Language of document : ECLI:EU:F:2014:14

URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
DER EUROPÄISCHEN UNION (Plenum)

12. Februar 2014(*)

„Öffentlicher Dienst – Allgemeines Auswahlverfahren – Bekanntmachung des Auswahlverfahrens EPSO/AD/177/10 – Nichtaufnahme in die Reserveliste – Begründung der Entscheidung des Prüfungsausschusses – Mitteilung des Prüfungsgegenstands – Beständigkeit des Prüfungsausschusses“

In der Rechtssache F‑127/11

betreffend eine Klage nach Art. 270 AEUV, der nach Art. 106a EAG auch für den EAG-Vertrag gilt,

Gonzalo de Mendoza Asensi, Bediensteter auf Zeit des Europäischen Parlaments, wohnhaft in Strassen (Luxemburg), Prozessbevollmächtigte: P. Nelissen Grade und G. Leblanc, Rechtsanwälte,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch J. Currall und B. Eggers als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

das Gericht für den Öffentlichen Dienst (Plenum)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Van Raepenbusch, der Kammerpräsidentin M. I. Rofes i Pujol sowie der Richter E. Perillo, R. Barents und K. Bradley (Berichterstatter),

Kanzlerin: W. Hakenberg,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juni 2013

folgendes

Urteil

1        Mit Klageschrift, die am 29. November 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Herr de Mendoza Asensi die vorliegende Klage eingereicht, mit der er in erster Linie die Aufhebung der Entscheidung des Prüfungsausschusses des allgemeinen Auswahlverfahrens EPSO/AD/177/10, seinen Namen nicht in die Reserveliste dieses Verfahrens aufzunehmen, beantragt.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Am 16. März 2010 veröffentlichte das Europäische Amt für Personalauswahl (EPSO) im Amtsblatt der Europäischen Union die Bekanntmachung des allgemeinen Auswahlverfahrens EPSO/AD/177/10 zur Bildung einer Einstellungsreserve für Beamte der Besoldungsgruppe AD 5 in den Fachgebieten Europäische öffentliche Verwaltung, Recht, Wirtschaft, Audit sowie Informations- und Kommunikationstechnologien (ABl. C 64 A, S. 1, im Folgenden: Bekanntmachung des Auswahlverfahrens).

3        In Abschnitt IV der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens waren Zulassungstests und in Abschnitt V Prüfungen in einem Assessment-Center vorgesehen.

4        In Abschnitt V Ziff. 2 der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens war angegeben, dass bei den Bewerbern, die zum Assessment-Center eingeladen werden, die Kompetenzen in dem gewählten Fachgebiet und die allgemeinen Kompetenzen in den nachstehenden Bereichen bewertet werden:

„‒      Analyse und Problemlösung[;]

–        Kommunikationsfähigkeit[;]

–        Qualitäts- und Ergebnisorientierung[;]

–        Lernen und persönliche Entwicklung[;]

–        Setzen von Schwerpunkten und Organisationsfähigkeit[;]

–        Durchhaltevermögen[;]

–        Teamfähigkeit[;]

–        Führungsqualitäten“.

5        In Abschnitt V Ziff. 2 der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens wurde außerdem ausgeführt, dass die genannten Kompetenzen anhand einer Fallstudie im gewählten Fachgebiet, einer Gruppenübung, eines mündlichen Vortrags und eines strukturierten Interviews geprüft würden.

6        In Abschnitt V Ziff. 4 der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens war vorgesehen, dass die Kompetenzen in dem gewählten Fachgebiet mit 0 bis 20 Punkten bewertet würden, mit einer erforderlichen Mindestpunktzahl von 10 Punkten. Außerdem ergibt sich aus den Akten, dass die fachlichen Kompetenzen nur im Rahmen der Fallstudie bewertet wurden. In dieser Ziffer war auch angegeben, dass jede allgemeine Kompetenz mit 0 bis 10 Punkten bewertet werde, mit einer erforderlichen Mindestpunktzahl von 3 Punkten für jede Kompetenz und von 50 von 80 Punkten für die acht allgemeinen Kompetenzen zusammen.

7        Der Kläger bewarb sich für das Auswahlverfahren EPSO/AD/177/10 im Bereich Recht (im Folgenden: Auswahlverfahren). Nach Bestehen der computergestützten Zulassungstests nahm er an den Prüfungen teil, die am 29. September 2010 im Assessment-Center in Brüssel (Belgien) stattfanden.

8        Mit Schreiben vom 3. Februar 2011, das dem Kläger über sein EPSO-Konto übermittelt wurde, teilte das EPSO ihm mit, dass der Prüfungsausschuss seine Ergebnisse als nicht ausreichend ansehe, um seinen Namen in die Reserveliste aufzunehmen, und dass er insbesondere für seine fachlichen Kompetenzen 8 von 20 Punkten erzielt habe, die erforderliche Mindestpunktzahl jedoch bei 10 von 20 Punkten liege (im Folgenden: Nichtzulassungsentscheidung). Diesem Schreiben war ein „Kompetenzpass“ beigefügt, in dem die Ergebnisse des Klägers bei den Prüfungen der allgemeinen und der fachlichen Kompetenzen und die Anmerkungen des Prüfungsausschusses zu jeder der bewerteten allgemeinen Kompetenzen aufgeführt waren.

9        Mit Fax vom 8. Februar 2011 beantragte der Kläger die Überprüfung der Nichtzulassungsentscheidung und Zugang zu „allen korrigierten schriftlichen und mündlichen Tests, den Fragen und Antworten und den Bewertungskriterien, die der Prüfungsausschuss auf den schriftlichen Test/die Fallstudie angewandt hat“.

10      Mit E-Mail vom 10. Februar 2011 erhielt der Kläger seine unkorrigierte, bei der Fallstudie erstellte Kopie und seinen Sprachtest, dem der für diesen Test verwendete Bewertungsbogen beigefügt war.

11      Mit Schreiben vom 4. April 2011, das dem Kläger über sein EPSO-Konto übermittelt wurde, teilte das EPSO diesem mit, dass der Prüfungsausschuss bei der Bewertung seiner Fallstudie Unstimmigkeiten festgestellt und entschieden habe, die Punktzahl anzuheben, die er für die allgemeinen Kompetenzen „Kommunikationsfähigkeit“ sowie „Setzen von Schwerpunkten und Organisationsfähigkeit“ erzielt hatte, wie auch die Punktzahl, die er für die fachlichen Kompetenzen erhalten hatte, so dass sich diese von 8 von 20 Punkten auf 9 von 20 Punkten erhöhte. In diesem Schreiben teilte das EPSO dem Kläger mit, dass er aufgrund dieser Änderungen eine Gesamtpunktzahl von 71,2 von 100 Punkten erzielt habe, die jedoch unter der niedrigsten Gesamtpunktzahl liege, die die in die Reserveliste aufgenommenen Bewerber erzielt hätten, nämlich 76,10 Punkte, und der Prüfungsausschuss folglich seine Entscheidung, ihn nicht in die Reserveliste aufzunehmen, bestätige. Außerdem wurde ihm eine berichtigte Fassung des „Kompetenzpasses“ übermittelt.

12      Mit E-Mail vom 5. Mai 2011 legte der Kläger gegen die Entscheidung des Prüfungsausschusses, seinen Namen nicht in die Reserveliste aufzunehmen, nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) Beschwerde ein. In der Beschwerde beantragte er auch Zugang zu der „Bewertung des Textes der Fallstudie, den Bewertungskriterien und den Korrekturen“.

13      Mit Entscheidung vom 29. August 2011 wies das EPSO in seiner Eigenschaft als Anstellungsbehörde die Beschwerde zurück (im Folgenden: Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde).

 Anträge der Parteien und Verfahren

14      Der Kläger beantragt,

–        vor einer Entscheidung in der Sache und als prozessleitende Maßnahmen der Europäischen Kommission aufzugeben, die relevanten Dokumente vorzulegen, damit er einen möglichen offensichtlichen tatsächlichen und/oder rechtlichen Beurteilungsfehler im Rahmen der Bewertung seiner Leistungen beurteilen könne, und insbesondere die Kopie der Fallstudie, die er bei der schriftlichen Prüfung im Rahmen des Assessment-Centers zu bearbeiten hatte, mit seinen korrigierten Antworten vorzulegen;

–        die Nichtzulassungsentscheidung aufzuheben;

–        die Entscheidung des Prüfungsausschusses, die ihm mit Schreiben vom 4. April 2011 übersandt und mit der die Nichtzulassungsentscheidung bestätigt wurde, aufzuheben;

–        die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde aufzuheben;

–        der Beklagten die Kosten aufzuerlegen.

15      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

16      Mit Schreiben vom 29. Juni 2012 hat das Gericht die Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen aufgefordert, bestimmte Fragen zu beantworten und bestimmte Dokumente vorzulegen. Es hat insbesondere die Kommission aufgefordert, ihm die Variante des Prüfungsgegenstands zu übersenden, die bei der Fallstudie des Klägers verwendet wurde, und mindestens zwei weitere Varianten, die bei dem Auswahlverfahren verwendet wurden.

17      Der Kläger ist den prozessleitenden Maßnahmen des Gerichts fristgerecht nachgekommen. Die Kommission hat mit ihrer Antwort vom 10. August 2012 dem Gericht dagegen nur einen Teil der angeforderten Dokumente übermittelt, da es sich bei den Texten der verschiedenen verwendeten Varianten des Prüfungsgegenstands des Auswahlverfahrens um äußerst sensible Daten handle und die Vertraulichkeit hinsichtlich der Methode, die im Rahmen der Auswahlverfahren des EPSO für die Erstellung und Verwendung der Varianten angewandt werde, gewahrt werden müsse.

18      Mit Beschluss vom 19. Oktober 2012, der nach Art. 44 Abs. 2 der Verfahrensordnung erlassen wurde, hat das Gericht der Kommission aufgegeben, ihm die Variante des Prüfungsgegenstands vorzulegen, die bei der Fallstudie verwendet wurde, mit der der Kläger geprüft wurde, sowie zwei weitere bei dem Auswahlverfahren verwendete Varianten, nämlich diejenige, bei der die Durchschnittspunktzahl der Bewerber am höchsten war, und diejenige, bei der die Durchschnittspunktzahl der Bewerber am niedrigsten war. Mit demselben Beschluss hat das Gericht die Übermittlung der angeforderten Dokumente an den Kläger von einer vertraulichen Behandlung abhängig gemacht, die an bestimmte Bedingungen geknüpft war, darunter die schriftliche Verpflichtung der Prozessvertreter des Klägers, den Inhalt der von der Kommission vorgelegten Dokumente Dritten nicht zugänglich zu machen und insbesondere ihre Stellungnahme zu diesen Dokumenten nicht ihrem Mandanten oder Dritten zu übermitteln.

19      Die Kommission hat dem Gericht die in dem Beschluss vom 19. Oktober 2012 genannten Dokumente fristgerecht vorgelegt. Mit Schreiben vom 20. November 2012 haben sich die Prozessvertreter des Klägers verpflichtet, ihrem Mandanten oder Dritten die von der Kommission vorgelegten Dokumente und ihre Stellungnahme zu diesen Dokumenten nicht zugänglich zu machen.

20      Mit Entscheidung des Gerichts vom 31. Januar 2013 als Plenum wurde die Rechtssache, mit der ursprünglich die Zweite Kammer des Gerichts befasst war, an das Plenum verwiesen.

21      Mit Beschluss vom 5. Februar 2013 hat das Gericht der Kommission aufgegeben, ihm „eine Kopie sämtlicher Leitfäden oder Bewertungskriterien vorzulegen, die von den Mitgliedern des Prüfungsausschusses für die Bewertung der Kopien der Bewerber bei der Fallstudie des Auswahlverfahrens verwendet wurden“.

22      Mit Schreiben, das am 19. Februar 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission dem Gericht einen allgemeinen Leitfaden vorgelegt, der Weisungen an die Korrektoren enthält, sowie einen mit „Rechtlicher Leitfaden“ überschriebenen ausführlichen Leitfaden, der Weisungen zum Gegenstand der verschiedenen Varianten der Fallstudie enthält, und das Merkmalsprofil der Software, die den Korrektoren/Mitgliedern des Prüfungsausschusses für die Beurteilung der Kompetenzen der Bewerber bei der Fallstudie zur Verfügung gestellt wurde. In ihrem Übermittlungsschreiben hat die Kommission jedoch darauf hingewiesen, dass der ausführliche Leitfaden die Korrekturkriterien für die Fallstudie enthalte, und sie hat daher geltend gemacht, dass dieses Dokument in vollem Umfang unter die Geheimhaltung der Arbeiten des Prüfungsausschusses falle. Sie hat außerdem geltend gemacht, dass das Merkmalsprofil als vertraulich anzusehen und daher nur eine nichtvertrauliche Fassung zu den Akten zu geben sei.

23      Nach Prüfung der von der Kommission vorgelegten Dokumente hat das Gericht mit Beschluss vom 18. April 2013 entschieden, den allgemeinen Leitfaden zu den Akten zu nehmen, den ausführlichen Leitfaden an die Kommission zurückzugeben, da es diesen Leitfaden nach Durchsicht für eine Entscheidung über die Begründetheit der vom Kläger im vorliegenden Verfahren vorgetragenen Klagegründe nicht für erforderlich hält, dem Vertraulichkeitsantrag der Kommission hinsichtlich des Merkmalsprofils stattzugeben und die Übermittlung des allgemeinen Leitfadens und der nichtvertraulichen Fassung des Merkmalsprofils an den Kläger von einer vertraulichen Behandlung abhängig zu machen, die an verschiedene Bedingungen geknüpft ist.

 Vorbemerkungen

24      Zunächst ergibt sich aus den Akten, dass das EPSO am 3. Juli 2008 einen mit „Reformprogramm“ überschriebenen Bericht angenommen hat. Dieses Reformprogramm sieht für alle ab dem Jahr 2010 durchgeführten allgemeinen Auswahlverfahren vor, dass von einer Auswahlmethode, die auf der Bewertung der Kenntnisse der Bewerber beruht, zu einer Auswahlmethode übergegangen wird, die auf der Bewertung der Kompetenzen der Bewerber beruht (im Folgenden: neue Auswahlmethode). Insbesondere gibt das Reformprogramm als wichtigsten Punkt für die Auswahl von Bediensteten der Funktionsgruppe Administration (AD) die Einführung von Assessment-Centern an, in denen die Bewerber verschiedene Prüfungen ablegen müssen, darunter eine Fallstudie, ein strukturiertes Interview, ein mündlicher Vortrag und eine Gruppenübung.

25      Was die mündlichen Prüfungen anbelangt, die im Assessment-Center stattfinden, sieht die neue Auswahlmethode verschiedene Maßnahmen vor, mit denen den kognitiven Verzerrungen, die generell bei den Prüfern festgestellt werden, entgegengewirkt und die Kohärenz der Bewertung sichergestellt werden soll.

26      Den Schriftsätzen der Beklagten lässt sich insbesondere Folgendes entnehmen:

–        Die Bewerber werden bei einer Prüfung von mindestens zwei Mitgliedern des Prüfungsausschusses beobachtet, und jede allgemeine Kompetenz wird im Rahmen von mindestens zwei verschiedenen Prüfungen und damit von mehreren Mitgliedern des Prüfungsausschusses beurteilt.

–        Die Prüfungen sind vorstrukturiert und folgen einer im Voraus festgelegten Methodik, bei der vorab festgelegte Verhaltensindikatoren verwendet werden, um dem „Halo-Effekt“ vorzubeugen. Dabei handelt es sich um eine kognitive Verzerrung in Bezug auf die Wahrnehmung einer Person durch den Prüfer, dass nämlich der Prüfer einen Bewerber allein aufgrund seines ersten Eindrucks überschätzen oder unterschätzen könnte.

–        Mindestens die Hälfte der Mitglieder des Prüfungsausschusses sind Beamte der Organe, die speziell zu diesem Zweck zum EPSO abgeordnet wurden. Sie üben ihre Tätigkeit als Mitglieder des Prüfungsausschusses in Vollzeit aus und haben erfolgreich an einer fünftägigen Schulung zu Beurteilungstechniken teilgenommen. Die anderen Mitglieder des Prüfungsausschusses erhalten ebenfalls eine spezielle Schulung.

–        Auf jeden Bewerber werden dieselben Bewertungskriterien und dieselbe Methodik angewandt.

–        Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses nimmt an den ersten Minuten jeder Prüfung teil, um für eine ordnungsgemäße Anwendung der Methodik zu sorgen.

–        Die endgültigen Entscheidungen werden vom gesamten Prüfungsausschuss auf der Grundlage der Ergebnisse aller Prüfungen gemeinsam getroffen.

–        Es werden Studien und Analysen durchgeführt, um die Kohärenz der Bewertungen zu überprüfen.

27      Das Auswahlverfahren EPSO/AD/177/10 wurde auf der Grundlage der neuen Auswahlmethode organisiert.

 Rechtliche Würdigung

1.     Zum Gegenstand der Klage

28      Mit seinem zweiten und seinem dritten Antrag beantragt der Kläger, die Nichtzulassungsentscheidung und die Entscheidung des Prüfungsausschusses, die ihm mit Schreiben vom 4. April 2011 übersandt wurde und mit der der Prüfungsausschuss die Nichtzulassungsentscheidung nach deren Überprüfung bestätigte, aufzuheben.

29      Nach der Rechtsprechung stellt jedoch, wenn ein Bewerber in einem Auswahlverfahren die Überprüfung einer Entscheidung des Prüfungsausschusses beantragt, die von diesem Ausschuss nach der Überprüfung der Situation des Bewerbers getroffene Entscheidung die den Bewerber beschwerende Maßnahme dar (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 13. Dezember 2006, Heus/Kommission, T‑173/05, Rn. 19). Daher ist die Entscheidung des Prüfungsausschusses, die dem Kläger mit Schreiben vom 4. April 2011 übermittelt wurde, an die Stelle der Nichtzulassungsentscheidung getreten. Folglich ist nur der Antrag auf Aufhebung der Entscheidung zu prüfen, die dem Kläger mit Schreiben vom 4. April 2011 übersandt wurde.

30      Was den vierten Antrag anbelangt, mit dem die Aufhebung der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde beantragt wird, ist darauf hinzuweisen, dass eine formal gegen die Zurückweisung einer Beschwerde gerichtete Klage bewirkt, dass das Gericht mit der Handlung befasst wird, gegen die die Beschwerde gerichtet ist, wenn die Zurückweisung der Beschwerde als solche keinen eigenständigen Gehalt hat (Urteil des Gerichts vom 15. September 2011, Munch/HABM, F‑6/10, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      Im vorliegenden Fall hat die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde keinen eigenständigen Gehalt, da mit ihr lediglich die Nichtzulassungsentscheidung bestätigt wird, an deren Stelle die Entscheidung des Prüfungsausschusses getreten ist, die dem Kläger mit Schreiben vom 4. April 2011 übermittelt wurde, ohne dass vor dem Hintergrund neuer Argumente oder Tatsachen eine Überprüfung der Situation des Klägers vorgenommen wurde, so dass über den Antrag auf Aufhebung dieser Entscheidung nicht eigenständig zu entscheiden ist.

32      Nach alledem ist lediglich über den Antrag auf prozessleitende Maßnahmen und über den Antrag auf Aufhebung der Entscheidung des Prüfungsausschusses zu entscheiden, die dem Kläger mit Schreiben vom 4. April 2011 übermittelt und mit der die Nichtzulassungsentscheidung bestätigt wurde (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

2.     Zum Antrag auf prozessleitende Maßnahmen

33      Der Kläger beantragt in seiner Klageschrift, der Beklagten vor einer Entscheidung in der Sache und als prozessleitende Maßnahmen aufzugeben, alle relevanten Dokumente vorzulegen, damit er einen möglichen offensichtlichen tatsächlichen und/oder rechtlichen Beurteilungsfehler im Rahmen der Bewertung seiner Leistungen beurteilen könne, und insbesondere den Text der Fallstudie, die er zu bearbeiten hatte, und seine korrigierten Antworten vorzulegen.

34      Angesichts der den Schriftsätzen der Parteien beigefügten Anlagen und der im Rahmen der prozessleitenden Maßnahmen übermittelten Dokumente hält sich das Gericht jedoch für ausreichend unterrichtet, um über die Klage zu entscheiden, und beschließt, dem Antrag auf Erlass anderer prozessleitender Maßnahmen als den bereits erlassenen nicht stattzugeben.

3.     Zum Aufhebungsantrag

35      Der Kläger stützt seinen Aufhebungsantrag auf folgende drei Klagegründe:

–        Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung;

–        Verstoß gegen den Grundsatz der Unabhängigkeit des Prüfungsausschusses;

–        Verletzung der Begründungspflicht.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung

36      Der Kläger unterteilt den ersten Klagegrund in zwei Teile: Erstens hätten sich die Bewerber, die als Letzte geprüft wurden, in einer günstigeren Lage befunden, und zweitens sei die Fluktuation im Prüfungsausschuss bei den mündlichen Prüfungen außerordentlich groß gewesen.

 Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes

–       Vorbringen der Parteien

37      Der Kläger macht geltend, dass die Fallstudien über einen Zeitraum von drei Monaten durchgeführt worden seien und sich die den Bewerbern vorgelegten Prüfungsgegenstände bei den einzelnen Prüfungen nicht wesentlich unterschieden hätten. Aufgrund dieser Umstände hätten sich die Bewerber, je nach ihrer Reihenfolge, in einer unterschiedlichen Lage befunden. Zum einen hätten die Bewerber, die als Letzte geprüft wurden, mehr Zeit gehabt, um sich vorzubereiten, und zum anderen hätten sie von den Bewerbern, die vor ihnen geprüft wurden, Informationen zum Inhalt der einzelnen Varianten einholen können. Hierzu trägt der Kläger vor, dass zwischen den Bewerbern, die die Prüfung abgelegt hatten, und denjenigen, die sie noch nicht abgelegt hatten, Informationen zu den Fallstudien ausgetauscht worden seien, so dass sich Letztere gezielt hätten vorbereiten und diese Informationen hätten berücksichtigen können.

38      Dem Kläger zufolge hätte das EPSO, um dies zu vermeiden, alle Fallstudien am gleichen Tag durchführen müssen, wozu es im Übrigen aufgrund des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 27. Oktober 1976, Prais/Rat (130/75), verpflichtet sei und was das EPSO bei den im Jahr 2011 durchgeführten Auswahlverfahren getan habe.

39      In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger darauf hingewiesen, dass die Bewerber die Fallstudie auf Deutsch, Englisch oder Französisch bearbeiten konnten, und hervorgehoben, dass aus den Dokumenten, die die Kommission im Rahmen der prozessleitenden Maßnahmen vorgelegt hat, hervorgehe, dass die Bewerber, die diese Prüfung auf Deutsch oder Französisch abgelegt hatten, alle dieselbe Variante des Prüfungsgegenstands gehabt hätten. Daher hätten diese Bewerber mehr Möglichkeiten gehabt, von den anderen Bewerbern Informationen über den Inhalt der Variante des Prüfungsgegenstands zu erhalten, mit der sie geprüft werden würden.

40      Die Kommission ist der Auffassung, dass angesichts der neuen Auswahlmethode und insbesondere der in diesem Rahmen vorgesehenen Fallstudie, mit der nicht die Kenntnisse, sondern die Kompetenzen der Bewerber geprüft werden sollen, keine Kenntnisse eines besonderen Gebiets des Unionsrechts oder der Rechtsprechung vorausgesetzt würden, sondern nur ganz allgemeine Kenntnisse in Verbindung mit juristischen Kompetenzen erforderlich seien. Im Übrigen könne der Umstand, dass ein Bewerber von anderen Bewerbern Informationen über die Fallstudie erhalten hat, auch ein Nachteil sein, denn die Prüfung sei so konzipiert gewesen, dass mögliche Vorkenntnisse des Prüfungsgegenstands des Bewerbers neutralisiert werden. Zumindest hätten die Bewerber, die über Informationen über die Fallstudie verfügt und versucht hätten, diese Informationen für ihre Vorbereitung zu nutzen, feststellen müssen, dass die Prüfung nicht ihrer Vorbereitung entsprach.

41      Die Kommission trägt außerdem vor, der Kläger habe keinen Nachweis für den angeblichen Austausch von Informationen über die Fallstudie zwischen den Bewerbern vorgelegt. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission das Gericht darüber informiert, dass das EPSO den Informationsaustausch über die sozialen Netzwerke und über andere elektronische Kommunikationsmittel kontrolliere, so dass es eine mögliche Weitergabe von Informationen über die Prüfungsgegenstände feststellen und folglich reagieren könne, wenn zu detaillierte Informationen ausgetauscht würden. Im vorliegenden Fall habe es keine Hinweise auf eine Weitergabe von Informationen gegeben.

–       Würdigung durch das Gericht

42      Im Rahmen der richterlichen Kontrolle der Entscheidung eines Prüfungsausschusses, einen Bewerber nicht in die Reserveliste aufzunehmen, prüft das Gericht, ob die einschlägigen Rechtsvorschriften eingehalten wurden, d. h. die Vorschriften, insbesondere über das Verfahren, die im Statut und in der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens festgelegt sind, und die Vorschriften, die die Arbeiten des Prüfungsausschusses regeln, insbesondere das Gebot der Unparteilichkeit des Prüfungsausschusses und dessen Verpflichtung, die Bewerber gleich zu behandeln, und ob kein Ermessensmissbrauch vorliegt (Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2012, Mileva/Kommission, F‑101/11, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Was insbesondere die Gleichbehandlung der Bewerber anbelangt, obliegt es nach der Rechtsprechung dem Prüfungsausschuss, beim Ablauf eines Auswahlverfahrens strikt auf die Einhaltung dieses Grundsatzes zu achten. Auch wenn der Prüfungsausschuss über ein weites Ermessen in Bezug auf die Modalitäten und den genauen Inhalt der Prüfungen verfügt, kommt es doch dem Unionsrichter zu, seine Kontrolle in dem Maß auszuüben, das erforderlich ist, um sicherzustellen, dass die Bewerber gleich behandelt werden und der Prüfungsausschuss die Auswahl unter ihnen objektiv trifft (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 12. März 2008, Giannini/Kommission, T‑100/04, Rn. 132).

44      In diesem Zusammenhang obliegt es der Anstellungsbehörde als für die Durchführung des Auswahlverfahrens zuständige Einrichtung und dem Prüfungsausschuss auch, dafür zu sorgen, dass alle Bewerber in demselben Auswahlverfahren, was die schriftlichen Prüfungen anbelangt, die gleiche Prüfung unter den gleichen Bedingungen ablegen (Urteil Prais/Rat, Rn. 13). So ist es Sache des Prüfungsausschusses, darauf zu achten, dass die Prüfungen für alle Bewerber eindeutig den gleichen Schwierigkeitsgrad aufweisen (Urteil des Gerichts vom 15. April 2010, Matos Martins/Kommission, F‑2/07, Rn. 171 und die dort angeführte Rechtsprechung).

45      Allgemein bringt jedoch jedes Auswahlverfahren in Anbetracht der zwangsläufigen Begrenztheit der Zahl von Fragen, die bei einer Prüfung in Bezug auf ein bestimmtes Thema gestellt werden können, naturgemäß die Gefahr einer Ungleichbehandlung mit sich. Deshalb ist anerkannt worden, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung nur dann festgestellt werden kann, wenn der Prüfungsausschuss bei der Wahl der Prüfungen die allgemein jeder Prüfung innewohnende Gefahr der Chancenungleichheit nicht begrenzt hat (Urteil Giannini/Kommission, Rn. 133).

46      Im Hinblick auf die in den Rn. 43 bis 45 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung ist das Gericht der Ansicht, dass in Anbetracht der Verpflichtungen eines Prüfungsausschusses die Entscheidung, einen Bewerber nicht in die Reserveliste aufzunehmen, aufzuheben ist, wenn sich herausstellt, dass das Auswahlverfahren so organisiert war, dass die Gefahr einer Ungleichbehandlung höher war als die Gefahr, die jedem Auswahlverfahren innewohnt, ohne dass der betroffene Bewerber nachweisen muss, dass bestimmte Bewerber tatsächlich im Vorteil waren.

47      Im vorliegenden Fall ist den Akten zu entnehmen, dass die Fallstudie eine Prüfung ist, mit der die Kompetenzen der Bewerber in einer fiktiven, aber realitätsnahen Situation geprüft werden sollen und bei der vorher erworbene Kenntnisse nur eine sehr geringe Rolle spielen. Hierzu stellt das Gericht fest, dass in Ziff. 4.1 („Fallstudie“) der Broschüre „Assessment-Center“, die allen zum Assessment-Center eingeladenen Bewerbern ausgehändigt wird – diese Ziffer wird auch vom Kläger in seinem Antrag auf Überprüfung genannt –, festgelegt ist, dass sich die Bewerber bei der schriftlichen Beantwortung der Fallstudie nur auf die ihnen zur Verfügung gestellten Unterlagen stützen dürfen.

48      Außerdem ergibt sich aus den Schreiben der Kommission, dass die Fallstudie des Auswahlverfahrens in 16 Varianten durchgeführt wurde, die so konzipiert waren, dass sie, bei einem gleichen Schwierigkeitsgrad, so unterschiedlich waren, dass die Bewerber aus einer möglichen Vorkenntnis einer anderen Variante keinen Vorteil ziehen konnten. Hierbei hat das Gericht feststellen können, nachdem es drei der 16 Varianten der Fallstudie des Auswahlverfahrens durchgesehen hat, dass es sich bei der Fallstudie nicht um einen kurzen Text handelte, den sich ein Bewerber merken und einem anderen Bewerber leicht mitteilen kann, sondern um Akten mit einem Umfang von mehr als 20 Seiten, die eine Reihe sehr unterschiedlicher Dokumente enthalten.

49      Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen ist festzustellen, dass der Kläger nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass der Umstand, dass die Bewerber, die als Letzte geprüft wurden, mehr Zeit hatten, um sich auf die Fallstudie vorzubereiten, und dass manche Bewerber von anderen Bewerbern Informationen zum Inhalt der Variante erhalten konnten, mit der sie geprüft werden würden, geeignet war, den Bewerbern, die die Fallstudie als Letzte bearbeitet haben, einen tatsächlichen Vorteil gegenüber den anderen Bewerbern zu verschaffen.

50      Darüber hinaus hat der Kläger noch nicht einmal versucht, das Vorbringen der Kommission zu entkräften, dass mit der neuen Auswahlmethode gerade gewährleistet werden soll, dass beim Ablauf der Prüfungen im Assessment-Center alle Bewerber gleich behandelt werden und die Ergebnisse dieser Prüfungen nicht durch kognitive Verzerrungen bei den Prüfern verfälscht werden, d. h. durch kognitive Verzerrungen, deren Existenz wissenschaftlich bewiesen ist und die eine verantwortliche Verwaltung nicht außer Acht lassen kann.

51      Was insbesondere die angebliche Weitergabe von Informationen zur Fallstudie anbelangt, ist festzustellen, dass sich der Kläger auf Mutmaßungen beschränkt, ohne irgendwelche Beweise oder Indizien für die Richtigkeit seiner Ausführungen vorzulegen. Auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung zu diesem Punkt hat der Kläger eingeräumt, dass ihm kein objektiver Beweis für die Weitergabe von Informationen vorliegt. Außerdem hat der Kläger – die Weitergabe von Informationen als wahr unterstellt –, dem Gericht auch keinen Beweis vorgelegt, der die Argumente der Kommission in Frage stellen könnte, dass mit der neuen Auswahlmethode der Umstand, dass einem Bewerber Informationen über die Fallstudie vorliegen, für die Bewerber nutzlos, wenn nicht gar nachteilig sei.

52      Daher ist festzustellen, dass aufgrund der vorgenannten Umstände die Tatsache, dass die Fallstudien nicht alle an demselben Tag stattgefunden haben, im vorliegenden Fall weder zu einer unterschiedlichen Behandlung der Bewerber geführt hat, so dass manche Bewerber im Vergleich zu anderen im Vorteil gewesen wären, noch zur Gefahr einer Ungleichbehandlung, die höher war als die Gefahr, die jedem Auswahlverfahren innewohnt.

53      Dieses Ergebnis wird auch nicht durch das Vorbringen des Klägers in Frage gestellt, dass die Bewerber, die sich dafür entschieden haben, die Fallstudie auf Deutsch oder Französisch zu bearbeiten, diese Prüfung alle mit derselben Variante des Prüfungsgegenstands und an mehreren Tagen abgelegt haben. Angesichts der in den Rn. 47 und 48 des vorliegenden Urteils genannten Umstände konnte der Kläger nämlich nicht nachweisen, dass die Bewerber, die als Letzte geprüft wurden, hieraus irgendeinen Vorteil ziehen konnten.

54      Schließlich kann sich der Kläger nicht wirksam auf Rn. 14 des Urteils Prais/Rat berufen, in der der Gerichtshof ausgeführt hat, dass es „sehr wichtig [ist], dass alle Bewerber die schriftlichen Prüfungen zum gleichen Zeitpunkt ablegen“. Diese Schlussfolgerung ist in ihrem ursprünglichen tatsächlichen Kontext zu sehen, nämlich einer schriftlichen Prüfung, die für alle Bewerber gleich war und im Rahmen eines Auswahlverfahrens stattfand, bei dem die Kenntnisse der Bewerber geprüft wurden. Dagegen handelt es sich im vorliegenden Fall bei der Prüfung, deren Ablauf vom Kläger gerügt wird, um eine Fallstudie, die in 16 Varianten durchgeführt wurde und bei der nicht die Kenntnisse der Bewerber, sondern deren Kompetenzen geprüft wurden.

55      Nach alledem ist der erste Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes

–       Vorbringen der Parteien

56      Mit dem zweiten Teil des ersten Klagegrundes macht der Kläger geltend, der Grundsatz der Gleichbehandlung sei verletzt worden, da die Zusammensetzung des Prüfungsausschusses von Bewerber zu Bewerber erheblich geschwankt habe.

57      Hierzu stellt der Kläger fest, dass er im Laufe der verschiedenen Prüfungen, die er im Rahmen des mündlichen Teils des Auswahlverfahrens abgelegt habe, nie von den gleichen Mitgliedern des Prüfungsausschusses geprüft worden und daher kein Mitglied des Prüfungsausschusses bei allen seinen Prüfungen anwesend gewesen sei. Daher habe der Prüfungsausschuss das Recht des Klägers verletzt, von einer nennenswerten Anzahl der Mitglieder des Prüfungsausschusses bewertet zu werden. Außerdem sei bei den mündlichen Prüfungen der Prüfungsausschuss bei fast allen Bewerbern mit anderen Mitgliedern besetzt gewesen, und der Prüfungsausschuss habe daher nur eine sehr partielle vergleichende Beurteilung aller Bewerber vornehmen können. Im Übrigen seien die unzureichende Anzahl an ständigen Mitgliedern des Prüfungsausschusses und die erhebliche Fluktuation in der Zusammensetzung des Prüfungsausschusses nicht durch eine permanente Anwesenheit des Vorsitzenden oder des stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses ausgeglichen worden.

58      Schließlich führt der Kläger aus, bei den Personen, die die Fallstudie korrigierten, habe es sich nicht um Mitglieder des Prüfungsausschusses gehandelt, sondern um vom EPSO benannte Prüfer, und diese Personen seien jede Woche durch andere Personen ersetzt worden. Angesichts der knappen Fristen, die vom EPSO vorgegeben worden seien, habe der Prüfungsausschuss nicht die Zeit gehabt, die von diesen Prüfern vorgenommenen Korrekturen zu prüfen. Daher habe die Kohärenz der Bewertung nicht gewährleistet werden können.

59      Die Kommission macht geltend, der Kläger stelle mit diesem Teil des ersten Klagegrundes nur die mündlichen Prüfungen in Frage, während er bei den fachlichen Kompetenzen, die nur im Rahmen der Fallstudie geprüft worden seien, eine Punktzahl erreicht habe, die unter der erforderlichen Mindestpunktzahl gelegen habe. Daher vertritt die Kommission in erster Linie die Auffassung, dass der Kläger kein Interesse an der Geltendmachung dieses Teils des ersten Klagegrundes habe, da er, selbst wenn die bei den allgemeinen Kompetenzen erreichten Punktzahlen aufgehoben würden, hieraus keinen Vorteil ziehen könne.

60      Nach Ansicht der Kommission ist dieser Teil des ersten Klagegrundes jedenfalls auch unbegründet. Die Aufrechterhaltung der Beständigkeit der Zusammensetzung des Prüfungsausschusses sei nämlich kein als solches zu erreichendes Ziel, sondern eine Lösung, die die Rechtsprechung entwickelt habe, um bestimmte Unzulänglichkeiten bei der Art und Weise auszugleichen, in der die mündlichen Prüfungen vor dem Jahr 2010 organisiert gewesen seien. Da die neue Auswahlmethode diese Unzulänglichkeiten nicht mehr aufweise, müsse der Prüfungsausschuss nicht mehr während des gesamten Auswahlverfahrens auf seine Stabilität achten, um den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Objektivität der Bewertung zu genügen. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission ihr Vorbringen dahin gehend erläutert, dass sie nicht verlange, dass der Grundsatz der Beständigkeit des Prüfungsausschusses ganz aufgegeben werde, sondern dass er unter Berücksichtigung der neuen Auswahlmethode neu definiert werde.

–       Würdigung durch das Gericht

61      Der Unionsrichter ist befugt, je nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen, ob es nach den Grundsätzen einer geordneten Rechtspflege gerechtfertigt ist, eine Klage als unbegründet abzuweisen, ohne zuvor über die von der beklagten Partei erhobene Einrede der Unzulässigkeit zu entscheiden (Urteil des Gerichts vom 28. September 2011, AZ/Kommission, F‑26/10, Rn. 34).

62      Unter den gegebenen Umständen und aus Gründen der Prozessökonomie ist zuerst das Vorbringen des Klägers zur Sache zu prüfen, ohne dass vorab über die Zulässigkeit zu entscheiden ist.

63      Es ist darauf hinzuweisen, dass die Organe der Union bei der Festlegung der Modalitäten der Durchführung eines Auswahlverfahrens über ein weites Ermessen verfügen und der Unionsrichter diese Modalitäten nur insoweit beanstanden darf, als es erforderlich ist, um die Gleichbehandlung der Bewerber und die Objektivität der unter ihnen getroffenen Auswahl zu gewährleisten (vgl. Urteil des Gerichts vom 16. September 2013, Höpcke/Kommission, F‑46/12, Rn. 63).

64      Die den Organen durch Art. 27 des Statuts auferlegte Verpflichtung zur Einstellung von Beamten, die in Bezug auf Befähigung, Leistung und Integrität höchsten Ansprüchen genügen, beinhaltet, dass die Anstellungsbehörde und der Prüfungsausschuss in Ausübung ihrer jeweiligen Befugnisse darauf achten müssen, dass die Auswahlverfahren unter Beachtung der Grundsätze der Gleichbehandlung der Bewerber und der Objektivität der Bewertung durchgeführt werden.

65      Daher wurde entschieden, dass das weite Ermessen, über das der Prüfungsausschuss eines Auswahlverfahrens in Bezug auf die Festlegung der Modalitäten und des genauen Inhalts der Prüfungen verfügt, denen sich die Bewerber unterziehen müssen, durch eine sorgfältige Einhaltung der Vorschriften über die Organisation dieser Prüfungen ausgeglichen werden muss. Der Prüfungsausschuss hat folglich für die strikte Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Bewerber beim Ablauf dieser Prüfungen und für die Objektivität der Auswahl unter den Beteiligten zu sorgen (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 25. Mai 2000, Elkaïm und Mazuel/Kommission, T‑173/99, Rn. 87). Zu diesem Zweck ist der Prüfungsausschuss verpflichtet, die kohärente Anwendung der Bewertungskriterien auf alle betroffenen Bewerber zu gewährleisten, indem er insbesondere die Beständigkeit seiner Zusammensetzung sichert (vgl. zu einem Ausleseausschuss in einem Verfahren zur Bildung einer Reserveliste von Bediensteten auf Zeit Urteil des Gerichts erster Instanz vom 24. September 2002, Girardot/Kommission, T‑92/01, Rn. 24 bis 26; vgl. außerdem Urteil des Gerichts vom 29. September 2010, Honnefelder/Kommission, F‑41/08, Rn. 35).

66      Nach der Rechtsprechung setzt die Beachtung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Objektivität der Bewertungen voraus, dass die Zusammensetzung des Prüfungsausschusses bei allen Prüfungen so weit wie möglich stabil bleibt (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 10. November 2004, Vonier/Kommission, T‑165/03, Rn. 39).

67      Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die Kohärenz der Bewertung durch andere Mittel als die Aufrechterhaltung der Beständigkeit des Prüfungsausschusses während der gesamten Prüfungen gewährleistet werden kann. So hat das Gericht erster Instanz anerkannt, dass es, wenn die Mitglieder eines Prüfungsausschusses wegen einer Verhinderung für die von bestimmten Bewerbern abgelegten Prüfungen durch stellvertretende Mitglieder ersetzt wurden, damit der Prüfungsausschuss seine Arbeiten in angemessener Frist durchführen kann, für die Stabilität der Zusammensetzung des Prüfungsausschusses ausreicht, dass der Prüfungsausschuss die Koordinierungsmaßnahmen trifft, die erforderlich sind, um eine kohärente Anwendung der Bewertungskriterien zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Urteil Giannini/Kommission, Rn. 208 bis 216).

68      In diesem Sinne ist auch darauf hinzuweisen, dass die Maßnahmen, die ein Prüfungsausschuss ergreift, um seiner Verpflichtung zur Sicherstellung der Beständigkeit seiner Zusammensetzung nachzukommen, gegebenenfalls anhand der besonderen Charakteristika des durchgeführten Auswahlverfahrens und der mit der Organisation des Verfahrens zwangsläufig verbundenen praktischen Erfordernisse zu beurteilen sind, wobei sich der Prüfungsausschuss jedoch nicht von der Beachtung der fundamentalen Garantien der Gleichbehandlung der Bewerber und der Objektivität der unter ihnen getroffenen Auswahl freimachen kann (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 5. April 2005, Christensen/Kommission, T‑336/02, Rn. 44).

69      Die von einem Prüfungsausschuss bei der Bewertung der Kompetenzen bzw. der Kenntnisse und der Eignung der Bewerber vorgenommenen Beurteilungen sind zwar vergleichender Natur (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 19. Februar 2004, Konstantopoulou/Gerichtshof, Rn. 43). Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass es, um im Hinblick auf die Durchführung der Prüfungen eines Auswahlverfahrens und der Organisation der Arbeiten des Prüfungsausschusses die vergleichende Natur von dessen Beurteilung zu gewährleisten, ausreicht, dass seine Beständigkeit nur in bestimmten Phasen des Auswahlverfahrens beibehalten wird.

70      Da die Aufrechterhaltung einer gewissen Beständigkeit des Prüfungsausschusses keine eigenständige Verpflichtung ist, sondern ein Mittel, um die Beachtung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Objektivität der Bewertung zu gewährleisten, ist zu prüfen, ob im vorliegenden Verfahren mit der Art und Weise, wie das Auswahlverfahren organisiert war, die Einhaltung dieser Grundsätze sichergestellt werden konnte.

71      Im vorliegenden Fall hat die Kommission in ihrer Antwort auf die prozessleitenden Maßnahmen und in der mündlichen Verhandlung vom Kläger insoweit unwidersprochen ausgeführt, dass sich der Prüfungsausschuss, selbst wenn seine Zusammensetzung nicht während des gesamten Verfahrens stabil war, zumindest zunächst getroffen hat, um festzulegen, wie die Prüfungen durchgeführt werden sollen, sodann jeden zweiten oder dritten Tag, wenn die Punktzahlen der Bewerber zusammengetragen wurden, um die Kompetenzen der in diesem Zeitraum geprüften Bewerber zu bewerten, und schließlich, als der Prüfungsausschuss die Kohärenz der Bewertungen der Bewerber nach Abschluss aller Prüfungen überprüft hat.

72      Darüber hinaus sind auch die Maßnahmen zu berücksichtigen, die das EPSO im Rahmen der neuen Auswahlmethode angenommen hat und mit denen den kognitiven Verzerrungen, die generell bei den Prüfern festgestellt werden, entgegengewirkt und die Kohärenz der Bewertung sichergestellt werden soll. Zu diesen Maßnahmen gehört insbesondere die Verwendung von vorstrukturierten Prüfungen, die einer im Voraus festgelegten Methodik folgen, bei der vorab festgelegte Verhaltensindikatoren verwendet werden, sowie die Teilnahme des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses an den ersten Minuten jeder Prüfung und die Durchführung von Studien und Analysen, um die Kohärenz der Bewertungen zu überprüfen (vgl. Rn. 26 des vorliegenden Urteils).

73      Die neue Auswahlmethode ersetzt somit das alte Auswahlverfahren, das auf der Identität der Mitglieder des Prüfungsausschusses während des gesamten Auswahlverfahrens beruhte, durch ein Auswahlverfahren, bei dem die Beständigkeit des Prüfungsausschusses nur für die wichtigsten Phasen des Verfahrens garantiert wird, dem die Gleichbehandlung der Bewerber jedoch durch die Identität der Arbeitsmethoden und die Anwendung von identischen Kriterien für die Beurteilung der Leistungen der Bewerber gewährleistet wird.

74      Unter diesen Umständen ist das Gericht angesichts der Beständigkeit des Prüfungsausschusses während der in Rn. 71 des vorliegenden Urteils genannten Phasen und der in den Rn. 72 und 73 genannten Maßnahmen zur Organisation und Koordinierung der Arbeiten des Prüfungsausschusses der Ansicht, dass die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Objektivität der Bewertung im vorliegenden Fall beachtet wurden.

75      Daher sind die Rügen des Klägers, die er auf das angebliche Fehlen der Beständigkeit des Prüfungsausschusses stützt, als unbegründet zurückzuweisen, nämlich die Rüge, dass der Prüfungsausschuss das angebliche Recht des Klägers, von einer nennenswerten Anzahl von Mitgliedern des Prüfungsausschusses bewertet zu werden, verletzt habe, die Rüge, dass der Prüfungsausschuss eine sehr partielle vergleichende Beurteilung aller Bewerber vorgenommen habe, und die Rüge, dass die Fluktuation in der Zusammensetzung des Prüfungsausschusses nicht durch eine permanente Anwesenheit des Vorsitzenden oder des stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses ausgeglichen worden sei.

76      Hinsichtlich der Rüge, dass das EPSO externe Prüfer eingesetzt und diese jede Woche ausgetauscht habe, ist anzumerken, dass ein Prüfungsausschuss nach ständiger Rechtsprechung die Unterstützung durch Prüfer immer dann in Anspruch nehmen kann, wenn er dies für erforderlich hält. In diesem Fall ist die Ordnungsmäßigkeit der Vorgänge gewahrt, wenn die Korrekturmethoden nicht von einem Bewerber zum anderen verschieden sind und der Prüfungsausschuss das Recht der endgültigen Beurteilung behält (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 26. Januar 2005, Roccato/Kommission, T‑267/03, Rn. 67). Im vorliegenden Fall macht der Kläger noch nicht einmal geltend, dass die Korrekturmethoden von einem Bewerber zum anderen verschieden gewesen seien und der Prüfungsausschuss sein Recht der endgültigen Beurteilung nicht behalten habe, und die Akten enthalten keinen Anhaltspunkt dafür, dass dies der Fall gewesen wäre.

77      Schließlich ist anzumerken, dass der Kläger keinen Nachweis zur Stützung seiner Behauptung vorlegt, der Prüfungsausschuss habe die Kohärenz der Bewertung nicht sicherstellen können, da die Anstellungsbehörde ihm hierfür keine Zeit gelassen habe. Jedenfalls ist den Akten zu entnehmen, dass der Prüfungsausschuss die Kohärenz der Bewertung überprüft hat, da er auf den Antrag des Klägers auf Überprüfung hin eine gewisse Inkohärenz bei der Bewertung seiner Fallstudie festgestellt und daraufhin seine zunächst für die allgemeinen Kompetenzen „Kommunikationsfähigkeit“ und „Setzen von Schwerpunkten und Organisationsfähigkeit“ sowie für die fachlichen Kompetenzen erreichte Punktzahl angehoben hat.

78      Nach alledem ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes, dem zufolge die Beständigkeit des Prüfungsausschusses nicht gegeben war, als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass festgestellt werden muss, ob dieser zweite Teil zulässig war oder sich auswirkt.

79      Somit ist der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Unabhängigkeit des Prüfungsausschusses

 Vorbringen der Parteien

80      Der Kläger macht geltend, die Mehrheit der Mitglieder des Prüfungsausschusses, einschließlich des Vorsitzenden, seien zum EPSO abgeordnete und damit von diesem abhängige Beamte gewesen, was dem Grundsatz der Unabhängigkeit des Prüfungsausschusses zuwiderlaufe.

81      Die Kommission ersucht das Gericht, den Klagegrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch das Gericht

82      Es ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber, angesichts der entscheidenden Aufgabe, mit der der Prüfungsausschuss betraut ist, eine Reihe von Garantien vorgesehen hat. So ist in Art. 30 des Statuts und in Art. 3 des Anhangs III des Statuts vorgesehen, dass erstens die Anstellungsbehörde für jedes Auswahlverfahren einen Prüfungsausschuss bestellt, dass zweitens mit Ausnahme des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses die übrigen Mitglieder in gleicher Zahl von der Verwaltung und von der Personalvertretung benannt werden müssen, dass drittens die Mitglieder des Prüfungsausschusses unter den Beamten ausgewählt werden müssen, dass viertens die Mitglieder des Prüfungsausschusses mindestens der gleichen Funktions- und Besoldungsgruppe angehören müssen, die für den zu besetzenden Dienstposten vorgesehen ist, und dass fünftens einem Prüfungsausschuss, der mehr als vier Mitglieder zählt, mindestens zwei Mitglieder jedes Geschlechts angehören müssen (Urteil des Gerichts vom 15. Juni 2010, Pachtitis/Kommission, F‑35/08, Rn. 53 und 54).

83      Dagegen verbietet keine Vorschrift des Statuts, dass die Mitglieder des Prüfungsausschusses Beamte sind, die zum EPSO abgeordnet sind, um speziell die Aufgaben eines Mitglieds des Prüfungsausschusses wahrzunehmen.

84      Außerdem kann allein aus der Tatsache, dass es sich bei den Mitgliedern des Prüfungsausschusses um Beamte handelte, die zum EPSO abgeordnet waren, um für einen begrenzten Zeitraum als Mitglieder des Prüfungsausschusses tätig zu werden, nicht gefolgert werden, dass das EPSO über diese Beamten irgendeinen Einfluss auf die Arbeiten des Prüfungsausschusses genommen hat.

85      Festzustellen ist, dass sich der Kläger, anstatt dem Gericht Nachweise vorzulegen oder zumindest genaue und übereinstimmende Anhaltspunkte dafür zu nennen, dass das EPSO irgendeinen Einfluss auf den Prüfungsausschuss genommen hätte, in seiner Klageschrift auf reine Mutmaßungen beschränkt hat.

86      In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger diesen Klagegrund jedoch weiter ausgeführt und vorgetragen, im Zusammenhang mit der neuen Auswahlmethode könne eine Art Rollentausch zwischen dem Prüfungsausschuss und dem EPSO beobachtet werden, da Letzteres immer mehr die Art der Prüfungen und die Art und Weise ihres Ablaufs bestimmen könne, ungeachtet der Rolle des Prüfungsausschusses. Der Kläger hat insbesondere hervorgehoben, dass, wie die Kommission in ihrer Klagebeantwortung selbst anerkannt hat, mit der Methodik des Assessment-Centers der Prüfungsausschuss über einen kleineren Ermessensspielraum verfüge als bisher und dass die Maßnahmen, die die Anstellungsbehörde treffe, um die Kohärenz der Bewertung sicherzustellen, dazu führten, dass dem Prüfungsausschuss seine Befugnisse genommen würden.

87      Die vom Kläger vorgebrachten Argumente sind jedoch nicht geeignet, um rechtlich hinreichend nachzuweisen, dass das EPSO die Befugnisse überschritten hat, die nach Art. 1 Abs. 1 Buchst. a und b des Anhangs III des Statuts der Anstellungsbehörde zukommen, nämlich, die Art des Auswahlverfahrens und das Verfahren festzulegen. Insbesondere enthalten die Akten keinen Anhaltspunkt dafür, dass das EPSO in irgendeiner Form auf die Beurteilung der Leistungen der Bewerber durch den Prüfungsausschuss oder auf die Bewertung der Bewerber oder die Erstellung der Reserveliste Einfluss genommen hätte. Hierzu ist festzustellen, dass unabhängig von den Maßnahmen, die die Anstellungsbehörde getroffen hat, um die Kohärenz der Bewertung sicherzustellen, nach Art. 5 des Anhangs III des Statuts der Prüfungsausschuss und nicht die Anstellungsbehörde die Prüfungen beaufsichtigt und das Verzeichnis der geeigneten Bewerber aufgestellt hat.

88      Daher ist der auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Unabhängigkeit des Prüfungsausschusses gestützte Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht

 Vorbringen der Parteien

89      Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, das EPSO habe die in Art. 25 des Statuts niedergelegte Begründungspflicht verletzt, indem es abgelehnt habe, ihm bestimmte Unterlagen und Informationen zu übermitteln und insbesondere die Fragen mitzuteilen, bei denen er gescheitert sei, die Gründe zu nennen, weshalb seine Antworten falsch gewesen seien, und die Bewertungskriterien mitzuteilen, die bei den schriftlichen und mündlichen Prüfungen verwendet wurden. Außerdem verlangte er die Vorlage der Kopie der Variante des Prüfungsgegenstands, die er bei der Fallstudie zu bearbeiten hatte, mit seinen korrigierten Antworten. Die Übermittlung dieser Unterlagen sei erforderlich gewesen, damit er seine Fehler und die Art und Weise der Korrektur seiner Prüfung verstehen und beurteilen könne, ob kein Verstoß gegen die für den Prüfungsausschuss geltenden Vorschriften vorliege.

90      Der Kläger ist außerdem der Ansicht, dass das EPSO nach Art. 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und nach Art. 13 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. 2001, L 8, S. 1) verpflichtet war, ihm die in der vorstehenden Randnummer genannten Unterlagen zu übermitteln.

91      Die Kommission ist der Auffassung, dass dieser Klagegrund zurückzuweisen sei.

 Würdigung durch das Gericht

92      Zunächst ist festzustellen, dass zwar nach Art. 25 Abs. 2 des Statuts jede Entscheidung, die aufgrund des Statuts getroffen wird und den Adressaten beschweren kann, mit Gründen versehen sein muss, diese Begründungspflicht bei Entscheidungen eines Prüfungsausschusses jedoch mit der Wahrung der Geheimhaltung in Einklang zu bringen ist, die nach Art. 6 des Anhangs III des Statuts für die Arbeiten des Prüfungsausschusses gilt (Urteil des Gerichtshofs vom 4. Juli 1996, Parlament/Innamorati, C‑254/95 P, Rn. 24).

93      Die Geheimhaltung der Arbeiten des Prüfungsausschusses wurde eingeführt, um die Unabhängigkeit der Prüfungsausschüsse für Auswahlverfahren und die Objektivität ihrer Arbeit dadurch zu gewährleisten, dass die Ausschüsse vor allen äußeren Einmischungen und Pressionen geschützt werden, gleichgültig, ob diese von der Verwaltung selbst, von den beteiligten Bewerbern oder von Dritten ausgehen. Die Wahrung der Geheimhaltung verbietet es daher, die Auffassungen der einzelnen Mitglieder des Prüfungsausschusses zu verbreiten und Einzelheiten in Bezug auf persönliche oder vergleichende Beurteilungen der Bewerber aufzudecken (vgl. insbesondere Urteil Konstantopoulou/Gerichtshof, Rn. 27).

94      In Anbetracht der zu wahrenden Geheimhaltung stellt die Mitteilung der in den einzelnen Prüfungen eines Auswahlverfahrens erzielten Noten grundsätzlich eine ausreichende Begründung für die Entscheidungen des Prüfungsausschusses dar (Urteile Parlament/Innamorati, Rn. 31, und Konstantopoulou/Gerichtshof, Rn. 32; Urteil des Gerichts vom 28. März 2012, Marsili/Kommission, F‑19/10, Rn. 51).

95      Eine solche Begründung verletzt nicht die Rechte der Bewerber. Sie ermöglicht es ihnen nämlich, das Werturteil in Erfahrung zu bringen, das über ihre Leistungen gefällt wurde, und erlaubt es ihnen, gegebenenfalls festzustellen, dass sie tatsächlich nicht die in der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens für die Zulassung zu bestimmten Prüfungen oder zu den gesamten Prüfungen geforderte Punktzahl erreicht haben, und sie ermöglicht dem Gericht eine für diese Art des Rechtsstreits angemessene Kontrolle (Urteil Konstantopoulou/Gerichtshof, Rn. 33).

96      Der Prüfungsausschuss ist außerdem nicht verpflichtet, bei der Begründung der Entscheidung, einen Bewerber zu einer Prüfung nicht zuzulassen, anzugeben, welche Antworten des Bewerbers für ungenügend gehalten wurden, oder zu erklären, warum diese Antworten für ungenügend gehalten wurden, da eine derart weitgehende Begründung nicht erforderlich ist, damit ein Bewerber beurteilen kann, ob die Einlegung einer Beschwerde oder gegebenenfalls die Erhebung einer Klage zweckmäßig ist, oder damit der Richter seine Kontrolle ausüben kann (Urteile des Gerichts erster Instanz vom 14. Juli 1995, Pimley-Smith/Kommission, T‑291/94, Rn. 63 und 64, und Konstantopoulou/Gerichtshof, Rn. 34).

97      Im vorliegenden Fall ist den Akten zu entnehmen, dass der Kläger auf seine Anfrage hin am 10. Februar 2011 seine unkorrigierte, bei der Fallstudie erstellte Kopie und eine Kopie des Sprachtests sowie den für diesen Test verwendeten Bewertungsbogen erhalten hat. Außerdem wurde ihm mit der angefochtenen Entscheidung mitgeteilt, dass die Entscheidung des Prüfungsausschusses, mit der dieser die Nichtzulassungsentscheidung bestätigt hat, damit begründet worden war, dass er eine Gesamtpunktzahl erreicht hatte, die unter der niedrigsten Gesamtpunktzahl der Bewerber lag, die in die Reserveliste aufgenommen wurden. Schließlich hat er seinen „Kompetenzpass“ erhalten, der nicht nur die Punktzahlen enthielt, die er bei den einzelnen bewerteten Kompetenzen erzielt hatte, sondern auch die Einzelbewertungen zu jeder der geprüften Kompetenzen.

98      Daher ist festzustellen, dass im Licht der oben angeführten Rechtsprechung die angefochtene Entscheidung ausreichend begründet war, ohne dass es nötig gewesen wäre, dass das EPSO dem Kläger die von ihm angeforderten Unterlagen übermittelt.

99      Vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass das EPSO, um seiner Begründungspflicht nachzukommen, nicht verpflichtet war, dem Kläger die korrigierte Fassung seiner Kopie zu übersenden, ihm die Gründe zu nennen, weshalb seine Antworten fehlerhaft waren, und ihm die für die schriftlichen und mündlichen Prüfungen verwendeten Bewertungskriterien zu übersenden, da solche Unterlagen Bestandteil der vergleichenden Beurteilungen sind, die vom Prüfungsausschuss vorgenommen werden, und unter die Geheimhaltung der Arbeiten des Prüfungsausschusses fallen.

100    Hinsichtlich der Kopie der Variante des Prüfungsgegenstands, die der Kläger bei der Fallstudie zu bearbeiten hatte, stellt das Gericht außerdem fest, dass nach der Rechtsprechung ein Dokument zwar unter die Geheimhaltung der Arbeiten des Prüfungsausschusses fällt, wenn seine Übermittlung die Auffassungen der einzelnen Mitglieder des Prüfungsausschusses oder die Einzelheiten in Bezug auf die persönlichen oder vergleichenden Beurteilungen der Bewerber aufdecken könnte (Urteil Konstantopoulou/Gerichtshof, Rn. 27), die Geheimhaltung der Arbeiten des Prüfungsausschusses jedoch nicht ausschließt, dass die Geheimhaltung eines Dokuments eines Auswahlverfahrens aus anderen Gründen gerechtfertigt ist. Im vorliegenden Fall ist das Gericht der Ansicht, dass die Ablehnung des EPSO, dem Kläger die Variante des Prüfungsgegenstands zu übermitteln, mit der er geprüft wurde, dadurch gerechtfertigt ist, dass für den Fall, dass andere Bewerber ebenfalls die Vorlage der Variante des Prüfungsgegenstands verlangen, mit der sie geprüft wurden, vermieden werden muss, dass diese, indem sie die verschiedenen Varianten zusammenführen, die Methodik, die für die Erstellung der Varianten eines Prüfungsgegenstands verwendet wird, und die Indikatoren für die Beurteilung der Bewerber feststellen und in der Folge veröffentlichen können.

101    Schließlich werden diese Feststellungen nicht durch Art. 8 der Grundrechtecharta oder durch die Verordnung Nr. 45/2001 in Frage gestellt. Festzustellen ist nämlich, dass, wie sich aus Art. 2 der Verordnung Nr. 45/2001 ergibt, mit personenbezogenen Daten nur die Informationen gemeint sind, mit denen eine Person identifiziert werden kann. Aufgrund der genannten Vorschriften kann der Kläger folglich Zugang zu den beim EPSO gespeicherten Daten verlangen, anhand derer er identifiziert werden kann, nicht aber Zugang zu seiner korrigierten Kopie, den Fragen, bei denen er gescheitert ist, den Gründen, weshalb seine Antworten fehlerhaft waren, oder den verwendeten Bewertungskriterien. Dies gilt umso mehr, als ein Bewerber, wenn entschieden würde, dass es sich bei der korrigierten Kopie eines Bewerbers um personenbezogene Daten handelt, nach Art. 14 der Verordnung Nr. 45/2001 deren Berichtigung verlangen könnte, was absurd wäre.

102    Daher ist der auf eine Verletzung der Begründungspflicht gestützte Klagegrund zurückzuweisen.

103    Da keiner der Klagegründe begründet ist, ist der Aufhebungsantrag zurückzuweisen und folglich die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

104    Nach Art. 87 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei vorbehaltlich der übrigen Bestimmungen des Achten Kapitels des Zweiten Titels der Verfahrensordnung auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 87 Abs. 2 der Verfahrensordnung kann das Gericht aus Gründen der Billigkeit entscheiden, dass eine unterliegende Partei zur Tragung nur eines Teils der Kosten oder gar nicht zur Tragung der Kosten zu verurteilen ist.

105    Aus den oben ausgeführten Gründen ergibt sich, dass der Kläger die unterliegende Partei ist. Außerdem hat die Kommission ausdrücklich beantragt, dem Kläger die Kosten aufzuerlegen. Da die Umstände des vorliegenden Falls die Anwendung von Art. 87 Abs. 2 der Verfahrensordnung nicht rechtfertigen, trägt der Kläger seine eigenen Kosten und die Kosten der Kommission.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
(Plenum)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Herr de Mendoza Asensi trägt seine eigenen Kosten und die Kosten der Europäischen Kommission.

Van Raepenbusch

Rofes i Pujol

Perillo

Barents

 

      Bradley

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. Februar 2014.

Die Kanzlerin

 

      Der Präsident

W. Hakenberg

 

      S. Van Raepenbusch


* Verfahrenssprache: Französisch.