Language of document : ECLI:EU:C:2020:394

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MANUEL CAMPOS SÁNCHEZ-BORDONA

vom 28. Mai 2020(1)

Rechtssache C626/18

Republik Polen

gegen

Europäisches Parlament,

Rat der Europäischen Union

„Nichtigkeitsklage – Richtlinie (EU) 2018/957 – Richtlinie 96/71/EG – Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen – Vorschriften über die Arbeitsbedingungen und den Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer – Falsche Rechtsgrundlage – Beschränkungen, die diskriminierend, nicht erforderlich und nicht verhältnismäßig sind – Verstoß gegen den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs – Entlohnung entsandter Arbeitnehmer – Langfristig entsandte Arbeitnehmer – Verstoß gegen die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht – Straßenverkehr“






1.        Die Republik Polen begehrt, mehrere Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2018/957(2) zur Änderung der Richtlinie 96/71/EG(3) über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen für nichtig zu erklären. Hilfsweise beantragt sie die Nichtigerklärung der gesamten Richtlinie 2018/957.

2.        Am selben Tag lege ich meine Schlussanträge zu der Parallelklage (C‑620/18, Ungarn/Parlament und Rat)(4) vor, die Ungarn aus ähnlichen Gründen gegen diese Richtlinie erhebt. Um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, werde ich, soweit erforderlich, auf diese Schlussanträge verweisen oder ihren Inhalt wiedergeben.

I.      Rechtlicher Rahmen

3.        Ich verweise auf die Wiedergabe der einschlägigen Bestimmungen der Richtlinien 2018/957 und 96/71 in den Schlussanträgen in der Rechtssache C‑620/18.

II.    Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Parteien

4.        Die Republik Polen beantragt, Art. 1 Nr. 2 Buchst. a und b und Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2018/957 für nichtig zu erklären. Ferner beantragt sie, dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

5.        Hilfsweise beantragt die Republik Polen für den Fall, dass der Gerichtshof der Überzeugung sein sollte, dass diese Bestimmungen der Richtlinie 2018/957 nicht vom Rest dieser Richtlinie getrennt werden können, ohne ihren Wesensgehalt zu ändern, die Richtlinie insgesamt für nichtig zu erklären.

6.        Das Europäische Parlament und der Rat beantragen, die Klage abzuweisen und der Republik Polen die Kosten aufzuerlegen.

7.        Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Schweden und die Kommission sind als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Parlaments und des Rates zugelassen worden. Sie alle haben schriftliche Erklärungen eingereicht, mit Ausnahme der Niederlande, die sich auf eine Unterstützung der Argumente des Europäischen Parlaments und des Rates beschränkt haben.

8.        An der mündlichen Verhandlung, die am 3. März 2020 gemeinsam mit der mündlichen Verhandlung in der Rechtssache C‑620/18 stattgefunden hat, haben der Rat, das Parlament, die Kommission sowie die polnische, die deutsche, die französische, die schwedische und die niederländische Regierung teilgenommen.

III. Zulässigkeit der Klage

9.        Nach Auffassung des Europäischen Parlaments lassen sich die von der Republik Polen beanstandeten Bestimmungen der Richtlinie 2018/957 nicht vom Rest dieser Richtlinie trennen. Die beantragte teilweise Nichtigerklärung sei daher nicht möglich.

10.      Da die Republik Polen jedoch hilfsweise die vollständige Nichtigerklärung der Richtlinie beantragt hat, hält das Europäische Parlament die Klage für zulässig.

11.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist die teilweise Nichtigerklärung eines Unionsrechtsakts nur möglich, soweit sich die betreffenden Teile vom Rest des Rechtsakts trennen lassen. Dieses Erfordernis ist nicht erfüllt, wenn die teilweise Nichtigerklärung zur Folge hätte, dass der Wesensgehalt des Rechtsakts verändert würde. Bei der Prüfung, ob bestimmte Teile abtrennbar sind, ist die Bedeutung dieser Teile zu berücksichtigen, um zu klären, ob ihre Nichtigerklärung den Sinn und den Wesensgehalt des Aktes verändern würde(5).

12.      Meines Erachtens wendet sich die Republik Polen gegen zwei Bestimmungen, die sowohl wegen ihrer Bedeutung als auch wegen ihres Zwecks innerhalb der Richtlinie 2018/957 als wesentlich angesehen werden können.

13.      Die beantragte Nichtigkeit würde nämlich zwei Schlüsselmaßnahmen der neuen Regelung betreffen: a) die Ersetzung des Begriffs „Mindestlohnsätze“ durch den Begriff „Entlohnung“ und b) die Regelung für langfristig entsandte Arbeitnehmer.

14.      Diese beiden neuen Bestimmungen sind gerade die wichtigsten Änderungen, die die Richtlinie 2018/957 an der Richtlinie 96/71 vorgenommen hat. Beide sollen das in der Richtlinie 96/71 vorgesehene Gleichgewicht der Interessen ändern, um den im Rahmen länderübergreifender Dienstleistungen entsandten Arbeitnehmern einen stärkeren Schutz zu garantieren. Ihre isolierte Nichtigerklärung würde den Wesensgehalt der Richtlinie 2018/957 verändern.

15.      Die Klage ist jedoch, wie das Europäische Parlament einräumt, zulässig, da sie den Hilfsantrag auf Nichtigerklärung der gesamten Richtlinie 2018/957 enthält.

IV.    Vorüberlegungen

16.      Ich werde die Nichtigkeitsgründe prüfen, wobei ich mit dem zweiten beginnen werde, da mir dies in systematischer Hinsicht kohärenter erscheint.

17.      Was die Prüfung der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, den Prozess der Harmonisierung der Richtlinien über im Rahmen länderübergreifender Dienstleistungen entsandte Arbeitnehmer und allgemein die Entwicklung der Rechtsvorschriften der Union für diese Arbeitnehmer betrifft, verweise ich auf die Schlussanträge in der Rechtssache C‑620/18(6).

V.      Zum zweiten Klagegrund: falsche Wahl der Rechtsgrundlage für die Richtlinie 2018/957

A.      Vorbringen

18.      Die polnische Regierung wendet sich gegen die Heranziehung von Art. 53 Abs. 1 und Art. 62 AEUV als Rechtsgrundlage der Richtlinie 2018/957 mit der Begründung, dass diese im Gegensatz zur Richtlinie 96/71 zu Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs für Arbeitnehmer entsendende Unternehmen führe.

19.      Insoweit trägt die polnische Regierung vor:

–        Hauptziel der Richtlinie 2018/957 sei der Schutz der entsandten Arbeitnehmer, und als Rechtsgrundlage müssten daher die (von der polnischen Regierung nicht präzisierten) Bestimmungen des AEU-Vertrags über die Sozialpolitik dienen.

–        Art. 1 Nr. 2 Buchst. a und b der Richtlinie 2018/957 diene nicht dazu, die Ausübung einer selbständigen Berufstätigkeit (die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen) zu erleichtern, sondern untergrabe diese Ausübung vielmehr. Die Ersetzung des Begriffs „Mindestlohnsätze“ durch den Begriff der „Entlohnung“ und die neue Regelung für langfristig entsandte Arbeitnehmer stellten ungerechtfertigte und unverhältnismäßige Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs dar. Es sei daher widersprüchlich, auf die für die Harmonisierung dieser Verkehrsfreiheit anwendbare Rechtsgrundlage zurückzugreifen.

20.      Der Rat, das Europäische Parlament sowie die deutsche, die französische und die schwedische Regierung halten die Rechtsgrundlage der Richtlinie 2018/957 (Art. 53 Abs. 1 und Art. 62 AEUV) für zutreffend.

B.      Würdigung

21.      Zur Vermeidung von Wiederholungen verweise ich hinsichtlich der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Rechtsgrundlagen der Rechtsakte der Union(7) sowie hinsichtlich der Analyse der Ziele, des Inhalts und des Kontexts der Richtlinie 2018/957(8) auf die Schlussanträge in der Rechtssache C‑620/18.

22.      Nach Durchführung dieser Analyse sehe ich keinen Grund für die Annahme, dass die Rechtsgrundlage der Richtlinie 2018/957 (Art. 53 Abs. 1 und Art. 62 AEUV) falsch sei.

23.      Die Richtlinie 2018/957 nimmt eine bedeutende, aber begrenzte Änderung der Richtlinie 96/71 vor. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs hat ein Rechtsakt zur Änderung eines früheren Rechtsakts normalerweise die gleiche Rechtsgrundlage(9), was mir folgerichtig erscheint. Für die Richtlinie 2018/957 können Art. 53 Abs. 1 und Art. 62 AEUV daher die geeignete Rechtsgrundlage darstellen, genauso wie sie es zuvor für die Richtlinie 96/71 waren, die durch diese Richtlinie geändert wurde.

24.      Die Richtlinie 2018/957 passt die gesetzgeberische Lösung der Richtlinie 96/71 an das Phänomen der (zunehmenden) länderübergreifenden Entsendung von Arbeitnehmern an, um den freien Dienstleistungsverkehr für Unternehmen, die von dieser Art der Mobilisierung des Faktors Arbeit Gebrauch machen, zu erleichtern.

25.      Diese Anpassung wurde aufgrund der Entwicklung der Arbeitsmärkte der Union erforderlich und ist auf einen stärkeren Schutz der Arbeitsbedingungen der entsandten Arbeitnehmer ausgerichtet. Es ist möglich, dass in bestimmten Fällen die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen bei der Erbringung von Dienstleistungen in anderen Mitgliedstaaten unter Nutzung dieses Weges entsprechend verringert wird, doch ist dies die vom europäischen Gesetzgeber gewollte (legitime) Entscheidung.

26.      Beim Erlass einer Harmonisierungsvorschrift kann der Unionsgesetzgeber aufgrund seiner Aufgabe, über den Schutz der im Vertrag anerkannten allgemeinen Interessen zu wachen, nicht daran gehindert sein, diesen Rechtsakt den Umständen oder neuen Erkenntnissen anzupassen(10).

27.      Genau dies ist beim Erlass der Richtlinie 2018/957 geschehen. Der Unionsgesetzgeber hat die Richtlinie 96/71 geändert, um das in ihr zum Ausdruck kommende Interessengleichgewicht an die neue Situation anzupassen, die durch die länderübergreifende Bewegung der Arbeitnehmer entstanden ist. Die einander gegenüberstehenden Interessen sind nach wie vor die gleichen, jedoch haben sich der Schwerpunkt und das Gleichgewicht zwischen ihnen in Richtung eines stärkeren Schutzes der Arbeitsrechte dieser Arbeitnehmer verschoben. Diese Neugewichtung rechtfertigt keine Änderung der Rechtsgrundlage gegenüber der Richtlinie 96/71.

28.      Schließlich macht die Republik Polen (mit spärlichem Vortrag) geltend, die Richtlinie 2018/957 hätte auf die Rechtsgrundlagen der Sozialpolitik, insbesondere auf Art. 153 AEUV, gestützt werden müssen. Aus den Gründen, die ich in den Schlussanträgen in der Rechtssache C‑620/18(11) darlege, stimme ich auch diesem Argument nicht zu.

VI.    Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 56 AEUV aufgrund der durch die Richtlinie 2018/957 auferlegten Beschränkungen der Entsendung von Arbeitnehmern

29.      Die polnische Regierung macht geltend, die Richtlinie 2018/957 enthalte Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Union, die gegen Art. 56 AEUV verstießen. Diese Beschränkungen ergäben sich insbesondere aus zwei neuen Gesichtspunkten, die diese Richtlinie in die Richtlinie 96/71 eingefügt habe und mit denen sie den Mitgliedstaaten die Verpflichtung auferlege, den entsandten Arbeitnehmern Folgendes zu garantieren:

–        die Entlohnung, einschließlich der Überstundensätze, gemäß den Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten des Bestimmungsmitgliedstaats der Entsendung (Art. 1 Nr. 2 Buchst. a);

–        sämtliche Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen gemäß den Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten des Bestimmungsmitgliedstaats, wenn die tatsächliche Entsendungsdauer eines Arbeitnehmers oder die Gesamtdauer der Entsendung der Arbeitnehmer, die einander bei der Ausführung der gleichen Tätigkeit ersetzen, mehr als zwölf Monate bzw. in den Fällen, in denen eine mit einer Begründung versehene Mitteilung vorgelegt wird, mehr als 18 Monate beträgt (Art. 1 Nr. 2 Buchst. b).

30.      Entsprechend diesem Ansatz gliedert die polnische Regierung den ersten Nichtigkeitsgrund in zwei Teile. Ich werde diese Teile nach einer Vorbemerkung zur gerichtlichen Kontrolle der Harmonisierungsrichtlinien auf dem Gebiet des freien Dienstleistungsverkehrs untersuchen.

A.      Vorbemerkung: die gerichtliche Kontrolle der Richtlinie 2018/957

31.      Die Republik Polen befasst sich mit den Bestimmungen, die die Richtlinie 2018/957 für die Entsendung von Arbeitnehmern (im Rahmen länderübergreifender Dienstleistungen) mit den gleichen Parametern, wie sie der Gerichtshof für die Kontrolle der diese Art von Rechtsverhältnissen beschränkenden nationalen Maßnahmen herangezogen hat, vorsieht.

32.      Ich verweise auf die in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache C‑620/18 durchgeführte Analyse dieser Rechtsprechung bezüglich der Kontrolle der Vereinbarkeit der Harmonisierungsrichtlinien mit dem freien Dienstleistungsverkehr durch die Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit(12).

33.      Bei dieser Analyse gelange ich zu dem Ergebnis, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu nationalen Maßnahmen, mit denen die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen länderübergreifender Dienstleistungen beschränkt wird, nicht ohne Weiteres auf die Prüfung der Vereinbarkeit einer Unionsregelung (wie der Richtlinie 2018/957), die dieses Phänomen harmonisiert, mit Art. 56 AEUV übertragen werden kann.

34.      Entgegen dem Vorbringen der polnischen Regierung kann eine Harmonisierungsrichtlinie Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs einführen, die, wenn sie von einem einzigen Mitgliedstaat erlassen würden, gegen Art. 56 AEUV verstoßen würden.

35.      Denn jede Harmonisierungsmaßnahme, die ein grundlegendes soziales Interesse, wie die Rechte der entsandten Arbeitnehmer, schützt, erschwert in gewisser Weise die Dienstleistungsfreiheit der Unternehmen, die diese Arbeitnehmer einsetzen. Diese Beschränkung hat jedoch wesentlich geringere Auswirkungen auf den Binnenmarkt als eine gleichwertige nationale Maßnahme, da sie im gesamten Gebiet der Union gilt. Ihre Existenz und ihre beschränkenden Auswirkungen können nur bei einer Angleichung der Arbeitsbedingungen in allen Mitgliedstaaten entfallen, wofür die Union jedoch nicht zuständig ist.

36.      Der Unionsgesetzgeber verfügt im Licht seiner Rechtsprechung zur Kontrolle der Verhältnismäßigkeit von Harmonisierungsvorschriften in einem so komplexen Bereich wie dem der länderübergreifenden Zurverfügungstellung von Arbeitnehmern über ein weites Ermessen. Zu klären ist, ob er von dieser Befugnis offensichtlich unangemessen Gebrauch gemacht hat, als er das Interessengleichgewicht, zu dem er in der Richtlinie 96/71 gelangt war, durch die Richtlinie 2018/957 geändert hat.

B.      Erster Teil des ersten Klagegrundes: Entlohnung der entsandten Arbeitnehmer

1.      Vorbringen

37.      Der neue Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 96/71 ersetzt als eine der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des Aufnahmestaats, die für entsandte Arbeitnehmer gelten müssen, die „Mindestlohnsätze“ durch die „Entlohnung“.

38.      Die polnische Regierung bringt vor, dass nach dieser neuen Bestimmung Unternehmen, die Arbeitnehmer entsendeten, diesen die gleiche Entlohnung wie den inländischen Arbeitnehmern zahlen müssten. Der Grundsatz des gleichen Entgelts ersetze insoweit die Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns.

39.      Diese Verpflichtung beschränkt nach Ansicht der polnischen Regierung die Dienstleistungsfreiheit der Unternehmen, die Arbeitnehmer zu diesem Zweck entsendeten. Ihnen werde eine zusätzliche Belastung auferlegt, die den Wettbewerbsvorteil, der sich aus den in dem Staat, in dem sie ansässig seien, bestehenden niedrigeren Löhnen ergebe, zunichtemache. Es handele sich um eine gegen Art. 56 AEUV verstoßende Diskriminierung, die allein aus den Gründen des Art. 52 AEUV gerechtfertigt werden könne.

40.      Die polnische Regierung macht außerdem geltend, dass diese Beschränkungen, selbst wenn sie nicht diskriminierend wären, den freien Dienstleistungsverkehr behinderten, ohne durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt zu sein:

–        Die Beschränkungen seien nicht dadurch zu rechtfertigen, dass der Begriff „Mindestlohnsätze“ unzureichend sei, um die Rechte der entsandten Arbeitnehmer angemessen zu wahren und einen lauteren Wettbewerb zwischen inländischen Unternehmen und Unternehmen, die Arbeitnehmer entsendeten, aufrechtzuerhalten.

–        Das Argument, dass zwischen dem Mindestlohn der einzelnen Mitgliedstaaten große Unterschiede bestünden, stelle ebenso wenig einen Rechtfertigungsgrund dar.

–        Schließlich müssten bei der Verwendung des Begriffs „Entlohnung“ Beiträge gezahlt werden, deren Zahlung im Fall der entsandten Arbeitnehmer nicht gerechtfertigt sei.

41.      Das Europäische Parlament, der Rat, die Kommission und die beteiligten Regierungen halten den ersten Teil dieses Nichtigkeitsgrundes für unbegründet.

2.      Würdigung

a)      Diskriminierung von Entsendeunternehmen

42.      Die polnische Regierung ist der Auffassung, dass Erbringer grenzüberschreitender Dienstleistungen, die Arbeitnehmer entsendeten, durch die Ersetzung der „Mindestlohnsätze“ durch die „Entlohnung“ in der Richtlinie 2018/957, wie vorstehend ausgeführt, diskriminiert würden.

43.      Diese Dienstleister wären einer doppelten Belastung (der Einhaltung der Vorschriften des Herkunftsstaats sowie der des Aufnahmestaats) ausgesetzt und hätten außerdem zusätzliche Kosten zu tragen, wie z. B. Kosten für die Übersetzung von Dokumenten oder Kosten für einen Vertreter im Bestimmungsmitgliedstaat. Da sich inländische Unternehmen in einer anderen Lage befänden als diejenigen, die Arbeitnehmer entsendeten, stelle die Verpflichtung zur Einhaltung des Grundsatzes des gleichen Entgelts eine Diskriminierung dar.

44.      Diese Argumentation scheint mir auf einer falschen Auslegung der Richtlinie 2018/957 zu beruhen.

45.      Erstens handelt es sich bei der Entlohnung um eine der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen, die im neuen Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 96/71 abschließend aufgeführt sind. Zwar ist die Anwendung auf entsandte Arbeitnehmer obligatorisch und fällt unter die zwingenden Bestimmungen über ein Mindestmaß an Schutz(13). Dies bedeutet jedoch keine vollständige Gleichbehandlung der entsandten und der einheimischen Arbeitnehmer: Die Sozialversicherungsbeiträge und die Steuern, die für entsandte Arbeitnehmer gelten, werden von der Richtlinie 96/71 nicht erfasst und unterliegen den Vorschriften des Herkunftsstaats. Allein dieser Umstand führt bereits zu Unterschieden bei der tatsächlichen Entlohnung, die entsandte Arbeitnehmer und inländische Arbeitnehmer erhalten.

46.      Zweitens knüpft nach dem neuen Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 96/71 der Begriff der Entlohnung ausschließlich an seine Pflichtbestandteile an(14). Die Pflicht zur Entlohnung der entsandten Arbeitnehmer erstreckt sich nicht auf sonstige, nach nationalen Vorschriften nicht obligatorische Bestandteile. Die Richtlinie 2018/957 verpflichtet somit nicht zu einer insgesamt identischen Entlohnung von einheimischen und entsandten Arbeitnehmern.

47.      Wie sich aus der Folgenabschätzung der Kommission im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie 2018/957 ergab, wurde eine vollständige Gleichbehandlung der einheimischen und der entsandten Arbeitnehmer ausdrücklich ausgeschlossen(15).

48.      Da die Einführung des Begriffs „Entlohnung“ anstelle der bisherigen „Mindestlohnsätze“ nicht diskriminierend ist, muss sie entgegen dem Vorbringen der polnischen Regierung auch nicht durch die Gründe des Art. 52 AEUV (öffentliche Ordnung, Sicherheit und Gesundheit) gerechtfertigt werden.

b)      Rechtfertigung nicht diskriminierender Beschränkungen durch zwingende Erfordernisse des Allgemeininteresses

49.      Die polnische Regierung macht, wie ich ausgeführt habe, geltend, selbst wenn die Richtlinie 2018/957 keine diskriminierenden Maßnahmen einführe, seien die Beschränkungen, die sie für die Entsendung von Arbeitnehmern unter Rückgriff auf den neuen Begriff der Entlohnung mit sich bringe, nicht durch ein zwingendes Erfordernis des Allgemeininteresses gerechtfertigt.

50.      Insoweit beruht die Argumentation der polnischen Regierung jedoch auf einer Prämisse, die ich nicht teile. Wie ich erläutert habe, kann die gerichtliche Kontrolle einer Harmonisierungsmaßnahme wie der Richtlinie 2018/957 nicht mittels der in der Rechtsprechung des Gerichtshofs entwickelten Parameter für nationale Maßnahmen, mit denen die Entsendung von Arbeitnehmern beschränkt wird, und deren etwaiger Rechtfertigung durch zwingende Erfordernisse des Allgemeininteresses vorgenommen werden.

51.      Die Kontrolle der Harmonisierungsrichtlinien (wie u. a. der Richtlinie 2018/957) im Hinblick auf das Primärrecht, d. h. im vorliegenden Fall Art. 56 AEUV, hat gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs, die ich in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache C‑620/18(16) aufführe, im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu erfolgen.

52.      Nach dieser Klarstellung werde ich die Gründe prüfen, die die polnische Regierung für die Annahme vorgebracht hat, dass der Begriff der Mindestlohnsätze nicht durch den Begriff der Entlohnung ersetzt werden dürfe. Zusammengefasst handelt es sich dabei um folgende Argumente:

–        Der Begriff des Mindestlohns in der Richtlinie 96/71 biete einen angemessenen Schutz der Rechte der entsandten Arbeitnehmer.

–        Die Unterschiede zwischen dem jeweiligen Mindestlohn der einzelnen Mitgliedstaaten seien gerechtfertigt.

–        Bei Verwendung des Begriffs „Entlohnung“ müssten Beiträge gezahlt werden, deren Zahlung im Fall entsandter Arbeitnehmer nicht gerechtfertigt sei.

53.      Entgegen dem Vorbringen der polnischen Regierung war die Verwendung des Begriffs „Mindestlohnsätze“ in der Richtlinie 96/71 nicht geeignet, um den Schutz der entsandten Arbeitnehmer und den lauteren Wettbewerb zwischen inländischen Unternehmen und Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten, die Arbeitnehmer entsenden, zu gewährleisten. Dies ist die Argumentation des Europäischen Parlaments und des Rates, der ich zustimme.

54.      Erstens hat die Auslegung des Begriffs „Mindestlohnsätze“ praktische Schwierigkeiten(17) bereitet, wie die Rechtsprechung des Gerichtshofs – insbesondere sein Urteil Sähköalojen ammattiliitto(18), in dem eine weite Auslegung des Begriffs des Mindestlohns der Richtlinie 96/71 zugelassen wird – zeigt, die sich auf die Reform der Richtlinie 2018/957 ausgewirkt hat(19).

55.      Der Unionsgesetzgeber hat diesen Auslegungsschwierigkeiten sowie dem vom Gerichtshof befürworteten weiten Verständnis dadurch Rechnung getragen, dass er die Richtlinie 2018/957 erlassen und den Begriff der Entlohnung in Art. 3 Abs. 1 und 7 der Richtlinie 96/71 eingefügt hat.

56.      Zweitens erfolgt die Festlegung des Mindestlohnsatzes nach Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 96/71 gemäß den nationalen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten des Aufnahmemitgliedstaats(20). Die Art und Weise der Berechnung des Mindestlohnsatzes und die dabei herangezogenen Kriterien fallen ebenfalls in die Zuständigkeit dieses Mitgliedstaats(21). Die nationalen Rechtsvorschriften bzw. Praktiken zur Berechnung des Mindestlohns sind in den Mitgliedstaaten der Union sehr heterogen (und nicht immer transparent), was die Entsendung von Arbeitnehmern unter fairen und mit den einheimischen Arbeitnehmern vergleichbaren Arbeitsbedingungen erschwert(22).

57.      Drittens wurde festgestellt, dass Unternehmen bei der Entsendung ihrer Arbeitnehmer in unangemessener Weise dazu tendierten, diesen unabhängig von ihrer Kategorie, ihrer Funktion, ihren beruflichen Qualifikationen und der Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit den Mindestlohn zu zahlen, was zu einem Lohngefälle im Vergleich zu einheimischen Arbeitnehmern, die sich in einer vergleichbaren Lage befanden, führte(23).

58.      In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission wiederholt, was sie bereits in ihrer Folgenabschätzung festgestellt hatte: Die Gleichsetzung der „Mindestlohnsätze“ der Richtlinie 96/71 mit dem in den nationalen Vorschriften des Aufnahmemitgliedstaats festgelegten Mindestlohn hatte in der Praxis, insbesondere in Sektoren wie dem Baugewerbe, zu einem Lohngefälle zwischen einheimischen Arbeitnehmern und entsandten Arbeitnehmern geführt(24).

59.      Um dieser Situation abzuhelfen, untersuchte die Kommission die möglichen Lösungen und ihre wirtschaftlichen Folgen. Sie entschied sich für die Lösung, die sie für am geeignetsten hielt, nämlich eine begrenzte Reform der Richtlinie 96/71, die durch den Erlass der Richtlinie 2018/957 verwirklicht wurde. Die Veröffentlichung einer Mitteilung zu Auslegungsfragen oder die unveränderte Beibehaltung der Richtlinie 96/71 hingegen schloss sie aus(25).

60.      Die Unionsorgane verfügen bei der Änderung einer Vorschrift über ein weites Ermessen, u. a., wenn sich bei ihrer Anwendung gezeigt hat, dass in dem geregelten Bereich Veränderungen oder bei der Umsetzung Unstimmigkeiten aufgetreten sind. Im vorliegenden Fall ist die Erfüllung dieser beiden Voraussetzungen, die ausreichen, um die Notwendigkeit zu rechtfertigen, den Begriff „Mindestlohnsätze“ durch den Begriff „Entlohnung“ zu ersetzen, hinreichend nachgewiesen worden.

61.      Aus dem Vorstehenden lässt sich ableiten, dass der Unionsgesetzgeber den Erfordernissen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nachgekommen ist, ohne sein weites Ermessen in einem technischen und komplexen Bereich wie diesem offensichtlich zu überschreiten, als er sich für eine zur Erreichung der verfolgten Ziele geeignete Maßnahme (Einführung des Begriffs der Entlohnung) entschieden hat. Diese Maßnahme ermöglicht einen besseren Schutz der entsandten Arbeitnehmer und die Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen für inländische Unternehmen und Unternehmen, die ihre Arbeitnehmer entsenden.

62.      Nach Ansicht der polnischen Regierung stellt das Bestehen großer Unterschiede zwischen dem Mindestlohn in den verschiedenen Mitgliedstaaten keinen angemessenen Rechtfertigungsgrund dar. Eine solche Rechtfertigung zuzulassen, liefe darauf hinaus, den Wettbewerbsvorteil der Unionsländer mit niedrigeren Löhnen zu beseitigen, und verkenne den Umstand, dass der entsandte Arbeitnehmer mit seinem Herkunftsstaat verbunden bleibe(26).

63.      Die Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten bei der Entlohnung der Arbeitnehmer beruhen auf der Lohnfestsetzung, die in die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und der Sozialpartner fällt. Die Ausnahme in Art. 153 Abs. 5 AEUV bestätigt dies, wenn sie das Arbeitsentgelt von der Harmonisierungsbefugnis der Unionsorgane ausschließt.

64.      Deshalb verknüpft der neue Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 96/71 den Begriff „Entlohnung“, wie oben beschrieben, mit den nationalen Rechtsvorschriften bzw. nationalen Gepflogenheiten des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Arbeitnehmer entsandt ist(27).

65.      Die Unterschiede zwischen den Vorschriften, die auf die Entlohnung von entsandten Arbeitnehmern anwendbar sind, bleiben daher unvermeidlich, solange die Union nicht über die Befugnis zu ihrer Harmonisierung verfügt. Dasselbe galt, wie ich bereits ausgeführt habe, für den in der ursprünglichen Fassung der Richtlinie 96/71 verwendeten Begriff „Mindestlohnsätze“.

66.      Vor diesem Hintergrund stellt die Richtlinie 2018/957 klar, was den entsandten Arbeitnehmern zu zahlen ist: Der Begriff der Entlohnung wirkt wie eine Kollisionsnorm, wonach den in den Aufnahmestaat entsandten Arbeitnehmern die Vergütungsbestandteile, die für inländische Arbeitnehmer vorgeschrieben sind, garantiert werden.

67.      Diese gesetzgeberische Entscheidung ist mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Vorgaben des Art. 56 AEUV vereinbar. Entgegen dem Vorbringen der polnischen Regierung schreibt sie nicht vor, dass der entsandte Arbeitnehmer im Aufnahmestaat den Mindestlohn erhalten muss, denn sein Leben (und seine Haushaltsführung) bleibt grundsätzlich mit seinem Herkunftsstaat verbunden.

68.      Die Richtlinie 2018/957 beseitigt die Lohnungleichheiten zwischen den verschiedenen Mitgliedstaaten nicht. Entsandte Arbeitnehmer können (mit Ausnahme der Pflichtbestandteile) andere Bezüge als einheimische Arbeitnehmer erhalten, und das Unternehmen, bei dem sie beschäftigt sind, trägt gegebenenfalls geringere Steuern und Sozialversicherungskosten. Der Unionsgesetzgeber hat jedoch den Schutz der entsandten Arbeitnehmer gegenüber der ursprünglichen, nach der Richtlinie 96/71 geltenden Situation verbessert.

69.      Die polnische Regierung hält den durch die Richtlinie 2018/957 eingeführten Begriff der Entlohnung auch deshalb für ungerechtfertigt, weil die vom Arbeitgeber an die entsandten Arbeitnehmer zu zahlenden Bezüge Beiträge umfassten, die diesen nicht zugutekämen und somit unverhältnismäßig seien.

70.      Wie ich bereits ausgeführt habe, erstreckt die Neufassung von Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 96/71 nur die obligatorischen Bestandteile der Entlohnung der einheimischen Arbeitnehmer auf die entsandten Arbeitnehmer. Andere Sozialbeiträge, die inländische Arbeitgeber für ihre Arbeitnehmer zahlen, sind vom Arbeitgeber, der Arbeitnehmer entsendet, nicht einzuberechnen oder zu zahlen. Diese zusätzlichen Sozialbeiträge werden gegebenenfalls nach den Rechtsvorschriften des Herkunftsstaats an die entsandten Arbeitnehmer gezahlt.

71.      Ziel des Verweises im 18. Erwägungsgrund der Richtlinie 2018/957 auf den Bruttobetrag der Entlohnung ist es nicht, dass in diesen die Sozialbeiträge einbezogen werden, die nicht zu den obligatorischen Vergütungsbestandteilen des Aufnahmestaats gehören. Sein Zweck besteht vielmehr darin, dass alle Bezüge, die der Arbeitgeber dem entsandten Arbeitnehmer zahlt, berücksichtigt werden, um diesen Betrag mit der obligatorischen Entlohnung des Aufnahmestaats zu vergleichen(28).

3.      Ergebnis bezüglich des ersten Teils des ersten Klagegrundes

72.      Insgesamt sehe ich nicht, dass die gesetzgeberische Entscheidung, den Begriff „Mindestlohnsätze“ durch den Begriff „Entlohnung“ zu ersetzen, im Hinblick auf das Ziel des Schutzes der entsandten Arbeitnehmer ungerechtfertigt oder unverhältnismäßig sei. Zwar kann sie die Wettbewerbsvorteile von Unternehmen aus Unionsländern mit niedrigeren Arbeitskosten, die Arbeitnehmer in Mitgliedstaaten mit höheren Arbeitskosten entsenden, verringern, jedoch beseitigt sie diese nicht. Eine solche Verringerung steht im Einklang mit dem Bestreben der Richtlinie 2018/957, das der Richtlinie 96/71 zugrunde liegende Gleichgewicht dahin zu verändern, dass der Schwerpunkt nunmehr stärker auf den Schutz der entsandten Arbeitnehmer gelegt wird, ohne auf die Ziele zu verzichten, einen lauteren Wettbewerb zwischen Unternehmen zu gewährleisten und den länderübergreifenden freien Dienstleistungsverkehr zu erleichtern.

C.      Zweiter Teil des ersten Klagegrundes: langfristig entsandte Arbeitnehmer

1.      Vorbringen

73.      Der neue Art. 3 Abs. 1a sieht die Kategorie der langfristig entsandten Arbeitnehmer vor und unterscheidet sie von der Kategorie der „gewöhnlichen“ entsandten Arbeitnehmer: Langfristig entsandte Arbeitnehmer sind solche, die für über zwölf (gegebenenfalls 18) Monate entsandt werden.

74.      Nach Ansicht der polnischen Regierung führt der neue Status der langfristig entsandten Arbeitnehmer zu ungerechtfertigten und unverhältnismäßigen Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs, die gegen Art. 56 AEUV verstießen. Sie macht insoweit geltend, dass

–        die Richtlinie 2018/957 langfristig entsandte Arbeitnehmer einheimischen Arbeitnehmern und Arbeitnehmern aus anderen Mitgliedstaaten gleichstelle, die von der Freizügigkeit der Arbeitnehmer gemäß Art. 45 AEUV Gebrauch gemacht hätten;

–        der neue Art. 3 Abs. 1a eine Regelung für langfristig entsandte Arbeitnehmer einführe, die mit Art. 9 der Rom‑I-Verordnung(29) unvereinbar sei;

–        die neue Regel der Zusammenrechnung der Entsendezeiten (in Bezug auf die Berechnung der Frist für die Auslösung der Rechtsstellung eines langfristig entsandten Arbeitnehmers) unverhältnismäßig sei.

2.      Würdigung

75.      Die neue Kategorie der langfristig entsandten Arbeitnehmer unterscheidet sich von der der „gewöhnlichen“ entsandten Arbeitnehmer. Das Unterscheidungskriterium ist die tatsächliche Dauer der Entsendung: Überschreitet sie zwölf (in Ausnahmefällen 18) Monate, wird der gewöhnliche entsandte Arbeitnehmer zu einem langfristig entsandten Arbeitnehmer.

76.      Nach Ablauf dieser Frist gilt für den (jetzt langfristig) entsandten Arbeitnehmer eine andere rechtliche Regelung: Neben den in Art. 3 Abs. 1 genannten Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen finden auf ihn die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des Mitgliedstaats, in dem die Arbeit verrichtet wird, Anwendung.

77.      Wie aus ihrem neunten Erwägungsgrund(30) hervorgeht, führt die Richtlinie 2018/957 jedoch nicht zu einer absoluten Gleichstellung langfristig entsandter Arbeitnehmer mit einheimischen Arbeitnehmern (Staatsangehörige des Aufnahmemitgliedstaats oder Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten, die von ihrer Freizügigkeit Gebrauch gemacht haben).

78.      Die langfristig entsandten Arbeitnehmer behalten, wie sich aus dem zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie 2018/957(31) ergibt, eine mit dem freien Dienstleistungsverkehr verbundene (bzw. von ihm gedeckte) Rechtsstellung.

79.      Entgegen der Auffassung der polnischen Regierung stellt der neue Art. 3 Abs. 1a der Richtlinie 96/71 langfristig entsandte Arbeitnehmer aus den folgenden Gründen nicht in vollem Umfang einheimischen Arbeitnehmern gleich:

–        In der Vorschrift heißt es: „Unterabsatz 1 des vorliegenden Absatzes findet keine Anwendung auf folgende Aspekte: a) Verfahren, Formalitäten und Bedingungen für den Abschluss und die Beendigung des Arbeitsvertrags, einschließlich Wettbewerbsverboten; b) zusätzliche betriebliche Altersversorgungssysteme.“

–        Nach Art. 3 Abs. 1a gelten für langfristig entsandte Arbeitnehmer „sämtliche anwendbaren Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen …, die in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet die Arbeitsleistung erbracht wird, festgelegt sind“, „unabhängig von dem auf das jeweilige Arbeitsverhältnis anwendbaren Recht“. Dies bedeutet, wie das Europäische Parlament in seinen Erklärungen ausführt(32), dass für diese Kategorie entsandter Arbeitnehmer das dem Rechtsverhältnis zugrunde liegende internationale Privatrecht nicht geändert wird.

–        Die Gleichstellung langfristig entsandter Arbeitnehmer mit einheimischen Arbeitnehmern erfolgt für „sämtliche anwendbaren Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen …, die in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet die Arbeitsleistung erbracht wird, festgelegt sind“. Als solche sind die „Arbeitsbedingungen und [der] Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer“ zu verstehen, die gemäß ihrem neuen Art. 1 Abs. 1 in der Richtlinie 96/71 geregelt sind. In Bereichen wie der sozialen Sicherheit oder dem Steuerrecht bleiben die Unterschiede somit bestehen.

80.      Meines Erachtens ist die Regelung dieser neuen Kategorie der langfristig entsandten Arbeitnehmer gerechtfertigt und bringt verhältnismäßige Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs mit sich, die mit Art. 56 AEUV vereinbar sind.

81.      Die Einführung einer Frist von zwölf Monaten (in Ausnahmefällen 18 Monate) beseitigt die Unsicherheit, zu der die ursprüngliche Fassung der Richtlinie 96/71 geführt hatte, nach deren Art. 2 Abs. 1 als entsandter Arbeitnehmer galt, wer seine Arbeit „während eines begrenzten Zeitraums“ in einem anderen Staat als seinem Herkunftsstaat verrichtete. Meines Erachtens wird diese Unsicherheit mit der neuen Regelung beseitigt, indem klargestellt wird, dass Arbeitnehmer, die für mehr als zwölf (bzw. 18) Monate entsandt werden, als langfristig entsandte Arbeitnehmer gelten.

82.      Auch der Status eines langfristig entsandten Arbeitnehmers scheint mir angemessen zu sein, da er sich an die Situation der Arbeitnehmer anpasst, die sich für einen langen Zeitraum im Aufnahmemitgliedstaat aufhalten und somit stärker am Arbeitsmarkt dieses Staates partizipieren. Es ist logisch (und verhältnismäßig), dass vor diesem Hintergrund eine größere Anzahl von arbeitsrechtlichen Vorschriften des Bestimmungsmitgliedstaats auf sie zur Anwendung kommt, während gleichzeitig ihre Verbindung mit dem Herkunftsstaat des Unternehmens, für das sie arbeiten, bestehen bleibt.

83.      Ich teile auch nicht die Auffassung der polnischen Regierung, dass die neue Regelung für langfristig entsandte Arbeitnehmer nicht mit Art. 9 der Rom‑I-Verordnung vereinbar sei.

84.      Dieser Artikel bezieht sich auf die „Eingriffsnormen des Rechts des angerufenen Gerichts“, der neue Art. 3 Abs. 1a der Richtlinie 96/71 ist jedoch keine solche Norm.

85.      Das Verhältnis dieser Richtlinie zur Rom‑I-Verordnung ist in deren Art. 8 („Individualarbeitsverträge“) und Art. 23 („Verhältnis zu anderen Gemeinschaftsrechtsakten“) geregelt(33).

86.      Schließlich macht die polnische Regierung geltend, der neue Art. 3 Abs. 1a Unterabs. 3 der Richtlinie 96/71 führe zu einer mit Art. 56 AEUV unvereinbaren unverhältnismäßigen Beschränkung, da er für die Berechnung der Dauer den Arbeitsplatz und nicht die Situation des Arbeitnehmers berücksichtige. Außerdem setze er keine zeitliche Begrenzung für die Zusammenrechnung der Zeiten fest.

87.      Wie der Rat und das Europäische Parlament vortragen und im elften Erwägungsgrund der Richtlinie 2018/957 ausgeführt wird, soll diese Bestimmung die Umgehung und den Missbrauch der Rechtsstellung eines langfristig entsandten Arbeitnehmers verhindern. Andernfalls könnte dieser Status dadurch umgangen werden, dass entsandte Arbeitnehmer durch andere an denselben Arbeitsplatz entsandte Arbeitnehmer ersetzt werden.

88.      Zwar gibt es, wie die polnische Regierung vorträgt, eine gewisse Ungenauigkeit im Wortlaut, denn die Bestimmung legt keine zeitliche Begrenzung für die Zusammenrechnung der Zeiten fest, in denen entsandte Arbeitnehmer die gleiche Tätigkeit ausüben.

89.      Die polnische Regierung hat jedoch in ihren Erklärungen nicht dargetan, dass es weniger einschränkende Alternativen gebe, um betrügerische Verhaltensweisen zu verhindern. Sie beschränkt sich auf den Hinweis, dass die in Art. 4 der Richtlinie 2014/67(34) genannten Maßnahmen zur Feststellung einer tatsächlichen Entsendung und Verhinderung von Missbrauch und Umgehung ausreichend seien. Diese Maßnahmen sind jedoch eher zur Verhinderung von Betrug bei einzelnen Entsendungen als bei aufeinanderfolgenden Entsendungen von Arbeitnehmern zur Durchführung der gleichen Tätigkeit bestimmt.

90.      Ich schlage daher vor, den ersten Nichtigkeitsgrund insgesamt zurückzuweisen.

VII. Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 58 Abs. 1 AEUV durch die Anwendung der Richtlinie 2018/957 auf den Verkehrssektor

91.      Da das Vorbringen im Rahmen dieses Klagegrundes dem in der Rechtssache C‑620/18 entspricht, verweise ich auf die Schlussanträge in der Rechtssache C‑620/18(35), denen zufolge dieser Klagegrund zurückzuweisen ist.

VIII. Ergebnis

92.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor,

1.      die Klage der Republik Polen in vollem Umfang abzuweisen;

2.      der Republik Polen ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union aufzuerlegen;

3.      der Europäischen Kommission sowie der französischen, der deutschen, der niederländischen und der schwedischen Regierung ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.


1       Originalsprache: Spanisch.


2       Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 zur Änderung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (ABl. 2018, L 173, S. 16, im Folgenden: Richtlinie 2018/957).


3       Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (ABl. 1997, L 18, S. 1, im Folgenden: Richtlinie 96/71).


4       Im Folgenden: Schlussanträge in der Rechtssache C‑620/18.


5       Urteile vom 29. März 2012, Kommission/Estland (C‑505/09 P, EU:C:2012:179, Rn. 112), vom 12. November 2015, Vereinigtes Königreich/Parlament und Rat (C‑121/14, EU:C:2015:749, Rn. 20 und 21), und vom 9. November 2017, SolarWorld/Rat (C‑204/16 P, EU:C:2017:838, Rn. 36 und 37).


6       Nrn. 17 bis 51.


7       Nrn. 58 und 59.


8       Nrn. 60 bis 72.


9       Urteil vom 3. Dezember 2019, Tschechische Republik/Parlament und Rat (C‑482/17, EU:C:2019:1035, Rn. 42).


10       Ebd., Nrn. 38 und 39. Vgl. in diesem Sinne die Urteile vom 8. Juni 2010, Vodafone u. a. (C‑58/08, EU:C:2010:321, Rn. 34), und vom 10. Dezember 2002, British American Tobacco (Investments) und Imperial Tobacco (C‑491/01, EU:C:2002:741, Rn. 77).


11       Nrn. 80 bis 85.


12       Nrn. 105 bis 110.


13       Vgl. den 13. Erwägungsgrund der Richtlinie 96/71 und Urteil vom 18. Dezember 2007, Laval un Partneri (C‑341/05, EU:C:2007:809, Rn. 74 bis 81).


14       „[D]er Begriff, Entlohnung‘ [bestimmt sich] nach den nationalen Rechtsvorschriften und/oder nationalen Gepflogenheiten des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Arbeitnehmer entsandt ist, und umfasst alle die Entlohnung ausmachenden Bestandteile, die gemäß nationalen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder durch in diesem Mitgliedstaat für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge oder Schiedssprüche oder durch Tarifverträge oder Schiedssprüche, die nach Absatz 8 anderweitig Anwendung finden, zwingend verbindlich gemacht worden sind.“ Hervorhebung nur hier.


15       Dokument SWD(2016) 52 final vom 8. März 2016, S. 27.


16       Nrn. 144 und 145.


17       Die französische Regierung hat in der mündlichen Verhandlung mit Nachdruck auf diese praktischen Schwierigkeiten hingewiesen und ausgeführt, dass in Frankreich zwischen dem Mindestlohn (SMIC) und den „Mindestlohnsätzen“ der Richtlinie 96/71 unterschieden werde. Die Mindestlohnsätze umfassten neben dem Mindestlohn Nacht- oder Gefahrenzulagen, die auch den entsandten Arbeitnehmer gezahlt werden müssten.


18       Urteil vom 12. Februar 2015, Sähköalojen ammattiliitto (C‑396/13, EU:C:2015:86, im Folgenden: Urteil Sähköalojen ammattiliitto).


19       Urteil Sähköalojen ammattiliitto, Rn. 38 bis 70, wonach der „Mindestlohnsatz“ Folgendes umfasst:


      – die Möglichkeit der Berechnung des Mindeststundenlohns und/oder Mindestakkordlohns auf der Grundlage der Einteilung der Arbeitnehmer in Lohngruppen, wie sie nach den maßgeblichen Tarifverträgen des Aufnahmemitgliedstaats vorgesehen ist, sofern diese Berechnung und diese Einteilung nach zwingenden und transparenten Vorschriften vorgenommen werden, was zu prüfen Aufgabe des nationalen Gerichts ist;


      – ein Tagegeld unter den gleichen Voraussetzungen, wie sie für die Einbeziehung dieses Tagegeldes in den Lohn gelten, der den Arbeitnehmern bei einer Entsendung innerhalb des Aufnahmemitgliedstaats gezahlt wird;


      –      eine Entschädigung für die tägliche Pendelzeit, die Arbeitnehmern unter der Voraussetzung gezahlt wird, dass ihre tägliche Pendelzeit mehr als eine Stunde beträgt;


      –      die Vergütung, die für die Dauer des bezahlten Mindestjahresurlaubs zu gewähren ist.


20       „Aus welchen Bestandteilen sich für die Anwendung dieser Richtlinie der Mindestlohn zusammensetzt, ist daher im Recht des Mitgliedstaats, in den der Arbeitnehmer entsandt wird, festzulegen, wobei diese Definition, wie sie sich aus den einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften oder Tarifverträgen oder ihrer Auslegung durch die innerstaatlichen Gerichte ergibt, allerdings nicht zu einer Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten führen darf.“ Urteile Sähköalojen ammattiliitto, Rn. 34, und vom 7. November 2013, Isbir (C‑522/12, EU:C:2013:711, Rn. 37).


21       Urteil Sähköalojen ammattiliitto, Rn. 39.


22       Vgl. Fondazione Giacomo Brodolini (FGB), Study on wage setting systems and minimum rates of pay applicable to posted workers in accordance with Directive 97/71/EC in a selected number of Member States and sectors, Final report, November 2015; Schiek, Oliver, Forde, Alberti, EU Social and Labour Rights and EU Internal Market Law, Study for the EMPL Committee, European Parliament, September 2015 (http://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/STUD/2015/563457/IPOL_STU%282015%29563457_EN.pdf).


23       Dokument SWD(2016) 52 final vom 8. März 2016, S. 10 und 11.


24       Dokument SWD(2016) 52 final vom 8. März 2016, S. 11 bis 14.


25       Dokument SWD(2016) 52 final vom 8. März 2016, S. 23 ff.


26       Das Urteil vom 18. September 2014, Bundesdruckerei (C‑549/13, EU:C:2014:2235), kann nicht herangezogen werden, da es sich auf einen Fall des freien Dienstleistungsverkehrs ohne Entsendung von Arbeitskräften bezieht.


27       Vgl. Fn. 14. Insoweit heißt es auch im 17. Erwägungsgrund der Richtlinie 2018/957, dass die Festlegung der Vorschriften über die Entlohnung in die alleinige Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt und dass diese sie im Einklang mit ihren nationalen Rechtsvorschriften bzw. nationalen Gepflogenheiten festlegen.


28       So heißt es im letzten Satz dieses Erwägungsgrundes, dass Reise-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten, sofern sie nicht infolge der Entsendung tatsächlich entstanden sind, als Bestandteil der Entlohnung des entsandten Arbeitnehmers gelten sollen.


29       Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (ABl. 2008, L 177, S. 6).


30       „Die Entsendung hat vorübergehenden Charakter. Entsandte Arbeitnehmer kehren nach Abschluss der Arbeiten, für die sie entsandt worden sind, in der Regel in den Mitgliedstaat, aus dem sie entsandt wurden, zurück. Allerdings sollten angesichts der langen Dauer mancher Entsendungen und in Anerkennung der Verbindung, die zwischen dem Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaats und den für solch lange Zeiträume entsandten Arbeitnehmern besteht, bei Entsendezeiträumen von über zwölf Monaten die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass die Unternehmen, die Arbeitnehmer in ihr Hoheitsgebiet entsenden, diesen Arbeitnehmern zusätzliche Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen garantieren, die für die Arbeitnehmer in dem Mitgliedstaat, in dem die Arbeit verrichtet wird, verbindlich gelten. Dieser Zeitraum sollte verlängert werden, sofern der Dienstleistungserbringer eine mit einer Begründung versehenen Mitteilung vorlegt.“


31       „Ein besserer Arbeitnehmerschutz ist notwendig, um den freien Dienstleistungsverkehr auf einer fairen Grundlage sowohl kurz- als auch langfristig sicherzustellen, insbesondere indem ein Missbrauch der durch die Verträge garantierten Rechte verhindert wird. Jedoch können die Vorschriften über den Arbeitnehmerschutz das Recht von Unternehmen, die Arbeitnehmer in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats entsenden, sich auch in Fällen, in denen die Entsendung länger als zwölf Monate oder gegebenenfalls 18 Monate dauert, auf die Dienstleistungsfreiheit zu berufen, nicht berühren. Bestimmungen, die für entsandte Arbeitnehmer im Rahmen einer Entsendung von mehr als zwölf oder gegebenenfalls 18 Monaten gelten, müssen daher mit dieser Freiheit vereinbar sein. Gemäß der ständigen Rechtsprechung sind Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit nur zulässig, wenn sie aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sowie verhältnismäßig und erforderlich sind.“


32       Die Kommission sprach sich im Fall der langfristig entsandten Arbeitnehmer für eine Änderung der auf den Individualarbeitsvertrag anzuwendenden rechtlichen Regelung aus und empfahl, das Arbeitsrecht des Aufnahmestaats auf sie anzuwenden. Vgl. Art. 2a des Vorschlags der Kommission COM(2016) 128 und die Folgenabschätzung SWD(2016) 52 final, S. 25.


33       Vgl. Schlussanträge in der Rechtssache C‑620/18, Nrn. 191 bis 200.


34      Richtlinie 2014/67/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems (IMI‑Verordnung) (ABl. 2014, L 159, S. 11).


35       Nrn. 172 bis 180.