Language of document : ECLI:EU:C:2018:164

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

EVGENI TANCHEV

vom 7. März 2018(1)

Rechtssache C544/16

Marcandi Limited, handelnd unter der Firma „Madbid“

gegen

Commissioners for Her Majesty’s Revenue and Customs

(Vorabentscheidungsersuchen des First-tier Tribunal [Tax Chamber] [Gericht erster Instanz (Steuerkammer), Vereinigtes Königreich])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Mehrwertsteuer – Richtlinie 2006/112/EG – Ausgabe von Guthaben, die zur Abgabe von Geboten in Online-Penny-Auktionen verwendet werden können und deren Wert auf den Preis von Gegenständen, die unmittelbar von dem die Auktionen veranstaltenden Unternehmen erworben werden, angerechnet werden kann – Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c – Dienstleistungen oder Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt – Zwischenschritt – Art. 65 – Anzahlung – Art. 73 – Steuerbemessungsgrundlage – Art. 79 Buchst. b – Rabatt in Höhe des vollen Preises“






1.        In der vorliegenden Rechtssache hat der Gerichtshof darüber zu entscheiden, ob die Gewährung der Berechtigung zur Teilnahme an einer Penny-Auktion als eine der Mehrwertsteuer unterliegende Dienstleistung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates(2) oder als ein nicht der Mehrwertsteuer unterliegender Zwischenschritt anzusehen ist.

2.        Bei Penny-Auktionen müssen Teilnehmer eine nicht erstattungsfähige Gebühr entrichten, um Gebote abgeben zu können (im Folgenden: Gebotsgebühr)(3). Mit Beginn der Auktion beginnt die Uhr, auf null herunterzuzählen. Jedes Gebot hat zur Folge, dass sich der aufgerufene Auktionspreis für die Artikel um 0,01 GBP erhöht (daher die Bezeichnung „Penny-Auktion“) und die Uhr neu gestartet wird. Die Auktion endet, wenn die Uhr null erreicht. Den Zuschlag erhält, wer zuletzt ein Gebot abgegeben hat.

3.        Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c der Richtlinie 2006/112 unterliegen Lieferungen von Gegenständen gegen Entgelt und Dienstleistungen gegen Entgelt der Mehrwertsteuer.

4.        Es gibt zwei Möglichkeiten, die Zahlung der Gebotsgebühr im Rahmen von Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 einzuordnen.

5.        Einerseits kann die Gebotsgebühr als Entgelt für eine Dienstleistung – Gewährung der Berechtigung zur Teilnahme an einer Auktion – aufgefasst werden. Die Gewährung dieser Berechtigung gegen Zahlung der Gebotsgebühr wäre dann ein der Mehrwertsteuer unterliegender Umsatz im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112. Der spätere Erwerb des versteigerten Gegenstands durch den Meistbietenden wäre dann als Lieferung von Gegenständen im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie und somit als ein weiterer, eigenständiger Umsatz anzusehen, der der Mehrwertsteuer unterliegt.

6.        Andererseits verfolgen die Auktionsteilnehmer das Ziel, in der Auktion den Zuschlag zu erhalten und den versteigerten Gegenstand zu erwerben. Daher könnte die Gewährung der Berechtigung zur Teilnahme als ein bloßer Zwischenschritt auf dem Weg zum Erwerb des versteigerten Gegenstands angesehen werden(4). Sie unterläge dann im Sinne von Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 nicht der Mehrwertsteuer. Nur der spätere Erwerb des ersteigerten Gegenstands wäre als ein der Mehrwertsteuer unterliegender Umsatz im Sinne dieser Bestimmung anzusehen.

7.        In der vorliegenden Rechtssache hat der Gerichtshof darüber zu entscheiden, welchen der beiden oben beschriebenen Standpunkte er einnimmt. Außerdem hat er die Frage zu beantworten, was die Gegenleistung für die Dienstleistung und/oder für die spätere Lieferung von Gegenständen ist.

I.      Rechtlicher Rahmen

8.        Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 bestimmt:

„Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:

a)      Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt tätigt;

c)      Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt;

…“

9.        Art. 65 der Richtlinie 2006/112 lautet:

„Werden Anzahlungen geleistet, bevor die Lieferung von Gegenständen bewirkt oder die Dienstleistung erbracht ist, entsteht der Steueranspruch zum Zeitpunkt der Vereinnahmung entsprechend dem vereinnahmten Betrag.“

10.      Art. 73 der Richtlinie 2006/112 sieht vor:

„Bei der Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen, die nicht unter die Artikel 74 bis 77 fallen, umfasst die Steuerbemessungsgrundlage alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistungserbringer für diese Umsätze vom Erwerber oder Dienstleistungsempfänger oder einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen.“

11.      In Art. 79 der Richtlinie 2006/112 heißt es:

„In die Steuerbemessungsgrundlage sind folgende Elemente nicht einzubeziehen:

b)      Rabatte und Rückvergütungen auf den Preis, die dem Erwerber oder Dienstleistungsempfänger eingeräumt werden und die er zu dem Zeitpunkt erhält, zu dem der Umsatz bewirkt wird;

…“

II.    Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

12.      Die im Vereinigten Königreich ansässige Gesellschaft Marcandi Limited (im Folgenden: Madbid) betreibt unter der Firma „Madbid“ einen Online-Handel. Madbid vertreibt mehrheitlich Waren technischer Art wie etwa Mobiltelefone, Tablets, Computer und Fernsehgeräte. Sie vertreibt gelegentlich höherwertige Artikel, wie etwa Autos. Madbid betreibt eine Online-Plattform, auf der registrierte Nutzer an Penny-Auktionen teilnehmen können, um Gebote für Waren abzugeben und diese zu ersteigern. Außerdem können Nutzer Waren unmittelbar über ihren dortigen Online-Shop erwerben.

13.      Ursprünglich richtete Madbid zunächst im Vereinigten Königreich eine Website ein. Aufgrund des Erfolgs dieser Website richtete Madbid danach auch Websites in neun anderen Mitgliedstaaten, darunter in Deutschland, Kanada und in der Türkei ein.

14.      Madbid ist u. a. im Vereinigten Königreich und in Deutschland als mehrwertsteuerpflichtiges Unternehmen registriert.

15.      Der Geschäftsbetrieb von Madbid funktioniert wie folgt. Um bei Online-Auktionen Gebote abgeben oder Gegenstände online erwerben zu können, müssen sich Personen als Nutzer bei Madbid online registrieren und den Vertragsbedingungen von Madbid zustimmen.

16.      Sobald sie registriert sind, können die Nutzer sogenannte Guthabenpunkte (im Folgenden: Guthaben) erwerben. Guthaben ermöglichen den Nutzern, bei den Online-Auktionen von Madbid Gebote abzugeben. Guthaben können jedoch nicht dazu verwendet werden, Waren unmittelbar im Online-Shop von Madbid zu erwerben. Sie können auch nicht in Geld zurückgewechselt werden. Der Erwerb von Guthaben erfolgt mittels eines der akzeptierten Zahlungsverfahren, also z. B. mittels Kredit- oder Debitkarte. Jedes Guthaben hat einen eigenen Identifizierungscode, der es Madbid ermöglicht, das in einem Nutzerkonto vorhandene Guthaben jederzeit nachzuverfolgen. Guthaben werden in Paketen verschiedener Beträge verkauft (z. B. 500 Guthabenpunkte für 49,99 GBP, während ein Paket mit 80 Guthabenpunkten 9,99 GBP kostet). Jedem Guthaben ist ein bestimmter Geldwert zugewiesen. Dieser Wert beläuft sich fast unterschiedslos auf den vom Nutzer für das Guthaben gezahlten Betrag(5). Die Guthaben verfallen nach 180 Tagen.

17.      Wie bereits oben erwähnt, werden Guthaben zur Abgabe von Geboten in auf der Madbid-Website veranstalteten Auktionen verwendet. Jede Auktion beginnt mit einem Eröffnungspreis von 0,00 GBP und damit, dass die Auktionsuhr auf die für die Auktion vorgesehene Zeit eingestellt wird, üblicherweise eine Minute. Für jede Auktion ist eine bestimmte Zahl von Guthabenpunkten (zwischen 1 und 8) vorgesehen, die ein Nutzer einsetzen muss, um ein Gebot abzugeben. Mit Beginn der Auktion beginnt die Uhr, auf null herunterzuzählen. Ist die Zeit vollständig abgelaufen, ist die Auktion damit beendet.

18.      Wenn ein Nutzer durch Anklicken der Gebot-Schaltfläche ein Gebot abgibt, wird die für die Abgabe eines Gebots in dieser Auktion als erforderlich festgelegte Anzahl von Guthabenpunkten von der Gesamtanzahl der Guthabenpunkte im Nutzerkonto des betreffenden Nutzers abgezogen. Ein abgegebenes Gebot ist 0,01 GBP höher als das vorherige Gebot, d. h., der aufgerufene Auktionspreis des Artikels erhöht sich um 0,01 GBP. Die Auktionsuhr wird auf die vorbestimmte Zeitbegrenzung zurückgesetzt und beginnt, auf null herunterzuzählen. Den Zuschlag in der Auktion erhält der Nutzer, der der aktuelle Meistbietende ist, wenn die Auktionsuhr abgelaufen ist.

19.      Erhält der Nutzer den Zuschlag, ist er berechtigt, den versteigerten Artikel zu dem von ihm abgegebenen erfolgreichen Gebot zuzüglich Versandkosten und Bearbeitungsgebühr zu erwerben(6). Er ist jedoch nicht verpflichtet, den Gegenstand zu erwerben. Entscheidet sich der in der Auktion erfolgreiche Bieter für den Kauf des ersteigerten Artikels, muss er innerhalb einer angegebenen Frist den Zuschlagspreis zuzüglich Versandkosten und Bearbeitungsgebühr bezahlen. Anderenfalls verliert er die Berechtigung, den ersteigerten Gegenstand für den Zuschlagspreis zu erwerben. Der Wert des Guthabens, das der in dieser Auktion erfolgreiche Bieter für Gebote verwendet hat, wird nicht auf den Zuschlagspreis angerechnet. Der Wert dieses Guthabens erlischt.

20.      Allerdings verfügt die Auktionsplattform von Madbid auch über eine sogenannte „Buy Now“-Funktion. Mit dieser Funktion kann ein Nutzer im Verlauf einer Auktion den gleichen Artikel erwerben, für den er geboten hat. Der Preis dieses Artikels (im Folgenden: ursprünglicher Buy-Now-Preis) reduziert sich um den Wert des Guthabens, das der betreffende Nutzer für Gebote in dieser Auktion aufwendet. Wenn ein Nutzer z. B. Guthabenpunkte im Wert von 100 GBP für Gebote für einen iPod aufwendet, kann er diesen Artikel durch Anklicken der Buy-Now-Schaltfläche mit einem Abschlag von 100 GBP vom ursprünglichen Buy-Now-Preis erwerben. Meistens stimmt der ursprüngliche Buy-Now-Preis mit dem empfohlenen Verkaufspreis überein(7). Auf diese Weise können Nutzer den Artikel über die Buy-Now-Funktion zu einem niedrigeren als dem empfohlenen Einzelhandelspreis erwerben. Ein Nutzer, der Artikel im Verlauf einer Auktion über die Buy-Now-Funktion erwirbt, kann in dieser Auktion keine weiteren Gebote mehr abgeben.

21.      Ein Nutzer, der in einer Auktion Gebote abgegeben, jedoch nicht den Zuschlag erhalten und auch keinen Buy-Now-Kauf getätigt hat, erwirbt einen Rabatt in Höhe des Wertes des Guthabens, das er in der Auktion aufgewendet hat (d. h. in Höhe des Betrags, den er für das betreffende Guthaben gezahlt hat) (im Folgenden: Earned Discount). Der Earned Discount wird dem Nutzer zugeschrieben, sobald die Auktion, in der der Nutzer das Guthaben aufgewendet hat, beendet ist. Für den Fall, dass der Nutzer einen Artikel unmittelbar im Online-Shop von Madbid erwirbt, reduziert sich der Preis dieses Artikels (im Folgenden: Preis im Madbid-Shop) um den Betrag des Earned Discount. Ein solcher Kauf wird nachfolgend als ein Erwerb über die „Earned-Discount-Funktion“ bezeichnet. Der Earned Discount wächst mit allen Auktionen an, in denen ein Nutzer Guthaben für die Abgabe von Geboten aufgewendet hat. Der durch ein bestimmtes Guthaben gebildete Earned Discount verfällt 365 Tage nach Verwendung dieses Guthabens in einer Auktion. Der Wert des Guthabens, das der in dieser Auktion erfolgreiche Bieter für Gebote verwendet hat, lässt keinen Earned Discount entstehen.

22.      Die Buy-Now- und die Earned-Discount-Funktion stellen sicher, dass ein Nutzer, der Guthaben für die Abgabe von Geboten verwendet, keinen finanziellen Verlust erleidet. Wie bereits oben in Nr. 20 ausgeführt, reduziert sich der ursprüngliche Buy-Now-Preis dann, wenn der betreffende Nutzer in einer Auktion die Buy-Now-Schaltfläche anklickt, um den Wert des betreffenden Guthabens. Sollte der Nutzer den Artikel wie oben in Nr. 21 beschrieben unmittelbar aus dem Madbid-Shop erwerben, wird ihm ein Earned Discount in Höhe des Wertes des betreffenden Guthabens zugeschrieben.

23.      Mit Bescheid vom 9. Dezember 2013 entschied Her Majesty’s Revenue and Customs (britische Steuer- und Zollverwaltung, im Folgenden: HMRC), bei der es sich um die im Vereinigten Königreich für die Erhebung und Verwaltung von Mehrwertsteuer zuständige öffentliche Verwaltung handelt, dass der von den Nutzern an Madbid für die Ausgabe von Guthaben gezahlte Betrag das Entgelt für eine Dienstleistung, nämlich für die Gewährung der Berechtigung zur Teilnahme an Online-Auktionen von Madbid, sei und dass der Ort der Dienstleistung der Sitz von Madbid und damit das Vereinigte Königreich sei (im Folgenden: Bescheid der HMRC).

24.      In einer Entscheidung vom 9. Juli 2014 gelangte das Finanzamt Hannover-Nord (Deutschland) (im Folgenden: deutsche Steuerverwaltung) u. a. zu dem Ergebnis, i) dass die Ausgabe von Guthaben durch Madbid keinen der Mehrwertsteuer unterliegenden Umsatz darstelle, ii) dass, soweit Madbid Lieferungen von Gegenständen an in Deutschland ansässige Kunden erbringe, dies eine mehrwertsteuerpflichtige Lieferung von Gegenständen sei, iii) dass die Gegenleistung für derartige Lieferungen von Gegenständen sowohl den vom Nutzer für die Gegenstände gezahlten Preis (nämlich den Zuschlagspreis, den Buy-Now-Preis oder den Preis im Madbid-Shop abzüglich des Earned Discount) als auch den Wert des Guthabens umfasse, das der Nutzer beim Erwerb der betreffenden Gegenstände (nämlich entweder bei der Abgabe von Geboten zwecks Erlangung des Zuschlags oder beim Aufbau der Reduzierung des Buy-Now-Preises bzw. beim Aufbau des Earned Discount) aufwende, und iv) dass Madbid für eine solche Lieferung von Gegenständen in Deutschland mehrwertsteuerpflichtig sei.

25.      Madbid erhob gegen den Bescheid der HMRC Klage beim First-tier Tribunal (Tax Chamber) (Gericht erster Instanz [Steuerkammer], Vereinigtes Königreich).

26.      Das First-tier Tribunal (Tax Chamber) (Gericht erster Instanz [Steuerkammer]) hat über die Klage am 10. Mai 2016 eine Zwischenentscheidung mit Tatsachenfeststellungen und dem Beschluss erlassen, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof zu richten. Seiner Ansicht nach werden Guthaben zu einem eigenständigen Zweck erworben, nämlich zur Teilnahme an den Auktionen von Madbid; der spätere Erwerb von Gegenständen sei, sofern und sobald er stattfindet, ein weiterer und eigenständiger Umsatz. Die Komplexität der Sache, die durch die voneinander abweichenden Auslegungen der Richtlinie 2006/112 durch die HMRC und die deutsche Steuerverwaltung zum Ausdruck kommt, hat das First-tier Tribunal (Tax Chamber) (Gericht erster Instanz [Steuerkammer]) dazu veranlasst, dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist bei richtiger Auslegung der Art. 2 Abs. 1, 24, 62, 63, 65 und 73 der Richtlinie 2006/112 unter Umständen wie denjenigen des Ausgangsverfahrens

a)      die Ausgabe von Guthaben an Nutzer durch Madbid gegen Zahlung von Geld

i)      ein nicht unter Art. 2 Abs. 1 fallender „Zwischenschritt“ der vom Gerichtshof im Urteil vom 16. Dezember 2010, Macdonald Resorts (C‑270/09, EU:C:2010:780, Rn. 23 bis 42), bezeichneten Art oder

ii)      eine Dienstleistung von Madbid im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c, nämlich die Gewährung einer Berechtigung zur Teilnahme an Online-Auktionen;

b)      soweit die Gewährung einer Berechtigung zur Teilnahme an Online-Auktionen eine Dienstleistung von Madbid darstellt, diese dann eine „gegen Entgelt“ erbrachte Dienstleistung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c, nämlich eine gegen Bezahlung (d. h. die von Madbid von einem Nutzer als Gegenleistung für die Guthaben erhaltene Geldzahlung) erbrachte Dienstleistung;

c)      die Frage b anders zu beantworten, wenn die Zahlung für die Guthaben auch zur Berechtigung des Nutzers zum Erwerb von Gegenständen im selben Wert für den Fall dient, dass der Nutzer in der Auktion nicht den Zuschlag erhält;

d)      soweit Madbid durch die Ausgabe von Guthaben an ihre Nutzer gegen Zahlung von Geld keine Dienstleistung gegen Entgelt erbringt, davon auszugehen, dass sie zu einem anderen Zeitpunkt eine solche Dienstleistung erbringt;

und welche Grundsätze gelten für die Beantwortung dieser Fragen?

2.      Was ist bei richtiger Auslegung der Art. 2 Abs. 1, 14, 62, 63, 65, 73 und 79 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 unter Umständen wie denjenigen des Ausgangsverfahrens das Entgelt im Sinne der Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und 73, das Madbid als Gegenleistung für die von ihr an Nutzer erbrachten Lieferungen von Gegenständen erhält? Ist unter Berücksichtigung der Antwort auf Frage 1 insbesondere

a)      die Zahlung, die ein Nutzer an Madbid für Guthaben leistet, eine „Anzahlung“ für eine Lieferung von Gegenständen im Sinne von Art. 65, so dass „der Mehrwertsteueranspruch“ zum Zeitpunkt der Vereinnahmung dieser Zahlung „entsteht“ und die Zahlung, die Madbid von dem Nutzer erhält, das Entgelt für eine Lieferung von Gegenständen darstellt;

b)      soweit ein Nutzer Gegenstände über die Buy-Now- oder die Earned-Discount-Funktion erwirbt, der Wert der Guthaben, die für die Abgabe von Geboten in Auktionen verwendet werden, und soweit das Gebot unterliegt, dazu führen, dass ein Earned Discount entsteht oder der Buy-Now-Preis reduziert wird

i)      ein „Rabatt“ im Sinne von Art. 79 Buchst. b, so dass das Entgelt für die Lieferung der Gegenstände durch Madbid die Zahlung ist, die der Nutzer zum Zeitpunkt des Erwerbs der Gegenstände tatsächlich an Madbid leistet, oder

ii)      Teil des Entgelts für die Lieferung von Gegenständen, so dass das Entgelt für die Lieferung von Gegenständen durch Madbid sowohl die Zahlung umfasst, die der Nutzer an Madbid zum Zeitpunkt des Erwerbs der Gegenstände leistet, als auch die Zahlung, die der Nutzer für Guthaben leistet, die für die Abgabe unterlegener Gebote in Auktionen verwendet wurden;

c)      soweit ein Nutzer das Recht ausübt, nach Erlangung des Zuschlags in einer Online-Auktion Gegenstände zu erwerben, das Entgelt für die Lieferung dieser Gegenstände nur der genannte Zuschlagspreis (zuzüglich Versand und Bearbeitungsgebühren), oder ist der Wert der Guthaben, die der erfolgreiche Bieter für das Gebot in dieser Auktion verwendet hat, ebenso Bestandteil des Entgelts für die Lieferung dieser Gegenstände durch Madbid an den Nutzer;

oder welche Grundsätze gelten für die Beantwortung dieser Fragen?

3.      Inwieweit ist im Fall einer unterschiedlichen mehrwertsteuerlichen Behandlung eines Umsatzes durch zwei Mitgliedstaaten von den Gerichten eines dieser Mitgliedstaaten bei der Auslegung der einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts und des nationalen Rechts das Ziel zu berücksichtigen,

a)      eine Doppelbesteuerung des Umsatzes und/oder

b)      eine Nichtbesteuerung des Umsatzes zu vermeiden,

und welche Bedeutung kommt für diese Frage dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität zu?

27.      Madbid, die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Diese Beteiligten haben sich in der Sitzung vom 13. Dezember 2017 auch mündlich geäußert.

III. Analyse

A.      Zur ersten Vorlagefrage

28.      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen klären lassen, ob die Ausgabe von Guthaben an Nutzer durch Madbid gegen Zahlung von Geld die „Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt“ im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 ist oder ob sie als ein nicht unter Art. 2 Abs. 1 dieser Richtlinie fallender „Zwischenschritt“ der im Urteil vom 16. Dezember 2010, MacDonald Resorts (C‑270/09, EU:C:2010:780, Rn. 24), bezeichneten Art anzusehen ist.

29.      Ich fasse den Inhalt des Urteils des Gerichtshofs in der Rechtssache MacDonald Resorts kurz zusammen. Der Gerichtshof hatte über den Kauf sogenannter „Punkte-Rechte“ zu entscheiden, die von einem Unternehmen vergeben wurden, das Timesharing-Nutzungsrechte an in Urlaubsorten gelegenen Wohnanlagen vertrieb. Solche Punkte-Rechte berechtigten Kunden zur jährlichen Gutschrift von Punkten, die in das Recht zur vorübergehenden Nutzung einer Wohnanlage oder zu einem Hotelaufenthalt umgewandelt werden konnten. Der Gerichtshof entschied, dass der Kauf von Punkte-Rechten für die Kunden kein eigenständiges Ziel darstelle. Das mit dem Kauf von Punkte-Rechten verfolgte Endziel bestehe in der vorübergehenden Nutzung einer Wohnanlage oder in einem Hotelaufenthalt. Daher sei der Kauf von Punkte-Rechten als „Zwischenschrit[t] anzusehen, [der] getätigt [wird], um das Recht zur vorübergehenden Nutzung einer Wohnanlage [oder] die Gewährung von Unterkunft in einem Hotel … in Anspruch nehmen zu können“(8). Als solcher sei der Kauf von Punkte-Rechten kein mehrwertsteuerpflichtiger Umsatz im Sinne von Art. 2 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie(9). Lediglich die Lieferung des Rechts zur vorübergehenden Nutzung einer Wohnanlage oder zu einem Hotelaufenthalt sei im Sinne dieser Bestimmung mehrwertsteuerpflichtig gewesen(10).

30.      In der vorliegenden Rechtssache können Nutzer Guthabenpunkte von Madbid gegen Zahlung von Geld erwerben. Guthaben kann nicht dazu verwendet werden, unmittelbar im Madbid-Shop Artikel zu erwerben, sondern lediglich für die Abgabe von Geboten in Auktionen von Madbid. Es ist für die Abgabe solcher Gebote erforderlich.

31.      Wie oben unter den Nrn. 5 und 6 ausgeführt, kann die Ausgabe von Guthaben entweder als Dienstleistung (nämlich als Gewährung der Berechtigung zur Teilnahme an Madbid-Auktionen)(11) oder als ein nicht der Mehrwertsteuer unterliegender Zwischenschritt der im Urteil MacDonald Resorts bezeichneten Art angesehen werden (denn es kann argumentiert werden, dass der Kauf von Guthaben für die Nutzer kein eigenständiges Ziel darstelle und dass das von ihnen mit dem Kauf von Guthaben verfolgte Endziel im Erwerb von Gegenständen bestehe).

32.      Im ersteren Fall unterläge die Ausgabe von Guthaben durch Madbid in dem Mitgliedstaat, in dem Madbid ansässig ist(12), nämlich im Vereinigten Königreich, der Mehrwertsteuer. Dies war der Standpunkt von HMRC(13). Im letzteren Fall wäre Madbid hinsichtlich der späteren Lieferung von Gegenständen in dem Mitgliedstaat, in dem sich der Kunde bei Beendigung der Versendung oder Beförderung befindet, mehrwertsteuerpflichtig(14) (also in Deutschland, wenn die Gegenstände an einen Kunden in Deutschland gesendet werden). Dies war der Standpunkt der deutschen Steuerverwaltung(15).

33.      Madbid macht geltend, dass die Ausgabe von Guthaben ein Zwischenschritt der im Urteil MacDonald Resorts bezeichneten Art sei.

34.      Das Vereinigte Königreich und die Kommission machen geltend, dass die Ausgabe von Guthaben als Dienstleistung und nicht als ein Zwischenschritt anzusehen sei.

35.      Ich beginne mit der Untersuchung, ob die Ausgabe von Guthaben als Dienstleistung anzusehen ist, die, wenn sie gegen Entgelt erfolgt, einen mehrwertsteuerpflichtigen Umsatz im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 darstellt, oder ob es sich um einen nicht unter Art. 2 Abs. 1 dieser Richtlinie fallenden Zwischenschritt der im Urteil MacDonald Resorts bezeichneten Art handelt. Da die Ausgabe von Guthaben meines Erachtens eine Dienstleistung darstellt, prüfe ich dann weiter, ob sie gegen Entgelt erfolgt. Bei der Prüfung dieser beiden Aspekte der ersten Vorlagefrage berücksichtige ich den Umstand, dass Nutzer Gegenstände von Madbid entweder durch Zuschlag in einer Auktion und nachfolgenden Kauf des ersteigerten Artikels oder über die Buy-Now- und Earned-Discount-Funktion erwerben können.

1.      Ist die Ausgabe von Guthaben als ein Zwischenschritt der im Urteil MacDonald Resorts bezeichneten Art oder als Dienstleistung anzusehen?

a)      Die Ausgabe von Guthaben kann nicht als Zwischenschritt angesehen werden

36.      Es trifft zu, dass die Teilnahme an Madbid-Auktionen wohl nicht als ein eigenständiges Ziel der Nutzer betrachtet werden kann(16) und dass das mit dem Kauf von Guthaben verfolgte Endziel der Nutzer folglich im Erwerb von Gegenständen besteht.

37.      Meines Erachtens kann die Ausgabe von Guthaben jedoch nicht als ein Zwischenschritt der im Urteil MacDonald Resorts bezeichneten Art angesehen werden, der die Lieferung von Gegenständen bezweckt.

38.      Denn erstens können Guthaben, obwohl jedem Guthaben im Computersystem von Madbid ein bestimmter Geldwert zugeordnet ist, nicht als Währung verwendet werden, um damit unmittelbar im Madbid-Shop Ware einzukaufen. In der Sitzung hat der Vertreter von Madbid erklärt, dass Direktkäufe mit Kredit- oder Debitkarte bezahlt werden.

39.      Zweitens wird eine eigenständige Dienstleistung erbracht, nämlich die Gewährung der Berechtigung zur Teilnahme an Madbid-Auktionen. Durch die Teilnahme an Madbid-Auktionen erhalten die Nutzer die Chance, Gegenstände zu einem unter ihrem Marktwert liegenden Preis zu erwerben, da der Preis, zu dem der Zuschlag erfolgt, typischerweise unter dem Marktwert des versteigerten Artikels liegt. Im Gegensatz hierzu wird den Nutzern der Marktpreis des Artikels in Rechnung gestellt, wenn sie diesen unmittelbar im Madbid-Shop erwerben. Laut dem Vorabentscheidungsersuchen „[ist] [d]ie Entscheidung eines Madbid-Nutzers, Guthaben zu erwerben und sich nicht unmittelbar in den Madbid-Shop zu begeben, … somit eine Entscheidung dafür, die Chance auf einen Erwerb der angebotenen Waren unter – häufig weit unter – ihrem Shop-Preis zu erwerben. … Nutzer, die in einer Auktion Gebote abgeben, erwerben die Chance auf eine Preisreduzierung in Form der Erteilung des Zuschlags, die die Direktkäufer nicht haben“(17).

40.      Drittens ist der Nutzer, der in der Auktion den Zuschlag erhält, nicht zum Kauf der versteigerten Ware verpflichtet. Zahlt der Nutzer, der den Zuschlag erhalten hat, den Zuschlagspreis nicht innerhalb einer bestimmten Frist, verliert er die Berechtigung, die Ware zum Zuschlagspreis zu kaufen. Daher führt die Ausgabe von Guthaben nicht zwingend zur Lieferung der versteigerten Ware.

41.      Viertens wird der Wert des bei der Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens für den Fall, dass der Nutzer, der in der Auktion den Zuschlag erhalten hat, die Ware kauft, nicht auf den Zuschlagspreis angerechnet. Der Wert dieses Guthabens ist verbraucht. Anders gesagt kann das bei der Abgabe von Geboten verbrauchte Guthaben nicht für den Erwerb der versteigerten Ware verwendet werden.

42.      Fünftens wird dann, wenn der Nutzer, der in der Auktion den Zuschlag erhalten hat, die versteigerte Ware kauft und danach die Bestellung storniert, lediglich der Betrag des Zuschlagspreises erstattet. Der Wert von Guthaben, das bei der Abgabe von Geboten verwendet wurde, wird nicht erstattet.

43.      Sechstens unterscheidet sich der dem Urteil McDonald Resorts zugrunde liegende Sachverhalt von dem der vorliegenden Rechtssache.

44.      Tatsächlich war die im Urteil MacDonald Resorts in Rede stehende Leistung, die in der Gewährung von Unterkunft in einem Hotel oder in dem Recht zur vorübergehenden Nutzung einer Wohnanlage bestand, so lange nicht „vollständig erbracht“, bis die Punkte-Rechte in „konkrete Dienstleistungen“ (das Recht zum Aufenthalt in einem bestimmten Hotel oder zur zeitlich befristeten Nutzung einer bestimmten Wohnanlage) umgewandelt waren. Denn zu dem Zeitpunkt, an dem Kunden Punkte-Rechte erwarben, hatten sie keine Kenntnis, welche Unterkunft in einem bestimmten Jahr zur Verfügung stehen oder welchen Punktewert ein Urlaubsaufenthalt in der betreffenden Unterkunft haben würde. Zum Zeitpunkt des Erwerbs von Punkte-Rechten waren die Dienstleistungen nicht bestimmt(18).

45.      In der vorliegenden Rechtssache ist es dagegen so, dass Nutzern, wenn sie Guthabenpunkte erwerben, bekannt ist, welche Dienstleistung ihnen erbracht werden wird, nämlich dass sie das Recht zur Teilnahme an Madbid-Auktionen erwerben. Wie die Kommission vorgetragen hat, ist diese Leistung bestimmt, und sie wird unverzüglich erbracht (da Nutzer unmittelbar nach Erwerb von Guthabenpunkten Gebote in Madbid-Auktionen abgeben können).

46.      Folglich kann der Erwerb von Guthabenpunkten nicht als ein Zwischenschritt angesehen werden, der zum Zweck der Lieferung von Gegenständen erfolgt.

b)      Es stellt keinen Zwischenschritt dar, wenn bei der Abgabe von Geboten verwendetes Guthaben zum Erwerb von Artikeln über die Buy-Now- oder Earned-Discount-Funktion verwendet wird

47.      Wie oben in den Nrn. 20 bis 22 erläutert, ist der Wert von zur Abgabe von Geboten verwendeten Guthaben nicht verbraucht, wenn sich ein Nutzer aus einer Auktion zurückzieht oder darin nicht erfolgreich ist(19).

48.      Tatsächlich kann ein Nutzer während einer Auktion Artikel von Madbid erwerben, indem er die Buy-Now-Schaltfläche anklickt. In diesem Fall wird der Wert des Guthabens, das der betreffende Nutzer in einer Auktion zur Abgabe von Geboten verwendet hat, auf den ursprünglichen Buy-Now-Preis angerechnet.

49.      Außerdem kann ein Nutzer Artikel von Madbid über die Earned-Discount-Funktion erwerben. In diesem Fall wird der Earned Discount, der betraglich mit dem Wert des Guthabens, das der betreffende Nutzer zur Abgabe von Geboten in Madbid-Auktionen verwendet hat, übereinstimmt, auf den Preis der im Madbid-Shop angebotenen Artikel angerechnet.

50.      Nach Auffassung von Madbid belegt der Umstand, dass bei der Abgabe von Geboten verwendetes Guthaben benutzt werden kann, um Gegenstände unmittelbar im Online-Shop von Madbid zu erwerben, dass die Ausgabe von Guthaben ein Zwischenschritt der im Urteil MacDonald Resorts bezeichneten Art ist.

51.      Dieses Argument stellt mein oben in Nr. 46 formuliertes Ergebnis meines Erachtens jedoch nicht in Frage.

52.      Denn erstens kann lediglich der Wert des bei der Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens auf den Preis von Artikeln angerechnet werden, die über die Buy-Now- oder Earned-Discount-Funktion erworben wurden. Guthaben, das nicht bei der Abgabe von Geboten verwendet wurde, kann auf den Preis dieser Artikel nicht angerechnet werden.

53.      Zweitens ist dem Nutzer, dem eine Reduzierung des ursprünglichen Buy-Now-Preises oder des Preises im Madbid-Shop gewährt wird, eine Dienstleistung erbracht worden. Dieser Nutzer hat an einer Auktion teilgenommen, die ihm die Chance gab, den versteigerten Gegenstand zu einem unter dem Marktwert liegenden Preis zu erwerben. Es ist irrelevant, dass der betreffende Nutzer sich dazu entschied, diese Chance nicht wahrzunehmen (indem er die Buy-Now-Schaltfläche anklickte), oder dass er kein Glück hatte und in der Auktion nicht erfolgreich war, so dass er den vollen Marktpreis des Artikels zahlen muss(20). Das ändert nichts an der Tatsache, dass ihm eine eigenständige Dienstleistung erbracht wurde. Denn der betreffende Nutzer hätte sich dazu entscheiden können, Artikel unmittelbar im Madbid-Shop zu erwerben, ohne zuerst an einer Auktion teilzunehmen(21). Er hätte dann denselben, d. h. den vollen Verkaufspreis bezahlt.

54.      Unter diesem Aspekt ist das Argument von Madbid, der Sachverhalt der vorliegenden Rechtssache sei dem im Urteil Société thermale d’Eugénie-les-Bains ähnlich, zurückzuweisen. Im Urteil Société thermale d’Eugénie-les-Bains entschied der Gerichtshof, dass das von einem Kunden bei der Reservierung eines Hotelzimmers gezahlte Angeld, das bei Benutzung des Zimmers durch den Kunden voll auf den Zimmerpreis angerechnet werde, keine Gegenleistung für eine eigenständige und bestimmbare Leistung darstelle(22). Nach Auffassung von Madbid folgt hieraus, dass ein Guthaben, das bei der Abgabe von Geboten verwendet und dessen Wert auf den Preis von Artikeln, die über die Buy-Now- oder Earned-Discount-Funktion erworben würden, angerechnet werde, kein Entgelt für eine Dienstleistung darstelle. Meines Erachtens wurde dem Nutzer jedoch eine eigenständige Dienstleistung erbracht, da ihm gestattet wurde, an einer Auktion teilzunehmen. Der Sachverhalt der vorliegenden Rechtssache unterscheidet sich von dem im Urteil Société thermale d’Eugénie-les-Bains.

55.      Drittens stellt sich der Wert von Guthaben, das bei der Abgabe von Geboten verwendet wird, als eine nicht genutzte Gelegenheit dar, weil Nutzer davon absehen, einen Direktkauf zu tätigen, bei dem der Wert des Guthabens in Abzug gebracht werden kann(23).

56.      Viertens wird dann, wenn ein Nutzer einen Artikel über die Buy-Now- oder Earned-Discount-Funktion erwirbt und danach die Bestellung storniert, lediglich der ursprüngliche Buy-Now-Preis oder der Preis im Madbid-Shop erstattet. Der Wert des bei der Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens wird nicht erstattet.

57.      Daher kann die Ausgabe von Guthaben nicht als ein Zwischenschritt angesehen werden, der zwecks Lieferung von Gegenständen erfolgt. Sie muss als eine Dienstleistung, nämlich als die Gewährung der Berechtigung zur Teilnahme an Madbid-Auktionen, angesehen werden.

58.      Der Vollständigkeit halber habe ich darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung mehrere formal eigenständige Leistungen als ein einheitlicher Umsatz anzusehen sind, wenn sie so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre, oder wenn eine oder mehrere Leistungen die Hauptleistung und der oder die anderen Leistungen Nebenleistungen darstellen, die steuerlich somit ebenso zu behandeln sind wie die Hauptleistung(24). Alle Verfahrensbeteiligten sind sich darüber einig, dass diese Rechtsprechung hier nicht anwendbar ist. Erstens bin ich der Auffassung, dass die Ausgabe von Guthaben und die Lieferung von Gegenständen nicht als eine einzige, untrennbare Leistung angesehen werden kann, weil Kunden Gegenstände auch unmittelbar im Madbid-Shop erwerben können, ohne an Auktionen teilzunehmen. Zweitens kann die Ausgabe von Guthaben meines Erachtens nicht als eine Nebenleistung zur Lieferung von Gegenständen angesehen werden, da die Buy-Now- und die Earned-Discount-Funktion sicherstellen sollen, dass Nutzer durch die Teilnahme an Auktionen kein Geld verlieren können. Daher ist es Zweck dieser Funktionen, Nutzer dazu zu veranlassen, an Auktionen teilzunehmen. Auch kann die Lieferung von Gegenständen nicht als Nebenleistung zur Ausgabe von Guthaben angesehen werden, da es selten vorkommt, dass Nutzer davon absehen, Guthaben zu verwenden oder Artikel über die Buy-Now- oder Earned-Discount-Funktion zu erwerben. Folglich ist die oben angeführte Rechtsprechung hier nicht anwendbar.

2.      Wird Guthaben im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 gegen Entgelt ausgegeben?

59.      Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 muss eine Dienstleistung gegen Entgelt erfolgen, um dieser Richtlinie zu unterliegen.

60.      Nach gefestigter Rechtsprechung wird eine Dienstleistung nur dann im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 gegen Entgelt erbracht, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet. Der Gerichtshof hat entschieden, dass dies der Fall ist, wenn es zwischen der erbrachten Leistung und dem erhaltenen Entgelt einen unmittelbaren Zusammenhang gibt, wobei die gezahlten Beträge die tatsächliche Gegenleistung für eine bestimmbare Leistung darstellen, die im Rahmen eines solchen Rechtsverhältnisses erbracht wurde(25).

61.      Madbid macht geltend, dass, sollte die Ausgabe von Guthaben als Dienstleistung anzusehen sein, diese Leistung nicht gegen Entgelt erfolgte.

62.      Die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Kommission machen geltend, dass die Ausgabe von Guthaben gegen Entgelt erfolge, wobei das Entgelt der Betrag sei, den die Nutzer für die Ausgabe von Guthaben bezahlen.

63.      Meiner Meinung nach erfolgt die Ausgabe von Guthaben im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 gegen Entgelt. Dieses Entgelt besteht in dem Betrag, den die Nutzer für die Ausgabe von Guthaben bezahlen(26).

64.      Erstens gibt es ein Rechtsverhältnis zwischen Madbid und den Nutzern. Nach dem Inhalt des Vorabentscheidungsersuchens müssen Personen, wenn sie sich online als Nutzer registrieren, den Vertragsbedingungen von Madbid zustimmen. Spätere Käufe von Guthaben sind Rechtsverhältnisse zwischen Madbid und den Nutzern.

65.      Zweitens gibt es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Gewährung der Berechtigung zur Teilnahme an Madbid-Auktionen und dem Betrag, den Nutzer für die Ausgabe von Guthaben bezahlen. Denn Guthaben werden zur Abgabe von Geboten in Madbid-Auktionen verwendet.

66.      Außerdem besteht dann, wenn ein Nutzer in einer Auktion den Zuschlag erhält, kein Zusammenhang zwischen der Lieferung des versteigerten Artikels und dem für die Ausgabe von Guthaben bezahlten Preis. Denn der Wert der für die Abgabe von Geboten in dieser Auktion verwendeten Guthabenpunkte ist verbraucht. Er wird nicht auf den Zuschlagspreis angerechnet. Außerdem kommt es unter Umständen nicht zur Lieferung von Gegenständen, da die Person, die den Zuschlag erhalten hat, nicht zum Kauf des ersteigerten Artikels verpflichtet ist.

67.      Ferner ist der Zusammenhang zwischen der Lieferung von Gegenständen, die über die Buy-Now- oder Earned-Discount-Funktion erworben wurden, und dem für die Ausgabe von Guthaben bezahlten Preis dann, wenn ein Nutzer sich aus einer Auktion zurückzieht oder in dieser nicht erfolgreich ist, ein mittelbarer, wie die Regierung des Vereinigten Königreichs geltend macht. Es trifft zu, dass der Wert von Guthaben, die bei der Abgabe von Geboten verwendet wurden, auf den ursprünglichen Buy-Now-Preis oder auf den Preis im Madbid-Shop angerechnet wird. Jedoch kann nur der Wert von Guthabenpunkten, die bei der Abgabe von Geboten verwendet wurden, auf den Artikelpreis angerechnet werden. Außerdem kommt es gelegentlich nicht zu einer Lieferung von Gegenständen, wenn der Nutzer davon absieht, Käufe zu tätigen, bei denen der Wert von Guthaben, das bei der Abgabe von Geboten verwendet wurde, vom Preis in Abzug gebracht werden kann.

68.      Ich gelange zu dem Ergebnis, dass die Ausgabe von Guthaben im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 gegen Entgelt erfolgt. Dieses Entgelt ist der Betrag, den Nutzer für die Ausgabe von Guthaben bezahlen.

3.      Keine sonstigen Leistungen gegen Entgelt

69.      Der Vollständigkeit halber ist anzuführen, dass Madbid abgesehen von der Ausgabe von Guthaben keine Dienstleistungen gegen Entgelt im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 erbringt. Weder wird eine Leistung erbracht, wenn ein Nutzer in einer Auktion ein Gebot abgibt (da die ausgegebenen Guthabenpunkte dem Nutzer die Abgabe von Geboten ermöglichen), noch ist dies der Fall, wenn Guthaben oder der durch Guthaben geschaffene Earned Discount verfällt (da von Madbid zu diesem Zeitpunkt keine zusätzliche Leistung erbracht wird).

70.      Daher hat die Antwort auf die erste Vorlagefrage zu lauten, dass unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, in dem es um ein Unternehmen geht, das eine Online-Penny-Auktions-Plattform betreibt und außerdem Waren unmittelbar über einen Online-Shop vertreibt, in der Ausgabe von Guthaben, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen, durch das Unternehmen an registrierte Nutzer, die es diesen zwar ermöglichen, im Rahmen der Auktionen des Unternehmens Gebote abzugeben, jedoch nicht unmittelbar gegen Gegenstände eingetauscht werden können, kein Zwischenschritt der in Rn. 24 des Urteils vom 16. Dezember 2010, MacDonald Resorts (C‑270/09, EU:C:2010:780), genannten Art gesehen werden kann, der als solcher nicht unter Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 fallen würde. Die Ausgabe von Guthaben stellt eine Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c dar, wobei die Gegenleistung in dem von den Nutzern für die Ausgabe gezahlten Betrag besteht. Die Ausgabe von Guthaben gegen Zahlung dieses Betrags ist auch dann eine Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112, wenn der Nutzer sich aus einer Auktion zurückzieht oder in ihr nicht erfolgreich ist und daraufhin von dem Unternehmen Gegenstände unter Anrechnung des Wertes des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens auf den Kaufpreis erwirbt.

B.      Zur zweiten Vorlagefrage

71.      Mit der zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen klären lassen, was als Entgelt für die Lieferung von Gegenständen durch Madbid im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 anzusehen ist.

72.      Erstens fragt das vorlegende Gericht, ob der von Nutzern für die Ausgabe von Guthaben bezahlte Betrag als Anzahlung im Sinne von Art. 65 der vorgenannten Richtlinie anzusehen ist, so dass sie als ein Teil des Entgelts für die Lieferung von Gegenständen zu betrachten ist. Zweitens fragt das vorlegende Gericht, ob der Wert dieses Guthabens dann, wenn der Nutzer in der Auktion nicht erfolgreich ist und der Wert des Guthabens, das für die Abgabe von Geboten verwendet wurde, auf den Preis der Gegenstände, die über die Buy-Now- oder Earned-Discount-Funktion erworben wurden, angerechnet wird, einen Rabatt im Sinne von Art. 79 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 darstellt, oder ob er Teil des Entgelts für diese Lieferung von Gegenständen ist. Drittens fragt das vorlegende Gericht, ob dann, wenn der Nutzer in der Auktion den Zuschlag erhält und den ersteigerten Artikel erwirbt, das Entgelt für dessen Lieferung nur den Zuschlagspreis zuzüglich Versandkosten und Bearbeitungsgebühr oder ob es auch den Wert des Guthabens umfasst, das zur Abgabe von Geboten in dieser Auktion verwendet wurde.

73.      Ich untersuche zuerst, ob der für die Ausgabe von Guthaben gezahlte Betrag eine Anzahlung im Sinne von Art. 65 der Richtlinie 2006/112 ist, als Zweites, worin die Gegenleistung für die Lieferung des in der Auktion ersteigerten Artikels besteht, sowie drittens, was das Entgelt für Lieferung von Gegenständen ist, die über die Buy-Now- oder Earned-Discount-Funktion erworben wurden.

1.      Der für die Ausgabe von Guthaben bezahlte Betrag ist keine Anzahlung im Sinne von Art. 65 der Richtlinie 2006/112

74.      Nach Art. 63 der Richtlinie 2006/112 entsteht der Mehrwertsteueranspruch, sobald die Lieferung von Gegenständen bewirkt oder die Dienstleistung erbracht wird.

75.      Nach Art. 65 der Richtlinie entsteht der Steueranspruch jedoch dann, wenn „Anzahlungen geleistet [werden], bevor die Lieferung von Gegenständen bewirkt oder die Dienstleistung erbracht ist, … zum Zeitpunkt der Vereinnahmung entsprechend dem vereinnahmten Betrag“.

76.      Damit der Steueranspruch in einem solchen Fall entstehen kann, ist es nach der Rechtsprechung erforderlich, dass alle maßgeblichen Elemente des Steuertatbestands, d. h. der künftigen Lieferung oder der künftigen Dienstleistung, bereits bekannt und somit insbesondere die Gegenstände oder die Dienstleistungen zum Zeitpunkt der Anzahlung genau bestimmt sind(27).

77.      Madbid und die Regierung des Vereinigten Königreichs sind sich darüber einig, dass der von Nutzern für die Ausgabe von Guthaben bezahlte Betrag keine Anzahlung im Sinne von Art. 65 der Richtlinie 2006/112 darstellt. Die Kommission hat sich zu diesem Punkt nicht geäußert.

78.      Meines Erachtens kann der für die Ausgabe von Guthaben bezahlte Betrag nicht als eine vor der Lieferung von Gegenständen geleistete Anzahlung im Sinne von Art. 65 der Richtlinie 2006/112 angesehen werden.

79.      Wie oben in den Nrn. 63 bis 68 erläutert, ist der für die Ausgabe von Guthaben bezahlte Betrag das Entgelt für eine Dienstleistung (nämlich die Gewährung der Berechtigung zur Teilnahme an Madbid-Auktionen) und nicht für die (etwaige) Lieferung von Gegenständen nach einer Auktion. Dies sind zwei gesonderte Umsätze. Der als Entgelt für den einen Umsatz gezahlte Betrag kann nicht als Anzahlung auf das Entgelt für den anderen Umsatz angesehen werden.

80.      Wie Madbid geltend gemacht hat, ist den Nutzern jedenfalls in dem Zeitpunkt, in dem sie Guthaben kaufen, nicht bekannt, welche Gegenstände sie von Madbid erwerben werden(28). Diese Gegenstände sind nicht wie von der oben in Nr. 76 zitierten Rechtsprechung vorgeschrieben genau bestimmt.

81.      Folglich kann der für die Ausgabe von Guthaben bezahlte Betrag nicht als eine vor der Lieferung von Gegenständen geleistete Anzahlung im Sinne von Art. 65 der Richtlinie 2006/112 angesehen werden.

2.      Was ist die Gegenleistung für die Lieferung des in einer Auktion ersteigerten Artikels?

82.      Gemäß Art. 73 der Richtlinie 2006/112 umfasst die Steuerbemessungsgrundlage alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistungserbringer für die Lieferung oder Dienstleistung erhält oder erhalten soll.

83.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs „stellt diese Gegenleistung den ‚subjektiven‘, nämlich im konkreten Fall tatsächlich erhaltenen Wert und nicht einen nach objektiven Maßstäben geschätzten Wert dar“(29).

84.      Madbid macht geltend, dass die Gegenleistung für die Lieferung des in einer Auktion ersteigerten Artikels nicht nur den Zuschlagspreis zuzüglich Versandkosten und Bearbeitungsgebühr, sondern auch den Wert des Guthabens umfasst, das in der betreffenden Auktion zur Abgabe von Geboten verwendet wurde.

85.      Die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Kommission machen geltend, dass Gegenleistung für die Lieferung des in einer Auktion ersteigerten Artikels nur der Zuschlagspreis zuzüglich Versandkosten und Bearbeitungsgebühr sei.

86.      Meines Erachtens ist die Gegenleistung für die Lieferung des in einer Auktion ersteigerten Artikels nur der Zuschlagspreis zuzüglich Versandkosten und Bearbeitungsgebühr. Der für die Ausgabe von Guthaben, das in der betreffenden Auktion zur Abgabe von Geboten verwendet wurde, bezahlte Betrag ist keine Gegenleistung für die Lieferung des betreffenden Artikels, da er, wie oben in den Nrn. 63 bis 68 erläutert, die Gegenleistung für die Gewährung der Berechtigung zur Teilnahme an der besagten Auktion ist, wobei es sich um einen gesonderten Umsatz handelt.

3.      Was ist die Gegenleistung für die Lieferung von Gegenständen, die über die Buy-Now- oder Earned-Discount-Funktion erworben wurden?

87.      Das vorlegende Gericht stellt die Frage, ob dann, wenn der Nutzer Gegenstände über die Buy-Now- oder Earned-Discount-Funktion erwirbt, die Gegenleistung für die Lieferung von Gegenständen der ursprüngliche Buy-Now-Preis bzw. der Preis im Online-Shop von Madbid oder der ursprüngliche Buy-Now-Preis bzw. der Preis im Online-Shop von Madbid abzüglich des Wertes des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens ist.

88.      Madbid macht geltend, dass dann, wenn ein Gegenstand über die Buy-Now- oder Earned-Discount-Funktion erworben wird, die Gegenleistung für die Lieferung dieses Gegenstands den Wert des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens umfasst.

89.      Die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Kommission machen geltend, dass die Gegenleistung für die Lieferung des betreffenden Gegenstands der ursprüngliche Buy-Now-Preis bzw. der Preis im Madbid-Shop zuzüglich Versandkosten und Bearbeitungsgebühr sowie abzüglich des Wertes des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens ist.

a)      Der Wert des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens ist nicht Teil der Gegenleistung für die Lieferung von Gegenständen, die über die Buy-Now- oder Earned-Discount-Funktion erworben wurden

90.      Ich vertrete den Standpunkt, dass dann, wenn Gegenstände über die Buy-Now- oder Earned-Discount-Funktion erworben werden, die Gegenleistung für diese Lieferung von Gegenständen der ursprüngliche Buy-Now-Preis bzw. der Preis im Madbid-Shop zuzüglich Versandkosten und Bearbeitungsgebühr sowie abzüglich des Wertes des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens ist(30).

91.      Denn der für die Ausgabe von Guthaben, das für die Abgabe von Geboten verwendet wurde, gezahlte Betrag ist wie oben in den Nrn. 63 bis 68 erläutert das Entgelt für eine Dienstleistung, nämlich die Gewährung der Berechtigung zur Teilnahme an Madbid-Auktionen. Daher kann dieser Betrag nicht Teil der Gegenleistung für die spätere Lieferung von Gegenständen sein, die über die Buy-Now- oder Earned-Discount-Funktion erworben wurden, bei der es sich um einen eigenständigen Umsatz handelt.

92.      Folglich ist der Wert des Guthabens, das für die Abgabe von Geboten verwendet wurde und auf den ursprünglichen Buy-Now-Preis bzw. auf den Preis im Madbid-Shop angerechnet wird, als ein Rabatt im Sinne von Art. 79 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 auf den Preis der Gegenstände anzusehen, die über die Buy-Now- oder Earned-Discount-Funktion erworben wurden. Somit ist der Wert dieses Guthabens nicht Teil der Steuerbemessungsgrundlage für die Lieferung dieser Gegenstände.

93.      Sollten Guthaben außerdem als Gutscheine anzusehen sein, die, sobald sie zur Abgabe von Geboten verwendet worden sind, benutzt werden können, um einen Nachlass auf den Preis von über die Buy-Now- oder Earned-Discount-Funktion erworbenen Artikeln zu erlangen(31), so stünde dies im Einklang mit der Feststellung des Gerichtshofs im Urteil Elida Gibbs, dass Besteuerungsgrundlage der Verkaufspreis der Waren abzüglich des Wertes des Gutscheins(32) und in der vorliegenden Rechtssache der ursprüngliche Buy-Now-Preis der Artikel oder ihr Preis im Madbid-Shop (zuzüglich Versandkosten und Bearbeitungsgebühr) abzüglich des Wertes der bei der Abgabe von Geboten verwendeten Guthaben ist.

b)      Die Situation bei Übereinstimmung des Wertes des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens mit dem ursprünglichen Buy-Now-Preis oder dem Preis im Madbid-Shop

94.      Allerdings macht der Rabatt dann, wenn der Wert des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens mit dem ursprünglichen Buy-Now-Preis oder dem Preis im Madbid-Shop übereinstimmt, 100 Prozent (%) des Preises der Artikel aus, die über die Buy-Now- oder Earned-Discount-Funktion erworben wurden. In dieser Situation stellt sich die Frage, ob der Wert des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens einen Rabatt im Sinne von Art. 79 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 darstellt.

95.      In diesem Zusammenhang ist auf das Urteil vom 27. April 1999, Kuwait Petroleum (C‑48/97, EU:C:1999:203), zu verweisen. In dieser Rechtssache bot eine Erdölgesellschaft Kunden für je zwölf Liter gekauften Treibstoff einen Gutschein an. Diese Gutscheine konnten gegen aus einem Katalog ausgewählte Gegenstände (im Folgenden: Einlösegegenstände) eingelöst werden. Der Preis für den Treibstoff war der gleiche, ob die Kunden nun Gutscheine annahmen oder eben nicht. Wie oben ausgeführt entschied der Gerichtshof, dass den Kunden kein Rabatt auf den Preis der Einlösegegenstände gewährt werde, da der in Art. 11 A Abs. 3 Buchst. b der Sechsten Richtlinie enthaltene Begriff „Rabatt“(33), nunmehr Art. 79 Buchst. b der Richtlinie 2006/112, auf Herabsetzungen in Höhe von 100 Prozent (%) des Preises nicht angewendet werden könne(34). Die Einlösegegenstände würden somit unentgeltlich abgegeben. Nach Art. 5 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie, nunmehr Art. 16 der Richtlinie 2006/112(35), ist eine unentgeltliche Abgabe wie eine Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt zu behandeln, wenn diese Gegenstände zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigen(36).

96.      Madbid argumentiert in ihren schriftlichen Erklärungen, aus dem Urteil Kuwait Petroleum folge, dass der Wert des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens nicht als ein Rabatt im Sinne von Art. 79 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 angesehen werden könne.

97.      Auf Nachfrage in der Sitzung zu diesem Punkt erklärte die Regierung des Vereinigten Königreichs, dass dann, wenn der Wert eines für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens gleich hoch wie der ursprüngliche Buy-Now-Preis oder der Preis im Madbid-Shop sei, die Gegenleistung für die Lieferung von Gegenständen, die über die Buy-Now- oder Earned-Discount-Funktion erworben wurden, nicht null sei. Vielmehr müssten in dieser Situation Versandkosten und die Bearbeitungsgebühr bezahlt werden. Diese seien Teil der Gegenleistung für die betreffende Lieferung von Gegenständen und könnten durch das für die Abgabe von Geboten verwendete Guthaben nicht herabgesetzt werden.

98.      Nach Ansicht der Kommission folgt aus dem Urteil Kuwait Petroleum, dass in der Situation, in der der Wert des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens gleich hoch sei wie der ursprüngliche Buy-Now-Preis oder der Preis im Madbid-Shop, Gegenstände unentgeltlich im Sinne von Art. 16 der Richtlinie 2006/112 abgegeben werden. Daher sei die Steuerbemessungsgrundlage in dieser Situation nach Art. 74 der Richtlinie der von Madbid bezahlte Einkaufspreis. Die Kommission hob jedoch hervor, dass Madbid Gegenstände regelmäßig nicht unentgeltlich abgebe, so dass das Urteil Kuwait Petroleum für die vorliegende Rechtssache kaum relevant sei.

99.      Meines Erachtens folgt entgegen der Argumentation von Madbid aus dem Urteil Kuwait Petroleum nicht, dass der Wert des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens keinen Rabatt im Sinne von Art. 79 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 darstellt. Denn in der genannten Rechtssache machte der Rabatt tatsächlich den gesamten Preis der Einlösegegenstände aus, während die Dinge in der vorliegenden Rechtssache so liegen, dass der Wert des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens, das auf den ursprünglichen Buy-Now-Preis oder den Preis im Madbid-Shop angerechnet wird, typischerweise unter diesem Preis liegt(37). Daher wird in der vorliegenden Rechtssache ein Teil des Artikelpreises typischerweise mit einem der akzeptierten Zahlungsverfahren wie Kredit- oder Debitkarte bezahlt.

100. Ferner bin ich der Ansicht, dass dann, wenn der Wert des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens gleich hoch ist wie der ursprüngliche Buy-Now-Preis oder der Preis im Madbid-Shop, die Lieferung von Gegenständen, die über die Buy-Now- oder Earned-Discount-Funktion erworben wurden, keine unentgeltliche Abgabe im Sinne von Art. 16 der Richtlinie 2006/112 ist.

101. Es trifft zu, dass es in der Rechtssache Kuwait Petroleum zwei gesonderte Umsätze (nämlich die Lieferung von Treibstoff und die Lieferung von Einlösegegenständen) gab und dass der Preis für den Treibstoff unabhängig davon, ob die Kunden Gutscheine akzeptierten, derselbe war. In ähnlicher Weise gibt es auch in der vorliegenden Rechtssache zwei Umsätze, wobei der für das Guthaben bezahlte Betrag unabhängig davon, ob der Nutzer es für die Abgabe von Geboten verwendet oder dies innerhalb der Frist von 180 Tagen(38) unterlässt und ob der Nutzer den Wert des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens auf den ursprünglichen Buy-Now-Preis bzw. den Preis im Madbid-Shop anrechnet oder ob er dies innerhalb der Frist von 365 Tagen unterlässt, der gleiche ist(39).

102. Ich muss jedoch hervorheben, dass der Gerichtshof dem vorlegenden Gericht im Urteil Kuwait Petroleum zu überprüfen aufgab, ob ein Teil des für den Treibstoff bezahlten Preises, sei dieser nun der Höhe nach bestimmbar oder nicht, ein Entgelt für die Einlösegegenstände war. Der Grund dafür, dass der Gerichtshof trotzdem zu dem Schluss gelangte, dass die Lieferung der Einlösegegenstände eine unentgeltliche Abgabe darstellte, lag darin, dass der Preis für den Treibstoff unabhängig davon, ob die Kunden die Gutscheine akzeptierten, der gleiche war, was als ein starker Hinweis darauf gelten konnte, dass die Lieferung der Einlösegegenstände eine unentgeltliche Abgabe darstellte(40). In der vorliegenden Rechtssache dagegen ist der Preis für die von Madbid erworbenen Gegenstände klar bestimmbar. Wenn ein Nutzer Artikel über die Buy-Now-Funktion erwirbt, werden dem Nutzer der ursprüngliche Buy-Now-Preis sowie der neue Preis (d. h. der ursprüngliche Buy-Now-Preis abzüglich des Wertes des Guthabens, das der betreffende Nutzer in der betreffenden Auktion für die Abgabe von Geboten verwendet hat) angezeigt(41). Ähnlich wird der Preis von im Madbid-Shop angebotenen Gegenständen notwendigerweise in diesem Shop angezeigt, da diese Gegenstände von Kunden erworben werden können, die kein Guthaben gekauft haben und die folglich keinen Earned Discount gewährt bekommen haben, der auf diesen Preis angerechnet werden könnte. Daher werden in der vorliegenden Rechtssache die über die Buy-Now- oder Earned-Discount-Funktion erworbenen Gegenstände gegen Zahlung eines bestimmten Betrags geliefert. Ferner ist die Zahlung dieses Betrags von der Zahlung für die Ausgabe von Guthaben gesondert. Tatsächlich ist es so, dass die erstere Zahlung notwendigerweise nach der letzteren Zahlung ausgeführt wird, da dem Nutzer zum Zeitpunkt des Kaufs von Guthaben nicht bekannt ist, welche Gegenstände er von Madbid zu welchem Preis erwerben wird. Folglich werden dann, wenn der Wert des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens gleich hoch ist wie der ursprüngliche Buy-Now-Preis oder der Preis im Madbid-Shop, über die Buy-Now- oder Earned-Discount-Funktion erworbene Gegenstände nicht unentgeltlich im Sinne von Art. 16 der Richtlinie 2006/112 abgegeben.

103. Jedenfalls ist anzumerken, dass Nutzer wie vom Vertreter der Regierung des Vereinigten Königreichs vorgetragen Versandkosten und Bearbeitungsgebühr selbst dann zahlen müssen, wenn der Wert des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens gleich hoch ist wie der ursprüngliche Buy-Now-Preis oder der Preis im Online-Shop von Madbid. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts zu prüfen, ob der Verkauf von Gegenständen und ihr Versand durch Madbid als gesonderte Umsätze anzusehen sind. Ich weise jedoch darauf hin, dass die Regierung des Vereinigten Königreichs in der Sitzung ohne einen entsprechenden Widerspruch von Madbid oder der Kommission erklärt hat, dass Madbid immer dann, wenn sie Gegenstände verkaufe und an Kunden ausliefere, eine einheitliche Lieferung von Gegenständen vornehme. Sollte dies der Fall sein, wären Versandkosten und Bearbeitungsgebühr als Teil der Gegenleistung für die Lieferung von Gegenständen anzusehen. Diese Lieferung wäre dann keine unentgeltliche Abgabe im Sinne von Art. 16 der Richtlinie 2006/112.

104. Daher muss der Wert von Guthaben meines Erachtens selbst dann, wenn der Wert des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens gleich hoch ist wie der ursprüngliche Buy-Now-Preis oder der Preis im Online-Shop von Madbid, als ein Rabatt im Sinne von Art. 79 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 angesehen werden. Die Madbid zuzuordnende Steuerbemessungsgrundlage ist wie oben in den Nrn. 92 und 93 ausgeführt der Verkaufspreis der Gegenstände (der ursprüngliche Buy-Now-Preis oder der Preis im Madbid-Shop) zuzüglich Versandkosten und Bearbeitungsgebühr sowie abzüglich des Wertes des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens.

105. Demzufolge hat die Antwort auf die zweite Vorlagefrage zu lauten, dass der Betrag, der für die Ausgabe von Guthaben, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen, gezahlt wird, keine vor Bewirkung der Lieferung geleistete Anzahlung im Sinne von Art. 65 der Richtlinie 2006/112 darstellt. Erhält der Nutzer in der Auktion den Zuschlag, umfasst die Gegenleistung für die Lieferung des ersteigerten Gegenstands nur den Zuschlagspreis zuzüglich Versandkosten und einer Bearbeitungsgebühr. Der Wert des im Rahmen der Auktion für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens ist nicht Teil der Gegenleistung für die Lieferung des ersteigerten Gegenstands. Wenn der Nutzer sich aus einer Auktion zurückzieht oder in ihr nicht erfolgreich ist und daraufhin von dem Unternehmen Gegenstände unter Anrechnung des Wertes des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens auf den Kaufpreis erwirbt, besteht die Gegenleistung für die Lieferung der Gegenstände in diesem Preis, zuzüglich der Versandkosten und einer Bearbeitungsgebühr sowie abzüglich des Wertes des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens. In diesem Fall ist der Wert des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens als Rabatt im Sinne von Art. 79 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 anzusehen.

C.      Zur dritten Vorlagefrage

106. Mit der dritten Frage möchte das vorlegende Gericht klären lassen, in welchem Umfang dann, wenn zwei Mitgliedstaaten einen Umsatz mehrwertsteuerrechtlich unterschiedlich behandeln, die Gerichte eines dieser Mitgliedstaaten das Bestreben um Vermeidung einer Doppelbesteuerung und umgekehrt die Nichtbesteuerung des betreffenden Umsatzes sowie den Grundsatz der steuerlichen Neutralität zu berücksichtigen haben.

107. Ich bin der Auffassung, dass die Antwort auf die dritte Vorlagefrage wie von der Kommission geltend gemacht dahin lauten muss, dass, wenn die Gerichte eines Mitgliedstaats, gegen deren Entscheidung nach nationalem Recht ein Rechtsmittel gegeben ist, Kenntnis davon haben, dass die Auslegung der Bestimmungen der Richtlinie 2006/112 durch die Gerichte oder Steuerbehörden eines anderen Mitgliedstaats von ihrer eigenen Auslegung abweicht, sie die Sache nach Art. 267 AEUV dem Gerichtshof vorlegen können.

IV.    Ergebnis

108. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen des First-tier Tribunal (Tax Chamber) (Gericht erster Instanz [Steuerkammer], Vereinigtes Königreich) wie folgt zu beantworten:

1.      Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, in dem es um ein Unternehmen geht, das eine Online-Penny-Auktions-Plattform betreibt und außerdem Waren unmittelbar über einen Online-Shop vertreibt, kann in der Ausgabe von Guthaben, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen, durch das Unternehmen an registrierte Nutzer, die es diesen zwar ermöglichen, im Rahmen der Auktionen des Unternehmens Gebote abzugeben, jedoch nicht unmittelbar gegen Gegenstände eingetauscht werden können, kein Zwischenschritt der in Rn. 24 des Urteils vom 16. Dezember 2010, MacDonald Resorts (C‑270/09, EU:C:2010:780), genannten Art gesehen werden, der als solcher nicht unter Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem fallen würde. Die Ausgabe von Guthaben stellt eine Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c dar, wobei die Gegenleistung in dem von den Nutzern für die Ausgabe gezahlten Betrag besteht. Die Ausgabe von Guthaben gegen Zahlung dieses Betrags ist auch dann eine Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112, wenn der Nutzer sich aus einer Auktion zurückzieht oder in ihr nicht erfolgreich ist und daraufhin von dem Unternehmen Gegenstände unter Anrechnung des Wertes des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens auf den Kaufpreis erwirbt.

2.      Der Betrag, der für die Ausgabe von Guthaben, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen, gezahlt wird, stellt keine vor Bewirkung der Lieferung geleistete Anzahlung im Sinne von Art. 65 der Richtlinie 2006/112 dar. Erhält der Nutzer in der Auktion den Zuschlag, umfasst die Gegenleistung für die Lieferung des ersteigerten Gegenstands nur den Zuschlagspreis zuzüglich Versandkosten und einer Bearbeitungsgebühr. Der Wert des im Rahmen der Auktion für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens ist nicht Teil der Gegenleistung für die Lieferung des ersteigerten Gegenstands. Wenn der Nutzer sich aus einer Auktion zurückzieht oder in ihr nicht erfolgreich ist und daraufhin von dem Unternehmen Gegenstände unter Anrechnung des Wertes des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens auf den Kaufpreis erwirbt, besteht die Gegenleistung für die Lieferung der Gegenstände in diesem Preis, zuzüglich der Versandkosten und einer Bearbeitungsgebühr sowie abzüglich des Wertes des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens. In diesem Fall ist der Wert des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens als Rabatt im Sinne von Art. 79 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 anzusehen.

3.      Haben die Gerichte eines Mitgliedstaats, gegen deren Entscheidung nach nationalem Recht ein Rechtsmittel gegeben ist, Kenntnis davon, dass die Auslegung der Bestimmungen der Richtlinie 2006/112 durch die Gerichte oder Steuerbehörden eines anderen Mitgliedstaats von ihrer eigenen Auslegung abweicht, können sie die Sache nach Art. 267 AEUV dem Gerichtshof vorlegen.


1      Originalsprache: Englisch.


2      Richtlinie vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1)


3      Im Gegensatz hierzu ist bei herkömmlichen Auktionen keine Gebühr für die Abgabe von Geboten erforderlich.


4      Die Art von Umsatz, die ein in der Auktion nicht erfolgreicher Bieter tätigt, wird nachfolgend ebenfalls geprüft, unter Betrachtung der spezifischen Merkmale der Geschäftstätigkeit der Klägerin des Ausgangsverfahrens.


5      Der Paketpreis wird durch die Zahl der Guthabenpunkte geteilt, wobei gerundet wird, so dass der ursprünglich vom Nutzer bezahlte Betrag und der dem Guthaben zugewiesene Wert einander genau oder fast genau entsprechen.


6      Wenn eine Auktion über einen Computer z. B. bei 0,00 GBP zuzüglich 8,00 GBP für Versand und Bearbeitung beginnt und mit einem Zuschlagspreis von 1,45 GBP (d. h. nach 145 Geboten) endet, hat der Meistbietende das Recht, den Computer für 1,45 GBP zuzüglich 8,00 GBP für Versand und Bearbeitung und damit zu einem Gesamtpreis von 9,45 GBP käuflich zu erwerben.


7      Der ursprüngliche Buy-Now-Preis kann jedoch unter dem empfohlenen Einzelhandelspreis liegen, wenn Madbid die betreffenden Artikel in großen Mengen erworben hat.


8      Urteil vom 16. Dezember 2010, MacDonald Resorts (C‑270/09, EU:C:2010:780, Rn. 24) (Hervorhebung nur hier).


9      Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1) (im Folgenden: Sechste Richtlinie). Die Sechste Richtlinie wurde durch die Richtlinie 2006/112 aufgehoben und ersetzt. Art. 2 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie sah vor, dass „die Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen … gegen Entgelt“ der Mehrwertsteuer unterliegen.


10      Urteil vom 16. Dezember 2010, MacDonald Resorts (C‑270/09, EU:C:2010:780, Rn. 27 und 32).


11      Nach Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 gilt jeder Umsatz, der keine Lieferung von Gegenständen ist, als Dienstleistung. In der vorliegenden Rechtssache ist unstreitig, dass die Ausgabe von Guthaben keine Lieferung von Gegenständen darstellt. Daher kann es sich bei der Ausgabe von Guthaben nur um eine Dienstleistung handeln.


12      Vgl. Art. 43 der Richtlinie 2006/112.


13      Siehe oben, Nr. 23.


14      Vgl. Art. 33 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112.


15      Siehe oben, Nr. 24.


16      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es nach dem Inhalt des Vorabentscheidungsersuchens keinen verlässlichen Beleg dafür gibt, dass die Bieter der Teilnahme an der Auktion einen Unterhaltungswert beimessen.


17      Hervorhebung nur hier.


18      Urteil vom 16. Dezember 2010, MacDonald Resorts (C‑270/09, EU:C:2010:780, Rn. 27 bis 29). Siehe oben, Nr. 29.


19      Dagegen ist der Wert des bei der Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens verbraucht, wenn ein Nutzer in der Auktion den Zuschlag erhält.


20      Ein Nutzer, der einen Artikel über die Buy-Now- oder Earned-Discount-Funktion erwirbt, bezahlt für den Artikel den vollen Marktpreis, da er danach bei der Abgabe von Geboten verbrauchtes Guthaben gekauft hat, dessen Wert auf den ursprünglichen Buy-Now-Preis oder den Preis im Madbid-Shop angerechnet wird.


21      Diesbezüglich wird im Vorabentscheidungsersuchen hervorgehoben: „Der Vergleich des Verhaltens derjenigen, die sich direkt in den Madbid-Shop begeben, mit dem Verhalten derjenigen, die Guthaben erwerben und an einer Auktion teilnehmen, verdeutlicht, dass die letztere Gruppe einen Grund für das Handeln haben muss, zu dem sie sich entschieden hat; der Grund ist, dass sie an einer Auktion teilnehmen möchte und hofft, den Zuschlag zu erhalten“.


22      Urteil vom 18. Juli 2007, Société thermale d’Eugénie-les-Bains (C‑277/05, EU:C:2007:440, Rn. 26 und 27).


23      Wie oben in Nr. 21 erwähnt, verfällt der Earned Discount 365 Tage nach Verwendung dieses Guthabens in einer Auktion.


24      Urteil vom 8. Dezember 2016, Stock ’94 (C‑208/15, EU:C:2016:936, Rn. 27).


25      Urteile vom 3. März 1994, Tolsma (C‑16/93, EU:C:1994:80, Rn. 13 und 14), vom 21. März 2002, Kennemer Golf (C‑174/00, EU:C:2002:200, Rn. 39), vom 18. Juli 2007, Société thermale d’Eugénie-les-Bains (C‑277/05, EU:C:2007:440, Rn. 19), vom 16. Dezember 2010, MacDonald Resorts (C‑270/09, EU:C:2010:780, Rn. 16 und 26), vom 21. November 2013, Dixons Retail (C‑494/12, EU:C:2013:758, Rn. 32 und 33), vom 2. Juni 2016, Lajvér (C‑263/15, EU:C:2016:392, Rn. 26), vom 10. November 2016, Baštová (C‑432/15, EU:C:2016:855, Rn. 28), und vom 18. Januar 2017, SAWP (C‑37/16, EU:C:2017:22, Rn. 25 und 26).


26      Wie oben in Nr. 16 beschrieben.


27      Urteile vom 21. Februar 2006, BUPA Hospitals und Goldsborough Developments (C‑419/02, EU:C:2006:122, Rn. 48), vom 16. Dezember 2010, MacDonald Resorts (C‑270/09, EU:C:2010:780, Rn. 31), vom 19. Dezember 2012, Orfey Balgaria (C‑549/11, EU:C:2012:832, Rn. 28), und vom 7. März 2013, Efir (C‑19/12, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:148, Rn. 32).


28      Es sei denn, das Guthaben wird im Verlauf der Auktion gekauft. Nach dem Inhalt des Vorabentscheidungsersuchens „verfügt die Madbid-Website auch über eine ‚Rapid Recharge‘-Funktion, die [sicherstellt, dass] Nutzer einer laufenden Auktion nicht deshalb unterliegen, weil ihr Guthaben verbraucht ist“. Jedoch wäre der für die Ausgabe von Guthaben bezahlte Betrag selbst in dieser Situation aus dem oben in Nr. 79 genannten Grund keine vor der Lieferung des versteigerten Artikels geleistete Anzahlung.


29      Urteile vom 5. Februar 1981, Coöperatieve Aardappelenbewaarplaats (154/80, EU:C:1981:38, Rn. 13), vom 23. November 1988, Naturally Yours Cosmetics (230/87, EU:C:1988:508, Rn. 16), vom 24. Oktober 1996, Argos Distributors (C‑288/94, EU:C:1996:398, Rn. 16), vom 20. Januar 2005, Hotel Scandic Gåsabäck (C‑412/03, EU:C:2005:47, Rn. 21), und vom 7. November 2013, Tulică und Plavoşin (C‑249/12 und C‑250/12, EU:C:2013:722, Rn. 33).


30      Hierbei versteht es sich, dass das Guthaben, dessen Wert vom ursprünglichen Buy-Now-Preis oder dem Preis im Madbid-Shop in Abzug gebracht wird, ein für die Abgabe unterlegener Gebote verwendetes Guthaben ist (da dann, wenn ein Nutzer in einer Auktion den Zuschlag erhält, der Wert des von ihm für die Abgabe von Geboten in dieser Auktion verwendeten Guthabens verbraucht ist).


31      Es ist darauf hinzuweisen, dass Guthaben nicht einfach als für den Warenkauf bestimmte Gutscheine angesehen werden können, da sie i) nicht für den Direktkauf von Artikeln von Madbid verwendet werden können (vgl. oben, Nr. 16) und ii) gegen eine Dienstleistung, nämlich das Recht zur Teilnahme an Madbid-Auktionen, eingetauscht werden.


32      Urteil vom 24. Oktober 1996, Elida Gibbs (C‑317/94, EU:C:1996:400, Rn. 29, 34 und 35).


33      Siehe Fn. 9. Art. 11 A Abs. 3 der Sechsten Richtlinie bestimmt: „In die Besteuerungsgrundlage sind nicht einzubeziehen: … b) die Rabatte und Rückvergütungen auf den Preis, die dem Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger eingeräumt werden und die er zu dem Zeitpunkt erhält, zu dem der Umsatz bewirkt wird …“


34      Urteil vom 27. April 1999, Kuwait Petroleum (C‑48/97, EU:C:1999:203, Rn. 16 und 17).


35      Art. 5 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie bestimmt: „Einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt wird die Entnahme eines Gegenstands durch einen Steuerpflichtigen aus seinem Unternehmen für seinen privaten Bedarf, für den Bedarf seines Personals oder als unentgeltliche Zuwendung oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke, wenn dieser Gegenstand oder seine Bestandteile zu einem vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt haben. …“


36      Urteil vom 27. April 1999, Kuwait Petroleum (C‑48/97, EU:C:1999:203, Rn. 26 bis 32).


37      Wie oben in Nr. 98 erwähnt, hat die Kommission in der Sitzung geltend gemacht, dass Madbid Waren normalerweise nicht unentgeltlich abgebe, ohne dass sich hiergegen Widerspruch erhoben hat.


38      In diesem Fall verfällt der Earned Discount.


39      In diesem Fall ist der Wert des für die Abgabe von Geboten verwendeten Guthabens verbraucht.


40      Urteil vom 27. April 1999, Kuwait Petroleum (C‑48/97, EU:C:1999:203, Rn. 27, 31 und 32).


41      Laut Ziff. 15.2 der Vertragsbedingungen von Madbid gilt, dass „wenn die Buy-Now-Schaltfläche angeklickt wird, … der Wert von … Guthaben, das der … Nutzer im Rahmen der Auktion bereits verwendet hat, vom Buy-Now-Preis in Abzug gebracht [wird]. … Dann wird … dem Nutzer der neue Preis (d. h. der Buy-Now-Preis abzüglich des Wertes des vom Nutzer verbrauchten … Guthabens) angezeigt, und er wird aufgefordert zu bestätigen, dass er den Artikel zu diesem Preis kaufen möchte“.