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Vorabentscheidungsersuchen des Consiglio di Stato (Italien), eingereicht am 29. Juli 2020 – Servizio Elettrico Nazionale SpA u. a./Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato u. a.

(Rechtssache C-377/20)

Verfahrenssprache: Italienisch

Vorlegendes Gericht

Consiglio di Stato

Parteien des Ausgangsverfahrens

Rechtsmittelführerinnen: Servizio Elettrico Nazionale SpA, ENEL SpA, Enel Energia SpA

Rechtsmittelgegnerinnen: Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato, ENEL SpA, Servizio Elettrico Nazionale SpA, Eni Gas e Luce SpA, Eni SpA, Gala SpA, Axpo Italia SpA, E.Ja SpA, Green Network SpA, Ass.ne Codici – Centro per i Diritti del Cittadino

Vorlagefragen

Können Verhaltensweisen, die die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung verwirklichen, an sich völlig rechtmäßig sein und allein aufgrund der (potenziell) wettbewerbsbeschränkenden Wirkung, die auf dem relevanten Markt erzeugt wird, als „missbräuchlich“ eingestuft werden oder müssen diese auch durch eine spezifische Komponente der Rechtswidrigkeit gekennzeichnet sein, die in der Verwendung „anderer Wettbewerbsmethoden (oder -mittel)“ als der „normalen“ besteht? Anhand welcher Kriterien kann im letzteren Fall die Grenze zwischen „normalem“ und „verfälschtem“ Wettbewerb festgelegt werden?

Liegt die Funktion der Vorschrift zur Sanktionierung des Missbrauchs in der Maximierung des Wohls der Verbraucher, dessen Beeinträchtigung (oder die Gefahr einer solchen) das Gericht zu beurteilen hat, oder hat die Vorschrift zur Sanktionierung des Wettbewerbsverstoßes an sich die Aufgabe, die Wettbewerbsstruktur des Marktes zu erhalten, um die Entstehung von Anhäufungen wirtschaftlicher Macht zu verhindern, die jedenfalls als schädlich für die Gesellschaft angesehen werden?

Darf im Fall des Missbrauchs einer beherrschenden Stellung, der in dem Versuch besteht, zu verhindern, dass der noch bestehende Grad an Wettbewerb oder seine Entwicklung erhalten bleibt, das beherrschende Unternehmen dennoch nachweisen, dass das Verhalten – obwohl es abstrakt geeignet ist, beschränkende Wirkung zu haben – keine konkreten schädlichen Wirkungen hatte? Falls die Frage bejaht wird: Ist Art. 102 AEUV für die Zwecke der Beurteilung, ob ein atypischer Behinderungsmissbrauch vorliegt, dahin auszulegen, dass die Behörde verpflichtet ist, die von der Partei vorgelegten wirtschaftlichen Analysen über die konkrete Eignung des untersuchten Verhaltens, die eigenen Wettbewerber vom Markt auszuschließen, eingehend zu prüfen?

Ist der Missbrauch einer beherrschenden Stellung ohne Berücksichtigung des subjektiven Beweggrundes des Handelnden nur anhand seiner (auch lediglich potenziellen) Wirkungen auf den Markt zu beurteilen oder ist der Nachweis der wettbewerbsbeschränkenden Absicht ein Parameter, der (auch ausschließlich) zur Beurteilung der Missbräuchlichkeit des Verhaltens des beherrschenden Unternehmens herangezogen werden kann, oder dient ein solcher Nachweis des subjektiven Elements nur dazu, die Beweislast auf das beherrschende Unternehmen zu verlagern (das in diesem Stadium die Beweislast dafür tragen würde, dass die Behinderungswirkung fehlt)?

Reicht im Fall einer beherrschenden Stellung, die sich auf eine Mehrzahl von Unternehmen bezieht, die derselben Unternehmensgruppe angehören, die Zugehörigkeit zu dieser Gruppe aus, um anzunehmen, dass auch die Unternehmen, die das missbräuchliche Verhalten nicht gesetzt haben, an der Zuwiderhandlung beteiligt waren – so dass es ausreichen würde, dass die Aufsichtsbehörde eine bewusste, wenn auch nicht kollusive, Parallelität der Unternehmen, die innerhalb der gemeinsam beherrschenden Gruppe tätig sind, nachweist – oder ist jedenfalls (wie im Fall des Kartellverbots) der Nachweis, auch mittelbar, erforderlich, dass eine konkrete Situation der Koordinierung und Instrumentalität zwischen den verschiedenen Unternehmen der Gruppe in beherrschender Stellung besteht, insbesondere für den Nachweis der Beteiligung der obersten Muttergesellschaft?

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