Language of document : ECLI:EU:C:2013:195

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PAOLO MENGOZZI

vom 21. März 2013(1)

Rechtssache C‑657/11

Belgian Electronic Sorting Technology NV

gegen

Bert Peelaers,

Visys NV

(Vorabentscheidungsersuchen des Hof van Cassatie [Belgien])

„Richtlinien 84/450/EWG und 2006/114/EG – Irreführende und vergleichende Werbung – Begriff der Werbung – Registrierung und Nutzung eines Domain-Namens – Nutzung von Metatags“





1.        Die digitale Revolution, die sich in den letzten beiden Jahrzehnten mit dem Erscheinen und der anschließenden Entwicklung des Internets ereignet hat, hat die Art und Weise, in der von Unternehmen angebotene Waren und Dienstleistungen beworben und vertrieben werden, tief greifend verändert. Vor diesem geänderten Hintergrund entstehen immer häufiger Rechtsstreitigkeiten in Situationen, die mit der Nutzung des Internets durch Unternehmen zu wirtschaftlichen Zwecken zusammenhängen. Das geschriebene Recht kann mit diesem Rhythmus der technischen Entwicklung allerdings nicht Schritt halten. Daher ist es zur Entscheidung derartiger Rechtsstreitigkeiten, mit denen der Gerichtshof bereits mehrfach befasst war(2), oftmals erforderlich, traditionelle, bisweilen in Rechtsakte der Union übernommene Rechtsbegriffe anzuwenden, die ursprünglich nicht dafür geschaffen wurden, auf Sachverhalte im Zusammenhang mit der Nutzung des Internets angewandt zu werden. Derartige Rechtsstreitigkeiten können daher Fragen zur Tragweite solcher traditionellen Rechtsbegriffe aufwerfen.

2.        Der Rechtsstreit, der dem vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen zugrunde liegt, das der Hof van Cassatie (Belgien) beim Gerichtshof eingereicht hat, ist ein typisches Beispiel für diese Art von Rechtssachen. Das vorlegende Gericht ersucht den Gerichtshof nämlich im Rahmen eines Rechtsstreits über die Nutzung des Internets zu Werbezwecken um die Auslegung des Begriffs „Werbung“ in Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 84/450/EWG des Rates(3) und in dem entsprechenden Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2006/114/EG(4), mit der die Richtlinie 84/450 kodifiziert wurde(5), um feststellen zu können, ob dieser Begriff zum einen die Registrierung und Nutzung eines Domain-Namens und zum anderen die Nutzung von Metatags im Quellcode einer Website umfasst.

3.        Vorab ist zu klären, was unter den Bezeichnungen „Domain-Name“ und „Metatags“ zu verstehen ist.

4.        Ein Domain-Name ist eine Kombination aus Buchstaben und Zahlen, der eine oder mehrere alphanumerische Internetadressen eindeutig zugeordnet sind(6), die ihrerseits aus Ziffern und Punkten zusammengesetzt sind, mit denen ein an das Internet angeschlossener Computer oder Server identifiziert werden kann. Einfacher ausgedrückt stellt der Domain-Name eine vereinfachte und zugängliche Form einer alphanumerischen Adresse dar, die einer Website zugeordnet ist.

5.        Bei den Metatags hingegen handelt es sich um in den Quellcode(7) einer Website eingeschriebene Wörter. Sie sind auf der Website nicht sichtbar und sollen deren Inhalt beschreiben. Wird mittels einer Suchmaschine online eine Suche ausgeführt, werden die Metatags von dieser erkannt und tragen dazu bei, die Reihenfolge der Anzeige der verschiedenen Websites festzulegen, die von der Suchmaschine als der Suche des Nutzers entsprechend erkannt wurden. Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Metatags: die „Beschreibungs-Metatags“ (meta description tags), die den Inhalt einer Website beschreiben, und die „Schlüsselwort-Metatags“ (key word metatags), die aus einer Reihe von Schlüsselwörtern bestehen, die sich auf den Inhalt dieser Website beziehen. Der beim vorlegenden Gericht anhängige Rechtsstreit betrifft die Nutzung der letztgenannten Art von Metatags.

I –    Rechtlicher Rahmen

6.        In Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 84/450, der wortgleich in Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2006/114 übernommen wurde, heißt es:

„Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet

1.      ‚Werbung‘ jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, zu fördern …“

7.        Art. 2 der Richtlinie 2000/31/EG(8) bestimmt:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

f)      ‚kommerzielle Kommunikation‘ alle Formen der Kommunikation, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds eines Unternehmens, einer Organisation oder einer natürlichen Person dienen, die eine Tätigkeit in Handel, Gewerbe oder Handwerk oder einen reglementierten Beruf ausübt; die folgenden Angaben stellen als solche keine Form der kommerziellen Kommunikation dar:

–        Angaben, die direkten Zugang zur Tätigkeit des Unternehmens bzw. der Organisation oder Person ermöglichen, wie insbesondere ein Domain-Name oder eine Adresse der elektronischen Post …“

II – Sachverhalt, nationales Verfahren und Vorlagefrage

8.        Die Belgian Electronic Sorting Technology NV, auch NV BEST genannt (im Folgenden: BEST), und die Visys NV (im Folgenden: Visys), Klägerin und Zweitbeklagte im Ausgangsverfahren, sind beide Gesellschaften, die im Bereich der Herstellung und des Verkaufs von mit Lasertechnologie ausgestatteten Sortiermaschinen tätig sind.

9.        Am 3. Januar 2007 registrierte Herr Bert Peelaers, Gründungsgesellschafter von Visys und Erstbeklagter im Ausgangsverfahren, den Domain-Namen www.bestlasersorter.com, der zu einer Website gehört, deren Inhalt ebenso wie derjenige der dem Domain-Namen www.lasersorter.com zugehörigen Website mit dem Inhalt der bereits davor von Visys verwendeten Websites mit den Domain-Namen www.visys.be und www.visysglobal.be identisch ist.

10.      Am 4. April 2008 meldete BEST beim Benelux-Markenamt eine aus dem Ausdruck „BEST“ bestehende Bildmarke für Waren und Dienstleistungen der Klassen 7, 9, 40 und 42 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 an.

11.      Am 23. April 2008 wurde von einem Gerichtsvollzieher bestätigt, dass man bei Eingabe des Suchbegriffs „Best Laser Sorter“ in die Suchmaschine auf der Website www.google.be als zweites Ergebnis, unmittelbar nach der Website von BEST, einen Link zur Website von Visys erhielt. Außerdem wurde festgestellt, dass Visys als Metatags für ihre Websites Ausdrücke wie „Helius sorter, LS9000, Genius sorter, Best+Helius, Best+Genius, Best nv“ verwendete, die auf BEST verwiesen oder den Bezeichnungen von Waren entsprachen, die von Letzterer vertrieben wurden.

12.      Da BEST die Auffassung vertrat, dass die Registrierung und die Nutzung des Domain-Namens www.bestlasersorter.com sowie die Nutzung von den Bezeichnungen ihrer Waren entsprechenden Metatags eine widerrechtliche Aneignung ihrer Marke und ihres Handelsnamens und u. a. einen Verstoß gegen die Vorschriften über irreführende und vergleichende Werbung(9) darstelle, erhob sie am 30. April 2008 Klage gegen Herrn Peelaers und Visys, um die Beendigung dieser Verhaltensweisen herbeizuführen. Die Beklagten erhoben Widerklage auf Nichtigerklärung der Marke „BEST“.

13.      Das erstinstanzliche Gericht wies sowohl die Klage als auch die Widerklage ab, mit Ausnahme des Antrags von BEST auf Feststellung, dass die Nutzung der genannten Metatags einen Verstoß gegen die Rechtsvorschriften über die vergleichende und irreführende Werbung darstelle. Das Berufungsgericht wies die Klage von BEST jedoch vollumfänglich ab und gab der Widerklage auf Nichtigerklärung der Marke BEST wegen fehlender Unterscheidungskraft statt.

14.      Mit Urteil vom 8. Dezember 2011 wies das mit der Kassationsbeschwerde befasste vorlegende Gericht die von BEST vorgebrachten Klagegründe zurück, mit Ausnahme des Klagegrundes, mit dem ein Verstoß gegen die Vorschriften über irreführende und vergleichende Werbung gerügt wird und hinsichtlich dessen es das vorlegende Gericht für erforderlich gehalten hat, das bei ihm anhängige Verfahren auszusetzen, um dem Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist der Begriff „Werbung“ in Art. 2 der Richtlinie 84/450 und in Art. 2 der Richtlinie 2006/114 dahin auszulegen, dass er die Registrierung und Nutzung eines Domain-Namens sowie die Nutzung von Metatags in Metadaten einer Website umfasst?

III – Verfahren vor dem Gerichtshof

15.      Die Vorlageentscheidung ist am 21. Dezember 2011 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen. BEST, Herr Peelaers und Visys, die belgische, die estnische, die italienische und die polnische Regierung sowie die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. An der mündlichen Verhandlung, die am 24. Januar 2013 stattgefunden hat, haben BEST, Herr Peelaers, Visys, die belgische Regierung und die Kommission teilgenommen.

IV – Rechtliche Würdigung

A –    Zum Antrag, bestimmte Fragen von Amts wegen zu beantworten

16.      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Frage, die dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorliegt, ausschließlich die Auslegung des Begriffs der Werbung in den Richtlinien 84/450 und 2006/114 betrifft.

17.      Vor diesem Hintergrund bin ich der Auffassung, dass der von BEST beim Gerichtshof gestellte und in der mündlichen Verhandlung wiederholte Antrag, von Amts wegen bestimmte Fragen zum Bereich des Markenrechts zu beantworten, deren Vorlage an den Gerichtshof das vorlegende Gericht trotz eines dahin gehenden Antrags von BEST nicht für erforderlich gehalten hat, zurückzuweisen ist.

18.      Nach ständiger Rechtsprechung ist es nämlich allein Sache des vorlegenden Gerichts, den Gegenstand der Fragen festzulegen, die es dem Gerichtshof vorlegen will. Allein das mit dem Rechtsstreit befasste nationale Gericht, in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, hat im Hinblick auf die Besonderheiten der bei ihm anhängigen Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihm vorgelegten Fragen zu beurteilen. Daher ist es nicht erforderlich, von den Parteien vorgelegte Fragen zu prüfen, die über den Rahmen der vom nationalen Gericht gestellten Frage hinausgehen(10), zumal wenn dieses Gericht den Antrag, diese Fragen dem Gerichtshof vorzulegen, ausdrücklich abgelehnt hat(11).

B –    Zur Vorlagefrage

19.      Die dem Gerichtshof vorgelegte Frage ist in drei Teile gegliedert. Das vorlegende Gericht möchte nämlich wissen, ob der Begriff der Werbung in den Richtlinien 84/450 und 2006/114 erstens die Registrierung eines Domain-Namens, zweitens die Nutzung eines Domain-Namens und drittens die Nutzung von Metatags in den Quellcodes von Websites umfasst.

20.      Bevor die verschiedenen Teile der Vorlagefrage im Einzelnen geprüft werden, sind meines Erachtens jedoch einige Vorbemerkungen zum Begriff der Werbung im Sinne der beiden genannten Richtlinien erforderlich.

1.      Zum Begriff der Werbung im Sinne der Richtlinien 84/450 und 2006/114

a)      Zur Zweckmäßigkeit einer extensiven Auslegung des Begriffs „Werbung“ in den Richtlinien 84/450 und 2006/114

21.      Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 84/450 definiert Werbung ebenso wie Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2006/114 als „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen … zu fördern“.

22.      Die beiden Richtlinien enthalten also eine besonders weite Definition des Begriffs der Werbung, die daher sehr unterschiedliche Formen annehmen kann(12), die im Voraus nicht eindeutig bestimmbar sind. Im Hinblick darauf und im Licht dieser Definition veranlassen mich verschiedene Erwägungen, dem von einigen Beteiligten vertretenen Ansatz zu folgen, wonach es zweckmäßig sei, den Begriff der Werbung extensiv auszulegen.

23.      Erstens bin ich der Auffassung, dass dafür eine grammatikalische Auslegung der in den beiden Richtlinien enthaltenen besonders weiten Definition selbst spricht. Da sich der Wortlaut dieser Definition nämlich ganz allgemein auf „jede Äußerung“ bezieht, bringt er meiner Meinung nach den Willen des Unionsgesetzgebers zum Ausdruck, den Kreis der von dieser Vorschrift umfassten Mitteilungen nicht aprioristisch zu beschränken, es sei denn durch die Bedingung, dass die Äußerung tatsächlich verbreitet wird. Im Übrigen umfasst die Definition, da sie die Form, in der diese Äußerung verbreitet werden muss, nicht spezifiziert, jegliche Art der Verbreitung dieser Äußerung.

24.      Zweitens erscheint eine extensive Auslegung des Begriffs der Werbung im Hinblick auf die mit den betreffenden Richtlinien verfolgten Ziele zweckmäßiger, insbesondere was den spezifischen Zweck betrifft, das reibungslose Funktionieren des Wettbewerbs im Binnenmarkt sowie freie und bewusste Entscheidungen der Verbraucher zu gewährleisten(13). Insoweit stimme ich mit der italienischen Regierung überein, die erklärt, dass eine restriktive Auslegung des Begriffs der Werbung die Gefahr berge, dass weniger offensichtliche, aber für den Verbraucher potenziell irreführendere Formen von Werbeaussagen ungeregelt blieben. Im Übrigen ergibt sich der Wille des Unionsgesetzgebers, alle möglichen Arten von Werbung in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/114 einzubeziehen ausdrücklich aus deren achtem Erwägungsgrund, wonach „[d]er Begriff ‚vergleichende Werbung‘ … breit gefasst werden [sollte], so dass alle Arten der vergleichenden Werbung abgedeckt werden“.

25.      Drittens steht eine extensive Auslegung des Begriffs der Werbung auch im Einklang mit dem vom Gerichtshof vertretenen Ansatz, sowohl in Bezug auf die vergleichende Werbung, zu der der Gerichtshof festgestellt hat, dass die weite Definition in den Richtlinien es ermöglicht, alle Arten von Werbung abzudecken(14), als auch in Bezug auf die Art und Weise, in der die Werbeaussage verbreitet wird(15).

26.      Demzufolge werde ich die einzelnen Elemente, die den Begriff der Werbung gemäß der oben in den Nrn. 6 und 21 angeführten Definition bilden, im Licht dieser Erwägungen eingehend prüfen.

b)      Zu den einzelnen Elementen, die den Begriff der Werbung bilden

27.      Der Definition in Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 84/450 und Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2006/114 ist zu entnehmen, dass der Begriff der Werbung sich aus drei wesentlichen Elementen zusammensetzt: Erstens muss eine irgendwie geartete Äußerung vorliegen („jede Äußerung“), zweitens muss diese Äußerung „bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs“ verbreitet werden, und drittens muss sie den besonderen Zweck haben, „den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen … zu fördern“.

28.      Während das zweite und das dritte Element dieser Definition keine besonderen Auslegungsschwierigkeiten zu bereiten scheinen, bildet das erste Element, d. h. das Vorliegen einer irgendwie gearteten Äußerung („jede Äußerung“), meiner Meinung nach den Kern der Vorlagefrage.

29.      Was speziell dieses erste konstitutive Element der Definition von Werbung betrifft, ist allerdings zunächst eine terminologische Klarstellung erforderlich. Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass hinsichtlich dieses Elements der Definition keine genaue sprachliche Übereinstimmung zwischen den verschiedenen Fassungen der Richtlinie in den verschiedenen Amtssprachen besteht. Während so die Definition in der italienischen Sprachfassung auf „qualsiasi forma di messaggio“ Bezug nimmt, enthalten die französische und die spanische Sprachfassung die Ausdrücke „toute forme de communication“ bzw. „toda forma de comunicación“, wohingegen sich die englische Sprachfassung auf „the making of a representation in any form“ bezieht und die deutsche Sprachfassung auf „jede Äußerung“.

30.      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Vorschriften des Unionsrechts nach ständiger Rechtsprechung im Licht aller Sprachfassungen der Europäischen Union einheitlich ausgelegt und angewandt werden müssen(16). Weichen die verschiedenen Sprachfassungen einer Vorschrift voneinander ab, so muss diese nach dem Zusammenhang und dem Zweck der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört(17).

31.      Unabhängig von den unterschiedlichen Nuancierungen, die die verwendeten Ausdrücke in den verschiedenen Sprachfassungen haben können, scheint mir eindeutig zu sein, dass sich alle Sprachfassungen auf den allgemeinen Begriff der Kommunikation im Sinne einer Übermittlung von Zeichen und Informationen von einer Person an eine andere beziehen(18). Im Licht der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Richtlinien 84/450 und 2006/114 halte ich es daher für erforderlich, die fragliche Definition unter Bezugnahme auf den allgemeinen Begriff der Kommunikation auszulegen, der im Übrigen in verschiedenen Sprachfassungen ausdrücklich verwendet wird(19).

32.      In der Kommunikationswissenschaft wird der Begriff „Kommunikation“ typischerweise als aus verschiedenen Elementen bestehend aufgefasst(20), von denen allgemein die folgenden zu nennen sind: (i) der Sender, d. h. das die Nachricht übermittelnde System (Objekt oder Subjekt), (ii) der Empfänger, d. h. der Adressat, der die Information erhält und aufnimmt, (iii) der Kanal, d. h. das Mittel, durch das die Nachricht übertragen und empfangen wird, (iv) der formale Code, d. h. das Zeichensystem, das die Kommunikation ermöglicht, (v) der Kontext, d. h. die Situation, in der die Kommunikation stattfindet (und auf die sie sich bezieht), und schließlich (vi) die eigentliche Nachricht, d. h. der Inhalt dessen, was kommuniziert werden soll.

33.      Ein auf diese Definition der Kommunikation gestützter Ansatz kann meiner Meinung nach der Prüfung zugrunde gelegt werden, ob die drei Fälle, die das vorlegende Gericht in seinem Vorabentscheidungsersuchen anführt, unter das erste konstitutive Element der Definition von Werbung subsumiert werden können, und damit, ob sie eine irgendwie geartete Kommunikation im Sinne der genannten Richtlinien darstellen.

34.      Was hingegen speziell das zweite Element dieser Definition betrifft, d. h. die Verbreitung der Äußerung bei der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit, ist festzustellen, dass die Erwähnung des Umstands, dass die Kommunikation „verbreitet“ werden muss, offenbar bedeutet, dass diese in nicht persönlicher Weise durch Mittel zur Übertragung der Nachricht an die Allgemeinheit gerichtet werden muss, die geeignet sind, sie einer unbestimmten Zahl von Personen zukommen zu lassen, was die Kommunikation zwischen zwei Personen auszuschließen scheint(21).

35.      Was schließlich das dritte Element betrifft, d. h. den Werbezweck, ist hervorzuheben, dass die genannte Vorschrift in keiner Weise verlangt, dass sich dieser Zweck unmittelbar und sofort aus der Kommunikation ergeben müsste, so dass es nicht erforderlich ist, dass sich die Kommunikation ausdrücklich auf die mit ihr beworbenen Waren oder Dienstleistungen bezieht. Ich bin deshalb der Auffassung, dass auch Fälle der mittelbaren Werbung für Waren und Dienstleistungen unter diese Definition fallen. Die Richtlinie ist daher nicht nur auf die Fälle der Produkt- oder Markenwerbung (in der die Kommunikation auf das Image der angebotenen Ware oder Dienstleistung oder auf die Marke, mittels deren diese vermarktet werden, einwirkt) anwendbar, sondern auch auf die Fälle der sogenannten „Unternehmenswerbung“, d. h. der Werbung, die, indem sie auf das Image des Unternehmens einwirkt, das Unternehmen als solches bewerben soll und die sich somit mittelbar darauf richtet, die Nachfrage nach den Waren und Dienstleistungen des betreffenden Unternehmens zu erhöhen.

c)      Zum Verhältnis zwischen dem Begriff „Werbung“ in den Richtlinien 84/450 und 2006/114 und dem Begriff „kommerzielle Kommunikation“ in der Richtlinie 2000/31

36.      Schließlich ist es aus meiner Sicht noch erforderlich, als weitere Vorbemerkung zu einem Argument der Kommission sowie von Visys und von Herrn Peelaers Stellung zu nehmen, das sich auf das Verhältnis zwischen dem Begriff „Werbung“ in den Richtlinien 84/450 und 2006/114 und dem Begriff „kommerzielle Kommunikation“ in der Richtlinie 2000/31 bezieht.

37.      Die Kommission und die Beklagten im Ausgangsverfahren vertreten nämlich ausgehend von der Feststellung, dass nach der Definition der „kommerziellen Kommunikation“ in Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2000/31 „die folgenden Angaben … als solche keine Form der kommerziellen Kommunikation dar[stellen]: … Angaben, die direkten Zugang zur Tätigkeit [eines] Unternehmens … ermöglichen, wie insbesondere ein Domain-Name …“, die Auffassung, dass dies für den Begriff der Werbung in den Richtlinien 84/450 und 2006/114, dessen Definition mit der der „kommerziellen Kommunikation“ in der Richtlinie 2000/31 fast identisch sei, entsprechend gelten müsse. Demzufolge führe der Ausschluss der Domain-Namen vom Begriff der „kommerziellen Kommunikation“ automatisch zu ihrem Ausschluss aus dem Anwendungsbereich des Begriffs der „Werbung“, so dass der erste und der zweite Teil der Vorlagefrage zu verneinen seien.

38.      Ich teile diese Auffassung nicht.

39.      Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die Richtlinien 84/450 und 2006/114 einerseits und die Richtlinie 2000/31 andererseits zur Verfolgung zweier unterschiedlicher Zwecke erlassen worden sind(22), so dass die in den beiden erstgenannten Richtlinien enthaltenen Definitionen nicht zwingend automatisch auf die letztgenannte Richtlinie übertragbar sind.

40.      Genauer besteht der spezifische Zweck der Richtlinie 2006/114 nach ihrem Art. 1 im Schutz von Gewerbetreibenden vor irreführender Werbung und deren unlauteren Auswirkungen sowie der Festlegung der Bedingungen für zulässige vergleichende Werbung. Aus den Erwägungsgründen 4, 6, 8 und 9 dieser Richtlinie sowie aus Art. 1 der Richtlinie 84/450, die, wie bereits erwähnt, durch die Richtlinie 2006/114 kodifiziert wurde, geht im Übrigen hervor, dass die Regelung im Bereich der irreführenden und vergleichenden Werbung auch den Zweck hat, das Interesse und die Wahlfreiheit der Verbraucher zu schützen, die durch unsachgemäße Werbung eingeschränkt oder fehlgeleitet werden könnte. Diese Regelung zielt außerdem darauf ab, das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten, indem sie dort Wettbewerbsverzerrungen verhindert(23).

41.      Was die Richtlinie 2000/31 betrifft, geht aus deren Art. 1 hervor, dass sie einen Beitrag zum einwandfreien Funktionieren des Binnenmarkts leisten soll, indem sie den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft zwischen den Mitgliedstaaten sicherstellt.

42.      Genauer hat die in der Richtlinie 2000/31 vorgesehene Regelung der kommerziellen Kommunikation den Zweck, im Interesse des Verbraucherschutzes und der Lauterkeit des Geschäftsverkehrs die Transparenz der Tätigkeiten von Unternehmen zu fördern, die auf dem Gebiet der Dienste der Informationsgesellschaft aktiv sind(24). Dazu nennt die Richtlinie bestimmte Informationen, die kommerzielle Kommunikationen im Internet zwingend enthalten müssen(25), und sieht verschiedene Bestimmungen über nicht angeforderte kommerzielle Kommunikationen zum Schutz der Adressaten solcher Kommunikationen und zur Vermeidung von Beeinträchtigungen des reibungslosen Funktionierens interaktiver Netze(26) sowie Bestimmungen vor, die die Beachtung des Rechts der reglementierten Berufe sicherstellen sollen(27).

43.      Außerdem ergibt sich aus Art. 2 sowohl der Richtlinie 2000/31 als auch der Richtlinien 84/450 und 2006/114, dass die darin enthaltenen Definitionen ausschließlich für die Zwecke der jeweiligen Richtlinie gelten. Vor diesem Hintergrund bin ich der Ansicht, dass zwar nicht ausgeschlossen ist, dass die Definition eines in einer Richtlinie enthaltenen Begriffs zur Auslegung eines bestimmten Begriffs einer anderen Richtlinie herangezogen werden kann, dass dies aber nicht automatisch geschehen darf. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die beiden Richtlinien, wenn auch in ganz ähnlicher Weise, zwei unterschiedlich bezeichnete Begriffe definieren, nämlich einerseits „Werbung“ und andererseits „kommerzielle Kommunikation“. Es ist anzunehmen, dass der Unionsgesetzgeber die beiden Begriffe in derselben Weise bezeichnet hätte, wenn er davon ausgegangen wäre, dass sie ein einheitliches Konzept darstellen.

44.      Schließlich ist festzustellen, dass bereits die Definition der kommerziellen Kommunikation in der Richtlinie 2000/31 mit der Verwendung des Ausdrucks „als solche“ nicht ausschließt, dass unter bestimmten Umständen Domain-Namen eine Art der Kommunikation umfassen können, die eine kommerzielle Kommunikation darstellt(28).

45.      Angesichts der vorstehenden Erwägungen bin ich der Auffassung, dass der Umstand, dass Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2000/31 festlegt, dass Domain-Namen als solche keine kommerzielle Kommunikation darstellen, die Domain-Namen nicht automatisch vom Anwendungsbereich des Begriffs der Werbung in den Richtlinien 84/450 und 2006/114 ausschließt.

2.      Zu den drei Teilen der Vorlagefrage

46.      Die drei Teile, in die sich die dem Gerichtshof vom vorlegenden Gericht gestellte Frage untergliedert, können nun im Licht der vorstehenden Ausführungen geprüft werden.

a)      Zur Registrierung des Domain-Namens

47.      Mit dem ersten Teil seiner Frage möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, ob die Registrierung eines Domain-Namens Werbung im Sinne der Richtlinien 84/450 und 2006/114 sein kann.

48.      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Registrierung eines Domain-Namens nichts weiter ist als ein formaler Akt, mit dem der Betroffene bei der für die Verwaltung der Domain-Namen zuständigen Stelle, die im Allgemeinen eine Person des Privatrechts ist(29), beantragt, den Domain-Namen, den er ausgewählt hat und den er vermutlich zu benutzen beabsichtigt, registrieren zu dürfen. Wenn die Voraussetzungen für die Registrierung erfüllt sind(30) und die entsprechende Gebühr gezahlt wird, verpflichtet sich diese Stelle vertraglich, diesen Domain-Namen in ihre Datenbank aufzunehmen und die Internetnutzer, die diesen Domain-Namen eingeben, ausschließlich mit der vom Inhaber des Domain-Namens angegebenen IP-Adresse zu verbinden(31).

49.      Im Übrigen ist noch darauf hinzuweisen, dass die bloße Registrierung eines Domain-Namens in keiner Weise bedeutet, dass dieser dann tatsächlich für die Einrichtung einer Website verwendet wird, so dass der Name vielmehr – auch dauerhaft – unbenutzt bleiben kann.

50.      Vor diesem Hintergrund ist es meines Erachtens offensichtlich, dass die Erfüllung einer Formalität wie der eben beschriebenen keine Verbreitung einer Kommunikation zu Werbezwecken darstellt. Sie kann daher meiner Auffassung nach nicht in den Begriff der Werbung gemäß den Richtlinien 84/450 und 2006/114 einbezogen werden.

b)      Zur Nutzung des Domain-Namens

51.      Mit dem zweiten Teil seiner Frage ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof darum, zu bestimmen, ob die Nutzung eines Domain-Namens Werbung im Sinne der Richtlinien 84/450 und 2006/114 darstellen kann.

52.      Das vorlegende Gericht erläutert nicht genau, was es in seiner Frage unter der Bezeichnung „Nutzung“ des Domain-Namens versteht. Hierzu ist jedoch darauf hinzuweisen, dass, wie auch aus dem Vorbringen einiger Beteiligter in der mündlichen Verhandlung hervorgeht, ein Domain-Name auf ganz unterschiedliche Weise genutzt werden kann.

53.      Die erste und offensichtlichste Art der Nutzung eines Domain-Namens besteht in der Einrichtung und dem tatsächlichen Onlinestellen einer Website im Internet, die unter der dem Domain-Namen entsprechenden IP-Adresse abgerufen werden kann. Diese Art der Nutzung des Domain-Namens scheint für das Ausgangsverfahren von Bedeutung zu sein, da Visys die Domain-Namen, die an die Bezeichnung ihres Mitbewerbers erinnern, tatsächlich benutzt hat, indem sie Websites unter den diesen Domain-Namen entsprechenden Adressen online gestellt hat.

54.      Unabhängig von dem Zweck, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern, der mit dieser Art der Nutzung des Domain-Namens verbunden sein kann und von Fall zu Fall zu ermitteln ist, bin ich der Auffassung, dass für die Prüfung, ob das tatsächliche Onlinestellen einer Website unter der einem Domain-Namen entsprechenden Adresse eine Art der Werbung sein kann, zu klären ist, ob dieses Onlinestellen die Verbreitung einer Kommunikation gemäß der Definition von Werbung in den Richtlinien 84/450 und 2006/114 darstellt.

55.      Insoweit bin ich der Meinung, dass für die Prüfung, ob die Merkmale vorliegen, die typischerweise als einer Kommunikation eigen angesehen werden, von dem oben in den Nrn. 32 und 33 dargelegten Ansatz auszugehen ist. Meiner Ansicht nach lassen sich beim Onlinestellen einer Website ein Sender ermitteln, nämlich die Person, die die Website unter der dem Domain-Namen entsprechenden Adresse online stellt, ein Empfänger, nämlich der Nutzer, der sich mit der Website verbindet, indem er den Domain-Namen im Browser eingibt, und eine Nachricht, nämlich der Inhalt der Website, der gegebenenfalls einen Werbezweck gemäß den Ausführungen oben in Nr. 35 haben kann. Der zur Übermittlung der Nachricht verwendete Kanal ist der an das Internet angeschlossene Computer. Der formale Code besteht aus den geschriebenen, sichtbaren oder hörbaren Zeichen, die verwendet werden, um die Nachricht über die Website zu übermitteln. Der Kontext ist von der jeweiligen konkreten Situation abhängig.

56.      Außerdem stellt das Onlinestellen einer Website zweifellos eine Art der Übertragung der darin enthaltenen Nachricht dar, die in nicht persönlicher Weise an die Allgemeinheit gerichtet und geeignet ist, diese Nachricht einer unbestimmten Zahl von Personen zukommen zu lassen. Das oben in Nr. 34 erwähnte Erfordernis der „Verbreitung“ ist somit ebenfalls erfüllt.

57.      Aufgrund der vorstehenden Erwägungen bin ich der Auffassung, dass das Onlinestellen einer Website unter der einem Domain-Namen entsprechenden Adresse eine Art der Nutzung des Domain-Namens ist, die eine Verbreitung einer Kommunikation im Sinne der Richtlinien 84/450 und 2006/114 darstellt. Erfolgt diese Kommunikation im Rahmen der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern, handelt es sich dabei folglich um Werbung im Sinne dieser Richtlinien.

58.      Darüber hinaus scheinen mir zweifellos auch andere Arten der Nutzung eines Domain-Namens denkbar, die unter bestimmten Umständen ebenfalls eine Art der Werbung darstellen können.

59.      So nutzen beispielsweise Unternehmen den Domain-Namen oft in Werbemitteilungen, die in herkömmlicher Art und Weise gehalten sind, wie Fernsehspots, Plakate oder Anzeigen in Periodika, um auf die Website des Unternehmens zu verweisen (oder konkreter auf die Ware oder die Dienstleistung). Auf diese Weise wird der Verbraucher über die Möglichkeit informiert, auf diesem Weg zusätzliche, möglicherweise werbende Informationen zu erlangen, die die Werbebotschaft enthalten und vertiefen oder die für das Unternehmen als solches und damit indirekt für dessen Waren und Dienstleistungen werben(32). In solchen Fällen scheint mir daher unzweifelhaft, dass der Domain-Name im Rahmen von Arten der Kommunikation verwendet wird, die Werbung darstellen.

60.      Es ist jedoch auch möglich, dass der Domain-Name selbst Werbecharakter im engeren Sinne hat, beispielsweise wenn er Elemente enthält, die die angebotenen Waren oder Dienstleistungen anpreisen. Der Fall der Website www.bestlasersorter.com scheint mir unabhängig von den Fragen im Zusammenhang mit der Marke und der Bezeichnung des Mitbewerbers ein sehr deutliches Beispiel dafür zu sein, da sie klar zu erkennen gibt, dass man, wenn man diese Website aufruft, die besten mit Lasertechnologie ausgestatteten Sortiermaschinen findet. Je nach der Art der Nutzung eines solchen Domain-Namens kann dieser somit für sich selbst eine Werbebotschaft darstellen.

61.      Speziell in Bezug auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens bin ich beispielsweise der Auffassung, dass es Werbung darstellen kann, wenn ein Domain-Name, der Eigenschaften aufweist, mit denen die vom Unternehmen angebotenen Waren oder Dienstleistungen beworben werden, und der tatsächlich im Internet verwendet wird, in die Datenbank einer Suchmaschine aufgenommen wird. Denn aufgrund der vom Internetnutzer mit der Suchmaschine ausgeführten Suche erscheint auf dem Bildschirm genau der Domain-Name, den dessen Inhaber in die Datenbank eingestellt hat. Eine vergleichbare Nutzung des Domain-Namens stellt die Verbreitung einer Mitteilung dar, die unter Berücksichtigung des Werbezwecks, der einem solchen Domain-Namen immanent ist, Werbecharakter aufweist.

62.      Letztlich ist es jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, anhand der konkreten Umstände des Sachverhalts der bei ihm anhängigen Rechtssache zu prüfen, ob die Nutzung des Domain-Namens im konkreten Fall eine Kommunikation darstellt, die mit dem Ziel erfolgt, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern, und somit unter den Begriff der Werbung im Sinne der Richtlinien 84/450 und 2006/114 fällt.

c)      Zur Nutzung der Metatags

63.      Mit dem dritten und letzten Teil der Vorlagefrage ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof darum, zu entscheiden, ob die Nutzung von Metatags im Quellcode einer Website Werbung im Sinne der Richtlinien 84/450 und 2006/114 darstellen kann.

64.      Es sei daran erinnert, dass Metatags im Wesentlichen aus Schlüsselwörtern bestehen, die vom Inhaber einer Website in den Quellcode dieser Website eingefügt werden, um zusammenfassend deren Inhalt zu beschreiben. Diese Schlüsselwörter werden danach von Suchmaschinen erkannt, wenn ein Internetnutzer sie im Rahmen einer Suche über die Suchmaschine eingibt. Auf diese Weise beeinflussen diese Schlüsselwörter die Ergebnisse der Suche, indem sie dazu beitragen, die Position und die Sichtbarkeit der betreffenden Website in der Liste der Suchergebnisse zu verbessern. Für den Nutzer bleiben die Metatags jedoch unsichtbar.

65.      Zur Beantwortung der Frage des vorlegenden Gerichts ist zu prüfen, ob die Nutzung von Metatags die Eigenschaften einer Kommunikation aufweist, die gemäß der oben in den Nrn. 6 und 23 angeführten Definition von Werbung bei der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit zum Zweck der Bewerbung von Waren oder Dienstleistungen verbreitet wird.

66.      Ebenso wie im Fall der Nutzung des Domain-Namens bin ich der Meinung, dass zur Prüfung des Vorliegens des ersten konstitutiven Elements der Definition von Werbung im Sinne der Richtlinien, d. h. einer irgendwie gearteten Kommunikation, dem oben in den Nrn. 32 und 33 dargestellten Ansatz gefolgt werden kann, indem geprüft wird, ob die Elemente gegeben sind, die typischerweise als dem Begriff der Kommunikation eigen angesehen werden.

67.      Im Fall der Nutzung von Metatags im Quellcode einer Website kann meiner Meinung nach ein Sender ermittelt werden, nämlich die Person, die das Schlüsselwort in den Quellcode einfügt. Diese Person wird das dem Metatag entsprechende Schlüsselwort mit dem konkreten Ziel einfügen, dass dieses von Suchmaschinen erkannt wird und damit die Ergebnisse der von den Nutzern der Suchmaschinen durchgeführten Suchen beeinflusst werden.

68.      Problematischer ist die Frage, ob ein Empfänger gegeben ist, der eine Information empfängt, und ob das als Metatag verwendete Schlüsselwort eine Nachricht sein kann, die an diesen Empfänger übertragen wird. Denn der Nutzer, der die Suche über eine Suchmaschine ausführt, wird keine unmittelbare Kenntnis von dem Schlüsselwort, aus dem das Metatag besteht, erlangen. Dieses wird ausschließlich von der Suchmaschine erkannt und dem Empfänger nicht unmittelbar mitgeteilt.

69.      Allerdings bin ich der Meinung, dass bei einer extensiven Auslegung des Begriffs der Kommunikation, wie ich sie oben in den Nrn. 22 bis 25 vorgeschlagen habe, davon ausgegangen werden kann, dass der Internetnutzer, der über eine Suchmaschine eine Suche ausführt, indirekt und mittelbar über die Suchmaschine selbst Empfänger einer Information ist, die in dem Metatag-Schlüsselwort besteht. Die Nachricht, die der Sender über das Metatag an den Empfänger übertragen möchte und die dieser mittelbar über die Suchmaschine empfängt, besteht insoweit in der Information, dass die Website, in deren Quellcode das Metatag enthalten ist, Inhalte aufweist, die mit dem Schlüsselwort in Zusammenhang stehen, und dass folglich diese Seite für den Nutzer und Empfänger, der die Suche mit der Suchmaschine ausführt, relevant ist. Sicherlich handelt es sich dabei um eine Art der mittelbaren Kommunikation, die aber meiner Ansicht nach als eine Art der Kommunikation angesehen werden kann.

70.      Was die weiteren Elemente des oben in Nr. 32 angeführten Begriffs der Kommunikation betrifft, besteht der Kanal auch insoweit aus dem mit dem Internet verbundenen Computer und der Software, die die Suchmaschine bildet. Der formale Code ist die Sprache, die verwendet wird, um das Schlüsselwort anzugeben, und der Kontext hängt auch hier von den Umständen des jeweiligen Falls und insbesondere von der ausgeführten Suche ab. Auch das Erfordernis der Verbreitung ist meines Erachtens erfüllt, da der Eintrag eines Metatags in den Quellcode einer Website, soweit er als eine Art der Kommunikation angesehen wird, an eine unbestimmte Zahl von Personen gerichtet ist, nämlich an all diejenigen, die die Suche mit der Suchmaschine unter Bezugnahme auf das Schlüsselwort, das das Metatag selbst bildet, ausführen möchten.

71.      In Anwendung dieses Ansatzes bin ich daher der Meinung, dass in dem Fall, in dem festgestellt wird, dass die Metatags im Rahmen der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit und mit dem Ziel der Werbung für Waren oder Dienstleistungen in den Quellcode einer Website eingefügt werden, diese Tätigkeit eine Art von Werbung im Sinne der Richtlinien 84/450 und 2006/114 darstellen kann. Es ist jedoch auch hier Sache des vorlegenden Gerichts, anhand der konkreten Umstände des Sachverhalts der bei ihm anhängigen Rechtssache zu prüfen, ob dies der Fall ist.

V –    Ergebnis

72.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Fragen des Hof van Cassatie wie folgt zu antworten:

Die Registrierung eines Domain-Namens stellt keine Werbung im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 84/450/EWG vom 10. September 1984 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung und Art. 2 der Richtlinie 2006/114/EG vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung dar.

Die Nutzung des Domain-Namens und die Nutzung von Metatags im Quellcode einer Website können Werbung im Sinne dieser Richtlinien darstellen. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob im konkreten Fall die Voraussetzungen der Definition von Werbung gemäß diesen Richtlinien vorliegen.


1 – Originalsprache: Italienisch.


2 – Vgl. u. a. Urteile vom 23. März 2010, Google France und Google (C‑236/08 bis C‑238/08, Slg. 2010, I‑2417), vom 12. Juli 2011, L’Oréal u. a. (C‑324/09, Slg. 2011, I‑6011), sowie vom 22. September 2011, Interflora und Interflora British Unit (C‑323/09, Slg. 2011, I‑8625).


3 –      Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung (ABl. L 250, S. 17).


4 –      Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376, S. 21).


5 –      Vgl. den ersten Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/114.


6 – Diese alphanumerischen Adressen werden allgemein als IP-Adressen bezeichnet (vom englischen Ausdruck Internet Protocol address) und bestehen aus einer Ziffernfolge, die eine Vorrichtung (host) eindeutig identifiziert, die an ein EDV-Netz angeschlossen ist, das das Internet Protocol als Kommunikationsprotokoll verwendet.


7 – Die Bezeichnung „Quellcode“ wird für einen schriftlichen Text verwendet, der eine Gesamtheit von Befehlen in einer Programmiersprache darstellt, die, um ausgeführt zu werden, kompiliert werden müssen. Für Websites werden solche Quellcodes normalerweise in der Sprache HTML verfasst, die gewöhnlich für die Formatierung von im Internet verfügbaren Hypertext-Dokumenten verwendet wird.


8 –      Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr) (ABl. L 178, S. 1).


9 – Das für die vorliegende Rechtssache einschlägige Recht, auf das die Klageanträge gestützt werden, ist das Gesetz vom 14. Juli 1991 über die Handelspraktiken und die Aufklärung sowie den Schutz des Verbrauchers (Handelspraktijkenwet), das die Richtlinie 84/450 in belgisches Recht umsetzt.


10 –      Urteil vom 6. Juli 2006, Kersbergen-Lap und Dams-Schipper (C‑154/05, Slg. 2006, I‑6249, Randnrn. 22 und 23).


11 –      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Oktober 1988, Alsatel (247/86, Slg. 1988, 5987, Randnrn. 7 und 8).


12 – Urteil vom 25. Oktober 2001, Toshiba Europe (C‑112/99, Slg. 2001, I‑7945, Randnr. 28).


13 – Siehe hierzu die Erwägungsgründe 3, 4 und 9 der Richtlinie 2006/114.


14 – Vgl. speziell zur vergleichenden Werbung neben dem Urteil Toshiba Europe (oben in Fn. 12 angeführt) die Urteile vom 8. April 2003, Pippig Augenoptik (C‑44/01, Slg. 2003, I‑3095, Randnr. 35), und vom 19. April 2007, De Landtsheer Emmanuel (C‑381/05, Slg. 2007, I‑3115, Randr. 16).


15 – Bereits im Urteil vom 17. November 1993, Kommission/Frankreich (C‑68/92, Slg. 1993, I‑5881, Randnr. 16), hat der Gerichtshof festgestellt, dass diese Verbreitung – da Werbung in der Verbreitung einer Botschaft besteht, die dazu dient, die Verbraucher von der Existenz und den Eigenschaften eines Erzeugnisses oder einer Dienstleistung zu unterrichten, um so den Absatz zu erhöhen – auch anders als mit Hilfe von Worten, Schriften oder Bildern, der Presse oder von Kommunikationsmitteln erfolgen kann. Vgl. dazu auch Nr. 55 der Schlussanträge von Generalanwalt Bot vom 13. Januar 2011 in der Rechtssache Inter-Mark Group (C‑530/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht).


16 – Vgl. Urteile vom 7. Dezember 1995, Rockfon (C‑449/93 Slg. 1995, I‑4291, Randnr. 28), vom 2. April 1998, EMU Tabac u. a. (C‑296/95, Slg. 1998, I‑1605, Randnr. 36), und vom 8. Dezember 2005, Jyske Finans (C‑280/04, Slg. 2005, I‑10683, Randnr. 31).


17 –      Vgl. zuletzt Urteil vom 15. November 2012, Kurcums Metal (C‑558/11, Randnr. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. auch Urteile vom 9. März 2000, EKW und Wein & Co. (C‑437/97, Slg. 2000, I‑1157, Randnr. 42), und vom 1. April 2004, Borgmann (C‑1/02, Slg. 2004, I‑3219, Randnr. 25).


18 – Bereits die Etymologie des Begriffs der Kommunikation (von Lateinisch „cum“, „mit“, und „munire“, „verbinden, bauen“, aber auch „communico“, „etwas mit jemandem teilen“) ruft die Vorstellung einer Übertragung von Informationen hervor.


19 – So nimmt neben den bereits erwähnten französischen und spanischen Sprachfassungen beispielsweise auch die portugiesische Sprachfassung Bezug auf „qualquer forma de comunicação“.


20 – Wegbereiter dieses Ansatzes war bereits Ende der 40er-Jahre Harold D. Lasswell mit seinem Werk „The Structure and Functions of Communication in Society“ (New York, 1948). Nach dem von ihm entwickelten sogenannten Modell der „5 W“, das später von anderen Autoren übernommen und weiterentwickelt wurde, lässt sich jeder Akt der Kommunikation ausgehend von der folgenden Frage beschreiben: „Who says What in What channel to Whom With what effects?“, d. h. „Wer sagt was in welchem Kanal zu wem mit welcher Wirkung?“.


21 – Hierzu ist allerdings anzumerken, dass nicht alle Sprachfassungen der Richtlinie auf den Begriff der „Verbreitung“ Bezug nehmen.


22 – Meiner Ansicht nach schließt diese Konstellation ein – von einigen Beteiligten geltend gemachtes – Lex-generalis-/Lex-specialis-Verhältnis zwischen den betreffenden Richtlinien aus.


23 –      Vgl. die Erwägungsgründe 2, 3 und 6 der Richtlinie 2006/114.


24 –      Vgl. den 29. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/31. Vgl. in diesem Sinne auch das Urteil L’Oréal u. a. (oben in Fn. 2 angeführt).


25 –      Vgl. Art. 6 der Richtlinie 2000/31/EG.


26 – Vgl. Art. 7 sowie die Erwägungsgründe 30 und 31 der Richtlinie 2000/31.


27 – Vgl. Art. 8 und den 32. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/31.


28 – Im Übrigen geht aus dem Vorschlag der Kommission für die Richtlinie 2000/31 (KOM[1998] 586 endg., S. 11), den die Kommission selbst in ihren Erklärungen anführt, hervor, dass dieses Organ die Auffassung vertrat, dass die Nennung von Domain-Namen nur unter bestimmten Umständen keine kommerzielle Kommunikation darstellen dürfe. Dies schließt somit nicht aus, dass Domain-Namen unter anderen Umständen als kommerzielle Kommunikation angesehen werden können.


29 – So ist z. B. für die Vergabe von Top-Level-Domains (wie. com oder. org) die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN), eine private Einrichtung, zuständig. Die Domain-Namen oberster Stufe. eu werden hingegen von der keinen Erwerbszweck verfolgenden Einrichtung EURid (European Registry for Internet Domains) nach den Voraussetzungen der Verordnung (EG) Nr. 733/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. April 2002 zur Einführung der Domäne oberster Stufe „.eu“ (ABl. L 113, S. 1) vergeben.


30 – Im Allgemeinen wird die Registrierung von der dafür zuständigen Stelle allein auf der Grundlage der Verfügbarkeit des beantragten Domain-Namens vorgenommen oder abgelehnt, normalerweise ohne Prüfung, ob der Antragsteller ein Recht in Bezug auf den gewählten Namen innehat.


31 –      Vgl. oben, Fn. 6.


32 – Vgl. zum Begriff der „Unternehmenswerbung“ Nr. 35.