Language of document : ECLI:EU:F:2013:31

URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST DER EUROPÄISCHEN UNION (Dritte Kammer)

6. März 2013(*)

„Öffentlicher Dienst – Bediensteter auf Zeit – Kündigung eines auf unbestimmte Dauer geschlossenen Vertrags eines Bediensteten auf Zeit – Berechtigter Grund“

In der Rechtssache F‑41/12

betreffend eine Klage nach Art. 270 AEUV, der nach Art. 106a EA auch für den EAG-Vertrag gilt,

Séverine Scheefer, ehemalige Bedienstete auf Zeit des Europäischen Parlaments, wohnhaft in Luxemburg (Luxemburg), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte R. Adam und P. Ketter,

Klägerin,

gegen

Europäisches Parlament, vertreten durch V. Montebello-Demogeot und M. Ecker als Bevollmächtigte,

Beklagter,

erlässt

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
(Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Van Raepenbusch (Berichterstatter) sowie der Richterin I. Boruta und des Richters R. Barents,

Kanzler: J. Tomac, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2012

folgendes

Urteil

1        Mit Klageschrift, die am 21. März 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, beantragt die Klägerin im Wesentlichen die Aufhebung der Entscheidung des Europäischen Parlaments vom 20. Juni 2011, mit der ihr auf unbestimmte Dauer geschlossener Vertrag als Bedienstete auf Zeit gekündigt wurde, und die Verurteilung des Parlaments zur Leistung von Schadensersatz.

 Rechtlicher Rahmen

2        Art. 29 Abs. 2 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) bestimmt:

„Bei der Einstellung von höheren Führungskräften (Generaldirektoren oder gleichrangige Beamte der Besoldungsgruppen AD 16 oder AD 15 und Direktoren oder gleichrangige Beamte der Besoldungsgruppen AD 15 oder AD 14) sowie in Ausnahmefällen für Dienstposten, die besondere Fachkenntnisse erfordern, kann die Anstellungsbehörde ein anderes Verfahren als das Auswahlverfahren anwenden.“

3        Art. 2 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union (im Folgenden: BSB) sieht vor:

„Bediensteter auf Zeit im Sinne dieser Beschäftigungsbedingungen ist:

a) der Bedienstete, der zur Besetzung einer Planstelle eingestellt wird, die in dem dem Einzelplan des Haushaltsplans für jedes Organ beigefügten Stellenplan aufgeführt und von den für die Feststellung des Haushaltsplans zuständigen Organen auf Zeit eingerichtet worden ist;

…“

4        Art. 47 der BSB bestimmt:

„Das Beschäftigungsverhältnis des Bediensteten auf Zeit endet, außer im Falle des Todes:

c) bei Verträgen auf unbestimmte Dauer:

i) nach Ablauf der im Vertrag vorgesehenen Kündigungsfrist; die Kündigungsfrist darf nicht weniger als einen Monat je Jahr der abgeleisteten Dienstzeit betragen; sie beträgt mindestens drei Monate und höchstens zehn Monate. Die Kündigungsfrist darf jedoch nicht während eines Mutterschaftsurlaubs beginnen oder während eines Krankheitsurlaubs, soweit dieser einen Zeitraum von drei Monaten nicht überschreitet. Außerdem wird die Kündigungsfrist während des Mutterschaftsurlaubs oder des Krankheitsurlaubs in den genannten Grenzen ausgesetzt;

…“

5        Mit der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (ABl. L 175, S. 43) ist die zwischen den allgemeinen branchenübergreifenden Organisationen geschlossene Rahmenvereinbarung vom 18. März 1999 über befristete Arbeitsverträge (im Folgenden: Rahmenvereinbarung) durchgeführt worden.

6        Paragraf 3 dieser Rahmenvereinbarung lautet:

„Im Sinne dieser Vereinbarung ist:

1.      ‚befristet beschäftigter Arbeitnehmer‘ eine Person mit einem direkt zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer geschlossenen Arbeitsvertrag oder ‑verhältnis, dessen Ende durch objektive Bedingungen wie das Erreichen eines bestimmten Datums, die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe oder das Eintreten eines bestimmten Ereignisses bestimmt wird;

…“

7        Art. 7 Abs. 2 bis 4 der vom Präsidium des Parlaments am 3. Mai 2004 beschlossenen internen Regelung für die Einstellung von Beamten und sonstigen Bediensteten (im Folgenden: interne Regelung) bestimmt:

„2. Unbeschadet der für die Beamten geltenden Bestimmungen werden die Bediensteten auf Zeit in zweckdienlicher Reihenfolge unter den geeigneten Bewerbern eines Auswahlverfahrens oder eines gemäß Artikel 29 Absatz 2 des Statuts vorgesehenen Einstellungsverfahrens ausgewählt.

3. Wenn auf diesen Listen keine geeigneten Bewerber verzeichnet sind, werden die Bediensteten auf Zeit eingestellt:

–        im Falle der Bediensteten auf Zeit nach Artikel 2 Buchstabe a) der BSB nach Auswahl durch einen Ad-hoc-Ausschuss, dem ein vom Personalrat benanntes Mitglied angehört,

–        im Falle der Bediensteten auf Zeit nach Artikel 2 Buchstabe b) der BSB nach Stellungnahme des Paritätischen Ausschusses.

4. Abweichend von den vorstehenden Bestimmungen können die Bediensteten auf Zeit nach Artikel 2 Buchstabe a) der BSB gemäß dem in Absatz 3 zweiter Gedankenstrich dieses Artikels vorgesehenen Verfahren eingestellt werden, wenn diese Einstellungen nur die vorläufige Besetzung von Planstellen bis zur Besetzung dieser Stellen gemäß den Bestimmungen von Absatz 3 erster Gedankenstrich dieses Artikels zum Ziel haben.“

 Sachverhalt

8        Mit am 29. März bzw. 4. April 2006 unterzeichnetem Vertrag stellte das Parlament die Klägerin als Bedienstete auf Zeit im Sinne von Art. 2 Buchst. a der BSB für den Zeitraum vom 1. April 2006 bis zum 31. März 2007 ein und wies sie als Ärztin dem ärztlichen Dienst in Luxemburg (Luxemburg) zu.

9        Durch Vertragszusätze vom 23. Februar 2007 und vom 26. März 2008 wurde der Vertrag der Klägerin bis zum 31. März 2009 verlängert.

10      Auf die Frage der Klägerin nach der Möglichkeit, ihre Zusammenarbeit mit dem ärztlichen Dienst des Organs im Rahmen eines unbefristeten Vertrags fortzusetzen, teilte ihr der Generalsekretär des Parlaments am 12. Februar 2009 mit, dass eine solche Möglichkeit nicht bestehe, und bestätigte, dass ihr Vertrag am 31. März 2009 ende.

11      Mit Urteil vom 13. April 2011, Scheefer/Parlament (F‑105/09, im Folgenden: Urteil Scheefer), hat das Gericht die in dem Schreiben vom 12. Februar 2009 enthaltene Entscheidung aufgehoben. In diesem Urteil hat das Gericht entschieden, dass nach Art. 8 Abs. 1 der BSB der Vertrag der Klägerin als zweimal abgeändert gelte, so dass der zweite Vertragszusatz vom 26. März 2008 nach dem Willen des Gesetzgebers ipso iure als unbefristete Einstellung zu qualifizieren sei, mit der Folge, dass das in diesem Zusatz festgelegte Vertragsende die Beschäftigung der Klägerin nicht beenden konnte.

12      In der Zwischenzeit hatte das Parlament am 18. Oktober 2007 die Stellenausschreibung PE/95/S veröffentlicht, in der die Durchführung eines Ausleseverfahrens aufgrund von Befähigungsnachweisen und Prüfungen zur Einstellung einer/eines Bediensteten auf Zeit, Verwaltungsrätin/Verwaltungsrat im ärztlichen Dienst und zur Erstellung einer die vier besten Bewerber umfassenden Eignungsliste angezeigt wurde (ABl. 2007, C 244 A, S. 5, im Folgenden: Ausleseverfahren PE/95/S). Die Klägerin bewarb sich, aber ihre Bewerbung wurde am 28. Januar 2008 mit der Begründung abgelehnt, dass sie nicht über die erforderliche Erfahrung verfüge. Die im Anschluss an dieses Verfahren erstellte Eignungsliste wurde am 16. Mai 2008 festgestellt, und es wurden zwei Ärzte eingestellt, der eine am 1. Mai 2009 und der andere am 1. Juni 2009.

13      Am 24. Mai 2011 informierte das Parlament die Klägerin, dass ihr Vertrag als Bedienstete auf Zeit aufgrund des Urteils Scheefer als unbefristeter Vertrag zu qualifizieren sei, so dass die Beendigung ihrer Tätigkeit zum 31. März 2009 unwirksam sei; sie habe daher Anspruch auf die Auszahlung ihrer Bezüge ab dem 1. April 2009, unter Anrechnung der in diesem Urteil erwähnten Ersatzleistungen, die sie seit diesem Datum bezogen habe.

14      Mit Schreiben vom 14. Juni 2011 informierte die Klägerin das Parlament u. a. darüber, dass sie sich bereithalte, um ihre Tätigkeit baldmöglichst wieder aufzunehmen.

15      Mit Schreiben vom 20. Juni 2011 setzte der Generalsekretär des Parlaments die Klägerin davon in Kenntnis, dass das Parlament ihren unbefristeten Vertrag als Zeitbedienstete mit der Begründung kündige, dass „[ihre] Beschäftigung nicht länger gerechtfertigt [sei], da [das Parlament] mittlerweile über eine Liste geeigneter Bewerber verfüg[e], die den Anforderungen des Art. 7 Abs. 2 der internen Regelung genüg[t]en und [dass] sämtliche freie Stellen für Ärzte im ärztlichen Dienst in Luxemburg auf der Grundlage dieser Liste besetzt worden [seien]“.

16      Die Klägerin legte am 5. August 2011 nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts, der gemäß Art. 46 der BSB auch für Bedienstete auf Zeit gilt, Beschwerde gegen die Kündigung ein, die in dem in der vorstehenden Randnummer erwähnten Schreiben enthalten war. Die Einstellungsbehörde wies diese Beschwerde mit Entscheidung vom 21. Dezember 2011 zurück.

 Anträge der Parteien

17      Die Klägerin beantragt,

–        die Klage für zulässig und begründet zu erklären und dementsprechend

–        die im Schreiben des Generalsekretärs des Parlaments vom 20. Juni 2011 enthaltene Kündigung, „mit allen sich draus ergebenden, auch finanziellen Folgen“ aufzuheben;

–        soweit erforderlich, die Entscheidung vom 21. Dezember 2011 über die Zurückweisung ihrer Beschwerde aufzuheben;

–        „ihre Wiedereinstellung beim Parlament auszusprechen“;

–        hilfsweise, das Parlament zwecks Wiedergutmachung des materiellen Schadens zur Zahlung von 288 000 Euro „entsprechend 36 monatlichen Dienstbezügen … unbeschadet des unter Berücksichtigung der erforderlichen Anpassungen exakt zu berechnenden Betrags oder aber zur Zahlung jedes anderen vom Gericht nach billigem Ermessen bestimmten oder von Sachverständigen festzusetzenden Betrags“ und von 15 000 Euro als Ersatz ihres immateriellen Schadens zu verurteilen;

–        dem Parlament die Kosten aufzuerlegen.

18      Das Parlament beantragt,

–        die Klage als unbegründet abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zu dem Antrag auf Aufhebung der Zurückweisung der Beschwerde und dem Verpflichtungsantrag

19      Die Klägerin begehrt mit gesondertem Antrag die Aufhebung der Entscheidung des Parlaments vom 21. Dezember 2011, mit der ihre Beschwerde zurückgewiesen wurde.

20      Nach ständiger Rechtsprechung bewirkt jedoch ein Aufhebungsantrag, der formal gegen die Entscheidung über die Zurückweisung einer Beschwerde gerichtet ist, in dem Fall, dass diese Entscheidung keinen eigenständigen Gehalt hat, dass das Gericht mit der Maßnahme befasst wird, gegen die die Beschwerde gerichtet ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 17. Januar 1989, Vainker/Parlament, 293/87, Randnr. 8; Urteil Scheefer, Randnr. 21). Im vorliegenden Fall bestätigt die Zurückweisung der Beschwerde vom 21. Dezember 2011 die ursprüngliche, in dem Schreiben vom 20. Juni 2011 enthaltene Entscheidung, den unbefristeten Vertrag der Klägerin zu kündigen, und fügt mit Blick auf die Beschwerde ergänzende Ausführungen hinzu. In diesem Fall ist aber über die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen beschwerenden Entscheidung zu befinden, unter Berücksichtigung der Begründung, die sich aus der Zusammenschau der Entscheidung und der Zurückweisung der Beschwerde ergibt. Der Antrag auf Aufhebung der Zurückweisung der Beschwerde ist daher ohne eigenständige Bedeutung, und die Klage gilt als formell gegen die in dem Schreiben vom 20. Juni 2011 enthaltene Entscheidung (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), in der Form der die Beschwerde zurückweisenden Entscheidung vom 21. Dezember 2011 gerichtet (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts erster Instanz vom 10. Juni 2004, Eveillard/Kommission, T‑258/01, Randnrn. 31 und 32).

21      Die Klägerin beantragt darüber hinaus, das Gericht möge „ihre Wiedereinstellung … beim Parlament aussprechen“.

22      Dieser Antrag ist dahin auszulegen, dass das Gericht die Verwaltung verpflichten soll, die Klägerin in Umsetzung einer eventuellen Aufhebung der angefochtenen Entscheidung wieder in ihre Dienste zu stellen. Im Rahmen einer Klage nach Art. 46 der BSB und Art. 91 des Statuts ist das Gericht aber nicht befugt, den Organen der Europäischen Union Anordnungen zu erteilen. Im Fall der Aufhebung eines Rechtsakts hat nämlich das betroffene Organ nach Art. 266 AEUV selbst die sich aus dem Urteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 4. Mai 2005, Castets/Kommission, T‑398/03, Randnr. 19).

23      Der Verpflichtungsantrag ist daher unzulässig.

 Zum Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung

24      Die Klägerin stützt sich auf drei Klagegründe:

–        erstens Verletzung der Begründungspflicht und des Transparenzgebots;

–        zweitens Fehlen einer Rechtsgrundlage, offensichtlicher Beurteilungsfehler und Verstoß gegen „die Art. 2, 3, 8, 29 und 47 der BSB“ sowie Befugnismissbrauch;

–        drittens Verletzung der Fürsorgepflicht, Rechtsmissbrauch sowie Verstoß gegen die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Vertragserfüllung nach Treu und Glauben.

 Zum ersten Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht und des Transparenzgebots

25      Die Klägerin macht geltend, jede einseitige Beendigung eines unbefristeten Vertrags eines Bediensteten auf Zeit müsse begründet werden. Die angefochtene Entscheidung sei nach dem Urteil Scheefer und kurze Zeit nach dem Schreiben des Parlaments vom 24. Mai 2011 ergangen, mit dem ihr bestätigt wurde, dass die Beendigung ihrer Beschäftigung zum 31. März 2009 unwirksam war, sowie nach mündlichen Versicherungen, wonach sie ihre Stelle bald wieder antreten könne. Trotz der besonderen Umstände ihres Falles hätten ihre Vorgesetzten kein Gespräch vereinbart, um ihr ihre Entlassung zu erläutern.

26      Unter diesen Umständen habe die Begründung der angefochtenen Entscheidung, wonach ihre Beschäftigung nicht länger gerechtfertigt sei, da sämtliche freie Stellen für Ärzte in Luxemburg mit den geeigneten Bewerbern des Ausleseverfahrens PE/95/S besetzt worden seien, die den Anforderungen des Art. 7 Abs. 2 der internen Regelung genügten, weiterer Ausführungen bedurft. In der angefochtenen Entscheidung „hüll[e] sich das Parlament vollständig in Schweigen, was die Einzelheiten“ dieser Einstellungen angehe, insbesondere hinsichtlich ihres Zeitpunkts und ihrer Form. Außerdem habe das Parlament nicht berücksichtigt, dass die Klägerin „seit dem 31. März 2008 einen unbefristeten Vertrag innehatte“ und über ausreichende Erfahrung verfügte, um auf eine der fraglichen Stellen eingestellt werden zu können.

27      Die angefochtene Entscheidung hat insoweit folgenden Wortlaut:

„Nach Art. 7 Abs. 2 der internen Regelung werden die in Art. 2 [Buchst.] a der BSB genannten Bediensteten auf Zeit unter den geeigneten Bewerbern eines Auswahlverfahrens oder eines gemäß Art. 29 Abs. 2 des Statuts vorgesehenen Einstellungsverfahrens ausgewählt. Sie wurden ab 1. April 2006 als Bedienstete auf Zeit nach Art. 2 [Buchst.] a der BSB aufgrund des in diesem Artikel [7 der internen Regelung] vorgesehenen Ausnahmeverfahrens eingestellt, um dem Mangel an geeigneten Bewerbern eines Auswahlverfahrens oder anderer Einstellungsverfahren abzuhelfen.

Zwischenzeitlich hat das Parlament aber [das] Ausleseverfahren … PE/95/S … durchgeführt. Sie sind keine geeignete Bewerberin dieses Verfahrens, weil Ihre Bewerbung unzulässig war, da Sie damals nicht über die in der Stellenausschreibung verlangte berufliche Erfahrung verfügten.

In Randnr. 58 a. E. des [Urteils Scheefer] hat das Gericht … darauf hingewiesen, dass ein unbefristeter Vertrag jederzeit mit berechtigtem Grund unter Wahrung der Kündigungsfrist nach Art. 47 Buchst. c Ziff. i der BSB gekündigt werden kann.

Unter diesen Umständen kündigt das Parlament Ihren unbefristeten Vertrag als Bedienstete auf Zeit mit der Begründung, dass Ihre Beschäftigung nicht länger gerechtfertigt ist, da das Parlament mittlerweile über eine Liste geeigneter Bewerber verfügt, die den Anforderungen des Art. 7 Abs. 2 der internen Regelung ... genügen, und sämtliche freien Stellen für Ärzte im ärztlichen Dienst in Luxemburg auf der Grundlage dieser Liste besetzt worden sind.

…“

28      Eine derartige Begründung erscheint hinreichend, selbst unter Berücksichtigung der besonderen Situation, in der die Klägerin sich befunden haben will, da sie klar und präzise die Gründe für die Kündigung des Zeitbedienstetenvertrags der Klägerin zum Ausdruck bringt.

29      Insbesondere wirft die Klägerin dem Parlament zu Unrecht vor, es habe nicht berücksichtigt, dass sie über einen unbefristeten Vertrag und eine ausreichende berufliche Erfahrung verfüge, um sich auf eine der freien Stellen im ärztlichen Dienst zu bewerben. Das Parlament hat nämlich sowohl in der angefochtenen Entscheidung als auch in der Zurückweisung der Beschwerde hervorgehoben, dass die Klägerin ausnahmsweise eingestellt worden sei, um die freien Stellen im ärztlichen Dienst zu besetzen und dem Mangel an Bewerbern, die gemäß der internen Regelung hätten eingestellt werden können, abzuhelfen. Das Parlament hat auch darauf hingewiesen, dass es das Ausleseverfahren PE/95/S gerade deswegen durchgeführt habe, um diese freien Stellen zu besetzen, und dass die Klägerin keine geeignete Bewerberin dieses Verfahrens gewesen sei, da ihre Bewerbung als unzulässig beurteilt worden sei. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Begründung auch implizit erfolgen kann, sofern sie es dem Betroffenen ermöglicht, die Gründe für die getroffenen Maßnahmen zu erfahren, und dem zuständigen Gericht ausreichende Angaben an die Hand gibt, damit es seine Kontrolle wahrnehmen kann (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission, C‑3/06 P, Randnr. 46; vgl. entsprechend Urteil des Gerichts erster Instanz vom 9. Juli 2008, Reber/HABM – Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli [Mozart], T‑304/06, Randnr. 55; Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 13. April 2011, Safariland/HABM – DEF‑TEC Defense Technology [FIRST DEFENSE AEROSOL PEPPER PROJECTOR], T‑262/09, Randnr. 92). Da das Parlament das in Randnr. 27 des vorliegenden Urteils erwähnte Ausleseverfahren nicht übergehen konnte, reichen die Erwägungen in der angefochtenen Entscheidung für sich genommen aus, weil sie in impliziter, aber gleichwohl bestimmter Weise die Möglichkeit ausschließen, die Klägerin dauerhaft auf einer der fraglichen Stellen zu beschäftigen, und zwar unabhängig von ihrem Vertragstyp und ihrer beruflichen Erfahrung.

30      Die angefochtene Entscheidung kann im Übrigen auch nicht deshalb als unvollständig angesehen werden, weil sich „das Parlament … vollständig in Schweigen hüll[e], was die Einzelheiten der Einstellungen“ der Ärzte auf die freien Stellen angehe, insbesondere hinsichtlich des genauen Zeitpunkts und der Form dieser Einstellungen. Wie die Klägerin selbst bemerkt, handelt es sich dabei nur um Detailfragen. Daher war das Parlament nicht gehalten, sie in der angefochtenen Entscheidung anzugeben. Eine Begründung ist nämlich ausreichend, sofern sie den Sachverhalt und die rechtlichen Erwägungen darstellt, denen im Aufbau der Entscheidung eine essenzielle Bedeutung zukommt, so dass die Verwaltung nicht verpflichtet wird, eine Begründung für ihre Begründung zu liefern (Urteil des Gerichts vom 29. September 2011, AJ/Kommission, F‑80/10, Randnr. 117). Außerdem hat das Parlament in der Zurückweisung der Beschwerde hervorgehoben, dass „seit dem 1. Juni 2009 alle Stellen im ärztlichen Dienst besetzt sind“.

31      Weiterhin ist darauf hinzuweisen, dass eine angeblich unzureichende Begründung durch Ausführungen ergänzt werden kann, die während des Verfahrens vor dem Gericht gemacht werden. Im vorliegenden Fall hat das Parlament aber in seiner Klagebeantwortung ausgeführt, dass ein Arzt zum 1. Mai 2009 und ein zweiter Arzt zum 1. Juni 2009 auf der Grundlage von unbefristeten Verträgen für Zeitbedienstete eingestellt worden sei. Die Klägerin hat im Übrigen selbst während der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass alle angeblich fehlenden Begründungselemente in dieser Klagebeantwortung enthalten gewesen seien.

32      Schließlich wirft die Klägerin dem Parlament auch zu Unrecht vor, vor Erlass der angefochtenen Entscheidung kein Gespräch mit ihr geführt zu haben. Zwar existiert eine gefestigte Rechtsprechung, wonach die Pflicht zur Begründung einer beschwerenden Entscheidung gewahrt ist, wenn der Betroffene im Rahmen von Gesprächen mit seinen Vorgesetzten ordnungsgemäß über diese Gründe unterrichtet wurde (Urteil des Gerichts vom 26. Oktober 2006, Landgren/ETF, F‑1/05, Randnr. 79). Diese Rechtsprechung bezweckt jedoch lediglich, einen Umstand anzuführen, der einen Begründungsmangel heilen kann; anders als die Klägerin offensichtlich meint, schreibt sie zur Erfüllung der Begründungspflicht oder des Transparenzgebots ein vorheriges Gespräch mit den Vorgesetzten nicht verbindlich vor, wenn – wie hier – die Kündigung hinreichend begründet wurde.

33      Der erste Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Fehlen einer Rechtsgrundlage, offensichtlicher Beurteilungsfehler und Verstoß gegen die Art. 2, 3, 8, 29 und 47 der BSB sowie Befugnismissbrauch

34      Aus der Überschrift und den Ausführungen zum zweiten Klagegrund ergibt sich, dass dieser in drei Teile untergliedert werden kann, die nacheinander zu prüfen sind. Aus diesen Ausführungen ergibt sich ferner, dass der Verweis auf Art. 29 der BSB offensichtlich ein Versehen darstellt, da dieser Artikel keinerlei Bezug zum Rechtsstreit aufweist, sondern die Geburtszulage betrifft, und die Klägerin aus ihm kein spezifisches Argument ableitet. Daher ist davon auszugehen, dass die Klägerin sich vielmehr auf Art. 29 des Statuts stützen wollte, auf den Art. 7 der internen Regelung verweist.

–       Zum ersten Teil des zweiten Klagegrundes: Fehlen einer Rechtsgrundlage

35      Die Klägerin trägt vor, das Parlament habe sich nicht auf den „‚wirtschaftlichen‘ Grund“ stützen können, dass alle Stellen im ärztlichen Dienst besetzt worden seien, denn dieser Grund sei weder in den BSB noch in ihrem Vertrag als berechtigter Grund für die Kündigung eines unbefristeten Vertrags vorgesehen gewesen.

36      Insofern ist festzustellen, dass Art. 47 Buchst. c der BSB der Einstellungsbehörde bei der Kündigung eines unbefristeten Zeitbedienstetenvertrags ein weites Ermessen einräumt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts erster Instanz vom 8. September 2009, ETF/Landgren, T‑404/06 P, Randnr. 162 und die angeführte Rechtsprechung; Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 7. Juli 2011, Longinidis/Cedefop, T‑283/08 P, Randnr. 84).

37      Vor diesem Hintergrund und als Entgegnung auf das Argument des Parlaments, wonach Art. 7 Abs. 4 seiner internen Regelung es ihm verboten habe, einen unbefristeten Vertrag zu schließen, obwohl die Kontinuität des ärztlichen Dienstes in Luxemburg habe gewährleistet werden müssen, hat das Gericht im Urteil Scheefer entschieden, dass dieser Artikel „nicht den Rückgriff auf unbefristete Verträge verbietet, da eine vorläufige Situation − wie im vorliegenden Fall − für einen undefinierbaren Zeitraum fortbestehen kann und ein solcher Vertrag dem Begünstigten ohnehin nicht die Stabilität einer Ernennung zum Beamten bietet, da der Vertrag gemäß Art. 47 Buchst. c Ziff. i der BSB unter Einhaltung einer Kündigungsfrist aus berechtigtem Grund gekündigt werden kann“ (Urteil Scheefer, Randnr. 56)

38      Was die Frage angeht, ob im vorliegenden Fall der Umstand, dass alle freien Stellen für Ärzte im ärztlichen Dienst des Parlaments in Luxemburg besetzt waren, einen berechtigten Kündigungsgrund darstellen konnte, ist darauf hinzuweisen, dass ein Bediensteter, der – wie die Klägerin – auf der Grundlage des Art. 2 Buchst. a der BSB eingestellt wird, „zur Besetzung einer Planstelle eingestellt wird, die in dem dem Einzelplan des Haushaltsplans für jedes Organ beigefügten Stellenplan aufgeführt und von den für die Feststellung des Haushaltsplans zuständigen Organen auf Zeit eingerichtet worden ist“.

39      Daher stellt der von der Klägerin so bezeichnete „‚wirtschaftliche‘ Grund“, d. h. das Fehlen einer freien Planstelle in dem dem Einzelplan des Haushaltsplans für jedes Organ beigefügten Stellenplan, einen berechtigten Grund dar, aufgrund dessen das Parlament die angefochtene Entscheidung auf der Rechtsgrundlage des Art. 47 Buchst. c Ziff. i der BSB erlassen konnte.

40      Der erste Teil des zweiten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

–       Zum zweiten Teil des zweiten Klagegrundes: Offensichtlicher Beurteilungsfehler sowie Verstoß gegen die Art. 2, 3, 8 und 47 der BSB und gegen Art. 29 des Statuts

41      Die Klägerin ist der Auffassung, die angefochtene Entscheidung sei mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler und einem Rechtsfehler behaftet, da sie gegen die Art. 2, 3, 8 und 47 der BSB und gegen Art. 29 des Statuts verstoße. Das Parlament habe versucht, die BSB zu umgehen, indem es mehrfach in rechtswidriger Weise befristete Zeitbedienstetenverträge mit ihr abgeschlossen habe; gemäß dem Grundsatz „nemo turpitudinem suam allegans auditur“ könne es sich aber nicht auf dieses Manöver berufen, um die angefochtene Entscheidung zu rechtfertigen. Genauer gesagt könne die Begründung, das Fehlen von Stellen im ärztlichen Dienst rechtfertige ihre Entlassung, nicht losgelöst von den Umständen des vorliegenden Falles gewürdigt werden und insbesondere davon, dass das Gericht im Urteil Scheefer festgestellt habe, dass ihr befristeter Vertrag als Bedienstete auf Zeit mit Wirkung zum „31. März 2008“ in einen unbefristeten Vertrag umgewandelt worden sei. Wenn das Parlament die BSB eingehalten hätte, hätte es zu diesem Datum einen unbefristeten Vertrag geschlossen und ihr in der Folge eine freie Stelle als Ärztin zugewiesen. Diese Ernennung wäre angesichts der Erfahrung, die die Klägerin innerhalb des Organs gesammelt habe, überdies auch im dienstlichen Interesse gewesen. Schließlich sei auch das in der Zurückweisung ihrer Beschwerde angeführte Argument, sie sei nicht in die Liste der geeigneten Bewerber des Ausleseverfahrens PE/95/S aufgenommen worden, so dass sie nicht dauerhaft beschäftigt werden könne, unzulässig, weil es erstmals nach Erlass der angefochtenen Entscheidung angeführt worden sei. Das Argument sei aber auch falsch, weil es vorliegend nicht darum gehe, dass sie nicht in die Liste der geeigneten Bewerber des Ausleseverfahrens PE/95/S aufgenommen worden sei, sondern darum, dass sich das Parlament auf den Mangel an freien Stellen im ärztlichen Dienst in Luxemburg berufe und dabei verschweige, dass dieser Mangel gerade durch sein eigenes unrechtmäßiges Verhalten verursacht worden sei.

42      Dazu ist jedoch anzumerken, dass sich das Parlament mit der Feststellung in der angefochtenen Entscheidung, wonach „die Beschäftigung [der Klägerin] nicht länger gerechtfertigt [sei], da [es] mittlerweile über eine Liste geeigneter Bewerber verfüg[e], die den Anforderungen des Art. 7 Abs. 2 der internen Regelung genüg[t]en, und sämtliche freien Stellen für Ärzte im ärztlichen Dienst in Luxemburg auf der Grundlage dieser Liste besetzt worden [seien]“, nicht auf sein „eigenes unrechtmäßiges Verhalten“ beruft, sondern auf einen objektiven Umstand, der unabhängig davon besteht, dass es rechtswidrig handelte, als es den Vertrag der Klägerin durch den Zusatz vom 26. März 2008 nur befristet verlängerte.

43      Die Begründung, das Parlament habe die Klägerin nicht weiter beschäftigen können, weil sie das Ausleseverfahren PE/95/S nicht bestanden habe, nachdem ihre Bewerbung mangels ausreichender Berufserfahrung zurückgewiesen wurde, ist im Übrigen weder unzulässig noch unrichtig.

44      Diese Begründung ist nicht unzulässig, da die Verwaltung nach dem System der in den Art. 90 und 91 des Statuts vorgesehenen Rechtsbehelfe – auf die Art. 46 der BSB verweist – und unter Berücksichtigung des evolutiven Charakters des in diesen Artikeln festgelegten Vorverfahrens bei der Zurückweisung einer Beschwerde die Begründung für den Erlass der angefochtenen Entscheidung ergänzen oder sogar abändern kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 9. Dezember 2009, Kommission/Birkhoff, T‑377/08 P, Randnrn. 55 bis 60; Urteil des Gerichts vom 13. April 2011, Chaouch/Kommission, F‑30/09, Randnr. 35).

45      In der angefochtenen Entscheidung hatte das Parlament der Klägerin aber bereits erläutert, dass sie „aufgrund des in Art. 7 der internen Regelung vorgesehenen Ausnahmeverfahrens“ eingestellt worden sei, „um dem Mangel an geeigneten Bewerbern eines Auswahlverfahrens oder anderer Einstellungsverfahren abzuhelfen“, und dass sie keine geeignete Bewerberin des Ausleseverfahrens PE/95/S sei, das durchgeführt worden sei, um die freien Stellen für Ärzte zu besetzen. Vor diesem Hintergrund hat die Einstellungsbehörde in der Zurückweisung der Beschwerde lediglich diese Erläuterung weiter ausgeführt und betont, dass es „dem Parlament unter diesen Umständen ohne einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bewerber nicht möglich [sei], sie einzustellen“.

46      Diese Begründung ist auch nicht unrichtig, weil sich aus Art. 7 Abs. 2 und 3 der internen Regelung tatsächlich ergibt, dass die gemäß Art. 2 Buchst. a der BSB eingestellten Bediensteten auf Zeit nur dann, wenn es keine geeigneten Bewerber eines Auswahlverfahrens gibt, und nur nach einer Auswahlprüfung dauerhaft beschäftigt werden können. Das streitige Einstellungsverfahren ist aber, obwohl es nicht von den BSB vorgeschrieben wird, integraler Bestandteil der Förmlichkeiten, die das Parlament als Arbeitgeber beachten muss (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts erster Instanz vom 28. Januar 1992, Speybrouck/Parlament, T‑45/90, Randnr. 68). Dieses Verfahren war für das Parlament umso verbindlicher, als es die Gleichbehandlung unter den Bewerbern des Ausleseverfahrens PE/95/S und insbesondere gegenüber den geeigneten Bewerbern dieses Verfahrens beachten musste, die aufgrund ihres Erfolgs dafür in Frage kamen, die freien Stellen als Arzt im ärztlichen Dienst in Luxemburg zu besetzen. Ungeachtet der wegen Art. 8 Abs. 1 der BSB erfolgten Änderung des Vertrags der Klägerin zum 26. März 2008 in einen unbefristeten Vertrag war das Parlament, das zum 18. Oktober 2007 das Ausleseverfahren PE/95/S eingeleitet hatte, nämlich aus Prinzip verpflichtet, nicht nur den Arzt, der am 1. Mai 2009 eingestellt wurde, um eine erste freie Stelle zu besetzen, aus den geeigneten Bewerbern dieses Ausleseverfahrens auszuwählen, sondern auch den Arzt, der am 1. Juni 2009 eingestellt wurde, um eine zweite freie Stelle zu besetzen. Das Ausleseverfahren war zwar „für die Einstellung einer/eines Bediensteten auf Zeit, Verwaltungsrätin/Verwaltungsrat im ärztlichen Dienst“ durchgeführt worden, doch sah die Ausschreibung des Verfahrens auch die Erstellung einer die vier besten Bewerber umfassenden Eignungsliste vor.

47      Daraus folgt, dass entgegen dem Vorbringen der Klägerin der Umstand, dass sie nicht auf der Liste der geeigneten Bewerber des Ausleseverfahrens PE/95/S stand und dass sie nicht gemäß Art. 7 Abs. 2 oder Art. 7 Abs. 3 erster Gedankenstrich der internen Regelung auf eine der freien Stellen eingestellt werden konnte, einen entscheidenden Faktor darstellte, den das Parlament – unabhängig von der falschen Qualifizierung des Vertrags der Betroffenen ab dem 26. März 2008 – nicht übergehen konnte.

48      Außerdem ist anerkannt, dass ein Organ den unbefristeten Vertrag eines Bediensteten auf Zeit mit der Begründung kündigen kann, dass er – wie im vorliegenden Fall – nicht in die Liste der geeigneten Bewerber eines Auswahlverfahrens oder einer anderen Auswahlprüfung aufgenommen wurde (vgl. Urteil des Gerichts erster Instanz vom 5. Dezember 2002, Hoyer/Kommission, T‑70/00, Randnr. 44).

49      Die in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin vorgetragenen Argumente können die vorstehenden Feststellungen nicht wirksam in Frage stellen.

50      Zwar gehen das Statut und die BSB der internen Regelung vor, aber Art. 7 der internen Regelung verstößt gegen keine dieser Bestimmungen, wenn er vorsieht, dass Zeitbedienstete aus dem Kreis der geeigneten Bewerber eines Auswahlverfahrens oder eines Ausleseverfahrens eingestellt werden müssen und dass ein Kandidat, der diesen Förmlichkeiten nicht entspricht, nur ausnahmsweise und vorläufig als Bediensteter auf Zeit eingestellt werden darf.

51      Die Klägerin trägt jedoch vor, sie sei nach dem Vertragszusatz vom 26. März 2008 aufgrund des Art. 8 Abs. 1 der BSB mit unbefristetem Vertrag eingestellt worden, zu einem Zeitpunkt, zu dem bereits – seit dem 28. Januar 2008 – festgestanden habe, dass sie am Ausleseverfahren PE/95/S nicht habe teilnehmen können. Die Klägerin macht in diesem Zusammenhang geltend, unbefristete Verträge gewährten ihren Begünstigten eine gewisse Beschäftigungssicherheit, und befristete Verträge dienten demgegenüber gemäß Paragraf 3 der Rahmenvereinbarung dazu, Stellen insbesondere bis zum Eintritt eines bestimmten Ereignisses zu besetzen; daher habe der unbefristete Vertrag, den sie dann erhalten habe, nicht dazu dienen können, eine Stelle im ärztlichen Dienst vorläufig zu besetzen, und es sei nicht länger möglich, ihr die in Art. 7 der internen Regelung vorgesehenen Einstellungsbedingungen entgegenzuhalten.

52      Es ist richtig, dass nach Paragraf 3 Abs. 1 der Rahmenvereinbarung die Vertragsdauer nicht nur durch „das Erreichen eines bestimmten Datums“, sondern auch durch „das Eintreten eines bestimmten Ereignisses“ begrenzt werden kann (vgl. Urteil des Gerichts vom 15. September 2011, Bennett u. a./HABM, F‑102/09, Randnr. 85). Es trifft auch zu, dass die Einstellung von geeigneten Bewerbern des Ausleseverfahrens PE/95/S ein „bestimmtes Ereignis“ darstellte, das es gerechtfertigt hätte, bis zu seinem Eintreten nicht eine Vielzahl von befristeten Verträgen mit einem jeweils genau festgelegten Enddatum abzuschließen, sondern einen befristeten Vertrag, dessen Ende durch diese Einstellung bestimmt worden wäre. Das Gericht hat, wie oben in Randnr. 37 angeführt, diese Möglichkeit überdies bereits in Randnr. 56 seines Urteils Scheefer erwähnt.

53      Nichtdestotrotz hat die Umqualifizierung in einen unbefristeten Vertrag durch den Vertragszusatz vom 26. März 2008, mit dem gemäß Art. 8 Abs. 1 der BSB der Umstand berücksichtigt wurde, dass das Parlament aufeinanderfolgende befristete Verträge mit einem genau festgelegten Vertragsende geschlossen hat, dem Parlament nicht die Möglichkeit genommen, diesen Vertrag unter Beachtung der in Art. 47 Buchst. c Ziff. i der BSB vorgesehenen Bedingungen zu kündigen. Insofern ist darauf hinzuweisen, dass unbefristete Verträge den Betroffenen nicht die gleiche Sicherheit bieten wie die Ernennung zum Beamten.

54      Der Umstand, dass sich die Klägerin ab dem 26. März 2008 in einem unbefristeten Vertragsverhältnis befand, konnte sie umso weniger gegen eine Entlassung wegen der Einstellung von geeigneten Bewerbern des Ausleseverfahrens PE/95/S absichern, als es zu diesem Datum einen großen Unsicherheitsfaktor gab, der darin bestand, dass die Eignungsliste noch nicht festgestellt worden war und dass es – wie das Parlament in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat – nicht sicher war, ob die in diesem Verfahren schließlich zu geeigneten Bewerbern erklärten Ärzte tatsächlich eine Stelle annehmen würden, die eine Aufgabe ihres freien Berufs nach sich ziehen würde.

55      Der zweite Teil des zweiten Klagegrundes ist somit zurückzuweisen.

–       Zum dritten Teil des zweiten Klagegrundes: Befugnismissbrauch

56      Die Klägerin macht geltend, das Parlament habe die ihm in Art. 47 Buchst. c Ziff. i der BSB eingeräumte Befugnis genutzt, um die Schwierigkeiten zu umgehen, die daraus erwachsen seien, dass es auf einen Kunstgriff zurückgegriffen habe, um ihr 2008 keinen unbefristeten Vertrag zu gewähren.

57      Dieser dritte Teil kann nicht durchgreifen, da die Klägerin keine objektiven, genauen und übereinstimmenden Indizien dafür vorgetragen hat, dass das Parlament Art. 47 der BSB missbräuchlich angewendet hätte.

58      Außerdem wurde in den Randnrn. 46 und 47 des vorliegenden Urteils dargelegt, dass das Parlament – unabhängig von seinem vorherigen Fehler – Art. 7 seiner internen Regelung sowie den Umstand, dass die Klägerin nicht auf der Liste der geeigneten Bewerber des Ausleseverfahrens PE/95/S stand, nicht übergehen durfte.

59      Nach alledem ist der zweite Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Verletzung der Fürsorgepflicht, Rechtsmissbrauch sowie Verstoß gegen die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Vertragserfüllung nach Treu und Glauben

60      Die Klägerin trägt vor, das Parlament habe weder ihre Interessen noch das dienstliche Interesse berücksichtigt. So habe das Parlament nicht versucht, eine einvernehmliche Lösung mit ihr zu finden. Ohne sie auch nur angehört zu haben, habe es sich in der angefochtenen Entscheidung auf jenen Kunstgriff gestützt, für den das Gericht es bereits im Urteil Scheefer gerügt habe. Den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung gemäß sei die Behörde aber verpflichtet, alle Umstände zu berücksichtigen, die Auswirkungen auf ihre Entscheidung haben könnten. Wenn das Parlament die BSB beachtet und mit der Klägerin einen unbefristeten Vertrag geschlossen hätte, wäre es auch in seinem eigenen Interesse gewesen, sie in seinen Diensten zu halten, weil sie die in sie gesetzten Erwartungen nicht enttäuscht, sondern – im Gegenteil – eine gewisse Erfahrung im ärztlichen Dienst des Parlaments in Luxemburg erworben habe. Indem das Parlament sich auf eine Begründung stütze, die auf seinem eigenen Fehlverhalten beruhe, ohne zu versuchen, eine Lösung zu finden, die sowohl für es selbst als auch für die Klägerin rechtlich einwandfrei sei, habe es außerdem gegen den Grundsatz der Vertragserfüllung nach Treu und Glauben verstoßen und einen Rechtsmissbrauch begangen.

61      Nach der Rechtsprechung hindert jedoch der Umstand, dass ein Bewerber als Bediensteter auf Zeit Funktionen ausübt, die jenen ähneln, für die ein Auswahlverfahren durchgeführt wurde, das Organ nicht daran, den Misserfolg des Betroffenen in diesem Auswahlverfahren zu berücksichtigen, um dessen Vertrag zu beenden (vgl. Urteil Hoyer/Kommission, oben in Randnr. 48 angeführt, Randnr. 47). Insofern ist gleichermaßen anzuerkennen, dass der Umstand, dass die Klägerin im Rahmen eines unbefristeten Vertrags für Zeitbedienstete, aber aushilfsweise, als Ärztin tätig war, solange die Ergebnisse des Ausleseverfahrens PE/95/S ausstanden, das Parlament nicht daran hinderte, die Tatsache zu berücksichtigen, dass sie nicht auf der Eignungsliste dieses Verfahrens stand, um ihren Vertrag mit der Begründung zu kündigen, dass alle freien Stellen für Ärzte zukünftig mit den geeigneten Bewerbern dieses Ausleseverfahrens besetzt würden.

62      Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass Art. 7 der internen Regelung bezweckt, die Einstellung von Zeitbediensteten für die Dienststellen des Parlaments so zu regeln, dass deren dauerhafte Einstellung im Interesse der ordnungsgemäßen Verwaltung von einem Ausleseverfahren abhängig gemacht wird und dass das Parlament, wie weiter oben ausgeführt, durch diese Bestimmung grundsätzlich ebenso gebunden war wie durch die Tatsache, dass die Klägerin nicht in die Eignungsliste des Ausleseverfahrens PE/95/S aufgenommen worden war. Folglich hätte das Parlament der Klägerin, auch wenn es mit ihr zum 26. März 2008 einen unbefristeten Vertrag geschlossen hätte, keine freie Stelle als Ärztin zuweisen können, ohne gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bewerber dieses Ausleseverfahrens zulasten insbesondere der geeigneten Bewerber dieses Verfahrens zu verstoßen.

63      Außerdem macht das Parlament geltend, es habe, bevor es der Klägerin gekündigt habe, unter Beachtung seiner Fürsorgepflicht geprüft, ob diese auf eine andere Stelle als Ärztin im ärztlichen Dienst hätte versetzt werden können, doch sei eine solche Versetzung aufgrund ihrer spezifischen Qualifikationen nicht möglich gewesen. Allerdings ist insoweit festzustellen, dass die Klägerin tatsächlich nur ihre Weiterbeschäftigung als Ärztin im ärztlichen Dienst in Luxemburg fordert.

64      Die Klägerin behauptet ferner, das Parlament habe nicht versucht, eine Lösung mit ihr zu finden, und es habe sie entlassen, ohne sie auch nur angehört zu haben, was in der Tat zutrifft.

65      Dieser letzte Vorwurf fällt offensichtlich mit der soeben beantworteten Rüge zusammen, wonach gegen die Fürsorgepflicht verstoßen wurde.

66      Sofern die Klägerin jedoch rügen wollte, dass ihre Verteidigungsrechte oder die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung dadurch verletzt worden seien, dass das Parlament es versäumt habe, ihr eine Darstellung ihrer Sichtweise zu ermöglichen, ist festzustellen, dass ein Verstoß gegen das Anhörungsrecht nur dann zur Aufhebung der streitigen Entscheidung führen kann, wenn das Verfahren ohne diesen Verstoß zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 12. November 1996, Ohja/Kommission, C‑294/95 P, Randnr. 67; Urteile des Gerichts erster Instanz vom 18. Januar 2000, Mehibas Dordtselaan/Kommission, T‑290/97, Randnr. 47, und vom 23. April 2002, Campolargo/Kommission, T‑372/00, Randnr. 39; Urteil des Gerichts vom 8. März 2011, De Nicola/EIB, F‑59/09, Randnr. 182, Rechtsmittel beim Gericht der Europäischen Union anhängig, Rechtssache T‑264/11 P). Im vorliegenden Fall aber war es angesichts des Art. 7 der internen Regelung und der Verpflichtung, die Gleichheit der Bewerber des Ausleseverfahrens PE/95/S zu wahren, angesichts der Tatsache, dass die Klägerin nicht auf der Eignungsliste stand, die nach Abschluss dieses Verfahrens erstellt wurde, und angesichts dessen, dass die Einstellungsbehörde durch die Anzahl der zu besetzenden Stellen gebunden war, ausgeschlossen, dass eine andere als die angefochtene Entscheidung hätte getroffen werden können, wenn es der Klägerin ermöglicht worden wäre, ihre Gesichtspunkte vorzutragen.

67      Daher ist der dritte Klagegrund unbegründet, so dass der Aufhebungsantrag, nachdem kein einziger Klagegrund begründet ist, zurückzuweisen ist.

 Zum Antrag, das Gericht möge über alle – auch finanziellen – Folgen entscheiden, die sich aus der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung ergeben würden, sowie zum Antrag auf Schadensersatz

68      Im Rahmen der unbeschränkten Nachprüfungsbefugnis des Gerichts beantragt die Klägerin, sie wieder in die Situation zu versetzen, in der sie sich befände, wenn die angefochtene Entscheidung aufgehoben würde, d. h., dass sie weiter im ärztlichen Dienst des Parlaments in Luxemburg beschäftigt wäre.

69      Für den Fall, dass ihre Wiederverwendung nicht angeordnet werden könne, beantragt die Klägerin die Verurteilung des Parlaments zur Leistung von Schadensersatz in Höhe von 288 000 Euro, entsprechend 36 Monatsgehältern. Darüber hinaus beantragt die Klägerin die Verurteilung des Parlaments zur Zahlung von 15 000 Euro als Wiedergutmachung für den von ihr erlittenen immateriellen Schaden. Dieser Schaden resultiere aus der respektlosen Art, mit der ihre sozialen Rechte behandelt worden seien, aus dem Gefühl, hinsichtlich ihrer beruflichen Perspektive getäuscht worden zu sein, und aus dem Umstand, dass sie einen zweiten Prozess habe anstrengen müssen, um ihre Rechte geltend zu machen.

70      Die vorliegenden Anträge schließen sich an den Aufhebungsantrag an und sind daher ebenso wie dieser zurückzuweisen.

71      Selbst wenn anzunehmen wäre, dass sich die Klägerin zur Begründung ihres Anspruchs auf Wiedergutmachung eines immateriellen Schadens auf Handlungen des Parlaments stützt, die keinen Entscheidungscharakter haben, also darauf, dass es sie über ihre beruflichen Perspektiven getäuscht habe, und auf die respektlose Art, mit der ihre sozialen Rechte behandelt worden seien, müsste festgestellt werden, dass ihre Wiedergutmachungsanträge in Ermangelung eines Vorverfahrens nach Art. 46 der BSB und Art. 90 des Statuts unzulässig wären.

 Kosten

72      Nach Art. 87 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei vorbehaltlich der übrigen Bestimmungen des Achten Kapitels des Zweiten Titels der Verfahrensordnung auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 87 Abs. 2 kann das Gericht aus Gründen der Billigkeit entscheiden, dass eine unterliegende Partei zur Tragung nur eines Teils der Kosten oder gar nicht zur Tragung der Kosten zu verurteilen ist.

73      Aus den oben dargelegten Gründen ergibt sich, dass die Klägerin mit ihrer Klage unterlegen ist. Das Parlament hat auch ausdrücklich beantragt, die Klägerin zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Umstände des vorliegenden Falles die Anwendung von Art. 87 Abs. 2 der Verfahrensordnung nicht rechtfertigen, sind der Klägerin neben ihren eigenen Kosten die Kosten des Parlaments aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
(Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Frau Scheefer trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten des Europäischen Parlaments.

Van Raepenbusch

Boruta

Barents

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 6. März 2013.

Die Kanzlerin

 

       Der Präsident

W. Hakenberg

 

       S. Van Raepenbusch


* Verfahrenssprache: Französisch.