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Vorabentscheidungsersuchen des Raad van State (Niederlande), eingereicht am 15. Februar 2019 – X, andere Beteiligte: College van burgemeester en wethouders van gemeente Purmerend, Tamoil Nederland BV

(Rechtssache C-120/19)

Verfahrenssprache: Niederländisch

Vorlegendes Gericht

Raad van State

Parteien des Ausgangsverfahrens

Rechtsmittelführerin: X

Andere Beteiligte: College van burgemeester en wethouders van gemeente Purmerend, Tamoil Nederland BV

Vorlagefragen

1.    a)    Ist Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/68/EG1 dahin auszulegen, dass er einer in der Genehmigung für die LPG-Tankstelle enthaltenen Genehmigungsauflage entgegensteht, wonach die betreffende einzelne LPG-Tankstelle ausschließlich von LPG-Tankwagen mit einer hitzeabweisenden Ummantelung beliefert werden darf, während diese Verpflichtung nicht unmittelbar einem oder mehreren Betreibern von LPG-Tankwagen auferlegt wird?

b)    Ist es für die Beantwortung der ersten Frage von Bedeutung, dass der Mitgliedstaat mit Organisationen von Marktparteien in der LPG-Branche (u. a. Betreibern von LPG-Tankstellen, Herstellern, Verkäufern und Transporteuren von LPG) eine Vereinbarung in Form des „Safety Deal hittewerende bekleding op LPG-autogastankwagens“ (Safety Deal über die hitzeabweisende Ummantelung von LPG-Autogastankwagen) abgeschlossen hat, in der sich die Parteien zur Anwendung der hitzeabweisenden Ummantelung verpflichtet haben, und dieser Mitgliedstaat anschließend einen Runderlass wie den „Circulaire effectafstanden externe veiligheid LPG-tankstations voor besluiten met gevolgen voor de effecten van een ongeval“ (Runderlass über Sicherheitsabstände im Zusammenhang mit der äußeren Sicherheit von LPG-Tankstellen bei Bescheiden mit Bezügen zu den Auswirkungen eines Unfalls) verabschiedet hat, in dem eine zusätzliche Risikopolitik festgelegt worden ist, die von der Annahme ausgeht, dass LPG-Tankstellen mittels Tankwagen beliefert werden, die mit einer hitzeabweisenden Ummantelung versehen sind?

2.    a)    Wenn ein nationales Gericht die Rechtmäßigkeit eines Durchsetzungsbeschlusses prüft, der dazu dient, die Erfüllung einer rechtlich unanfechtbar gewordenen und gegen das Unionsrecht verstoßenden Genehmigungsauflage durchzusetzen:

Ist es nach dem Unionsrecht, insbesondere der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur nationalen Verfahrensautonomie, zulässig, wenn das nationale Gericht grundsätzlich von der Rechtmäßigkeit einer solchen Genehmigungsauflage ausgeht, es sei denn, diese verstößt offensichtlich gegen höherrangiges Recht, darunter Unionsrecht? Falls ja: Knüpft das Unionsrecht (zusätzliche) Bedingungen an diese Ausnahme?

Oder hat das nationale Gericht eine solche Genehmigungsauflage nach dem Unionsrecht – u. a. in Anbetracht der Urteile des Gerichtshofs vom 29. April 1999, Ciola (C-224/97, EU:C:1999:212), und vom 6. April 2006, ED & F Man Sugar (C-274/04, EU:C:2006:233) – wegen Verstoßes gegen dieses Recht unangewendet zu lassen?

b)    Ist es bei der Beantwortung von Frage 2 Buchst. a von Belang, ob der Durchsetzungsbeschluss eine Entschädigungssanktion (remedy) oder eine strafrechtliche Sanktion (criminal charge) darstellt?

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1     Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über die Beförderung gefährlicher Güter im Binnenland (ABl. 2008, L 260, S. 13).