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Klage, eingereicht am 13. Dezember 2011 - Europäische Kommission/Republik Polen

(Rechtssache C-639/11)

Verfahrenssprache: Polnisch

Parteien

Klägerin: Europäische Kommission (Prozessbevollmächtigte: G. Wilms, G. Zavvos und K. Herrmann)

Beklagte: Republik Polen

Klageanträge

Feststellung, dass die Republik Polen dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 2a der Richtlinie 70/311/EWG hinsichtlich der Typgenehmigung für Lenkanlagen2, Art. 4 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie 2007/46/EG hinsichtlich der EG-Typgenehmigung für Kraftfahrzeuge sowie Art. 34 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstoßen hat, dass sie bei neuen oder früher in anderen Mitgliedstaaten zugelassenen Personenwagen, deren Lenkanlage sich auf der rechten Seite befindet, die Zulassung davon abhängig macht, dass das Lenkrad auf die linke Seite versetzt wird;

Verurteilung der Republik Polen zur Tragung der Kosten des Verfahrens.

Klagegründe und wesentliche Argumente

Die Kommission wirft der Republik Polen vor, gegen Art. 2a der Einzelrichtlinie 70/311/EWG, Art. 4 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie 2007/46/EG sowie Art. 34 AEUV verstoßen zu haben.

In der Republik Polen herrscht auf den Straßen Rechtsverkehr. Nach den polnischen Rechtsvorschriften ist für die Zulassung eines Kraftfahrzeugs eine Bescheinigung erforderlich, dass das Fahrzeug technische Prüfungen bestanden hat. Auf der Grundlage von Verordnungen des Ministers für Infrastruktur gilt sodann die technische Prüfung bei Wagen, bei denen das Lenkrad auf der rechten Seite angebracht ist, von vornherein als nicht bestanden (d. h., der technische Zustand wird nicht als den geltenden technischen Anforderungen entsprechend angesehen). Demzufolge können Personenwagen mit dem Lenkrad auf der rechten Seite, die in Mitgliedstaaten mit Linksverkehr wie Großbritannien, Irland, Malta und Zypern eine Betriebserlaubnis haben, nicht in Polen zugelassen werden. Auch eine vorherige Zulassung solcher Fahrzeuge in anderen Mitgliedstaaten mit Rechtsverkehr wird von den polnischen Behörden nicht berücksichtigt.

Dass es nicht möglich ist, in Polen (neue und gebrauchte) Personenwagen zuzulassen, die aus Mitgliedstaaten mit Linksverkehr - hauptsächlich von Bürgern, die von der unionsrechtlichen Vergünstigung der Freizügigkeit Gebrauch machen - nach Polen eingeführt werden, lässt sich nach Ansicht der Kommission nicht mit dem zwingenden Erfordernis des öffentlichen Interesses in Gestalt der Gewährleistung der Sicherheit des Straßenverkehrs rechtfertigen.

Wenn in Polen nicht in diesem Land zugelassene Wagen, bei denen sich die Lenkanlage auf der rechten Seite befinde, ohne Einschränkung benutzt werden könnten, sei das Verbot ihrer Zulassung kein geeignetes und jedenfalls kein verhältnismäßiges Mittel zur Erreichung des erklärten Ziels.

Gerade der lange Gebrauch eines solchen Fahrzeugs auf Straßen mit Rechtsverkehr führe zum Erwerb von Routine und stelle unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit des Straßenverkehrs keine größere Bedrohung dar als die gelegentliche/zeitweilige Fortbewegung mit einem solchen Fahrzeug. Darüber hinaus ständen andere weniger einschneidende Mittel zur Verfügung - z. B. die Anbringung eines zusätzlichen Spiegels -, die Fahrzeugen, bei denen sich das Lenkrad auf der rechten Seite befinde, das Überholen im Rechtsverkehr erleichterten.

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1 - Richtlinie 70/311/EWG des Rates vom 8. Juni 1970 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Lenkanlagen von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern, ABl. L 133, S. 10.

2 - Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge (Rahmenrichtlinie), ABl. L 263, S. 1.

3 - § 9 Abs. 2 der Verordnung vom 31. Dezember 2012, Ziff. 5.1 des Anhangs I der Verordnung des Ministers für Infrastruktur vom 16. Dezember 2003 sowie Ziff. 6.1 des Anhangs I der Verordnung des Ministers für Infrastruktur vom 18. September 2009 zur Ersetzung und Aufhebung der Verordnung vom 16. Dezember 2003.