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Vorabentscheidungsersuchen des Sąd Okręgowy w Gdańsku (Polen), eingereicht am 16. Januar 2020 – I. W., R. W./Bank BPH S.A.

(Rechtssache C-19/20)

Verfahrenssprache: Polnisch

Vorlegendes Gericht

Sąd Okręgowy w Gdańsku

Parteien des Ausgangsverfahrens

Kläger: I. W., R. W.

Beklagte: Bank BPH S.A.

Vorlagefragen

Ist Art. 3 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 sowie Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG1 des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen dahin auszulegen, dass das nationale Gericht verpflichtet ist, die Missbräuchlichkeit (im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie) einer Klausel eines mit einem Verbraucher geschlossenen Vertrags auch dann festzustellen, wenn die Klausel zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung infolge einer von den Parteien durch einen Nachtrag vorgenommenen Vertragsänderung in einer Weise geändert wurde, die die Missbräuchlichkeit entfallen lässt, während die Feststellung der Missbräuchlichkeit der Klausel in ihrer ursprünglichen Fassung den Vertrag insgesamt zu Fall bringen (seine Nichtigkeit herbeiführen) kann?

Ist Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 sowie Art. 2 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen dahin auszulegen, dass er dem nationalen Gericht die Feststellung erlaubt, dass nur einige Bestandteile der Vertragsklausel, die die Festlegung des Wechselkurses durch die Bank für die Währung regelt, an die der dem Verbraucher gewährte Kredit gekoppelt ist (wie im Ausgangsverfahren), missbräuchlich sind, indem es die Bestimmung für nichtig erklärt, die die einseitige und unklare Festlegung der Gewinnspanne der Bank regelt, die den Wechselkurs mitbestimmt, wohingegen die eindeutige Bestimmung, die an den mittleren Wechselkurs der Zentralbank (Narodowy Bank Polski) anknüpft, aufrechterhalten bleibt, wobei es nicht erforderlich ist, die für nichtig erklärte Bestimmung durch irgendwelche Rechtsvorschriften zu ersetzen, und ein tatsächliches Gleichgewicht zwischen dem Verbraucher und dem Gewerbetreibenden wiederhergestellt wird, die Bestimmung, die die Erfüllung der Verpflichtung durch den Verbraucher betrifft, dadurch jedoch in ihrem Wesen zu dessen Gunsten geändert wird?

Ist Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen dahin auszulegen, dass, selbst wenn der nationale Gesetzgeber Maßnahmen vorsieht, die einer beständigen Anwendung von missbräuchlichen Klauseln entgegenwirken sollen, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen, indem Bestimmungen eingeführt werden, die die Banken dazu verpflichten, die Art und Weise sowie die Termine der Festlegung des Wechselkurses, auf dessen Grundlage der Kreditbetrag berechnet wird, die Raten zur Tilgung des Kapitals und der Zinsen sowie die Regeln für die Umrechnung in die Währung, in der der Kredit ausgezahlt bzw. zurückgezahlt wird, detailliert zu bestimmen, das öffentliche Interesse dem entgegensteht, dass nur einige Bestandteile einer Vertragsklausel in der in der zweiten Frage beschriebenen Art und Weise für missbräuchlich erachtet werden?

Ist die Unverbindlichkeit des Vertrags, von der in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen die Rede ist, die auf dem Wegfall der missbräuchlichen Klauseln gemäß Art. 2 Buchst. a in Verbindung mit Art. 3 der Richtlinie beruht, in der Weise auszulegen, dass es sich dabei um eine Sanktion handelt, die als Folge einer konstitutiven Entscheidung des Gerichts, die auf einen ausdrücklichen Antrag des Verbrauchers hin erlassen wird, mit Ex-tunc-Wirkung ab Vertragsschluss eintreten kann, während die Restitutionsansprüche des Verbrauchers und des Gewerbetreibenden mit Rechtskraft des Urteils fällig werden?

Ist Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen in Verbindung mit Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 30. März 2010 dahin auszulegen, dass er das nationale Gericht dazu verpflichtet, den Verbraucher, der die Feststellung der Nichtigkeit des Vertrags wegen des Wegfalls missbräuchlicher Klauseln beantragt hat, auf die Rechtsfolgen einer solchen Entscheidung, insbesondere auch auf die möglichen Restitutionsansprüche des Gewerbetreibenden (der Bank), hinzuweisen, selbst wenn in dem betreffenden Verfahren keine angemeldet wurden oder ihre Begründetheit nicht eindeutig ist, und zwar selbst dann, wenn der Verbraucher durch einen professionellen Bevollmächtigten vertreten wird?

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1 ABl. 1993, L 95, S. 29.