Language of document : ECLI:EU:C:2019:672

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

5. September 2019(*)

„Rechtsmittel – Schadensersatzklage – Art. 340 Abs. 2 AEUV – Überlange Verfahrensdauer im Rahmen einer Rechtssache vor dem Gericht der Europäischen Union – Ersatz des Schadens, der der Klägerin entstanden sein soll – Unanwendbarkeit des Begriffs des „einheitlichen Unternehmens“ – Materieller Schaden – Bankbürgschaftskosten – Kausalzusammenhang – Entgangener Gewinn – Immaterieller Schaden – Haftung der Europäischen Union für Schäden, die durch Unionsrechtsverstöße verursacht werden, die sich aus einer Entscheidung des Gerichts ergeben – Keine Haftung“

In den verbundenen Rechtssachen C‑447/17 P und C‑479/17 P

betreffend zwei Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 25. Juli 2017 und 8. August 2017,

Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, dieser zunächst vertreten durch J. Inghelram und K. Sawyer als Bevollmächtigte, dann durch J. Inghelram als Bevollmächtigten,

Rechtsmittelführerin,

andere Parteien des Verfahrens:

Guardian Europe Sàrl mit Sitz in Bertrange (Luxemburg), Prozessbevollmächtigte: C. O’Daly, Solicitor, und F. Louis, avocat,

Klägerin im ersten Rechtszug,

Europäische Union, vertreten durch die Europäische Kommission, diese vertreten durch N. Khan, A. Dawes und C. Urraca Caviedes als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug (C‑447/17 P),

und

Guardian Europe Sàrl mit Sitz in Bertrange, Prozessbevollmächtigte: C. O’Daly, Solicitor, und F. Louis, avocat,

Rechtsmittelführerin,

andere Parteien des Verfahrens:

Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, dieser zunächst vertreten durch J. Inghelram und K. Sawyer als Bevollmächtigte, dann durch J. Inghelram als Bevollmächtigten,

Europäische Union, vertreten durch die Europäische Kommission, diese vertreten durch N. Khan, A. Dawes und C. Urraca Caviedes als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug (C‑479/17 P),

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Vizepräsidentin des Gerichtshofs, R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin), in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer sowie der Richter J.‑C. Bonichot, E. Regan, C. G. Fernlund und S. Rodin,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Mai 2019

folgendes

Urteil

1        Mit ihrem jeweiligen Rechtsmittel beantragen die Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union (C‑447/17 P), und die Guardian Europe Sàrl (C‑479/17 P) die teilweise Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 7. Juni 2017, Guardian Europe/Europäische Union (T‑673/15, EU:T:2017:377, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht die Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, verurteilt hat, an Guardian Europe eine Entschädigung in Höhe von 654 523,43 Euro für den dieser Gesellschaft aufgrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache, in der das Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494) (im Folgenden: Rechtssache T‑82/08), ergangen ist, entstandenen materiellen Schaden zu zahlen, und die Klage im Übrigen abgewiesen hat.

 Rechtlicher Rahmen

 Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union

2        Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union sieht vor:

„Gegen die Endentscheidungen des Gerichts und gegen die Entscheidungen, die über einen Teil des Streitgegenstands ergangen sind oder die einen Zwischenstreit beenden, der eine Einrede der Unzuständigkeit oder Unzulässigkeit zum Gegenstand hat, kann ein Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt werden; die Rechtsmittelfrist beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.

Dieses Rechtsmittel kann von einer Partei eingelegt werden, die mit ihren Anträgen ganz oder teilweise unterlegen ist. …“

 Verfahrensordnung des Gerichtshofs

3        Nach Art. 174 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs „[müssen d]ie Anträge der Rechtsmittelbeantwortung … auf die vollständige oder teilweise Stattgabe oder Zurückweisung des Rechtsmittels gerichtet sein“.

4        Art. 176 der Verfahrensordnung lautet:

„(1)      Die in Artikel 172 bezeichneten Parteien können innerhalb der gleichen Frist, wie sie für die Einreichung der Rechtsmittelbeantwortung gilt, Anschlussrechtsmittel einlegen.

(2)      Das Anschlussrechtsmittel ist mit gesondertem, von der Rechtsmittelbeantwortung getrenntem Schriftsatz einzulegen.“

5        In Art. 178 der Verfahrensordnung heißt es:

„(1)      Die Anschlussrechtsmittelanträge müssen auf die vollständige oder teilweise Aufhebung der Entscheidung des Gerichts gerichtet sein.

(2)      Sie können auch auf die Aufhebung einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage vor dem Gericht gerichtet sein.

…“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

6        Die Guardian Industries Corp. und Guardian Europe erhoben mit Klageschrift, die am 12. Februar 2008 bei der Kanzlei des Gerichts einging, eine Klage gegen die Entscheidung K(2007) 5791 endg. der Kommission vom 28. November 2007 in einem Verfahren nach Art. [101 AEUV] und Art. 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39165 – Flachglas) (im Folgenden: streitige Entscheidung). In der Klageschrift beantragten diese Gesellschaften im Wesentlichen, diese Entscheidung teilweise für nichtig zu erklären, soweit sie sie betreffe, und die mit dieser Entscheidung gegen sie verhängte Geldbuße herabzusetzen.

7        Mit Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), wies das Gericht diese Klage ab.

8        Mit am 10. Dezember 2012 eingegangener Rechtsmittelschrift legten Guardian Industries und Guardian Europe ein Rechtsmittel gegen das Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), ein.

9        Mit Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), hob der Gerichtshof erstens das Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), auf, soweit damit der auf einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot bei der Berechnung des Betrags der gegen Guardian Industries und Guardian Europe als Gesamtschuldnerinnen verhängten Geldbuße gestützte Klagegrund zurückgewiesen wurde und diese beiden Unternehmen zur Tragung der Kosten verurteilt wurden. Zweitens erklärte der Gerichtshof Art. 2 der streitigen Entscheidung für nichtig, soweit mit diesem Art. 2 die gegen Guardian Industries und Guardian Europe als Gesamtschuldnerinnen verhängte Geldbuße auf 148 000 000 Euro festgesetzt wurde. Drittens setzte der Gerichtshof die gegen Guardian Industries und Guardian Europe als Gesamtschuldnerinnen aufgrund der in Art. 1 der streitigen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung verhängte Geldbuße auf 103 600 000 Euro fest. Viertens wies der Gerichtshof das Rechtsmittel im Übrigen zurück. Fünftens teilte der Gerichtshof die Kosten.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

10      Mit Klageschrift, die am 19. November 2015 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Guardian Europe gegen die Europäische Union, vertreten durch die Europäische Kommission und den Gerichtshof der Europäischen Union, eine Klage gemäß Art. 268 AEUV und Art. 340 Abs. 2 AEUV auf Ersatz des Schadens, der ihr zum einen wegen einer unangemessen langen Dauer des Verfahrens vor dem Gericht im Rahmen der Rechtssache T‑82/08 und zum anderen durch einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der streitigen Entscheidung und im Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), entstanden sein soll.

11      Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht für Recht erkannt und entschieden:

„1.      Die Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, wird verurteilt, … Guardian Europe … eine Entschädigung in Höhe von 654 523,43 Euro für den dieser Gesellschaft aufgrund des Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache [T‑82/08] … entstandenen materiellen Schaden zu zahlen. Diese Entschädigung wird unter Einbeziehung von Ausgleichszinsen ab dem 27. Juli 2010 bis zur Verkündung des vorliegenden Urteils anhand der von Eurostat (Statistisches Amt der Europäischen Union) im Mitgliedstaat des Sitzes dieser Gesellschaft für den fraglichen Zeitraum festgestellten jährlichen Inflationsrate neu bewertet.

2.      Die in Nr. 1 genannte Entschädigung erhöht sich um Verzugszinsen ab Verkündung des vorliegenden Urteils bis zur vollständigen Zahlung in Höhe des von der Europäischen Zentralbank (EZB) für ihre Refinanzierungsgeschäfte festgesetzten Zinssatzes zuzüglich zwei Prozentpunkten.

3.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4.      Guardian Europe trägt die Kosten der Union, vertreten durch die Europäische Kommission.

5.      Guardian Europe und die Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, tragen ihre eigenen Kosten.“

 Anträge der Parteien

12      Mit ihrem Rechtsmittel in der Rechtssache C‑447/17 P beantragt die Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union,

–        Nr. 1 des Tenors des angefochtenen Urteils aufzuheben;

–        den im ersten Rechtszug gestellten Antrag von Guardian Europe, mit dem diese 936 000 Euro für Bankbürgschaftskosten als Ersatz für Schäden begehrte, die ihr dadurch entstanden sein sollen, dass in der Rechtssache T‑82/08 gegen die Pflicht verstoßen wurde, innerhalb angemessener Frist zu entscheiden, als unbegründet zurückzuweisen, oder, äußerst hilfsweise, diese Entschädigung auf 299 251,64 Euro nebst Ausgleichzinsen, bei deren Berechnung zu berücksichtigen ist, dass sich dieser Betrag aus verschiedenen Beträgen zusammensetzt, die zu verschiedenen Zeitpunkten fällig wurden, herabzusetzen;

–        Guardian Europe die Kosten aufzuerlegen.

13      Guardian Europe beantragt,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen;

–        der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

14      Die Europäische Union, vertreten durch die Kommission, beantragt,

–        dem Rechtsmittel in allen Punkten stattzugeben;

–        Guardian Europe die Kosten aufzuerlegen.

15      Mit ihrem Rechtsmittel in der Rechtssache C‑479/17 P beantragt Guardian Europe,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit in Nr. 3 des Tenors ihr Antrag nach Art. 268 AEUV und Art. 340 Abs. 2 AEUV auf Schadensersatz teilweise zurückgewiesen wurde;

–        die Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, zu verurteilen, ihr den Schaden zu ersetzen, der ihr durch den Verstoß des Gerichts gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens entstanden ist, durch Zahlung der folgenden Beträge, erhöht um Ausgleichszinsen ab dem 27. Juli 2010 bis zum Zeitpunkt der Entscheidung über das vorliegende Rechtsmittel in Höhe der für den fraglichen Zeitraum von Eurostat festgestellten jährlichen Inflationsrate in dem Mitgliedstaat, in dem Guardian Europe ihren Sitz hat, und um Verzugszinsen ab dem Zeitpunkt des Urteils über das Rechtsmittel zu dem von der EZB für ihre wesentlichen Refinanzierungsgeschäfte festgesetzten Zinssatz zuzüglich zwei Prozentpunkten:

–        Opportunitätskosten oder entgangener Gewinn in Höhe von 1 388 000 Euro und

–        Bankbürgschaftskosten in Höhe von 143 675,78 Euro;

–        ein Betrag, der in einem angemessenen Prozentsatz der gegen Guardian Europe in der streitigen Entscheidung verhängten Geldbuße ausgedrückt wird, als immaterieller Schaden;

–        die Europäische Union, vertreten durch die Kommission und den Gerichtshof der Europäischen Union, zu verurteilen, Guardian Europe den Schaden zu ersetzen, der ihr durch den Verstoß der Kommission und des Gerichts gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung entstanden ist, durch Zahlung der folgenden Beträge, erhöht um Ausgleichszinsen ab dem 19. November 2010 bis zum Zeitpunkt der Entscheidung über das vorliegende Rechtsmittel in Höhe der für den fraglichen Zeitraum von Eurostat festgestellten jährlichen Inflationsrate in dem Mitgliedstaat, in dem Guardian Europe ihren Sitz hat, und um Verzugszinsen ab dem Zeitpunkt des Urteils über das Rechtsmittel zu dem von der EZB für ihre wesentlichen Refinanzierungsgeschäfte festgesetzten Zinssatz zuzüglich zwei Prozentpunkten:

–        Opportunitätskosten oder entgangener Gewinn in Höhe von 7 712 000 Euro und

–        ein Betrag, der in einem angemessenen Prozentsatz der gegen Guardian Europe in der streitigen Entscheidung verhängten Geldbuße ausgedrückt wird, als immaterieller Schaden;

–        hilfsweise, die Sache an das Gericht zurückzuverweisen;

–        der Europäischen Union, vertreten durch die Kommission und den Gerichtshof der Europäischen Union, die Kosten aufzuerlegen.

16      Die Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, beantragt,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen;

–        Guardian Europe die Kosten aufzuerlegen.

17      Die Europäische Union, vertreten durch die Kommission, beantragt,

–        das Rechtsmittel, soweit es gegen die Kommission gerichtet ist, zurückzuweisen;

–        Guardian Europe ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Union, vertreten durch die Kommission, aufzuerlegen.

18      Mit ihrem Anschlussrechtsmittel in der Rechtssache C‑479/17 P beantragt die Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union,

–        die Entscheidung über die Zurückweisung der Einrede der Unzulässigkeit des Antrags auf Ersatz entgangenen Gewinns aufzuheben;

–        den Antrag von Guardian Europe auf Ersatz entgangenen Gewinns für unzulässig zu erklären;

–        Guardian Europe die Kosten aufzuerlegen.

19      Guardian Europe beantragt,

–        das Anschlussrechtsmittel zurückzuweisen;

–        der Europäischen Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, die Kosten aufzuerlegen.

20      Mit Beschluss der Vizepräsidentin des Gerichtshofs in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer vom 3. Juni 2019 sind die Rechtssachen C‑447/17 P und C‑479/17 P zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

 Zum Rechtsmittel in der Rechtssache C447/17 P

21      In ihrer Rechtsmittelschrift in der Rechtssache C‑447/17 P bringt die Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, vier Rechtsmittelgründe vor. Mit Schreiben vom 7. Januar 2019 hat sie jedoch ihren ersten, dritten und vierten Rechtsmittelgrund zurückgenommen.

 Vorbringen der Parteien

22      Zur Stützung ihres zweiten, nach der teilweisen Rücknahme ihres Rechtsmittels einzigen Rechtsmittelgrundes macht die Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, Rechtsmittelführerin in der Rechtssache C‑447/17 P, geltend, das Gericht habe, indem es in Rn. 161 des angefochtenen Urteils davon ausgegangen sei, dass zwischen dem Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 und dem Schaden, der Guardian Europe durch die Zahlung von Bankbürgschaftskosten während des diese angemessene Verfahrensdauer überschreitenden Zeitraums entstanden sei, ein hinreichend unmittelbarer Kausalzusammenhang bestehe, den Begriff „Kausalzusammenhang“ rechtlich fehlerhaft ausgelegt.

23      Konkret vertritt die Rechtsmittelführerin in der Rechtssache C‑447/17 P die Auffassung, das Gericht habe sich auf die fehlerhafte Prämisse gestützt, dass die Entscheidung, eine Bankbürgschaft zu stellen, zu einem einzigen Zeitpunkt getroffen werde, nämlich dem Zeitpunkt der „ursprünglichen Entscheidung“, die Bürgschaft zu stellen. Da jedoch die Pflicht zur Zahlung der Geldbuße während des gesamten Verfahrens vor den Unionsgerichten bestanden habe, habe Guardian Europe die Möglichkeit gehabt, die Geldbuße zu zahlen und damit der ihr insoweit obliegenden Pflicht nachzukommen. Da es dieser Gesellschaft jederzeit möglich gewesen sei, die Geldbuße zu zahlen, sei die von ihr getroffene eigene Entscheidung, diese Zahlung durch eine Bankbürgschaft zu ersetzen, eine fortdauernde, während des gesamten Verfahrens aufrechterhaltene Entscheidung. Somit liege die maßgebliche Ursache für die Zahlung der Bankbürgschaftskosten in ihrer eigenen Entscheidung, nicht die gesamte Geldbuße zu zahlen und die Zahlung durch eine Bankbürgschaft zu ersetzen, begründet und nicht im Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens.

24      Diese Auslegung werde zudem durch den Sachverhalt in der vorliegenden Rechtssache bestätigt. Wie aus Rn. 156 des angefochtenen Urteils hervorgehe, habe Guardian Europe die Bankbürgschaft nämlich am 2. August 2013, zu einem Zeitpunkt, der in keinem Zusammenhang mit dem vor den Unionsgerichten anhängigen Verfahren gestanden habe, aufgehoben, d. h. zehn Monate nach der Verkündung des Urteils vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), und 16 Monate vor der Verkündung des Urteils vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363).

25      Die Europäische Union, vertreten durch die Kommission, schließt sich dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin in der Rechtssache C‑447/17 P an.

26      Guardian Europe, Rechtsmittelgegnerin in der Rechtssache C‑447/17 P, macht geltend, dass die Verzögerung durch das Gericht im vorliegenden Fall der einzige Grund für die zusätzlichen Bankbürgschaftskosten gewesen sei, die sie habe aufbringen müssen, wobei sie insoweit keinerlei Verantwortung treffe. In diesem Zusammenhang betont Guardian Europe, dass sie bei der Entscheidung, der Kommission eine Bankbürgschaft zu stellen, gegen keine Rechtsvorschrift verstoßen habe; diese Entscheidung sei vielmehr völlig rechtmäßig. Folglich wäre, sollte der Gerichtshof befinden, dass die rechtmäßige Entscheidung, eine Bankbürgschaft zu stellen, die „Haftung“ von Guardian Europe nach sich ziehe, die Klage wegen Verletzung der durch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) geschützten Rechte jeglicher Wirksamkeit beraubt, wenn sich ein Unternehmen dafür entschieden habe, einen Teil seiner Geldbuße durch eine Bürgschaft zu decken.

27      Guardian Europe führt aus, dass ein Unterschied zwischen den während der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens entstandenen Bankbürgschaftskosten einerseits, die nach der u. a. aus dem Urteil vom 21. April 2005, Holcim (Deutschland)/Kommission (T‑28/03, EU:T:2005:139), und aus dem Beschluss vom 12. Dezember 2007, Atlantic Container Line u. a./Kommission (T‑113/04, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:377), hervorgegangenen Rechtsprechung nicht erstattungsfähig seien, und den nach diesem Zeitraum entstandenen Bankbürgschaftskosten andererseits bestehe.

28      Insoweit weist Guardian Europe unter Berufung auf Rn. 62 des Urteils vom 21. April 2005, Holcim (Deutschland)/Kommission (T‑28/03, EU:T:2005:139) darauf hin, dass einer der Hauptgründe, weshalb die Gerichte der Europäischen Union befunden hätten, dass Bankbürgschaftskosten nicht erstattungsfähig seien, wenn eine Entscheidung der Kommission, mit der eine Geldbuße verhängt werde, für nichtig erklärt werde, darin bestehe, dass die bereits entstandenen, mit der Bankbürgschaft verbundenen Kosten den Banken unabhängig vom endgültigen Schicksal der Nichtigkeitsklage hätten gezahlt werden müssen. Diese Argumentation könne jedoch auf die vorliegende Rechtssache nicht eindeutig angewandt werden, da Guardian Europe keine zusätzlichen Bankbürgschaftskosten zu zahlen gehabt hätte, wenn das Gericht innerhalb angemessener Frist über ihre Klage entschieden hätte.

29      Guardian Europe ersucht den Gerichtshof, das Vorbringen der Rechtsmittelführerin in der Rechtssache C‑447/17 P hinsichtlich der Qualifizierung der Entscheidung, eine Bankbürgschaft zu bestellen, als „fortdauernde Entscheidung“ zurückzuweisen und die vom Gericht in Rn. 160 des angefochtenen Urteils vorgenommene Prüfung zu bestätigen.

30      Guardian Europe fügt hinzu, nach dem Recht der Mitgliedstaaten werde der Kausalzusammenhang nur unterbrochen, wenn das Verhalten des Opfers durch ein Verschulden gekennzeichnet sei. Im vorliegenden Fall könne das Verhalten dieser Gesellschaft nicht als schuldhaft angesehen werden, da sie aktiv versucht habe, das Verfahren vor dem Gericht zu beschleunigen, und die Kanzlei mehrfach kontaktiert habe, um sich nach dem Stand des Verfahrens zu erkundigen.

31      Guardian Europe beantragt daher, diesen Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

32      Wie der Gerichtshof bereits ausgeführt hat, bezieht sich die von Art. 340 Abs. 2 AEUV aufgestellte Voraussetzung des Kausalzusammenhangs darauf, dass ein hinreichend unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Unionsorgane und dem Schaden in der Weise besteht, dass das gerügte Verhalten die entscheidende Ursache für den Schaden sein muss, wobei der Kläger die Beweislast für diesen Zusammenhang trägt (Urteil vom 13. Dezember 2018, Europäische Union/Kendrion, C‑150/17 P, EU:C:2018:1014‚ Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Somit ist zu prüfen, ob der Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 die entscheidende Ursache für den sich aus der Zahlung von Bankbürgschaftskosten während des diese angemessene Verfahrensdauer überschreitenden Zeitraums ist, um das Vorliegen eines unmittelbaren ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem der Europäischen Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, vorgeworfenen Verhalten und dem geltend gemachten Schaden feststellen zu können.

34      Insoweit ist festzustellen, dass der Gerichtshof im Rahmen einer gegen die Kommission erhobenen Schadensersatzklage, die u. a. darauf gerichtet war, Erstattung der den Klägern entstandenen Kosten einer zum Zweck der Aussetzung der Vollziehung bestimmter – später aufgehobener – Bescheide über die Wiedereinziehung von Ausfuhrerstattungen gestellten Sicherheit zu erlangen, entschieden hat, dass dann, wenn eine Entscheidung, mit der eine Geldbuße auferlegt wird, mit der Möglichkeit versehen wird, bis zur Entscheidung über eine Klage gegen diese Entscheidung eine Kaution zur Absicherung der Zahlung der Geldbuße und der Verzugszinsen zu stellen, sich der in den Kosten für die Sicherheit bestehende Schaden nicht aus dieser Entscheidung ergibt, sondern aus der eigenen Entscheidung des Betroffenen, eine Sicherheit zu bestellen, anstatt seine Rückzahlungspflicht sofort zu erfüllen. Unter diesen Umständen hat der Gerichtshof befunden, dass zwischen dem der Kommission vorgeworfenen Verhalten und dem behaupteten Schaden kein unmittelbarer Kausalzusammenhang bestand (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Februar 2013, Inalca und Cremonini/Kommission, C‑460/09 P, EU:C:2013:111, Rn. 118 und 120).

35      Das Gericht hat aber in Rn. 160 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass der Zusammenhang zwischen der Überschreitung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑82/08 und der Zahlung von Bankbürgschaftskosten während des diese angemessene Verfahrensdauer überschreitenden Zeitraums durch die ursprüngliche Entscheidung von Guardian Europe, einen Teil der mit der streitigen Entscheidung verhängten Geldbuße nicht sofort zu zahlen und eine Bankbürgschaft zu stellen, nicht habe beseitigt worden sein können.

36      Konkret gelangte das Gericht, wie aus Rn. 160 des angefochtenen Urteils hervorgeht, zu dem in der vorstehenden Randnummer angeführten Schluss, indem es sich auf zwei Umstände stützte, nämlich zum einen darauf, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem Guardian Europe ihre Klage in der Rechtssache T‑82/08 erhoben habe, und zu dem Zeitpunkt, zu dem diese Gesellschaft eine Bankbürgschaft gestellt habe, der Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens nicht vorhersehbar gewesen sei und diese Gesellschaft zu Recht habe davon ausgehen können, dass diese Klage innerhalb angemessener Frist behandelt würde, und zum anderen darauf, dass die angemessene Verfahrensdauer überschritten worden sei, nachdem Guardian Europe ihre ursprüngliche Entscheidung, eine Bürgschaft zu stellen, bereits gefasst gehabt habe.

37      Diesen beiden Umständen kann aber für die Annahme, dass der Kausalzusammenhang zwischen dem Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 und dem Schaden, der Guardian Europe durch die Zahlung von Bankbürgschaftskosten während des diese angemessene Verfahrensdauer überschreitenden Zeitraums entstanden ist, durch die Entscheidung dieses Unternehmens, diese Bürgschaft zu stellen, nicht habe unterbrochen worden sein können, keine Bedeutung zukommen (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2018, Europäische Union/Kendrion, C‑150/17 P, EU:C:2018:1014‚ Rn. 57).

38      Dies wäre nämlich nur dann der Fall, wenn die Aufrechterhaltung der Bankbürgschaft in der Weise zwingend wäre, dass ein Unternehmen, das eine Klage gegen eine Entscheidung der Kommission erhoben hat, mit der ihm eine Geldbuße auferlegt wird, und sich entschieden hat, eine Bankbürgschaft zu stellen, um dieser Entscheidung nicht sofort nachkommen zu müssen, nicht berechtigt wäre, vor dem Tag der Verkündung des Urteils bezüglich dieser Klage die Geldbuße zu zahlen und die von ihm gestellte Bankbürgschaft aufzuheben (Urteil vom 13. Dezember 2018, Europäische Union/Kendrion, C‑150/17 P, EU:C:2018:1014‚ Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39      Wie der Gerichtshof bereits festgestellt hat, obliegt die Aufrechterhaltung einer Bankbürgschaft aber ebenso wie deren Stellung der freien Entscheidung des betreffenden Unternehmens im Hinblick auf seine finanziellen Interessen. Das Unionsrecht hindert dieses Unternehmen nämlich in keiner Weise daran, die von ihm gestellte Bankbürgschaft jederzeit aufzuheben und die verhängte Geldbuße zu zahlen, wenn es in Anbetracht der Veränderung der Umstände gegenüber den zum Zeitpunkt der Stellung der Bürgschaft gegebenen Umständen der Ansicht ist, dass diese Option für das Unternehmen vorteilhafter ist. Dies könnte u. a. dann der Fall sein, wenn der Ablauf des Verfahrens vor dem Gericht das betreffende Unternehmen zu der Annahme veranlasst, dass das Urteil später erlassen werden wird als von ihm ursprünglich in Betracht gezogen und dass folglich die Kosten der Bankbürgschaft höher sein werden als ursprünglich bei der Stellung dieser Bürgschaft von ihm vorgesehen (Urteil vom 13. Dezember 2018, Europäische Union/Kendrion, C‑150/17 P, EU:C:2018:1014‚ Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Im vorliegenden Fall ist in Anbetracht dessen, dass zum einen am 12. Februar 2010, d. h. zwei Jahre nach Erhebung der Klage in der Rechtssache T‑82/08, noch nicht einmal das mündliche Verfahren in dieser Rechtssache eröffnet worden war, wie aus den vom Gericht in Rn. 133 des angefochtenen Urteils getroffenen Feststellungen hervorgeht, und dass zum anderen Guardian Europe selbst in ihrer Klageschrift eine Verfahrensdauer von genau zwei Jahren als für die Behandlung einer Rechtssache wie der Rechtssache T‑82/08 gewöhnliche Verfahrensdauer angesehen hat, festzustellen, dass Guardian Europe spätestens am 12. Februar 2010 wissen musste, dass die Verfahrensdauer in der genannten Rechtssache die von ihr ursprünglich in Betracht gezogene bei Weitem überschreiten würde, und sie die Zweckmäßigkeit der Aufrechterhaltung der Bankbürgschaft im Hinblick auf die zusätzlichen Kosten, die diese Aufrechterhaltung bedeuten könnte, überdenken konnte.

41      Unter diesen Umständen kann der Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 nicht die entscheidende Ursache für den Guardian Europe durch die Zahlung von Bankbürgschaftskosten während des die Verfahrensdauer überschreitenden Zeitraums entstandenen Schaden sein. Dieser Schaden beruht nämlich auf der eigenen Entscheidung von Guardian Europe, die Bankbürgschaft während des gesamten Verfahrens in dieser Rechtssache trotz der finanziellen Folgen, die dies bedeutete, aufrechtzuerhalten (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2018, Europäische Union/Kendrion, C‑150/17 P, EU:C:2018:1014‚ Rn. 61).

42      Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass das Gericht, indem es angenommen hat, dass zwischen dem Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 und dem Verlust, der Guardian Europe durch die Zahlung von Bankbürgschaftskosten während des die angemessene Verfahrensdauer überschreitenden Zeitraums entstanden sei, ein hinreichend unmittelbarer Kausalzusammenhang bestehe, den Begriff „Kausalzusammenhang“ rechtlich fehlerhaft ausgelegt hat.

43      Da der vorliegende Rechtsmittelgrund für begründet zu erklären ist, ist dem Rechtsmittel in der Rechtssache C‑447/17 P somit stattzugeben und Nr. 1 des Tenors des angefochtenen Urteils aufzuheben.

 Zum Anschlussrechtsmittel in der Rechtssache C479/17 P

 Vorbringen der Parteien

44      Mit ihrem einzigen Rechtsmittelgrund, den sie zur Stützung ihres Anschlussrechtsmittels in der Rechtssache C‑479/17 P geltend macht und der vor dem Rechtsmittel in dieser Rechtssache zu prüfen ist, macht die Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, Rechtsmittelführerin dieses Anschlussrechtsmittels, geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es in Rn. 65 des angefochtenen Urteils die Unzulässigkeitseinrede zurückgewiesen habe, die darauf gestützt werde, dass der Ersatz des von Guardian Europe geltend gemachten entgangenen Gewinns die Rechtswirkungen einer bestandskräftig gewordenen Entscheidung beseitigen würde, nämlich konkret die Entscheidung der Kommission vom 23. Dezember 2014 (im Folgenden: Entscheidung vom Dezember 2014).

45      Die Anschlussrechtsmittelführerin in der Rechtssache C‑479/17 P macht daher ausgehend von dem Umstand, dass die von der Kommission gemäß der Entscheidung vom Dezember 2014 an Guardian Europe gezahlten Zinsen den Ersatz des Schadens bezweckten, den diese Gesellschaft durch die Vorenthaltung der Nutzung des Betrags der rechtsgrundlos gezahlten Geldbuße erlitten habe, geltend, der Antrag von Guardian Europe auf Ersatz des entgangenen Gewinns ziele letztlich darauf ab, eine Entschädigung für diesen Schaden zu einem Satz zu erlangen, der über dem von der Kommission in der genannten Entscheidung angewandten Satz liege.

46      Um einen Anspruch auf einen höheren Renditesatz auf den Betrag geltend machen zu können, über den Guardian Europe wegen der rechtsgrundlosen Zahlung der verhängten Geldbuße nicht habe verfügen können, hätte diese Gesellschaft aber eine Nichtigkeitsklage gegen diese Entscheidung erheben müssen. Entgegen den Feststellungen in Rn. 64 des angefochtenen Urteils habe dieser Schadensersatzantrag somit den gleichen Gegenstand und dieselbe Wirkung wie ein Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung vom Dezember 2014.

47      Unter diesen Umständen hätte das Gericht den Grundsatz, wonach eine bestandskräftige Entscheidung nicht im Weg einer Schadensersatzklage mit demselben Gegenstand und derselben Wirkung wie eine Nichtigkeitsklage angefochten werden könne, der sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, u. a. den Urteilen vom 15. Dezember 1966, Schreckenberg/Kommission (59/65, EU:C:1966:60), und vom 14. Februar 1989, Bossi/Kommission (346/87, EU:C:1989:59‚ Rn. 31 bis 35), sowie aus dem Beschluss vom 4. Oktober 2010, Ivanov/Kommission (C‑532/09 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2010:577‚ Rn. 23 bis 25), ergebe, anwenden und infolgedessen den Schadensersatzantrag von Guardian Europe bezüglich eines angeblichen entgangenen Gewinns als unzulässig zurückweisen müssen.

48      Guardian Europe tritt dem Vorbringen der Anschlussrechtsmittelführerin in der Rechtssache C‑479/17 P entgegen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

49      Nach ständiger Rechtsprechung ist die Schadensersatzklage nach Art. 340 Abs. 2 AEUV als selbständiger Rechtsbehelf mit eigener Funktion im System der Klagemöglichkeiten geschaffen und von Voraussetzungen abhängig gemacht worden, die ihrem besonderen Zweck angepasst sind, so dass die Unzulässigkeitserklärung der Nichtigkeitsklage nicht automatisch die der Klage auf Entschädigung nach sich zieht (Beschluss vom 21. Juni 1993, Van Parijs u. a./Rat und Kommission, C‑257/93, EU:C:1993:249‚ Rn. 14 und die dort angeführte Rechtsprechung).

50      Hingegen kann eine Partei zwar mit einer Schadensersatzklage vorgehen, ohne durch irgendeine Vorschrift gezwungen zu sein, die Nichtigerklärung der rechtswidrigen Handlung, die ihr einen Schaden verursacht hat, zu betreiben, jedoch kann sie auf diese Weise nicht die Unzulässigkeit einer Klage umgehen, die sich auf dieselbe Rechtswidrigkeit bezieht und dieselben finanziellen Ziele verfolgt (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 26. Oktober 1995, Pevasa und Inpesca/Kommission, C‑199/94 P und C‑200/94 P, EU:C:1995:360‚ Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

51      Daher ist eine Schadensersatzklage für unzulässig zu erklären, wenn mit ihr in Wirklichkeit die Aufhebung einer bestandskräftig gewordenen Einzelfallentscheidung begehrt wird und sie, falls ihr stattgegeben würde, zur Folge hätte, dass die Rechtswirkungen dieser Entscheidung beseitigt würden. Dies ist dann der Fall, wenn die Klägerin mit einem Schadensersatzantrag ein Ergebnis erreichen möchte, das dem entspricht, das sie erreicht hätte, wenn die Nichtigkeitsklage erfolgreich gewesen wäre, die sie nicht rechtzeitig eingereicht hat (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 4. Oktober 2010, Ivanov/Kommission, C‑532/09 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2010:577, Rn. 23 und 24 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

52      Es ist zu prüfen, ob, wie die Anschlussrechtsmittelführerin in der Rechtssache C‑479/17 P vorträgt, mit dem Schadensersatzantrag gemäß Art. 340 Abs. 2 AEUV, den Guardian Europe gestellt hat, um Ersatz des geltend gemachten Schadens wegen entgangenen Gewinns zu erlangen, ein Ergebnis erreicht werden soll, das mit dem einer Nichtigkeitsklage identisch wäre, die gegen die Entscheidung vom Dezember 2014 erhoben worden wäre.

53      Wie aus Rn. 24 des angefochtenen Urteils hervorgeht, begehrte Guardian Europe mit ihrer Schadensersatzklage u. a. Ersatz des Schadens, der ihr zum einen durch die Dauer des Verfahrens in der Rechtssache T‑82/08 und zum anderen durch einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der streitigen Entscheidung und im Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), entstanden sein soll und der in entgangenem Gewinn aufgrund der Differenz zwischen den von der Kommission erstatteten Zinsen auf den Teil der Geldbuße, den der Gerichtshof in seinem Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), letztlich für rechtsgrundlos gezahlt befunden hat, und den Einkünften bestehe, die sie hätte erzielen können, wenn sie den Betrag, den der Gerichtshof letztlich für rechtsgrundlos gezahlt befunden hat, nicht der Kommission gezahlt, sondern in ihr Unternehmen investiert hätte.

54      Im Übrigen hat die Kommission, wie aus den Rn. 54 und 55 des angefochtenen Urteils hervorgeht, mit ihrer Entscheidung vom Dezember 2014 den Teil der Geldbuße, den der Gerichtshof im Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), für rechtsgrundlos gezahlt befunden hat, erstattet und Zinsen auf diesen Betrag in Höhe von 988 620 Euro gezahlt.

55      Bezüglich dieser Entscheidung ist darauf hinzuweisen, dass, wie der Gerichtshof bereits festgestellt hat, nach Art. 266 Abs. 1 AEUV das Organ, dem das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die sich aus dem Urteil, mit dem dieses Handeln für nichtig erklärt wird, ergebenden Maßnahmen zu ergreifen hat. Dies impliziert u. a. die Zahlung geschuldeter Beträge und die Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Beträge sowie die Zahlung von Verzugszinsen. In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof klargestellt, dass die Zahlung dieser Zinsen insofern eine Maßnahme zur Durchführung des Nichtigkeitsurteils im Sinne von Art. 266 Abs. 1 AEUV darstellt, als mit ihr die Vorenthaltung eines zu zahlenden Geldbetrags pauschal ausgeglichen und der Schuldner veranlasst werden soll, das Nichtigkeitsurteil so schnell wie möglich durchzuführen (vgl. Urteil vom 12. Februar 2015, Kommission/IPK International, C‑336/13 P, EU:C:2015:83‚ Rn. 29 und 30).

56      Zur Bestimmung der Höhe der Verzugszinsen, die einem Unternehmen, das eine von der Kommission verhängte Geldbuße gezahlt hat, infolge der Nichtigerklärung dieser Geldbuße zu zahlen sind, hat die Kommission den dazu in der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1268/2012 der Kommission vom 29. Oktober 2012 über die Anwendungsbestimmungen für die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union (ABl. 2012, L 362, S. 1) festgelegten Satz anzuwenden.

57      Ermöglicht das verfügbare Kapital eines von der Kommission mit einer Geldbuße belegten Unternehmens diesem die Zahlung der verhängten Geldbuße, und wird diese Geldbuße später für nichtig erklärt, so wird der Schaden, der in der Vorenthaltung der Nutzung dieses Kapitals besteht, somit normalerweise durch die Zahlung von Verzugszinsen durch die Kommission auf den Betrag der rechtsgrundlos gezahlten Geldbuße, berechnet nach der Delegierten Verordnung Nr. 1268/2012, im vorliegenden Fall in Höhe von 988 620 Euro, gedeckt.

58      Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Höhe dieser Zinsen unter besonderen Umständen unzureichend ist, um den Schaden vollständig zu ersetzen, der dadurch entstanden ist, dass die Nutzung des rechtsgrundlos gezahlten Betrags vorenthalten worden ist.

59      Unter solchen Umständen muss das betroffene Unternehmen jedoch, um Ersatz des Schadens zu erlangen, der auf einer Vorenthaltung der Nutzung des rechtsgrundlos gezahlten Betrags beruht, der nicht vom Betrag der von der Kommission zu zahlenden Verzugszinsen gedeckt ist, nach Art. 340 Abs. 2 AEUV Schadensersatz beantragen.

60      Diese Beurteilung wird durch Art. 266 Abs. 2 AEUV bestätigt, wonach die Verpflichtung des Organs, dem das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die sich aus dem Urteil selbst ergebenden Maßnahmen, zu denen die Zahlung von Verzugszinsen gehört, zu ergreifen, unbeschadet der Verpflichtungen besteht, die sich aus der Anwendung von Art. 340 AEUV ergeben.

61      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass Guardian Europe mit ihrer Schadensersatzklage weder die Erstattung des Teils der Geldbuße beantragt, der im Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), letztlich für rechtsgrundlos gezahlt befunden worden ist, noch die Zahlung von Zinsen, die auf diesen Betrag aufgelaufen sind, als er im Besitz der Kommission war, sondern den in Rn. 53 des vorliegenden Urteils angeführten entgangenen Gewinn.

62      Des Weiteren ist festzustellen, dass, was Verzugszinsen anbelangt, eine etwaige Nichtigerklärung der Entscheidung vom Dezember 2014 nicht zur Zahlung eines anderen Betrags zugunsten von Guardian Europe führen könnte als des Betrags der von der Kommission gemäß der Delegierten Verordnung Nr. 1268/2012 zu erstattenden Zinsen.

63      Somit ist festzustellen, dass mit dem von Guardian gemäß Art. 340 Abs. 2 AEUV gestellten Antrag auf Ersatz des geltend gemachten Schadens wegen entgangenen Gewinns nicht ein Ergebnis erreicht werden soll, das mit dem einer Nichtigkeitsklage identisch wäre, die gegen die Entscheidung vom Dezember 2014 erhoben worden wäre.

64      Somit hat das Gericht in Rn. 64 des angefochtenen Urteils zu Recht festgestellt, dass der von Guardian Europe wegen des geltend gemachten entgangenen Gewinns gestellte Schadensersatzantrag nicht das gleiche Ziel und die gleiche Wirkung habe wie eine etwaige Nichtigkeitsklage gegen die Entscheidung vom Dezember 2014 und daher nicht als wegen Verfahrensmissbrauchs unzulässig angesehen werden könne.

65      Folglich kann dem Gericht nicht vorgeworfen werden, es hätte einen Rechtsfehler begangen, indem es in Rn. 65 des angefochtenen Urteils die Unzulässigkeitseinreden, die damit begründet wurden, dass der Ersatz des geltend gemachten entgangenen Gewinns die Wirkungen einer bestandskräftig gewordenen Entscheidung beseitigen würde, zurückgewiesen hat.

66      Daher ist der einzige zur Stützung des Anschlussrechtsmittels in der Rechtssache C‑479/17 P geltend gemachte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen und das Anschlussrechtsmittel zurückzuweisen.

 Zum Rechtsmittel in der Rechtssache C479/17 P

67      Guardian Europe stützt ihr Rechtsmittel in der Rechtssache C‑479/17 P auf sechs Gründe.

 Zum sechsten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

68      Mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund, der zuerst zu prüfen ist, macht Guardian Europe geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es die Auffassung vertreten habe, dass allein ein Urteil eines letztinstanzlichen Gerichts der Union die Haftung der Europäischen Union wegen eines Verstoßes gegen das Unionsrecht auslösen könne.

69      Nach Ansicht von Guardian Europe schließt die Rechtsprechung des Gerichtshofs nämlich die Möglichkeit, dass eine Entscheidung eines Untergerichts Anlass für eine Schadensersatzklage wegen Verstoßes gegen das Unionsrecht geben könne, nicht ausdrücklich aus. Der im Urteil vom 30. September 2003, Köbler (C‑224/01, EU:C:2003:513), aufgestellte Grundsatz beschränke sich nicht auf letztinstanzliche Gerichte.

70      Im Übrigen würde, selbst wenn man annähme, dass nur eine Entscheidung eines letztinstanzlichen Gerichts eine Haftung für einen Verstoß gegen das Unionsrecht auslösen könne, daraus in Anbetracht der Unterschiede, die zwischen dem Gericht und den Gerichten der Mitgliedstaaten bestünden, nicht folgen, dass dieser Grundsatz auch im Hinblick auf das Gericht anwendbar wäre.

71      Da des Weiteren der Gerichtshof in einem Urteil definitionsgemäß keinen Verstoß gegen das Unionsrecht begehen könne, hätte die Beurteilung in Rn. 122 des angefochtenen Urteils zur Folge, dass die Unionsgerichte für einen Verstoß gegen das Unionsrecht niemals haftbar gemacht werden könnten.

72      Schließlich wirft Guardian Europe dem Gericht vor, dass es in Rn. 124 des angefochtenen Urteils die Ansicht vertreten habe, dass sie keine schwerwiegenden Störungen des Gerichtswesens, insbesondere verfahrensrechtlicher oder administrativer Art, geltend gemacht habe.

73      Die Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, Rechtsmittelgegnerin in der Rechtssache C‑479/17 P, tritt dem Vorbringen von Guardian Europe entgegen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

74      Zur Beurteilung der Begründetheit der von Guardian Europe im Hinblick auf Rn. 122 des angefochtenen Urteils erhobenen Rüge ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Kontext des Grundsatzes der Haftung eines Mitgliedstaats für Schäden, die dem Einzelnen durch diesem Mitgliedstaat zuzurechnende Verstöße gegen das Unionsrecht entstanden sind, entschieden hat, dass dieser Grundsatz auch dann Anwendung findet, wenn sich der fragliche Verstoß aus einer Entscheidung eines letztinstanzlichen Gerichts dieses Mitgliedstaats ergibt (vgl. Urteil vom 30. September 2003, Köbler, C‑224/01, EU:C:2003:513, Rn. 50).

75      Zu dieser Beurteilung gelangte der Gerichtshof, indem er u. a. auf die entscheidende Rolle abstellte, die die Judikative beim Schutz der dem Einzelnen aufgrund unionsrechtlicher Bestimmungen zustehenden Rechte spielt, und des Umstands, dass ein letztinstanzliches Gericht definitionsgemäß die letzte Instanz ist, vor der der Einzelne die ihm vom Unionsrecht eingeräumten Rechte geltend machen kann. Bezüglich des letztgenannten Punktes hat der Gerichtshof betont, dass, da eine durch eine rechtskräftige Entscheidung eines solchen Gerichts erfolgte Verletzung dieser Rechte regelmäßig nicht rückgängig gemacht werden kann, dem Einzelnen nicht die Befugnis genommen werden darf, den Staat haftbar zu machen, um auf diesem Wege den gerichtlichen Schutz seiner Rechte zu erlangen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. September 2003, Köbler, C‑224/01, EU:C:2003:513, Rn. 33 und 34).

76      Entgegen dem Vorbringen von Guardian Europe geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs klar hervor, dass der in Rn. 74 des vorliegenden Urteils genannte Grundsatz nicht anwendbar ist, wenn der Verstoß gegen das Unionsrecht von einem Gericht eines Mitgliedstaats begangen wird, das nicht in letzter Instanz entscheidet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juli 2016, Tomášová, C‑168/15, EU:C:2016:602‚ Rn. 36).

77      Denn auch wenn mangels einer innerstaatlichen Rechtsschutzmöglichkeit gegen eine gerichtliche Entscheidung eines letztinstanzlichen Gerichts die Staatshaftungsklage der einzige Rechtsbehelf ist, mit dem die Wiederherstellung des beeinträchtigten Rechts gewährleistet und somit für den wirksamen gerichtlichen Schutz der Rechte gesorgt werden kann, die dem Einzelnen nach der Unionsrechtsordnung zustehen, gilt dies nicht für die Entscheidungen erstinstanzlicher Gerichte, da gegen diese innerstaatliche Rechtsbehelfe gegeben sind, so dass die sich aus den letztgenannten Entscheidungen ergebenden Verstöße gegen das Unionsrecht korrigiert oder rückgängig gemacht werden können.

78      Folglich stellt die Wahrnehmung des gerichtlichen Rechtsbehelfs, wie der Generalanwalt in Nr. 110 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, die geeignete Form der Wiedergutmachung der Verstöße gegen das Unionsrecht dar, die sich aus den Entscheidungen der nicht in letzter Instanz entscheidenden nationalen Gerichte ergeben.

79      Es ist zu prüfen, ob der Grundsatz, wonach die Haftung eines Mitgliedstaats für Schäden, die dem Einzelnen durch einen Verstoß gegen das Unionsrecht aufgrund einer Entscheidung eines Gerichts dieses Mitgliedstaats entstanden sind, das nicht in letzter Instanz entscheidet, ausgeschlossen ist, auf die in Art. 340 Abs. 2 AEUV vorgesehene Regelung der Haftung der Union übertragbar ist.

80      Hierzu ist festzustellen, dass zum einen, wie sich aus Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 1 EUV ergibt, der Gerichtshof der Europäischen Union, dem die Aufgabe übertragen ist, die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge zu sichern, mehrere Gerichte, nämlich den Gerichtshof, das Gericht und die Fachgerichte, umfasst.

81      Zum anderen sieht Art. 256 AEUV vor, dass das Gericht für Entscheidungen „im ersten Rechtszug“ über die in dieser Vorschrift genannten Klagen zuständig ist und dass gegen die Entscheidungen, die dieses Gericht im Rahmen dieser Klagen erlässt, beim Gerichtshof ein Rechtsmittel eingelegt werden kann. Die Möglichkeit, beim Gerichtshof ein Rechtsmittel einzulegen, ist auch in Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union vorgesehen.

82      Somit ermöglichen es die Merkmale des Gerichtssystems der Union, das durch die Verträge geschaffen wurde, um die gerichtliche Kontrolle in der Unionsrechtsordnung zu gewährleisten, das Gericht einem Gericht eines Mitgliedstaats gleichzusetzen, das nicht in letzter Instanz entscheidet, wie der Generalanwalt in Nr. 112 seiner Schlussanträge ausgeführt hat.

83      Da Verstöße gegen das Unionsrecht, die sich aus Entscheidungen des Gerichts ergeben, gegen die ein Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt werden kann, korrigiert oder rückgängig gemacht werden können, was, wie sich aus Rn. 123 des angefochtenen Urteils ergibt, gerade in Bezug auf das Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), der Fall war, ist unter diesen Umständen festzustellen, dass die Einlegung eines Rechtsmittels die geeignete Art und Weise zur Wiedergutmachung von in diesen Entscheidungen begangenen Rechtsfehlern darstellt, so dass der in Rn. 79 des vorliegenden Urteils genannte Grundsatz im Hinblick auf diese Entscheidungen auf die in Art. 340 Abs. 2 AEUV vorgesehene Regelung der Haftung der Union übertragbar ist.

84      Folglich können Verstöße gegen das Unionsrecht, die sich aus einer Entscheidung des Gerichts wie dem Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), ergeben, nicht die Haftung der Union auslösen.

85      Somit hat das Gericht in Rn. 122 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei befunden, dass die Haftung der Union nicht durch den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung ausgelöst werden könne, die nicht von einem letztinstanzlichen Unionsgericht erlassen worden sei und somit Gegenstand eines Rechtsmittels habe sein können.

86      Was das in Rn. 72 des vorliegenden Urteils angeführte Vorbringen von Guardian Europe bezüglich der Beurteilung des Gerichts in Rn. 124 des angefochtenen Urteils anbelangt, geht, wie der Generalanwalt in Nr. 121 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, entgegen dem Vorbringen dieser Gesellschaft aus der beim Gericht erhobenen Klage klar hervor, dass der Antrag auf Ersatz des Schadens, der durch das Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), entstanden sein soll, lediglich darauf gestützt war, dass das Gericht in diesem Urteil die Rechtsprechung des Gerichtshofs verkannt habe. Dem Gericht kann daher nicht vorgeworfen werden, dass es in Rn. 124 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass das Vorbringen der Klägerin zu diesem Punkt nicht auf das Vorliegen schwerwiegender Störungen des Gerichtswesens gestützt sei, die die Tätigkeit eines Unionsgerichts beeinträchtigten.

87      Der sechste Rechtsmittelgrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten und zum vierten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

88      Mit ihrem ersten und ihrem vierten Rechtsmittelgrund, die zusammen zu prüfen sind, wirft Guardian Europe dem Gericht vor, dass es in den Rn. 103 und 153 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass sie die mit der Zahlung der von der Kommission verhängten Geldbuße verbundene Belastung nicht persönlich getragen habe und daher nicht habe behaupten können, dass ihr wegen des Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 und dem Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der streitigen Entscheidung und im Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), ein tatsächlicher und sicherer Schaden wegen des geltend gemachten entgangenen Gewinns entstanden sei.

89      Guardian Europe macht insbesondere geltend, das Gericht habe den Begriff „Unternehmen“ im Sinne des Unionsrechts verkannt. Da die Unternehmensgruppe Guardian im Verwaltungsverfahren vor der Kommission, in dem die streitige Entscheidung ergangen sei, stets als ein „einheitliches Unternehmen“ im Sinne des Unionsrechts behandelt worden sei, indem die Guardian Europe auferlegte Geldbuße auf der Grundlage des Werts der Verkäufe dieser Unternehmensgruppe und nicht der Verkäufe von Guardian Europe berechnet worden sei, hätte die Unternehmensgruppe Guardian auch bei der Beurteilung des sich aus dem Verstoß des Gerichts gegen Art. 47 der Charta sowie dem Verstoß der Kommission und des Gerichts gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung ergebenden Schadens im Rahmen von Art. 340 Abs. 2 AEUV als ein „einheitliches Unternehmen“ angesehen werden müssen.

90      Guardian Europe ist außerdem der Ansicht, dass das Gericht bei der Beurteilung, ob ihr ein persönlicher Schaden entstanden sei, das tatsächliche Bestehen von Konzernverbindungen mit ihren Tochtergesellschaften nicht habe unberücksichtigt lassen dürfen, zumal es sich um Tochtergesellschaften gehandelt habe, die zu 100 % in ihrem Besitz gewesen seien.

91      Schließlich macht Guardian Europe geltend, der Gerichtshof verfüge über alle erforderlichen Angaben, um ihr eine Entschädigung als Ersatz für den Gewinn zuzusprechen, der ihr aufgrund dieser Verstöße entgangen sei.

92      Die Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, tritt dem Vorbringen von Guardian Europe entgegen.

93      Die Kommission trägt in erster Linie vor, das Gericht hätte den Antrag auf Schadensersatz wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der streitigen Entscheidung als verjährt ansehen müssen. Nach Ansicht der Kommission handelt es sich dabei um eine Frage der Zulässigkeit und damit des zwingenden Rechts, die der Unionsrichter von Amts wegen aufwerfen könne und sogar müsse.

94      Hilfsweise macht die Kommission geltend, der vierte Rechtsmittelgrund sei als unzulässig zurückzuweisen, da der gegen die Kommission gerichtete Antrag auf Entschädigung für entgangenen Gewinn eine verspätete Anfechtung der Entscheidung betreffend die Erstattung des Zuvielbetrags der vorläufigen Zahlung der Geldbuße sei.

95      Weiter hilfsweise macht die Kommission geltend, das Gericht habe jedenfalls keinen Fehler begangen, indem es festgestellt habe, dass Guardian Europe durch die vorläufige Zahlung der Geldbuße kein Schaden entstanden sei. Entgegen dem Vorbringen von Guardian Europe sei diese nämlich in der streitigen Entscheidung bei der Festsetzung der Geldbuße nicht als einheitliches Unternehmen im Sinne des Unionsrechts behandelt worden. Nach Ansicht der Kommission können nur Einheiten mit Rechtspersönlichkeit für Zuwiderhandlungen haftbar gemacht werden.

96      Äußerst hilfsweise vertritt die Kommission schließlich die Ansicht, dass, selbst wenn die im Rahmen des vierten Rechtsmittelgrundes vorgebrachten Argumente durchgreifen würden, Guardian Europe kein Gewinn aufgrund eines angeblichen hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der streitigen Entscheidung entgangen sei. Insoweit macht die Kommission geltend, dass, da Guardian Europe keine konzerninternen Verkäufe getätigt habe, die Anwendung einer diese Verkäufe einbeziehenden Methode zur Berechnung der Geldbußen in Wirklichkeit nur zu einer Erhöhung der gegen andere Adressaten verhängten Geldbußen geführt hätte.

 Würdigung durch den Gerichtshof

97      Was erstens das Vorbringen von Guardian Europe bezüglich des angeblichen Gewinns anbelangt, der ihr aufgrund des Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung im Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), entgangen sein soll, hat das Gericht, wie aus den Rn. 122 bis 125 des angefochtenen Urteils hervorgeht, den auf diesen angeblichen Verstoß gestützten Schadensersatzantrag nicht unter Berufung auf die Feststellungen in den Rn. 103 und 153 dieses Urteils zurückgewiesen, wonach die Klägerin die mit der Zahlung der mit der streitigen Entscheidung verhängten Geldbuße verbundene Belastung nicht persönlich getragen habe, sondern mit der Begründung, dass die Haftung der Union nicht durch eine gerichtliche Entscheidung ausgelöst werden könne, die nicht von einem letztinstanzlichen Gericht der Union erlassen worden sei. Daraus folgt, dass dieses Vorbringen auf ein fehlerhaftes Verständnis des angefochtenen Urteils gestützt wird und daher der Grundlage entbehrt, zumal das Gericht, wie aus Rn. 84 des vorliegenden Urteils hervorgeht, jedenfalls zu Recht entschieden hat, dass ein solcher Verstoß nicht geeignet sei, die Haftung der Union gemäß Art. 340 Abs. 2 AEUV auszulösen.

98      Zweitens rügt die Kommission in ihrer Rechtsmittelbeantwortung, wie aus den Rn. 93 und 94 des vorliegenden Urteils hervorgeht, dass das Gericht in den Rn. 46 und 65 des angefochtenen Urteils die Unzulässigkeitseinreden zurückgewiesen habe, die zum einen auf die Verjährung bezüglich des Antrags auf Ersatz der materiellen Schäden gestützt waren, die durch den Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der streitigen Entscheidung entstanden sein sollen, und zum anderen darauf, dass der Ersatz des aufgrund eines solchen Verstoßes entgangenen Gewinns die Rechtswirkungen der Entscheidung vom Dezember 2014 beseitigen würde. Nach Ansicht der Kommission handelt es sich dabei um Unzulässigkeitseinreden, die zwingendes Recht seien und daher vom Gerichtshof von Amts wegen aufgeworfen werden müssten.

99      Insoweit ist, was zum einen die auf die Verjährung des genannten Antrags gestützte Unzulässigkeitseinrede anbelangt, darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass die Verjährung eine Unzulässigkeitseinrede darstellt, die im Unterschied zu den Verfahrensfristen kein zwingendes Recht ist, sondern die Schadensersatzklage nur auf Antrag des Beklagten untergehen lässt (Urteil vom 8. November 2012, Evropaïki Dynamiki/Kommission, C‑469/11 P, EU:C:2012:705‚ Rn. 54), und dass die Einhaltung einer Verjährungsfrist vom Unionsrichter nicht von Amts wegen geprüft werden kann, sondern von der betroffenen Partei geltend gemacht werden muss (Urteil vom 14. Juni 2016, Marchiani/Parlament, C‑566/14 P, EU:C:2016:437‚ Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung).

100    Somit ist festzustellen, dass die Kommission, wenn sie hätte erreichen wollen, dass der Gerichtshof Rn. 46 des angefochtenen Urteils, mit der diese Unzulässigkeitseinrede zurückgewiesen wurde, aufhebt, zu diesem Zweck ein Anschlussrechtsmittel hätte einlegen müssen, wie sich aus den Art. 174, 176 und Art. 178 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ergibt.

101    Was zum anderen die Unzulässigkeitseinrede anbelangt, die darauf gestützt wird, dass die Klage auf Ersatz des angeblich durch den Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der streitigen Entscheidung entgangenen Gewinns die Rechtswirkungen der Entscheidung vom Dezember 2014 beseitigen würde, ist, ohne der Frage vorzugreifen, ob diese Unzulässigkeitseinrede vom Gerichtshof von Amts wegen aufzuwerfen ist, festzustellen, dass das Vorbringen der Kommission darauf hinausläuft, dem Gericht denselben Rechtsfehler vorzuwerfen wie der, auf den sich der einzige Grund bezieht, der zur Stützung des Anschlussrechtsmittels in der Rechtssache C‑479/17 P geltend gemacht worden ist, das von der Europäischen Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, eingelegt worden ist. Wie in Rn. 66 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ist dieser Rechtsmittelgrund jedoch als unbegründet zurückzuweisen.

102    Was drittens das Vorbringen von Guardian Europe betrifft, das Gericht habe in den Rn. 103 und 153 des angefochtenen Urteils den Begriff „Unternehmen“ im Sinne des Unionsrechts verkannt, ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass sich die Verfasser der Verträge, um den Urheber einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht zu bestimmen, dem gemäß den Art. 101 und 102 AEUV eine Sanktion auferlegt werden kann, dafür entschieden haben, den Begriff „Unternehmen“ zu verwenden und nicht den in Art. 54 AEUV verwendeten Begriff „Gesellschaft“ oder „juristische Person“ (Urteil vom 18. Juli 2013, Schindler Holding u. a./Kommission, C‑501/11 P, EU:C:2013:522‚ Rn. 102).

103    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs betrifft das Wettbewerbsrecht der Union die Tätigkeit von Unternehmen; der Begriff des Unternehmens umfasst jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einrichtung unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (Urteil vom 27. April 2017, Akzo Nobel u. a./Kommission, C‑516/15 P, EU:C:2017:314‚ Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

104    Der Gerichtshof hat ferner klargestellt, dass in diesem Zusammenhang unter dem Begriff „Unternehmen“ eine wirtschaftliche Einheit zu verstehen ist, selbst wenn diese wirtschaftliche Einheit rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen besteht (Urteil vom 27. April 2017, Akzo Nobel u. a./Kommission, C‑516/15 P, EU:C:2017:314‚ Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

105    Der Begriff „Unternehmen“ in dem in der vorstehenden Randnummer genannten Sinne wird somit speziell für die Durchführung der einschlägigen Bestimmungen des Wettbewerbsrechts der Union und insbesondere für die Bestimmung des Urhebers einer Zuwiderhandlung gegen die Art. 101 und 102 AEUV verwendet.

106    Hingegen ist dieser Begriff im Rahmen einer auf Art. 340 Abs. 2 AEUV gestützten Schadensersatzklage nicht anwendbar. Wie der Generalanwalt in Nr. 73 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, handelt es sich bei dieser Klage nämlich um eine Klage des allgemeinen Rechts, die den allgemeinen Verfahrensvorschriften unterliegt, für die im vorliegenden Fall unabhängig von der Systematik der Haftung im Hinblick auf das Kartellrecht die Grundsätze des Gesellschaftsrechts gelten.

107    Folglich hat das Gericht in den Rn. 103 und 153 des angefochtenen Urteils den Begriff „Unternehmen“ im Sinne des Unionsrechts nicht verkannt.

108    Was viertens die von Guardian Europe in Anbetracht des tatsächlichen Bestehens von Beziehungen zwischen ihr und ihren Tochtergesellschaften vorgebrachte Rüge bezüglich der vom Gericht in den Rn. 103 und 153 des angefochtenen Urteils getroffene Feststellung anbelangt, wonach sie die mit der Zahlung der Geldbuße verbundene Belastung nicht selbst getragen habe, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass derjenige, der einen eigenen Schadensersatzanspruch geltend macht, u. a. nachzuweisen hat, dass ihm der Schaden, für den er Ersatz begehrt, persönlich entstanden ist.

109    Im vorliegenden Fall ist zu dem von Guardian Europe wegen entgangenen Gewinns geltend gemachten Schaden festzustellen, dass – wie aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten hervorgeht – unstreitig ist, dass zum einen ein Teil der gegen Guardian Europe und deren Muttergesellschaft gesamtschuldnerisch verhängten Geldbuße in Höhe von 148 000 000 Euro, nämlich 111 000 000 Euro, sogleich im März 2008 an die Kommission gezahlt wurde, während der Restbetrag von 37 000 000 Euro durch eine Bankbürgschaft abgedeckt wurde, und dass zum anderen diese Bürgschaft im Juli 2013 aufgehoben wurde, nachdem ein Betrag in Höhe von insgesamt 48 263 003 Euro, der dem gesamten Restbetrag der Geldbuße zuzüglich Zinsen entsprach, an die Kommission gezahlt worden war.

110    Ebenso ist unstreitig, dass infolge des Urteils vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), mit dem u. a. die genannte Geldbuße auf einen Betrag von 103 600 000 Euro herabgesetzt wurde, sich sowohl der Betrag von 7 400 000 Euro, der den Überschuss der ursprünglichen Zahlung von 111 000 000 Euro gegenüber der vom Gerichtshof angepassten Geldbuße darstellt, als auch der Betrag von 48 263 003 Euro, der der Kommission nach Aufhebung der Bankbürgschaft gezahlt wurde, d. h. ein Betrag von insgesamt 55 663 003 Euro, als nicht geschuldet erwiesen haben.

111    In diesem Zusammenhang forderte Guardian Europe im Rahmen des Antrags auf Ersatz des Schadens, der ihr durch einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung entstanden sein soll, vor dem Gericht eine Entschädigung in Höhe von 9 292 000 Euro für den ihr im Zeitraum von März 2008, dem Zeitpunkt der Zahlung des Betrags von 111 000 000 Euro, bis zum 12. November 2014, dem Zeitpunkt des Urteils des Gerichtshofs, mit dem die verhängte Geldbuße herabgesetzt wurde, angeblich entgangenen Gewinn. Der geltend gemachte entgangene Gewinn bestehe insbesondere in der Differenz zwischen den von der Kommission nach der Herabsetzung der Geldbuße durch den Gerichtshof erstatteten Zinsen und den Einkünften, die Guardian Europe in dem genannten Zeitraum hätte erzielen können, wenn sie den nicht geschuldeten Betrag von 55 663 003 Euro nicht gezahlt, sondern in ihr Unternehmen investiert hätte.

112    Im Übrigen forderte Guardian Europe im Rahmen des Antrags auf Ersatz des Schadens, der ihr durch den Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 entstanden sein soll, vor dem Gericht eine Entschädigung in Höhe von 1 671 000 Euro für den ihr im Zeitraum vom 12. Februar 2010, dem Zeitpunkt, zu dem das Urteil in der Rechtssache T‑82/08 ihrer Meinung nach hätte erlassen werden müssen, bis zum 27. September 2012, dem Zeitpunkt des diese Rechtssache beendenden Urteils, wegen des Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der genannten Rechtssache angeblich entgangenen Gewinn. Der geltend gemachte entgangene Gewinn bestehe insbesondere in der Differenz zwischen dem Teil der von der Kommission nach der Herabsetzung der Geldbuße durch den Gerichtshof erstatteten Zinsen für den genannten Zeitraum und den Einkünften, die Guardian Europe im selben Zeitraum hätte erzielen können, wenn sie den nicht geschuldeten Betrag von 7 400 000 Euro nicht sofort gezahlt, sondern in ihr Unternehmen investiert hätte.

113    Wie sich aus den Feststellungen des Gerichts in den Rn. 100 bis 102 des angefochtenen Urteils ergibt, wurde jedoch, was zum einen den im März 2008 an die Kommission gezahlten Betrag von 111 000 000 Euro anbelangt, ein Betrag von 20 000 000 Euro von Guardian Industries gezahlt. Was den restlichen Betrag von 91 000 000 Euro betrifft, so wurde dieser zwar von Guardian Europe an die Kommission gezahlt, jedoch ändert dies nichts daran, dass gemäß mehreren Vereinbarungen zwischen Guardian Europe und ihren sieben Tochtergesellschaften letztere ab dem 31. Dezember 2007 in buchungstechnischer und finanzieller Hinsicht entsprechend den sich aus den genannten Vereinbarungen den Teil der von der Kommission verhängten Geldbuße getragen haben, der diesem Betrag von 91 000 000 Euro entspricht. Was zum anderen den im Juli 2013 gezahlten Betrag von 48 263 003 Euro anbelangt, zahlte jede der sieben Tochtergesellschaften von Guardian Europe unmittelbar einen Teil dieses Betrags an die Kommission.

114    Daraus folgt, dass der nicht geschuldete Betrag von 55 663 003 Euro einschließlich des im März 2008 an die Kommission gezahlten Betrags von 7 400 000 Euro tatsächlich nicht von Guardian Europe, sondern teils von ihren sieben Tochtergesellschaften und teils von Guardian Industries bezahlt wurde, was von Guardian Europe im Übrigen nicht bestritten wird.

115    Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass diese Tochtergesellschaften, wie Guardian Europe in ihren Erklärungen sowohl vor dem Gerichtshof als auch bereits vor dem Gericht betont hat, sich zu 100 % im Besitz dieser Gesellschaft befanden. Unter diesen Umständen stellt nämlich, wie der Generalanwalt in Nr. 79 seiner Schlussanträge im Kern ausgeführt hat, die Entreicherung dieser Tochtergesellschaften infolge der Zahlung der in Rede stehenden Geldbuße einen finanziellen Schaden dar, der von der Gesellschaft getragen wurde, von der diese Tochtergesellschaften vollständig abhängen. In Anbetracht dessen beging das Gericht zwangsläufig einen Rechtsfehler, indem es daraus, dass die Tochtergesellschaften von Guardian Europe diese Geldbuße entrichtet hatten, den Schluss zog, dass diese Gesellschaft die mit der Zahlung der genannten Geldbuße verbundene Belastung nicht persönlich getragen habe, und indem es aus diesem Grund zu dem Ergebnis gelangte, dass sie keinen Anspruch auf Ersatz für den in den Rn. 111 und 112 des vorliegenden Urteils genannten entgangenen Gewinn habe.

116    Dieser Rechtsfehler ist jedoch nicht geeignet, die Zurückweisung der von Guardian Europe wegen dieses entgangenen Gewinns gestellten Anträge auf Widergutmachung durch das Gericht in Frage zu stellen. Diese Gesellschaft kann nämlich nur dann mit Erfolg geltend machen, dass ihr persönlich ein tatsächlicher und sicherer Schaden entstanden sei, der in einem entgangenen Gewinn bestehe, der mit der Unmöglichkeit verbunden sei, die von ihren sieben Tochtergesellschaften und von Guardian Industries rechtsgrundlos an die Kommission gezahlten Beträge in ihr Unternehmen zu investieren, wenn sie dartut, dass diese Unternehmen diese Beträge, hätten sie darüber verfügen können, in das Unternehmen von Guardian Europe investiert hätten.

117    Guardian Europe hat jedoch nichts vorgebracht, was dies belegen könnte, da sie sich auf die Behauptung beschränkt hat, dass die Zahlung der Geldbuße durch ihre Tochtergesellschaften und Guardian Industries zu einer Verringerung ihrer Ressourcen geführt habe, die Auswirkungen auf ihr Unternehmen in Europa habe.

118    Nach alledem hat das Gericht die Anträge auf Ersatz des oben genannten entgangenen Gewinns zu Recht zurückgewiesen.

119    Somit sind der erste und der vierte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

 Zum zweiten Rechtsmittelgrund

120    Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund macht Guardian Europe geltend, das Gericht habe dadurch, dass es ihr von dem Betrag, den sie für die über die angemessene Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 hinaus gezahlten Bankbürgschaftskosten beantragt hatte, mit der Begründung nur 82 % zugesprochen habe, dass die Muttergesellschaft von Guardian Europe, d. h. Guardian Industries, 18 % dieses Betrags gezahlt habe, den Begriff „Unternehmen“ im Sinne des Unionsrechts verkannt und die von Guardian Europe vorgelegten Beweise verfälscht.

121    Da sich dieser Rechtsmittelgrund auf die Höhe der Entschädigung bezieht, die das Gericht für den materiellen Schaden gewährt hat, der dadurch entstanden ist, dass Guardian Europe während des die angemessene Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 überschreitenden Zeitraums Bankbürgschaftskosten zahlte, und da, wie aus Rn. 43 des vorliegenden Urteils hervorgeht, Nr. 1 des Tenors des angefochtenen Urteils aufzuheben ist, ist dieser Rechtsmittelgrund nicht mehr zu prüfen.

 Zum dritten und zum fünften Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

122    Mit dem dritten und dem fünften Rechtsmittelgrund, die zusammen zu prüfen sind, wirft Guardian Europe dem Gericht vor, es habe einen Rechtsfehler begangen, indem es ihre Anträge auf Wiedergutmachung einer behaupteten Beeinträchtigung ihres Rufes aufgrund des Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 sowie aufgrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der streitigen Entscheidung und im Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), zurückgewiesen habe, indem es sich zum einen auf das Fehlen von Beweisen für den geltend gemachten immateriellen Schaden und zum anderen darauf gestützt habe, dass jegliche Beeinträchtigung ihres Rufes aufgrund dieser Verstöße durch die Feststellung des Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 sowie dadurch, dass der Gerichtshof die streitige Entscheidung für nichtig erklärt und die Geldbuße herabgesetzt habe, hinreichend wiedergutgemacht worden sei.

123    Guardian Europe betont, dass dem Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens gerade der Zweck des in Art. 47 der Charta verankerten Rechts auf eine Entscheidung innerhalb angemessener Frist zugrunde liege und dass die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die Vermutung zulasse, dass die überlange Dauer eines Verfahrens einen immateriellen Schaden verursache.

124    Des Weiteren führt Guardian Europe aus, dass der Umstand, dass die von der Kommission in der streitigen Entscheidung gegen sie verhängte Geldbuße die höchste Geldbuße gewesen sei, den Eindruck erwecke, dass diese Gesellschaft die Hauptbeteiligte an dem in dieser Entscheidung zur Last gelegten Kartell gewesen sei, obwohl sie der kleinste Hersteller gewesen sei und die Dauer ihrer Beteiligung an diesem Kartell die kürzeste gewesen sei, und dass dieser Eindruck erst korrigiert worden sei, als der Gerichtshof in seinem Urteil vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363), die gegen Guardian Europe verhängte Geldbuße wegen Verstoßes der Kommission gegen das Diskriminierungsverbot auf den zweitniedrigsten Betrag herabgesetzt habe.

125    Somit sei das „relative Gewicht“ von Guardian Europe bei der Zuwiderhandlung während eines übermäßig langen Zeitraums auf einem unverhältnismäßig hohen Niveau aufrechterhalten worden, was einen Anspruch auf eine Entschädigung ermöglichen müsse, ohne dass irgendwelche zusätzlichen Beweise vorgelegt werden müssten.

126    Schließlich vertritt Guardian Europe die Ansicht, dass weder die Feststellung des Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens noch der Umstand, dass der Gerichtshof die streitige Entscheidung für nichtig erklärt und die Geldbuße herabgesetzt habe, eine angemessene Wiedergutmachung der Beeinträchtigung ihres Rufes, die sie bis zu dieser Feststellung und dieser Nichtigerklärung erlitten habe, darstellten.

127    Insoweit weist Guardian Europe darauf hin, dass die Geldbußen, die die Kommission gegen Unternehmen verhänge, die gegen die Wettbewerbsregeln der Union verstießen, veröffentlicht würden, so dass die Marktteilnehmer einschließlich der Verbraucher davon Kenntnis hätten. Somit sei Guardian Europe im fraglichen Zeitraum zu Unrecht als der Hauptakteur des in der streitigen Entscheidung zur Last gelegten Kartells wahrgenommen worden.

128    Unter diesen Umständen ist nach Ansicht von Guardian Europe die einzige in der vorliegenden Rechtssache angemessene Form der Wiedergutmachung eine als Prozentsatz ihrer Geldbuße berechnete finanzielle Entschädigung, wie das Gericht im Urteil vom 16. Juni 2011, Bavaria/Kommission (T‑235/07, EU:T:2011:283‚ Rn. 342 und 343), entschieden habe.

129    Die Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, tritt dem Vorbringen von Guardian Europe entgegen.

130    Die Kommission macht unter Berufung u. a. auf das Urteil vom 28. Februar 2013, Inalca und Cremonini/Kommission (C‑460/09 P, EU:C:2013:111‚ Rn. 99), geltend, dass der Antrag auf Schadensersatz wegen einer angeblichen, sich aus der streitigen Entscheidung ergebenden Beeinträchtigung des Rufes von Guardian Europe verjährt sei, da eine solche Beeinträchtigung nicht wiederkehrender Natur sei und vollständig zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Entscheidung verursacht worden sei.

131    Hilfsweise macht die Kommission geltend, das Vorbringen von Guardian Europe sei unbegründet.

 Würdigung durch den Gerichtshof

132    Was erstens das Vorbringen von Guardian Europe bezüglich des angeblichen Gewinns anbelangt, der ihr aufgrund des Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung im Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T‑82/08, EU:T:2012:494), entgangen sein soll, hat das Gericht, wie aus den Rn. 122 bis 125 des angefochtenen Urteils hervorgeht, den auf diesen angeblichen Verstoß gestützten Schadensersatzantrag nicht unter Berufung auf das Fehlen von Beweisen für den geltend gemachten immateriellen Schaden oder auf den Umstand, dass jede auf diesem Verstoß beruhende Beeinträchtigung des Rufes der Klägerin hinreichend wiedergutgemacht worden wäre, zurückgewiesen, sondern mit der Begründung, dass die Haftung der Union nicht durch eine gerichtliche Entscheidung ausgelöst werden könne, die nicht von einem letztinstanzlichen Gericht der Union erlassen worden sei. Daraus folgt, dass dieses Vorbringen auf ein fehlerhaftes Verständnis des angefochtenen Urteils gestützt wird und daher der Grundlage entbehrt, zumal das Gericht, wie aus Rn. 84 des vorliegenden Urteils hervorgeht, jedenfalls zu Recht entschieden hat, dass ein solcher Verstoß nicht geeignet ist, die Haftung der Union gemäß Art. 340 Abs. 2 AEUV auszulösen.

133    Was zweitens das Vorbringen der Kommission bezüglich der Verjährung des Antrags auf Wiedergutmachung einer behaupteten Beeinträchtigung des Rufes von Guardian Europe wegen eines in der streitigen Entscheidung begangenen Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung anbelangt, hätte dieses Vorbringen aufgrund dessen, dass, wie sich aus Rn. 99 des vorliegenden Urteils ergibt, nicht von Amts wegen zu prüfen ist, ob ein solcher Antrag innerhalb der insoweit geltenden Verjährungsfrist gestellt worden ist, gemäß den Art. 174, 176 und Art. 178 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs Gegenstand eines von der Kommission einzulegenden Anschlussrechtsmittels sein müssen.

134    Drittens rügt Guardian Europe die Gründe, aus denen das Gericht in den Rn. 115 und 148 des angefochtenen Urteils ihre Anträge auf Wiedergutmachung einer behaupteten Beeinträchtigung ihres Rufes durch den Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der streitigen Entscheidung und den Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 zurückgewiesen hat, dass sie nämlich zum einen, wie in den Rn. 113 und 145 des angefochtenen Urteils festgestellt worden sei, nicht dargetan habe, dass diese Verstöße geeignet gewesen seien, ihren Ruf zu beeinträchtigen, und dass zum anderen, selbst wenn man annähme, dass diese Verstöße den Ruf von Guardian Europe beeinträchtigten, die Feststellung des Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 sowie der Umstand, dass der Gerichtshof die streitige Entscheidung für nichtig erklärt und die Geldbuße herabgesetzt habe, hinreichend seien, um den geltend gemachten immateriellen Schaden wiedergutzumachen, wie in den Rn. 114 und 146 des angefochtenen Urteils festgestellt worden sei.

135    Was erstens die in den Rn. 113 und 145 des angefochtenen Urteils angeführten Gründe anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs zum einen jeder Schaden, dessen Wiedergutmachung im Rahmen einer Klage wegen außervertraglicher Haftung der Union nach Art. 340 Abs. 2 AEUV begehrt wird, tatsächlich und sicher sein muss. Zum anderen muss sich der Schaden, damit die außervertragliche Haftung der Union eintreten kann, mit hinreichender Unmittelbarkeit aus dem rechtswidrigen Verhalten der Organe ergeben. Es ist in jedem Fall Sache der Partei, die sich auf die außervertragliche Haftung der Union beruft, Beweise für das Vorliegen und den Umfang des von ihr geltend gemachten Schadens sowie für das Bestehen eines hinreichend unmittelbaren ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem betreffenden Verhalten der Union und dem geltend gemachten Schaden zu erbringen (Urteil vom 30. Mai 2017, Safa Nicu Sepahan/Rat, C‑45/15 P, EU:C:2017:402, Rn. 61 und 62 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

136    Daraus folgt, dass das Vorbringen von Guardian Europe, im vorliegenden Fall bestehe eine Vermutung für das Vorliegen des geltend gemachten immateriellen Schadens, so dass sie insoweit keinerlei Beweise beibringen müsse, der Grundlage entbehrt.

137    Ferner ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs allein das Gericht für die Feststellung und Würdigung der Tatsachen sowie für die Prüfung der Beweise, auf die es seine Feststellungen stützt, zuständig ist. Sind diese Beweise ordnungsgemäß erhoben und die allgemeinen Rechtsgrundsätze sowie die Vorschriften über die Beweislast und das Beweisverfahren eingehalten worden, ist es nämlich allein Sache des Gerichts, den Wert der ihm vorgelegten Beweise zu beurteilen. Diese Beurteilung ist somit, sofern die Beweise nicht verfälscht werden, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt. Außerdem muss sich eine solche Verfälschung in offensichtlicher Weise aus den Akten ergeben, ohne dass es einer neuen Tatsachen- und Beweiswürdigung bedarf (Urteil vom 16. Juni 2016, Evonik Degussa und AlzChem/Kommission, C‑155/14 P, EU:C:2016:446, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

138    Im vorliegenden Fall hat das Gericht in Rn. 112 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass das Vorbringen von Guardian Europe, wonach die streitige Entscheidung einen falschen Eindruck von der Rolle dieses Unternehmens im Flachglaskartell erweckt habe, nicht durch Beweise gestützt worden sei, die belegten, dass der Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in dieser Entscheidung aufgrund seiner Schwere geeignet gewesen wäre, über seine Auswirkung im Zusammenhang mit der Kartellbeteiligung der Klägerin hinaus eine Auswirkung auf ihren Ruf zu haben.

139    Des Weiteren hat das Gericht in Rn. 144 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass das Vorbringen von Guardian Europe, wonach dieser Gesellschaft wegen des Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 länger eine besondere Verantwortung für die in Rede stehende Zuwiderhandlung zugeschrieben worden sei, nicht durch Beweise gestützt worden sei, die belegen könnten, dass der Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens aufgrund seiner Schwere geeignet gewesen wäre, über die Wirkung der streitigen Entscheidung hinaus eine Auswirkung auf den Ruf der Klägerin zu haben.

140    Es ist festzustellen, dass Guardian Europe weder nachgewiesen noch auch nur behauptet hat, dass die Beurteilungen in den Rn. 112 und 144 des angefochtenen Urteils auf einer Verfälschung der Beweismittel beruhten.

141    Unter diesen Umständen hat das Gericht in den Rn. 113 und 145 des angefochtenen Urteils zu Recht entschieden, dass Guardian Europe nicht nachgewiesen habe, dass der in der streitigen Entscheidung begangene Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung sowie der Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 geeignet gewesen seien, ihren Ruf zu beeinträchtigen, und infolgedessen in den Rn. 115 und 148 des angefochtenen Urteils die insoweit gestellten Schadensersatzanträge zu Recht zurückgewiesen hat.

142    Was zweitens die in den Rn. 114 und 146 des angefochtenen Urteils angeführten Gründe anbelangt, geht bereits aus dem Wortlaut dieser Randnummern klar hervor, dass diese Gründe nicht tragend sind, da die in den Rn. 113 und 145 des angefochtenen Urteils dargelegten Gründe genügen, um die Anträge auf Wiedergutmachung der von Guardian Europe behaupteten Beeinträchtigung ihres Rufes zurückzuweisen.

143    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs, wenn einer der vom Gericht herangezogenen Gründe den Tenor des Urteils trägt, mögliche Fehler einer im betreffenden Urteil ebenfalls angeführten weiteren Begründung auf diesen Tenor jedenfalls ohne Einfluss sind, so dass der auf sie gestützte Rechtsmittelgrund nicht durchgreift und zurückzuweisen ist (Urteil vom 29. April 2004, Kommission/CAS Succhi di Frutta, C‑496/99 P, EU:C:2004:236, Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung).

144    Folglich sind der dritte und der fünfte Rechtsmittelgrund als teilweise ins Leere gehend und teilweise unbegründet zurückzuweisen.

 Zur Klage vor dem Gericht

145    Nach Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union hebt der Gerichtshof, wenn das Rechtsmittel begründet ist, die Entscheidung des Gerichts auf. Er kann sodann den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist, oder die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen.

146    Nach Ansicht des Gerichtshofs ist im vorliegenden Fall, da dem Rechtsmittel in der Rechtssache C‑447/17 P stattgegeben und Nr. 1 des Tenors des angefochtenen Urteils aufzuheben ist, endgültig über die von Guardian Europe erhobene Schadensersatzklage zu entscheiden, soweit diese Klage auf Ersatz des sich aus der Zahlung von Bankbürgschaftskosten über die angemessene Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 hinaus entstandenen Schadens gerichtet ist.

147    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die außervertragliche Haftung der Union im Sinne von Art. 340 Abs. 2 AEUV nach ständiger Rechtsprechung vom Vorliegen einer Reihe von Voraussetzungen abhängt, nämlich der Rechtswidrigkeit des dem Unionsorgan vorgeworfenen Verhaltens, dem tatsächlichen Bestehen des Schadens und dem Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Verhalten des Organs und dem geltend gemachten Schaden (Urteil vom 20. September 2016, Ledra Advertising u. a./Kommission und EZB, C‑8/15 P bis C‑10/15 P, EU:C:2016:701, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).

148    Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, ist die Klage, wenn eine dieser Voraussetzungen nicht vorliegt, insgesamt abzuweisen, ohne dass die übrigen Voraussetzungen der außervertraglichen Haftung der Union geprüft zu werden bräuchten (Urteil vom 14. Oktober 1999, Atlanta/Europäische Gemeinschaft, C‑104/97 P, EU:C:1999:498, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung). Außerdem ist der Unionsrichter nicht gehalten, diese Voraussetzungen in einer bestimmten Reihenfolge zu prüfen (Urteil vom 18. März 2010, Trubowest Handel und Makarov/Rat und Kommission, C‑419/08 P, EU:C:2010:147, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

149    Aus den in den Rn. 32 bis 41 des vorliegenden Urteils genannten Gründen ist die von Guardian Europe beim Gericht erhobene Schadensersatzklage abzuweisen, soweit sie auf eine Entschädigung in Höhe von 936 000 Euro für den behaupteten materiellen Schaden gerichtet ist, der durch die Zahlung von Bankbürgschaftskosten über die angemessene Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑82/08 hinaus entstanden sein soll.

 Kosten

150    Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet.

151    Gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

152    Da die Europäische Union, sowohl vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union als auch durch die Kommission, die Verurteilung von Guardian Europe beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen sowohl im Rahmen des Rechtsmittels in der Rechtssache C‑447/17 P als auch im Rahmen des Rechtsmittels in der Rechtssache C‑479/17 P unterlegen ist, sind dieser Gesellschaft neben ihren eigenen Kosten die gesamten Kosten aufzuerlegen, die der Europäischen Union, sowohl vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union als auch durch die Kommission, sowohl im ersten Rechtszug als auch im Rahmen dieser beiden Rechtsmittel entstanden sind.

153    Des Weiteren sind, da Guardian Europe die Verurteilung der Europäischen Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, beantragt hat, und diese mit ihrem einzigen Rechtsmittelgrund im Rahmen des Anschlussrechtsmittels in der Rechtssache C‑479/17 P unterlegen ist, der Europäischen Union neben ihren eigenen Kosten die gesamten Kosten aufzuerlegen, die Guardian Europe im Rahmen dieses Anschlussrechtsmittels entstanden sind.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Nr. 1 des Tenors des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 7. Juni 2017, Guardian Europe/Europäische Union (T673/15, EU:T:2017:377), wird aufgehoben.

2.      Das Rechtsmittel in der Rechtssache C479/17 P, eingelegt von der Guardian Europe Sàrl, wird zurückgewiesen.

3.      Das Anschlussrechtsmittel in der Rechtssache C479/17 P, eingelegt von der Europäischen Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, wird zurückgewiesen.

4.      Die von der Guardian Europe Sàrl erhobene Schadensersatzklage wird abgewiesen, soweit sie auf eine Entschädigung in Höhe von 936 000 Euro für den behaupteten materiellen Schaden gerichtet ist, der durch die Zahlung von Bankbürgschaftskosten über die angemessene Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache hinaus entstanden sein soll, in der das Urteil vom 27. September 2012, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (T82/08, EU:T:2012:494), ergangen ist.

5.      Die Guardian Europe Sàrl trägt neben ihren eigenen Kosten die gesamten Kosten, die der Europäischen Union, sowohl vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union als auch durch die Kommission, sowohl im ersten Rechtszug als auch im Rahmen des Rechtsmittels in der Rechtssache C447/17 P und des Rechtsmittels in der Rechtssache C479/17 P entstanden sind.

6.      Die Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, trägt neben ihren eigenen Kosten die gesamten Kosten, die der Guardian Europe Sàrl im Rahmen des Anschlussrechtsmittels in der Rechtssache C479/17 P entstanden sind.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.