Language of document : ECLI:EU:C:2018:237

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

JULIANE KOKOTT

vom 12. April 2018(1)

Rechtssache C4/17 P

Tschechische Republik

gegen

Europäische Kommission

„Rechtsmittel – EGFL – Ausschluss bestimmter Ausgaben von der Finanzierung durch die Europäische Union – Von der Tschechischen Republik getätigte Ausgaben – Schutz von Weingärten vor Wild und Vögeln – Rechtssicherheit – Vertrauensschutz – Rechtliches Gehör“






I.      Einführung

1.        Die Beteiligten dieses Rechtsmittels machen es dem Gerichtshof nicht leicht. Das Verhalten der Kommission im Vorfeld des Rechtsstreits kann beim besten Willen nicht mehr als gute Verwaltung anerkannt werden. Aber die Tschechische Republik versuchte auch nicht, rechtzeitig die Unstimmigkeiten und Zweifel auszuräumen, sondern besteht bis heute darauf, aus den Fehlern der Kommission einen Vorteil zu ziehen. Darüber versäumt dieser Mitgliedstaat es fast, die Argumente vorzutragen, die im Ergebnis tatsächlich zum Erfolg führen.

2.        In der Sache geht es darum, ob der Schutz von Weingärten vor Wild und Vögeln eine Form der Umstrukturierung und Umstellung von Rebflächen, insbesondere eine Verbesserung der Rebflächenbewirtschaftungstechniken, ist. Damit verbunden ist die Frage, ob die Kommission eine solche Maßnahme bei der ersten Vorlage eines Stützungsprogramms beanstanden muss, wenn sie der Meinung ist, dass die Maßnahme nicht anerkannt werden kann.

3.        Hintergrund ist die Unionsförderung des Weinbaus nach Maßgabe der Verordnung Nr. 479/2008.(2) Diese Regelung sah vor, dass die Mitgliedstaaten nur bestimmte, abschließend definierte Maßnahmen fördern durften und die beabsichtigten Fördermaßnahmen in einem Stützungsprogramm niederlegen mussten. Dieses Programm reichten sie bei der Kommission ein, die innerhalb von drei Monaten Einwände formulieren konnte.

II.    Rechtlicher Rahmen

4.        Der rechtliche Rahmen zeichnet sich durch eine gewisse Komplexität sowie durch ständige Änderungen der maßgeblichen Bestimmungen aus.

A.      Die Stützungsregelungen

5.        Art. 5 der Verordnung Nr. 479/2008 regelte die Einreichung von Stützungsprogrammen für den Weinbau bei der Kommission:

„(1)      Jeder der in Anhang II genannten Erzeugermitgliedstaaten reicht bei der Kommission erstmals bis 30. Juni 2008 den Entwurf eines Stützungsprogramms mit einer Laufzeit von fünf Jahren ein, das Maßnahmen gemäß diesem Kapitel umfasst.

(2) Die Stützungsprogramme werden drei Monate nach Einreichung bei der Kommission anwendbar.

Entsprechen die eingereichten Stützungsprogramme jedoch nicht den in diesem Kapitel festgelegten Bedingungen, so setzt die Kommission den Mitgliedstaat hiervon in Kenntnis. In einem solchen Fall übermittelt der Mitgliedstaat der Kommission ein überarbeitetes Stützungsprogramm. Das überarbeitete Stützungsprogramm wird zwei Monate nach seiner Übermittlung anwendbar, außer es liegen weiterhin Unstimmigkeiten vor, in welchem Fall der vorliegende Unterabsatz gilt.

(3)      …“

6.        Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 479/2008 nannte unter dem Buchst. c die „Umstrukturierung und Umstellung von Rebflächen gemäß Art. 11“ als förderfähige Maßnahmen. Art. 11 definierte diese Maßnahmen wie folgt:

„(1)      Die Maßnahmen für die Umstrukturierung und Umstellung von Rebflächen zielen darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit der Weinerzeuger zu verbessern.

(2)      …

(3)      Die Unterstützung für die Umstrukturierung und Umstellung von Rebflächen darf nur eine oder mehrere der folgenden Tätigkeiten betreffen:

a)      Sortenumstellung auch durch Umveredelung,

b)      Umbepflanzung von Rebflächen,

c)      Verbesserungen der Rebflächenbewirtschaftungstechniken.

Die normale Erneuerung ausgedienter Altrebflächen wird nicht unterstützt.

(4)      …“

7.        Art. 11 Abs. 2 der zuvor geltenden Verordnung (EG) Nr. 1493/1999(3) enthielt noch die folgende Regelung über den Zweck von Maßnahmen zur Umstrukturierung und Umstellung, die aber in der Verordnung Nr. 479/2008 nicht mehr auftaucht:

„Die Regelung dient der Anpassung der Erzeugung an die Marktnachfrage.“

8.        Mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 202/2013(4) führte die Kommission in Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 555/2008(5) die folgende Regelung ein:

„Folgende Maßnahmen sind nicht förderfähig:

b)      Schutz gegen Schäden durch Wild, Vögel oder Hagel;

…“

9.        Nach Art. 114 der Verordnung Nr. 479/2008 galt die streitgegenständliche Fördermaßnahme als Intervention zur Regulierung der Agrarmärkte im Sinne von Art 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005.(6) Die letztgenannte Bestimmung regelte bestimmte Ausgaben des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (im Folgenden: EGFL) und ist nunmehr in Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013(7) zu finden.

B.      Die Kontrollregelungen

10.      Nach Art. 52 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1306/2013 (früher Art. 31 der Verordnung Nr. 1290/2005) kann die Kommission bestimmte Ausgaben nachträglich von der Finanzierung ausschließen:

„Wenn sie feststellt, dass Ausgaben nach Art 4 Abs. 1 und Art. 5 nicht in Übereinstimmung mit dem Unionsrecht … getätigt worden sind, so erlässt die Kommission Durchführungsrechtsakte zur Festlegung, welche Beträge von der Unionsfinanzierung auszuschließen sind. …“

11.      Art. 11 der Verordnung (EG) Nr. 885/2006(8) regelt das vor einer Kommissionsentscheidung zum Ausschluss bestimmter Beträge durchzuführende Verfahren:

„(1)      Kommt die Kommission aufgrund von Nachforschungen zu dem Schluss, dass bestimmte Ausgaben nicht in Übereinstimmung mit den Gemeinschaftsvorschriften getätigt wurden, so teilt sie dem betreffenden Mitgliedstaat ihre Feststellungen mit und nennt die Abhilfemaßnahmen, die künftig die Beachtung dieser Vorschriften sicherstellen sollen.

Diese Mitteilung muss auf den vorliegenden Artikel Bezug nehmen. Der Mitgliedstaat antwortet innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Mitteilung, die Kommission kann ihre Position daraufhin ändern. In begründeten Fällen kann die Kommission einer Verlängerung der Antwortfrist zustimmen.

Nach Ablauf der Antwortfrist beraumt die Kommission eine bilaterale Besprechung an, bei der die beiden Parteien versuchen, Einvernehmen über die zu ergreifenden Maßnahmen sowie über die Bewertung der Schwere des Verstoßes und des für den Gesamthaushalt entstandenen finanziellen Schadens zu erzielen.

(2)      Der Mitgliedstaat übermittelt innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Protokolls der bilateralen Besprechung gemäß Abs. 1 Unterabs. 3 alle in der Besprechung angeforderten Informationen sowie alle sonstigen Informationen, die er für die betreffende Untersuchung für nützlich hält.

In begründeten Fällen kann die Kommission auf begründeten Antrag des Mitgliedstaats einer Verlängerung der in Unterabs. 1 genannten Frist zustimmen. Der betreffende Antrag ist vor Ablauf dieser Frist an die Kommission zu richten.

Nach Ablauf der Frist gemäß Unterabs. 1 teilt die Kommission dem Mitgliedstaat ihre Schlussfolgerungen auf der Grundlage der ihr im Rahmen des Rechnungsabschlussverfahrens zugegangenen Informationen förmlich mit. In der Mitteilung werden die Ausgaben bewertet, die die Kommission gemäß Art. 31 der Verordnung Nr. 1290/2005 von der Gemeinschaftsfinanzierung auszuschließen beabsichtigt, wobei auf Art. 16 Abs. 1 der vorliegenden Verordnung Bezug genommen wird.

(3)      Der Mitgliedstaat teilt der Kommission die Abhilfemaßnahmen mit, die er zur Einhaltung der Gemeinschaftsvorschriften getroffen hat, und nennt den Termin, ab dem diese Maßnahmen tatsächlich angewendet werden.

Die Kommission erlässt nach der Prüfung eines etwaigen Berichts der Schlichtungsstelle gemäß Kapitel 3 der vorliegenden Verordnung gegebenenfalls eine oder mehrere Entscheidungen gemäß Art. 31 der Verordnung Nr. 1290/2005, um Ausgaben, die nicht in Übereinstimmung mit den Gemeinschaftsvorschriften getätigt wurden, so lange von der Gemeinschaftsfinanzierung auszuschließen, bis der Mitgliedstaat die Abhilfemaßnahmen tatsächlich umgesetzt hat.

…“

12.      Die Art. 12 bis 16 der Verordnung Nr. 885/2006 enthalten Bestimmungen über ein Schlichtungsverfahren, in dem der betroffene Mitgliedstaat und die Kommission eine einvernehmliche Lösung suchen sollen.

13.      Die Verordnung Nr. 885/2006 wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2015 durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 908/2014(9) ersetzt, die ähnliche Regelungen enthält.

III. Vorgeschichte des Rechtsstreits

14.      Nach dem Urteil des Gerichts vom 20. Oktober 2016, Tschechische Republik/Kommission (T‑141/15, EU:T:2016:621, Rn. 1 bis 17, im Folgenden: angefochtenes Urteil), stellt sich die Vorgeschichte des Rechtsstreits im Wesentlichen wie folgt dar.

15.      Am 9. Juli 2008 legte die Tschechische Republik der Kommission gemäß Art. 5 Abs. 1 der Verordnung Nr. 479/2008 den Entwurf eines Stützungsprogramms für die Haushaltsjahre 2009 bis 2014 vor. Zu den Maßnahmen des Programmentwurfs gehörte eine Maßnahme zum Schutz von Weingärten gegenüber Wild und Vögeln, die entweder mit mechanischen Mitteln, d. h. durch Umzäunung von Weinbergen oder durch verschiedene Verscheuchungsanlagen, durchgeführt werden sollte oder alternativ mit aktiven Mitteln, bei denen Menschen das Wild oder die Vögel verscheuchen.

16.      Mit Schreiben vom 8. Oktober 2008 erhob die Kommission Einwände gegen den oben genannten Entwurf gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 479/2008. Die Einwände der Kommission bezogen sich jedoch nicht auf die fragliche Schutzmaßnahme. Die Tschechische Republik hat den Entwurf im Licht der Einwände der Kommission überarbeitet und der Kommission am 12. Februar 2009 einen neuen Entwurf übermittelt. Der zweite Entwurf enthielt wiederum in unveränderter Form die fragliche Schutzmaßnahme. Die Kommission hat innerhalb der zweimonatigen Frist, d. h. bis zum 12. April 2009, keine Einwände mehr erhoben.

17.      Am 20. Februar 2009 übermittelte die Kommission der Tschechischen Republik jedoch eine Mitteilung gemäß Art. 11 Abs. 1 der Verordnung Nr. 885/2006 im Zusammenhang mit einer unter dem Aktenzeichen VT/VI/2009/101/CZ durchgeführten Untersuchung, um die Vereinbarkeit der Maßnahmen der Tschechischen Republik zur Umstrukturierung und Umstellung von Rebflächen mit den Bedingungen für die Gewährung von Beihilfen in diesem Bereich für ein früheres Wirtschaftsjahr, nämlich 2007/2008, zu überprüfen. Diese Mitteilung lautet zum Teil wie folgt:

„Dieses Ergebnis verdeutlicht jedoch, dass sich die Umstrukturierungsarbeiten im Wesentlichen darauf beschränkten, den bestehenden Weinberg ohne weitere Eingriffe vor Tieren zu schützen. Dieser Ansatz wirft ein Problem bei der Einhaltung von Art. 11 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 auf, wonach das Ziel der Regelung darin besteht, die Erzeugung an die Marktnachfrage anzupassen. Wenn sich die Umstrukturierung in der Tschechischen Republik nur auf den Schutz des bestehenden Weinbergs gegen Tiere beschränkte, sind die Ausgaben prima facie nicht zuschussfähig, da sie nicht im Zusammenhang mit den vorausgesetzten Anforderungen der Verordnung stehen.“

18.      In demselben Schreiben erklärte die Kommission, dass die tschechischen Behörden „alle erforderlichen Maßnahmen zur Behebung von Mängeln und Nichtkonformitäten ergreifen sollten“.

19.      Mit Schreiben vom 22. September 2009 teilte die Kommission ihre Absicht mit, eine weitere Prüfuntersuchung unter dem Aktenzeichen VT/VI/2009/004/CZ durchzuführen. Die Erhebung sollte sich auf die Umstrukturierung und Umstellung der Weinberge in der Tschechischen Republik im Wirtschaftsjahr 2008/2009 beziehen.

20.      In einer Mitteilung vom 22. März 2010 gemäß Art. 11 Abs. 1 der Verordnung Nr. 885/2006 hat die Kommission im Rahmen der Untersuchung mit Bezug auf VT/VI/2009/004/CZ insbesondere Folgendes festgestellt:

„Bei der Vor-Ort-Kontrolle hatte das Audit-Team Zweifel, ob aktiver und passiver Schutz gegen Vögel und Wildtiere im Rahmen der Umstrukturierung und Umstellung förderfähig ist.“

21.      Darüber hinaus hat die Kommission der Tschechischen Republik in demselben Dokument mitgeteilt, dass „der aktive und passive Schutz gegen Vögel und wild lebende Tiere nicht als eine neue Maßnahme angesehen werden kann, mit der die Bewirtschaftung der Weinberge so verbessert wird, dass die Erzeugung an die Marktnachfrage angepasst werden soll“. Schließlich wird in der Mitteilung daran erinnert, „dass in der Verordnung Nr. 1493/99 eindeutig festgestellt wird, dass das Ziel [der Umstrukturierungsmaßnahmen] darin besteht, die Produktion an die Marktnachfrage anzupassen“.

22.      Am 31. Januar 2011 übermittelte die Kommission der Tschechischen Republik das Protokoll einer bilateralen Sitzung, die gemäß Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 885/2006 zwischen Vertretern der Tschechischen Republik und ihren eigenen Dienststellen am 13. Dezember 2010 über die beiden genannten Untersuchungen stattfand.

23.      In dem Protokoll vertrat die Kommission die Auffassung, dass die Ausgaben, die in der Tschechischen Republik im Rahmen der fraglichen Schutzmaßnahme getätigt wurden, nicht förderfähige Ausgaben darstellten, und ersuchte die Tschechische Republik um den genauen Betrag der für die Haushaltsjahre 2008 bis 2010 gemeldeten Ausgaben. Auch in diesem Protokoll berief sich die Kommission auf den Zweck von Maßnahmen der Umstrukturierung und Umstellung von Rebflächen nach der Verordnung Nr. 1493/1999, nämlich die Anpassung der Erzeugung an die Marktnachfrage.

24.      Im Übrigen wurde seit dem 31. Januar 2011 der Verweis auf die beiden vorgenannten Untersuchungen zu Beginn des gesamten Schriftverkehrs der Kommission in diesem Fall aufgenommen.

25.      Am 3. Dezember 2012 übermittelte die Kommission der Tschechischen Republik eine Mitteilung gemäß Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 3 und Art. 16 Abs. 1 der Verordnung Nr. 885/2006. In dieser Mitteilung bekräftigte und präzisierte die Kommission ihre Auffassung, dass die von der Tschechischen Republik vorgesehenen Formen des aktiven und passiven Schutzes von Rebflächen nicht unter das Konzept der Umstrukturierung und Umstellung gemäß Art. 11 der Verordnung Nr. 1493/1999 und Art. 11 der Verordnung Nr. 479/2008 fallen. In diesem Zusammenhang hat die Kommission eine Finanzkorrektur in Höhe von 52 347 157,43 tschechischen Kronen (CZK) und 11 984 289,94 Euro für die Haushaltsjahre 2007 bis 2010 vorgeschlagen, wobei die Haushaltsjahre 2007 und 2008 der Anwendung der Verordnung Nr. 1493/1999 und die übrigen Haushaltsjahre der Anwendung der Verordnung Nr. 479/2008 unterliegen.

26.      Auf Ersuchen der Tschechischen Republik vom 17. Januar 2013 hat die Schlichtungsstelle am 19. Juni 2013 eine Sitzung abgehalten und am 2. Juli 2013 einen Abschlussbericht über das Schlichtungsverfahren unter der Nummer 13/CZ/552 veröffentlicht. In diesem Bericht empfahl die Schlichtungsstelle der Kommission, keine Finanzkorrekturen für die Ausgaben im Rahmen des gesamten Hilfsprogramms für den Zeitraum 2009-2014 vorzuschlagen und die vorgeschlagene Finanzkorrektur zu überdenken.

27.      Mit Schreiben vom 22. April 2014 übermittelte die Kommission der Tschechischen Republik nach Vorlage des Berichts der Schlichtungsstelle eine abschließende Stellungnahme. In dieser Stellungnahme bekräftigte die Kommission ihre Auffassung, dass die fragliche Schutzmaßnahme im Rahmen des Umstrukturierungs- und Umstellungsprogramms für Weinberge nicht als zulässig angesehen werden könne.

28.      In Bezug auf die Haushaltsjahre 2007 bis 2009 stellte die Kommission fest, dass die Tschechische Republik aufgrund fehlender Einwände der Kommission gegen den Entwurf des Beihilfeprogramms für die fragliche Schutzmaßnahme berechtigterweise davon ausgehen konnte, dass es sich um förderungswürdige Maßnahmen handelt. Nach Auffassung der Kommission konnte die Tschechische Republik jedoch nach Erhalt ihres Schreibens vom 22. März 2010 keine berechtigten Erwartungen in dieser Hinsicht hegen. Aus diesem Grund war die Kommission der Ansicht, dass eine Finanzkorrektur für alle Ausgaben gerechtfertigt ist, die nach dem 22. März 2010 getätigt wurden. Anschließend schlug sie eine Finanzkorrektur für die Geschäftsjahre 2010 bis 2012 in Höhe von insgesamt 2 123 199,04 Euro vor.

29.      Schließlich hat die Kommission auf der Grundlage von Art. 52 der Verordnung Nr. 1306/2013 den Durchführungsbeschluss (EU) 2015/103 vom 16. Januar 2015 (im Folgenden: streitiger Durchführungsbeschluss) angenommen, mit dem bestimmte Ausgaben der Mitgliedstaaten im Rahmen des EGFL und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) von der Finanzierung der Europäischen Union ausgeschlossen werden.(10)

30.      In dem streitigen Durchführungsbeschluss wies die Kommission die Ausgaben der Tschechischen Republik aus dem EGFL für die fragliche Schutzmaßnahme im Rahmen des Umstrukturierungs- und Umstellungsprogramms für Weinberge für die Jahre 2010 bis 2012 in Höhe von insgesamt 2 123 199,04 Euro zurück.

31.      Das Gericht hat die Klage der Tschechischen Republik gegen den streitigen Durchführungsbeschluss mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen.

IV.    Anträge

32.      Gegen dieses Urteil erhob die Tschechische Republik mit Schriftsatz vom 4. Januar 2017 das vorliegende Rechtsmittel und beantragt,

1)      das angefochtene Urteil aufzuheben,

2)      den streitigen Durchführungsbeschluss in dem Umfang für nichtig zu erklären, in dem er die Ausgaben der Tschechischen Republik in einer Gesamthöhe von 2 123 199,04 Euro von der Finanzierung ausschließt, und

3)      der Europäischen Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

33.      Die Europäische Kommission beantragt,

1)      das Rechtsmittel zurückzuweisen und

2)      die Rechtsmittelführerin zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

34.      Die Beteiligten haben schriftlich und in der Verhandlung vom 1. März 2018 mündlich verhandelt.

V.      Rechtliche Würdigung

35.      Die Tschechische Republik erhebt drei Rechtsmittelgründe. Mit dem ersten rügt sie eine Verletzung von Art. 11 der Verordnung Nr. 479/2008 durch das angefochtene Urteil, mit dem zweiten eine Verletzung von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung in Verbindung mit den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes und mit dem dritten die Beurteilung von Verfahrensfehlern im Verwaltungsverfahren.

A.      Zur Zulässigkeit und Auslegung des ersten Rechtsmittelgrundes

36.      Mit dem ersten Rechtsmittelgrund wendet sich die Tschechische Republik gegen die Ausführungen des Gerichts in den Rn. 83 bis 90, wo es feststellt, dass die streitgegenständlichen Maßnahmen mit Art. 11 der Verordnung Nr. 479/2008 unvereinbar seien. Bei isolierter Betrachtung könnte dieser Rechtsmittelgrund unzulässig erscheinen, weil er sich nicht auf die Beurteilung eines entsprechenden Klagegrundes durch das Gericht bezieht.

37.      Denn im Rahmen eines Rechtsmittels sind die Befugnisse des Gerichtshofs auf die Beurteilung der rechtlichen Entscheidung im ersten Rechtszug beschränkt.Könnte eine Partei vor dem Gerichtshof erstmals ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel gegen die vor Gericht angegriffene Maßnahme vorbringen, das sie vor dem Gericht nicht vorgebracht hat, so könnte sie nämlich den Gerichtshof, dessen Befugnisse im Rechtsmittelverfahren beschränkt sind, letztlich mit einem weiter reichenden Rechtsstreit befassen, als ihn das Gericht zu entscheiden hatte.(11)

38.      Entgegen der Tschechischen Republik ergibt sich die Zulässigkeit dieses Vorbringens auch nicht aus dem Urteil in den Rechtssachen C‑231/11 P bis C‑233/11 P.(12) Denn in diesem Fall richtete sich der gegenüber dem Vorbringen in erster Instanz neue Rechtsmittelgrund gegen Ausführungen, die das Gericht in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung einer Wettbewerbssanktion vorgenommen hat. Damit hatte bereits das Gericht den Streitgegenstand erweitert, so dass entsprechende Einwendungen im Rechtsmittel zulässig waren.

39.      Allerdings hat die Tschechische Republik tatsächlich im Rahmen einer Rüge der Verletzung des Prinzips der Rechtssicherheit vor dem Gericht vorgetragen, dass die streitgegenständlichen Maßnahmen den Förderbedingungen nach Art. 11 der Verordnung Nr. 479/2008 entsprachen.(13)

40.      Das Gericht hat dementsprechend die beanstandeten Ausführungen zu Art. 11 der Verordnung Nr. 479/2008 vorgenommen und sich bei seiner Entscheidung darauf gestützt.

41.      Zwar hat die Tschechische Republik vor dem Gericht auch behauptet, sie gehe nicht auf die Frage der Vereinbarkeit der streitgegenständlichen Maßnahme mit Art. 11 der Verordnung Nr. 479/2008 ein, doch dieses Vorbringen erklärt sich aus dem Kontext, nämlich daraus, dass sie im Wesentlichen eine Verletzung von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung rügte. Im gleichen Absatz bekräftigte die Tschechische Republik nämlich auch, dass die Maßnahme mit Art. 11 vereinbar sei.(14)

42.      Daher ist die Tschechische Republik befugt, sich im Rechtsmittel gegen diese Punkte des angefochtenen Urteils zu wenden.

43.      Das bedeutet allerdings nicht, dass die Tschechische Republik sich mit diesem Vorbringen im Rechtsmittel unmittelbar gegen die Feststellung der Kommission wenden kann, die streitgegenständlichen Fördermaßnahmen seien mit Art. 11 der Verordnung Nr. 479/2008 unvereinbar, worauf der streitige Durchführungsbeschluss gestützt ist. Denn darin läge ein gegenüber der erstinstanzlichen Klage neuer Klagegrund gegen diesen Durchführungsbeschluss. Im Rechtsmittel dürfen aber keine Angriffe gegen den streitigen Beschluss vorgebracht werden, sondern nur Angriffe gegen das angefochtene Urteil.

44.      Vielmehr kann diese Kritik am Urteil des Gerichts nur in Bezug auf die vom Gericht vorgenommene rechtliche Würdigung wirksam werden. Das Gericht hat die beanstandeten Ausführungen zu Art. 11 der Verordnung Nr. 479/2008 im Rahmen des ihm vorgetragenen ersten Klagegrundes getroffen, der wie der zweite Rechtsmittelgrund im vorliegenden Verfahren eine Verletzung von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung in Verbindung mit den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes zum Gegenstand hatte.

45.      Daher ist es sinnvoll, die ersten beiden Rechtsmittelgründe der Tschechischen Republik gemeinsam zu betrachten und dabei den ersten Rechtsmittelgrund im Zusammenhang mit dem zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes zu prüfen.

B.      Zum ersten und zum zweiten Rechtsmittelgrund

46.      Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund rügt die Tschechische Republik eine Verletzung von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 479/2008 (dazu unter 1) in Verbindung mit den Prinzipien der Rechtssicherheit (dazu unter 2) und des Vertrauensschutzes (dazu unter 3). Das Vorbringen zu Art. 11 ist dabei dem zweiten Teil dieses Rechtsmittelgrundes zuzuordnen, der das Prinzip der Rechtssicherheit zum Gegenstand hat.

1.      Zum ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes – Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 479/2008

47.      Die Tschechische Republik beruft sich darauf, dass die Kommission nach der Übermittlung des Stützungsprogramms gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 479/2008 keine Einwände gegen die streitgegenständlichen Fördermaßnahmen erhoben hat. Daher habe die Kommission diese Maßnahmen genehmigt und könne sie nicht im Nachhinein ablehnen.

48.      Das Gericht beschäftigt sich mit diesem Vorbringen in den Rn. 29 bis 67 des angefochtenen Urteils. Es stellt fest, dass der Ausschluss der Förderung auf Art. 52 der Verordnung Nr. 1306/2013 beruht und Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 479/2008 dieser Entscheidung nicht entgegensteht. Der Umstand, dass die Kommission anfangs keine Einwände erhob, könne nicht im Sinne einer Genehmigung der Maßnahme verstanden werden oder eine unwiderlegbare Vermutung begründen, dass die Maßnahme den Förderbedingungen entspreche.

49.      Darin ist im Ergebnis kein Rechtsfehler zu entdecken.

50.      Das Vorbringen der Tschechischen Republik läuft darauf hinaus, dass die Befugnis der Kommission, auf der Grundlage von Art. 52 der Verordnung Nr. 1306/2013, nachträglich Maßnahmen von der Unionsfinanzierung auszuschließen, nicht auf Maßnahmen anwendbar ist, die einer Vorabkontrolle unterliegen, wie sie Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 479/2008 vorsieht.

51.      Wie das Gericht in den Rn. 31 bis 46 des angefochtenen Urteils darlegt, findet diese Auffassung keine Grundlage im Wortlaut der anwendbaren Regelungen. Weder schließen Art. 5 Abs. 2 oder andere Bestimmungen der Verordnung Nr. 479/2008 die nachträgliche Kontrolle aus, noch wird die Befugnis aus Art. 52 der Verordnung Nr. 1306/2013 in Bezug auf vorab kontrollierte Maßnahmen in irgendeiner Weise eingeschränkt.

52.      Zwar werden die Stützungsprogramme nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 479/2008 anwendbar, wenn die Kommission nicht rechtzeitig Einwände erhebt. Entgegen der Tschechischen Republik bedeutet das aber nicht, dass eine nachträgliche Überprüfung der Zuordnung von Maßnahmen zu den Zielen der Förderregelung ausgeschlossen wäre.

53.      Vielmehr gilt die streitgegenständliche Fördermaßnahme nach Art. 114 der Verordnung Nr. 479/2008 als Intervention zur Regulierung der Agrarmärkte im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1290/2005. Die letztgenannte Bestimmung regelte bestimmte Ausgaben des EGFL und war zum Zeitpunkt des streitigen Durchführungsbeschlusses der Kommission in Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1306/2013 zu finden. Wenn solche Ausgaben nicht in Übereinstimmung mit dem Unionsrecht getätigt worden sind, so erlässt die Kommission nach Art. 52 der Verordnung Nr. 1306/2013 Durchführungsrechtsakte zur Festlegung, welche Beträge von der Unionsfinanzierung auszuschließen sind.

54.      Auch der Gesamtkontext dieser Regeln spricht für die Auslegung des Gerichts. Nach ständiger Rechtsprechung finanzieren die Europäischen Agrarfonds nur die nach Unionsvorschriften vorgenommenen Interventionen im Rahmen der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte.(15) Darüber hinaus hebt die Kommission zu Recht hervor, dass die Stützungsprogramme gemäß Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 479/2008 mit dem Unionsrecht im Einklang stehen müssen.

55.      Dementsprechend könnte die Kommission gar nicht einseitig Ausgaben „legalisieren“, die mit den früher vom Rat und heute sogar vom Rat und vom Parlament gemeinsam erlassenen Regelungen über die Unionsförderung unvereinbar sind. Wie die Kommission zutreffend darlegt, hat das Gericht daher sogar schon den Ausschluss von Maßnahmen aus der Unionsfinanzierung akzeptiert, die die Kommission zuvor ausdrücklich genehmigt hatte.(16) Dies muss erst recht für Fördermaßnahmen gelten, die zwar einer Vorabprüfung der Kommission unterlagen, aber schon anwendbar wurden, nachdem die Kommission keine Einwände erhoben hatte.

56.      In diesem Zusammenhang sind auch die praktischen Probleme einer auf drei oder im zweiten Durchgang sogar zwei Monate beschränkten Vorabkontrolle von zumindest potenziell sehr umfangreichen und komplexen Stützungsprogrammen zu berücksichtigen. Zwar trägt die Tschechische Republik vor, dass das tschechische Programm nur einen sehr geringen Umfang hatte und die streitgegenständliche Förderung klar darstellte, doch ist davon auszugehen, dass andere Stützungsprogramme deutlich umfangreicher und komplexer sind. Wenn in solchen Programmen regelwidrige Fördermaßnahmen „versteckt“ sind, kann ein Versäumnis der Kommission, sie sogleich zu entdecken, nicht dazu führen, dass die Mittel der Agrarfonds entgegen der Förderregeln verwendet werden müssen.

57.      Die Tschechische Republik wirft zwar die berechtigte Frage auf, welche Funktion die Vorabkontrolle hat, wenn die Kommission später trotzdem Maßnahmen von der Finanzierung ausschließen kann, die sie ursprünglich nicht beanstandet hat. Die Antwort liegt jedoch auf der Hand: Eine solche Vorabkontrolle mindert zumindest das Risiko, Maßnahmen zu fördern, die nicht den Förderbedingungen entsprechen. Darüber hinaus kann sie, wie nachfolgend zu erörtern ist,(17) unter bestimmten Umständen schutzwürdiges Vertrauen begründen.

58.      Die Vorabkontrolle nimmt im Übrigen auch die Kommission in die Verantwortung für die Vereinbarkeit von Fördermaßnahmen mit den Förderbedingungen. Zumindest theoretisch erscheint es vorstellbar, die Kommission bei schwerwiegenden Mängeln der Vorabkontrolle zu Schadensersatz zu verpflichten.

59.      Der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes ist somit zurückzuweisen, weil ein Versäumnis der Kommission, nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 479/2008 vorab Einwände gegen Fördermaßnahmen zu erheben, dem nachträglichen Ausschluss dieser Maßnahmen nach Art. 52 der Verordnung Nr. 1306/2013 nicht entgegensteht.

2.      Zum zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes in Verbindung mit dem ersten Rechtsmittelgrund – Rechtssicherheit

60.      Mit dem zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes rügt die Tschechische Republik eine Verletzung des Prinzips der Rechtssicherheit.

61.      Soweit sie damit erneut darauf besteht, das Versäumnis der Kommission, bei der Vorabprüfung Einwände zu erheben, bewirke eine verbindliche Genehmigung der streitgegenständlichen Maßnahmen, die nicht im Nachhinein in Frage gestellt werden könne, ist auf die soeben angestellten Überlegungen zum ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes zu verweisen: Diese Wirkung kommt der Vorabkontrolle gerade nicht zu.

62.      Auch die mangelnde Verbindlichkeit der Mitteilungen der Kommission ändert daran nichts. Denn es ist ja nicht der erste Brief der Kommission, der die Maßnahme von der Finanzierung ausschließt, sondern der streitige Durchführungsbeschluss. Die zuvor übermittelten Zweifel und Einwände der Kommission sind lediglich Warnungen, dass eine solche Entscheidung droht. Darin kann keine Verletzung des Gebots der Rechtssicherheit liegen. Vielmehr handelt es sich – im Prinzip – um eine Umsetzung des Prinzips der loyalen Zusammenarbeit mit dem Mitgliedstaat (Art. 4 Abs. 3 EU).

63.      Wie mit dem ersten Rechtsmittelgrund beruft sich die Tschechische Republik aber auch mit dem zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes darauf, dass die streitgegenständlichen Maßnahmen den Förderregelungen entsprachen.

64.      Im Zusammenhang mit dem Prinzip der Rechtssicherheit ist das Vorbringen etwas überraschend, weil dieses Prinzip üblicherweise als Argument für die Aufrechterhaltung einer Rechtsposition vorgetragen wird, nicht jedoch als eigenständiges Argument gegen eine Entscheidung wie den streitigen Durchführungsbeschluss. Im Ergebnis geht es jedoch auch hier darum, an einer Position festzuhalten, nämlich an der Förderfähigkeit der streitgegenständlichen Maßnahmen.

65.      Nach dem Gebot der Rechtssicherheit muss eine Regelung nämlich den Betroffenen ermöglichen, den Umfang der ihnen durch diese Regelung auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen, insbesondere wenn finanzielle Konsequenzen drohen.(18) Die Kommission kann sich daher bei einer Korrektur zum Zeitpunkt des Rechnungsabschlusses des EGFL nicht auf eine Auslegung stützen, die, weil sie sich von der gewöhnlichen Bedeutung der verwendeten Wörter entfernt, nicht zwingend ist.(19) Sie kann aber erst recht keine Maßnahme für unvereinbar mit Förderbedingungen erklären, wenn sie tatsächlich diesen Bedingungen entspricht. Denn Rechtssicherheit bedeutet natürlich auch, dass man sich auf die Einhaltung des Rechts verlassen darf.

66.      Dementsprechend ist der streitige Durchführungsbeschluss mit dem Prinzip der Rechtssicherheit vereinbar, wenn die ausgeschlossenen Maßnahmen den Förderbedingungen widersprachen. Er wäre dagegen weder mit seiner Rechtsgrundlage noch mit dem Prinzip der Rechtssicherheit vereinbar, wenn die Maßnahmen doch mit den Förderregeln vereinbar waren.

67.      In gewisser Weise ist dies die Kehrseite der Prinzipien, die der Position der Tschechischen Republik zu den Wirkungen des Schweigens der Kommission im Verfahren der Vorabkontrolle nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 479/2008 entgegenstehen. Dass die Korrektur der Kommission trotz dieses Schweigens möglich ist, zielt nämlich darauf ab, die Beachtung der Förderregelungen durchzusetzen.

68.      In Rn. 83 des angefochtenen Urteils stellt das Gericht fest, der Wortlaut von Art. 11 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1493/1999 und Art. 11 Abs. 3 der Verordnung Nr. 479/2008 beziehe sich eindeutig nicht auf Maßnahmen zum Schutz der Weinberge vor Schäden durch Tiere oder Vögel, wie sie die fragliche Schutzmaßnahme umfasse.

69.      Entgegen der Auffassung der Kommission ist diese Feststellung kein obiter dictum, sondern ein tragendes Argument des Gerichts. Würde sie fehlen, könnte die Tschechische Republik einen Begründungsmangel rügen, weil das Gericht auf maßgebliches Vorbringen nicht geantwortet hätte.

70.      Die Feststellung des Gerichts ist allerdings mit einem Rechtsfehler behaftet.

71.      Denn die Tschechische Republik hält ihr zu Recht entgegen, dass derartige Schutzmaßnahmen zumindest nach dem Wortlaut Verbesserungen der Rebflächenbewirtschaftungstechniken im Sinne von Art. 11 Abs. 3 Buchst. c der jeweiligen Verordnung sein können. Wenn nämlich zuvor solche Schutzmaßnahmen fehlten, verbessert ihre Einführung zweifelsohne die Techniken der Rebflächenbewirtschaftung.

72.      Die Oberbegriffe „Umstrukturierung und Umgestaltung von Rebflächen“ für die fraglichen Maßnahmen ändern daran nichts. Zwar könnte man sie dahin gehend verstehen, dass die Weinberge baulich umgestaltet werden müssen, aber zum einen können auch Maßnahmen zum Schutz vor Wild- und Vogelschäden baulicher Art sein und zum anderen spricht insbesondere die Kategorie der Verbesserungen der Rebflächenbewirtschaftungstechniken im Sinne von Art. 11 Abs. 3 Buchst. c für ein weiteres Verständnis, das auch methodische Änderungen einschließt, soweit sie nur die Bewirtschaftung von Rebflächen zum Gegenstand haben.

73.      Ein Ausschluss dieser Schutzmaßnahmen aus der Unionsförderung lässt sich höchstens auf den Zweck des betreffenden Förderungstyps stützen.

74.      In Rn. 89 des angefochtenen Urteils stellt das Gericht dazu fest, es sei weder erkennbar, dass die streitgegenständliche Maßnahme die Anpassung der Erzeugung an die Marktnachfrage fördern, noch, dass sie die Wettbewerbsfähigkeit der Weinerzeuger verbessern würde.

75.      Während diese Feststellung für die Anpassung an die Marktnachfrage nachvollziehbar erscheint, aber darüber im vorliegenden Verfahren nicht entschieden werden muss, ist sie in Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit nicht überzeugend.

76.      Eine Minderung von Wild- und Vogelschäden verbessert nämlich, wie die Tschechische Republik zu Recht vorträgt, die Wettbewerbsfähigkeit von Weinerzeugern.

77.      Die Anpassung an die Marktnachfrage war das Ziel der Förderung nach Art. 11 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1493/1999, die vor der streitgegenständlichen Förderung galt. Nach dem hier maßgeblichen Art. 11 Abs. 1 der Verordnung Nr. 479/2008 war das Ziel jedoch allgemeiner gefasst. Danach war nämlich die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit zu fördern.

78.      Entgegen der Kommission ergibt sich auch nicht aus den Erwägungsgründen der Verordnung Nr. 479/2008, dass die neue Regelung inhaltlich der alten Regelung entsprechen sollte. Im Gegenteil, der fünfte Erwägungsgrund spricht von einer grundlegenden Änderung, die insbesondere eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Weinerzeuger bewirken soll. Von Anpassung an die Marktnachfrage ist im Zusammenhang mit Maßnahmen der Umstrukturierung und der Umstellung dagegen nicht mehr die Rede.

79.      Die Kommission vertritt jedoch auch die Auffassung, dass Maßnahmen der Umstrukturierung oder der Umgestaltung von Rebflächen nicht der Erhaltung bestehender Produktionsstrukturen dienen dürfen, sondern eine qualitative Weiterentwicklung anstreben müssen.

80.      Dieses Vorbringen ist zwar überzeugend, zeigt jedoch nicht, warum Maßnahmen zur Minderung von Wild- und Vogelschäden dazu nichts beitragen können. Die Kommission betont zwar in diesem Zusammenhang, dass Vogelscheuchen und ähnliche Maßnahmen schon lange praktiziert würden, doch schließt dies nicht aus, dass die tschechische Förderung gegenüber den bisherigen Praktiken auf Verbesserungen abzielte. Dafür spricht im Übrigen das unbestrittene tschechische Vorbringen, dass sich die Produktionsmenge seit Einführung der Förderung fast verdreifacht habe, was ein Hinweis auf verbesserte Produktionsmethoden ist.

81.      Dagegen hat die Kommission insbesondere nicht beim Erlass des streitigen Durchführungsbeschlusses, aber auch nicht im gerichtlichen Verfahren dargelegt, dass die spezifischen geförderten Maßnahmen nur die Fortführung bestehender Praktiken förderten.

82.      Auch der Hinweis der Kommission, dass Art. 14 der Verordnung Nr. 479/2008 es erlaube, Versicherungen gegen Wild- und Vogelschäden zu unterstützen, führt nicht zu einem anderen Ergebnis – ganz im Gegenteil. Denn daran zeigt sich, dass der Gesetzgeber grundsätzlich bereit war, solchen Schäden abzuhelfen. Daher liegt es eher fern, die streitgegenständlichen Fördermaßnahmen aus Art. 11 auszuschließen.

83.      Somit greift der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes durch, und das angefochtene Urteil ist aufzuheben.

3.      Zum dritten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes – Vertrauensschutz

84.      Auf den dritten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes kommt es nach der soeben getroffenen Feststellung nicht mehr an. Für den Fall, dass der Gerichtshof meiner Auffassung nicht folgt, also davon auszugehen wäre, dass die Maßnahmen nicht förderfähig waren, prüfe ich ihn jedoch hilfsweise.

85.      Mit diesem Vorbringen wendet sich die Tschechische Republik gegen die Ausführungen des Gerichts zum Vertrauensschutz in den Rn. 96 bis 100 des angefochtenen Urteils.

86.      Das Gericht betont insofern in Rn. 96, dass die Kommission der Tschechischen Republik keine präzisen Zusicherungen gemacht habe. Nach Rn. 97 seien solche Zusicherungen sogar ausgeschlossen, weil ein Schweigen während der Vorabkontrolle keine Kommissionsentscheidung über die Vereinbarkeit mit den Förderbedingungen sei.

87.      Diese Ausführungen des Gerichts stützen sich auf die ständige Rechtsprechung, wonach sich auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes jeder berufen kann, bei dem die Verwaltung durch konkrete Zusicherungen begründete Erwartungen geweckt hat.(20)

88.      Die fehlenden Einwände der Kommission im Verfahren nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 479/2008 kommen bei genauerer Betrachtung vor dem Hintergrund von Art. 11 allerdings sehr nahe an eine solche Zusicherung.

89.      Selbst wenn der Gerichtshof meiner Auslegung von Art. 11 der Verordnung Nr. 479/2008 nicht folgen sollte, so ist es nach dieser Bestimmung zumindest nicht völlig fernliegend, anzunehmen, die streitgegenständlichen Fördermaßahmen entsprächen den Förderbedingungen. Dies bestätigt die Durchführungsverordnung Nr. 202/2013 vom 8. März 2013, da die Kommission es offenbar für notwendig erachtete, erstmals ausdrücklich festzulegen, dass Maßnahmen zum Schutz gegen Schäden durch Wild, Vögel oder Hagel nicht förderfähig sind.

90.      Vor dem Hintergrund dieser besonderen Umstände ist ein Verzicht auf Einwände im Rahmen einer Vorabkontrolle ausnahmsweise nicht nur als Schweigen zu der Frage der Vereinbarkeit anzusehen, sondern als Billigung der Fördermaßnahmen.

91.      Für diese Auslegung spricht auch das unwidersprochene Vorbringen der Tschechischen Republik, dass das Stützungsprogramm nur acht Seiten umfasste und die streitgegenständliche Maßnahme darin klar dargestellt war. Die Kommission hatte demnach zweifellos die Gelegenheit, rechtzeitig Einwände zu erheben und allen Beteiligten den vorliegenden Rechtsstreit zu ersparen.

92.      Die übrigen Aussagen der Kommission bis zum 3. Dezember 2012 sind im höchsten Maße missverständlich und erlaubten zumindest die Annahme, dass die streitgegenständlichen Maßnahmen doch den anwendbaren Förderbestimmungen entsprachen.

93.      Erstens zeigt die Mitteilung vom 20. Februar 2009, dass die Kommission bereits an der Vereinbarkeit der streitgegenständlichen Fördermaßnahmen mit den Förderregeln zweifelte, als ihr das Stützungsprogramm zum zweiten Mal zur Prüfung vorlag. Trotzdem erhob sie keine Einwände. Es lag daher nicht fern, anzunehmen, dass die Zweifel sich entweder bei Fristablauf erledigt hatten oder nur auf die Förderperioden in der Vergangenheit bezogen.

94.      Denn zweitens stützen sich die genannte Mitteilung, die Mitteilung vom 22. März 2010 und das Protokoll vom 31. Januar 2011 ausschließlich auf die zuvor geltende Verordnung Nr. 1493/1999. Wie oben dargelegt,(21) unterscheidet sich diese Regelung jedoch entscheidend hinsichtlich des Ziels der Förderung von der Verordnung Nr. 479/2008.

95.      Erstmals in der Mitteilung vom 3. Dezember 2012 beruft sich die Kommission auch auf die Verordnung Nr. 479/2008. Zu diesem Zeitpunkt war die streitgegenständliche Förderung jedoch bereits durchgeführt, denn die Kommission hat nur die Förderung in den Jahren 2010 bis 2012 von der Finanzierung ausgeschlossen.

96.      Trotz dieser schwerwiegenden Kommunikationsmängel auf Seiten der Kommission halte ich jedoch ein eventuelles Vertrauen der Tschechischen Republik in die Förderfähigkeit der streitgegenständlichen Maßnahmen spätestens seit der Mitteilung vom 20. Februar 2009 nicht mehr für schutzwürdig.

97.      Es mag zwar Situationen geben, in denen widersprüchliche Aussagen der Kommission bei unklarer Rechtslage ein schutzwürdiges Vertrauen begründen können. Wenn ein Mitgliedstaat Fördermittel der Union einsetzt, unterliegt er jedoch gesteigerten Sorgfaltspflichten. Daher erfordern selbst geringfügige Zweifel an der Förderfähigkeit bestimmter Maßnahmen Rückfragen bei der Kommission. Solche Zweifel bestanden spätestens seit der Mitteilung der Kommission vom 20. Februar 2009.

98.      Das Vorbringen der Tschechischen Republik hinsichtlich der mangelnden Verbindlichkeit der genannten Mitteilung ändert daran nichts. Für die Schutzwürdigkeit etwaigen Vertrauens kommt es nämlich nicht auf die Verbindlichkeit an. Vielmehr wird die Schutzwürdigkeit bereits durch jegliche Informationen ausgeschlossen, die Zweifel begründen.

99.      Wenn sich der Gerichtshof mit dem dritten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes auseinandersetzen sollte, so wäre er somit zurückzuweisen.

C.      Zum dritten Rechtsmittelgrund – Vorverfahren des streitigen Durchführungsbeschlusses

100. Mit dem dritten Rechtsmittelgrund, den ich ebenfalls nur noch hilfsweise prüfe, wendet sich die Tschechische Republik gegen die Feststellungen des Gerichts zum zweiten Klagegrund in erster Instanz. Dabei geht es letztlich darum, dass die Kommission zwar Untersuchungen zu den Haushaltsjahren 2007/2008 und 2008/2009 durchgeführt und die Tschechische Republik zu deren Ergebnissen auch angehört hat, der streitige Durchführungsbeschluss jedoch die anerkannten Ausgaben für die Jahre 2010 bis 2012 mindert. Dazu habe sich die Tschechische Republik nicht ausreichend äußern können.

101. Das Gericht hat sich in den Rn. 110 bis 114 des angefochtenen Urteils darauf gestützt, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, die Kommission sei im Fall des Fortbestehens von Unregelmäßigkeiten, die die Vornahme einer finanziellen Berichtigung rechtfertigen, nach dem Zeitpunkt der schriftlichen Mitteilung der Ergebnisse der Überprüfungen befugt oder sogar verpflichtet, dies bei der Festlegung des Zeitraums, auf den sich die betreffende finanzielle Berichtigung bezieht, zu berücksichtigen.(22)

102. Die Begründung des Gerichts ist wortreich, versäumt es jedoch, den entscheidenden Gesichtspunkt hervorzuheben: Wenn die Kommission eine Korrektur wegen der Fortsetzung nicht förderfähiger Maßnahmen über den zeitlichen Rahmen einer Untersuchung hinaus ausdehnt, hatte der Mitgliedstaat im Prinzip bereits innerhalb der Untersuchung hinreichend Gelegenheit, sich zu der Frage zu äußern, ob die Maßnahme den Förderbedingungen entspricht.

103. Die Tschechische Republik wendet zwar zutreffend ein, der streitige Durchführungsbeschluss gehe bei der Kürzung der Finanzierung nicht nur über den Zeitraum der Untersuchung hinaus, sondern erfasse statt der untersuchten Jahre einen ganz anderen, nachfolgenden Zeitraum. Sie leitet daraus allerdings zu Unrecht ab, dass die Kommission die Rechtmäßigkeit der Fördermaßnahmen in den früheren Jahren anerkannt habe, so dass die vorgenommenen Anhörungen nicht mehr ausreichten.

104. Vielmehr ergibt sich aus dem Schreiben vom 22. April 2014, dass die Kommission in Bezug auf den früheren Zeitraum tatsächlich schutzwürdiges Vertrauen der Tschechischen Republik angenommen hat. Die Kommission hielt allerdings an ihrer Auffassung fest, dass die Fördermaßnahmen nicht den Förderregelungen entsprachen.

105. Der Einwand der Tschechischen Republik ist daher zurückzuweisen.

106. Weiterhin beanstandet die Tschechische Republik, das Gericht verkenne, dass sich zwischenzeitlich die Rechtsgrundlage der Förderung geändert habe. Aber diese Rechtsgrundlage ist in der Mitteilung vom 3. Dezember 2012 erwähnt worden. In der Folge bot das Schlichtungsverfahren der Tschechischen Republik hinreichende Gelegenheit, sich zur Auffassung der Kommission zu äußern.

107. Außerdem trägt die Tschechische Republik vor, sie habe erstmals im Anschluss an den Bericht der Schiedsstelle in der Mitteilung vom 22. April 2014 erfahren, dass die Kommission zwar im Prinzip ihr schutzwürdiges Vertrauen in die Rechtmäßigkeit der Fördermaßnahmen anerkenne, diese Schutzwürdigkeit aber aufgrund der Mitteilung vom 22. März 2010 wieder entfallen sei. Zu diesem Argument habe sie sich nicht äußern können.

108. Auch dieses Vorbringen überzeugt nicht. Wie sich insbesondere aus dem Bericht der Schiedsstelle(23) ergibt, hat sich die Tschechische Republik schon vor dem Schreiben vom 22. April 2014 auf Vertrauensschutz berufen und musste sich daher mit der Frage auseinandersetzen, welche Mitteilungen der Kommission ein solches erschüttern konnten. Sie hätte sich daher schon zuvor gegenüber der Kommission zu diesen Fragen äußern können. Zumindest aber verblieben auch nach dieser Mitteilung der Kommission noch mehrere Monate, während deren die Tschechische Republik auf das Schreiben hätte reagieren können, bevor die Kommission schließlich den streitigen Durchführungsbeschluss traf.

109. Außerdem begünstigt die erstmalige Anerkennung schutzwürdigen Vertrauens die Tschechische Republik. Zuvor beabsichtigte die Kommission, deutlich größere Summen von der Förderung auszuschließen. Eine Begünstigung, die auf dem Vorbringen des Begünstigten beruht, erfordert jedoch in der Regel keine weitere Anhörung.

110. In Rn. 115 des angefochtenen Urteils hat das Gericht darüber hinausgehend festgestellt, diese Ausdehnung der Berichtigung erfordere keine Beachtung der Verfahrensvorschriften nach Art. 11 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 885/2006.

111. Insofern ist darauf hinzuweisen, dass die Verfahrensregeln der Verordnung Nr. 885/2006, auf die sich die Tschechische Republik beruft, zum Zeitpunkt des streitigen Durchführungsbeschlusses, dem 16. Januar 2015, nicht mehr galten. Die Kommission hatte sie bereits mit Wirkung zum 31. Dezember 2014 aufgehoben.(24) Entsprechende Regelungen waren zum maßgeblichen Zeitpunkt in Art. 34 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 zu finden.

112. Diese Regelungen verlangen aber genauso wenig wie Art. 11 der Verordnung Nr. 885/2006 zwingend, dass die Kommission Kürzungen der Finanzierung auf Nachforschungen stützt. Nur solche Nachforschungen setzen aber die spezifischen Anhörungsverfahren voraus, deren Fehlen die Tschechische Republik beanstandet.

113. Wenn der Gerichtshof sich mit dem dritten Rechtsmittelgrund auseinandersetzt, ist er somit insgesamt zurückzuweisen.

VI.    Zu der Klage vor dem Gericht

114. Nach Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs kann dieser im Fall der Aufhebung der Entscheidung des Gerichts den Rechtsstreit entweder selbst endgültig entscheiden, wenn er zur Entscheidung reif ist, oder die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen.

115. Im vorliegenden Fall ist die Rechtssache zur Entscheidung reif. Denn aus den oben, Nrn. 63 bis 83, dargestellten Gründen ist der Klage stattzugeben und der streitige Durchführungsbeschluss aufzuheben.

VII. Kosten

116. Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und der Gerichtshof den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet. Gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach ihrem Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

117. Da die Tschechische Republik obsiegt und einen entsprechenden Antrag gestellt hat, sind die Kosten der Kommission aufzuerlegen.

VIII. Ergebnis

118. Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, wie folgt zu entscheiden:

1)      Das Urteil vom 20. Oktober 2016, Tschechische Republik/Kommission (T‑141/15, EU:T:2016:621), wird aufgehoben.

2)      Der Durchführungsbeschluss (EU) 2015/103 der Kommission vom 16. Januar 2015 über den Ausschluss bestimmter von den Mitgliedstaaten zulasten des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) getätigter Ausgaben von der Finanzierung durch die Europäische Union wird für nichtig erklärt, soweit er die Ausgaben der Tschechischen Republik in einer Gesamthöhe von 2 123 199,04 Euro von der Finanzierung ausschließt.

3)      Die Europäische Kommission trägt die Kosten.


1      Originalsprache: Deutsch.


2      Verordnung (EG) Nr. 479/2008 des Rates vom 29. April 2008 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1493/1999, (EG) Nr. 1782/2003, (EG) Nr. 1290/2005, (EG) Nr. 3/2008 und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 2392/86 und (EG) Nr. 1493/1999 (ABl. 2008, L 148, S. 1).


3      Verordnung des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein (ABl. 1999, L 179, S. 1).


4      Durchführungsverordnung der Kommission vom 8. März 2013 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 555/2008 in Bezug auf die Einreichung der Stützungsprogramme im Weinsektor und den Handel mit Drittländern (ABl 2013, L 67, S. 10).


5      Verordnung der Kommission vom 27. Juni 2008 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 479/2008 des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Wein hinsichtlich der Stützungsprogramme, des Handels mit Drittländern, des Produktionspotenzials und der Kontrollen im Weinsektor (ABl. 2008, L 170, S. 1).


6      Verordnung des Rates vom 21. Juni 2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. 2005, L 209, S. 1).


7      Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Finanzierung, Verwaltung und Kontrolle der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005und (EG) Nr. 485/2008 des Rates (ABl. 2013, L 347, S. 549).


8      Verordnung der Kommission vom 21. Juni 2006 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates hinsichtlich der Zulassung der Zahlstellen und anderen Einrichtungen sowie des Rechnungsabschlusses für den EGFL und den ELER (ABl. 2006, L 171, S. 90) in der Fassung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 375/2012 der Kommission vom 2. Mai 2012 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 885/2006 (ABl. 2012, L 118, S. 4).


9      Durchführungsverordnung der Kommission vom 6. August 2014 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Zahlstellen und anderen Einrichtungen, der Mittelverwaltung, des Rechnungsabschlusses und der Bestimmungen für Kontrollen, Sicherheiten und Transparenz (ABl. 2014, L 255, S. 59).


10      ABl. 2015, L 16, S. 33.


11      Urteile vom 1. Juni 1994, Kommission/Brazzelli Lualdi u. a. (C‑136/92 P, EU:C:1994:211, Rn. 59), vom 1. Februar 2007, Sison/Rat (C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 95), und vom 16. November 2017, Ludwig-Bölkow-Systemtechnik/Kommission (C‑250/16 P, EU:C:2017:871, Rn. 29). Siehe auch Art. 170 Abs. 1 Satz 2 der Verfahrensordnung.


12      Urteil vom 10. April 2014, Kommission u. a./Siemens Österreich u. a. (C‑231/11 P bis C‑233/11 P, EU:C:2014:256, Rn. 102).


13      Rn. 63 der Klageschrift.


14      Rn. 10 der Replik vor dem Gericht.


15      Urteile vom 7. Februar 1979, Niederlande/Kommission (11/76, EU:C:1979:28, Rn. 8), vom 10. November 1993, Niederlande/Kommission (C‑48/91, EU:C:1993:871, Rn. 14), vom 6. März 2001, Niederlande/Kommission (C‑278/98, EU:C:2001:124, Rn. 38), vom 24. Februar 2005, Griechenland/Kommission (C‑300/02, EU:C:2005:103, Rn. 32), und vom 6. November 2014, Niederlande/Kommission (C‑610/13 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2349, Rn. 59).


16      Urteile vom 30. September 2009, Niederlande/Kommission (T‑55/07, EU:T:2009:371), Rn. 97), und vom 25. Februar 2015, Polen/Kommission (T‑257/13, EU:T:2015:111, Rn. 53), Letzteres implizit bestätigt durch Urteil vom 7. Juli 2016, Polen/Kommission (C‑210/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:529, Rn. 43). Siehe auch die anhängige Rechtssache C‑120/17, Ministru kabinets (ABl. 2017, C 168, S. 23).


17      Siehe unten, Nrn. 84 ff.


18      Urteile vom 15. Dezember 1987, Dänemark/Kommission (348/85, EU:C:1987:552, Rn. 19), und vom 21. Juni 2007, ROM-projecten (C‑158/06, EU:C:2007:370, Rn. 25 und 26).


19      Urteile vom 27. Januar 1988, Dänemark/Kommission (349/85, EU:C:1988:34, Rn. 16), sowie vom 1. Oktober 1998, Vereinigtes Königreich/Kommission (C‑209/96, EU:C:1998:448, Rn. 35), Frankreich/Kommission (C‑232/96, EU:C:1998:449, Rn. 37), Dänemark/Kommission (C‑233/96, EU:C:1998:450, Rn. 38), Irland/Kommission (C‑238/96, EU:C:1998:451, Rn. 81) und Italien/Kommission (C‑242/96, EU:C:1998:452, Rn. 29).


20      Siehe etwa Urteile vom 16. Dezember 1987, Delauche/Kommission (111/86, EU:C:1987:562, Rn. 24), vom 18. Juli 2007, EAR/Karatzoglou (C‑213/06 P, EU:C:2007:453, Rn. 33), und vom 9. November 2017, LS Customs Services (C‑46/16, EU:C:2017:839, Rn. 35).


21      Nrn. 74 bis 77.


22      Urteil vom 9. Januar 2003, Griechenland/Kommission (C‑157/00, EU:C:2003:5, Rn. 45).


23      Anhang A.11 zur Klage vor dem Gericht.


24      Art. 44 Buchst. c der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 907/2014 der Kommission vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Zahlstellen und anderen Einrichtungen, die finanzielle Verwaltung, den Rechnungsabschluss, Sicherheiten und die Verwendung des Euro (ABl. 2014, L 255, S. 18).