Language of document : ECLI:EU:T:2019:289

URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

7. Mai 2019(*)

„EGFL und ELER – Von der Finanzierung ausgeschlossene Ausgaben – Ausgaben Deutschlands – Pauschale finanzielle Berichtigung wegen unzulänglicher Häufigkeit der Schlüsselkontrollen – Verpflichtung zur jährlichen Berechnung und Verbuchung der Zinsen – Art. 31 und 32 der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 – Art. 6 Buchst. h der Verordnung (EG) Nr. 885/2006 – Begründungspflicht – Verhältnismäßigkeit“

In der Rechtssache T‑239/17

Bundesrepublik Deutschland, zunächst vertreten durch D. Klebs und T. Henze als Bevollmächtigte, dann durch D. Klebs als Bevollmächtigten,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch D. Triantafyllou und M. Zalewski als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf teilweise Nichtigerklärung des Durchführungsbeschlusses (EU) 2017/264 der Kommission vom 14. Februar 2017 über den Ausschluss bestimmter von den Mitgliedstaaten zulasten des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) getätigter Ausgaben von der Finanzierung durch die Europäische Union (ABl. 2017, L 39, S. 12), soweit er die Bundesrepublik Deutschland betrifft,

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. M. Collins, der Richterin M. Kancheva (Berichterstatterin) und des Richters G. De Baere,

Kanzler: N. Schall, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 2018

folgendes

Urteil(1)

[nicht wiedergegeben]

 Rechtliche Würdigung

[nicht wiedergegeben]

 Zum ersten Klagegrund: keine fehlerhafte Berechnung und Darstellung der Zinsen

29      Die Bundesrepublik Deutschland macht geltend, der angefochtene Beschluss verstoße gegen Art. 31 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1290/2005 in Verbindung mit Art. 32 Abs. 5 dieser Verordnung sowie Art. 6 Buchst. h und Anhang III der Verordnung Nr. 885/2006. Sie trägt hierzu vor, weder Art. 32 der Verordnung Nr. 1290/2005 noch die Rechtsprechung des Gerichts, die sektorbezogenen Vorschriften zum Ausfuhrerstattungsrecht, das Arbeitspapier AGRI‑2007‑62817‑03‑00 oder die Leitlinie Nr. 1 für die Übermittlung der Übersichten gemäß Anhang III und Anhang IIIA der Verordnung Nr. 885/2006 an die Kommission zum 1. Februar 2009 (im Folgenden: Leitlinie Nr. 1) schrieben eine Verpflichtung zur jährlichen Berechnung und Verbuchung der Zinsen im Hinblick auf ihre Anlastung im Wege der 50/50-Regel vor. Da die deutschen Behörden somit nicht gegen Vorschriften des Unionsrechts über die Berechnung und Darstellung der Zinsen verstoßen hätten, könne die von der Kommission im angefochtenen Beschluss angewandte finanzielle Berichtigung von 5 % nicht gerechtfertigt sein.

30      Insbesondere macht die Bundesrepublik Deutschland in erster Linie geltend, Art. 32 der Verordnung Nr. 1290/2005 lege nur allgemein eine Verlustaufteilung nach der 50/50-Regel fest, so dass die Zinsen und Sanktionsbeträge ebenfalls hälftig zwischen der Union und den Mitgliedstaaten zu teilen seien und nicht etwa allein aufgrund der Teilung der Hauptforderung als von den Mitgliedstaaten ausgeglichen gälten. Der Unionsgesetzgeber verlange somit lediglich eine getrennte Angabe der verschiedenen zurückzufordernden Beträge, um gegebenenfalls die noch nicht eingezogenen Einzelposten getrennt aufschlüsseln zu können.

31      Hilfsweise bringt die Bundesrepublik Deutschland zum einen vor, dass die jährliche Verbuchung der Zinsen erst seit dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1306/2013 und der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014, die vorliegend nicht anwendbar seien, rechtsverbindlich vorgesehen sei. Zum anderen macht sie geltend, die Kommission habe die Leitlinie Nr. 1 missachtet, indem sie eine Aktualisierung der Zinsen am Ende jedes Haushaltsjahrs verlangt habe.

32      Die Kommission tritt diesem Vorbringen insgesamt entgegen und ist der Ansicht, der erste Klagegrund beruhe auf einer fehlerhaften Auslegung von Art. 31 Abs. 1 und Art. 32 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1290/2005 in Verbindung mit Art. 6 Buchst. h der Verordnung Nr. 885/2006. Sie macht im Wesentlichen geltend, zwar regele keine Bestimmung des Unionsrechts speziell die Pflicht zur Verbuchung der Zinsen, doch nehme die Tabelle des Anhangs III der Verordnung Nr. 885/2006 eindeutig auf die Anforderungen des Art. 6 Buchst. h dieser Verordnung Bezug, wonach der Kommission die Informationen zu den in dieser Übersicht aufzuführenden Beträgen jährlich mitzuteilen seien. Lese man diese Vorschrift in Verbindung mit Art. 32 der Verordnung Nr. 1290/2005, ergebe sich eine Pflicht zur jährlichen Verbuchung der in der Tabelle des Anhangs III der Verordnung Nr. 885/2006 aufzuführenden Beträge.

33      Eingangs ist festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland mit ihrem ersten Klagegrund darauf abstellt, dass der angefochtene Beschluss nach Maßgabe ihres ersten Klageantrags für nichtig zu erklären sei, weil die Kommission Art. 31 und Art. 32 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1290/2005 in Verbindung mit Art. 6 Buchst. h und Anhang III der Verordnung Nr. 885/2006 verkannt habe, indem sie eine finanzielle Berichtigung wegen eines Mangels der Schlüsselkontrollen angewandt habe, der sich daraus ergeben solle, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen die Pflicht verstoßen habe, die Zinsen, wie es ihr obliegen solle, jährlich zu verbuchen und zu berechnen.

34      Im Rahmen der Prüfung des ersten Klagegrundes ist also zu ermitteln, ob es eine Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zur jährlichen Berechnung und Darstellung der Zinsen gab, um festzustellen, ob ein Verstoß gegen das Unionsrecht vorliegt. Die Frage, ob die Anwendung einer finanziellen Berichtigung im vorliegenden Fall gerechtfertigt war und diese Berichtigung verhältnismäßig war, wird im Rahmen des fünften Klagegrundes behandelt werden, mit dem ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gerügt wird.

35      Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Tabelle des Anhangs III der Verordnung Nr. 885/2006 ein Instrument zur Berechnung der Beträge ist, die den Mitgliedstaaten im Rahmen der Anwendung der 50/50‑Regel angelastet werden. Daraus folgt, dass die Pflicht zur jährlichen Berechnung der Zinsen zwangsläufig eine vorherige buchmäßige Erfassung des Haushaltsjahrs entsprechend dem Muster des Anhangs III der Verordnung Nr. 885/2006 voraussetzt, so dass es sich bei der Pflicht zur Berechnung und zur Verbuchung der Zinsen auf einer jährlichen Basis logischerweise um ein und dieselbe Verpflichtung handelt.

36      Im Übrigen stellt Art. 32 der Verordnung Nr. 1290/2005, der die Pflichten der Mitgliedstaaten bei der Wiedereinziehung von Beträgen bei Begünstigten, die sich Unregelmäßigkeiten oder Versäumnisse zuschulden kommen lassen haben, betrifft, in seinem Abs. 5 auf die speziellen Fälle ab, in denen der Mitgliedstaat die Beträge nicht innerhalb einer Frist von vier Jahren ab der ersten amtlichen oder gerichtlichen Feststellung oder, wenn die Wiedereinziehung Gegenstand eines Verfahrens vor den nationalen Gerichten ist, innerhalb einer Frist von acht Jahren wiedereingezogen hat. Für solche Fälle ist geregelt, dass „[d]er betreffende Mitgliedstaat … die Beträge, bei denen die Wiedereinziehung nicht innerhalb der Fristen nach Unterabsatz 1 dieses Absatzes erfolgt ist, in der zusammenfassenden Übersicht nach Absatz 3 Unterabsatz 1 getrennt an[gibt]“.

37      Nach der Rechtsprechung gilt die in Art. 32 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1290/2005 geregelte Aufteilung der finanziellen Verantwortung zu gleichen Teilen zwischen dem betroffenen Mitgliedstaat und dem Unionshaushalt für alle Auswirkungen finanzieller Art, die mit der Nichtwiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge zusammenhängen, zu denen namentlich die Hauptbeträge und die darauf entfallenden Zinsen gehören, die nach Art. 32 Abs. 1 dieser Verordnung hätten gezahlt werden müssen (Urteil vom 24. November 2015, Niederlande/Kommission, T‑126/14, EU:T:2015:875, Rn. 76, vgl. ebenfalls in diesem Sinne Urteil vom 22. April 2010, Italien/Kommission, T‑274/08 und T‑275/08, EU:T:2010:154, Rn. 39, 41 und 44).

38      Insoweit ist festzustellen, dass die nicht wiedereingezogenen Beträge im Sinne des Art. 32 Abs. 3 und 5 der Verordnung Nr. 1290/2005 die Hauptforderung, die Zinsen und die Sanktionsbeträge umfassen.

39      Im Übrigen sieht Art. 6 der Verordnung Nr. 885/2006 vor, dass in den der Kommission zu übermittelnden Jahresrechnungen gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. c Ziff. iii der Verordnung Nr. 1290/2005 u. a. eine Aufstellung der aufgrund von Unregelmäßigkeiten im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 1995, L 312, S. 1) bis zum Ende des Haushaltsjahrs wiedereinzuziehenden Beträge, „einschließlich etwaiger Sanktionsbeträge und Zinsen darauf“, entsprechend dem Muster in Anhang III der Verordnung Nr. 885/2006 aufgeführt wird.

40      Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (vgl. Urteile vom 7. Juni 2005, VEMW u. a., C‑17/03, EU:C:2005:362, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 6. Oktober 2005, Sumitomo Chemical und Sumika Fine Chemicals/Kommission, T‑22/02 und T‑23/02, EU:T:2005:349, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41      Im Licht dieser Grundsätze ist zu untersuchen, ob Art. 6 Buchst. h der Verordnung Nr. 885/2006 so zu verstehen ist, dass er die Mitgliedstaaten verpflichtet, die „wiedereinzuziehenden Beträge“ in der in Anhang III dieser Verordnung vorgesehenen Tabelle auf jährlicher Basis zu berechnen und zu verbuchen.

42      Vorab ist festzustellen, dass Art. 6 der Verordnung Nr. 885/2006 zu deren Kapitel 2, das mit „Rechnungsabschluss“ überschrieben ist, gehört, genau wie sich Art. 32 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1290/2005 in deren Titel IV mit der Überschrift „Rechnungsabschluss und Überwachung durch die Kommission“ findet.

43      Sodann erweist sich als Erstes, dass die Antwort auf die Frage nach der jährlichen Berechnung und Verbuchung der Zinsen einer wörtlichen Auslegung von Art. 6 Buchst. h der Verordnung Nr. 885/2006 entnommen werden kann. Erstens bedeutet nämlich die Wendung „bis zum Ende des Haushaltsjahres wiedereinzuziehende Beträge“, dass der Kommission im Rahmen der Übermittlung der Jahresrechnungen an sie alle Beträge übermittelt werden müssen, die bis zum Ende eines Haushaltsjahrs – wobei die Betonung hier auf „Jahr“ gelegt sei – noch nicht wiedereingezogen wurden. Zweitens ergibt sich aus den Worten „einschließlich etwaiger Sanktionsbeträge und Zinsen darauf“ eindeutig, dass die besagten Beträge nicht nur die rechtsgrundlos getätigten Zahlungen, sondern auch die Zinsen umfassen. Drittens werden diese Beträge, da sie in den Jahresrechnungen enthalten sind, zwangsläufig jährlich verbucht.

44      Als Zweites entspricht diese wörtliche Auslegung der allgemeinen Systematik des Rechnungsabschlussverfahrens, das, wie die Kommission in ihren Schriftsätzen betont hat, einen jährlichen Vorgang darstellt. Art. 32 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1290/2005 und Art. 6 Buchst. h der Verordnung Nr. 885/2006 sind nämlich im Licht des 23. Erwägungsgrundes der erstgenannten Verordnung zu lesen, nach dem „die Kommission jährlich über den Rechnungsabschluss [der zugelassenen] Zahlstellen entscheiden“ und „[d]ie Rechnungsabschlussentscheidung … sich auf die Vollständigkeit, Genauigkeit und Richtigkeit der Rechnungen beziehen“ sollte. Daraus ergibt sich, dass sich die Kommission beim Abschlussverfahren vergewissern muss, dass keiner der in den Jahresrechnungen verzeichneten Beträge im Abschluss fehlt. Zu diesem Zweck sind die Auskünfte zum Saldo der Forderungen und der Wiedereinziehungen in den Mitgliedstaaten, die in den Tabellen gemäß Anhang III der Verordnung Nr. 885/2006 gemeinsam mit den Jahresrechnungen der Zahlstellen übermittelt werden, zwangsläufig jährlich zu aktualisieren, damit die Rechnungen dieser Stellen mit Blick auf den Abschluss zum Ende des Haushaltsjahrs genau und aktuell sind.

45      Als Drittes ist der Präambel der Verordnung Nr. 1290/2005 und insbesondere ihren Erwägungsgründen 25 und 26 zu entnehmen, dass das mit Art. 32 Abs. 5 dieser Verordnung eingerichtete System der gemeinsamen finanziellen Verantwortung den Schutz der finanziellen Interessen der Union bezweckt, indem dem betroffenen Mitgliedstaat ein Teil der Beträge angelastet wird, die aufgrund von Unregelmäßigkeiten geschuldet werden und nicht innerhalb einer angemessenen Frist wieder eingezogen wurden. Wie von der Kommission zu Recht hervorgehoben, war es infolge des Fehlens einer jährlichen Berechnung und Aktualisierung der Verzugszinsen in der Tabelle des Anhangs III der Verordnung Nr. 885/2006, die der Berechnung der den Mitgliedstaaten nach der 50/50-Regel anzulastenden Beträge dient, nicht möglich, den genauen Betrag der Verzugszinsen zu kennen, der der Bundesrepublik Deutschland anzulasten war. Eine Ungenauigkeit der im Rahmen der Tabelle des Anhangs III der Verordnung Nr. 885/2006 gemachten Angaben wäre daher mit dem Schutz der finanziellen Interessen der Union unvereinbar, da der Unionshaushalt dann Gefahr liefe, Verzugszinsen zu tragen, die nach der 50/50-Regel dem betreffenden Mitgliedstaat anzulasten gewesen wären.

46      Auch wenn, wie von der Bundesrepublik Deutschland geltend gemacht, die Mustertabelle in Anhang III der Verordnung Nr. 885/2006 vordergründig keine ausdrückliche Verpflichtung zur Verbuchung der Zinsen in der Spalte zur Berichtigung der Hauptforderung aufstellt, ergibt sich außerdem aus der Rechtsprechung, dass, wenn aufgrund einer sektorbezogenen Unionsregelung am Ende eines Haushaltsjahrs Zinsen auf die Hauptforderungen geschuldet sind, hinsichtlich dieser Zinsansprüche davon auszugehen ist, dass sie auf dieselbe Unregelmäßigkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2988/95 zurückzuführen sind wie diejenige, die zur Wiedereinziehung der zu Unrecht erhaltenen Beträge führt, aus denen sich die Hauptforderungen zusammensetzen (Urteil vom 2. März 2017, Glencore Céréales France, C‑584/15, EU:C:2017:160, Rn. 42). Da der Betrag der ursprünglichen Forderung jedes Jahr entsprechend der teilweisen oder vollständigen Einziehung der auf diese Forderung geschuldeten Zinsen angepasst werden muss, sind die Zinsen am Ende jedes Haushaltsjahrs in Gestalt eines berichtigten Betrags zu aktualisieren und darum mit der Hauptforderung in die Tabelle betreffend die Unregelmäßigkeiten einzutragen. Daraus folgt zwangsläufig, dass die Zinsen in der Spalte der Tabelle des Anhangs III der Verordnung Nr. 885/2006 verbucht werden müssen, die für die Berichtigung der Hauptforderung bestimmt ist.

47      Was schließlich das Argument der Bundesrepublik Deutschland betrifft, dass Anhang I Ziff. 2 Buchst. E der Verordnung Nr. 885/2006 und Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 883/2006 der Kommission vom 21. Juni 2006 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates hinsichtlich der Buchführung der Zahlstellen, der Ausgaben- und Einnahmenerklärungen und der Bedingungen für die Erstattung der Ausgaben im Rahmen des EGFL und des ELER (ABl. 2006, L 171, S. 1), auf die sich die Kommission in der Mitteilung von 2015 berufen habe, keine Vorgaben für die Darstellung der Angaben in Anhang III der Verordnung Nr. 885/2006 enthielten, ist zum einen festzustellen, dass nach dem besagten Buchstaben E, der die Verfahren für Außenstände betrifft, „[a]lle Kriterien unter den Buchstaben A bis D … entsprechend für erhobene Abgaben, verfallene Sicherheiten und zurückgezahlte Beträge [gelten], die die Zahlstelle im Namen des EGFL bzw. des ELER einzuziehen hat“. Gemäß Anhang I Ziff. 2 Buchst. C der Verordnung Nr. 885/2006 muss aber die Zahlstelle Verfahren vorsehen, die die Gewähr dafür bieten, dass „die monatlichen, vierteljährlichen (für den ELER) und jährlichen Ausgabenerklärungen vollständig und richtig sind und fristgerecht erfolgen und dass etwaige Fehler oder Auslassungen entdeckt und berichtigt werden, insbesondere durch regelmäßig durchgeführte Überprüfungen und Abgleiche“. Folglich müssen nach Anhang I Ziff. 2 Buchst. E der Verordnung Nr. 885/2006 die Verfahren für Außenstände den Vorgaben von Ziff. 2 Buchst. C entsprechen. Der besagte Anhang enthält daher eine Vorgabe für die Darstellung der Angaben im Rahmen des Rechnungsabschlusses des EGFL, auch wenn er sich nicht ausdrücklich auf Anhang III bezieht.

48      Zum anderen ist mit der Bundesrepublik Deutschland festzustellen, dass Art. 5 der Verordnung Nr. 883/2006, der die allgemeinen Regeln für die Erklärung der Ausgaben und der zweckgebundenen Einnahmen vorsieht, in der Tat keine Vorgabe für die Darstellung der Angaben in Anhang III der Verordnung Nr. 885/2006 enthält. Da jedoch Art. 32 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1290/2005 in Verbindung mit Art. 6 Buchst. h und Anhang III der Verordnung Nr. 885/2006 eine Pflicht zur jährlichen Verbuchung und Berechnung der Zinsen aufstellt, kommt es auf das Argument, dass Art. 5 der Verordnung Nr. 883/2006 keine Vorgaben für die Darstellung der Angaben in der Tabelle des Anhangs III der Verordnung Nr. 885/2006 enthalte, nicht an.

49      In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen macht die Bundesrepublik Deutschland somit zu Unrecht geltend, dass die Kommission Art. 32 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1290/2005 in Verbindung mit Art. 6 Buchst. h und Anhang III der Verordnung Nr. 885/2006 falsch ausgelegt habe.

50      Die oben in Rn. 49 getroffene Feststellung kann durch das übrige Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland nicht in Frage gestellt werden.

51      Erstens beruht das Vorbringen, die Kommission habe die Leitlinie Nr. 1 missachtet, indem sie eine Berechnung der Zinsen auf jährlicher Basis verlangt habe, auf einer fehlerhaften Auslegung dieser Leitlinie durch die Bundesrepublik Deutschland. Aus der Leitlinie Nr. 1 ergibt sich nämlich, dass zu den Angaben in der Tabelle des Anhangs III der Verordnung Nr. 885/2006 alle Beträge gehören, die zu Unrecht geleisteten Zahlungen entsprechen, einschließlich der Zinsen und Sanktionsbeträge, die darauf entfallen und am Ende des laufenden Jahres aktualisiert werden müssen, um die Beträge zu ermitteln, die für das nachfolgende Haushaltsjahr geschuldet werden.

52      Zweitens ist auch das Vorbringen zurückzuweisen, wonach die ausdrückliche Einführung einer Pflicht zur jährlichen Berechnung und Verbuchung der Zinsen durch die Verordnung Nr. 1306/2013 und die Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 zeige, dass es die Kommission vor Inkrafttreten dieser Verordnungen nicht für erforderlich gehalten habe, dass die Berechnung und Darstellung der Zinsen auf einer jährlichen Basis erfolge. Die Verordnung Nr. 1306/2013 und die Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 haben nämlich die Rechtslage auf dem Gebiet der Meldung der noch ausstehenden Zinsen nicht wesentlich geändert, da es gemäß der Verordnung Nr. 1290/2005 und der Verordnung Nr. 885/2006 die Pflicht zur jährlichen Berechnung und Darstellung der Zinsen gab.

53      Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass die einschlägigen Bestimmungen der Verordnung Nr. 1290/2005 und der Verordnung Nr. 885/2006 durch das Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1306/2013 und der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 keine bedeutsame Änderung erfahren haben. Art. 6 Buchst. h der Verordnung Nr. 885/2006 und Art. 29 Buchst. f der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 stellen im Wesentlichen die gleiche Verpflichtung zur Übermittlung aller am Ende eines Haushaltsjahrs noch nicht wiedereingezogenen Beträge an die Kommission auf, nach Anhang III im Fall der Verordnung Nr. 885/2006 und nach Anhang II im Fall der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014. Allein die Hinzufügung der Spalte „Z“ im letztgenannten Anhang für die jährliche Meldung der Zinsbeträge, die wegen ab dem 16. Oktober 2014 festgestellter Unregelmäßigkeiten noch einzuziehen sind, ändert nichts an dieser Feststellung.

54      Außerdem lässt sich entgegen dem Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland auch nicht daraus auf eine wesentliche Änderung der Rechtslage auf dem Gebiet der Meldung der nicht eingezogenen Zinsen schließen, dass die Leitlinie Nr. 5 für die Übermittlung der Übersichten gemäß Anhang II und Anhang III der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 an die Kommission für das Haushaltsjahr N zwischen „alten“ und „neuen“ Fällen von Unregelmäßigkeiten in der Mustertabelle gemäß Art. 29 Buchst. f der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 unterscheidet. Mit der Kommission ist nämlich darauf hinzuweisen, dass eine solche Unterscheidung nur im Rahmen der Anwendung der Übergangsbestimmung des Art. 41 Abs. 5 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 907/2014 der Kommission vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Zahlstellen und anderen Einrichtungen, die finanzielle Verwaltung, den Rechnungsabschluss, Sicherheiten und die Verwendung des Euro (ABl. 2014, L 255, S. 18) vorgenommen wird, da die genannte Bestimmung zwischen den Fällen, in denen eine erste amtliche oder gerichtliche Feststellung vor dem 16. Oktober 2014 erfolgte, also den alten Fällen, auf der einen Seite und den Fällen, in denen eine solche Feststellung nach dem 16. Oktober 2014 erfolgte, also den neuen Fällen, auf der anderen Seite unterscheidet.

55      Im Übrigen macht die Bundesrepublik Deutschland zu Unrecht geltend, die Kommission habe in ihrem Schreiben vom 29. November 2016, das ihren endgültigen Standpunkt enthalte, in sich widersprüchlich argumentiert. Zwar findet sich weder in Art. 6 Buchst. h der Verordnung Nr. 885/2006 noch in Art. 29 Buchst. f der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 ausdrücklich die Vorgabe der jährlichen Berechnung und Verbuchung der Zinsen, doch folgt eine solche Vorgabe gleichwohl aus dem im Licht der allgemeinen Systematik des Rechnungsabschlussverfahrens und der mit der Regelung verfolgten Ziele betrachteten Wortlaut des Art. 6 Buchst. h der Verordnung Nr. 885/2006, der im Wesentlichen die gleiche Verpflichtung vorsieht wie Art. 29 Buchst. f der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014.

56      In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen hat die Kommission Art. 31 und Art. 32 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1290/2005 in Verbindung mit Art. 6 Buchst. h und Anhang III der Verordnung Nr. 885/2006 nicht verkannt und war daher zu Recht der Ansicht, dass es im Hinblick auf die Anwendung der 50/50-Regel eine Verpflichtung zur jährlichen Berechnung und Verbuchung der Zinsen auf die nach Unregelmäßigkeiten oder Versäumnissen nicht wieder eingezogenen Beträge in der Tabelle des Anhangs III der Verordnung Nr. 885/2006 gebe.

[nicht wiedergegeben]

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Bundesrepublik Deutschland trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Kommission.

Collins

Kancheva

De Baere

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 7. Mai 2019.

Der Kanzler

 

      Der Präsident

E. Coulon

 

      A. M. Collins


*      Verfahrenssprache: Deutsch.


1      Es werden nur die Randnummern des Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet.