Language of document : ECLI:EU:F:2013:112

BESCHLUSS DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST DER EUROPÄISCHEN UNION

(Zweite Kammer)

9. Juli 2013

Rechtssache F‑34/12

Annalisa Vacca

gegen

Europäische Kommission

„Öffentlicher Dienst – Allgemeines Auswahlverfahren – Bekanntmachung des Auswahlverfahrens EPSO/AD/207/11 – Nichtzulassung zum Assessment-Center – Antrag auf Überprüfung – Keine ausdrückliche Antwort – Aufhebungsantrag, der sich weder auf einen spezifischen Klagegrund noch eine tatsächliche und rechtliche Begründung stützt – Unzulässigkeit“

Gegenstand:      Klage nach Art. 270 AEUV, der nach Art. 106a EA auch auf den EAG-Vertrag anwendbar ist, auf Aufhebung der stillschweigenden Entscheidung, die die Klägerin darin sieht, dass sie auf ihren Antrag auf Überprüfung der Entscheidung des Prüfungsausschusses für das allgemeine Auswahlverfahren EPSO/AD/207/11, sie nicht zur Teilnahme am Assessment-Center für die Einstellung von Beamten der Funktionsgruppe Administration in die Besoldungsgruppe AD 7 im Fachgebiet Europäische öffentliche Verwaltung zuzulassen, keine Antwort erhalten habe. Die Klägerin beantragt außerdem, die Kommission zu verurteilen, ihr den immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihr infolge ihres Ausschlusses vom Auswahlverfahren und der fehlenden ausdrücklichen Antwort auf ihren Überprüfungsantrag entstanden sei.

Entscheidung:      Die Klage wird als teilweise offensichtlich unzulässig und als teilweise offensichtlich unbegründet abgewiesen. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Leitsätze

1.      Gerichtliches Verfahren – Kosten – Tragung – Berücksichtigung von Billigkeitsgründen – Verurteilung der obsiegenden Partei zur Tragung der Kosten

(Verfahrensordnung des Gerichts für den öffentlichen Dienst, Art. 87 Abs. 2 und Art. 88)

2.      Beamte – Auswahlverfahren – Bekanntmachung des Auswahlverfahrens – Schaffung eines Rechts für die Bewerber auf Überprüfung ihrer Leistung – Nichtbeachtung dieses Rechts durch das Europäische Amt für Personalauswahl (EPSO) – Die Haftung der Verwaltung begründender Amtsfehler

(Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 41 Abs. 1)

3.      Verfahren – Klageschrift – Heilung von Mängeln – Aufforderung zur Einreichung einer gekürzten Fassung – Einreichung einer mit der ursprünglichen Fassung identischen Klageschrift, die mit kleineren Buchstaben geschrieben ist – Unzulässigkeit

(Verfahrensordnung des Gerichts für den öffentlichen Dienst, Art. 36)

1.      Das Gericht für den öffentlichen Dienst kann nach Art. 87 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung aus Gründen der Billigkeit entscheiden, dass eine unterliegende Partei zur Tragung nur eines Teils der Kosten oder gar nicht zur Tragung der Kosten zu verurteilen ist. Andererseits kann nach Art. 88 der Verfahrensordnung eine Partei, auch wenn sie obsiegt, zur Tragung eines Teils der Kosten oder sämtlicher Kosten verurteilt werden, wenn dies wegen ihres Verhaltens, auch vor Klageerhebung, gerechtfertigt erscheint. Insbesondere kann es durch die mangelnde Sorgfalt eines Organs im Vorverfahren gerechtfertigt sein, dieses zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

(vgl. Randnrn. 32 und 34)

Verweisung auf:

Gericht für den öffentlichen Dienst: 5. Juli 2011, Coedo Suárez/Rat, F‑73/10, Randnr. 48

2.      Wenn die Bekanntmachung eines Auswahlverfahrens einem Bewerber das spezifische Recht einräumt, einen Antrag auf Überprüfung seiner Leistung zu stellen, falls er der Auffassung ist, dass das Europäische Amt für Personalauswahl (EPSO) die Bestimmungen des Auswahlverfahrens nicht eingehalten habe oder dass der Prüfungsausschuss die Vorschriften über seine Arbeitsweise nicht eingehalten habe, hat der Bewerber einen Anspruch auf eine Antwort, die das EPSO schnellstmöglich zu erteilen hat. Mit diesem Recht soll u. a. insbesondere gewährleistet werden, dass ein geeigneter Bewerber nicht ausgeschlossen wird, und zugleich so weit wie möglich vermieden werden, dass es zu unnötigen Beschwerden und Klagen von Bewerbern kommt, deren Ausschluss sich nach einer Überprüfung als in vollem Umfang gerechtfertigt erweist.

Die strikte Beachtung eines spezifischen Rechts durch das EPSO ist Ausdruck der Verpflichtung, die sich aus dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung gemäß Art. 41 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ergibt. Die Nichtbeachtung des spezifischen Rechts eines Bewerbers, dass der Prüfungsausschuss seine Leistung einer Überprüfung unterzieht, durch das EPSO kann einen Amtsfehler darstellen, der gegebenenfalls zu einem Schadensersatzanspruch des Bewerbers führen kann.

(vgl. Randnrn. 36 und 37)

Verweisung auf:

Gericht für den öffentlichen Dienst: 18. September 2012, Cuallado Martorell/Kommission, F‑96/09, Randnrn. 47 und 48

3.      Einer Aufforderung zur Mängelbehebung durch Einreichung einer Klageschrift nachzukommen, die mit der ursprünglichen Klageschrift identisch ist, aber infolge einer Aufforderung zur Vorlage einer gekürzten Fassung mit kleineren Buchstaben geschrieben ist, widerspricht nicht nur offensichtlich dem Sinn von Nr. 8 der praktischen Anweisungen für die Parteien, sondern verursacht dem Gericht für den öffentlichen Dienst auch eine unnötige Arbeitsbelastung, da es gezwungen ist, sich mit einer zweiten Fassung der Klageschrift auseinanderzusetzen, die mit der ersten in allen Punkten identisch ist.

(vgl. Randnr. 38)