Language of document : ECLI:EU:F:2015:49

URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
DER EUROPÄISCHEN UNION
(Zweite Kammer)

18. Mai 2015

Rechtssache F‑79/13

Valéria Anna Gyarmathy

gegen

Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD)

„Öffentlicher Dienst – Bedienstete der EBDD – Bediensteter auf Zeit – Nichtverlängerung des Dienstvertrags – Mobbing – Antrag auf Beistand – Verwaltungsuntersuchung – Versäumnisurteil – Prüfung der Zulässigkeit der Klage – Beschwerende Maßnahme – Unzulässigkeit – Kostentragung“

Gegenstand:      Klage nach Art. 270 AEUV auf Aufhebung mehrerer Entscheidungen der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht betreffend einen Antrag auf Beistand wegen Mobbings und die Nichtverlängerung des Vertrags der Klägerin als Bedienstete auf Zeit sowie auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens, den die Klägerin aufgrund dieser Entscheidungen erlitten haben will

Entscheidung:      Die Klage wird abgewiesen. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Leitsätze

1.      Beamte – Beistandspflicht der Verwaltung – Antrag auf Beistand – Begriff – Antrag auf Erlass einer Entscheidung oder Leistung von Schadensersatz nach Art. 24 des Statuts – Pflicht der Verwaltung, Beschwerden über Mobbing zu prüfen und den Beschwerdeführer über die Behandlung seiner Beschwerde zu informieren – Voraussetzung – Einhaltung des Vorverfahrens für die Erhebung der Beschwerde

(Beamtenstatut, Art. 24 und 90 Abs. 1)

2.      Beamtenklage – Beschwerende Maßnahme – Begriff – An einen Bediensteten auf Zeit gerichtetes Schreiben, mit dem er auf den Zeitpunkt des Ablaufs seines Vertrags hingewiesen wird – Ausschluss – Entscheidung, einen Vertrag nicht zu verlängern – Einbeziehung

(Beamtenstatut, Art. 90 Abs. 2)

3.      Beamtenklage – Beschwerende Maßnahme – Begriff – Entscheidung, mit der eine auf der Grundlage eines Antrags auf Beistand eingeleitete Untersuchung eingestellt wird – Einbeziehung

(Beamtenstatut, Art. 90 und 91)

1.      Als Antrag auf Beistand ist nicht nur der Antrag eines Beamten oder eines Bediensteten auf Zeit einzustufen, der sich gegenwärtig als Opfer von Drohungen, Beleidigungen, übler Nachrede, Verleumdungen oder Anschlägen auf seine Person oder sein Vermögen, die aufgrund seiner Dienststellung oder seines Amtes gegen ihn oder seine Familienangehörigen gerichtet werden, sieht, sondern auch jeder Antrag eines Beamten, mit dem die Anstellungsbehörde aufgefordert wird, aus einem mit Art. 24 des Statuts verknüpften Grund eine Entscheidung zu treffen oder ihm Schadensersatz zu leisten, auch wenn die Verletzungshandlungen eingestellt worden sind.

Hierfür genügt es, dass der Beamte oder sonstige Bedienstete, der nach Art. 24 des Statuts den Schutz seines Organs verlangt, gemäß Art. 90 Abs. 1 des Statuts einen Antrag stellt, der einen Anfangsbeweis dafür enthält, dass die Angriffe, denen er ausgesetzt gewesen sein soll, wirklich stattgefunden haben. Liegen solche Anhaltspunkte vor, hat das fragliche Organ die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, insbesondere eine Untersuchung durchzuführen, um die der Beschwerde zugrunde liegenden Tatsachen in Zusammenarbeit mit dem Beschwerdeführer festzustellen. Die Beistandspflicht umfasst insbesondere die Pflicht der Verwaltung, Beschwerden im Bereich des Mobbings ernsthaft, schnell und unter vollständiger Wahrung der Vertraulichkeit zu prüfen und den Beschwerdeführer über die Behandlung seiner Beschwerde zu informieren.

(vgl. Rn. 31 und 32)

Verweisung auf:

Gericht für den öffentlichen Dienst: Urteile Klug/EMEA, F‑35/07, EU:F:2008:150, Rn. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Faita/EWSA, F‑92/11, EU:F:2013:130, Rn. 48

2.      Beschwerend im Sinne von Art. 90 Abs. 2 des Statuts sind nur Handlungen oder Maßnahmen, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen, die die Interessen eines Beamten oder sonstigen Bediensteten durch eine qualifizierte Änderung seiner Rechtsstellung beeinträchtigen können. Solche Handlungen müssen, was einen den Beschäftigungsbedingungen der sonstigen Bediensteten der Europäischen Union unterliegenden Bediensteten betrifft, von der zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigten Behörde ausgehen und Entscheidungscharakter haben. Darüber hinaus stellt eine Maßnahme, die gegenüber einer vorhergehenden Maßnahme nichts Neues enthält, eine diese lediglich bestätigende Maßnahme dar und kann deshalb nicht bewirken, dass eine neue Klagefrist in Lauf gesetzt wird.

Ein Schreiben, das sich darauf beschränkt, gegenüber einem Bediensteten die Bestimmungen seines Vertrags über dessen Beendigung zu wiederholen, und gegenüber diesen Bestimmungen nichts Neues enthält, stellt keine beschwerende Maßnahme dar. Dagegen stellt in einem Fall, in dem eine Verlängerung des Vertrags möglich ist, die von der Verwaltung getroffene Entscheidung, den Vertrag nicht zu verlängern, eine von dem betreffenden Vertrag verschiedene beschwerende Maßnahme dar, die bei Einhaltung der im Statut vorgesehenen Fristen Gegenstand einer Beschwerde und sogar einer Klage sein kann. Denn eine solche Entscheidung, die infolge einer Neubewertung des dienstlichen Interesses und der Situation des Betroffenen ergeht, enthält gegenüber dem ursprünglichen Vertrag etwas Neues und bestätigt diesen nicht lediglich.

(vgl. Rn. 44 und 46)

Verweisung auf:

Gericht für den öffentlichen Dienst: Urteile Bennett u. a./HABM, F‑102/09, EU:F:2011:138, Rn. 57 bis 59, und Solberg/EBDD, F‑124/12, EU:F:2013:157, Rn. 16 bis 18 und die dort angeführte Rechtsprechung

3.      Maßnahmen mit verbindlichen Rechtswirkungen, die die Interessen des Klägers dadurch unmittelbar und sofort beeinträchtigen können, dass sie seine Rechtsstellung in qualifizierter Weise ändern, stellen Handlungen oder Entscheidungen dar, gegen die die Anfechtungsklage gegeben ist.

Eine Entscheidung, mit der eine auf der Grundlage eines Antrags auf Beistand eingeleitete Untersuchung eingestellt wird, beschwert den Antragsteller, da mit ihr das Verfahren über den Antrag auf Beistand abgeschlossen wird.

(vgl. Rn. 54 und 55)

Verweisung auf:

Gericht für den öffentlichen Dienst: Urteil Labiri/EWSA, F‑124/10, EU:F:2013:21, Rn. 42 und 53 und die dort angeführte Rechtsprechung