Language of document : ECLI:EU:F:2014:238

BESCHLUSS DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
DER EUROPÄISCHEN UNION

(Zweite Kammer)

16. Oktober 2014

Rechtssache F‑69/10 DEP

Luigi Marcuccio

gegen

Europäische Kommission

„Öffentlicher Dienst – Verfahren – Kostenfestsetzung – Art. 92 der Verfahrensordnung – Vertretung eines Organs durch einen Anwalt – Anwaltshonorar – Erstattungsfähige Kosten – Antrag auf Verzugszinsen“

Gegenstand:      Antrag auf Kostenfestsetzung, gemäß Art. 92 Abs. 1 der seinerzeit geltenden Verfahrensordnung eingereicht von der Europäischen Kommission im Anschluss an den Beschluss Marcuccio/Kommission (F‑69/10, EU:F:2011:128)

Entscheidung:      Der Gesamtbetrag der Kosten, die Herr Marcuccio der Europäischen Kommission in der Rechtssache F‑69/10, Marcuccio/Kommission, zu erstatten hat, wird auf 1 250 Euro festgesetzt. Dieser Betrag ist vom Tag der Zustellung des vorliegenden Beschlusses bis zum Tag der tatsächlichen Zahlung mit Verzugszinsen zu dem von der Europäischen Zentralbank für ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte zugrunde gelegten und am ersten Kalendertag des Fälligkeitsmonats geltenden Zinssatz, erhöht um 3,5 Prozentpunkte, zu verzinsen.

Leitsätze

1.      Gerichtliches Verfahren – Kosten – Festsetzung – Erstattungsfähige Kosten – Notwendige Aufwendungen der Parteien – Honorarzahlungen eines Organs an seinen Anwalt – Einbeziehung – Bei der Festsetzung zu berücksichtigende Aspekte

(Satzung des Gerichtshofs, Art. 19 Abs. 1, und Anhang I, Art. 7 Abs. 1)

2.      Gerichtliches Verfahren – Kosten – Festsetzung – Verzugszinsen

(Verfahrensordnung des Gerichts für den öffentlichen Dienst, Art. 96 bis 98 und 106)

1.      Wie aus Art. 19 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs hervorgeht, der nach Art. 7 Abs. 1 von Anhang I dieser Satzung auch für das Gericht für den öffentlichen Dienst gilt, steht es den Organen frei, sich der Hilfe eines Anwalts zu bedienen. Dessen Vergütung fällt daher unter den Begriff der für das Verfahren notwendigen Aufwendungen, ohne dass das Organ nachweisen müsste, dass eine solche Hilfe objektiv gerechtfertigt war.

Was die Bestimmung des Betrags des erstattungsfähigen Anwaltshonorars anbelangt, so hat der Unionsrichter nicht die Vergütungen festzusetzen, die die Parteien ihren eigenen Anwälten schulden, sondern den Betrag zu bestimmen, bis zu dem die Erstattung dieser Vergütungen von der zur Tragung der Kosten verurteilten Partei verlangt werden kann. Er hat bei der Entscheidung über einen Antrag auf Kostenfestsetzung weder eine nationale Gebührenordnung für Anwälte noch eine eventuell zwischen der betroffenen Partei und ihren Bevollmächtigten oder Beiständen getroffene Gebührenvereinbarung zu berücksichtigen.

Ebenso wenig wirkt sich der Umstand, dass es sich um eine pauschale Vergütung handelt, auf die Beurteilung der Höhe der erstattungsfähigen Kosten durch das Gericht für den öffentlichen Dienst aus, da sich der Richter auf gefestigte richterrechtliche Kriterien und die genauen Angaben stützt, die ihm von den Verfahrensbeteiligten zu liefern sind. Zwar ist dieses Gericht bei Fehlen solcher Informationen nicht daran gehindert, die Höhe der erstattungsfähigen Kosten nach billigem Ermessen festzusetzen, doch muss es in einem solchen Fall die Forderungen des Antragstellers zwangsläufig streng beurteilen.

Im Übrigen hat das Gericht, da das Unionsrecht keine Gebührenordnung kennt, die Umstände des Einzelfalls frei zu würdigen und dabei dem Gegenstand und der Art des Rechtsstreits, seiner Bedeutung aus unionsrechtlicher Sicht sowie seinem Schwierigkeitsgrad, dem Arbeitsaufwand der tätig gewordenen Bevollmächtigten oder Beistände im Zusammenhang mit dem Verfahren und dem wirtschaftlichen Interesse der Beteiligten am Ausgang des Rechtsstreits Rechnung zu tragen.

Schließlich lässt sich der Betrag des erstattungsfähigen Honorars des Anwalts des betreffenden Organs nicht ohne Berücksichtigung der Arbeit bewerten, die die Dienststellen des Organs – auch schon vor der Anrufung des Gerichts für den öffentlichen Dienst – erbracht haben. Da nämlich die Zulässigkeit einer Klage voraussetzt, dass eine Beschwerde eingelegt und diese von der Anstellungsbehörde zurückgewiesen worden ist, sind die Dienststellen des Organs grundsätzlich in die Bearbeitung von Rechtsstreitigkeiten eingebunden, noch bevor diese vor das Gericht für den öffentlichen Dienst gebracht werden.

(vgl. Rn. 16 bis 21)

Verweisung auf:

Gericht der Europäischen Union: Beschlüsse Marcuccio/Kommission, T‑278/07 P‑DEP, EU:T:2013:269, Rn. 20; und Marcuccio/Kommission, T‑366/10 P‑DEP, EU:T:2014:63, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung

Gericht für den öffentlichen Dienst: Beschluss Chatzidoukakis/Kommission, F‑84/10 DEP, EU:F:2014:41, Rn. 20 bis 24 und die dort angeführte Rechtsprechung

2.      Nach Art. 106 der Verfahrensordnung des Gerichts für den öffentlichen Dienst ist das Gericht für die Feststellung, ob auf eine von ihm ausgesprochene Verurteilung zur Kostentragung Verzugszinsen zu zahlen sind, und für die Festsetzung des anwendbaren Zinssatzes ausschließlich zuständig.

Aus den Art. 96 bis 98 der genannten Verfahrensordnung geht hervor, dass Beschlüsse nicht verkündet werden. Sie müssen das Datum des Erlasses enthalten und werden mit dem Tag ihrer Zustellung wirksam. Daraus folgt, dass ein auf Verzugszinsen ab dem Tag der Verkündung eines Beschlusses gerichteter Antrag einer Partei so zu verstehen ist, dass damit begeht wird, das Gericht für den öffentlichen Dienst möge auf die erstattungsfähigen Kosten Verzugszinsen erst ab der Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses zusprechen. Der Erstattungsberechtigte hat somit Anspruch auf Verzugszinsen aus den vom Gericht festgesetzten erstattungsfähigen Kosten ab Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses bis zur tatsächlichen Zahlung dieser Kosten.

(vgl. Rn. 31, 33 und 34)

Verweisung auf:

Gericht der Europäischen Union: Beschluss Marcuccio/Kommission, T‑450/10 P‑DEP, EU:T:2014:32, Rn. 47

Gericht für den öffentlichen Dienst: Beschluss Chatzidoukakis/Kommission, EU:F:2014:41, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung