Language of document : ECLI:EU:C:2019:450

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MICHAL BOBEK

vom 23. Mai 2019(1)

Rechtssache C703/17

Adelheid Krah

gegen

Universität Wien

(Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Wien [Österreich])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Freizügigkeit der Arbeitnehmer – Senior Lecturers/Postdoc – Auf vier Jahre begrenzte Anerkennung einschlägiger tätigkeitsbezogener Vorerfahrungen bei der Einstellung – An Vordienstzeiten anknüpfendes Vergütungssystem – Begrenzung auf beim selben Arbeitgeber zurückgelegte Dienstzeiten – Begriff der Beeinträchtigung der Freizügigkeit – Rechtfertigung – Verhältnismäßigkeit“






I.      Einleitung

1.        Dr. Adelheid Krah (im Folgenden: Klägerin) ist als Senior Lecturer/Postdoc an der Universität Wien beschäftigt. Nach den internen Vorschriften der Universität Wien wurden für ihre Einstufung in die entsprechende Kategorie des wissenschaftlichen Personals bei der Einstellung nur vier Jahre ihrer bisherigen Berufserfahrung berücksichtigt.

2.        Die Universität Wien (im Folgenden: Beklagte) sieht eine Berücksichtigung der Erfahrung von Senior Lecturers/Postdoc bei der Vergütung auf zweierlei Wegen vor. Erstens können bei der Einstellung höchstens vier Jahre einer früheren, an der Universität Wien oder für jeden anderen Arbeitgeber mit Sitz in Österreich oder einem anderen Mitgliedstaat der Union zurückgelegten facheinschlägigen Tätigkeit berücksichtigt werden. Zweitens werden ab Diensteintritt Dienstzeiten an der Universität Wien erworben. Aufgrund dessen kann das wissenschaftliche Personal in regelmäßigen Abständen von acht Jahren innerhalb derselben Gehaltsgruppe schrittweise von einer Stufe zur nächsten wechseln.

3.        Nach Ansicht der Klägerin diskriminiert die Obergrenze für die Anerkennung der bisherigen Berufserfahrung bei der Einstellung Arbeitnehmer, die aus anderen Mitgliedstaaten kommen. Die an das Dienstalter anknüpfende Entwicklung der Vergütung begünstige zwangsläufig wissenschaftliche Mitarbeiter, die stets für dieselbe österreichische Universität tätig gewesen seien, also zumeist österreichische Staatsangehörige.

4.        Die vorliegende Rechtssache gibt dem Gerichtshof Gelegenheit, erneut die äußeren Grenzen der Rechtsprechung zur Arbeitnehmerfreizügigkeit zu untersuchen und zu den ihr zugrunde liegenden Leitgedanken Stellung zu nehmen. Kann eine nationale Regelung, die in ihrer Gestaltung neutral ist, da sie keine unmittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit enthält, und die offensichtlich auch in ihrer Wirkung neutral ist, da keine mittelbare Diskriminierung festgestellt wurde, gleichwohl eine Beeinträchtigung der Freizügigkeit darstellen? Begründet die Beeinträchtigung und der Ansatz des Weniger-attraktiv-Machens eine vollwertige dritte Kategorie in der Rechtsprechung zur Arbeitnehmerfreizügigkeit, die unabhängig vom Vorliegen einer Diskriminierung Anwendung findet? Fällt jedwede nationale Regelung, die die Freizügigkeit für einen Arbeitnehmer weniger attraktiv machen könnte, unter Art. 45 AEUV?

II.    Rechtlicher Rahmen

A.      Unionsrecht

5.        Art. 45 AEUV lautet wie folgt:

„(1)      Innerhalb der Union ist die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet.

(2)      Sie umfasst die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen.

(3)      Sie gibt – vorbehaltlich der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen – den Arbeitnehmern das Recht,

c)      sich in einem Mitgliedstaat aufzuhalten, um dort nach den für die Arbeitnehmer dieses Staates geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften eine Beschäftigung auszuüben;

…“

6.        Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union(2) lautet wie folgt:

„Ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, darf aufgrund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung, nicht anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer.“

B.      Österreichisches Recht

7.        § 47 („Einstufung des wissenschaftlichen und künstlerischen Universitätspersonals“) Abs. 1 des Rahmenkollektivvertrags für ArbeitnehmerInnen an Universitäten vom 15. Februar 2011 (im Folgenden „Kollektivvertrag“) bestimmt:

„Alle ArbeitnehmerInnen nach § 5 Abs. 2 Z. 1 werden nach der Art der im Arbeitsvertrag vereinbarten Tätigkeiten in die Verwendungsgruppen A bis C eingereiht.“

8.        § 48 regelt das Verwendungsgruppenschema für das wissenschaftliche und künstlerische Universitätspersonal. Er lautet wie folgt:

„Verwendungsgruppe A 1: Universitätsprofessoren/Universitätsprofessorinnen, die auf Grund eines Berufungsverfahrens … bestellt wurden.

Verwendungsgruppe A 2: Wissenschaftliche/künstlerische MitarbeiterInnen, mit denen eine Qualifizierungsvereinbarung getroffen wurde.

Verwendungsgruppe B: Universitätsassistenten/Universitätsassistentinnen, Senior Scientists, Senior Artists, Senior Lecturer, ProjektmitarbeiterInnen (§ 28) nach Abschluss eines für die Verwendung in Betracht kommenden Master- oder Diplomstudiums, Lektoren/Lektorinnen. Die Verwendungsgruppe umfasst die Gehaltsgruppen B 1 und B 2. Universitätsassistenten/Universitätsassistentinnen, Senior Scientists, Senior Artists, Senior Lecturer und Projektmitarbeiterlnnen … sind … in die Gehaltsgruppe B 1 einzureihen; Lektoren/Lektorinnen sind in die Gehaltsgruppe B 2 einzureihen.

Verwendungsgruppe C: Studentische MitarbeiterInnen und nicht in B 1 einzureihende ProjektmitarbeiterInnen …“.

9.        § 49 des Kollektivvertrags legt das Gehaltsschema für das wissenschaftliche und künstlerische Universitätspersonal fest. Er bestimmt:

„(1)      Der monatliche Bruttobezug in der Gehaltsgruppe A 1 beträgt Euro 4 891,10. Dieser Betrag erhöht sich bei Vorliegen zumindest einer positiven Evaluierung der Tätigkeit … im jeweiligen Zeitraum,

nach sechsjähriger Tätigkeit auf Euro 5 372,80,

nach 12-jähriger Tätigkeit auf Euro 5 854,50,

nach 18-jähriger Tätigkeit auf Euro 6 336,20

und

nach 24-jähriger Tätigkeit auf Euro 6 817,90.

(2)      Der monatliche Bruttobezug in der Gehaltsgruppe A 2 beträgt Euro 3 686,70, bei ArbeitnehmerInnen mit einschlägigem Doktorat oder Ph.D. Euro 4 288,80. Diese Beträge erhöhen sich

a)      nach Erfüllung der Qualifizierungsvereinbarung … auf Euro 4 650,20,

b)      und bei Vorliegen zumindest einer positiven Evaluierung der Tätigkeit … im jeweiligen Zeitraum

nach sechsjähriger Tätigkeit als assozierte/r ProfessorIn auf Euro 5 131,90,

nach 12-jähriger Tätigkeit auf Euro 5 613,70,

nach 18-jähriger Tätigkeit auf Euro 6 095,40

und

nach 24-jähriger Tätigkeit auf Euro 6 577,00.

(3)      Der monatliche Bruttobezug in der Gehaltsgruppe B 1 beträgt Euro 2 696,50.

Dieser Betrag erhöht sich

a)      nach dreijähriger Tätigkeit auf Euro 3 203,30. Die Dreijahresfrist verkürzt sich um Zeiträume, für die tätigkeitsbezogene Vorerfahrungen nachgewiesen werden;

b)      nach achtjähriger Tätigkeit in der Einstufung nach lit. a) oder bei Vorliegen eines Doktorats, das Voraussetzung für die Begründung des Arbeitsverhältnisses war (Postdoc-Stelle) auf Euro 3 590,70;

c)      nach achtjähriger Tätigkeit in der Einstufung nach lit. b) auf Euro 3 978,30;

d)      nach achtjähriger Tätigkeit in der Einstufung nach lit. c) auf Euro 4 186,90.“

III. Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

10.      Die Klägerin ist eine deutsche Staatsangehörige mit einem Doktortitel in Geschichte. Ab dem Wintersemester 2000/2001 war sie bei der Beklagten, der Universität Wien, als Lehrbeauftragte am Institut für Geschichte tätig. Zuvor war sie fünf Jahre lang im Rahmen eines Lehrauftrags an der Universität München facheinschlägig beschäftigt.

11.      Nach Einreichung ihrer Habilitationsschrift wurde ihr mit Bescheid des Dekanats der geistes- und kulturwissenschaftlichen Fakultät der Beklagten vom 12. März 2002 die Lehrbefugnis als Universitätsdozentin für mittelalterliche Geschichte erteilt. Anschließend unterrichtete die Klägerin auf Basis von befristeten Lehraufträgen jedes Semester zumindest sieben Semester-Wochenstunden.

12.      Ab 1. Oktober 2010 war die Klägerin zunächst befristet und danach unbefristet als Senior Lecturer/Postdoc über 20 Wochenstunden beschäftigt.

13.      Aufgrund eines Rektoratsbeschlusses vom 8. November 2011 wurde beschlossen, bei Senior Lecturer/Postdoc und Senior Scientist/Postdoc Vordienstzeiten im Umfang von vier Jahren anzurechnen, wenn das Dienstverhältnis am 1. Oktober 2011 oder später begonnen hat. Im Anschluss an diesen Beschluss wurde die Klägerin in die Verwendungsgruppe B mit der Gehaltsstufe B1 lit. b eingestuft.

14.      Die Klägerin macht jedoch geltend, dass sie facheinschlägige Berufserfahrung im Umfang von fünf Jahren an der Universität München und 8,5 Jahren an der Universität Wien, also insgesamt 13,5 Jahre facheinschlägige Berufserfahrung, erworben habe. Daher hätten ihr in ihrem Fall 13,5 Jahre anerkannt und sie in eine höhere Gehaltsgruppe eingereiht werden müssen.

15.      Die Klägerin hat ein Zahlungsbegehren in Höhe von 3 385,20 Euro, d. h. die geltend gemachte Entgeltdifferenz zuzüglich Zinsen, Gebühren und Kosten, vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien (Österreich) erhoben, welches den Antrag abgelehnt hat. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin sodann Rechtsmittel beim vorlegenden Gericht eingelegt.

16.      In diesem tatsächlichen und rechtlichen Kontext hat das Oberlandesgericht Wien (Österreich) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen vorzulegen:

1.      Ist das Unionsrecht, insbesondere Art. 45 AEUV, Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 492/2011 und die Art. 20 und 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass es einer Regelung entgegensteht, nach der facheinschlägige Vordienstzeiten eines Mitglieds des Lehrpersonals der Universität Wien unabhängig davon, ob es sich um Zeiten der Beschäftigung bei der Universität Wien oder bei anderen in- oder ausländischen Universitäten oder vergleichbaren Einrichtungen handelt, nur bis zu einer Gesamtdauer von drei bzw. vier Jahren anrechenbar sind?

2.      Widerspricht ein Entlohnungssystem, das keine volle Anrechnung der facheinschlägigen Vordienstzeiten vorsieht, gleichzeitig aber an die Dauer der Beschäftigung beim selben Arbeitgeber ein höheres Entgelt knüpft, der Arbeitnehmerfreizügigkeit des Art. 45 Abs. 2 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 492/2011?

17.      Die Klägerin, die Beklagte und die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Alle drei vorgenannten Beteiligten sowie die österreichische Regierung haben an der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2019 teilgenommen.

IV.    Würdigung

18.      Die vorliegenden Schlussanträge sind wie folgt aufgebaut. Ich beginne mit mehreren einleitenden Klarstellungen zum österreichischen Vergütungssystem für das wissenschaftliche Personal, insbesondere den nationalen Vorschriften und denjenigen der Universität Wien über die Anerkennung der Berufserfahrung von Senior Lecturers (A). Anschließend trage ich vor, dass die Beschränkung der Anerkennung einschlägiger tätigkeitsbezogener Vorerfahrungen bei der Einstellung auf vier Jahre mit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer vereinbar ist, da sie weder eine Diskriminierung noch, meines Erachtens, eine Beeinträchtigung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer darstellt (B). Schließlich werde ich zu der Regelung kommen, wonach ab Diensteintritt die Vergütung mit den an der Universität Wien erworbenen Dienstzeiten steigt (C).

A.      Vorbemerkungen

19.      Die vorliegende Rechtssache betrifft die auf nationaler Ebene (in § 49 Abs. 3 des Kollektivvertrags) und durch die Universität Wien (in ihren internen Vorschriften) festgelegten Regelungen der Vergütung von Senior Lecturers, die in die Gehaltsgruppe B1 eingestuft werden.

20.      Der Kollektivvertrag enthält Regelungen über die Entwicklung der Vergütung von Senior Lecturers. Diese Regelungen berücksichtigen Dienstzeiten. Ab Diensteintritt erhöht sich die Vergütung normalerweise in regelmäßigen Abständen mit der an derselben Universität zurückgelegten Zeit. In der Praxis wechseln Senior Lecturers nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums mehrerer Jahre (zunächst alle drei und danach alle acht Dienstjahre) innerhalb der Gehaltsgruppe B1 von einer Gehaltsstufe zur nächsten.

21.      Dieses Vergütungssystem knüpft jedoch nicht nur an das Dienstalter/den Zeitablauf an. Die nationalen Regelungen sehen zwei Ausnahmen vor, nach denen ein Senior Lecturer bei der Einstellung in eine höhere Gehaltsstufe eingestuft werden kann, als dies bei einfacher Anwendung der Dienstzeitenregelungen der Fall wäre. Zum einen verkürzt sich für diejenigen, die ohne Doktorat einen Vertrag als Senior Lecturer erhalten, der (erste) Dreijahreszeitraum um die Zeiträume, für die tätigkeitsbezogene Vorerfahrungen nachgewiesen werden. Zum anderen müssen diejenigen, die mit Doktorat als Senior Lecturer/Postdoc eingestellt werden, den ersten Drei- bzw. Achtdienstjahreszeitraum nicht erfüllen und werden somit unmittelbar in die Gehaltsstufe B1 b eingestuft.

22.      Wie von der Beklagten und der österreichischen Regierung erläutert, ist der Kollektivvertrag das Ergebnis von Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern. Er legt die Mindestvorschriften fest, die von den österreichischen Hochschulen anzuwenden sind. Er hindert diese Hochschulen nicht, intern günstigere Regelungen festzulegen.

23.      An der Universität Wien sehen die internen Vorschriften einen Zeitraum von bis zu vier Jahren bisheriger Berufserfahrung vor, der bei der Einstellung für die Festlegung der Erstgehaltsgruppe von Senior Lecturers/Postdoc berücksichtigt werden muss. Nach Ansicht der Beklagten stellt die letztgenannte Regel gegenüber denjenigen anderer österreichischer Hochschulen, die lediglich die im Kollektivvertrag festgelegten Regeln anwenden, eine günstigere Behandlung durch die Universität Wien dar.

24.      Vor diesem nationalen und lokalen Hintergrund erscheinen vier weitere Klarstellungen angebracht.

25.      Erstens kann, auch wenn es in der vorliegenden Rechtssache in erster Linie um die Gehaltsgruppe B1 (und somit die Berufsgruppe der Senior Lecturers) geht, diese Gruppe nicht isoliert betrachtet werden. Sie ist Teil der umfassenderen nationalen Regelungen der Vergütung des wissenschaftlichen Personals an Hochschulen. Nach den §§ 47, 48 und 49 des Kollektivvertrags wird das wissenschaftliche Personal in mehrere Berufsuntergruppen unterteilt, denen besondere Gehaltsgruppen entsprechen, nämlich Universitätsprofessoren/Universitätsprofessorinnen (Gehaltsgruppe A1), Wissenschaftliche MitarbeiterInnen, mit denen eine Qualifizierungsvereinbarung getroffen wurde (Gehaltsgruppe A2), Assistenten/Assistentinnen, einschließlich Senior Lecturer (Gehaltsgruppe B1), Dozenten (Gehaltsgruppe B2) und Studentische MitarbeiterInnen (Gehaltsgruppe C). Jede Gehaltsgruppe ist wiederum unterteilt in Gehaltsstufen, denen ein bestimmtes Gehalt entspricht.

26.      Seinem Wesen nach wurde, wie von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung unterstrichen, das im Kollektivvertrag festgelegte Vergütungssystem in seiner Gesamtheit auf eine Beförderungsentwicklung der wissenschaftlichen Laufbahn auf zwei verschiedenen Wegen ausgelegt, nämlich innerhalb jeder Gehaltsgruppe und zwischen den Gruppen. Die Laufbahnentwicklung innerhalb jeder einzelnen Gruppe stellt eine Art horizontaler Steigerung dar. Auch wenn der Betreffende in derselben akademischen Gruppe bleibt, steigt die Vergütung schrittweise an, beispielsweise aufgrund der mit dem Zeitablauf erworbenen Dienstzeiten(3). Die Laufbahnentwicklung zwischen den Gruppen kann als vertikale Steigerung bezeichnet werden, durch die der Betreffende nicht in derselben akademischen Gruppe bleibt, sondern in eine höhere aufsteigt. Dieser Wechsel ist in der Regel von einer weiteren Qualifikation abhängig, beispielsweise durch wissenschaftliche Leistungen, Forschungsergebnisse oder das erfolgreiche Ablegen einer Prüfung.

27.      Daher liegt, wie von der Beklagten vorgetragen, der Sinn und Zweck dieses Systems darin, für die wissenschaftlichen Mitarbeiter Anreize zu schaffen, ihre Laufbahn voranzubringen. Daher sind bestimmte Arten der Beförderung zwingend an das Erreichen einer höheren Gruppe gebunden, die in gewisser Weise beide Stränge in sich vereint: die weitere Qualifizierung, die für diese Gruppe erforderlich ist, aber auch, mittelbar, den Ablauf eines bestimmten Zeitraums, der erforderlich ist, um diese Qualifikation zu erwerben. Allerdings können diejenigen, die sich in ihrer wissenschaftlichen Laufbahn nicht vertikal fortentwickeln, dennoch durch Dienstzeiten/Zeitablauf befördert werden, nämlich indem sie innerhalb derselben Gruppe in die nächste Stufe aufsteigen.

28.      Zweitens stimme ich mit der österreichischen Regierung darin überein, dass es für die Beurteilung des möglichen Vorliegens einer rechtswidrigen Beschränkung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer von entscheidender Bedeutung ist, innerhalb des österreichischen Systems der Vergütung von Senior Lecturers zwei verschiedene Regelungen voneinander zu unterscheiden.

29.      Nach der ersten Regelung werden von der Universität Wien bei der Einstellung von Senior Lecturers/Postdoc zur Bestimmung ihrer Erstgehaltsstufe innerhalb der Gehaltsgruppe B1 bis zu vier Jahre bisheriger einschlägiger Berufserfahrung berücksichtigt (im Folgenden: Berufserfahrungsregel). Nach der zweiten Regelung sind die Dienstzeiten, die ab Diensteintritt im Laufe des Vertrags mit der Universität Wien in dieser Tätigkeit erworben werden, für den späteren Aufstieg von einer Gehaltsstufe in die andere maßgeblich (im Folgenden: Dienstzeitenregel). Es ist davon auszugehen, dass ein solcher Aufstieg im Fall von Senior Lecturers automatisch erfolgt und anders als bei der Berufserfahrungsregel nicht mit einer inhaltlichen Bewertung der jeweiligen Vortätigkeit der Senior Lecturers einhergeht.

30.      Diese beiden Regelungen weisen sicherlich Ähnlichkeiten auf. Beide betreffen die Berücksichtigung der bisherigen Berufserfahrung und wirken sich auf die Vergütung aus. Weiter gehen die Ähnlichkeiten jedoch nicht. Um Klarheit darüber zu schaffen, wer zu welchem Zeitpunkt und zu welchem Zweck mit wem verglichen werden soll, sind beide Regelungen voneinander gesondert zu betrachten.

31.      Das Vorbringen der Klägerin und der Kommission, insbesondere zur zweiten Vorlagefrage des nationalen Gerichts, zeigt deutlich die Gefahren auf, die eine Vermengung der beiden Regelungen mit sich bringt. Sie macht die Prüfung einer Diskriminierung unmöglich, weil die Frage, wer genau gegenüber wem diskriminiert werden soll, schwer greifbar wird, ganz zu schweigen von der Frage, womit dies gerechtfertigt werden soll. Zum Zeitpunkt der Einstellung gilt die Berufserfahrungsregel aus einem bestimmten Grund und für bestimmte Personengruppen. Dagegen findet die Dienstzeitenregel zu einem anderen Zeitpunkt auf eine andere Gruppe von Personen Anwendung. Die Dienstzeitenregel gilt naturgemäß nie für neue Mitarbeiter und hat auch einen anderen Sinn und Zweck.

32.      Werden diese beiden verschiedenen Regelungen über einen Kamm geschoren, setzt dies implizit voraus, dass sie nebeneinander Anwendung finden: Die Dienstzeitenregel müsste zum Zeitpunkt der Einstellung bereits wirksam Anwendung finden. Diese Möglichkeit wäre sicherlich als politische Entscheidung denkbar, doch gäbe es in diesem Fall keine zwei verschiedenen Regelungen mehr, sondern nur noch eine (die sich zudem ganz erheblich von der auf der nationalen Ebene gewählten unterscheiden würde).

33.      Diese beiden Regelungen müssen daher im Rahmen der vorliegenden Würdigung voneinander gesondert betrachtet werden. Ich werde daher mit der Anwendung der Berufserfahrungsregel bei der Einstellung im Hinblick auf Frage 1 beginnen und erst danach zur Dienstzeitenregel in Frage 2 kommen.

34.      Drittens muss zur Beantwortung der Fragen des vorlegenden Gerichts die Situation der Klägerin so betrachtet werden, wie sie sich in der vorliegenden Rechtssache tatsächlich entwickelt hat. Insoweit ist zweierlei klarzustellen.

35.      Zum einen fand im Fall der Klägerin im Gegensatz zum Kollektivvertrag, der für Senior Lecturers/Postdoc keine Anerkennung der bisherigen Berufserfahrung vorsieht(4), die (günstigere) Regelung der internen Vorschriften der Universität Wien Anwendung. Zu prüfen ist im Kontext des allgemeinen Vergütungssystems nach dem Kollektivvertrag daher diese letztere Regelung (und nicht diejenigen des Kollektivvertrags).

36.      Zum anderen soll die Klägerin durch den der Rechtssache zugrunde liegenden Sachverhalt als deutsche Staatsangehörige durch die parallele Anwendung der Berufserfahrungsregel der Universität Wien und der Dienstzeitenregel des Kollektivvertrags in ihrem Recht auf Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt behindert worden sein. Vorgetragen wird im Wesentlichen, dass der Umstand, dass von Senior Lecturers/Postdoc im Rahmen ihres Dienstes an der Universität Wien erworbene Dienstzeiten für die Vergütung in vollem Umfang berücksichtigt würden, wohingegen die bisherige Berufserfahrung derjenigen, die zuvor andernorts gearbeitet hätten, bei der Einstellung im Umfang von bis zu vier Jahren angerechnet werde, ausländische Arbeitnehmer davon abhalte, Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt zu finden.

37.      Bei allgemeiner Betrachtung der Art und des Umfangs einer möglichen Beeinträchtigung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer sind die Beschränkungen beim Weggang (aus dem Herkunftsmitgliedstaat) und die Beschränkungen beim Zugang (zum Aufnahmemitgliedstaat) zwei Seiten ein und derselben Medaille der Freizügigkeit(5). Im tatsächlichen Kontext der vorliegenden Rechtssache bedeutet dies potenzielle Hindernisse dafür, dass die Klägerin den deutschen Arbeitsmarkt verlässt und Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt findet.

38.      Klar zu betonen ist jedoch, dass entgegen den von der Klägerin vorgetragenen Argumenten die hypothetische Möglichkeit, dass die Klägerin aufgrund der Anwendung der in Rede stehenden nationalen Regelungen möglicherweise davon abgehalten werden könnte, den Markt des Aufnahmemitgliedstaats (Österreich) wieder zu verlassen, oder gar, nachdem sie einige Zeit andernorts verbracht hat, erneut Zugang zum österreichischen wissenschaftlichen Arbeitsmarkt suchen zu wollen, schlicht nicht Gegenstand der vorliegenden Rechtssache ist.

39.      Schließlich hat viertens, was den unionsrechtlichen Bezugsrahmen der vorliegenden Prüfung angeht, das vorlegende Gericht die Frage 2 in Bezug auf Art. 45 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 492/2011 formuliert. Neben diesen beiden Bestimmungen bezieht sich Frage 1 auch auf die Art. 20 und 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).

40.      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sollen Art. 45 AEUV sowie sämtliche Bestimmungen des Vertrags über die Freizügigkeit den Unionsbürgern die Ausübung beruflicher Tätigkeiten aller Art im Gebiet der Union erleichtern und stehen Maßnahmen entgegen, die die Unionsbürger benachteiligen könnten, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als ihres Herkunftsmitgliedstaats eine Tätigkeit ausüben wollen. Folglich steht Art. 45 AEUV jeder nationalen Maßnahme entgegen, die geeignet ist, die Ausübung der durch diese Vorschrift garantierten Grundfreiheiten durch die Unionsangehörigen zu behindern oder weniger attraktiv zu machen(6).

41.      Ferner verbietet nach ständiger Rechtsprechung insbesondere Art. 45 Abs. 2 AEUV jede auf der Staatsangehörigkeit beruhende unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen. Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 492/2011 ist nur als besondere Ausprägung des in Art. 45 Abs. 2 AEUV enthaltenen Diskriminierungsverbots auf dem spezifischen Gebiet der Beschäftigungsbedingungen und der Arbeit anzusehen und daher ebenso auszulegen wie Art. 45 Abs. 2 AEUV(7).

42.      Die Berufserfahrungsregel – ebenso wie die Dienstzeitenregel, soweit sie in der vorliegenden Rechtssache begrenzt von Bedeutung ist – fallen eindeutig unter diese Bestimmungen, soweit sie sich auf die Vergütung von Senior Lecturers in Österreich auswirken, was als Teil der Beschäftigungsbedingungen anzusehen ist. Dass die Dienstzeitenregelungen in einem Kollektivvertrag geregelt wurden, ändert an diesem Ergebnis nichts, da das Verbot der auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung nicht nur für Akte der staatlichen Behörden gilt, sondern sich auch auf sonstige Maßnahmen erstreckt, die eine kollektive Regelung im Arbeits- und Dienstleistungsbereich enthalten(8).

43.      So wichtig sie allgemein auch sind, kann ich unter den Umständen der vorliegenden Rechtssache nicht erkennen, welche zusätzlichen Aspekte sich aus den Art. 20 und 21 der Charta ergeben sollten, die nicht bereits konkreter und genauer durch Art. 45 AEUV und Art. 7 der Verordnung Nr. 492/2011 abgedeckt sind.

44.      Eine Prüfung der vorliegenden Rechtssache konkret anhand der Art. 20 und 21 der Charta dürfte daher nicht erforderlich sein(9).

B.      Frage 1

45.      Mit Frage 1 möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 45 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 492/2011 nationalen Regelungen entgegenstehen, nach denen facheinschlägige Vordienstzeiten eines von der Universität Wien angestellten Senior Lecturers unabhängig davon, ob diese Zeiten der Beschäftigung bei der Universität Wien oder anderen in- oder ausländischen Universitäten oder vergleichbaren Einrichtungen zurückgelegt wurden, nur bis zu höchstens drei bzw. vier Jahren anrechenbar sind.

46.      Mit dieser Frage konzentriert sich das vorlegende Gericht auf die Berufserfahrungsregel, die die Anerkennung einschlägiger Vortätigkeiten bei der Entscheidung über die Gehaltsstufe begrenzt, in die ein Senior Lecturer zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses mit einer österreichischen Universität einzustufen ist. Frage 1 ist so formuliert, dass sie sowohl die Bestimmungen des Kollektivvertrags über die Stellung von Senior Lecturers ohne Doktorat als auch die Bestimmungen der internen Vorschriften der Universität Wien für Senior Lecturers/Postdoc umfasst. In der vorliegenden Rechtssache muss auf die erstgenannten Bestimmungen indes nicht eigens eingegangen werden, da sie auf den Fall der Klägerin nicht anwendbar sind.

47.      Ich werde daher nur prüfen, ob die (günstigere) Hochschulregelung, wonach höchstens vier Jahre tätigkeitsbezogener Vorerfahrungen bei der Einstellung und Einstufung eines Senior Lecturers/Postdoc anerkannt werden können, mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit vereinbar ist.

48.      Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass die Berufserfahrungsregel durch die Begrenzung der Anerkennung der Berufserfahrung auf vier Jahre im Widerspruch zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer stehen könnte. Ein Wanderarbeitnehmer könnte davon absehen, seinen Arbeitsplatz zu wechseln und eine Beschäftigung in Österreich aufzunehmen, weil seine facheinschlägigen Vordienstzeiten für seine Einstufung und damit seine Vergütung nicht in vollem Umfang anerkannt würden.

49.      Nach Ansicht der Klägerin benachteiligt die Obergrenze für die Anerkennung der bisherigen Berufserfahrung Arbeitnehmer aus einem anderen Mitgliedstaat und hält zugleich Arbeitnehmer österreichischer Hochschulen davon ab, von ihrer Freizügigkeit außerhalb Österreichs Gebrauch zu machen. In Extremfällen könnten bis zu 24 außerhalb der Universität Wien erworbene Dienstjahre verloren gehen.

50.      Nach Ansicht der Beklagten ist eine Anerkennung vorheriger Dienstzeiten unionsrechtlich nicht zwingend erforderlich. Eine Begrenzung auf vier Jahre bei der Berücksichtigung bisheriger Berufserfahrungen stelle keine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit dar, da sie Wanderarbeitnehmer und inländische Arbeitnehmer gleichermaßen betreffe. Da mehr als 50 % aller Senior Lecturers und etwa ein Drittel der von der Universität Wien eingesetzten Senior Lecturers/Postdoc Ausländer seien, beeinträchtige die Berufserfahrungsregel den Zugang von Wanderarbeitnehmern zum österreichischen Arbeitsmarkt nicht. Die Anerkennung der bisherigen Berufserfahrung könne, obwohl sie begrenzt erfolge, sogar als Anreiz für jedermann, sei er österreichischer Staatsangehöriger oder nicht, betrachtet werden, sich an der Universität Wien zu bewerben.

51.      Da jedenfalls Senior Lecturers in erster Linie Lehrtätigkeiten erbrächten, gehe die Begrenzung auf vier Jahre nicht über das hinaus, was zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich sei, nämlich sicherzustellen, dass Senior Lecturers ihre Aufgaben nach bestmöglichen Maßstäben wahrnehmen könnten. Dieser Zeitraum sei in der Wissenschaft in der Regel angemessen, um die hierfür erforderlichen Kenntnisse zu erwerben.

52.      Meines Erachtens stellt eine Regelung, die bei der Ersteinstufung eines neu eingestellten Senior Lecturers eine Obergrenze von vier Jahren für facheinschlägige Vorerfahrungen vorsieht, unabhängig davon, ob diese an der Universität Wien oder andernorts erworben wurden, keine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit dar (1). Sie stellt auch keine Beschränkung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer dar (2). Die Berufserfahrungsregel der Universität Wien ist jedenfalls eindeutig gerechtfertigt und geeignet, das mit dieser Regelung verfolgte Ziel zu erreichen (3).

1.      Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit

53.      Eine unmittelbare Diskriminierung bedeutet, dass die in Rede stehende nationale Regelung Ungleichbehandlungen aufgrund der Staatsangehörigkeit vorsieht, so dass Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten der Union in einer vergleichbaren Situation weniger günstig behandelt werden als andere Staatsangehörige(10). Im vorliegenden Fall stellt die Berufserfahrungsregel eindeutig keine unmittelbare Diskriminierung dar. Die Staatsangehörigkeit ist kein ausdrücklicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung.

54.      Nach ständiger Rechtsprechung verbietet der sowohl in Art. 45 AEUV als auch in Art. 7 der Verordnung Nr. 492/2011 niedergelegte Gleichbehandlungsgrundsatz jedoch nicht nur offensichtliche Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle verschleierten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungskriterien de facto zum gleichen Ergebnis führen(11). Eine Vorschrift des nationalen Rechts ist als mittelbar diskriminierend anzusehen, wenn sie sich ihrem Wesen nach mehr auf Wanderarbeitnehmer als auf inländische Arbeitnehmer auswirken kann und folglich die Gefahr besteht, dass sie Wanderarbeitnehmer besonders benachteiligt. Um eine Maßnahme als mittelbar diskriminierend qualifizieren zu können, muss sie nicht bewirken, dass alle Inländer begünstigt werden oder dass unter Ausschluss der Inländer nur die Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten benachteiligt werden(12). Dies folgt insbesondere aus Art. 45 Abs. 2 AEUV(13).

55.      In der vorliegenden Rechtssache ist unstreitig, dass die Begrenzung der Anerkennung der Berufserfahrung unterschiedslos für jede einschlägige Berufserfahrung gilt, die bei irgendeinem Arbeitgeber erworben wurde, unabhängig davon, ob dieser in einem anderen Mitgliedstaat oder in Österreich ansässig ist. Es wurde in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt, dass sie auch für Berufserfahrung gilt, die an der Universität Wien selbst in einer anderen Eigenschaft als derjenigen eines Senior Lecturers erworben wurde. Es dürften somit alle potenziellen Bewerber genau gleich behandelt werden, unabhängig davon, ob sie aus einem anderen Mitgliedstaat, von einer anderen österreichischen Universität oder auch nur aus anderen Abteilungen oder Positionen innerhalb der Universität Wien kommen.

56.      Ich kann zugestandenermaßen schwer erkennen, wie in einer solchen völlig neutralen Regelung (auch nur) eine mittelbare Diskriminierung (aus Gründen der Staatsangehörigkeit) zu sehen sein könnte. Die relevanten Bezugsgruppen sind diejenigen mit einer bisherigen Berufserfahrung von i) unter vier Jahren und ii) von über vier Jahren. In der Tat könnten Personen der zweiten Gruppe geltend machen, dass die Anwendung der Berufserfahrungsregel sie benachteilige, da ihre bisherige Berufserfahrung bei der Festlegung ihres Vergütungsniveaus bei der Einstellung zum Teil nicht anerkannt werde.

57.      Diese Annahme ist jedoch von einer Ungleichbehandlung oder von Auswirkungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit deutlich entfernt. Es ist weder festgestellt noch kann vernünftigerweise die Ansicht vertreten werden, dass Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten von vornherein mit höherer Wahrscheinlichkeit mehr als vier Jahre facheinschlägige Berufserfahrung haben, wenn sie sich auf eine wissenschaftliche Stelle an der Universität Wien bewerben.

58.      Anders ausgedrückt folgt daraus, dass es an einer diskriminierenden Grundlage fehlt (kein versteckter Grund für eine Ungleichbehandlung), auch, dass es offensichtlich keine entsprechenden Folgen gibt (keine offensichtlichen unterschiedlichen Wirkungen).

59.      In der Rechtsprechung des Gerichtshofs werden solche Wirkungen traditionell am Maßstab einer wahrscheinlichen Annahme beurteilt: Sind Arbeitnehmer aus anderen Mitgliedstaaten wahrscheinlich stärker betroffen? Ist die geschützte Gruppe zwangsläufig stärker betroffen? Der einschlägige Maßstab ist der einer vernünftigen Wahrscheinlichkeit, nicht der der Vorlage hierfür sprechender exakter Daten oder Statistiken(14).

60.      In der vorliegenden Rechtssache sprechen weder eine schlüssige Annahme noch Daten dafür, dass eine mittelbare Diskriminierung vorliegt. Es ist nicht plausibel vorgetragen worden, inwieweit, theoretisch, Arbeitnehmer aus anderen Mitgliedstaaten bei der Einstellung als Senior Lecturers mit höherer Wahrscheinlichkeit mehr als vier Jahre Berufserfahrung erworben haben sollten als österreichische Arbeitnehmer. Die Regelung ist wiederum in Bezug auf alle potenziellen Gruppen von Arbeitnehmern völlig neutral.

61.      Was Daten angeht, liegen nur von der Beklagten vorgelegte Statistiken(15) vor, wonach über 50 % der Senior Lecturers und ein Drittel der Senior Lecturers/Postdoc an der Universität Wien nicht die österreichische Staatsangehörigkeit besitzen. Diese Statistiken sprechen also nicht dafür, dass im Vergleich zu eigenen Staatsangehörigen ein erheblich höherer Anteil ausländischer Staatsangehöriger von dieser Regelung betroffen ist, sondern vielmehr für das Gegenteil. Soweit sie zutreffend sind, wäre diesen Zahlen zu entnehmen, dass sehr viele ausländische Arbeitnehmer „trotz“ der von der Universität Wien vorgesehenen Begrenzung der Anerkennung der Berufserfahrung Zugang zum österreichischen Markt gefunden haben.

62.      Die zum Zeitpunkt der Einstellung geltende Berufserfahrungsregel dürfte somit im Hinblick auf den Zugang zum österreichischen wissenschaftlichen Arbeitsmarkt weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit darstellen. Kann diese Regelung gleichwohl als eine Beschränkung oder Beeinträchtigung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer anzusehen sein, obwohl sie völlig staatsangehörigkeitsneutral ist?

2.      Beeinträchtigung der Freizügigkeit?

a)      Beschränkung der Freizügigkeit und Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit

63.      Der Rechtsprechung ist zu entnehmen, dass Art. 45 AEUV über die Kategorien der unmittelbaren und mittelbaren Diskriminierung hinaus eine dritte Kategorie umfasst, nämlich nicht diskriminierende Beschränkungen(16). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs verbietet diese Bestimmung nicht nur jede auf der Staatsangehörigkeit beruhende Diskriminierung, sei sie unmittelbar oder mittelbar, sondern auch nationale Regelungen, die zwar unabhängig von der Staatsangehörigkeit der betroffenen Arbeitnehmer Anwendung finden, aber geeignet sind, ihr Recht auf Freizügigkeit zu behindern oder weniger attraktiv zu machen, und zwar unter Einschluss der Staatsangehörigen des Mitgliedstaats, der die Maßnahme erlassen hat(17). Auch unterschiedslos anwendbare Bestimmungen, die einen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats daran hindern oder davon abhalten, sein Herkunftsland zu verlassen, um von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen, stellen eine Beeinträchtigung dieser Freiheit dar(18).

64.      In Bezug auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer hat der Gerichtshof klargestellt, dass der Grundgedanke der Beeinträchtigung/Beschränkung/des Abhaltens/des Weniger-attraktiv-Machens seine Grundlagen in den Verträgen in Art. 45 Abs. 1 AEUV hat. Im Gegensatz zu Art. 45 Abs. 2 AEUV, in dem der Begriff der Diskriminierung verwendet wird, bestimmt Art. 45 Abs. 1 nämlich allgemeiner, dass „[i]nnerhalb der Union … die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet“ ist.

65.      Es ist daher über eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit hinaus zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelungen eine Beeinträchtigung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer darstellen, die nach Art. 45 Abs. 1 AEUV verboten ist(19).

66.      Die sich sofort stellende Frage betrifft jedoch das Verhältnis zwischen den Kategorien der Beeinträchtigung der Freizügigkeit und der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit. Sind diese beiden Kategorien tatsächlich völlig unabhängig voneinander, so dass sie jeweils gesondert geprüft werden können und müssen? Ist der Beeinträchtigungsansatz vom Grundgedanken einer Diskriminierung und ihrer Prüfung abgelöst? Oder ist in dem Beeinträchtigungsansatz eher eine „Zubehör“-Kategorie zu sehen, die das Verbot der mittelbaren Diskriminierung verstärkt und steigert, aber nicht wirklich ein von ihr unabhängiges Dasein führt?

67.      Dies ist, wie die vorliegende Rechtssache zeigt, nicht nur eine akademische Diskussion. Wenn in der Berufserfahrungsregel, wie im vorstehenden Unterabschnitt der vorliegenden Schlussanträge vorgetragen, nicht einmal eine mittelbare Diskriminierung zu sehen ist, kann sie dann gleichwohl noch eine Beeinträchtigung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer darstellen? Kann eine Beeinträchtigung vorliegen, wenn es nicht einmal den geringsten Hinweis auf eine Ungleichbehandlung (aus Gründen der Staatsangehörigkeit) gibt?

68.      Der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist zu entnehmen, dass der Gerichtshof in Bezug auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer vor allem dann dazu neigt, sich in seiner Begründung der Beschränkungsterminologie zu bedienen, wenn nationale Regelungen Beschränkungen beim Weggang darstellen, in geringerem Maße indes auch, soweit es um subnationale Regelungen geht, die Beschränkungen beim Zugang darstellen.

69.      Typische Fälle der ersten Kategorie sind herkunftsstaatliche Maßnahmen, die Staatsangehörige dieses Staates davon abhalten, von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen, indem sie ihren Herkunftsstaat verlassen, und damit den Zugang zum Arbeitsmarkt eines anderen Mitgliedstaats unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Aufschlussreich ist insoweit das Urteil Bosman. In der Rechtssache ging es um nationale Regelungen über Transfers von Fußballspielern (die für Spielertransfers zwischen Vereinen galten, die innerhalb desselben Mitgliedstaats unterschiedlichen nationalen Verbänden angehörten), wonach der neue Verein dem alten Verein auch nach Ablauf des Spielervertrags mit dem alten Verein eine Entschädigung zu zahlen hatte. Obwohl diese Regelungen in keiner Weise aus Gründen der Staatsangehörigkeit diskriminierend waren, entschied der Gerichtshof, dass sie geeignet waren, die Freizügigkeit der Spieler, die ihre Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausüben wollten, dadurch einzuschränken, dass sie die Spieler daran hinderten oder davon abhielten, die Vereine, denen sie angehörten, zu verlassen(20).

70.      Eine weitere (anscheinend) nicht diskriminierende Beschränkung beim Weggang könnte eine herkunftsstaatliche Maßnahme sein, die es einem Staatsangehörigen dieses Staates, der von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, erschwert, dorthin zurückzukehren. Beispielsweise ging es in der Rechtssache Köbler darum, dass der österreichische Staat als Arbeitgeber eine besondere Dienstalterszulage für Universitätsprofessoren gewährte, die diese Tätigkeit seit mindestens 15 Jahren an einer österreichischen Universität ausübten, die bei einer Tätigkeit an der Universität eines anderen Mitgliedstaats jedoch nicht gewährt wurde. Insoweit stellte der Gerichtshof fest, dass die unbedingte Weigerung, in anderen Mitgliedstaaten als der Republik Österreich abgeleistete Dienstzeiten eines Universitätsprofessors anzuerkennen, die Freizügigkeit der in Österreich ansässigen Arbeitnehmer behinderte, da sie diese davon abhalten konnte, das Land zu verlassen, um von ihren Freizügigkeitsrechten Gebrauch zu machen(21).

71.      Im Rahmen der zweiten Kategorie hat der Gerichtshof ferner Beeinträchtigungen der Freizügigkeit in der spezifischen Form subnationaler Maßnahmen ähnlich behandelt, die entweder von regionalen oder anderen lokalen Körperschaften eines Mitgliedstaats erlassen werden oder besondere Regelungen für lokale Körperschaften vorsehen. So prüfte der Gerichtshof beispielsweise im sogenannten Urteil „SALK“(22) – das von den Beteiligten mehrfach zitiert worden ist – österreichische Regelungen, nach denen die öffentlichen Krankenhäuser im Land Salzburg bei der Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts für die Beförderung alle ununterbrochenen Dienstzeiten für dieses Land als Arbeitgeber, die bei anderen Arbeitgebern abgelegten Zeiten jedoch nur teilweise einzurechnen hatten, wobei dies unabhängig davon galt, ob diese in Österreich oder in einem anderen Mitgliedstaat abgelegt wurden. Der Gerichtshof beurteilte diese Regelungen sowohl unter dem Aspekt (diskriminierender) Beschränkungen beim Zugang als auch (nicht diskriminierender) Beschränkungen beim Weggang(23). Er kam insoweit jeweils zu dem Schluss, dass diese Regelungen „sich … stärker auf Wanderarbeitnehmer als auf inländische Arbeitnehmer auswirken [können], indem sie Wanderarbeitnehmer besonders benachteilig[en]“ bzw. „den Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats … daran hindern oder davon abhalten, seinen Herkunftsstaat zu verlassen, um von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen, … auch wenn sie unabhängig von der Staatsangehörigkeit der betreffenden Arbeitnehmer angewandt werden“(24).

72.      Subnationale Maßnahmen lassen sich zugestandenermaßen mit der herkömmlichen Auffassung von der Freizügigkeit nicht ganz leicht erfassen. Der Schluss, dass sie eine mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit darstellen, lässt sich schwerer ziehen(25). Durch ihren engeren räumlichen Geltungsbereich benachteiligen sie auch Staatsangehörige des Herkunftsmitgliedstaats, die aus anderen Regionen kommen. Gleichwohl kann bei subnationalen Maßnahmen, auch wenn sie eine eher schwache Verbindung zu einer mittelbaren Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit aufweisen, nach der herkömmlichen Auffassung der wahrscheinlichen Auswirkungen(26) von einer solchen Diskriminierung ausgegangen werden: Von subnationalen Maßnahmen sind ausländische Staatsangehörige deshalb mit höherer Wahrscheinlichkeit betroffen, weil die Mehrheit der Bewohner eines lokalen Gebiets wahrscheinlich Staatsangehörige des betreffenden Mitgliedstaats sein werden.

73.      Bei subnationalen Maßnahmen mag somit eine mittelbare Diskriminierung vielleicht weniger offensichtlich sein, gleichwohl aber wahrscheinlich im Hintergrund drohen. Die Verwendung der Beschränkungsterminologie bedeutet also in diesen Fällen nicht, dass es überhaupt keine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit gäbe. Es gibt immer noch eine bestimmte Form einer mittelbar mit der Staatsangehörigkeit verbundenen Unterscheidung, die es erschwert oder unmöglich macht, einen Arbeitsplatz zu erhalten(27). Insoweit hat der Gerichtshof bereits festgestellt, dass Beeinträchtigungen der Freizügigkeit verboten sind, auch wenn sie geringfügig oder wenig bedeutend sein mögen(28). Anders ausgedrückt, können subnationale Bestimmungen, die in erster Linie die interne Bewegungsfreiheit innerhalb eines Mitgliedstaats beschränken, gleichwohl unter die Bestimmungen über die Freizügigkeit fallen, wenn sie auch die externe Bewegungsfreiheit (zwischen Mitgliedstaaten) weniger attraktiv machen(29).

74.      Zusammenfassend wird in Fällen, in denen nur eine Beschränkung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer in Betracht kommt, auch wenn dies vielleicht nicht stets ausdrücklich geprüft wird, doch in gewisser Weise die Vergleichbarkeit und Unterscheidung gewürdigt(30). Die Rechtsprechung des Gerichtshofs spricht somit nicht dafür, dass eine Beeinträchtigung der Freizügigkeit in ihrem Grundgedanken von Diskriminierungserwägungen völlig abzulösen wäre. Es gibt in allen im vorliegenden Abschnitt erörterten Fällen immer noch eine bestimmte Form einer Ungleichbehandlung. Was aber ist dann unter der Überschrift Beeinträchtigungen genau zu prüfen?

b)      Diskriminierung zwischen „mobilen“ und „nicht mobilen“ Arbeitnehmern

75.      Nach meinem Verständnis baut der Grundgedanke des Art. 45 Abs. 1 AEUV und die Rechtsprechung zu Beeinträchtigungen der Freizügigkeit der Arbeitnehmer gleichwohl auf einer Unterscheidung und somit auf dem Begriff der Diskriminierung auf. Der Grund für diese Diskriminierung ist jedoch nicht (nur) die Staatsangehörigkeit und nicht (nur) das Moment des Weggangs von einem Arbeitsmarkt oder des Zugangs zum Markt eines anderen Mitgliedstaats für sich betrachtet. Im Mittelpunkt steht eine Diskriminierung zwischen im Binnenmarkt „mobilen“ bzw. „nicht mobilen“ Arbeitnehmern.

76.      Der verbotene Unterscheidungsgrund ist daher derjenige zwischen mobilen und nicht mobilen Arbeitnehmern. Selbst ohne eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit im Sinne der Definition „nicht diskriminierender Beschränkungen“ sind die Grundgedanken der Diskriminierung nach wie vor präsent, werden jedoch auf eine andere Ebene angepasst. Generalanwalt Fennelly hat dieses Konzept treffend umschrieben, indem er eine Diskriminierung auf dieser Ebene als „Diskriminierung aus Gründen der Zu- und Abwanderung“ bezeichnet hat, bei der die Ungleichbehandlungen gerade infolge der Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit eintreten(31).

77.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs sollen sämtliche Bestimmungen des Vertrags über die Freizügigkeit den Unionsangehörigen die Ausübung beruflicher Tätigkeiten aller Art im Gebiet der Europäischen Union erleichtern(32). Von diesem Grundgedanken ausgehend dürfte eine Beschränkung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer gleichwohl voraussetzen, dass eine Gruppe von Personen gegenüber einer anderen Gruppe benachteiligt wird. Der Grund für diese Unterscheidung muss jedoch nicht notwendigerweise die Staatsangehörigkeit sein. Dies scheint der rote Faden zu sein, der durch die Systematik verläuft, die durch die im vorstehenden Abschnitt der vorliegenden Schlussanträge erörterte Rechtsprechung entwickelt wurde.

78.      Außerdem hat die Freizügigkeit naturgemäß zwei Seiten: den Weggang aus dem Herkunftsmitgliedstaat und den Zugang zum Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaats. Wird ein Arbeitnehmer auf einer dieser beiden Seiten gegenüber den relevanten Gruppen von nicht mobilen Arbeitnehmern innerhalb dieses Staates benachteiligt, findet eine Beeinträchtigung statt.

79.      Somit kann ein Arbeitnehmer durch nationale Regelungen, die als „Personen zurückhaltende Regelungen“ (beim Weggang) oder als „Personen zurückweisende Regelungen“ (beim Zugang) bezeichnet werden könnten, nicht daran gehindert oder davon abgehalten werden, in einen anderen Mitgliedstaat zu ziehen. Für die Beurteilung, ob Regelungen einer dieser Arten vorliegen, muss jedoch immer noch eine Ungleichbehandlung zwischen den betreffenden relevanten Personengruppen festgestellt werden, nämlich bei den Weggangsregelungen zwischen denjenigen, die grenzüberschreitend mobil sind, gegenüber denjenigen, die bleiben, und bei den Zugangsregelungen zwischen denjenigen, die sich mobil verhalten haben, gegenüber denjenigen, die bereits dort sind.

80.      So betrachtet umfasst der Begriff einer Beeinträchtigung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer sicherlich nicht eine nationale Regelung, die die Ausübung der Freizügigkeit (subjektiv) für einen bestimmten Arbeitnehmer wahrscheinlich weniger attraktiv macht. Würde sie von einer tatsächlichen Ungleichbehandlung zwischen objektiven Gruppen von Arbeitnehmern losgelöst, könnte die Freizügigkeit nämlich zu einem Instrument werden, mit dem eine nationale oder subnationale Regelung auf irgendeinem Gebiet (oder auch nur ein ungünstiger einzelner Vertrag) angefochten werden könnte, was sich in der Konstellation eines Einzelfalls gegebenenfalls auch zum Nachteil eines bestimmten Arbeitnehmers auswirken kann. Wenn also eine Person in einen anderen Mitgliedstaat zöge, um dort eine neue Beschäftigung aufzunehmen, wäre der Arbeitgeber in diesem Aufnahmestaat unionsrechtlich stets verpflichtet, zumindest genau die gleiche Behandlung zu gewähren, wie sie der Wanderarbeitnehmer im vorherigen Mitgliedstaat genossen hat, und dies wohl unabhängig davon, was das nationale Recht des Aufnahmemitgliedstaats insoweit vorsieht.

81.      Dies kann kein vernünftiger Ansatz zum Begriff der Beeinträchtigung sein(33). Um in diesem Fall eine Parallele zum freien Warenverkehr zu ziehen, befände sich die Rechtsprechung zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer in einer Dassonville(34)-Ära und bedürfte dringend ihres eigenen „Keck“-Moments(35).

82.      In diesem Kontext ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof den potenziell allumfassenden Umfang von Art. 45 Abs. 1 AEUV im Rahmen des Beeinträchtigungsansatzes bereits in zweierlei Hinsicht eingeschränkt hat.

83.      Erstens hat der Gerichtshof, zum Teil auf den letzteren Vorbehalt reagierend, klargestellt, dass nationale Vorschriften, die eine Erwerbstätigkeit lediglich regeln, ohne Bedingungen für den Zugang zu einer Beschäftigung vorzusehen, normalerweise nicht als Beschränkungen im Sinne von Art. 45 AEUV angesehen werden können(36). Insbesondere verschafft Art. 45 AEUV dem Arbeitnehmer nicht das Recht, sich im Aufnahmemitgliedstaat auf die Arbeitsbedingungen zu berufen, die ihm im Herkunftsmitgliedstaat nach den dortigen nationalen Rechtsvorschriften zustanden(37). Mit anderen Worten bedeutet Freizügigkeit angesichts der Unterschiede zwischen den nationalen Rechtsvorschriften auf bestimmten Gebieten nicht zwangsläufig soziale Neutralität. Daher können Regelungen, die notwendigerweise auf objektive und nicht diskriminierende gesetzgeberische Wahlentscheidungen auf in der Europäischen Union nicht harmonisierten Gebieten zurückgehen, nicht als Beschränkungen betrachtet werden („keine Garantie der sozialen Neutralität“)(38).

84.      Zweitens kann nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Einstufung als „Beeinträchtigung“ im Sinne von Art. 45 AEUV nicht vom Eintreten „zu ungewiss[er] und mittelbarer“ Ereignisse abhängen. Mit anderen Worten darf die Möglichkeit, dass nationale Rechtsvorschriften als geeignet angesehen werden, die Freizügigkeit zu behindern, nicht zu fernliegend oder gar hypothetisch sein („Näheerfordernis“)(39).

85.      Eine Beeinträchtigung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer setzt somit voraus, dass die in Frage stehende Regelung i) eine Diskriminierung zwischen (den Gruppen der) mobilen und nicht mobilen Arbeitnehmer beim Weggang oder Zugang darstellt und ii) somit den Zugang zur Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat in erheblicher Weise beeinträchtigt, so dass die Regelung und ihre Anwendung nicht zu fernliegend sind, um bei der Entscheidung über die Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit berücksichtigt zu werden.

c)      Vorliegender Fall

86.      An diesem Prüfungsrahmen gemessen, hat die Klägerin nicht dargetan, dass in der Unterscheidung zwischen mobilen und nicht mobilen Arbeitnehmern beim Weggang oder Zugang eine Beeinträchtigung der Freizügigkeit zu sehen ist.

87.      Die Klägerin trägt vor, dass die Berufserfahrungsregel eine Beeinträchtigung der Freizügigkeit derjenigen Personen (eigener Staatsangehöriger oder Nichtstaatsangehöriger) darstelle, die über viele Jahre als Senior Lecturers (bzw. in einer entsprechenden gleichwertigen Position) außerhalb Österreichs gearbeitet hätten. Die Begrenzung der Anerkennung der bisherigen Berufserfahrung durch die Universität Wien sei eine Zugangsbeschränkung für Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten. Sie sei auch eine Weggangsbeschränkung und eine Beschränkung beim (erneuten) Zugang für österreichische Staatsangehörige.

88.      Um zunächst zur letzteren Fallgestaltung (eine Beschränkung beim Weggang und [erneuten] Zugang für österreichische Staatsangehörige) zu kommen, mag der erneute Hinweis darauf genügen, dass diese Fallgestaltung nicht nur nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens(40), sondern auch in dem soeben skizzierten Sinne einer Beeinträchtigung der Freizügigkeit einfach zu ungewiss und mittelbar und somit zu fernliegend ist. Das Vorliegen einer „Beeinträchtigung“ im Sinne von Art. 45 Abs. 1 AEUV würde nämlich vom Eintreten eines hypothetischen Ereignisses abhängen, nämlich dass ein österreichischer Arbeitnehmer sich dafür entscheidet, Österreich nicht zu verlassen, um eine wissenschaftliche Laufbahn in einem anderen Mitgliedstaat zu verfolgen, weil er damit rechnen würde, dass, falls er später nach Österreich zurückkehren sollte, die von ihm erworbene Berufserfahrung nicht in vollem Umfang berücksichtigt werden würde.

89.      Dagegen kann für die erstere Fallgestaltung (Zugangsbeschränkung) vernünftigerweise angenommen werden, dass die Begrenzung der Anerkennung der bisherigen Berufserfahrung nicht zu mittelbar und ungewiss ist, um von einem Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats, wie der Klägerin, berücksichtigt zu werden, die mehrere Jahre als Senior Lecturer (bzw. in einer gleichwertigen Position) in einem anderen Mitgliedstaat gearbeitet hat und nach Österreich ziehen möchte. Es kann nämlich vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass Kriterien und Erwägungen, die die Berechnung der ursprünglichen – und naturgemäß auch der späteren – Vergütung betreffen, wichtige Faktoren für eine solche Entscheidung sind.

90.      Selbst dann jedoch ist eine solche nationale Regelung meines Erachtens aus einem recht einfachen Grund nicht als Beeinträchtigung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer anzusehen: Sie diskriminiert beim Weggang oder Zugang nicht zwischen mobilen und nicht mobilen Arbeitnehmern.

91.      Was das Argument angeht, dass mobile Arbeitnehmer möglicherweise von vornherein davon abgehalten werden könnten, ihren Herkunftsmitgliedstaat zu verlassen, um an der Universität Wien zu arbeiten, was somit eine Beschränkung beim Weggang aus Deutschland darstelle, ist dies wiederum nicht nur nicht Gegenstand der vorliegenden Rechtssache, da förmlich keine deutsche Regelung Gegenstand der Prüfung ist, sondern enthält auch eine erhebliche, in der vorliegenden Rechtssache nicht ausgefüllte Darlegungslücke, nämlich dass, wenn die Klägerin sich an einer anderen Hochschule in Deutschland oder einem anderen Mitgliedstaat als Österreich bewerben würde, ihre bisherigen facheinschlägigen Dienstzeiten in vollem Umfang anerkannt würden. Dieser Umstand wurde allerdings nicht festgestellt.

92.      Was sodann das Argument der möglichen Beschränkung beim Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt angeht, sei nur daran erinnert, dass offenbar nicht zwischen (österreichischen) Staatsangehörigen und Nichtstaatsangehörigen oder zwischen mobilen und nicht mobilen Arbeitnehmern diskriminiert wird. Jede Einstellung und die Anerkennung bisheriger einschlägiger Berufserfahrung unterliegen genau den gleichen Bedingungen. Es ist also nicht nur nicht dargetan worden, dass eine solche Regelung sich in irgendeiner Weise auf Nichtstaatsangehörige stärker auswirken würde(41), sondern es ist auch nicht klar, warum sie mobile Arbeitnehmer aus anderen Mitgliedstaaten stärker berühren würde. Ähnlich wie oben bereits erwähnt, erscheint die Annahme nicht schlüssig, dass mobile Arbeitnehmer mit höherer Wahrscheinlichkeit über mehr als vier Jahre Berufserfahrung verfügen; auch dies bestätigende Daten liegen nicht vor; es handelt sich allein um ein aus dem Einzelfall der Klägerin geschlossenes Argument. Es ist aber etwas ganz anderes, auf einen Einzelfall hinzuweisen oder eine strukturelle Unterscheidung aufzuzeigen, die die Gruppe der mobilen Arbeitnehmer besonders benachteiligen würde.

93.      Meines Erachtens sollte die Prüfung des Gerichtshofs an dieser Stelle mit dem Ergebnis abgeschlossen werden, dass eine Beeinträchtigung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer nicht vorliegt. Meines Erachtens ist es jedoch hilfreich, in einigen wenigen abschließenden Bemerkungen auf die Argumente der Klägerin und der Kommission einzugehen, mit denen im Wesentlichen vorgetragen wird, dass die nicht vollständige Anerkennung der facheinschlägigen Vorerfahrung das wissenschaftliche Personal in der Europäischen Union wahrscheinlich von der beruflichen Mobilität abhalte, um in diesem besonderen sektoralen Kontext einige der Folgen und Gefahren eines zu weiten Ansatzes zum Begriff einer Beeinträchtigung zu verdeutlichen(42).

94.      Es gibt tatsächlich keinen integrierten Arbeitsmarkt für wissenschaftliches Personal in der Europäischen Union. Die Rahmenbedingungen für das wissenschaftliche Personal, einschließlich ihrer Beschäftigungsbedingungen (sei es im Hinblick auf die Einstellung, die Beförderung oder die Vergütung), sind einfach von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat oder sogar von Hochschule zu Hochschule innerhalb desselben Staates unterschiedlich.

95.      Daher kann die Mobilität in einem derart fragmentierten Markt durch Zulassen und Stärkung des Wettbewerbs gefördert werden; besondere Beachtung kommt dabei der Öffnung der nationalen Märkte und der Beseitigung mittelbarer Zugangsbeschränkungen in Form von nationalen oder sogar nationalistischen Besonderheiten zu, die gegenwärtig mit objektiven Qualifikationen für die Tätigkeit wenig zu tun haben mögen. Bisweilen können ursprünglich gerechtfertigte Traditionen nach und nach zu unnötigen Relikten und dann zu (un‑)mittelbaren Zugangsbeschränkungen werden.

96.      Dagegen muss ich mich der österreichischen Regierung darin anschließen, dass wenn in Fällen wie demjenigen der vorliegenden Rechtssache darauf beharrt würde, dass die Freizügigkeit der Arbeitnehmer letztlich die Neutralität(43) eines jeden Arbeitgeberwechsels gewährleisten muss, eher das Gegenteil von dem bewirkt werden könnte, was die Kommission offenbar beabsichtigt: Wenn überhaupt, würde dies die Freizügigkeit des wissenschaftlichen Personals behindern.

97.      Erstens könnte, was die konkrete Regelung angeht, eine derart weitreichende Auslegung die Sozialpartner und/oder die österreichischen Hochschulen nämlich dazu veranlassen, die Berufserfahrung überhaupt nicht zu berücksichtigen, was keinem Arbeitnehmer nutzen würde.

98.      Zweitens könnten, allgemeiner betrachtet, wenn der Arbeitgeber im Aufnahmemitgliedstaat einen Senior Lecturer aus einem anderen Mitgliedstaat nur einstellen könnte, wenn er genau dieselbe Behandlung und Anerkennung der in dessen Herkunftsmitgliedstaat erworbenen Berufserfahrung gewährt, solche Personen letztlich „nicht beschäftigungsfähig“ werden, weil sie (für die Art der Arbeit, für die sie sich bewerben) zu teuer würden. Dies würde wahrscheinlich nicht nur die grenzüberschreitende Mobilität behindern, sondern letztlich irgendwann auch zu einer sozialen (altersbezogenen) Beschränkung führen, weil die älteren Senior Lecturers (wegen ihres „Preises“ am Markt) kaum noch mobil sein könnten.

99.      Drittens wäre aus struktureller Sicht eine weitere problematische Folge eines derart umfassenden Begriffs einer Beeinträchtigung, dass Hochschulen in denjenigen Ländern bestraft würden, die sich um Offenheit bei der Einstellung von wissenschaftlichem Personal aus anderen Mitgliedstaaten bemühen. Es ist vielleicht kein Geheimnis, dass es in Bezug auf die Offenheit der wissenschaftlichen Arbeitsmärkte in der Tat ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten gibt: Es gibt nicht nur offene wissenschaftliche Arbeitsmärkte in Europa, sondern auch solche, die anscheinend offen sind, und solche, die sich nicht einmal den Anschein der Offenheit geben (oder, wenn sie dies tun, damit nicht überzeugen). Wenn die beschäftigungsoffenen Hochschulen oder Systeme kraft öffentlicher Anordnung dazu gezwungen würden, ihre (ansonsten vernünftige und neutrale) Einstellungspolitik zu ändern, um den spezifischen und vielfältigen Bedürfnissen potenzieller Arbeitnehmer aus anderen Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen, könnte dies die vielleicht nicht vorgesehene, aber ganz natürliche Reaktion nach sich ziehen, dass Personen aus anderen Mitgliedstaaten wahrscheinlich nicht mehr eingestellt würden.

100. Im Ergebnis liegen dieser Unterscheidung in ihrer Gesamtheit vielleicht einander in gewisser Weise widersprechende Vorstellungen zugrunde. Zum einen gibt es im Wesentlichen die Vorstellung der Kommission, die den europäischen wissenschaftlichen Arbeitsmarkt als einen großen „europäischen öffentlichen Dienst“ betrachten möchte, in dem Beamte das Recht auf Freizügigkeit haben sollen. Der dieser Mobilität zugrunde liegende Gedanke wäre dann einer der Versetzung oder Entsendung innerhalb eines einheitlichen öffentlichen Dienstes. Zum anderen gibt es die Vorstellung vom europäischen wissenschaftlichen Arbeitsmarkt als einem auf Wettbewerb gründenden Markt, in dem informierte Akteure selbst entscheiden, wohin sie gehen und warum sie dies tun, wenn sie zwischen verschiedenen und notwendigerweise unterschiedlichen nationalen Märkten wechseln.

101. Ohne auf weitere Problemstellungen im Zusammenhang mit diesen einander widersprechenden Vorstellungen eingehen zu wollen – wie z. B. das auffällige Maß an Bevormundung und Eingriff in die (verbliebene) Vertragsfreiheit beim Aushandeln eines Vertrags oder die Frage, inwieweit dies dann auf nicht öffentliche Hochschulen oder andere private Arbeitgeber übertragbar wäre – wird sehr deutlich, welche Probleme sich im Zusammenhang mit dem Wunsch stellen, die erstgenannte politische Entscheidung durch ein sehr breit angelegtes Verständnis einer Beeinträchtigung der Freizügigkeit auf die vielfältige Realität offener, halboffener und geschlossener, jedenfalls aber fragmentierter Märkte zu übertragen. In klaren Worten: Um erfolgreich zu sein, muss jeder Versuch eines „social engineering“, der die Realität ändern will, von dieser Realität ausgehen und sie anerkennen.

102. Aus all diesen Gründen ist Frage 1 meines Erachtens wie folgt zu beantworten: Art. 45 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 492/2011 stehen einer Regelung nicht entgegen, nach der facheinschlägige Vordienstzeiten eines Senior Lecturers bei seiner Einstellung an der Universität Wien unabhängig davon, ob es sich um Zeiten der Beschäftigung bei der Universität Wien oder einer anderen Hochschuleinrichtung mit Sitz in Österreich oder einem anderen Mitgliedstaat handelt, nur bis zu einer Gesamtdauer von vier Jahren anrechenbar sind.

3.      Mögliche Rechtfertigung und Verhältnismäßigkeit

103. Ausgehend von der soeben vorgeschlagenen Antwort auf die erste Frage des vorlegenden Gerichts sollte sich die Frage einer möglichen Rechtfertigung und Verhältnismäßigkeit nicht stellen. Es lässt sich jedoch nicht verhehlen, dass der genaue Umfang des Begriffs einer Beeinträchtigung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer kein Muster an analytischer Klarheit ist. Um den Gerichtshof vollumfänglich zu unterstützen, soll daher mit einigen wenigen abschließenden Argumenten auch auf eine mögliche Rechtfertigung und die Verhältnismäßigkeit eingegangen werden(44).

104. Nach gefestigter Rechtsprechung können nationale Maßnahmen, die geeignet sind, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten zu behindern oder weniger attraktiv zu machen, nur dann zugelassen werden, wenn mit ihnen ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgt wird, wenn sie geeignet sind, dessen Erreichung zu gewährleisten, und wenn sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist(45).

105. Nach Ansicht der Klägerin und der Kommission ist eine auf vier Jahre begrenzte Anerkennung der bisherigen Berufserfahrung unverhältnismäßig, da sie in bestimmten Extremfällen zum Verlust vieler Jahre als Senior Lecturer oder in einer gleichwertigen Position außerhalb der Universität Wien erworbener Berufserfahrung führen würde. Insbesondere ist die Kommission der Ansicht, dass die einschlägige Berufserfahrung von Fall zu Fall bewertet werden müsse.

106. Nach Ansicht der Beklagten und der österreichischen Regierung ist eine Anerkennung der bisherigen Berufserfahrung unionsrechtlich nicht erforderlich. Die Beklagte habe sich in Anbetracht dessen für eine Anerkennung von bis zu vier Jahren Berufserfahrung entschieden, dass diese für Senior Lecturers einen Mehrwert bei der Erfüllung ihrer Aufgaben darstelle. Die Begrenzung auf vier Jahre sei in erster Linie dadurch gerechtfertigt, dass diese Dauer sinnvoll und geeignet sei, die Qualität der Lehre zu gewährleisten. Längere Berufserfahrung werde die Qualität der Lehre in der Regel nicht weiter verbessern. Wenn Senior Lecturers in ihrer Laufbahn an der Universität weiter aufsteigen wollten, müssten sie sich auf eine andere Stelle bewerben, die einer höheren Gehaltsgruppe entspreche.

107. In der Beurteilung der Rechtfertigung und Verhältnismäßigkeit der zum Zeitpunkt der Einstellung geltenden Berufserfahrungsregel muss ich mit der Beklagten und der österreichischen Regierung anschließen.

108. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs stellt die Honorierung der von einem Arbeitnehmer im betreffenden Bereich erworbenen Erfahrung, die es ihm ermöglicht, seine Arbeit besser zu verrichten, ein legitimes Ziel der Entgeltpolitik dar(46). Es ist daher eindeutig rechtmäßig, wenn die Beklagte bei der Einstellung von Senior Lecturers/Postdoc ihre Berufserfahrung bei der Vergütung durch eine besondere Entgeltregelung bewertet. Dieses spezifische Ziel dürfte auch im Einklang mit demjenigen der Gewährleistung der Qualität der Hochschulbildung stehen, die der Gerichtshof bereits als legitimes Ziel angesehen hat(47).

109. Ist es jedoch verhältnismäßig, die Berücksichtigung der Berufserfahrung auf vier Jahre zu begrenzen? Meines Erachtens ist dies zu bejahen.

110. Das Argument der Beklagten ist, dass die Wahl von vier Jahren im Hinblick auf das spezifische Ziel, eine hohe Qualität der Bildung zu bieten, verhältnismäßig sei, da davon auszugehen sei, dass die notwendigen Fähigkeiten eines (guten) Senior Lecturers hauptsächlich in den ersten Jahren der Lehrtätigkeit erworben würden. Sicherlich mag immer Streit darüber geführt werden können, ob eine Person diese Fähigkeiten bereits nach einem Jahr und eine andere nicht einmal nach zehn Jahren erworben haben könnte und ob daher nicht in irgendeiner Form eine individuelle Beurteilung erfolgen müsse. Wenn dies jedoch einer allgemeinen Regelung zugänglich sein muss, was sicherlich zu bejahen ist, sehe ich in der Entscheidung, diese Dauer auf vier Jahre zu bemessen, nichts Unverhältnismäßiges.

111. Die Kommission hat diesen Ansatz abgelehnt und meint, dass es keine feste Obergrenze für die Anerkennung der bisherigen Berufserfahrung geben sollte und vielmehr von Fall zu Fall entschieden werden solle, was in jedem Einzelfall geeignet und verhältnismäßig ist.

112. Ich stimme mit der Kommission in diesem Punkt nicht überein. Erstens greift eine Auslegung des Kriteriums der Verhältnismäßigkeit dahin, dass es letztlich jedwede allgemeine Regelung verbietet und stattdessen stets eine Einzelfallbeurteilung verlangt, weit und ist systematisch verfehlt. Sowohl nationale als auch unionsrechtliche Rechtsvorschriften funktionieren häufig auf der Grundlage, allgemeine Erfahrungen und Annahmen in allgemeine rechtliche Regelungen umzusetzen. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit dieser Regelungen ist dann zwangsläufig ebenso abstrakt in dem Sinne, dass gewährleistet werden muss, dass die Regelung nicht in den meisten Fällen zu falschen Ergebnissen führt, nicht aber, dass sie in jedem Einzelfall genau richtig liegt(48). Zweitens haben klare Regeln den Vorteil der Vorhersehbarkeit und dass Willkür so weit wie möglich vermieden wird. Diese beiden Grundsätze fördern in der Tat wiederum die Freizügigkeit in dem Sinne, dass ein potenziell mobiler Arbeitnehmer klar und im Vorhinein erkennen kann, welche Kriterien und Voraussetzungen für ihn gelten werden, und somit eine informierte Entscheidung darüber treffen kann, ob er überhaupt von seiner Freizügigkeit Gebrauch machen möchte.

113. Schließlich ist noch einmal zu betonen, dass die Anerkennung der Berufserfahrung eine Ermessensentscheidung der Universität Wien ist, die im Vergleich zu den Bestimmungen des Kollektivvertrags bereits recht günstig ist(49). Wie von der österreichischen Regierung in der mündlichen Verhandlung vertreten, würde eine Entscheidung dahin, dass Art. 45 AEUV einer Begrenzung der Anerkennung von Berufserfahrung auf vier Jahre entgegenstünde, wahrscheinlich dazu führen, dass Arbeitgeber die Berufserfahrung überhaupt nicht berücksichtigen würden, wenn sie tatsächlich nur die Wahl haben, diese entweder in ihrer Gesamtheit oder gar nicht zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs steht den Mitgliedstaaten ein weites Ermessen nicht nur bei der Entscheidung darüber zu, welches konkrete Ziel sie im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik verfolgen wollen, sondern auch bei der Festlegung der zu seiner Erreichung geeigneten Maßnahmen(50).

C.      Frage 2

114. Mit Frage 2 möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob ein Vergütungssystem, das an das beim selben Arbeitgeber erworbene Dienstalter anknüpft, ohne dass eine vollständige Anerkennung früherer, andernorts zurückgelegter facheinschlägiger Vordienstzeiten erfolgt, mit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer vereinbar ist.

115. Zum einen hängt diese Frage mit Frage 1 zusammen, da sie sich auch auf die Berufserfahrungsregel bezieht. Zum anderen fügt sie auch eine zusätzliche Ebene hinzu, nämlich die im Kollektivvertrag enthaltene Dienstzeitenregel, nach der die Vergütung (von Senior Lecturers) ab Diensteintritt an einer österreichischen Universität mit der an dieser Universität verbrachten Zeit steigt.

116. Nach Ansicht der Klägerin und der Kommission ist in der Anwendung der beiden Regelungen durch die Universität Wien in Verbindung miteinander eine mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit zu sehen. Die Gehaltsentwicklung hänge größtenteils von der ununterbrochenen Ausübung einer Tätigkeit an derselben österreichischen Universität ab. Da nur denjenigen, die seit Beginn ihrer Laufbahn für die Universität Wien tätig seien und sich entschieden, von ihrer Freizügigkeit keinen Gebrauch zu machen, die Berücksichtigung ihrer gesamten Vordienstzeiten zugutekomme, würden diese Mitarbeiter (bei denen es sich eher um österreichische Staatsangehörige handeln werde) begünstigt. In Extremfällen könnten bei einer Rückkehr nach dem Verlassen dieser Universität bis zu 24 Dienstjahre verloren gehen, so dass Arbeitnehmer von einem Weggang wahrscheinlich abgehalten würden. Sollten sie sich entscheiden, diese Universität zu verlassen, und später zurückkommen, würden nur bis zu vier Jahre ihrer in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegten Dienstzeiten berücksichtigt. Es sei jedoch zu erwarten und anzunehmen, dass im Rahmen einer normalen wissenschaftlichen Laufbahn Personal wechsele oder versetzt werde.

117. Nach Ansicht der Beklagten und, in gewissem Maße, der österreichischen Regierung, sieht das im Kollektivvertrag geregelte System der Gehaltsentwicklung keine Anerkennung von Vordienstzeiten, sondern eine Steigerung nach dem Zeitablauf vor. Die Klägerin habe zwischen der Anerkennung von Vordienstzeiten und dem Zeitablauf in der Entgeltregelung nicht differenziert. Die Argumente der Klägerin widersprächen dem gesamten österreichischen System von Kollektivverträgen sowie dem Recht des öffentlichen Dienstes, da jede Form einer zeitlichen Steigerung unzulässig würde.

118. Wie bereits in den Vorbemerkungen zu den vorliegenden Schlussanträgen erörtert(51), hat die Art und Weise, in der die beiden Regelungen und die beiden verschiedenen Bereiche vom vorlegenden Gericht miteinander verknüpft wurden, in den Stellungnahmen der Beteiligten und in der mündlichen Verhandlung zu einer gewissen Verwirrung geführt. Zwei verschiedene Regelungen, die für verschiedene Personengruppen zu verschiedenen Zeitpunkten gelten und verschiedene Ziele verfolgen, wurden mit Verweis auf hypothetische Fallgestaltungen, die nicht Gegenstand der vorliegenden Rechtssache sind, zusammengefasst.

119. Durch die Zusammenfassung dieser beiden Regelungen geht der Vortrag nämlich über einen Diskriminierungs- oder Beeinträchtigungskontext erheblich hinaus. Begehrt wird vielmehr eine vollumfassende Neugestaltung der nationalen Regelungen: Für Staatsangehörige, die aus anderen Mitgliedstaaten kommen, soll die Dienstzeitenregel, die normalerweise nach Ablauf einer bestimmten Zeit für jedermann innerhalb der Einrichtung gilt, sofort bei der Einstellung gelten und somit die zu diesem Zeitpunkt normalerweise geltende Berufserfahrungsregel letztlich ersetzen.

120. In den vorliegenden Schlussanträgen habe ich es vorgezogen, zunächst auf die bei der Einstellung geltende Berufserfahrungsregel und erst danach, im Kontext der zweiten Frage, auf die erst und ausschließlich nach Ablauf einer bestimmten Zeit innerhalb der Universität Wien geltende Dienstzeitenregel einzugehen. Ansonsten wäre es unmöglich, eine Vergleichbarkeit und Diskriminierung zu prüfen oder eine mögliche Rechtfertigung zu erörtern, da beide Regelungen verschiedene Ziele verfolgen.

121. Wie von der Beklagten und der österreichischen Regierung vertreten, ist das Ziel der Dienstzeitenregel, anders als bei der Berufserfahrungsregel, nämlich nicht, bisherige einschlägige Berufserfahrung zu berücksichtigen, um letztlich die Qualität der Bildung zu gewährleisten. Ihr Ziel ist ein zweifaches: Sie soll einen gewissen Aufstieg in der Laufbahn (horizontale Mobilität) für das wissenschaftliche Personal ermöglichen, das kein wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit dem eine Qualifizierungsvereinbarung getroffen wird, oder Universitätsprofessor werden möchte oder kann, und gleichzeitig die Bindung an einen bestimmten Arbeitgeber gewährleisten.

122. Allgemein hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass das beschäftigungspolitische Ziel, die Bindung an einen bestimmten Arbeitgeber zu honorieren, ein zwingendes Erfordernis des Allgemeininteresses darstellt(52). Wie von der Kommission selbst betont, kann die Honorierung der Bindung eine Beschränkung der Freizügigkeit rechtfertigen: Die Identifikation mit einem Unternehmen kann nämlich für eine dauerhafte Erwerbstätigkeit erforderlich sein und fördert somit die unternehmerische Freiheit und die Motivation der Arbeitnehmer.

123. Darüber hinaus dürften die meisten Vergütungssysteme auf die eine oder andere Weise das Dienstalter berücksichtigen. Wie vom vorlegenden Gericht angeführt, verfügen die Mitgliedstaaten und die Sozialpartner auf nationaler Ebene über einen weiten Ermessensspielraum bei der Festlegung der sozial- und beschäftigungspolitischen Ziele sowie der zu ihrer Erreichung angemessenen Maßnahmen(53).

124. Vor dem Hintergrund dieser allgemeinen Aussagen und da die Relevanz von Dienstzeiten innerhalb einer Einrichtung für die Bemessung der Vergütung für zulässig erklärt worden ist, möchte ich dem Gerichtshof vorschlagen, die zweite Frage für unzulässig zu erklären.

125. Erstens stellt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine rein hypothetische Aussicht auf die Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit keinen Bezug zum Unionsrecht her, der eng genug wäre, um die Anwendung der Unionsbestimmungen zu rechtfertigen(54).

126. Unter den Umständen der vorliegenden Rechtssache ist Frage 2 insofern hypothetisch, als sie abstrakt die Frage nach Senior Lecturers aufwirft, die sich entscheiden, von einer österreichischen Universität an eine andere Hochschule zu wechseln, und später wieder nach Österreich zurückkehren. Wie von der Beklagten zu Recht vorgetragen, hat der Umstand, dass die Dienstzeitenregel möglicherweise eine Weggangsbeschränkung für österreichische Staatsangehörige oder allgemeiner für an einer österreichischen Universität angestellte Arbeitnehmer darstellen könnte, mit der vorliegenden Rechtssache nichts zu tun. Die Klägerin ist eine deutsche Staatsangehörige, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, indem sie nach Österreich gekommen ist, um an der Universität Wien zu arbeiten. Dass sie diese Universität in der Zukunft verlassen könnte, um an einer anderen Universität im Ausland zu arbeiten (bzw. noch hypothetischer, dass sie zurückkehren könnte), bleibt gegenwärtig auf der Ebene von Mutmaßungen.

127. Zweitens möchte das vorlegende Gericht mit Frage 2 im Wesentlichen wissen, ob es „die Freizügigkeit der Berufserfahrung“ gibt, genau genommen aber nicht, ob es „die Freizügigkeit der Dienstzeiten“ gibt. Die Frage der Anerkennung einschlägiger Berufserfahrung wurde jedoch bereits im Rahmen von Frage 1 recht eingehend behandelt und dabei mehrfach hervorgehoben, warum diese beiden Regelungen einfach nicht über einen Kamm geschoren werden können(55).

V.      Ergebnis

128. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Fragen des Oberlandesgerichts Wien (Österreich) wie folgt zu beantworten:

–        Art. 45 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union stehen einer Regelung nicht entgegen, nach der facheinschlägige Vordienstzeiten eines Senior Lecturers bei der Einstellung an der Universität Wien unabhängig davon, ob es sich um Zeiten der Beschäftigung bei der Universität Wien oder einer anderen Hochschuleinrichtung mit Sitz in Österreich oder einem anderen Mitgliedstaat handelt, nur bis zu einer Gesamtdauer von vier Jahren anrechenbar sind.


1      Originalsprache: Englisch.


2      ABl. 2011, L 141, S. 1.


3      Nach dem Kollektivvertrag gilt diese Art der Laufbahnentwicklung offenbar nicht nur für „senior lecturer“-Dozenten, sondern auch für bestimmte andere Gruppen des wissenschaftlichen Personals, wie etwa Universitätsprofessoren, wenngleich im letzteren Fall der Aufstieg von einer Gehaltsstufe in eine andere nicht nur vom Zeitablauf, sondern auch von einer (positiven) Evaluierung der Tätigkeit abhängt (vgl. § 49 Abs. 1 des Kollektivvertrags).


4      Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass nach § 49 Abs. 3 Buchst. a des Kollektivvertrags die Anerkennung von Berufserfahrung, wenngleich begrenzt auf die Frist von drei Jahren, nur für „senior lecturer“-Dozenten ohne Doktorat gilt.


5      Wie in den Nrn. 78 bis 85 der vorliegenden Schlussanträge näher erläutert wird.


6      Vgl. z. B. Urteile vom 18. Juli 2017, Erzberger (C‑566/15, EU:C:2017:562‚ Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 13. März 2019, Gemeinsamer Betriebsrat EurothermenResort Bad Schallerbach (C‑437/17, EU:C:2019:193‚ Rn. 36).


7      Vgl. z. B. Urteile vom 26. Oktober 2006, Kommission/Italien (C‑371/04, EU:C:2006:668‚ Rn. 17), vom 5. Dezember 2013, Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH (C‑514/12, EU:C:2013:799‚ Rn. 23), und vom 13. März 2019, Gemeinsamer Betriebsrat EurothermenResort Bad Schallerbach (C‑437/17, EU:C:2019:193‚ Rn. 16).


8      Vgl. z. B. Urteile vom 6. Juni 2000, Angonese (C‑281/98, EU:C:2000:296‚ Rn. 31), und vom 10. März 2011, Casteels (C‑379/09, EU:C:2011:131‚ Rn. 19).


9      Vgl. ähnlich Urteile vom 4. Juli 2013, Gardella (C‑233/12, EU:C:2013:449‚ Rn. 39 und 41), und vom 7. April 2016, ONEm und M. (C‑284/15, EU:C:2016:220, Rn. 33 und 34).


10      Vgl. z. B. Urteil vom 16. September 2004, Kommission/Österreich (C‑465/01, EU:C:2004:530‚ Rn. 31 bis 33).


11      Vgl. z. B. Urteile vom 28. Juni 2012, Erny (C‑172/11, EU:C:2012:399‚ Rn. 39), und vom 5. Dezember 2013, Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH (C‑514/12, EU:C:2013:799‚ Rn. 25).


12      Vgl. z. B. Urteile vom 28. Juni 2012, Erny (C‑172/11, EU:C:2012:399‚ Rn. 41), und vom 20. Juni 2013, Giersch u. a. (C‑20/12, EU:C:2013:411‚ Rn. 45).


13      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. März 2019, Gemeinsamer Betriebsrat EurothermenResort Bad Schallerbach (C‑437/17, EU:C:2019:193‚ Rn. 16 bis 34).


14      Vgl. hierzu jedoch jüngst Urteil vom 13. März 2019, Gemeinsamer Betriebsrat EurothermenResort Bad Schallerbach (C‑437/17, EU:C:2019:193‚ Rn. 28 und 30).


15      Unter Verweis darauf, dass diese Daten von allen anderen Beteiligten des vorliegenden Verfahrens unwidersprochen geblieben seien, hat der Gerichtshof weder dazu aufgefordert, diese vorzulegen, noch ihre Richtigkeit überprüft. Ich möchte hinzufügen, dass es meines Erachtens weiterhin entscheidend darauf ankommt, ob eine wahrscheinliche vernünftige Annahme für stärkere Wirkungen spricht, die durch von den Beteiligten vorgelegte Statistiken näher ausgefüllt, bestätigt, klarer dargestellt oder auch eindeutig widerlegt werden mag. Statistische Daten sind an sich jedoch nicht unbedingt erforderlich, um eine solche Wahrscheinlichkeit festzustellen.


16      Vgl. insbesondere Schlussanträge von Generalanwalt Fennelly in der Rechtssache Graf (C‑190/98, EU:C:1999:423).


17      Vgl. z. B. Urteile vom 31. März 1993, Kraus (C‑19/92, EU:C:1993:125‚ Rn. 32), und vom 27. Januar 2000, Graf (C‑190/98, EU:C:2000:49‚ Rn. 18).


18      Vgl. z. B. Urteile vom 7. März 1991, Masgio (C‑10/90, EU:C:1991:107‚ Rn. 23), vom 15. Dezember 1995, Bosman (C‑415/93, EU:C:1995:463‚ Rn. 96), vom 26. Januar 1999, Terhoeve (C‑18/95, EU:C:1999:22‚ Rn. 39), und vom 9. September 2003, Burbaud (C‑285/01, EU:C:2003:432‚ Rn. 95).


19      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. März 2019, Gemeinsamer Betriebsrat EurothermenResort Bad Schallerbach (C‑437/17, EU:C:2019:193‚ Rn. 16 ff. im Gegensatz zu Rn. 35 ff.).


20      Urteil vom 15. Dezember 1995, Bosman (C‑415/93, EU:C:1995:463‚ Rn. 97 bis 100). Vgl. mit ähnlicher Begründung auch Urteile vom 17. März 2005, Kranemann (C‑109/04, EU:C:2005:187‚ Rn. 28 bis 30), und vom 16. März 2010, Olympique Lyonnais (C‑325/08, EU:C:2010:143‚ Rn. 35).


21      Urteil vom 30. September 2003, Köbler (C‑224/01, EU:C:2003:513‚ Rn. 74). Zu einem weiteren Beispiel vgl. Urteil vom 31. März 1993, Kraus (C‑19/92, EU:C:1993:125‚ Rn. 32).


22      Urteil vom 5. Dezember 2013, Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH (C‑514/12, EU:C:2013:799).


23      Kann eine nationale Regelung sowohl als Weggangs- als auch als Zugangsbeschränkung betrachtet werden, neigt der Gerichtshof dazu, diese Regelung sowohl als Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit als auch als Beeinträchtigung der Freizügigkeit aufzufassen. Vgl. z. B. außer dem Urteil SALK Urteil vom 30. September 2003, Köbler (C‑224/01, EU:C:2003:513‚ Rn. 73 bis 74).


24      Urteil vom 5. Dezember 2013, Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH (C‑514/12, EU:C:2013:799‚ Rn. 28 bis 32). Vgl. auch Urteil vom 6. Juni 2000, Angonese (C‑281/98, EU:C:2000:296‚ Rn. 40 bis 41).


25      Vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Saugmandsgaard Øe in der Rechtssache Gemeinsamer Betriebsrat EurothermenResort Bad Schallerbach (C‑437/17, EU:C:2018:627‚ Nr. 44).


26      Siehe oben, Nr. 59.


27      Vgl. Urteile vom 6. Juni 2000, Angonese (C‑281/98, EU:C:2000:296‚ Rn. 39), und vom 5. Dezember 2013, Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH (C‑514/12, EU:C:2013:799‚ Rn. 35).


28      Vgl. z. B. Urteile vom 5. Dezember 2013, Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebs GmbH (C‑514/12, EU:C:2013:799‚ Rn. 34), und vom 3. Dezember 2014, De Clercq u. a. (C‑315/13, EU:C:2014:2408‚ Rn. 61).


29      Vgl. entsprechend zum freien Warenverkehr Urteil vom 9. September 2004, Carbonati Apuani (C‑72/03, EU:C:2004:506‚ Rn. 22 bis 23).


30      Vgl. hierzu jüngst z. B. Urteil des Gerichtshofs vom 13. März 2019, Gemeinsamer Betriebsrat EurothermenResort Bad Schallerbach (C‑437/17, EU:C:2019:193), in dem der Gerichtshof feststellt, dass in den Rn. 35 bis 41 Beschränkungen der Freizügigkeit und nicht mehr eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit (wie zuvor in den Rn. 16 bis 34) geprüft werden, dann jedoch in Rn. 38 notwendigerweise einen Vergleich der Situation der in einem anderen Mitgliedstaat als ihrem Herkunftsmitgliedstaat tätigen Arbeitnehmer (d. h. ausländischer Staatsangehöriger) mit den für Arbeitnehmer dieses Mitgliedstaats (d. h. eigene Staatsangehörige) geltenden Bedingungen anstellt und hierbei in Rn. 39 das Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit sowohl auf die Weggangs- als auch auf die Zugangsregelungen erstreckt.


31      Schlussanträge des Generalanwalts Fennelly in der Rechtssache Graf (C‑190/98, EU:C:1999:423‚ Nr. 21).


32      Vgl. z. B. Urteile vom 18. Juli 2017, Erzberger (C‑566/15, EU:C:2017:562‚ Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 13. März 2019, Gemeinsamer Betriebsrat EurothermenResort Bad Schallerbach (C‑437/17, EU:C:2019:193‚ Rn. 36).


33      Ich kann nur noch einmal auf die überzeugende Würdigung von Generalanwalt Fennelly in der Rechtssache Graf (C‑190/98, EU:C:1999:423‚ Nr. 31) verweisen.


34      Urteil vom 11. Juli 1974, Dassonville (8/74, EU:C:1974:82‚ Rn. 5).


35      Urteil vom 24. November 1993, Keck und Mithouard (C‑267/91 und C‑268/91, EU:C:1993:905).


36      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Januar 2000, Graf (C‑190/98, EU:C:2000:49), im Licht der Schlussanträge des Generalanwalts Fennelly in dieser Rechtssache (EU:C:1999:423‚ Nr. 32), der insbesondere ausführte, dass „neutrale nationale Regelungen nur dann als materielle Schranken für den Zugang zum Markt angesehen werden [könnten], wenn feststünde, dass sie tatsächliche Auswirkungen auf Marktbeteiligte hätten, die einem Ausschluss vom Markt gleichkämen“.


37      Vgl. Urteil vom 18. Juli 2017, Erzberger (C‑566/15, EU:C:2017:562‚ Rn. 35).


38      Vgl. z. B. Urteile vom 29. April 2004, Weigel (C‑387/01, EU:C:2004:256‚ Rn. 55), und vom 18. Juli 2017, Erzberger (C‑566/15, EU:C:2017:562‚ Rn. 36).


39      Vgl. z. B. Urteile vom 7. März 1990, Krantz (C‑69/88, EU:C:1990:97‚ Rn. 11), und vom 27. Januar 2000, Graf (C‑190/98, EU:C:2000:49‚ Rn. 24 bis 25). Hinzuweisen ist darauf, dass der Gerichtshof im jüngsten Urteil vom 13. März 2019, Gemeinsamer Betriebsrat EurothermenResort Bad Schallerbach (C‑437/17, EU:C:2019:193‚ Rn. 37 und 40), beide Einschränkungen erwähnt hat.


40      Siehe oben, Nr. 38.


41      Siehe oben, Nrn. 56 bis 62.


42      Allgemein erörtert oben in den Nrn. 75 bis 85.


43      Im Sinne der „sozialen Neutralität“, wie in Nr. 83 erörtert.


44      Ergänzt sei, dass in dieser Vorgehensweise die Unschärfe der Kategorien Beeinträchtigung – rechtmäßiges Ziel – Verhältnismäßigkeit prägnant zum Ausdruck kommt, wobei die meisten der zum einen Punkt angeführten Argumente dann unter dem anderen Punkt noch einmal in Erscheinung treten und wiedergegeben werden, was noch einmal die Notwendigkeit einer Klärung des Begriffs der Beeinträchtigung verdeutlicht. Zu ähnlichen Fragen im Kontext der Niederlassungsfreiheit vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Hornbach-Baumarkt (C‑382/16, EU:C:2017:974, insbesondere Nrn. 28 bis 44 und 128 bis 134).


45      Vgl. z. B. Urteile vom 12. September 2013, Konstantinides (C‑475/11, EU:C:2013:542‚ Rn. 50), und vom 13. Juli 2016, Pöpperl (C‑187/15, EU:C:2016:550‚ Rn. 29).


46      Vgl. z. B. Urteile vom 18. Juni 2009, Hütter (C‑88/08, EU:C:2009:381‚ Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 14. März 2018, Stollwitzer (C‑482/16, EU:C:2018:180‚ Rn. 39).


47      Vgl. z. B. Urteil vom 13. November 2003, Neri (C‑153/02, EU:C:2003:614‚ Rn. 46).


48      Vgl. z. B. eine ähnliche Erörterung der Verhältnismäßigkeit der (allgemein gültigen) Altersgrenze von 65 Jahren für bestimmte Gruppen von Piloten, soweit einer solchen Regelung entgegengehalten werden könnte, dass manche Piloten auch im Alter von 66 Jahren noch sehr gut geeignet sein könnten, im Urteil vom 5. Juli 2017, Fries (C‑190/16, EU:C:2017:513‚ Rn. 57 bis 68).


49      Siehe Nr. 35 der vorliegenden Schlussanträge.


50      Vgl. z. B. Urteile vom 12. Oktober 2010, Rosenbladt (C‑45/09, EU:C:2010:601‚ Rn. 41), und vom 14. März 2018, Stollwitzer (C‑482/16, EU:C:2018:180‚ Rn. 45).


51      Siehe oben, Nrn. 28 bis 33.


52      Urteil vom 30. September 2003, Köbler (C‑224/01, EU:C:2003:513‚ Rn. 83 und 85), oder Beschluss vom 10. März 2005, Marhold (C‑178/04, nicht veröffentlicht, EU:C:2005:164‚ Rn. 34).


53      Urteile vom 8. September 2011, Hennings und Mai (C‑297/10 und C‑298/10, EU:C:2011:560‚ Rn. 65), und vom 5. Juli 2012, Hörnfeldt (C‑141/11, EU:C:2012:421‚ Rn. 32).


54      Vgl. z. B. Urteil vom 29. Mai 1997, Kremzow (C‑299/95, EU:C:1997:254‚ Rn. 16).


55      Siehe oben, Nrn. 28 bis 33 und 118 bis 120.