Language of document : ECLI:EU:F:2011:63

BESCHLUSS DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
DER EUROPÄISCHEN UNION (Erste Kammer)

25. Mai 2011(*)

„Öffentlicher Dienst – Einstellung – Allgemeines Auswahlverfahren – Scheitern eines Bewerbers in der mündlichen Prüfung – Begründungspflicht – Für die Arbeit des Prüfungsausschusses geltende Regeln“

In der Rechtssache F‑74/07 RENV

betreffend eine Klage nach den Art. 236 EG und 152 EA,

Stefan Meierhofer, wohnhaft in München (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt H.‑G. Schiessl,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch J. Currall und B. Eggers als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
(Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Gervasoni (Berichterstatter), des Richters H. Kreppel und der Richterin M. I. Rofes i Pujol,

Kanzlerin: W. Hakenberg,

aufgrund des Verfahrens nach Art. 114 der Verfahrensordnung

folgenden

Beschluss

1        Herr Meierhofer beantragt mit Klageschrift, die am 3. Juli 2007 per Fernkopie bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist (die Urschrift ist am 5. Juli 2007 eingegangen), im Wesentlichen die Aufhebung der Entscheidung des Prüfungsausschusses für das vom Amt für Personalauswahl der Europäischen Gemeinschaften (EPSO) durchgeführte Auswahlverfahren EPSO/AD/26/05 vom 10. Mai 2007, mit der ihm mitgeteilt wurde, dass er die mündliche Prüfung des Auswahlverfahrens nicht bestanden habe, und der Entscheidung vom 19. Juni 2007, dass seinem Überprüfungsersuchen in Bezug auf die Entscheidung vom 10. Mai 2007 nicht entsprochen werde, sowie eine Neubewertung dieser Prüfung und seine Aufnahme in die Reserveliste.

 Rechtlicher Rahmen

2        Am 20. Juli 2005 veröffentlichte das EPSO im Amtsblatt der Europäischen Union die Bekanntmachung des allgemeinen Auswahlverfahrens „EPSO/AD/26/05: Recht“ (ABl. C 178 A, S. 3).

3        In Titel A („Art der Tätigkeit und Zulassungsbedingungen [Anforderungsprofil]“) der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens ist unter Punkt I („Art der Tätigkeit“) angegeben: „Analyse-, Referenten-, Studien- und Kontrolltätigkeiten im Bereich der Aktivitäten der Europäischen Union“.

4        Zum Sachgebiet Recht ist angegeben:

„EPSO/AD/26/05: Recht

–        Konzeption, Analyse und Ausarbeitung von Entwürfen für gemeinschaftliche Rechtsakte;

–        Rechtsberatung;

–        Recherchen in den Bereichen Landesrecht, Gemeinschaftsrecht und Völkerrecht;

–        Teilnahme an Verhandlungen über internationale Übereinkünfte;

–        Analyse und Vorbereitung von Entscheidungs- und Beschlussentwürfen, beispielsweise im Bereich des Wettbewerbsrechts;

–        Prüfung und Überwachung des einzelstaatlichen Rechts zur Feststellung der Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht;

–        Bearbeitung von Akten in der vorprozessualen Phase (Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht, Beschwerden usw.);

–        verschiedene Aufgaben im Bereich von Rechtsstreitigkeiten; Ausarbeitung von Stellungnahmen der Organe im Rahmen von beim Gerichtshof [der Europäischen Gemeinschaften] oder beim Gericht Erster Instanz [der Europäischen Gemeinschaften] anhängigen Rechtssachen; justizielle Aufgaben in den Kanzleien des Gerichtshofs und des Gerichts Erster Instanz;

–        Referententätigkeit, Vorarbeiten und Implementierungstätigkeit in den Bereichen Justiz und Inneres.“

5        In Titel B („Verfahren“) der Bekanntmachung sind folgende Regeln für die mündliche Prüfung und die Aufnahme in die Reservelisten vorgesehen:

„3.       Mündliche Prüfung – Bewertung

e)      In der Hauptsprache der Bewerberin oder des Bewerbers geführtes Gespräch mit dem Prüfungsausschuss, bei dem deren bzw. dessen Eignung für die in Titel A Punkt I genannten Aufgaben beurteilt wird. Gegenstand dieses Gesprächs sind vor allem das einschlägige Sachwissen und die Kenntnis der Europäischen Union, ihrer Organe und der Bereiche ihrer Politik. Geprüft wird auch die Beherrschung der zweiten Sprache. Außerdem soll anhand des Gesprächs die Fähigkeit beurteilt werden, sich auf ein multikulturelles Arbeitsumfeld im europäischen öffentlichen Dienst einzustellen.

Diese Prüfung wird mit 0 bis 50 Punkten bewertet (erforderliche Mindestpunktzahl: 25).

5.      Aufnahme in die Reservelisten

Der Prüfungsausschuss stellt für jedes Auswahlverfahren eine Reserveliste mit höchstens vier Leistungsgruppen auf, in denen jeweils in alphabetischer Reihenfolge diejenigen Prüfungsteilnehmerinnen und Prüfungsteilnehmer … aufgeführt sind (siehe Titel A: Anzahl der erfolgreichen Bewerberinnen und Bewerber), die bei der schriftlichen Prüfung d) und der mündlichen Prüfung e) jeweils die Mindestpunktzahl und bei beiden Prüfungen zusammen eines der besten Ergebnisse erzielt haben.

…“

 Sachverhalt

6        Der Kläger, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, nahm am Auswahlverfahren EPSO/AD/26/05 teil. Nachdem er die Vorauswahltests und die schriftliche Prüfung bestanden hatte, nahm er am 29. März 2007 an der mündlichen Prüfung teil.

7        Mit Schreiben vom 10. Mai 2007 teilte der Vorsitzende des Prüfungsausschusses für das Auswahlverfahren dem Kläger mit, dass er in der mündlichen Prüfung 24,5 Punkte erzielt und damit die erforderliche Mindestpunktzahl (25 von 50 Punkten) verfehlt habe, weshalb er nicht in die Reserveliste aufgenommen werden könne (im Folgenden: Entscheidung vom 10. Mai 2007).

8        Der Kläger bat mit Schreiben vom 11. Mai 2007 um Überprüfung der Entscheidung vom 10. Mai 2007; darin vertrat er unter Hinweis auf das von ihm selbst im Anschluss an die mündliche Prüfung angefertigte Protokoll die Ansicht, dass er die Fragen in der Prüfung zu mindestens 80 % richtig beantwortet habe. Er bat daher um Überprüfung der Bewertung seiner mündlichen Prüfung sowie, hilfsweise, um Erläuterung zu der Punktzahl, die er bei den einzelnen in dieser Prüfung gestellten Fragen erzielt habe.

9        Mit Schreiben vom 19. Juni 2007 teilte ihm der Vorsitzende des Prüfungsausschusses mit, dass der Prüfungsausschuss nach Überprüfung seiner Bewerbung keinen Anlass gesehen habe, das Ergebnis abzuändern (im Folgenden: Entscheidung vom 19. Juni 2007). In diesem Schreiben wurde dem Kläger außerdem mitgeteilt, dass er, was sein Sachwissen betreffe, mehr unbefriedigende Antworten als befriedigende Antworten gegeben habe, und dass die mündliche Prüfung nach den in der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens angegebenen Kriterien bewertet worden sei; wegen der in Art. 6 des Anhangs III des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) angeordneten Geheimhaltung der Arbeiten des Prüfungsausschusses sei es nicht möglich, den Bewerbern die Benotungstabelle oder die Aufschlüsselung ihrer in der mündlichen Prüfung erhaltenen Noten mitzuteilen.

 Verfahren vor dem erkennenden Gericht und dem Gericht der Europäischen Union

10      Der Kläger stützte seine auf Aufhebung der Entscheidungen vom 10. Mai und 19. Juni 2007 und Erteilung einer Reihe von Anordnungen an die Kommission gerichtete Klage auf drei Gründe.

11      Er machte zunächst geltend, dass die Kommission ihrer Pflicht zur Begründung der Entscheidung vom 10. Mai 2007 nicht nachgekommen sei. Sodann rügte er einen Verfahrensfehler, der sich darauf bezog, dass seine in der mündlichen Prüfung auf Deutsch gegebenen Antworten vom Vorsitzenden des Prüfungsausschusses, der die Kopfhörer, mit denen er die Simultanübersetzung der mündlichen Prüfung ins Französische hätte verfolgen können, nicht benutzt habe, nicht verstanden worden seien. Schließlich machte der Kläger geltend, dass eine Bewertung der Prüfungsleistungen mit weniger als 50 % angesichts der Vielzahl der vollständigen und zweifelsfrei richtigen Antworten, die er in der mündlichen Prüfung gegeben habe, einen offensichtlichen Verstoß gegen die für die Arbeit des Prüfungsausschusses geltenden Regeln und gegen geltende Prüfungsmaßstäbe darstelle.

12      Die Kommission beantragte, die Klage abzuweisen und jeder Partei ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

13      Das Gericht für den öffentlichen Dienst war der Auffassung, dass insbesondere der erste Klagegrund eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht wegen seines Gewichts und der dritte Klagegrund aufgrund seines Zusammenhangs mit dem ersten Klagegrund geprüft werden müssten. Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 55 der Verfahrensordnung forderte das Gericht die Kommission im vorbereitenden Sitzungsbericht, der am 7. Februar 2008 an die Parteien versandt worden war, auf, vor der mündlichen Verhandlung folgende Unterlagen vorzulegen:

a)      die Benotungstabelle und die Aufschlüsselung der Noten der mündlichen Prüfung … des Klägers, auf die im Schreiben vom 19. Juni 2007, mit dem die Beschwerde des Klägers zurückgewiesen wurde, Bezug genommen wird;

b)      alle sonstigen Unterlagen in Bezug auf die Beurteilung der Qualität der Leistung des Klägers in der mündlichen Prüfung;

c)      eine anonymisierte Liste mit der Benotung der anderen Kandidaten, die in der mündlichen Prüfung eine zu ihrem Ausschluss führende Note erhalten haben;

d)      die Berechnungen, die dazu geführt haben, dass der Kläger in der mündlichen Prüfung mit dem Ergebnis von genau 24,5 von 50 Punkten benotet wurde.

14      Der vorbereitende Sitzungsbericht enthielt – im Anschluss an die Bitte an die Parteien, in einem wesentlichen Teil ihrer mündlichen Ausführungen in der Sitzung auf den Klagegrund des Verstoßes gegen die Begründungspflicht einzugehen – den Hinweis darauf, dass mit den angeordneten Maßnahmen bezweckt werde, „die Erörterung in Bezug auf diesen Klagegrund (und den Klagegrund des offensichtlichen Verstoßes gegen geltende Prüfungsmaßstäbe, der mit dem der Begründung im Wesentlichen zusammenhängt) zu einem voll und ganz zweckdienlichen Ergebnis [zu] führ[en]“; des Weiteren wurde darauf hingewiesen, dass die Mitteilung der in den Buchst. a bis d des vorbereitenden Berichts genannten Unterlagen an den Kläger insoweit erfolgen solle, als dies mit dem Grundsatz der Geheimhaltung der Arbeiten des Prüfungsausschusses vereinbar sei, und/oder gegebenenfalls nach Schwärzung bestimmter Angaben, deren Verbreitung gegen diesen Grundsatz verstoßen würde.

15      Als Antwort auf diese prozessleitenden Maßnahmen übermittelte die Kommission dem Gericht, wie Buchst. c des vorbereitenden Sitzungsberichts verlangt, eine anonymisierte Tabelle mit den zum Ausschluss führenden Noten der Bewerber, die die mündliche Prüfung nicht bestanden haben. Sie lehnte es jedoch ab, den in den Buchst. a, b und d dieses Sitzungsberichts angeordneten prozessleitenden Maßnahmen nachzukommen, was sie im Wesentlichen damit begründete, dass bei Fehlen eines Beweises für einen Verstoß gegen die für die Arbeit des Prüfungsausschusses geltenden Regeln der bloße auf die Begründungspflicht gestützte Klagegrund in Anbetracht der Geheimhaltung der Arbeiten des Prüfungsausschusses die Vorlage der übrigen vom Gericht angeforderten Informationen und Unterlagen nicht rechtfertige. Im Übrigen sei die Kommission unabhängig davon, ob das Gericht wie im vorliegenden Fall prozessleitende Maßnahmen oder gar eine Beweisaufnahme anordne, zur Vorlage von Informationen und Unterlagen dieser Art nicht verpflichtet.

16      Der Kläger reichte zu den von der Kommission im Rahmen der prozessleitenden Maßnahmen vorgelegten Unterlagen und zu deren Weigerung, bestimmten Ersuchen des Gerichts nachzukommen, eine Stellungnahme ein.

17      In der mündlichen Verhandlung vom 23. April 2008 erhielt die Kommission eine Abschrift der Stellungnahme des Klägers. Sie trug im Übrigen vor, dass sie nicht verpflichtet sei, die in den Buchst. a, b und d des vorbereitenden Sitzungsberichts genannten Unterlagen zu übermitteln, da diese lediglich im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme angefordert worden seien. Die Kommission würde zwar möglicherweise eine Übermittlung der Unterlagen erwägen, wenn sie mit einem Beweisbeschluss von ihr verlangt würden; ein solches Verlangen wäre jedoch unzulässig, da der Kläger keinen Form- oder Verfahrensfehler dargetan habe.

18      Nach der mündlichen Verhandlung reichte die Kommission auf die Stellungnahme des Klägers eine schriftliche Stellungnahme ein und führte aus, dass sie, wenn sie vom Gericht durch Beschluss zur Vorlage weiterer Unterlagen aufgefordert würde, die Frage möglicherweise erneut prüfen werde.

19      Mit Urteil vom 14. Oktober 2008, Meierhofer/Kommission (F‑74/07, im Folgenden: Urteil des Gerichts), ging das Gericht davon aus, dass die Klage als allein gegen die Entscheidung vom 19. Juni 2007 gerichtet anzusehen und der erste Klagegrund begründet sei. Es hob daher diese Entscheidung auf, wies die Anträge auf Erteilung von Anordnungen zurück und erlegte der Kommission die Kosten auf.

20      Das Gericht gab dem ersten Klagegrund mit der Begründung statt, dass sich die Kommission, um ihre Begründungspflicht gegenüber dem Kläger zu erfüllen und das angerufene Gericht in die Lage zu versetzen, seine Kontrolle auszuüben, im vorliegenden Fall nicht darauf beschränken durfte, dem Kläger lediglich die zum Ausschluss führende Note, die er in der mündlichen Prüfung erhalten hatte, mitzuteilen. Dem Kläger oder zumindest dem Gericht hätten weitere, detailliertere Informationen zugänglich gemacht werden müssen. Das Gericht führte insoweit aus, dass es mangels der Vorlage solcher Informationen nicht seine Sache sei, zu bestimmen, welche Informationen dem Kläger zu übermitteln seien. Es war jedoch der Auffassung, dass dem Kläger die Zwischennoten, die der Berechnung der zum Ausschluss führenden Note, die er erhalten hatte, dienten, und gegebenenfalls die Bewertungsbögen unter Einhaltung bestimmter Vorsichtsmaßnahmen hätten übermittelt werden können, ohne dass dem der Grundsatz, dass die Arbeiten des Prüfungsausschusses geheim zu halten seien, entgegenstehe. Da die Kommission im Laufe des Verfahrens weder von sich aus noch auf das Ersuchen des Gerichts hin zusätzliche Informationen beigebracht habe, wozu sie in jedem Fall verpflichtet gewesen sei, um ihrer Begründungspflicht zu genügen, nahm das Gericht an, dass die Entscheidung vom 19. Juni 2007 nicht hinreichend begründet sei und aufgehoben werden müsse.

21      Mit Schriftsatz, der am 19. Dezember 2008 bei der Kanzlei des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften einging, legte die Kommission Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts ein. Das Rechtsmittel wurde unter der Rechtssachennummer T‑560/08 P in das Register der Kanzlei des Gerichts erster Instanz eingetragen. Die Kommission stützte ihr Rechtsmittel im Wesentlichen auf drei Gründe, nämlich erstens eine Verkennung des Umfangs der Begründungspflicht, zweitens eine Unvereinbarkeit der Überprüfung der von den Mitgliedern des Prüfungsausschusses vorgenommenen Bewertungen mit dem Unionsrecht und drittens einen Verstoß gegen bestimmte Verfahrensvorschriften im Rahmen der in der ersten Instanz angeordneten prozessleitenden Maßnahmen und der Beweiswürdigung.

22      Nach Einreichung der Rechtsmittelbeantwortung durch den Kläger am 17. März 2009 beantragte die Kommission mit Schreiben vom 6. April 2009, ihr nach Art. 143 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz zu gestatten, eine Erwiderung einzureichen.

23      Nachdem der Präsident der Rechtsmittelkammer des Gerichts erster Instanz diesem Antrag mit Entscheidung vom 15. April 2009 stattgegeben hatte, fand ein zweiter Schriftsatzwechsel statt; das schriftliche Verfahren wurde am 20. Juli 2009 abgeschlossen.

24      Mit Schreiben vom 18. August 2009 stellte die Kommission einen mit Gründen versehenen Antrag nach Art. 146 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz, im mündlichen Verfahren gehört zu werden.

25      Auf Bericht des Berichterstatters gab das Gericht erster Instanz (Rechtsmittelkammer) dem Antrag statt und eröffnete das mündliche Verfahren.

26      In der Sitzung vom 13. Januar 2010 verhandelten die Parteien mündlich und beantworteten mündliche Fragen des Gerichts der Europäischen Union.

27      Mit Urteil vom 12. Mai 2010, Kommission/Meierhofer (T‑560/08 P, im Folgenden: Urteil des Gerichts der Europäischen Union), hat das Gericht der Europäischen Union das Urteil des Gerichts aufgehoben, weil es den dritten Rechtsmittelgrund als begründet ansah, ohne die beiden anderen von der Kommission geltend gemachten Rechtsmittelgründe zu prüfen. Das Gericht der Europäischen Union hat entschieden, dass das Gericht aus dem Fehlen bestimmter Unterlagen in der Akte keine Konsequenzen ziehen durfte, wenn es nicht, wozu es verpflichtet war, die in seiner Verfahrensordnung vorgesehenen Mittel ausgeschöpft hatte, um die Vorlage der Unterlagen durch die Kommission zu erwirken. Da sich die Kommission auf die Vertraulichkeit der verlangten Unterlagen berufen hatte, war das Gericht erst recht verpflichtet, alle Instrumente, die ihm zur Verfügung standen, auszuschöpfen, um die Vorlage der betreffenden Unterlagen zu erreichen. Nach Auffassung des Gerichts der Europäischen Union verfügte das Gericht mit Art. 44 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung über eine Rechtsgrundlage, um von einer Partei durch Beschluss die Vorlage von Unterlagen zu verlangen, und beging, weil es von dieser Vorschrift keinen Gebrauch machte, einen Verfahrensfehler, der die Aufhebung seines Urteils rechtfertigte. Das Gericht der Europäischen Union hat ferner festgestellt, dass das Gericht lediglich über einen der vom Kläger geltend gemachten Klagegründe entschieden hatte, und beschloss daher, da der Rechtsstreit noch nicht zur Entscheidung reif sei, dass die Sache an das Gericht zurückzuverweisen und die Kostenentscheidung vorzubehalten sei.

28      Der Kläger ist vom Gericht aufgefordert worden, bis zum 22. Juli 2010 einen Schriftsatz nach Art. 114 Abs. 1 der Verfahrensordnung vorzulegen; er ist dieser Aufforderung jedoch nicht nachgekommen.

29      Am 18. Oktober 2010 hat die Kommission einen Schriftsatz gemäß Art. 114 Abs. 2 der Verfahrensordnung eingereicht. Am selben Tag hat das Gericht das schriftliche Verfahren abgeschlossen.

30      Mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2010 hat der Kläger sein Vorbringen durch die Rüge ergänzt, dass der Prüfungsausschuss nicht ordnungsgemäß zusammengesetzt gewesen sei; diese Rüge war in seiner Klageschrift nicht enthalten.

31      Mit Fernkopie vom 22. November 2010 hat die Kommission zu diesem Schreiben Stellung genommen.

 Rechtliche Würdigung

32      Nach Art. 76 der Verfahrensordnung kann das erkennende Gericht, wenn eine Klage ganz oder teilweise offensichtlich unzulässig ist oder ihr in Gänze oder in Teilen offensichtlich jede rechtliche Grundlage fehlt, ohne Fortsetzung des Verfahrens durch einen mit Gründen versehenen Beschluss entscheiden. Im vorliegenden Fall ist das Gericht in der Lage, durch einen mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden.

 Zum Antrag auf Aufhebung der Entscheidung vom 19. Juni 2007

33      Aus dem Urteil des Gerichts der Europäischen Union ergibt sich, dass das Gericht über die in Randnr. 11 des vorliegenden Beschlusses genannten drei Klagegründe zu entscheiden hat, die der Kläger in seiner Klageschrift zur Begründung seines gegen die Entscheidung vom 19. Juni 2007 gerichteten Antrags geltend gemacht hat.

34      Zuvor ist jedoch der vom Kläger im Schriftsatz vom 26. Oktober 2010 geltend gemachte neue Klagegrund zu prüfen, der in der Klageschrift nicht enthalten war.

 Zu dem im Schriftsatz vom 26. Oktober 2010 geltend gemachten neuen Klagegrund einer nicht ordnungsgemäßen Besetzung des Prüfungsausschusses

35      Dieser Klagegrund ist, wie die Kommission zutreffend geltend macht, zurückzuweisen.

36      Der neue Klagegrund, der nicht von Amts wegen zu prüfen ist und keine Erweiterung eines bereits in der Klageschrift enthaltenen Angriffsmittels darstellt, ist nämlich nach dem ersten Schriftsatzwechsel geltend gemacht worden, der im ersten Rechtszug vor dem Gericht stattfindet. Das Vorbringen dieses Klagegrundes steht daher nicht im Einklang mit Art. 43 Abs. 1 der Verfahrensordnung, wonach neue Angriffs- und Verteidigungsmittel nach dem ersten Schriftsatzwechsel nicht mehr vorgebracht werden können.

37      Der Kläger trägt zwar vor, er habe davon, dass die Zusammensetzung des Prüfungsausschusses für das Auswahlverfahren EPSO/AD/26/05, in dem er sich beworben habe, wegen zu großer Fluktuation für irregulär befunden worden sei, erst durch Kenntnisnahme von den Urteilen des Gerichts vom 29. September 2010, Brune/Kommission (F‑5/08) und Honnefelder/Kommission (F‑41/08), erfahren, mit denen „die angegriffenen Prüfungsentscheidungen … aufgehoben“ worden seien.

38      Dieses Vorbringen erlaubt es jedoch nicht, den vorliegenden Klagegrund für zulässig zu erklären.

39      Erstens erstrecken sich nämlich die Rechtswirkungen eines die Handlung eines Organs aufhebenden Urteils nur auf die Prozessbeteiligten und auf diejenigen Personen, die von der aufgehobenen Handlung unmittelbar betroffen sind. Nur für diese Personen kann ein Urteil eine neue Tatsache darstellen und die Klagefrist in Bezug auf diese Handlung erneut in Lauf setzen (Urteile des Gerichtshofs vom 14. Dezember 1965, Pfloeschner/Kommission, 52/64, und vom 8. März 1988, Brown/Gerichtshof, 125/87, Randnr. 13). Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung stellt ein Urteil, mit dem festgestellt wird, dass eine Verwaltungsentscheidung mit allgemeiner Geltung gegen das Statut verstößt, für diejenigen, die es versäumt haben, rechtzeitig von den ihnen zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfsmöglichkeiten Gebrauch zu machen, keine neue Tatsache dar, die einen Antrag auf Überprüfung der sie betreffenden individuellen Entscheidung rechtfertigt (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse des Gerichts erster Instanz vom 11. Juli 1997, Chauvin/Kommission, T‑16/97, Randnrn. 39 bis 45, und vom 9. Februar 2000, Gómez de la Cruz Talegón/Kommission, T‑165/97, Randnr. 51; Beschluss des Gerichts vom 11. Juni 2009, Ketselidou/Kommission, F‑81/08, Randnrn. 46 und 47). Durch ein solches Urteil wird die mit allgemeiner Geltung versehene Verwaltungsentscheidung nicht aufgehoben; es wird lediglich festgestellt, dass einzelne Bestimmungen dieser Entscheidung in einem konkreten Fall unanwendbar sind (Beschluss Chauvin/Kommission, Randnr. 42).

40      Die in der vorstehenden Randnummer angeführte Rechtsprechung bezieht sich auf die Klagefrist und nicht auf die Frist, innerhalb deren ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens vor dem Unionsrichter geltend gemacht werden kann; es spricht jedoch nichts dagegen, in Bezug auf die letztgenannte Frist eine analoge Begründung heranzuziehen. In beiden Fällen geht es nämlich um die Frage, ob ein Aufhebungsurteil die Möglichkeiten zur Anfechtung einer beschwerenden Maßnahme über die hierfür normalerweise vorgesehene Frist hinaus erneut eröffnen kann.

41      Die Urteile Brune/Kommission und Honnefelder/Kommission haben entgegen dem Vorbringen des Klägers nicht zur Folge, dass die Prüfungsentscheidungen des Auswahlverfahrens EPSO/AD/26/05, an dem der Kläger teilgenommen hat, aufgehoben werden. In diesen Urteilen hat das Gericht entschieden, dass die Zusammensetzung des Prüfungsausschusses für das Auswahlverfahren EPSO/AD/26/05 nicht ordnungsgemäß war, und lediglich die Entscheidungen, die Namen der Kläger nicht in die Reserveliste dieses Auswahlverfahrens aufzunehmen, aufgehoben. Diese Urteile haben daher keine unmittelbare Auswirkung auf die Situation des Klägers (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juni 1988, Muysers und Tülp/Rechnungshof, 161/87, Randnr. 10).

42      Zweitens hätte der Kläger die Rüge der wechselnden Zusammensetzung des Prüfungsausschusses, die von den Klägern in den Rechtssachen, in denen die Urteile Brune/Kommission und Honnefelder/Kommission ergangen sind, erhoben wurde und sich auf eine bereits gefestigte Rechtsprechung der Unionsgerichtsbarkeit stützte, in seiner Klageschrift vorbringen können. Dem Kläger war es daher jedenfalls nicht unmöglich, den auf die nicht ordnungsgemäße Zusammensetzung des Prüfungsausschusses gestützten Klagegrund früher als mit seinem Schriftsatz vom 26. Oktober 2010 geltend zu machen.

43      Dieser Klagegrund ist daher als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen.

 Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht

44      Aus Randnr. 39 des Urteils des Gerichts der Europäischen Union geht hervor, dass der Kläger in seiner Rechtsmittelbeantwortung darauf hingewiesen hat, dass die Kommission die ihr nach dem Urteil des Gerichts obliegenden Verpflichtungen bereits dadurch erfüllt habe, dass sie dem Kläger die Zwischennoten seiner mündlichen Prüfung mitgeteilt habe. Die Kommission hat in ihrem Schriftsatz vom 18. Oktober 2010 bestätigt, dem Kläger seine Zwischennoten mitgeteilt zu haben.

45      Unter diesen Umständen ist das Gericht der Auffassung, dass die Kommission ihrer besonderen Begründungspflicht, die ihr nach dem Urteil des Gerichts oblag, nachgekommen ist. Außerdem hat der Kläger, wie bereits erwähnt, nach der Zurückverweisung der Rechtssache an das Gericht innerhalb der ihm gesetzten Frist keinen Schriftsatz eingereicht und ist auch in seinem Schriftsatz vom 26. Oktober 2010 nicht auf die unzureichende Begründung der Entscheidung vom 19. Juni 2007 eingegangen. Der Kläger hat folglich nicht bestritten, im Laufe des Verfahrens die erforderlichen Informationen erhalten zu haben.

46      Das Gericht ist daher wie die Kommission der Auffassung, dass die Klage, soweit mit ihr eine unzureichende Begründung der Entscheidung vom 19. Juni 2007 gerügt wurde, gegenstandslos geworden ist.

47      Im Übrigen hat der Kläger diese Rüge offenbar fallen gelassen, da er, nachdem ihm das Urteil des Gerichts der Europäischen Union zugestellt worden war, beim Gericht keinen Schriftsatz eingereicht und den Klagegrund einer unzureichenden Begründung in seinem Schriftsatz vom 26. Oktober 2010 nicht mehr erwähnt hat. Selbst wenn der Kläger diesen Klagegrund noch aufrechterhielte, ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass die Kommission, als sie die Zwischennoten, die der Kläger in der mündlichen Prüfung erhalten hatte, im Laufe des Verfahrens vorgelegt hat, ihre Begründungspflicht dadurch erfüllt hat, dass sie die erforderlichen zusätzlichen Informationen beigebracht hat, was nach der Rechtsprechung zulässig ist, sofern vor der Klageerhebung bereits der Ansatz einer Begründung gegeben wurde.

48      Der Klagegrund des Verstoßes gegen die Begründungspflicht ist daher zurückzuweisen.

 Zum Klagegrund, mit dem gerügt wird, dass der Vorsitzende des Prüfungsausschusses die deutsche Sprache nicht beherrscht habe und daher nicht in der Lage gewesen sei, die Antworten des Klägers zu verstehen

–       Vorbringen der Parteien

49      Der Kläger macht geltend, dass die Antworten, die er in der mündlichen Prüfung auf Deutsch gegeben habe, vom Vorsitzenden des Prüfungsausschusses nicht verstanden worden seien, da dieser nicht die Kopfhörer benutzt habe, mit denen er die Simultanübersetzung der mündlichen Prüfung ins Französische hätte verfolgen können.

50      Die Kommission hält dem entgegen, dass der Vorsitzende des Prüfungsausschusses die deutsche Sprache perfekt beherrsche und die Mitglieder des Prüfungsausschusses nicht verpflichtet seien, sich der Simultanübersetzung zu bedienen. Zudem liege keine Ungleichbehandlung des Klägers vor, da der Vorsitzende des Prüfungsausschusses bei keinem der 94 weiteren Kandidaten, die in der mündlichen Prüfung auf Deutsch geantwortet hätten, auf die Simultanübersetzung zurückgegriffen habe. Selbst wenn daher das Gericht vom Vorliegen eines Verfahrensmangels ausgehen sollte, hätte dieser jedenfalls das Ergebnis der Prüfung nicht verfälscht und könnte demzufolge nicht als wesentlich angesehen werden.

–       Würdigung durch das Gericht

51      Nach ständiger Rechtsprechung muss der Prüfungsausschuss für ein Auswahlverfahren nach Maßgabe der Vorschriften des Statuts und insbesondere von Art. 3 seines Anhangs III so zusammengesetzt sein, dass eine objektive Beurteilung der Leistungen der Bewerber in den Prüfungen im Hinblick auf ihre beruflichen Fähigkeiten gewährleistet ist (Urteile des Gerichts erster Instanz vom 22. Juni 1990, Marcopoulos/Gerichtshof, T‑32/89 und T‑39/89, Randnr. 37, und vom 27. Juni 1991, Valverde Mordt/Gerichtshof, T‑156/89, Randnr. 105).

52      Die Anforderungen an die Mitglieder eines Prüfungsausschusses hinsichtlich der Kenntnisse in Bezug auf die Sprache, in der Bewerber eine mündliche Prüfung abzulegen haben, sind je nach der Bedeutung, die der Beherrschung dieser Sprache auf dem zu besetzenden Dienstposten beizumessen ist, und dem Zweck der betreffenden mündlichen Prüfung unterschiedlich. So ist z. B. im Fall eines allgemeinen Auswahlverfahrens zur Einstellung von Verwaltungsräten u. a. im Bereich der europäischen öffentlichen Verwaltung, bei dem in der mündlichen Prüfung nicht die Sprachkenntnisse des Bewerbers in seiner Hauptsprache geprüft werden sollten, sondern seine Fähigkeit, in dieser Sprache in einem multikulturellen Umfeld zu kommunizieren, entschieden worden, dass dem Prüfungsausschuss bei der mündlichen Prüfung nicht unbedingt ein Mitglied oder ein Beisitzer mit der Hauptsprache der Bewerber anzugehören brauchte, da eventuelle Verständigungsprobleme mit Hilfe von Dolmetschern vollständig gelöst werden konnten (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts erster Instanz vom 20. Mai 2003, Diehl‑Leistner/Kommission, T‑80/01, Randnrn. 28 bis 31).

53      Im vorliegenden Fall bestreitet die Kommission nicht, dass der Vorsitzende des Prüfungsausschusses die Kopfhörer während der mündlichen Prüfung nicht benutzt und sich daher der Dolmetscher nicht bedient hat.

54      Der Kläger tut jedoch nicht dar, dass der Prüfungsausschuss aus sprachlichen Gründen zu einer objektiven Beurteilung seiner beruflichen Fähigkeiten nicht in der Lage war.

55      Zunächst beschränkt sich der Kläger ohne Anführung konkreter Tatsachen auf den Vortrag, dass der Vorsitzende des Prüfungsausschusses die deutsche Sprache nicht beherrscht habe und die Kopfhörer hätte benutzen müssen. Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses hat dieser Behauptung jedoch mit einer im Schreiben vom 5. September 2007 abgegebenen ehrenwörtlichen Erklärung, in der er angegeben hat, die deutsche Sprache perfekt zu beherrschen, förmlich widersprochen. Zudem hat die Kommission unwidersprochen vorgetragen, dass Deutsch die Sprache gewesen sei, in der der Vorsitzende des Prüfungsausschusses im Rahmen des Auswahlverfahrens, aufgrund dessen er selbst als Beamter eingestellt worden sei, die Sprachtests absolviert habe, und dass keiner der 94 Bewerber, die Deutsch als Hauptsprache für die mündliche Prüfung gewählt hätten, beanstandet habe, dass der Vorsitzende des Prüfungsausschusses diese Sprache unzureichend beherrsche.

56      Sodann ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger – selbst wenn der Vorsitzende des Prüfungsausschusses nicht in der Lage gewesen wäre, die Antworten, die der Kläger auf Deutsch gegeben hat, zu verstehen – die Fähigkeit der anderen an seiner mündlichen Prüfung beteiligten Mitglieder des Prüfungsausschusses, die Antworten zu verstehen, nicht in Zweifel gezogen hat. Es ist daher davon auszugehen, dass der Prüfungsausschuss jedenfalls nicht aus sprachlichen Gründen daran gehindert war, die mündliche Leistung des Klägers zu beurteilen.

57      Schließlich hat, wie die Kommission unwidersprochen geltend macht, der Vorsitzende des Prüfungsausschusses bei keinem der Bewerber, die für die mündliche Prüfung Deutsch als Hauptsprache gewählt hatten, auf die Simultanübersetzung zurückgegriffen. Selbst wenn erwiesen wäre, dass der Vorsitzende des Prüfungsausschusses diese Sprache nicht beherrschte, wäre der Kläger daher nicht gegenüber den anderen Bewerbern benachteiligt worden, die, wie er, diese Sprache gewählt hatten und sich somit, was die vermuteten fehlenden Deutschkenntnisse des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses betrifft, in derselben Lage befanden.

58      Unter diesen Umständen ist der Klagegrund, der darauf gestützt wird, dass der Vorsitzende des Prüfungsausschusses die deutsche Sprache nicht beherrscht habe und somit nicht in der Lage gewesen sei, die Antworten des Klägers zu verstehen, als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

 Zum Klagegrund, dass die vom Prüfungsausschuss vorgenommene Beurteilung offensichtlich fehlerhaft sei

–       Vorbringen der Parteien

59      Der Kläger trägt vor, dass eine Bewertung seiner Prüfungsleistungen mit weniger als 50 % angesichts der Vielzahl der vollständigen und zweifelsfrei richtigen Antworten, die er in der mündlichen Prüfung gegeben habe, einen offensichtlichen Verstoß gegen die für die Arbeit des Prüfungsausschusses für ein Auswahlverfahren geltenden Regeln und gegen geltende Prüfungsmaßstäbe darstelle.

60      Nach Ansicht der Kommission ist dem Prüfungsausschuss kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen. Der Prüfungsausschuss verfüge über einen weiten Beurteilungsspielraum, der bei mündlichen Prüfungen noch weiter ausgedehnt sei, da der Prüfungsausschuss im Rahmen dieser Prüfungen außer den Antworten der Kandidaten auch deren Erfahrung und Persönlichkeit berücksichtigen könne.

–       Würdigung durch das Gericht

61      Vorab ist der Umfang der Kontrolle zu beachten, die das Gericht in Bezug auf die vom Prüfungsausschuss für ein Auswahlverfahren vorgenommenen Beurteilungen des Werts der Leistungen eines Bewerbers ausübt.

62      Wenn das Gericht mit der Frage der Rechtmäßigkeit einer Entscheidung, einen Bewerber nicht in die Reserveliste aufzunehmen, befasst ist, prüft es, ob die anwendbaren Rechtsvorschriften, d. h. die im Statut und der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens festgelegten Bestimmungen, insbesondere Verfahrensvorschriften, und die für die Arbeiten des Prüfungsausschusses geltenden Regeln, insbesondere die Pflicht des Prüfungsausschusses zur Unparteilichkeit und die von ihm zu beachtende Gleichbehandlung der Bewerber, respektiert wurden (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 5. März 2003, Staelen/Parlament, T‑24/01, Randnrn. 47 bis 52) und kein Ermessensmissbrauch vorliegt (Urteil des Gerichtshofs vom 9. Oktober 1974, Campogrande u. a./Kommission, 112/73, 144/73 und 145/73, Randnrn. 34 bis 53; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 11. Februar 1999, Jiménez/HABM, T‑200/97, Randnrn. 43 bis 57). Das Gericht prüft außerdem, ob der Inhalt einer Prüfung den in der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens angegebenen Rahmen überschreitet oder dem Zweck dieser Prüfung des Auswahlverfahrens nicht angemessen ist (Urteil des Gerichtshofs vom 8. März 1988, Sergio u. a./Kommission, 64/86, 71/86 bis 73/86 und 78/86, Randnr. 22; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 21. Mai 1996, Kaps/Gerichtshof, T‑153/95, Randnr. 37). In bestimmten Fällen, in denen der Prüfungsausschuss über keinen Beurteilungsspielraum verfügt, kann sich die richterliche Kontrolle auch darauf beziehen, ob der Sachverhalt, auf den sich der Prüfungsausschuss bei seiner Entscheidung gestützt hat, zutreffend ist (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 12. März 2008, Giannini/Kommission, T‑100/04, Randnrn. 277 und 278).

63      Dagegen sind die Beurteilungen, die der Prüfungsausschuss für ein Auswahlverfahren bei der Bewertung der Kenntnisse und der Eignung der Bewerber vornimmt, der Kontrolle durch das Gericht entzogen (Urteil Campogrande u. a./Kommission, Randnr. 53; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 26. Januar 2005, Roccato/Kommission, T‑267/03, Randnr. 42; Urteil des Gerichts vom 11. September 2008, Coto Moreno/Kommission, F‑127/07, Randnr. 33). Im Übrigen verfügt nach der Rechtsprechung der Prüfungsausschuss bei mündlichen Prüfungen über den größten Beurteilungsspielraum (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts erster Instanz vom 23. Januar 2003, Angioli/Kommission, T‑53/00, Randnrn. 91, 93 und 94; Urteil des Gerichts vom 5. Mai 2010, Schopphoven/Kommission, F‑48/09, Randnr. 26).

64      Anderes gilt für die Kontrolle der Übereinstimmung der in Punkten ausgedrückten Note mit den ausformulierten Bewertungen des Prüfungsausschusses. Diese Übereinstimmung, die die Gleichbehandlung der Bewerber gewährleistet, ist nämlich eine der für die Arbeit des Prüfungsausschusses geltenden Regeln, deren Einhaltung nach der vorstehend angeführten Rechtsprechung vom Richter zu prüfen ist. Die Übereinstimmung zwischen der in Punkten ausgedrückten Note, die dem Bewerber erteilt wurde, und der ausformulierten Bewertung des Prüfungsausschusses kann vom Gericht zum Gegenstand einer Kontrolle der Beurteilung der Leistungen des Bewerbers durch den Prüfungsausschuss gemacht werden. Deshalb hat das Gericht im Urteil vom 13. Dezember 2007, Van Neyghem/Kommission (F‑73/06, Randnr. 87), geprüft, ob der Prüfungsausschuss in Anbetracht der ausformulierten Beurteilung einer Arbeit auf dem Bewertungsbogen bei der Benotung dieser Arbeit einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hatte.

65      Im vorliegenden Fall macht der Kläger keinen Verstoß gegen eine der für die Arbeit des Prüfungsausschusses geltenden Regeln geltend. Er beschränkt sich auf die Behauptung, dass die Antworten, die er in der mündlichen Prüfung gegeben habe, vom Prüfungsausschuss nicht zutreffend bewertet worden seien. Aus der vorstehend angeführten Rechtsprechung ergibt sich jedoch, dass sich der Kläger beim Gericht nicht mit Erfolg darauf berufen kann, dass die vom Prüfungsausschuss vorgenommene Beurteilung mit einem Fehler – und sei er auch offensichtlich – behaftet sei.

66      Wenn der Kläger auf Grundlage des von ihm angefertigten Gedächtnisprotokolls der mündlichen Prüfung nachzuweisen versucht, dass er bei mehr als der Hälfte der von ihm zu behandelnden Fragen oder Themen richtig oder passend geantwortet habe, stellt er damit lediglich die vom Prüfungsausschuss vorgenommene Beurteilung des Werts seiner mündlichen Leistung in Frage, die, wie soeben ausgeführt, der Kontrolle durch das Gericht entzogen ist.

67      Selbst wenn der Kläger eine offensichtliche Nichtübereinstimmung zwischen den vom Prüfungsausschuss vorgenommenen Bewertungen und der Note, die er erhalten hat, und damit einen Gesichtspunkt rügen würde, der nicht der Kontrolle durch das Gericht entzogen ist, führt er nicht den Beweis, dass diese Nichtübereinstimmung im vorliegenden Fall die Beurteilung durch den Prüfungsausschuss fehlerhaft machen würde. Der Kläger stützt seine Beanstandung nämlich nur auf seine eigene Überzeugung, die meisten Fragen, die ihm der Prüfungsausschuss gestellt hatte, zutreffend beantwortet zu haben, womit sich das Vorliegen eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers nicht nachweisen lässt (vgl. in diesem Sinne Urteil Angioli/Kommission, Randnr. 94).

68      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Klagegrund eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers des Prüfungsausschusses als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen ist.

 Zu den weiteren Anträgen

69      Die Anträge des Klägers, die Kommission zu verpflichten, seine am 29. März 2007 abgelegte mündliche Prüfung neu zu bewerten, erneut über seine Aufnahme in die Reserveliste des Auswahlverfahrens EPSO/AD/26/05 zu entscheiden und diese neuen Maßnahmen zu begründen, sind unzulässig, da das Gericht nicht befugt ist, der Verwaltung Anordnungen zu erteilen. Jedenfalls ist der Aufhebungsantrag abgewiesen worden, und demzufolge sind auch die Verpflichtungsanträge zurückzuweisen.

70      Aus alledem ergibt sich, dass sich die Klage erledigt hat, soweit mit ihr eine unzureichende Begründung der streitigen Entscheidung gerügt wird, und sie im Übrigen als teilweise offensichtlich unbegründet und teilweise offensichtlich unzulässig abzuweisen ist.

 Kosten

71      Das Gericht hat gemäß Art. 115 der Verfahrensordnung im vorliegenden Beschluss über die Kosten des Rechtsstreits vor dem Gericht und über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vor dem Gericht der Europäischen Union zu entscheiden.

72      Nach Art. 122 der Verfahrensordnung finden die Bestimmungen des Achten Kapitels des Zweiten Titels der Verfahrensordnung über die Prozesskosten und Gerichtskosten nur auf die Rechtssachen Anwendung, die ab dem Inkrafttreten dieser Verfahrensordnung, d. h. ab 1. November 2007, beim Gericht anhängig gemacht werden. Die insoweit geltenden Bestimmungen der Verfahrensordnung des Gerichts der Europäischen Union finden weiterhin entsprechende Anwendung auf die Rechtssachen, die beim Gericht vor diesem Zeitpunkt anhängig waren.

73      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts der Europäischen Union ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 88 dieser Verfahrensordnung tragen jedoch in den Streitsachen zwischen der Union und deren Bediensteten die Organe ihre Kosten selbst. Gemäß Art. 148 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichts der Europäischen Union findet der genannte Art. 88 nur dann Anwendung, wenn ein Organ Rechtsmittel einlegt.

74      Im vorliegenden Fall ist in Bezug auf das erste Verfahren vor dem Gericht festzustellen, dass die Kommission, um ihrer Begründungspflicht in vollem Umfang nachzukommen, verpflichtet war, die von ihr vorgelegten Informationen zu vervollständigen, auch ohne durch das Gericht, sei es durch eine prozessleitende Maßnahme oder durch einen Beweisbeschluss, dazu verpflichtet worden zu sein. Die Kommission hat dem Kläger seine Zwischennoten jedoch erst nach dem Urteil des Gerichts mitgeteilt. Das Gericht ist zudem der Auffassung, dass sich die Kommission im vorliegenden Rechtsstreit missbräuchlich darauf berufen hat, dass die Arbeiten des Prüfungsausschusses der Geheimhaltung unterliegen, um bestimmten an sie gerichteten prozessleitenden Maßnahmen nicht nachzukommen. Selbst wenn es nämlich mit der Geheimhaltung der Arbeiten des Prüfungsausschusses gerechtfertigt werden könnte, dass dem Kläger nicht von Anfang alle vom Gericht verlangten Unterlagen übermittelt wurden, konnte dieser Vertraulichkeitsgrundsatz kein rechtliches Hindernis dafür darstellen, dass das Gericht selbst zunächst nach Art. 44 Abs. 2 der Verfahrensordnung prüft, ob sich die Verwaltung zu Recht auf die Vertraulichkeit der betreffenden Unterlagen beruft. Die Kommission kann daher nicht behaupten, dass sie durch den vom Gericht der Europäischen Union beanstandeten Verfahrensfehler des Gerichts daran gehindert worden sei, die erforderlichen zusätzlichen Informationen im Laufe des Verfahrens vorzulegen. Der Kommission sind aus diesen Gründen außer ihren eigenen Kosten zwei Drittel der Kosten aufzuerlegen, die der Kläger für das erste Verfahren vor dem Gericht für den öffentlichen Dienst aufgewandt hat. Der Kläger hat demzufolge ein Drittel seiner eigenen Kosten für dieses erste Verfahren zu tragen.

75      Im Verfahren vor dem Gericht der Europäischen Union ist das Rechtsmittel von der Kommission eingelegt worden, und der Kläger ist unterlegen. Jede Partei hat daher ihre eigenen Kosten für dieses Verfahren zu tragen.

76      Im vorliegenden Verfahren vor dem Gericht hat der Kläger, dem seine Zwischennoten vor der Zurückverweisung der Sache an das Gericht mitgeteilt wurden, seine übrigen Klagegründe aufrechterhalten und eine neue Rüge vorgetragen. Diese Klagegründe sind als offensichtlich unbegründet und die neue Rüge ist als offensichtlich unzulässig zurückgewiesen worden. Nach der Zurückverweisung ist der Kläger im vorliegenden Verfahren unterlegen. Daher sind jeder Partei ihre eigenen Kosten für dieses Verfahren aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
(Erste Kammer)

beschlossen:

1.      Die Klage von Herrn Meierhofer hat sich erledigt, soweit mit ihr eine unzureichende Begründung der Entscheidung vom 19. Juni 2007 gerügt wird.

2.      Im Übrigen wird die Klage von Herrn Meierhofer als teilweise offensichtlich unbegründet und teilweise offensichtlich unzulässig abgewiesen.

3.      Die Kommission trägt zwei Drittel der Kosten des Klägers im ersten Verfahren vor dem Gericht sowie ihre eigenen Kosten im ersten Verfahren vor dem Gericht, im Verfahren vor dem Gericht der Europäischen Union und im vorliegenden Verfahren.

4.      Der Kläger trägt ein Drittel seiner eigenen Kosten im ersten Verfahren vor dem Gericht sowie seine gesamten Kosten im Verfahren vor dem Gericht der Europäischen Union und im vorliegenden Verfahren.

Luxemburg, den 25. Mai 2011

Die Kanzlerin

 

       Der Präsident

W. Hakenberg

 

       S. Gervasoni


* Verfahrenssprache: Deutsch.