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Klage, eingereicht am 8. November 2019 – Europäische Kommission/Ungarn

(Rechtssache C-821/19)

Verfahrenssprache: Ungarisch

Parteien

Klägerin: Europäische Kommission (Prozessbevollmächtigte: M. Condou-Durande, J. Tomkin und A. Tokár)

Beklagter: Ungarn

Anträge

Die Kommission beantragt,

festzustellen, dass Ungarn

dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 33 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU verstoßen hat, dass es, was die Unzulässigkeit von Asylanträgen betrifft, neben den in der Richtlinie 2013/32/EU ausdrücklich festgelegten Gründen einen neuen Unzulässigkeitsgrund eingeführt hat;

dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 8 Abs. 2, Art. 12 Abs. 1 Buchst. c und Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2013/32/EU sowie Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie 2013/33/EU verstoßen hat, dass es Maßnahmen angenommen hat, die die Handlung einer Organisation, die vorgenommen wird, um in Bezug auf eine Person, die die im nationalen Recht festgelegten Asylrechtskriterien nicht erfüllt, die Einleitung eines Asylverfahrens zu ermöglichen, zur Straftat erklären und in Bezug auf Personen, die dieser Straftat beschuldigt oder deswegen verurteilt worden sind, den Erlass von Beschränkungen vorschreiben;

Ungarn die Kosten aufzuerlegen.

Klagegründe und wesentliche Argumente

Nachdem im Jahr 2015 die Zahl der Asylanträge schlagartig angestiegen war, hat Ungarn sein Asylsystem mehrfach geändert. Auch im Jahr 2018 sind die ungarischen Asylrechtsvorschriften erheblich geändert worden. Das ungarische Parlament hat am 20. Juni 2018 das Gesetz Nr. VI von 2018 zur Änderung einiger Gesetze in Bezug auf Maßnahmen gegen illegale Einwanderung sowie die siebte Änderung des Grundgesetzes Ungarns angenommen. Dieses Vorschriftenpaket ist auch unter dem Namen „Stop Soros“-Gesetz bekannt. Im Rahmen der Änderungen ist der asylberechtigte Personenkreis weiter eingeschränkt worden, weil nach der Änderung des Asylgesetzes ein Asylantrag unzulässig ist, wenn der Antragsteller über ein Land, in dem keine Verfolgung oder keine unmittelbare Verfolgungsgefahr drohte, in das Gebiet Ungarns eingereist ist. Entsprechend ist auch das Strafgesetzbuch geändert worden. Dadurch ist die Tätigkeit von Organisationen strafbar geworden, die bezweckt, die Einleitung eines Asylverfahrens zugunsten einer Person zu ermöglichen, die in ihrer Heimat, im Land ihres gewöhnlichen Aufenthalts oder in einem anderen Land, über das sie eingereist ist, keiner Verfolgung wegen ihrer Rasse, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer religiösen bzw. politischen Überzeugung ausgesetzt ist oder keine begründete Furcht vor unmittelbarer Verfolgung haben muss.

Die Kommission war der Ansicht, dass die 2018 erlassenen Rechtsvorschriften gegen das Unionsrecht verstießen, und hatte deshalb gegen Ungarn ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Weil die Begründung, die Ungarn im Vorverfahren gegeben hatte, die Zweifel der Kommission nicht ausgeräumt hat, hat diese beschlossen, beim Gerichtshof Klage zu erheben.

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