Language of document : ECLI:EU:F:2010:112

URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST DER EUROPÄISCHEN UNION (Dritte Kammer)

29. September 2010(*)

„Öffentlicher Dienst – Allgemeines Auswahlverfahren – Nichtaufnahme in die Reserveliste – Ablauf der mündlichen Prüfung – Beständigkeit des Prüfungsausschusses“

In der Rechtssache F‑41/08

betreffend eine Klage nach den Art. 236 EG und 152 EA,

Stephanie Honnefelder, wohnhaft in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt C. Bode,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch C. Berardis-Kayser und B. Eggers als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
(Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten P. Mahoney, der Richterin I. Boruta (Berichterstatterin) und des Richters H. Tagaras,

Kanzler: R. Schiano, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. März 2009

folgendes

Urteil

1        Mit Klageschrift, die am 30. März 2008 per Telefax bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist (die Urschrift ist am 3. April 2008 eingegangen), beantragt Frau Honnefelder in erster Linie die Aufhebung der Entscheidung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 10. Mai 2007, sie nicht in die Reserveliste des allgemeinen Auswahlverfahrens EPSO/AD/26/05 aufzunehmen, und der Entscheidung vom 14. Dezember 2007 über die Zurückweisung ihrer Beschwerde.

 Rechtlicher Rahmen

2        Art. 3 Abs. 1 des Anhangs III des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) über das Auswahlverfahren bestimmt:

„Der Prüfungsausschuss besteht aus einem von der Anstellungsbehörde bestellten Vorsitzenden und aus Mitgliedern, die in gleicher Zahl von der Anstellungsbehörde und von der Personalvertretung benannt werden.“

3        Die Bekanntmachung des im Amtsblatt der Europäischen Union (C 178 A, S. 3) veröffentlichten allgemeinen Auswahlverfahrens EPSO/AD/26/05 sieht in Titel B („Verfahren“) u. a. folgende Bestimmungen vor:

„3. Mündliche Prüfung – Bewertung

e)      In der Hauptsprache der Bewerberin oder des Bewerbers geführtes Gespräch mit dem Prüfungsausschuss, bei dem deren bzw. dessen Eignung für die in Titel A Punkt I genannten Aufgaben beurteilt wird. Gegenstand dieses Gesprächs sind vor allem das einschlägige Sachwissen und die Kenntnis der Europäischen Union, ihrer Organe und der Bereiche ihrer Politik. Geprüft wird auch die Beherrschung der zweiten Sprache. Außerdem soll anhand des Gesprächs die Fähigkeit beurteilt werden, sich auf ein multikulturelles Arbeitsumfeld im europäischen öffentlichen Dienst einzustellen.

Diese Prüfung wird mit 0 bis 50 Punkten bewertet (erforderliche Mindestpunktzahl: 25).

5. Aufnahme in die Reservelisten

Der Prüfungsausschuss stellt für jedes Auswahlverfahren eine Reserveliste mit höchstens vier Leistungsgruppen auf, in denen jeweils in alphabetischer Reihenfolge diejenigen Prüfungsteilnehmerinnen und Prüfungsteilnehmer aufgeführt sind (siehe Titel A: Anzahl der erfolgreichen Bewerberinnen und Bewerber), die bei der schriftlichen Prüfung d) und der mündlichen Prüfung e) jeweils die Mindestpunktzahl und bei beiden Prüfungen zusammen eines der besten Ergebnisse erzielt haben.

…“

 Sachverhalt

4        Am 20. Juli 2005 veröffentlichte die Kommission die Bekanntmachung des allgemeinen Auswahlverfahrens EPSO/AD/26/05 zur Aufstellung einer Reserveliste für 180 Beamtinnen und Beamten der Funktionsgruppe AD (AD 5) im Bereich Recht (im Folgenden: Auswahlverfahren), auf die sich die Klägerin bewarb.

5        Der Prüfungsausschuss setzte sich zunächst aus einer ordentlichen Vorsitzenden und zwei ordentlichen Mitgliedern sowie aus einem stellvertretenden Vorsitzenden und zwei stellvertretenden Mitgliedern je ordentliches Mitglied zusammen.

6        Nachdem die Person, die anfangs die Aufgaben eines Vorsitzenden wahrgenommen hatte, auf einen neuen Posten innerhalb der Kommission ernannt worden und daraufhin vom Vorsitz des Prüfungsausschusses zurückgetreten war, wurde am 2. Juni 2006 eine neue Vorsitzende des Prüfungsausschusses bestimmt.

7        Nach erfolgreicher Teilnahme an den Vorauswahltests und der schriftlichen Prüfung wurde die Klägerin mit Schreiben vom 20. Dezember 2006 eingeladen, an der mündlichen Prüfung teilzunehmen.

8        Die mündlichen Prüfungen fanden zwischen dem 23. Januar 2007 und 3. Mai 2007 statt, also über einen Zeitraum von ungefähr dreieinhalb Monaten.

9        Die Klägerin absolvierte die mündliche Prüfung am 6. März 2007. Bei dieser Prüfung bestand der Prüfungsausschuss aus drei Personen, der Vorsitzenden, einem ordentlichen Mitglied und einem stellvertretenden Mitglied.

10      Mit Schreiben vom 10. Mai 2007 teilte die Vorsitzende des Prüfungsausschusses der Klägerin Folgendes mit:

„Ich bedaure, Ihnen mitteilen zu müssen, dass [der Prüfungsausschuss] Sie leider nicht in die Reserveliste aufnehmen konnte.

Die Bekanntmachung des Auswahlverfahrens sieht vor, dass bei allen Prüfungen eine Bewertung unter der jeweils erforderlichen Mindestpunktzahl zum Ausschluss führt.

Ihre Ergebnisse der Vorauswahltests, der schriftlichen sowie der mündlichen Prüfung setzen sich im Einzelnen wie folgt zusammen:

Test a):           40,5/60 (Mindestpunktzahl: 30)

Test b):           19,5/20 (Mindestpunktzahl: 10)

Test c):           31,795/40 (Mindestpunktzahl: 20)

Prüfung d):           33/50          (Mindestpunktzahl: 25)

Prüfung e):           23/50       (Mindestpunktzahl: 25)

…“

11      Mit Schreiben vom 24. Mai 2007 stellte die Klägerin einen Antrag auf Überprüfung ihrer Note in der mündlichen Prüfung.

12      Die Vorsitzende des Prüfungsausschusses teilte ihr mit Schreiben vom 25. Juni 2007 mit, dass der Prüfungsausschuss die Note bestätigt habe, die sie in der mündlichen Prüfung erhalten habe, und dass dieses Ergebnis nicht ausreiche, um sie in die Reserveliste aufzunehmen.

13      Am 9. August 2007 legte die Klägerin nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts Beschwerde gegen die Entscheidung vom 10. Mai 2007, sie nicht in die Reserveliste aufzunehmen, und gegen die im Schreiben vom 25. Juni 2007 erwähnte Entscheidung des Prüfungsausschusses ein.

14      Mit Entscheidung vom 14. Dezember 2007, die der Klägerin mit E-Mail vom 21. Dezember 2007 und per Post am 7. Januar 2008 zugestellt wurde, wies die Anstellungsbehörde die Beschwerde der Klägerin zurück.

 Anträge der Parteien

15      Die Klägerin beantragt,

–        die Entscheidung der Kommission vom 10. Mai 2007 und den Beschwerdebescheid vom 14. Dezember 2007 aufzuheben;

–        die Kommission zu verpflichten, über ihre Aufnahme in die Reserveliste ohne Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und in einem rechtmäßigen Verfahren zu befinden;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen;

–        vorsorglich den Erlass eines Versäumnisurteils.

16      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten dieses Verfahrens aufzuerlegen.

 Zum Gegenstand der Klage

17      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung formal gegen die Zurückweisung einer Beschwerde gerichtete Aufhebungsanträge bewirken, dass das Gericht mit der Handlung befasst wird, gegen die die Beschwerde gerichtet ist, wenn sie als solche keinen eigenständigen Gehalt haben (Urteil des Gerichtshofs vom 17. Januar 1989, Vainker/Parlament, 293/87, Slg. 1989, 23, Randnr. 8; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 10. Dezember 1992, Williams/Rechnungshof, T‑33/91, Slg. 1992, II‑2499, Randnr. 23; Urteil des Gerichts vom 19. September 2007, Talvela/Kommission, F‑43/06, Slg. ÖD 2007, I‑A‑1‑249 und II‑A‑1‑1375, Randnr. 36). Daher ist im vorliegenden Fall der Antrag der Klägerin auf Aufhebung der Entscheidung vom 10. Mai 2007 und der Entscheidung vom 14. Dezember 2007 über die Zurückweisung der Beschwerde ausschließlich gegen die Entscheidung vom 10. Mai 2007, sie nicht in die Reserveliste aufzunehmen (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), gerichtet.

18      Zum Antrag, die Kommission zu verpflichten, über die Aufnahme der Klägerin in die Reserveliste ohne Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und in einem rechtmäßigen Verfahren zu befinden, ist zu bemerken, dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, grundsätzliche Erklärungen abzugeben oder Feststellungen zu treffen oder den Unionsorganen Anweisungen zu erteilen; falls das Gericht das Handeln eines Organs für nichtig erklärt, hat dieses Organ nach der in Art. 266 AEUV enthaltenen allgemeinen Verpflichtung die sich aus dem Urteil ergebenden erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen (vgl. u. a. Urteil des Gerichts erster Instanz vom 28. Oktober 2004, Meister/HABM, T‑76/03, Slg. ÖD 2004, I‑A‑325 und II‑1477, Randnr. 38; Beschluss des Gerichts vom 16. Mai 2006, Voigt/Kommission, F‑55/05, Slg. ÖD 2006, I‑A‑1‑15 und II‑A‑1‑51, Randnrn. 23 und 25).

19      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass das Gericht nur den ersten Antrag der Klägerin zu prüfen hat, soweit er auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung gerichtet ist.

 Zum Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung

20      Die Klägerin stützt ihren Antrag auf zwei Klagegründe:

–        Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung;

–        Verstoß gegen Verfahrensgrundsätze.

21      Es ist insbesondere der erste Klagegrund zu prüfen.

 Vorbringen der Parteien

22      Mit ihrem ersten Klagegrund trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass der Prüfungsausschuss den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt habe. Sie untermauert dies mit mehreren Argumenten. Unter den Umständen des vorliegenden Falles hält es das Gericht für angebracht, zunächst die Argumente der Klägerin gemeinsam zu prüfen, dass bestimmte Abwesenheiten der Vorsitzenden des Prüfungsausschusses nicht gerechtfertigt gewesen seien, die Anwesenheitsquoten der Mitglieder des Prüfungsausschusses zu gering gewesen seien, kein Mitglied des Prüfungsausschusses an allen Prüfungen teilgenommen habe und die Fluktuation im Prüfungsausschuss erheblich gewesen sei.

23      Die Klägerin weist zunächst darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung der Vorsitzende des Prüfungsausschusses nur ersetzt werden könne, wenn er von seinem Amt zurückgetreten sei oder wenn er infolge von Ereignissen, die vom Willen der Verwaltung unabhängig seien, den Vorsitz nicht wahrnehmen könne. Im vorliegenden Fall sei die Vorsitzende des Prüfungsausschusses jedoch oftmals durch ihren Stellvertreter ersetzt worden, obwohl es der Kommission möglich gewesen wäre, ihre dauerhafte Anwesenheit bei allen Prüfungen faktisch zu gewährleisten. Mit Ausnahme der Abwesenheit wegen der Beerdigung eines Angehörigen seien nämlich die anderen Abwesenheiten der Vorsitzenden des Prüfungsausschusses nicht vom Willen der Verwaltung unabhängig gewesen, wie dies in der Rechtsprechung verlangt werde.

24      Sodann macht sie geltend, dass zur Gewährleistung einer einheitlichen und kohärenten Anwendung der Auswahlkriterien und eines objektiven Vergleichs der Leistungen aller Bewerber in der Rechtsprechung verlangt werde, dass die Prüfer an einer großen Zahl von Prüfungen teilgenommen hätten. Im vorliegenden Fall habe die Anwesenheitsquote der ordentlichen Mitglieder des Prüfungsausschusses bei der Vorsitzenden des Prüfungsausschusses 77,5 % und bei den beiden anderen ordentlichen Mitgliedern 65,5 % und 19 % betragen.

25      Schließlich trägt sie vor, dass die Fluktuation im Prüfungsausschuss außerordentlich groß gewesen sei. Zusätzlich zur geringen Anwesenheitsquote habe nämlich kein Mitglied des Prüfungsausschusses an allen Prüfungen teilgenommen, und überdies habe der Prüfungsausschuss in vielen verschiedenen Formationen getagt.

26      Die vorstehend erwähnten Tatsachen zeigten, dass es in der Zusammensetzung des Prüfungsausschusses Unregelmäßigkeiten gegeben habe, die zu einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes geführt hätten. Folglich müsse die angefochtene Entscheidung aus diesem Grund aufgehoben werden. Diese Schlussfolgerung werde weder dadurch in Frage gestellt, dass sich der Prüfungsausschuss vor Beginn der mündlichen Prüfungen über die Bewertungskriterien und über die den Bewerbern zu stellenden Fragen abgestimmt habe, noch dadurch, dass die Vorsitzende des Prüfungsausschusses und ihr Stellvertreter – zum Teil gemeinsam – an einer beträchtlichen Zahl von Prüfungen teilgenommen hätten, denn diese Maßnahmen könnten die Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht gewährleisten.

27      Die Kommission tritt dem mit dem Hinweis darauf entgegen, dass die Zusammensetzung des Prüfungsausschusses nach der Rechtsprechung nur soweit wie möglich stabil bleiben müsse. Es gebe daher keine Regel, wonach die dauerhafte Anwesenheit eines Kernbestands von Prüfern des Prüfungsausschusses während der mündlichen Prüfungen verlangt werde. Die Rechtsprechung stütze sich nämlich nicht ausschließlich hierauf, sondern auf eine Reihe von Indizien, um von Fall zu Fall anhand der besonderen Charakteristika des Auswahlverfahrens zu beurteilen, ob der Prüfungsausschuss die erforderlichen Maßnahmen getroffen habe, um eine objektive und gleichmäßige Beurteilung der Bewerber sicherzustellen.

28      Die Kommission stützt sich für ihre Auffassung hauptsächlich auf das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 12. März 2008, Giannini/Kommission (T‑100/04, Slg. ÖD 2008, I‑A‑2‑9 und II‑A‑2‑37). Das Gericht erster Instanz sei in diesem Urteil davon ausgegangen, dass es für einen ordnungsmäßigen Ablauf der mündlichen Prüfungen unabhängig von der Beständigkeit des Prüfungsausschusses ausreiche, dass erstens der Vorsitzende des Prüfungsausschusses und sein Stellvertreter an der großen Mehrzahl der Prüfungen teilgenommen hätten, und zwar in der Anfangsphase gemeinsam, damit der stellvertretende Vorsitzende die Art und Weise der Anwendung der Beurteilungskriterien durch den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses habe verinnerlichen können, und dass zweitens sich der Prüfungsausschuss für das Auswahlverfahren vorab über die Bewertungskriterien abgestimmt habe.

29      Im vorliegenden Fall habe der Prüfungsausschuss dieselben Maßnahmen wie diejenigen getroffen, auf die das Gericht erster Instanz im Urteil Giannini/Kommission abgestellt habe. Folglich müsse die in diesem Urteil gefundene Lösung auf den vorliegenden Fall übertragen und demgemäß die Klage abgewiesen werden, wobei dahingestellt bleiben könne, ob die Abwesenheiten der Vorsitzenden des Prüfungsausschusses ordnungsgemäß gewesen seien oder ob ein Kernbestand von Prüfern an einer hinreichenden Zahl von Prüfungen teilgenommen habe.

30      Speziell zu den Abwesenheiten der Vorsitzenden des Prüfungsausschusses vertritt die Kommission überdies die Ansicht, dass die Vorsitzende sie nicht nur mit zwingenden Erfordernissen des Privatlebens, sondern auch unter Berufung auf berufliche Verpflichtungen rechtfertigen könne, die ihre Anwesenheit unmöglich machten. Die einzige Unterscheidung, die bei der Feststellung, ob eine Abwesenheit gerechtfertigt sei, vorzunehmen sei, bestehe darin, vorrangige Verpflichtungen von den alltäglich anfallenden Verwaltungsarbeiten abzugrenzen, da Letztere nicht als wirksame Entschuldigung akzeptiert würden. Im vorliegenden Fall gehöre die für die Vorsitzende des Prüfungsausschusses bestehende Notwendigkeit, die Kommission vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu vertreten, zu den vorrangigen Verpflichtungen, die nicht vom Willen der Verwaltung abhingen, und sei daher ein wirksamer Entschuldigungsgrund. Die Anberaumung der mündlichen Verhandlung erfolge unabhängig vom Willen der Kommission, und die Prozessbevollmächtigten seien nicht beliebig auswechselbar, da nur die mit einer Angelegenheit betrauten Bevollmächtigten die Sache hinreichend kennen würden, um alle Fragen beantworten zu können, die in der mündlichen Verhandlung gestellt werden könnten. Außerdem müsse sich ein Prozessbevollmächtigter auf einen Termin auch vorbereiten und rechtzeitig vorher abreisen, um einen Termin effektiv wahrnehmen zu können, so dass er möglicherweise schon ab dem Vortag nicht verfügbar sei. Ebenso müsse es den Bevollmächtigten möglich sein, am nächsten Tag abwesend zu sein, um eine ordnungsgemäße Nachbearbeitung der Dossiers zu gewährleisten. Die Kommission räumt jedoch ein, dass sie keine genaue Rechtfertigung für die Abwesenheit der Vorsitzenden des Prüfungsausschusses am 1. Februar 2007 vorweisen könne, dass sie aber aufgrund der dienstlichen Verhältnisse dieser Beamtin nur rechtmäßig habe sein können.

31      Bezüglich der Anwesenheitsquote der anderen Mitglieder des Prüfungsausschusses ist die Kommission der Ansicht, dieses Argument sei irrelevant, da der Prüfungsausschuss die erforderlichen Maßnahmen ergriffen habe, um die Konstanz der verwendeten Bewertungskriterien zu gewährleisten, nämlich dass die Vorsitzende des Prüfungsausschusses und ihr Stellvertreter an der großen Mehrzahl der Prüfungen teilgenommen hätten, und zwar in der Anfangsphase gemeinsam, und dass die Bewertungsmodalitäten vom Prüfungsausschuss vor den Prüfungen festgelegt worden seien. Jedenfalls sei mit Ausnahme der Vorsitzenden die geringe Anwesenheitsquote eines der beiden ordentlichen Mitglieder des Prüfungsausschusses durch dessen unerwartete Ernennung zum Referatsleiter zu erklären.

32      Das Argument, dass die Zusammensetzung des Prüfungsausschusses geschwankt habe, hält die Kommission aus denselben Gründen wie den in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils ausgeführten für irrelevant.

 Würdigung durch das Gericht

33      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass ein Prüfungsausschuss zwar bei der Beurteilung der Bewerber in einem Auswahlverfahren über ein weites Ermessen verfügt, dass er jedoch im Gegenzug seine Arbeiten unter sorgfältiger Einhaltung der Bestimmungen über die Organisation der Prüfungen ausführen muss (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile des Gerichts erster Instanz vom 10. November 2004, Vonier/Kommission, T‑165/03, Slg. ÖD 2004, I‑A‑343 und II‑1575, Randnr. 39, und vom 5. April 2005, Christensen/Kommission, T‑336/02, Slg. ÖD 2005, I‑A‑75 und II‑341, Randnr. 38). Die sorgfältige Einhaltung der Vorschriften über die Organisation der Prüfungen ist für die mündliche Prüfung besonders geboten, da diese ihrem Wesen nach weniger einheitlich gestaltet ist als die schriftliche Prüfung (vgl. zu diesem Punkt Urteil des Gerichts erster Instanz vom 17. Dezember 1997, Moles García Ortúzar/Kommission, T‑216/95, Slg. ÖD 1997, I‑A‑403 und II‑1083, Randnr. 77).

34      Zu den Bestimmungen über die Organisation der Prüfungen gehören die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Objektivität von Bewertungen (vgl. u. a. Urteil Christensen/Kommission, Randnr. 43).

35      Um sicherstellen zu können, dass der Prüfungsausschuss bei der Beurteilung aller Bewerber, die an der mündlichen Prüfung teilnehmen, die Bedingungen der Gleichheit und der Objektivität beachtet, müssen die Kriterien für die Bewertung einheitlich sein und auf diese Bewerber kohärent angewandt werden (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 7. Februar 2002, Felix/Kommission, T‑193/00, Slg. ÖD 2002, I‑A‑23 und II‑101, Randnr. 37).

36      Die Beachtung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Objektivität von Bewertungen setzt idealerweise die Anwesenheit aller Mitglieder des Prüfungsausschusses bei allen Prüfungen voraus. In diesem Zusammenhang stellt der Grad der Anwesenheit des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses aufgrund seiner maßgebenden Koordinierungsrolle einen äußerst wichtigen Faktor dar (vgl. zu diesem Punkt Urteil des Gerichts erster Instanz vom 24. September 2002, Girardot/Kommission, T‑92/01, Slg. ÖD 2002, I‑A‑163 und II‑859, Randnr. 31). Bei einem Auswahlverfahren mit großer Teilnehmerzahl, dessen Durchführung notwendigerweise einen langen Zeitraum erfordert, stellen sich bei der Organisation mündlicher Prüfungen jedoch erhebliche praktische Schwierigkeiten, wie logistische Probleme im Zusammenhang mit der Organisation mündlicher Prüfungen für Bewerber, die verschiedenen Sprachgruppen angehören, und der Notwendigkeit, die dienstlichen Erfordernisse der Mitglieder des Prüfungsausschusses zu berücksichtigen (Urteil Giannini/Kommission, Randnr. 196). Wenn es sich also erweist, dass sich die Anwesenheit aller Mitglieder des Prüfungsausschusses bei allen Prüfungen nicht realisieren lässt, kann das Erfordernis, die Kontinuität des Verwaltungshandelns zu gewährleisten, es rechtfertigen, die strenge Geltung des Grundsatzes der Beständigkeit des Prüfungsausschusses abzumildern (Urteil des Gerichtshofs vom 13. Februar 1979, Martin/Kommission, 24/78, Slg. 1979, 603, Randnr. 10), da die Beständigkeit des Prüfungsausschusses nur soweit wie möglich gewährleistet sein muss (vgl. u. a. Urteil Vonier/Kommission, Randnr. 39).

37      Der Prüfungsausschuss kann sich jedoch nicht freimachen von der Beachtung der fundamentalen Garantien der Gleichbehandlung. Er muss deshalb die Koordinierungsmaßnahmen treffen, die erforderlich sind, um bei Abwesenheit von Mitgliedern dieses Ausschusses die Kohärenz der Bewertung und des Vergleichs der Prüfungsleistungen der Bewerber zu gewährleisten (Urteile Christensen/Kommission, Randnr. 38, und des Gerichts erster Instanz vom 13. September 2005, Pantoulis/Kommission, T‑290/03, Slg. ÖD 2005, I‑A‑241 und II‑1123, Randnr. 90). Wird daher diese Kohärenz durch andere Mittel gewährleistet, schließt der Umstand, dass mehrere Ausschussformationen die Eignung der Bewerber während der mündlichen Prüfungen beurteilt haben, es insbesondere in einem allgemeinen Auswahlverfahren mit großer Teilnehmerzahl nicht aus, dass die Zusammensetzung des Prüfungsausschusses als hinreichend stabil angesehen wird (Urteil Giannini/Kommission, Randnrn. 208 und 216).

38      Die Relevanz der Maßnahmen, die zur Wahrung der Kohärenz der Bewertung und des Vergleichs der Prüfungsleistungen der Bewerber ergriffen wurden, ist von Fall zu Fall anhand der besonderen Charakteristika jedes Auswahlverfahrens und der mit der Organisation des Auswahlverfahrens zwangsläufig verbundenen praktischen Erfordernisse zu beurteilen (Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2006, Neophytou/Kommission, F‑22/05, Slg. ÖD 2006, I‑A‑1‑159 und II‑A‑1‑617, Randnr. 44).

39      Im Licht dieser Rechtsprechung ist die Begründetheit der von der Klägerin behaupteten Rechtsverstöße zu prüfen und über die mit ihnen verbundenen Folgen zu befinden. Um festzustellen, ob das durchgeführte Verfahren den beiden grundlegenden Erfordernissen der Objektivität und der Gleichbehandlung bei der Beurteilung der Bewerber genügt hat, ist eine umfassende Prüfung der Organisation der mündlichen Prüfungen unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles vorzunehmen, bei der alle relevanten Faktoren berücksichtigt werden. Zu diesen Faktoren gehören u. a. die Zahl der zu den Prüfungen zugelassenen Bewerber, die Schwankungen in der Zusammensetzung des Prüfungsausschusses, wobei besonderes Augenmerk der jeweiligen Anwesenheit der Vorsitzenden des Prüfungsausschusses und ihres Stellvertreters gilt, und die Koordinierungsmaßnahmen, die zur Gewährleistung der kohärenten Anwendung der Bewertungskriterien getroffen wurden.

40      Nach Ansicht der Klägerin verstößt die angefochtene Entscheidung gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, da der Prüfungsausschuss nicht auf die Beständigkeit seiner Zusammensetzung geachtet habe. Insoweit gebe es drei Fehler, nämlich dass die Abwesenheiten der Vorsitzenden des Prüfungsausschusses ungerechtfertigt gewesen seien, dass es keine kontinuierliche Anwesenheit zumindest eines Kernbestands von Prüfern im Prüfungsausschuss einschließlich der Vorsitzenden gegeben habe und dass es im Prüfungsausschuss eine übermäßige Fluktuation gegeben habe.

41      Was erstens die Abwesenheiten der Vorsitzenden des Prüfungsausschusses betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass der Vorsitzende in Anbetracht seiner führenden Rolle im Prüfungsausschuss grundsätzlich verpflichtet ist, allen Prüfungen beizuwohnen, um die Arbeiten des Prüfungsausschusses zu koordinieren und darauf zu achten, dass dieser auf alle Bewerber dieselben Bewertungskriterien einheitlich anwendet und eine vergleichende Beurteilung aller Bewerber vornimmt (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 23. März 2000, Gogos/Kommission, T‑95/98, Slg. ÖD 2000, I‑A‑51 und II‑219, Randnrn. 42 bis 47). Der Vorsitzende kann jedoch ausnahmsweise aus zwingenden Gründen, die nicht von der Verwaltung abhängen, abwesend sein (Urteil Vonier/Kommission, Randnr. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung). Bei einem allgemeinen Auswahlverfahren mit großer Teilnehmerzahl ist anerkannt, dass die Beurteilungskriterien für die mündlichen Prüfungen einheitlich und nicht diskriminierend angewendet sein können, wenn der ordentliche Vorsitzende an der großen Mehrzahl der Prüfungen teilnimmt und der stellvertretende Vorsitzende, der den ordentlichen Vorsitzenden bei Abwesenheit vertritt, bei einem Teil der Prüfungen, die unter der Leitung des ordentlichen Vorsitzenden stattfinden, ebenfalls anwesend ist, um sich die Beurteilungsleitlinien, wie sie der Prüfungsausschuss anwendet, als Maßstab anzueignen (Urteil Giannini/Kommission, Randnrn. 209 bis 212).

42      Im vorliegenden Fall ist zu bemerken, dass die Vorsitzende des Prüfungsausschusses an ungefähr 77,5 % der Prüfungen teilgenommen hat und dass ihre Abwesenheiten acht der 36 Tage, an denen Prüfungen stattfanden, betroffen haben, nämlich den 1. und 5. Februar 2007, den 5. (bis auf die erste Prüfung, an der sie teilgenommen hat), 6., 7., 8., 28. und 29. März 2007, sowie zwei Prüfungen, die am 27. März 2007 stattgefunden haben.

43      Die Abwesenheiten am 7. und 29. März 2007 waren durch einen zwingenden Grund gerechtfertigt, da sie durch die für die Vorsitzende bestehende Notwendigkeit begründet waren, als Bevollmächtigte der Kommission an zwei mündlichen Verhandlungen vor dem Gerichtshof teilzunehmen. Zum einen ist nämlich die Anberaumung einer Sitzung nicht vom Willen der Kommission abhängig, und für die Bevollmächtigten der Organe kommt es unter Berücksichtigung ihrer Rolle als an der Rechtspflege beteiligte Personen nicht in Betracht, unter Geltendmachung beruflicher Erfordernisse wie der Teilnahme an einem Prüfungsausschuss für ein Auswahlverfahren die Verlegung des Termins zu beantragen. Zum anderen wäre, auch wenn die Kommission jedes Mal zwei Bevollmächtigte als mit der Angelegenheit betraut bestellt hätte, wodurch es theoretisch möglich gewesen wäre, dass nur einer von ihnen in der Sitzung anwesend gewesen wäre, die Qualität der Vertretung des Organs erheblich beeinträchtigt gewesen, da die jeweilige Kenntnis der Bevollmächtigten in Bezug auf die Angelegenheit nicht notwendigerweise dieselben Aspekte betroffen hätte.

44      Zu den Abwesenheiten am 5. und 6. März 2007 sowie am 27. und 28. März 2007, den beiden Tagen vor den Sitzungen beim Gerichtshof, ist festzustellen, dass es für die Vorsitzende des Prüfungsausschusses erforderlich war, sich auf diese Sitzungen vorzubereiten, und erst recht, sich dorthin zu begeben. Die mit der Komplexität der betreffenden Rechtssachen im Zusammenhang stehende Beurteilung der Frage, ob ein oder zwei Tage Abwesenheit erforderlich waren, ist nicht Sache des Gerichts, so dass die Abwesenheiten der Vorsitzenden des Prüfungsausschusses nicht als ungerechtfertigt angesehen werden können, es sei denn, ihre Zahl hätte offensichtlich außer Verhältnis gestanden, was hier nicht der Fall ist.

45      Die Abwesenheit am 8. März 2007, dem Tag nach einer der Sitzungen am Gerichtshof, kann ebenfalls nicht als ungerechtfertigt betrachtet werden, da sie darauf beruhte, dass die Vorsitzende des Prüfungsausschusses über den Ablauf der Sitzung berichten musste.

46      Hingegen war die Kommission nicht in der Lage, die Abwesenheit der Vorsitzenden des Prüfungsausschusses am 1. Februar 2007 mit zwingenden Gründen zu rechtfertigen. Eine einzige ungeklärte Abwesenheit kann jedoch nicht zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung führen.

47      Außerdem ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass sich die Abwesenheiten der Vorsitzenden des Prüfungsausschusses angesichts der Zahl der Bewerber am Auswahlverfahren im Rahmen hielten und es unter diesem Gesichtspunkt möglich sein könnte, eine Parallele zwischen der vorliegenden Rechtssache, in der die Anwesenheitsquote der Vorsitzenden des Prüfungsausschusses bei den Prüfungen ungefähr 77,5 % beträgt, und der Rechtssache Giannini/Kommission zu ziehen, in der der ordentliche Vorsitzende in 85 % der Prüfungen anwesend und nur punktuell bei fünf Prüfungen von einer ähnlichen Gesamtzahl an Prüfungen, nämlich 280, aus nicht zwingenden Gründen abwesend war (Urteil Giannini/Kommission, Randnrn. 205 und 215). Außerdem ist der Prüfungsausschuss für das Auswahlverfahren während der Abwesenheiten der Vorsitzenden vom stellvertretenden Vorsitzenden geleitet worden, der gemeinsam mit der Vorsitzenden an insgesamt 216 von 279 Prüfungen – darunter die ersten 63 Prüfungen – teilgenommen hatte, wodurch wie in der Rechtssache Giannini/Kommission eine Kontinuität im Vorsitz des Prüfungsausschusses gewährleistet war (Urteil Giannini/Kommission, Randnrn. 209 bis 212). Demzufolge können die Abwesenheiten der Vorsitzenden des Prüfungsausschusses für sich genommen die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nicht rechtfertigen. Diese Abwesenheiten müssen gegen die anderen Faktoren abgewogen werden, die für die Feststellung, ob eine hinreichende Beständigkeit in der Zusammensetzung des Prüfungsausschusses gewährleistet war, relevant sind.

48      Was zweitens die Anwesenheit zumindest eines Kernbestands an Prüfern im Prüfungsausschuss betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass unabhängig von der Anwesenheit des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses bei den Prüfungen die erhebliche Präsenz einer hinreichenden Zahl von Prüfern erforderlich ist, damit die Kohärenz der Bewertung und der vergleichenden Beurteilung der Bewerber gewährleistet ist. In Anbetracht der Schwierigkeiten, die mit der Organisation eines Auswahlverfahrens mit großer Teilnehmerzahl wie im vorliegenden Fall verbunden sind, ist es für einen Kernbestand an Prüfern im Prüfungsausschuss, der eine hinreichende Kontinuität gewährleisten kann, gleichwohl nicht erforderlich, dass alle Mitglieder dieses Kernbestands an allen Prüfungen teilgenommen haben (vgl. in diesem Sinne Urteil Giannini/Kommission, Randnr. 212).

49      Im vorliegenden Fall stellt das Gericht auf der Grundlage der von der Kommission übermittelten Tabelle über die Zusammensetzung des Prüfungsausschusses in den verschiedenen Prüfungen fest, dass mit Ausnahme der Vorsitzenden, die an ungefähr 77,5 % der Prüfungen teilgenommen hat, die Anwesenheitsquoten der beiden anderen ordentlichen Mitglieder ungefähr 19 % und 65,5 % betragen haben und außerdem in 88 von insgesamt 279 Prüfungen keines dieser beiden ordentlichen Mitglieder im Prüfungsausschuss war.

50      Ausgehend von diesen Zahlen und von der Prämisse, dass die Verpflichtung zur Teilnahme an den mündlichen Prüfungen ganz offensichtlich in erster Linie den ordentlichen Mitgliedern obliegt, ist festzustellen, dass im vorliegenden Fall die Anwesenheitsquoten der beiden anderen ordentlichen Mitglieder neben der Vorsitzenden besonders niedrig sind. Sie sind außerdem erheblich niedriger als die der beiden ordentlichen Mitglieder, die, den Vorsitzenden ausgenommen, in der Rechtssache Giannini/Kommission die höchsten Anwesenheitsquoten hatten, nämlich 81 % und 83,5 % (Urteil Giannini/Kommission, Randnr. 212).

51      Ein stellvertretendes Mitglied kann zwar ein ordentliches Mitglied bei dessen Abwesenheit ersetzen; allerdings erfordert eine solche Abwesenheit, wenn die Anwesenheitsquoten der ordentlichen Mitglieder wie im vorliegenden Fall besonders niedrig sind, eine Rechtfertigung (vgl. im Umkehrschluss Urteil Neophytou/Kommission, Randnr. 56), die von der Kommission nicht gegeben wurde.

52      Die Kommission trägt zwar eine Rechtfertigung in Bezug auf die Abwesenheiten des ordentlichen Mitglieds des Prüfungsausschusses vor, das nur an ungefähr 19 % der Prüfungen teilgenommen hat, nämlich dessen unerwartete Ernennung zum Referatsleiter. Es ist aber festzustellen, dass dies kein vom Willen der Verwaltung unabhängiger Grund ist, da die Kommission selbst diese Ernennung vorgenommen hat und Maßnahmen hätte ergreifen können, um diesem Mitglied des Prüfungsausschusses die Teilnahme bei den Prüfungen zu ermöglichen. Folglich ist diese Rechtfertigung nicht stichhaltig.

53      Außerdem ist selbst dann, wenn die stellvertretenden Mitglieder des Prüfungsausschusses zu den Prüfern gezählt werden, die einen Kernbestand bilden können, festzustellen, dass auch ihre Anwesenheitsquoten gering sind und erheblich unter den Anwesenheitsquoten liegen, die in der Rechtssache Giannini/Kommission festgestellt wurden, da die höchste Anwesenheitsquote bei den stellvertretenden Mitgliedern im vorliegenden Fall nur bei 52,5 % liegt.

54      Drittens stellt das Gericht in Bezug auf die Fluktuation im Prüfungsausschuss auf der Grundlage der von der Kommission übermittelten Tabelle fest, dass die ordentlichen Mitglieder gemeinsam nur an ungefähr 15 % der Prüfungen teilgenommen haben, dass keine Ausschussformation, auch in der Besetzung mit einem oder mehreren stellvertretenden Mitgliedern, bei einer großen Zahl von Prüfungen in identischer Zusammensetzung getagt hat und dass bestenfalls ein ordentliches Mitglied des Prüfungsausschusses an nur 77,5 % der Prüfungen teilgenommen hat.

55      Diese drei Indizien zeigen, dass die Zusammensetzung des Prüfungsausschusses für das Auswahlverfahren erheblich geschwankt hat. In dieser Situation einer ständigen Änderung der Zusammensetzung des Prüfungsausschusses haben bestimmte Mitglieder des Ausschusses die Prüfungsleistungen nur einer begrenzten Zahl von Bewerbern gehört und konnten daher nur eine sehr partielle vergleichende Beurteilung aller Prüfungsleistungen der Bewerber vornehmen.

56      In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass die Fluktuation im Prüfungsausschuss in der vorliegenden Rechtssache wesentlich ausgeprägter war als in der Rechtssache Giannini/Kommission, da im vorliegenden Fall der Prozentsatz der Bewerber, die von der aus allen Mitgliedern bestehenden Ausschussformation geprüft wurden, also ungefähr 15 %, und die Anwesenheitsquote des ordentlichen Mitglieds, das bei den meisten Prüfungen teilgenommen hat, also 77,5 %, erheblich unter den in der Rechtssache Giannini/Kommission festgestellten Prozentsätzen, 68 % bzw. 85 %, liegen.

57      Auch wenn im vorliegenden Fall wie in der von der Kommission herangezogenen Rechtssache Giannini/Kommission die Kontinuität des Vorsitzes des Prüfungsausschusses als solche aufgrund der Maßnahmen, die zur Sicherstellung der Koordination zwischen der Vorsitzenden des Prüfungsausschusses und ihrem Stellvertreter ergriffen wurden, nicht kritisiert werden kann, wurden doch die geringe Anwesenheitsquote der ordentlichen Mitglieder sowie die erhebliche Fluktuation des Prüfungsausschusses in seiner Gesamtheit während der mündlichen Prüfungen nicht durch eine permanente Anwesenheit derselben Person im Vorsitz des Prüfungsausschusses ausgeglichen.

58      Zwar ist mit der Kommission anzuerkennen, dass in Anbetracht der praktischen Schwierigkeiten, die mit der Organisation von allgemeinen Auswahlverfahren mit großer Teilnehmerzahl zwangsläufig verbunden sind, bei einem solchen Auswahlverfahren nicht der gleiche Grad an Beständigkeit in der Zusammensetzung des Prüfungsausschusses verlangt werden kann wie bei Auswahlverfahren mit geringer Beteiligung (vgl. in diesem Sinne Urteil Neophytou/Kommission, Randnr. 44). Jedoch ergibt sich aus der Kombination der vorstehend angeführten Umstände, nämlich erstens, dass sich der Kernbestand an bei den Prüfungen anwesenden Prüfern auf die Vorsitzende des Prüfungsausschusses und ihren Stellvertreter beschränkt hat, da die anderen Mitglieder des Prüfungsausschusses nicht an einer hinreichenden Zahl von Prüfungen teilgenommen haben, und zweitens, dass keine Ausschussformation in identischer Besetzung in einer großen Zahl von mündlichen Prüfungen getagt hat, dass in der vorliegenden Rechtssache die Zusammensetzung des Prüfungsausschusses nicht den Grad an Beständigkeit aufgewiesen hat, der die Einhaltung der Grundsätze der Objektivität der Bewertungen und der Gleichbehandlung gewährleisten kann. Angesichts der Bedeutung dieser Grundsätze ist daher eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften festzustellen (Urteil Vonier/Kommission, Randnr. 39).

59      Diese Beurteilung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der stellvertretende Vorsitzende in der Anfangsphase gemeinsam mit der Vorsitzenden an den Prüfungen teilgenommen hat, um die Art der Anwendung der Beurteilungskriterien zu verinnerlichen, und dass der Prüfungsausschuss sich vorab über die Bewertungsmodalitäten abgestimmt hat. Dass in der Rechtssache Giannini/Kommission davon ausgegangen wurde, dass diese Umstände die Kohärenz der Bewertung und der vergleichenden Beurteilung des Prüfungsausschusses gesichert hatten, ist nämlich auf die erheblich größere Beständigkeit des Prüfungsausschusses in dieser Rechtssache zurückzuführen. Da die Beständigkeit des Prüfungsausschusses im vorliegenden Fall gering war, kann bei den beiden vorstehend genannten Umständen nicht angenommen werden, dass sie die Kohärenz der Bewertung haben gewährleisten können.

60      Die Klage ist daher begründet, soweit sie gegen die angefochtene Entscheidung gerichtet ist. Demzufolge ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben, ohne dass es erforderlich wäre, die anderen Rügen im Rahmen des ersten Klagegrundes und den zweiten von der Klägerin geltend gemachten Klagegrund zu prüfen.

 Kosten

61      Nach Art. 87 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist vorbehaltlich der übrigen Bestimmungen des Achten Kapitels des Zweiten Titels der Verfahrensordnung die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Gemäß Art. 87 Abs. 2 der Verfahrensordnung kann das Gericht aus Gründen der Billigkeit entscheiden, dass eine unterliegende Partei zur Tragung nur eines Teils der Kosten oder gar nicht zur Tragung der Kosten zu verurteilen ist.

62      Aus dem vorliegenden Urteil ergibt sich, dass die Kommission unterlegen ist. Die Klägerin hat auch ausdrücklich beantragt, die Kommission zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Umstände des vorliegenden Falls die Anwendung des Art. 87 Abs. 2 der Verfahrensordnung nicht rechtfertigen, ist die Kommission somit zur Tragung der gesamten Kosten zu verurteilen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Europäischen Kommission vom 10. Mai 2007, Frau Honnefelder nicht in die Reserveliste des Auswahlverfahrens EPSO/AD/26/05 aufzunehmen, wird aufgehoben.

2.      Die Europäische Kommission trägt die gesamten Kosten.


Mahoney

Boruta

Tagaras

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 29. September 2010.

Die Kanzlerin

 

      Der Präsident

W. Hakenberg

 

      P. Mahoney


* Verfahrenssprache: Deutsch.