Language of document : ECLI:EU:C:2013:162

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

14. März 2013(*)

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Richtlinie 92/12/EWG – Verbrauchsteuern – Tabakwaren, die in einem Mitgliedstaat erworben und in einen anderen Mitgliedstaat befördert werden – Ausschließlich mengenmäßige Beurteilungskriterien – Art. 34 AEUV – Mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen“

In der Rechtssache C‑216/11

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 10. Mai 2011,

Europäische Kommission, vertreten durch W. Mölls und O. Beynet als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Französische Republik, vertreten durch G. de Bergues und N. Rouam als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen sowie der Richter J. Malenovský, U. Lõhmus, M. Safjan und der Richterin A. Prechal (Berichterstatterin),

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 19. Dezember 2012

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass die Französische Republik gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABl. L 76, S. 1, im Folgenden: Richtlinie) und insbesondere deren Art. 8 und 9 sowie aus Art. 34 AEUV verstoßen hat, indem sie für die Beurteilung, ob der Besitz von Tabakwaren mit Herkunft aus einem anderen Mitgliedstaat durch Privatpersonen gewerblicher Natur ist, ein rein mengenmäßiges Kriterium verwendet, dieses Kriterium bezogen auf das individuelle Beförderungsmittel (und nicht personenbezogen) und pauschal auf sämtliche Tabakwaren anwendet und schlicht und einfach die Einfuhr von Tabakwaren mit Herkunft aus einem anderen Mitgliedstaat durch Privatpersonen verhindert, wenn sie die Menge von 2 kg pro individuellem Beförderungsmittel übersteigt.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

2        Art. 8 der Richtlinie bestimmte:

„Für Waren, die Privatpersonen für ihren Eigenbedarf erwerben und die sie selbst befördern, werden die Verbrauchsteuern nach dem Grundsatz des Binnenmarkts im Erwerbsmitgliedstaat erhoben.“

3        Art. 9 der Richtlinie lautete:

„(1)      Unbeschadet der Artikel 6, 7 und 8 entsteht die Verbrauchsteuer, wenn die in einem Mitgliedstaat in den steuerrechtlich freien Verkehr übergeführten Waren zu gewerblichen Zwecken in einem anderen Mitgliedstaat in Besitz gehalten werden.

In diesem Fall wird die Verbrauchsteuer in dem Mitgliedstaat geschuldet, auf dessen Gebiet sich die Waren befinden, und von der Person, in deren Besitz sie sich befinden.

(2)      Bei der Feststellung, ob die in Artikel 8 genannten Waren zu gewerblichen Zwecken bestimmt sind, haben die Mitgliedstaaten unter anderem folgende Kriterien zu berücksichtigen:

–        handelsrechtliche Stellung und Gründe des Besitzers für den Besitz der Waren;

–        Ort, an dem die Waren sich befinden, oder gegebenenfalls verwendete Beförderungsart;

–        Unterlagen über die Waren;

–        Beschaffenheit der Waren;

–        Menge der Waren.

Für die Anwendung des fünften Gedankenstrichs von Unterabsatz 1 können die Mitgliedstaaten Richtmengen festlegen, jedoch nur, um einen Anhaltspunkt zu gewinnen. Diese Richtmengen dürfen folgende Werte nicht unterschreiten:

a)      Tabakwaren

Zigaretten                                          800 Stück

Zigarillos (Zigarren mit einem                               Höchstgewicht von 3 g/Stück)                        400 Stück

Zigarren                                                200 Stück

Rauchtabak                                          1,0 kg

…“

 Französische Regelung

4        Art. 302 D des Code général des impôts (Allgemeines Steuergesetzbuch) in der Fassung, die in Kraft war, als die Frist ablief, die in der am 23. November 2009 an die Französische Republik gerichteten mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt worden war (im Folgenden: CGI), sah vor:

„I.-1. Die Steuer entsteht

4.      unbeschadet von … Art. 575 G und 575 H bei der Feststellung des Besitzes von Alkohol, alkoholischen Getränken oder Tabakwaren zu gewerblichen Zwecken in Frankreich, für die der Besitzer nicht durch Vorlage eines Begleitdokuments, einer Rechnung oder eines Kassenbons nachweisen kann, dass sie im Verfahren der Steueraussetzung befördert werden oder die Steuer in Frankreich entrichtet worden ist …

Um festzustellen, ob diese Waren in Frankreich zu gewerblichen Zwecken besessen werden, berücksichtigt die Verwaltung folgende Kriterien:

a.      die berufliche Tätigkeit des Besitzers der Waren;

b.      den Ort, an dem die Waren sich befinden, die verwendete Beförderungsart oder die Unterlagen über die Waren;

c.      die Beschaffenheit der Waren;

d.      die Menge der Waren, insbesondere wenn sie die in Art. 9 [Abs.] 2 der Richtlinie 92/12 … festgelegten Richtmengen überschreitet …“

5        Art. 575 G des CGI lautete:

„Nach ihrem Verkauf im Einzelhandel dürfen Tabakwaren ohne das in Art. 302 M II erwähnte Dokument nicht befördert werden, wenn ihre Menge 1 kg übersteigt.“

6        Art. 575 H des CGI bestimmte:

„Mit Ausnahme der Lieferanten in den Lagern, der Inhaber in den Verkaufsstellen, der in Art. 565 Nr. 3 bezeichneten Personen, der in Art. 568 Abs. 4 erwähnten Käufer‑Wiederverkäufer oder – in den durch Erlass des für den Haushalt zuständigen Ministers festgelegten Mengen – der in Art. 568 Abs. 1 erwähnten Wiederverkäufer darf niemand in Lagern, Geschäftsräumen oder an Bord von Beförderungsmitteln mehr als 2 kg Tabakwaren besitzen.“

 Französische Verwaltungspraxis

7        Bei Ablauf der Frist, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 23. November 2009 gesetzt worden war, hieß es auf der Website der Generaldirektion für Zölle und indirekte Steuern des Finanzministeriums:

„Allgemeines

Bei Reisen innerhalb der Europäischen Union brauchen Sie, wenn Sie Waren nur für den persönlichen Gebrauch erwerben, bei Ihrer Ausreise aus oder Rückkehr nach Frankreich weder eine Erklärung auszufüllen noch Zölle und Abgaben zu entrichten.

… Für den Fall, dass Sie … Tabakwaren kaufen, sind im Gemeinschaftsrecht Richtmengen für den Erwerb durch Privatpersonen vorgesehen.

Bei Überschreitung der nachfolgend wiedergegebenen Mengen für Tabakwaren … und anhand anderer Kriterien kann Ihr Erwerb von den französischen Zolldienststellen als gewerblich eingestuft werden. Sie müssen dann für jede dieser Waren die in Frankreich geltenden Zölle und Abgaben zahlen. Diese Mengen gelten auch bei Ihrer Ausreise aus Frankreich in einen anderen Staat der Europäischen Union.

Tabakwaren

Gemäß den Art. 575 G und 575 H [CGI] … gelten ab 1. Januar 2006 für den Erwerb von Tabakwaren durch Privatpersonen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, ausgenommen die zehn neuen Mitgliedstaaten, folgende Bestimmungen:

–       Sie dürfen 5 Stangen Zigaretten (d. h. 1 kg Tabak) mit sich führen, ohne einen Beförderungstitel zu besitzen.

Achtung: Diese Menge versteht sich pro individuelles Beförderungsmittel oder pro Person über 17 Jahre bei Nutzung eines kollektiven Beförderungsmittels (mit mehr als neun beförderten Personen, einschließlich Fahrer).

–       Bei 6 bis 10 Stangen müssen Sie ein vereinfachtes Begleitdokument (DSA) vorlegen. Ohne DSA werden bei einer Kontrolle des Reisenden die Tabakwaren beschlagnahmt und eine Strafe gegen ihn verhängt. Der Betreffende kann auf die Waren verzichten. In diesem Fall wird keine Strafe gegen ihn verhängt.

Um dieses Dokument zu erhalten, genügt es, sich in die erste französische Zollstelle nach der Grenze zu begeben.

–      Die Einfuhr von mehr als 10 Stangen Zigaretten (oder 2 kg Tabak) ist in jedem Fall verboten. Bei einer Kontrolle werden die oben angeführten Sanktionen (Beschlagnahme der Tabakwaren und Strafe) verhängt.

Für kollektive Beförderungsmittel (Flugzeug, Schiff, Bus, Zug) gelten diese Bestimmungen pro Passagier.“

 Vorverfahren

8        Da die Kommission der Ansicht war, dass die französischen Rechtsvorschriften und die französische Verwaltungspraxis bei der Einfuhr von Tabak durch Privatpersonen gegen die Richtlinie, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und Art. 28 EG verstießen, richtete sie am 23. Oktober 2007 ein Mahnschreiben an die Französische Republik, das diese mit Schreiben vom 18. Januar 2008 beantwortete.

9        Am 23. November 2009 gab die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, mit der sie die Französische Republik aufforderte, die Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich seien, um dieser Stellungnahme binnen zwei Monaten nach ihrem Empfang nachzukommen. Dieser Mitgliedstaat antwortete darauf mit Schreiben vom 22. Januar 2010.

10      Da die Erklärungen der Französischen Republik die Kommission nicht zufriedenstellten, hat sie beschlossen, die vorliegende Klage zu erheben.

 Zur Klage

 Zur ersten Rüge: Verstoß gegen die Art. 8 und 9 der Richtlinie

11      Die Kommission macht geltend, dass die französische Regelung und die französische Verwaltungspraxis gegen die Richtlinie, insbesondere deren Art. 8 und 9, verstießen, da die Kriterien für die Beurteilung, ob der Besitz der Tabakwaren gewerblichen Zwecken diene, rein mengenmäßige Kriterien seien, die in den Art. 575 G und 575 H des CGI vorgesehenen Schwellenwerte pauschal für sämtliche mitgeführten Tabakwaren gälten, diese Schwellenwerte bei der Beförderung mit einem individuellen Beförderungsmittel beförderungsmittelbezogen und nicht personenbezogen gälten und die für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die letztgenannten Artikel vorgesehenen Sanktionen besonders streng seien.

12      Die Französische Republik trägt vorab vor, dass die Art. 575 G und 575 H des CGI nur den Besitz von Tabak und nicht die Modalitäten und Voraussetzungen für die Erhebung der Verbrauchsteuern regelten. Diese Bestimmungen würden daher nicht vom Anwendungsbereich der Art. 8 und 9 der Richtlinie erfasst. Jedenfalls verstießen die französische Regelung und die französische Verwaltungspraxis nicht gegen die Richtlinie, und die vorgesehenen Sanktionen seien verhältnismäßig.

13      Es ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie bezweckt, in bestimmtem Umfang den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren zu regeln, und zwar insbesondere um zu gewährleisten, dass der Verbrauchsteueranspruch in allen Mitgliedstaaten unter gleichen Umständen gegeben ist (Urteil vom 23. November 2006, Joustra, C‑5/05, Slg. 2006, I‑11075, Randnr. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

14      Zu diesem Zweck trifft die Richtlinie eine Unterscheidung zwischen zu gewerblichen Zwecken in Besitz gehaltenen Waren einerseits und zu persönlichen Zwecken in Besitz gehaltenen Waren andererseits (Urteil Joustra, Randnr. 28).

15      Art. 8 der Richtlinie sieht für die Waren, deren Besitz persönlichen Zwecken dient, vor, dass die Verbrauchsteuern in dem Mitgliedstaat geschuldet werden, in dem die Waren erworben wurden (Urteil Joustra, Randnr. 31). Dagegen sieht Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie für die Waren, deren Besitz gewerblichen Zwecken dient, im Wesentlichen vor, dass die Verbrauchsteuer in dem Mitgliedstaat entsteht, in dem diese Waren in Besitz gehalten werden.

16      Für die Feststellung, ob Waren zu gewerblichen Zwecken in Besitz gehalten werden, führt Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie eine Reihe von Kriterien auf. Insbesondere haben, wie aus dem Wortlaut von Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie hervorgeht, die Mitgliedstaaten bei der Feststellung, ob Waren zu gewerblichen Zwecken in Besitz gehalten werden, u. a. mehrere Elemente zu berücksichtigen, wobei die Menge der in Besitz gehaltenen Waren nur ein unter mehreren anderen angeführtes Element ist. Zudem sieht Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie in Bezug hierauf vor, dass die Mitgliedstaaten Richtmengen nur, um einen Anhaltspunkt zu gewinnen, festlegen können.

17      Daraus folgt, dass Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie, wie der Generalanwalt in den Nrn. 20 und 21 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, den Mitgliedstaaten nicht gestattet, sich bei der Feststellung, dass Waren zu gewerblichen Zwecken in Besitz gehalten werden, ausschließlich auf einen rein mengenmäßigen Schwellenwert für die in Besitz gehaltenen Waren zu stützen.

18      In Bezug auf die streitige Regelung gilt zwar, wie die Französische Republik ausführt, dass Art. 302 D des CGI als solcher keinen derartigen, rein mengenmäßigen Schwellenwert für die Feststellung vorsieht, dass Waren zu gewerblichen Zwecken in Besitz gehalten werden.

19      Da es in diesem Artikel jedoch heißt, dass er „unbeschadet von … den Art. 575 G und 575 H [des CGI]“ gilt, werden die in diesen beiden Artikeln vorgesehenen Werte in Wirklichkeit zu den einzigen maßgeblichen Elementen für die Feststellung, ob Waren zu gewerblichen Zwecken in Besitz gehalten werden, wie die französische Verwaltungspraxis bestätigt. Die Französische Republik bestreitet nicht, dass diese Werte rein mengenmäßigen Charakter haben.

20      Die Französische Republik macht außerdem geltend, dass ihre Regelung und ihre Verwaltungspraxis nicht gegen Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie verstießen, da die erwähnten Werte pauschal für sämtliche in Besitz gehaltenen Tabakwaren gälten und die Tabakmengen bei der Beförderung mit individuellen Beförderungsmitteln beförderungsmittel- und nicht personenbezogen beurteilt würden.

21      Hierzu ist festzustellen, dass die Mitgliedstaaten, wie aus Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie hervorgeht, zwar beschließen, Schwellenwerte festzulegen, die nach dem Wortlaut dieser Bestimmung hinsichtlich der in Besitz gehaltenen Tabakwarenmenge nur Anhaltspunkte für die Feststellung sein können, ob ihr Besitz als gewerblich einzustufen ist; die Mitgliedstaaten müssen allerdings bestimmte Mindestwerte beachten.

22      Zum einen ermächtigt die Richtlinie durch die ausdrückliche Festsetzung von Mindestwerten für mehrere unterschiedliche Kategorien von Tabakwaren die Mitgliedstaaten zur Festlegung von Schwellenwerten nach dem Gewicht der im Besitz gehaltenen Tabakwaren für sämtliche Erzeugnisse nur unter der Voraussetzung, dass diese Mindestwerte sämtlich beachtet werden. Die Französische Republik macht nicht geltend, dass diese Voraussetzung bei den in den Art. 575 G und 575 H des CGI vorgesehenen Schwellenwerten erfüllt sei.

23      Da zum anderen mit Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie bezweckt wird, die Voraussetzungen klarzustellen, unter denen die Verbrauchsteuer vom Besitzer der Waren im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie geschuldet wird, ist davon auszugehen, dass die in Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie vorgesehenen Mindestrichtmengen auf den genannten Besitzer abstellen und somit personenbezogen gelten.

24      Aus alledem ergibt sich, dass die französische Regelung und die französische Verwaltungspraxis gegen Art. 9 der Richtlinie und infolgedessen ebenfalls gegen deren Art. 8 verstoßen, indem für die Feststellung, ob Tabakwaren zu gewerblichen Zwecken in Besitz gehalten werden, rein mengenmäßige Schwellenwerte vorgesehen werden, die pauschal auf sämtliche dieser Waren angewandt und die bei der Beförderung mit einem individuellen Beförderungsmittel beförderungsmittelbezogen und nicht personenbezogen beurteilt werden, und indem außerdem die Überschreitung dieser Schwellenwerte mit Sanktionen bewehrt ist.

25      Die erste Rüge der Kommission ist daher begründet.

 Zur zweiten Rüge: Verstoß gegen Art. 34 AEUV

26      Die Kommission trägt vor, dass Art. 575 H des CGI auch gegen Art. 34 AEUV verstoße. Diese nationale Bestimmung verhindere nämlich bei Mengen von mehr als 2 kg pro individuelles Beförderungsmittel schlicht und einfach die Einfuhr von Tabakwaren aus einem anderen Mitgliedstaat nach Frankreich durch Privatpersonen, selbst wenn diese Mengen dem Eigenbedarf der Privatperson dienten.

27      Hierzu ist daran zu erinnern, dass eine nationale Maßnahme in einem Bereich, der auf Gemeinschaftsebene abschließend harmonisiert wurde, anhand der Bestimmungen dieser Harmonisierungsmaßnahme und nicht der des Primärrechts zu beurteilen ist (Urteil vom 14. Dezember 2004, Kommission/Deutschland, C‑463/01, Slg. 2004, I‑11705, Randnr. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      Im vorliegenden Fall steht, wie aus Randnr. 24 dieses Urteils hervorgeht, fest, dass Art. 575 H des CGI eine Maßnahme beeinträchtigt, mit der abschließend harmonisiert wird, wie die Mitgliedstaaten die Menge mitgeführter Tabakwaren für die Einstufung von deren Besitz als gewerblich berücksichtigen können.

29      Da sich die Kommission darauf beschränkt, mit ihrer zweiten Rüge die Beurteilung einer nationalen Maßnahme anhand der Bestimmungen des Primärrechts zu begehren, die anhand der Bestimmungen dieser Harmonisierungsmaßnahme zu beurteilen ist, ist diese Rüge zurückzuweisen.

30      Infolgedessen ist festzustellen, dass die Französische Republik gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie und insbesondere aus deren Art. 8 und 9 verstoßen hat, indem sie für die Beurteilung, ob der Besitz von Tabakwaren mit Herkunft aus einem anderen Mitgliedstaat durch Privatpersonen gewerblicher Natur ist, ein rein mengenmäßiges Kriterium verwendet und dieses Kriterium bezogen auf das individuelle Beförderungsmittel (und nicht personenbezogen) und pauschal auf sämtliche Tabakwaren anwendet.

 Kosten

31      Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 138 Abs. 3 der Verfahrensordnung trägt jedoch jede Partei grundsätzlich ihre eigenen Kosten, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Da die Kommission und die Französische Republik mit ihrem Vorbringen teils obsiegt haben und teils unterlegen sind, ist zu entscheiden, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Französische Republik hat gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren und insbesondere aus deren Art. 8 und 9 verstoßen, indem sie für die Beurteilung, ob der Besitz von Tabakwaren mit Herkunft aus einem anderen Mitgliedstaat durch Privatpersonen gewerblicher Natur ist, ein rein mengenmäßiges Kriterium verwendet und dieses Kriterium bezogen auf das individuelle Beförderungsmittel (und nicht personenbezogen) und pauschal auf sämtliche Tabakwaren anwendet.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Die Europäische Kommission und die Französische Republik tragen ihre eigenen Kosten.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Französisch.