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Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Hamburg (Deutschland) eingereicht am 13. Mai 2020 - Bayer Intellectual Property GmbH gegen kohlpharma GmbH

(Rechtssache C-204/20)

Verfahrenssprache: Deutsch

Vorlegendes Gericht

Landgericht Hamburg

Parteien des Ausgangsverfahrens

Klägerin: Bayer Intellectual Property GmbH

Beklagte: kohlpharma GmbH

Vorlagefragen

1. Ist Art. 47a der Richtlinie 2001/83/EG1 so auszulegen, dass bei parallelimportierten Produkten von einer Gleichwertigkeit der Maßnahmen bei der Entfernung und Neuanbringung der Sicherheitsmerkmale nach Art. 54 Buchstabe o der Richtlinie 2001/83 ausgegangen werden kann, die entweder im Wege eines „relabeling“ (Verwendung von Klebeetiketten auf der Originalsekundärverpackung) oder im Wege eines „reboxing“ (Herstellung einer neuen Arzneimittelsekundärverpackung) durch den Parallelimporteur erfolgt, wenn beide Maßnahmen im Übrigen allen Anforderungen der Richtlinie 2011/62/EU2 und der Delegierten Verordnung (EU) 2016/1613 entsprechen und gleichermaßen geeignet sind, die Echtheit und die Identität von Arzneimitteln nachzuprüfen sowie den Nachweis der Manipulation von Arzneimitteln zu ermöglichen?

2. Falls die erste Frage zu bejahen ist: Kann sich der Inhaber einer Marke dem Umpacken der Ware in eine neue äußere Verpackung („reboxing“) durch einen Parallelimporteur unter Berücksichtigung der neuen Regelungen zum Fälschungsschutz widersetzen, wenn es dem Parallelimporteur ebenfalls möglich ist, eine im Einfuhrmitgliedstaat vertriebsfähige Packung zu schaffen, indem er lediglich neue Klebeetiketten auf der Originalsekundärverpackung („relabeling“) anbringt?

3. Falls die zweite Frage zu bejahen ist: Ist es unschädlich, wenn im Falle des „relabeling“ für den angesprochenen Verkehr ersichtlich ist, dass ein Sicherheitsmerkmal des Originalanbieters beschädigt wurde, solange sichergestellt ist, dass der Parallelimporteur hierfür verantwortlich ist und dieser auf der Originalsekundärverpackung ein neues Sicherheitsmerkmal angebracht hat? Macht es hierbei einen Unterschied, ob die Öffnungsspuren erst sichtbar werden, wenn die Arzneimittelsekundärverpackung geöffnet wird?

4. Ist die Frage 2 und/oder 3 zu bejahen: Ist die objektive Erforderlichkeit einer Umverpackung durch „reboxing“ i. S. der 5 Erschöpfungsvoraussetzungen für das Umpacken (vgl. Urteile vom 11. Juli 1996, Bristol-Myers Squibb u. a., C‑427/93, C‑429/93 und C‑436/93, EU:C:1996:282, Rn. 79 sowie vom 26. April 2007, Boehringer Ingelheim u. a., C‑348/04, EU:C:2007:249, Rn. 21) gleichwohl zu bejahen, wenn die nationalen Behörden in ihren aktuellen Leitfäden zur Umsetzung der Vorgaben der Fälschungsschutzrichtlinie oder anderen entsprechenden behördlichen Verlautbarungen bekunden, dass im Normalfall ein Wiederversiegeln von geöffneten Verpackungen nicht oder zumindest nur ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen akzeptiert werde?

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1 Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. 2001, L 311, S. 67).

2 Richtlinie 2011/62/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel hinsichtlich der Verhinderung des Eindringens von gefälschten Arzneimitteln in die legale Lieferkette (ABl. 2011, L 174, S. 74).

3 Delegierte Verordnung (EU) 2016/161 der Kommission vom 2. Oktober 2015 zur Ergänzung der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates durch die Festlegung genauer Bestimmungen über die Sicherheitsmerkmale auf der Verpackung von Humanarzneimitteln (ABl. 2016, L 32, S. 1).