Auch wenn die Kommission die Entschädigungsfunktion der Schadensersatzansprüche betont, erkennt sie gleichwohl deren Nutzen zur Abschreckung von Unternehmen von der Beteiligung an wettbewerbsbeschränkendem Verhalten an. Vgl. dazu Weißbuch der Kommission zu Schadensersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts, KOM(2008) 165 endg., S. 3 mit weiteren Nachweisen. Abrufbar unter: http://ec.europa.eu/competition/antitrust/actionsdamages/files_white_paper/whitepaper_de.pdf (abgerufen am 22. Januar 2019).


26      Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Van Gerven in der Rechtssache Banks (C‑128/92, EU:C:1993:860, Nr. 44).


27      Insbesondere Urteile vom 20. September 2001, Courage und Crehan (C‑453/99, EU:C:2001:465, Rn. 24 und 29), sowie vom 13. Juli 2006, Manfredi u. a. (C‑295/04 bis C‑298/04, EU:C:2006:461, Rn. 61 und 62). Vgl. außerdem Urteile vom 14. Juni 2011, Pfleiderer (C‑360/09, EU:C:2011:389, Rn. 29 und 30), vom 6. Juni 2013, Donau Chemie u. a. (C‑536/11, EU:C:2013:366, Rn. 23 und 27), sowie vom 5. Juni 2014, Kone u. a. (C‑557/12, EU:C:2014:1317, Rn. 23 und 24).


28      Das Konzept, dass zwischen einem Recht und einer Verpflichtung eine Verbindung besteht, geht auf Hohfeld zurück. Vgl. Hohfeld, W., „Some Fundamental Legal Conceptions as Applied in Judicial Reasoning“, Yale Law Journal, Bd. 23, 1913, 16–59, Rn. 30 bis 32. Vgl. auch Van Gerven, W., „Of rights, remedies and procedures“, Common Market Law Review, Bd. 37, 2000, 501–536, Rn. 524.


29      Vgl. z. B. Urteile vom 11. Dezember 2007, ETI u. a. (C‑280/06, EU:C:2007:775, Rn. 38 und 39 und die dort angeführte Rechtsprechung), vom 13. Juni 2013, Versalis/Kommission (C‑511/11 P, EU:C:2013:386, Rn. 51), sowie vom 18. Dezember 2014, Kommission/Parker Hannifin Manufacturing und Parker-Hannifin (C‑434/13 P, EU:C:2014:2456, Rn. 39).


30      Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2014/104 lautet: „Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Unternehmen, die durch gemeinschaftliches Handeln gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen haben, gesamtschuldnerisch für den durch diese Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht verursachten Schaden haften, mit der Wirkung, dass jedes dieser Unternehmen zum vollständigen Ersatz des Schadens verpflichtet ist, und der Geschädigte das Recht hat, von jedem von ihnen vollständigen Schadensersatz zu verlangen, bis der Schaden vollständig ersetzt ist.“


31      Zu diesen Voraussetzungen (das Vorliegen eines Schadens, ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Schaden und der Handlung und die Rechtswidrigkeit dieser Handlung) vgl. Schlussanträge von Generalanwalt Van Gerven in der Rechtssache Banks (C‑128/92, EU:C:1993:860, Nrn. 49 bis 54). In dieser Analyse scheinen diejenigen Unternehmen implizit als die ersatzpflichtigen Personen identifiziert zu werden, die sich an dem rechtswidrigen Verhalten beteiligt haben.


32      Zu einer ähnlichen Argumentation hinsichtlich der Frage des ursächlichen Zusammenhangs vgl. Schlussanträge von Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Kone u. a. (C‑557/12, EU:C:2014:45, Nr. 29).


33      Urteil vom 11. Dezember 2007, ETI u. a. (C‑280/06, EU:C:2007:775, Rn. 40 und 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).


34      Vgl. u. a. Urteile vom 11. Dezember 2007, ETI u. a. (C‑280/06, EU:C:2007:775, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung), sowie vom 18. Dezember 2014, Kommission/Parker Hannifin Manufacturing und Parker-Hannifin (C‑434/13 P, EU:C:2014:2456, Rn. 40).


35      Urteil vom 11. Dezember 2007, ETI u. a. (C‑280/06, EU:C:2007:775, Rn. 43).


36      Zu diesen Voraussetzungen vgl. z. B. Urteil vom 22. September 2016, Microsoft Mobile Sales International u. a. (C‑110/15, EU:C:2016:717, Rn. 59 bis 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).