Language of document : ECLI:EU:F:2013:35

URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST DER EUROPÄISCHEN UNION (Zweite Kammer)

13. März 2013(*)

„Öffentlicher Dienst – Allgemeines Auswahlverfahren – Nichtzulassung zu den Prüfungen – Pflicht der Verwaltung, Beschwerden aufgeschlossen auszulegen – Änderung der Stellenausschreibung nach Abhaltung der Zugangstests – Grundsatz des Vertrauensschutzes – Rechtssicherheit“

In der Rechtssache F‑125/11

betreffend eine Klage nach Art. 270 AEUV, der gemäß Art. 106a EA auch für den EAG-Vertrag gilt,

Isabel Mendes, wohnhaft in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte S. Rodrigues und A. Blot,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch J. Currall als Bevollmächtigten,

Beklagte,

erlässt

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. I. Rofes i Pujol, der Richterin I. Boruta und des Richters K. Bradley (Berichterstatter),

Kanzlerin: X. Lopez Bancalari, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juni 2012

folgendes

Urteil

1        Mit Klageschrift, die am 28. November 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Frau Mendes die vorliegende Klage erhoben, mit der sie die Aufhebung der Entscheidung des Prüfungsausschusses für das allgemeine Auswahlverfahren EPSO/AST/111/10, sie nicht zur Teilnahme an den Prüfungen zuzulassen, und die Verurteilung der Europäischen Kommission zum Ersatz des ihr aufgrund dieser Entscheidung entstandenen Schadens begehrt.

 Rechtlicher Rahmen

2        Art. 90 Abs. 2 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) hat folgenden Wortlaut:

„Jede Person, auf die dieses Statut Anwendung findet, kann sich mit einer Beschwerde gegen eine sie beschwerende Maßnahme an die Anstellungsbehörde wenden; dies gilt sowohl für den Fall, dass die Anstellungsbehörde eine Entscheidung getroffen hat, als auch für den Fall, dass sie eine im Statut vorgeschriebene Maßnahme nicht getroffen hat. Die Beschwerde muss innerhalb einer Frist von drei Monaten eingelegt werden. …“

3        Art. 91 Abs. 2 und 3 des Statuts bestimmt:

„(2) Eine Klage beim Gerichtshof der Europäischen Union ist nur unter folgenden Voraussetzungen zulässig:

–        Bei der Anstellungsbehörde muss zuvor eine Beschwerde im Sinne von Artikel 90 Absatz 2 innerhalb der dort vorgesehenen Frist eingereicht und

–        diese Beschwerde muss ausdrücklich oder stillschweigend abgelehnt worden sein.

(3) Die Klage nach Absatz 2 muss innerhalb einer Frist von drei Monaten erhoben werden. Für den Beginn der Frist gilt Folgendes:

– Die Frist beginnt am Tag der Mitteilung der auf die Beschwerde hin ergangenen Entscheidung;

…“

4        Art. 1 Abs. 1 des Anhangs III des Statuts hat folgenden Wortlaut:

„Die Stellenausschreibung wird von der Anstellungsbehörde nach Anhörung des Paritätischen Ausschusses angeordnet.

In der Stellenausschreibung sind anzugeben:

e) bei einem Auswahlverfahren auf Grund von Prüfungen: die Art der Prüfungen und ihre Bewertung;

…“

5        Am 17. November 2010 veröffentlichte das Europäische Amt für Personalauswahl (EPSO) im Amtsblatt der Europäischen Union die Bekanntmachung des allgemeinen Auswahlverfahrens EPSO/AST/111/10 zur Bildung einer Einstellungsreserve für Assistenten der Besoldungsgruppe AST 1 im Bereich Sekretariatstätigkeiten (ABl. C 312 A, S. 1, im Folgenden: Bekanntmachung des Auswahlverfahrens oder Stellenausschreibung). Die Bewerbungsfrist endete am 16. Dezember 2010.

6        Die Bekanntmachung des Auswahlverfahrens sah in ihrem Abschnitt IV Zulassungstests und in ihrem Abschnitt V Prüfungen vor. Mit den insgesamt sechs Zulassungstests sollten durch Multiple-Choice-Fragen die Fähigkeiten und allgemeinen Kompetenzen der Bewerber in den Bereichen sprachlogisches Denken (Test a), Zahlenverständnis (Test b), abstraktes Denken (Test c) und Sekretariatstätigkeiten (Test f) beurteilt werden. Darüber hinaus betrafen zwei Tests die fachliche Befähigung der Bewerber; mit ihnen sollten die Genauigkeit und Richtigkeit (Test d) bzw. der Sinn für Prioritäten und die Organisationsfähigkeit (Test e) beurteilt werden.

7        Nach Abschnitt IV der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens wurden die Tests a, d, e und f bei einer erforderlichen Mindestpunktzahl von 10 Punkten jeweils mit 0 bis 20 Punkten bewertet. Die Tests b und c wurden bei einer erforderlichen Mindestpunktzahl von 10 Punkten für beide Tests zusammen jeweils mit 0 bis 10 Punkten bewertet.

8        In Abschnitt V Nr. 1 der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens wurde darauf hingewiesen, dass zur Teilnahme an den Prüfungen die Bewerber zugelassen würden, die nicht nur bei den Zulassungstests am besten abgeschnitten und bei jedem Test die erforderliche Mindestpunktzahl erreicht hätten, sondern auch nach eigenen Angaben bei der elektronischen Anmeldung die allgemeinen und besonderen Zulassungsbedingungen gemäß Abschnitt III der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens erfüllten.

9        In derselben Vorschrift wurde erläutert, dass die Zulassung zur Teilnahme an den Prüfungen vorbehaltlich einer späteren Überprüfung der zu den Bewerbungsunterlagen des jeweiligen Bewerbers gehörenden Nachweise bestätigt werde. In einer Fußnote, auf die Abschnitt V Nr. 1 der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens Bezug nahm, hieß es ferner, dass etwa 2,5-mal so viele Bewerber zur Teilnahme an den Prüfungen zugelassen würden wie laut der Bekanntmachung in die Reservelisten aufgenommen würden. Für Bewerber, die die portugiesische Sprache gewählt hatten, sah die Tabelle in Abschnitt I Nr. 1 der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens eine Zahl von 19 Plätzen auf der Reserveliste vor.

10      Die Bekanntmachung des Auswahlverfahrens enthielt außerdem in einen Rahmen gesetzt und in Fettdruck die folgende Vorbemerkung:

„Bevor Sie sich bewerben, lesen Sie bitte aufmerksam den im Amtsblatt … C 184 A vom 8. Juli 2010 und den auf der EPSO-Website veröffentlichten Leitfaden für allgemeine Auswahlverfahren.

Der Leitfaden ist fester Bestandteil dieser Bekanntmachung; er soll Ihnen helfen, die einschlägigen Bestimmungen des Auswahlverfahrens und das Anmeldeverfahren besser zu verstehen.“

11      Der Leitfaden für allgemeine Auswahlverfahren in der damals gültigen Fassung bestimmte in Nr. 6.3 („Rechtsbehelfe“):

„Wenn Sie – in irgendeiner Phase des Verfahrens – der Meinung sind, dass EPSO oder der Prüfungsausschuss nicht gerecht gehandelt haben oder dass

–        die Bestimmungen des Auswahlverfahrens oder

–        die Bestimmungen der Bekanntmachung

nicht eingehalten wurden und dies Ihnen zum Nachteil gereicht hat, so können Sie in jeder Phase des Auswahlverfahrens folgende Schritte einleiten:

–        Sie können eine Verwaltungsbeschwerde gemäß Artikel 90 Absatz 2 des [Statuts] einlegen, und zwar

–        Sie können Rechtsmittel gemäß Artikel 270 [AEUV] und Artikel 91 des [Statuts] bei folgender Stelle einlegen:

Gericht für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union

Die [im Statut vorgesehenen] zwingenden Fristen … für diese beiden Verfahrensarten beginnen mit der Mitteilung der beschwerenden Entscheidung.“

12      Am 3. März 2011 veröffentlichte das EPSO eine Berichtigung der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens (ABl. C 68 A, im Folgenden: Berichtigung). Die Berichtigung, die die Bewertung der Tests d und e betraf, hatte folgenden Wortlaut:

„Auf den Seiten 3 und 4, Abschnitt IV.2:

anstatt:

‚Test d

Fachliche Befähigung:

Genauigkeit und Richtigkeit

Bewertung: 0 bis 20 Punkte,

erforderliche Mindestpunktzahl: 10 Punkte

Test e

Fachliche Befähigung:

Sinn für Prioritäten und Organisationsfähigkeit

Bewertung: 0 bis 20 Punkte,

erforderliche Mindestpunktzahl: 10 Punkte‘

muss es heißen:

‚Test d

Fachliche Befähigung:

Genauigkeit und Richtigkeit

Bewertung: 0 bis 20 Punkte

Test e

Fachliche Befähigung:

Sinn für Prioritäten und Organisationsfähigkeit

Bewertung: 0 bis 20 Punkte

  

Erforderliche Mindestpunktzahl für die Tests d und e zusammen: 20 Punkte‘

 Sachverhalt

13      Die Klägerin bewarb sich in dem allgemeinen Auswahlverfahren EPSO/AST/111/10, indem sie Portugiesisch als Hauptsprache wählte, und absolvierte am 11. Februar 2011 die Zulassungstests. Der Stichtag für die Zulassungstests wurde auf den 15. Februar 2011 festgesetzt.

14      Mit Schreiben vom 22. Februar 2011 informierte das EPSO die Klägerin über die bevorstehende Veröffentlichung der Berichtigung und über deren Inhalt, nämlich dass die beiden Tests d und e zusammengelegt und mit 40 Punkten – bei einer erforderlichen Mindestpunktzahl von 20 Punkten für beide Tests zusammen –bewertet würden.

15      Mit Schreiben vom 17. März 2011 informierte das EPSO die Klägerin darüber, dass sie die erforderliche Mindestpunktzahl bei den Zulassungstests, insbesondere 11 Punkte bei Test d, erreicht habe, eine Gesamtbewertung von 67,07 Punkten erhalten habe und unverzüglich darüber informiert werde, ob sie unter den zur nächsten Phase des Auswahlverfahrens zugelassenen Bewerbern sei.

16      Mit Schreiben vom 7. April 2011 informierte das EPSO die Klägerin darüber, dass sie nicht in die Liste der zur Teilnahme an den Prüfungen eingeladenen Bewerber aufgenommen worden sei, da die zugelassenen Bewerber eine Bewertung von wenigstens 68,8 Punkten erhalten hätten und sie eine niedrigere Bewertung erhalten habe (im Folgenden: Nichtzulassungsentscheidung). Mit demselben Schreiben informierte das EPSO die Klägerin darüber, dass der Prüfungsausschuss ihre Bewerbung nicht geprüft habe.

17      Mit einem Schreiben, das vom 12. April 2011 datierte und am 14. April 2011 eingetragen wurde, legte die Klägerin eine Beschwerde nach Art. 90 Abs. 2 (im Folgenden: Beschwerde) ein, mit der sie im Wesentlichen feststellte, dass der Erlass der Berichtigung einen Verfahrensverstoß darstelle, durch den sie einen Schaden erleide. Daher beantragte sie die Aufhebung der Berichtigung, soweit diese eine Ausschlussphase des Auswahlverfahrens abänderte, für die die Prüfungen bereits stattgefunden hatten und korrigiert worden waren („I request … the annulment of the corrigendum, as modifying an eliminatory stage that has been already completed and corrected“), und dass nur die Bewerber zur nächsten Phase eingeladen werden, die bei allen Tests die erforderliche Mindestpunktzahl erreicht haben („… the invitation at the next stage of only those who have obtained a pass mark in all tests [including test d]“).

18      Mit Entscheidung vom 16. August 2011 wies das EPSO in seiner Eigenschaft als Anstellungsbehörde die Beschwerde zurück. Mit dieser Entscheidung informierte es die Klägerin darüber, dass die Berichtigung aufgrund der Tatsache erlassen worden sei, dass die auf der Grundlage der nach den Tests verfügbaren Daten vorgenommenen Bewertungen der Ergebnisse der Zulassungstests eine wesentlich niedrigere Erfolgsquote bei Test d ergeben hätten, als erwartet worden sei.

 Anträge der Parteien und Verfahren

19      Die Klägerin beantragt,

–        in erster Linie,

–        die Nichtzulassungsentscheidung aufzuheben;

–        infolgedessen festzustellen, dass die Klägerin wieder in das Einstellungsverfahren einzubeziehen ist;

–        jedenfalls dem EPSO aufzugeben, die in seinem Besitz befindlichen Informationen über die von sämtlichen Bewerbern in den Tests d und e erzielten Ergebnisse bekannt zu geben;

–        hilfsweise, für den Fall, dass dem Hauptantrag nicht stattgegeben wird, ihr einen vorläufig nach billigem Ermessen auf 50 000 Euro festgesetzten Betrag zuzusprechen;

–        ihr jedenfalls einen vorläufig nach billigem Ermessen auf 50 000 Euro festgesetzten Betrag als Ersatz des immateriellen Schadens zuzusprechen.

20      Die Beklagte beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die gesamten Kosten aufzuerlegen.

21      Mit Schreiben vom 25. April 2012 hat das Gericht bei den Parteien bestimmte Auskünfte und Unterlagen angefordert; die Parteien sind diesen Aufforderungen fristgerecht nachgekommen.

22      Die Parteien haben in der Sitzung vom 28. Juni 2012 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. Am Ende der Sitzung ist das mündliche Verfahren geschlossen worden und hat die Beratung der Rechtssache begonnen.

23      Mit Beschluss vom 12. Juli 2012 hat das Gericht das mündliche Verfahren wiedereröffnet und die Kommission aufgefordert, zu präzisieren, wie die Zulassungstests des Auswahlverfahrens organisiert waren, insbesondere, ob die Bewerber frei wählen konnten, wie sie die vorgegebene Zeit für sämtliche Tests auf diese verteilen, oder ob die Höchstdauer für jeden Test im Voraus festgelegt war. Des Weiteren hat das Gericht die Kommission um Mitteilung gebeten, ob diese Information für die Bewerber des Auswahlverfahrens vor den Tests zugänglich war und, falls ja, wie sie ihnen übermittelt worden ist.

24      Die Kommission ist diesen Aufforderungen mit Schreiben vom 17. Juli 2012 nachgekommen.

25      Mit Schreiben vom 6. September 2012 hat das Gericht die Parteien über die Schließung des mündlichen Verfahrens und über den Beginn der Beratung der vorliegenden Rechtssache informiert.

 Zur Zulässigkeit der Klage

1.     Vorbringen der Parteien

26      In ihrer Klagebeantwortung erhebt die Kommission eine Unzulässigkeitseinrede, mit der sie geltend macht, der Klage sei keine Beschwerde vorausgegangen.

27      Insbesondere habe die Klägerin in ihrer Beschwerdeschrift lediglich die Aufhebung der Entscheidung über den Erlass der Berichtigung beantragt und dass nur die Bewerber zu den Prüfungen eingeladen würden, die die erforderliche Mindestpunktzahl für jeden Test, einschließlich des Tests d, erreicht hätten. Die vorliegende Klage richte sich hingegen gegen die Nichtzulassungsentscheidung. Daher habe die Klage einen anderen Gegenstand als die Beschwerde und sei nicht so anzusehen, als sei ihr eine solche vorausgegangen, sondern vielmehr als unmittelbare Anrufung des Gerichts. Eine solche unmittelbare Anrufung hätte jedoch innerhalb der Dreimonatsfrist, verlängert um die pauschale Entfernungsfrist von zehn Tagen ab Bekanntgabe der Nichtzulassungsentscheidung, d. h. spätestens am 18. Juli 2011, da der 17. Juli ein Sonntag gewesen sei, erfolgen müssen. Die vorliegende Klage sei aber erst am 28. November 2011 erhoben worden; sie sei daher verspätet und damit offensichtlich unzulässig.

28      In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin erstens erwidert, dass die Beschwerde es der Anstellungsbehörde nach der Rechtsprechung ermöglichen müsse, von den Rügen der Betroffenen gegen die angefochtenen Entscheidungen hinreichend genau Kenntnis zu nehmen, und dass die Verwaltung, da die Betroffenen in dieser Phase, wie es in der vorliegenden Rechtssache der Fall gewesen sei, ohne Mitwirkung eines Rechtsanwalts hätten handeln können, Beschwerden nicht eng, sondern aufgeschlossen auslegen müsse. Zweitens habe sie in der Beschwerde- und in der Klageschrift gleichlautende Rügen erhoben und damit die Konkordanzregel, wie sie sich aus der Rechtsprechung ergebe, beachtet. Drittens und letztens betreffe die Beschwerde implizit die Nichtzulassungsentscheidung.

2.     Würdigung durch das Gericht

29      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Klagen im Bereich des öffentlichen Dienstes nach Art. 91 Abs. 2 des Statuts nur zulässig sind, wenn bei der Anstellungsbehörde zuvor eine Beschwerde eingereicht und diese Beschwerde ausdrücklich oder stillschweigend abgelehnt worden ist.

30      Nach ständiger Rechtsprechung bezieht sich die Voraussetzung des Art. 91 des Statuts jedoch nur auf Rechtsakte, die die Anstellungsbehörde gegebenenfalls abändern kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juli 1983, Detti/Gerichtshof, 144/82, Randnr. 16), so dass der Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung eines Prüfungsausschusses für ein Auswahlverfahren in der Regel in der unmittelbaren Anrufung des Unionsrichters besteht (vgl. beispielsweise Urteil des Gerichts erster Instanz vom 31. Mai 2005, Gibault/Kommission, T‑294/03, Randnr. 22; Urteil des Gerichts vom 23. November 2010, Bartha/Kommission, F‑50/08, Randnr. 25).

31      Wenn sich der Betroffene aber dafür entscheidet, sich zuvor im Wege einer gegen eine Entscheidung eines Prüfungsausschusses für ein Auswahlverfahren gerichteten Verwaltungsbeschwerde an die Verwaltung zu wenden, hängt die Zulässigkeit der später erhobenen Klage gegen die Entscheidung über die Ablehnung dieser Beschwerde von der Beachtung aller verfahrensmäßigen Zwänge durch den Betroffenen ab, die mit dem Weg der vorherigen Beschwerde verbunden sind (Urteil Gibault/Kommission, Randnr. 22). Insbesondere beginnt die Frist für die Erhebung einer Klage gegen die ausdrückliche Ablehnung einer Beschwerde nach Art. 91 des Statuts am Tag der Mitteilung der genannten Entscheidung zu laufen (Urteil des Gerichts vom 20. Juni 2012, Cristina/Kommission, F‑66/11, Randnr. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Um im vorliegenden Fall feststellen zu können, ob die Beschwerde und diese Klage denselben Gegenstand haben, ist zu prüfen, ob die genannte Beschwerde gegen die Nichtzulassungsentscheidung gerichtet ist.

33      Insoweit ist wiederholt entschieden worden, dass die genaue rechtliche Qualifizierung eines Schreibens oder einer Note ausschließlich Sache des Gerichts ist und nicht dem Willen der Parteien oder einer der Parteien unterliegt (Urteil des Gerichtshofs vom 29. Juni 2000, Politi/Europäische Stiftung für Berufsbildung, C‑154/99 P, Randnr. 16).

34      Bei einem Schreiben, mit dem ein Beamter, ohne ausdrücklich die Rücknahme der in Rede stehenden Entscheidung zu fordern, eindeutig seinen Willen bekundet, die ihn beschwerende Entscheidung anzufechten, handelt es sich um eine Beschwerde (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 16. Februar 2005, Reggimenti/Parlament, T‑354/03, Randnr. 43). Insoweit geht der Inhalt der Handlung der Form vor (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 14. Juli 1998, Brems/Rat, T‑219/97, Randnr. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35      Außerdem ist das Vorverfahren, in dem die Betroffenen ohne Mitwirkung eines Rechtsanwalts handeln können, informeller Natur; daher darf die Verwaltung Beschwerden nicht eng auslegen, sondern muss sie aufgeschlossen prüfen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 14. März 1989, Del Amo Martinez/Parlament, 133/88, Randnr. 11; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 21. Oktober 2004, Schumann/Kommission, T‑49/03, Randnr. 39).

36      Im vorliegenden Fall stellt das Gericht sogleich fest, dass die Beschwerde, die vom 12. April 2011 datiert und vom EPSO am 14. April 2011 eingetragen worden ist, nach der Nichtzulassungsentscheidung – einer die Klägerin zweifellos beschwerenden Entscheidung – eingelegt worden ist.

37      Sodann lässt sich der Beschwerde nichts entnehmen, was den Schluss zuließe, dass die Klägerin im Allgemeininteresse handelte. Vielmehr nimmt sie unter Hinweis darauf, dass sie alle Tests bestanden habe und insbesondere unter den wenigen Bewerbern gewesen sei, die Test d bestanden hätten, ausdrücklich auf ihre persönliche Situation Bezug. Ausweislich des Wortlauts der Beschwerdeschrift beanstandet die Klägerin förmlich einen Verfahrensverstoß, durch den sie einen Schaden erlitten haben will („I … hereby would like to formally complain … about a procedural irregularity that brings me to prejudice“). Anschließend stellt sie fest, dass Bewerber, die nicht die erforderliche Mindestpunktzahl in Test d erzielt hätten, ohne die Berichtigung ausgeschlossen worden wären, dass die Berichtigung die Situation aber radikal verändert habe, indem sie die Zahl und die Zusammensetzung der Gruppe der zur nächsten Phase zugelassenen Bewerber modifiziert habe („[c]andidates with no pass mark in test [d] would be eliminated, but the corrigendum changes radically this … the population of candidates to be admitted to the next stage would change in both composition and numbers“). Sie trägt weiter vor, in Anbetracht der erforderlichen Mindestpunktzahl von 10 Punkten für Test d habe sie – insbesondere im Hinblick auf die Einteilung ihrer Zeit und die Auswahl der wichtigsten Teile des Tests – eine andere Herangehensweise und Vorbereitung gewählt, als wenn es für diesen Test keine erforderliche Mindestpunktzahl gegeben hätte („in order to succeed in test [d] with a pass mark of 10, I had a different approach and preparation [time management, focusing on the most important parts, etc.] than if there was no pass mark“).

38      Aus einer Gesamtwürdigung des Wortlauts der Beschwerdeschrift und aus dem tatsächlichen Kontext, in dem die Beschwerdeschrift verfasst worden ist, geht daher hervor, dass es sich bei der Feststellung, dass die Berichtigung einen Verfahrensverstoß darstelle, durch den sie einen Schaden erlitten habe, entgegen dem Vorbringen der Kommission um den Beschwerdegrund handelte, auf den die Klägerin ihren Antrag auf Aufhebung der Nichtzulassungsentscheidung stützte, und nicht um den Antragsgegenstand.

39      Demnach ist festzustellen, dass die Anstellungsbehörde in ihrer Entscheidung über die Ablehnung der Beschwerde und die Kommission in ihrer Klagebeantwortung zu Unrecht die Auffassung vertreten haben, die Beschwerde richte sich lediglich gegen die Berichtigung, während sie implizit, aber eindeutig die Nichtzulassungsentscheidung und nur am Rande die Berichtigung betraf.

40      Daher ist davon auszugehen, dass die vorliegende Klage, die sich gegen die Nichtzulassungsentscheidung richtet, denselben Gegenstand wie die Beschwerde hat und ihr somit eine solche vorausgegangen ist. Selbst wenn anzunehmen wäre, dass die Entscheidung über die Ablehnung der Beschwerde, die vom 16. August 2011 datiert, der Klägerin noch am selben Tag mitgeteilt worden wäre, was die Kommission nicht nachgewiesen hat, wäre der letzte Tag für die rechtzeitige Erhebung der Klage der 28. November 2011 gewesen, da der 26. November 2011 ein Samstag war. Damit ist die am 28. November 2011 eingereichte Klage innerhalb der vorgeschriebenen Frist erhoben worden.

41      Folglich ist die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen.

 Zur Begründetheit

1.     Zu den Anträgen auf Wiedereinbeziehung der Klägerin in das Einstellungsverfahren und auf Erlass prozessleitender Maßnahmen

42      Mit ihrem zweiten in erster Linie gestellten Antrag möchte die Klägerin ihre Wiedereinbeziehung in das mit dem Auswahlverfahren eingeleitete Einstellungsverfahren erreichen.

43      Nach ständiger Rechtsprechung ist es nicht Sache des Unionsrichters, den Unionsorganen im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle Anordnungen zu erteilen oder sich an ihre Stelle zu setzen (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 5. April 2005, Christensen/Kommission, T‑336/02, Randnr. 17; Urteil des Gerichts vom 8. Februar 2012, AY/Rat F‑23/11, Randnrn. 13 und 14).

44      Dieser Antrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

45      Mit ihrem dritten in erster Linie gestellten Antrag beantragt die Klägerin, dem EPSO aufzugeben, die in seinem Besitz befindlichen Informationen über die von sämtlichen Bewerbern in den Tests d und e erzielten Ergebnisse bekannt zu geben.

46      Da sich das Gericht durch die ausgetauschten Schriftsätze, die Antworten der Parteien auf die in der mündlichen Verhandlung gestellten Fragen sowie die an deren Schluss eingereichten Unterlagen und abgegebenen Erklärungen für ausreichend unterrichtet sieht, beschließt es, dem vorerwähnten Antrag nicht stattzugeben.

2.     Zum Aufhebungsantrag

47      Zur Begründung ihres Antrags auf Aufhebung der Nichtzulassungsentscheidung macht die Klägerin zwei Klagegründe geltend, von denen der erste einredeweise auf die Rechtswidrigkeit der Berichtigung und der zweite auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und gegen die Sorgfaltspflicht gestützt wird.

 Zum ersten Klagegrund: Einredeweise Geltendmachung der Rechtswidrigkeit der Berichtigung

48      Zur Stützung des ersten Klagegrundes bringt die Klägerin vier Rügen vor, mit denen jeweils ein Verstoß gegen Art. 29 Abs. 1 und Anhang III des Statuts sowie gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes geltend gemacht wird.

49      Zu den ersten beiden Rügen ist festzustellen, dass sie in der Klageschrift nur angeführt und durch keinerlei Argumente untermauert werden. Entgegen der in Art. 35 Abs. 1 Buchst. e der Verfahrensordnung vorgesehenen Regel führt die Klägerin nämlich in keiner Weise aus, inwiefern die Berichtigung gegen Art. 29 Abs. 1 oder Anhang III des Statuts verstoßen soll. Daher sind diese Rügen als unzulässig zurückzuweisen und nur die Rügen zu prüfen, mit denen ein Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes geltend gemacht wird.

 Vorbringen der Parteien

50      Zum angeblichen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes weist die Klägerin darauf hin, dass sie auf der Grundlage der ursprünglichen Fassung der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens in allen Zulassungstests die erforderliche Mindestpunktzahl erreicht habe, und trägt vor, dass sie, wenn die Berichtigung, die erlassen worden sei, nachdem sie die Zulassungstests absolviert habe, nicht auf sie angewandt worden wäre, aller Wahrscheinlichkeit nach eine der besten Bewertungen in diesen Tests erhalten hätte.

51      Die Änderung an den Voraussetzungen für die Bewertung der Tests d und e habe sich zwangsläufig auf ihre Ergebnisse in besagten Tests und auf die sich daraus ergebende Einstufung ausgewirkt. Die Zahl der Bewerber, die die zusammen bewerteten Tests d und e bestanden hätten, habe nämlich über der Zahl der Bewerber gelegen, die die getrennt bewerteten Tests d und e erfolgreich absolviert hätten. Da die zugelassenen Bewerber aufgrund der Berichtigung zahlreicher gewesen seien, seien ihre Chancen auf Zulassung zu den Prüfungen durch Erzielung eines höheren Durchschnitts als ihre Mitbewerber auf diese Weise geschmälert worden.

52      Die Klägerin weist auf die Rechtsprechung hin, wonach es der Grundsatz der Rechtssicherheit verbiete, den Beginn der Geltungsdauer eines Rechtsakts der Organe der Europäischen Union auf einen Zeitpunkt vor dessen Veröffentlichung zu legen, sofern das angestrebte Ziel dies nicht ausnahmsweise verlange und das berechtigte Vertrauen der Betroffenen gebührend beachtet sei. Im vorliegenden Fall rechtfertige jedoch kein außergewöhnlicher Umstand den Erlass der Berichtigung.

53      Die Klägerin stellt weiter fest, dass die Kommission den Erlass der Berichtigung durch dienstliche Erfordernisse rechtfertige, die sich aus dem erhöhten Risiko ergäben, keine ausreichende Zahl von Bewerbern zu erreichen, die zur zweiten Phase des Auswahlverfahrens – der Prüfungsphase – zugelassen werden könnten, und trägt vor, die Kommission habe keinerlei Nachweis erbracht, durch den sich das Bestehen eines solchen Interesses rechtfertigen lasse.

54      Die Kommission erwidert, die Berichtigung sei erlassen worden, um die Folgen einer unnötigen Strenge zu vermeiden, die in Bezug auf Test d festgestellt worden sei; ein solches Ziel sei als solches legitim und entspreche dem dienstlichen Interesse. Stelle die Anstellungsbehörde nämlich fest, dass die in einer Stellenausschreibung gestellten Bedingungen übermäßig streng seien, könne sie diese jederzeit ändern, soweit sie dies objektiv und nicht im Hinblick auf die Kandidaten tue, die sich beworben hätten.

55      Diese Maßnahme stehe jedenfalls im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und zeuge darüber hinaus insoweit von einem Fürsorgewillen gegenüber den Bewerbern, als sie verhindere, dass diesen die Verzögerungen aufgebürdet würden, die sich aus der Organisation eines neuen Auswahlverfahrens ergäben. Außerdem stehe eine solche Maßnahme im Einklang mit dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, denn sie ermögliche die Einsparung der öffentlichen Gelder, die nutzlos aufgewendet werden müssten, wenn die Verwaltung infolge der Aufhebung eines Auswahlverfahrens verpflichtet wäre, ein neues Auswahlverfahren zu organisieren.

56      Hinsichtlich des dienstlichen Interesses vertritt die Kommission die Auffassung, es liege sowohl im Interesse der Bewerber selbst als auch in dem der Anstellungsbehörde, dass diese eine ständige Kontrolle der Verlässlichkeit der von ihr vorgeschriebenen Tests ausübe, insbesondere dann, wenn es sich – wie im vorliegenden Fall – um erstmals angewandte Tests handele. Ohne eine solche Kontrolle liefe der Unionsrichter Gefahr, mit zahlreichen Klagen befasst zu werden, mit denen Ausschlüsse angefochten würden, die auf unnötig strenge Tests zurückzuführen seien.

57      Zum angeblichen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes weist die Beklagte darauf hin, dass die Berichtigung zu einem Zeitpunkt erfolgt sei, zu dem die Klägerin keinerlei Gewähr dafür habe haben können, dass sie die Voraussetzungen für die Zulassung zur zweiten Phase des Auswahlverfahrens erfüllen würde.

 Würdigung durch das Gericht

58      Von vornherein ist darauf hinzuweisen, dass die Stellenausschreibung gemäß Art. 1 Abs. 1 Buchst. e des Anhangs III des Statuts bei einem Auswahlverfahren aufgrund von Prüfungen die Art der Prüfungen und ihre Bewertung angeben muss (vgl. in diesem Sinne Urteil Detti/Gerichtshof, Randnr. 27).

59      Darüber hinaus stellt der Wortlaut der Ausschreibung nach ständiger Rechtsprechung sowohl den Rahmen der Rechtmäßigkeit als auch den Rahmen für das Ermessen des Prüfungsausschusses dar (vgl. Urteil Schumann/Kommission, Randnr. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).

60      Im vorliegenden Fall wird nicht bestritten, dass die Berichtigung die in der Stellenausschreibung vorgesehene Bewertung der Tests d und e nach Abschluss der Zulassungstests geändert hat, indem sie festgelegt hat, dass diese beiden Tests zusammengelegt und mit 40 Punkten – bei einer erforderlichen Mindestpunktzahl von insgesamt 20 Punkten – bewertet werden.

61      Daher ist zu prüfen, ob, wie die Klägerin meint, die Änderung der Bewertung der Tests nach deren Durchführung gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit verstößt.

–       Zum Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes

62      Das Gericht weist darauf hin, dass sich auf den Vertrauensschutz jeder berufen kann, bei dem die Verwaltung durch konkrete, von zuständiger und zuverlässiger Seite gegebene Zusicherungen in Form von präzisen, nicht an Bedingungen geknüpften und übereinstimmenden Auskünften begründete Erwartungen geweckt hat (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 11. Juli 2007, Centeno Mediavilla u. a./Kommission, T‑58/05, Randnr. 96).

63      Im vorliegenden Fall enthielt die Stellenausschreibung solche Zusicherungen, aufgrund deren die Klägerin begründeterweise erwartete, dass die zu den Prüfungen zugelassenen Bewerber nur aus denjenigen ausgewählt würden, die die erforderliche Mindestpunktzahl in den Zulassungstests, insbesondere die Mindestbewertung von 10 Punkten in Test d, erhalten hatten.

64      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei Prüfungen vergleichender Natur per Definition um Prüfungen handelt, in denen die Leistungen jedes Bewerbers im Hinblick auf die der anderen beurteilt werden, so dass sich die Zahl der zu diesen Prüfungen zugelassenen Bewerber auf die Beurteilung der Bewerber durch den Prüfungsausschuss auswirken kann. Diese Beurteilung spiegelt das Werturteil über die Leistung eines Bewerbers im Verhältnis zu denen der anderen Bewerber wieder. Je größer also die Zahl der Bewerber bei dieser Art von Prüfungen ist, desto höher sind die Anforderungen des Prüfungsausschusses in Bezug auf diese Bewerber (vgl. Urteil des Gerichts erster Instanz vom 5. März 2003, Staelen/Parlament, T‑24/01, Randnr. 57).

65      Die Änderung der in der Stellenausschreibung vorgesehenen Vorschriften über die Bewertung der Tests d und e ist geeignet, die Chancen der Klägerin, in die Liste der zu den Prüfungen zugelassenen Bewerber aufgenommen zu werden, zu beeinträchtigen, da eine solche Änderung eine Erhöhung der Zahl der Bewerber, die bei den Tests die Mindestbewertung erhalten haben, bewirken und infolgedessen ihre Chancen, sich unter den besten Bewerbern zu befinden, schmälern kann.

66      Unstreitig war eine solche Erhöhung Sinn und Zweck der Berichtigung, die nach Feststellung eines „schwerwiegenden und unerwarteten Problems bezüglich der Ergebnisse von Test d“ durch das EPSO erlassen worden ist. Dessen Angaben zufolge sollte bei dem Test eine Erfolgsquote von ca. 50 % erreicht werden, tatsächlich lag die Erfolgsquote jedoch bei ca. 15 %.

67      Weiterhin ergibt sich aus den Akten, namentlich aus der Simulation, die das EPSO auf der Grundlage der nach den Tests verfügbaren Daten ohne Berücksichtigung der Neutralisierung bestimmter Fragen und der Entscheidungen des Prüfungsausschusses über die Zulassungsfähigkeit der Bewerbungen durchgeführt hat und die von der Kommission ihrer Klagebeantwortung als Anhang beigefügt worden ist (im Folgenden: Simulation), dass die Berichtigung die gewünschte Wirkung erzielt hat. Insbesondere für Bewerber, die, wie die Klägerin, Portugiesisch als Erstsprache gewählt hatten, lag die angesetzte Zahl der Bewerber, die Test d ohne die Berichtigung bestanden hätten, bei 50, während mit der Berichtigung 211 Bewerber die zusammengelegten Tests d und e erfolgreich absolviert hatten. Nach der Simulation lag die erforderliche Mindestbewertung, um unter den 48 besten Bewerbern zu sein, die zu den Prüfungen zugelassen würden, unter Berücksichtigung der Zahl der Bewerber, die Test d ohne die Berichtigung bestanden hätten, bei 65,533 Punkten. Mit der Berichtigung lag die erforderliche Mindestbewertung dafür hingegen bei 73,400 Punkten.

68      Die Wirkung der Berichtigung auf die Position der Klägerin ist umso offensichtlicher, als festzustellen ist, dass diese mit einer Bewertung von 67,07 Punkten in den Zulassungstests ohne die Berichtigung zu den 48 besten Bewerbern portugiesischer Sprache gehört hätte.

69      Überdies und ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass die Kommission in Beantwortung einer in der mündlichen Verhandlung gestellten Frage eingeräumt hat, dass es für die Bediensteten des EPSO oder die Mitglieder des Prüfungsausschusses im Rahmen der Anwendung einer Berichtigung auf eine Stellenausschreibung nach Durchführung der Prüfungen theoretisch möglich gewesen wäre, die Namen der bei den Prüfungen erfolgreichen Bewerber zu erfahren. Unter diesen Umständen ist, auch wenn hervorzuheben ist, dass die Klägerin das Vorliegen eines solchen Missbrauchs nicht geltend gemacht hat und sich den Akten nichts entnehmen lässt, was den Schluss zuließe, dass ein solcher Missbrauch im vorliegenden Fall begangen worden wäre, festzustellen, dass die Kommission nicht nachzuweisen vermag, dass der Rückgriff auf eine solche Technik kein Missbrauchsrisiko birgt.

70      Hieraus folgt, dass durch die Anwendung der Berichtigung auf die Klägerin die Zusicherungen, die ihr in der Stellenausschreibung bezüglich der Bewertung der Tests d und e gemacht worden waren, nicht eingehalten wurden und damit gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoßen worden ist.

–       Zum Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit

71      Nach ständiger Rechtsprechung soll der Grundsatz der Rechtssicherheit die Voraussehbarkeit der unter das Unionsrecht fallenden Tatbestände und Rechtsbeziehungen gewährleisten (Urteil des Gerichtshofs vom 15. September 2005, Irland/Kommission, C‑199/03, Randnr. 69).

72      Dieser Grundsatz verbietet es zwar im Allgemeinen, den Beginn der Geltungsdauer eines Rechtsakts der Organe der Union auf einen Zeitpunkt vor dessen Veröffentlichung zu legen; dies ist aber ausnahmsweise dann anders, wenn das angestrebte Ziel es verlangt und das berechtigte Vertrauen der Betroffenen gebührend beachtet ist (Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 10. November 2010, HABM/Simões Dos Santos, T‑260/09 P, Randnr. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

73      Im vorliegenden Fall sind die kumulativen Voraussetzungen, die von der Rechtsprechung für den Erlass eines rückwirkenden Rechtsakts wie der Berichtigung aufgestellt worden sind, mit der die Bewertung der Tests d und e nach deren Durchführung geändert wird, nicht erfüllt.

74      Was die erste Voraussetzung hinsichtlich des zu erreichenden Ziels angeht, macht die Kommission geltend, der Erlass der Berichtigung ermögliche es der Anstellungsbehörde, eine ständige Kontrolle der Wirksamkeit der vorgeschriebenen Tests auszuüben, um insbesondere eine übermäßige Strenge zu vermeiden.

75      Das Gericht stellt fest, dass, auch wenn eine solche Kontrolle zweifellos im Interesse der Verwaltung und der Bewerber selbst liegt, sie jedoch das berechtigte Vertrauen der Bewerber darauf, dass die Prüfungen des Auswahlverfahrens nach den in der Stellenausschreibung festgelegten Modalitäten ablaufen, beeinträchtigen kann, was die Möglichkeit, die in der Stellenausschreibung festgelegten Kriterien für die Bewertung der Prüfungen nachträglich zu ändern, ausschließt.

76      Von der Rechtsprechung wird zwar anerkannt, dass, wenn die Anstellungsbehörde nach Veröffentlichung einer Stellenausschreibung feststellt, dass die geforderten Voraussetzungen strenger waren, als es die Erfordernisse des Dienstes verlangten, sie entweder das Verfahren fortsetzen kann, indem sie gegebenenfalls eine Zahl von Bewerbern einstellt, die unter der ursprünglich vorgesehenen liegt, oder das Auswahlverfahren wiederholen kann, indem sie die ursprüngliche Stellenausschreibung zurückzieht und durch eine berichtigte Ausschreibung ersetzt (vgl. im Fall einer Stellenausschreibung entsprechend Urteil des Gerichts erster Instanz vom 2. Oktober 1996, Vecchi/Kommission, T‑356/94, Randnr. 56).

77      Der Erlass einer Berichtigung der Stellenausschreibung nach Abhaltung bestimmter Prüfungen ist jedoch nicht so anzusehen, als entspräche er der einen oder der anderen der in der vorhergehenden Randnummer des vorliegenden Urteils in Betracht gezogenen Lösungen.

78      Es genügt nämlich der Hinweis, dass, wenn die Anstellungsbehörde beschließt, ein Auswahlverfahren zu wiederholen, sich die Bewerber des ursprünglichen Verfahrens im Allgemeinen zum neuen Verfahren bewerben können. Eine solche Möglichkeit wird Bewerbern, die – wie die Klägerin in der vorliegenden Rechtssache – auf eine auf der Grundlage einer Änderung der Stellenausschreibung ergangene Entscheidung hin ausgeschlossen werden, hingegen nicht eröffnet.

79      Darüber hinaus ermöglicht es die Entscheidung, das Auswahlverfahren fortzusetzen, indem eine Zahl von Bewerbern eingestellt wird, die unter der ursprünglich vorgesehenen liegt, das berechtigte Vertrauen aller Bewerber auf eine Durchführung der Prüfungen nach Maßgabe der in der Stellenausschreibung vorgegebenen Modalitäten zu schützen.

80      Die nachträgliche Änderung einer Stellenausschreibung unterscheidet sich auch von den verschiedenen Techniken zur Neutralisierung von Fragen in schriftlichen Prüfungen (vgl. beispielsweise Urteile des Gerichts erster Instanz vom 17. Januar 2001, Gerochristos/Kommission, T‑189/99, Randnrn. 25 und 26, und Schumann/Kommission, Randnrn. 58 und 61).

81      Im vorliegenden Fall hat die Anstellungsbehörde durch die Berichtigung nämlich die Modalitäten der Bewertung der Tests d und e geändert. Diese Bewertungsmodalitäten fallen unter den Begriff „Bewertung der Prüfungen“ in Art. 1 Abs. 1 Buchst. e des Anhangs III des Statuts und müssen daher in der Stellenausschreibung festgelegt werden. Die Neutralisierung von Fragen in schriftlichen Prüfungen betrifft hingegen die Anzahl der Fragen, aus denen eine Prüfung besteht, sowie die Bewertung jeder einzelnen Frage. Solche Gesichtspunkte fallen nicht unter den vorerwähnten Begriff „Bewertung der Prüfungen“ und müssen daher nicht zwangsläufig in einer Stellenausschreibung enthalten sein, so dass ihre etwaige Änderung nach Beginn der Prüfungen die Stellenausschreibung in keiner Weise abändert.

82      Die Kommission ist der Auffassung, der Erlass der Berichtigung sei darüber hinaus durch Erwägungen im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfaltspflicht gegenüber den Bewerbern gerechtfertigt. Derartige Erwägungen lassen sich im vorliegenden Fall jedoch nicht feststellen. Es genügt nämlich der Hinweis, dass der Erlass der Berichtigung zweifellos nicht allen Bewerbern nützt und bewirkt hat, dass Bewerber, die – wie die Klägerin – nach Maßgabe der in der Stellenausschreibung vorgesehenen Kriterien für die Bewertung der Zulassungstests die erforderliche Mindestpunktzahl in allen Tests erreicht hatten, vom Auswahlverfahren ausgeschlossen werden.

83      Schließlich kann die Kommission auch nicht geltend machen, der Erlass der Berichtigung verstoße nicht gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, und sich dabei auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berufen. Nach diesem Grundsatz, der in ständiger Rechtsprechung als zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehörend anerkannt worden ist, hängt die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme eines Unionsorgans davon ab, dass, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende ergriffen wird; ferner müssen die verursachten Nachteile in angemessenem Verhältnis zum angestrebten Ziel stehen (vgl. Urteil Schumann/Kommission, Randnr. 52). Erwägungen im Zusammenhang mit der Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme können jedoch nicht den Erlass eines Rechtsakts rechtfertigen, der gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstößt, wie die Änderung der Stellenausschreibung nach Abhaltung der Zulassungstests, wobei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur dann Anwendung findet, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen (Urteil des Gerichts vom 30. September 2010, Torijano Montero/Rat, F‑76/05, Randnr. 81 und die dort angeführte Rechtsprechung).

84      Was die zweite Voraussetzung, die sich auf den Schutz des berechtigten Vertrauens der Betroffenen bezieht, angeht, genügt es, auf die Randnrn. 64 bis 69 des vorliegenden Urteils zu verweisen, aus denen hervorgeht, dass die Anwendung der Berichtigung das berechtigte Vertrauen der Bewerber verletzt, die, wie die Klägerin, erwarteten, dass nur die Bewerber, die die in der Stellenausschreibung vorgesehene erforderliche Mindestpunktzahl in den Zulassungstests erreicht hatten, in die Liste der zur Teilnahme an den Prüfungen zugelassenen Bewerber aufgenommen würden.

85      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Anwendung der Berichtigung auf die Klägerin gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstößt.

86      Daher ist festzustellen, dass das Auswahlverfahren dadurch, dass die Anstellungsbehörde die Berichtigung unter Verletzung der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit auf die Klägerin angewandt hat, rechtswidrig geworden und die Entscheidung über die Nichtzulassung der Klägerin zu den Prüfungen folglich aufzuheben ist.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und gegen die Sorgfaltspflicht

87      Die Klägerin vertritt die Auffassung, mit dem Erlass der Entscheidung, sie nicht zu den Prüfungen zuzulassen, habe das EPSO insofern gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und gegen die Sorgfaltspflicht verstoßen, als die angefochtene Entscheidung bewirke, dass ein Bewerber, der sämtliche in der Stellenausschreibung vorgesehenen Zulassungsvoraussetzungen erfülle und aufgrund der bereits erworbenen Berufserfahrung in jedem Punkt dem dienstlichen Interesse entspreche, vom Einstellungsverfahren ausgeschlossen werde.

88      Hierzu genügt der Hinweis, dass die Sorgfaltspflicht nicht verlangt, dass der Prüfungsausschuss alle Bewerber, die ihrer Meinung nach die Anforderungen der zu besetzenden Stellen erfüllen, in die Reserveliste aufnimmt (vgl. Urteil Cristina/Kommission, Randnr. 83).

89      Selbst wenn im Übrigen unterstellt wird, dass die Klägerin in ihrer Klageschrift Gesichtspunkte vorgetragen hat, anhand deren sich feststellen lässt, dass sie sämtliche Zulassungsvoraussetzungen erfüllte und dem dienstlichen Interesse entsprach, verfügt der Prüfungsausschuss für ein Auswahlverfahren aufgrund von Befähigungsnachweisen und Prüfungen im Rahmen der Vorschriften des Statuts, die sich auf Auswahlverfahren beziehen, nach ständiger Rechtsprechung über einen Ermessensspielraum, um von Fall zu Fall zu beurteilen, ob die von den einzelnen Bewerbern vorgelegten Befähigungsnachweise und ihre früheren Berufserfahrungen den Anforderungen des Statuts und der betreffenden Stellenausschreibung entsprechen. Im Rahmen seiner Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich das Gericht darauf zu beschränken, zu prüfen, ob die Ausübung dieser Befugnis nicht mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet ist (vgl. Urteil des Gerichts erster Instanz vom 21. November 2000, Carrasco Benítez/Kommission, T‑214/99, Randnrn. 69 bis 71). Da die Klägerin nichts vorgetragen hat, was das Vorliegen eines solchen Fehlers dartun könnte, ist der vorliegende Klagegrund zu verwerfen.

90      Dieser Klagegrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

3.     Zu den Schadensersatzanträgen

 Vorbringen der Parteien

91      Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe aufgrund der Rechtswidrigkeit der Entscheidung, sie nicht zu den Prüfungen zuzulassen, einen materiellen und immateriellen Schaden erlitten.

92      Der materielle Schaden, den die Klägerin vorläufig nach billigem Ermessen auf einen Betrag von 50 000 Euro beziffert, soll sich daraus ergeben, dass ihr die Chance genommen worden sei, Beamtin zu werden.

93      Der immaterielle Schaden, den die Klägerin nach billigem Ermessen mit 50 000 Euro bewertet, soll sich aus der besonders nachlässigen Art und Weise der Bearbeitung ihrer Bewerbung durch das EPSO und aus dem ihr gegenüber bezeugten Mangel an Sorgfalt ergeben.

94      Die Kommission ist der Ansicht, die Schadensersatzanträge seien, da sie keinen Rechtsverstoß begangen habe, offensichtlich unbegründet, jedenfalls aber unzulässig, da sie in der Beschwerdeschrift nicht gestellt worden seien.

 Würdigung durch das Gericht

95      Zur Zulässigkeit der Schadensersatzanträge genügt der Hinweis, dass, wenn ein enger Zusammenhang zwischen einem Aufhebungs- und einem Schadensersatzantrag besteht, eine erstmals vor dem Gericht erhobene Schadensersatzklage im Rechtsbehelfssystem der Art. 90 und 91 des Statuts zulässig ist, auch wenn die vorherige Verwaltungsbeschwerde nur auf Aufhebung der angeblich schädigenden Entscheidung gerichtet war, denn ein Aufhebungsantrag kann einen Antrag auf Ersatz des behaupteten Schadens umfassen (Urteile des Gerichts erster Instanz vom 15. Mai 1997, N/Kommission, T‑273/94, Randnr. 159, und vom 18. Februar 2004, Esch-Leonhardt u. a./EZB, T‑320/02, Randnr. 47).

96      Vorliegend besteht ein enger Zusammenhang zwischen Aufhebungs- und Schadensersatzantrag, so dass der letztgenannte Antrag trotz der Tatsache zulässig ist, dass er nicht in der Beschwerdeschrift enthalten war.

97      Zu dem Schadensersatzantrag, der sich auf den materiellen Schaden bezieht, stellt das Gericht ferner fest, dass er hilfsweise gestellt worden ist. Da der Hauptantrag der Klägerin, der auf ihre Wiedereinbeziehung in das Auswahlverfahren gerichtet war, in Randnr. 44 des vorliegenden Urteils als unzulässig zurückgewiesen wurde, ist der Hilfsantrag zu prüfen, der sich auf den Ersatz dieses Schadens bezieht.

98      Nach ständiger Rechtsprechung setzt der Eintritt der Haftung der Verwaltung voraus, dass der Kläger das Vorliegen eines Rechtsverstoßes, eines tatsächlichen Schadens und eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Rechtsverstoß und dem geltend gemachten Schaden nachweist (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 1. Juni 1994, Kommission/Brazzelli Lualdi u. a., C‑136/92 P, Randnr. 42, und vom 21. Februar 2008, Kommission/Girardot, C‑348/06 P, Randnr. 52).

99      Im vorliegenden Fall beantragt die Klägerin Ersatz des aufgrund des Erlasses der Nichtzulassungsentscheidung angeblich erlittenen materiellen und immateriellen Schadens. Da diese Entscheidung aufgehoben wurde, ist zu prüfen, ob der festgestellte Rechtsverstoß der Klägerin einen Schaden verursacht hat und ob ein Kausalzusammenhang zwischen diesem Schaden und dem genannten Rechtsverstoß besteht.

100    Was den behaupteten materiellen Schaden angeht, wird die Kommission nach Art. 266 AEUV die sich aus dem vorliegenden Urteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen haben, insbesondere wird sie unter Beachtung des Grundsatzes der Rechtmäßigkeit alle Maßnahmen zu erlassen haben, die geeignet sind, den Nachteil, der der Klägerin aus der aufgehobenen Handlung entstanden ist, in angemessener Weise auszugleichen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts erster Instanz vom 15. September 2005, Casini/Kommission, T‑132/03, Randnr. 98; Urteil des Gerichts vom 7. Juni 2011, Larue und Seigneur/EZB, F‑84/09, Randnr. 64), ungeachtet dessen, dass die Klägerin anschließend eine Klage gegen die von der Kommission zur Umsetzung dieses Urteils erlassenen Maßnahmen erheben kann. Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass der Schadensersatzantrag, der sich auf den materiellen Schaden bezieht, verfrüht und daher zurückzuweisen ist.

101    Was hingegen den Antrag auf Ersatz des immateriellen Schadens angeht, den die Klägerin erlitten zu haben behauptet, lassen sich die Art des entstandenen Schadens und der Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden aus dem Gefühl von Frustration und Ungerechtigkeit ableiten, das die Klägerin berechtigterweise hat empfinden können, weil sie Opfer eines rechtswidrigen Verhaltens ist.

102    Das Gericht weist jedoch darauf hin, dass die Aufhebung einer Maßnahme der Verwaltung als solche bereits einen angemessenen und grundsätzlich hinreichenden Ersatz für den gesamten immateriellen Schaden darstellt, sofern der Kläger nicht nachweist, dass er einen von der Rechtswidrigkeit, auf der die Aufhebung beruht, abtrennbaren immateriellen Schaden, der durch die Aufhebung nicht in vollem Umfang wiedergutgemacht werden kann, erlitten hat (Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 9. Dezember 2010, Kommission/Strack, T‑526/08 P, Randnr. 99). Dies ist insbesondere der Fall, erstens, wenn die aufgehobene Maßnahme eine explizit negative Beurteilung der Fähigkeiten des Klägers enthält, die geeignet ist, ihn zu verletzen, zweitens, wenn der begangene Fehler besonders schwerwiegend ist, und drittens, wenn der Aufhebung jede praktische Wirksamkeit genommen wird und sie damit als solche keinen angemessenen und hinreichenden Ersatz für den gesamten durch die aufgehobene Maßnahme verursachten immateriellen Schaden darstellen kann (Urteil des Gerichts vom 12. Mai 2011, AQ/Kommission, F‑66/10, Randnrn. 105, 107 und 109).

103    Im vorliegenden Fall dürfte die Aufhebung der Entscheidung, die Klägerin nicht in die Liste der zu den Prüfungen des allgemeinen Auswahlverfahrens EPSO/AST/111/10 zugelassenen Bewerber aufzunehmen, die Wirkungen des festgestellten Rechtsverstoßes nicht beseitigen und kann als solche insbesondere keinen angemessenen Ersatz für die von der Klägerin unternommenen Anstrengungen und die von ihr für die sinnlose Vorbereitung aufgewendete Zeit darstellen. Daher beschließt das Gericht, dass die Kommission der Klägerin einen Betrag von 2 000 Euro als Ersatz des immateriellen Schadens zu zahlen hat.

 Kosten

104    Nach Art. 87 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei vorbehaltlich der übrigen Bestimmungen des Achten Kapitels ihres Zweiten Titels auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

105    Aus den oben dargelegten Gründen ergibt sich, dass die Kommission mit ihrem Antrag unterlegen ist. Da die Klägerin jedoch nicht beantragt hat, der Kommission die Kosten aufzuerlegen, ist nach Art. 89 Abs. 3 der Verfahrensordnung zu beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung des Prüfungsausschusses für das allgemeine Auswahlverfahren EPSO/AST/111/10 vom 7. April 2011, die Klägerin nicht zu den Prüfungen zuzulassen, wird aufgehoben.

2.      Die Europäische Kommission wird verurteilt, der Klägerin 2 000 Euro zu zahlen.

3.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4.      Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Rofes i Pujol

Boruta

Bradley

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. März 2013.

Die Kanzlerin

 

       Die Präsidentin

W. Hakenberg

 

       M. I. Rofes i Pujol


* Verfahrenssprache: Französisch.