Language of document : ECLI:EU:C:2012:800

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

Juliane Kokott

vom 13. Dezember 2012(1)

Rechtssache C‑439/11 P

Ziegler SA

gegen

Europäische Kommission

„Rechtsmittel – Wettbewerb – Kartelle – Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 Abs. 1 EWR – Rechtswirkungen von Leitlinien der Kommission – Spürbare Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten – Festsetzung von Geldbußen – Effektiver gerichtlicher Rechtsschutz – Recht auf ein faires Verfahren – Objektive Unparteilichkeit der Kommission – Grundsatz der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung – ‚Umzugskartell‘ – Belgischer Markt für internationale Umzugsdienste“





I –    Einleitung

1.        Der vorliegende Fall bietet dem Gerichtshof die Gelegenheit, seine Rechtsprechung zu den Rechtswirkungen der Leitlinien zu verfeinern, die von der Europäischen Kommission in ihrer Eigenschaft als EU-Wettbewerbsbehörde in großer Zahl herausgebracht werden. Im Mittelpunkt des Interesses stehen dabei die „Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels“ aus dem Jahr 2004(2) sowie die 2006 veröffentlichten „Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen“(3).

2.        Außerdem werden einige immer wieder diskutierte Grundrechtsprobleme im Zusammenhang mit der Durchführung von kartellrechtlichen Bußgeldverfahren durch die Kommission aufgeworfen. Dabei geht es zum einen um die Berechnung der Geldbuße und zum anderen um die Problematik der objektiven Unparteilichkeit der Kommission in ihrer Eigenschaft als Ermittlungs- und Entscheidungsbehörde.

3.        Diese Rechtsfragen stellen sich im Zusammenhang mit dem „Umzugskartell“, das die Kommission auf dem belgischen Markt für internationale Umzugsdienste vor einigen Jahren aufgedeckt und am 11. März 2008 zum Gegenstand einer Bußgeldentscheidung gemacht hat (im Folgenden auch: streitige Entscheidung)(4). Neben neun anderen Unternehmen bzw. Unternehmensgruppen legte die Kommission der Firma Ziegler SA (im Folgenden: Ziegler oder Rechtsmittelführerin) eine Beteiligung am Umzugskartell zur Last und belegte sie mit einer Geldbuße.

4.        Nachdem ihre erstinstanzliche Nichtigkeitsklage gegen jene Entscheidung vom Gericht mit Urteil vom 16. Juni 2011(5) (im Folgenden auch: Urteil des Gerichts oder angefochtenes Urteil) abgewiesen wurde, legte Ziegler das vorliegende Rechtsmittel zum Gerichtshof ein. Interessanterweise ist aber auch die Kommission mit zentralen Passagen der Begründung des angefochtenen Urteils nicht einverstanden und beantragt, der Gerichtshof möge jenes Urteil mit anderen Gründen aufrechterhalten. Ob und inwieweit im Rechtsmittelverfahren eine solche Ersetzung von Urteilsgründen („substitution de motifs“) zulässig ist, wird somit ebenfalls Gegenstand der Erörterungen im vorliegenden Fall sein müssen.

5.        Mit einer Reihe weiterer Rechtsfragen wird sich der Gerichtshof demnächst in den übrigen noch anhängigen Rechtsmittelverfahren zum Umzugskartell zu befassen haben(6).

II – Hintergrund des Rechtsstreits

6.        Ziegler ist ein Familienunternehmen mit Sitz in Brüssel (Belgien), das natürlichen Personen, die allesamt Nachkommen der Unternehmensgründer sind, sowie zwei Holdinggesellschaften gehört, welche ebenfalls Verbindungen zur Familie Ziegler haben(7). Einen bedeutenden Teil der Tätigkeit von Ziegler machen Umzugsdienstleistungen aus, die bis Dezember 2003 durch eine Abteilung des Unternehmens und seit Dezember 2003 durch eine gesonderte, zur Ziegler-Gruppe gehörende Gesellschaft namens Ziegler Relocation SA (ehemals Euro Time) erbracht werden(8).

7.        Auf dem Markt für internationale Umzugsdienste in Belgien bestand nach den Ergebnissen der Ermittlungen der Kommission von 1984 bis 2003 ein Kartell, an dem sich zehn Umzugsunternehmen(9) in unterschiedlichen Zeiträumen(10) und in unterschiedlichem Ausmaß beteiligten.

8.        In der streitigen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass es sich bei dem besagten Kartell um ein Gesamtkartell in Form einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung handelte(11), die auf insgesamt drei Arten von Vereinbarungen beruhte(12):

–        Preisvereinbarungen, in denen die beteiligten Umzugsunternehmen Absprachen über die Entgelte für ihre Leistungen gegenüber den Kunden trafen;

–        Vereinbarungen über ein System von Abstandszahlungen für abgelehnte oder unterlassene Angebote (Provisionen); dadurch sollten die Wettbewerber des Unternehmens, das den Auftrag für einen internationalen Umzug erhielt, gewissermaßen eine finanzielle Entschädigung erhalten, gleichviel, ob sie selbst ebenfalls ein Angebot für den Auftrag abgegeben hatten oder nicht; die besagten Provisionen flossen von den Kunden unbemerkt in den Endpreis der jeweiligen Umzugsdienstleistungen ein;

–        Vereinbarungen über die Marktaufteilung mittels eines Systems fiktiver Kostenvoranschläge (Schutzangebote), die ein Umzugsunternehmen einem Kunden oder dem Umziehenden vorlegte, ohne die Absicht zu haben, den Umzug durchzuführen; zu diesem Zweck teilte jeweils ein Unternehmen seinen Wettbewerbern den Preis, den Versicherungstarif und die Einlagerungskosten mit, die sie für die fiktive Leistung berechnen sollten.

9.        Während die Vereinbarungen über Provisionen und Schutzangebote für die gesamte Dauer des Kartells (von 1984 bis 2003) Anwendung fanden, konnte die Umsetzung der Preisvereinbarungen nicht über den Monat Mai 1990 hinaus nachgewiesen werden(13).

10.      Aus dem von ihr festgestellten Sachverhalt folgerte die Kommission in der streitigen Entscheidung, dass die beteiligten Unternehmen gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 Abs. 1 EWR verstoßen hätten, indem sie während unterschiedlicher Zeiträume „unmittelbar und mittelbar Preise für Auslandsumzüge von und nach Belgien festsetzten, den Markt teilweise untereinander aufteilten und das Verfahren zur Einreichung von Angeboten manipulierten“(14).

11.      Die streitige Entscheidung wurde insgesamt 31 juristischen Personen zugestellt, denen die Kommission überdies teils einzeln, teils gesamtschuldnerisch Geldbußen in unterschiedlicher Höhe(15) für die Zuwiderhandlung auferlegte. Für die Berechnung der Höhe der Geldbußen bediente sich die Kommission in der streitigen Entscheidung der Methode, die in ihren Bußgeldleitlinien von 2006 dargestellt ist.

12.      Nach den Feststellungen der Kommission in Art. 1 Buchst. j der streitigen Entscheidung war Ziegler im Zeitraum vom 4. Oktober 1984 bis zum 8. September 2003 an dem Gesamtkartell beteiligt, d. h. während seiner gesamten Lebensdauer. Dafür wurde dem Unternehmen gemäß Art. 2 Buchst. l der streitigen Entscheidung eine Geldbuße in Höhe von 9,2 Mio. Euro auferlegt, ohne Anordnung einer gesamtschuldnerischen Haftung.

13.      Gegen die streitige Entscheidung suchten mehrere ihrer Adressaten in erster Instanz vor dem Gericht im Wege von Nichtigkeitsklagen Rechtsschutz(16).

14.      Die von Ziegler am 3. Juni 2008 erhobene Klage hat das Gericht am 16. Juni 2011 mit dem angefochtenen Urteil kostenpflichtig abgewiesen(17).

III – Verfahren vor dem Gerichtshof

15.      Mit Schriftsatz vom 25. August 2011 legte Ziegler das vorliegende Rechtsmittel ein. Darin ersucht sie den Gerichtshof,

–        ihr Rechtsmittel für zulässig und begründet zu erklären;

–        das Urteil des Gerichts aufzuheben und den diesem zugrunde liegenden Rechtsstreit selbst zu entscheiden;

–        ihren im ersten Rechtszug gestellten Anträgen stattzugeben und daher die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären, hilfsweise, die ihr in dieser Entscheidung auferlegte Geldbuße für nichtig zu erklären, oder äußerst hilfsweise, die Geldbuße erheblich herabzusetzen;

–        der Kommission die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.

16.      Die Kommission beantragt ihrerseits,

–        das Rechtsmittel unter Ersetzung bestimmter Entscheidungsgründe des Gerichts zurückzuweisen,

–        hilfsweise, die Nichtigkeitsklage abzuweisen und

–        die Rechtsmittelführerin zur Kostentragung zu verurteilen.

17.      Vor dem Gerichtshof wurde über das Rechtsmittel schriftlich und, am 24. Oktober 2012, mündlich verhandelt.

IV – Würdigung

18.      Das Rechtsmittel von Ziegler stützt sich auf vier Rechtsmittelgründe, die sich mit diversen Rechtsfragen rund um die spürbare Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten, die Berechnung der Bußgeldhöhe und das Gebot der Unparteilichkeit der Kommission befassen.

A –    Vorfragen

19.      Vor einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den von Ziegler geltend gemachten Rechtsmittelgründen sind zwei Vorfragen zu erörtern, von denen die eine die Zulässigkeit von Teilen des Vorbringens der Kommission und die andere die Zulässigkeit bestimmter Aspekte des Vorbringens von Ziegler betrifft.

1.      Zur Zulässigkeit des Ersuchens der Kommission um Ersetzung bestimmter Urteilsgründe

20.      Im Rahmen des ersten und zweiten Rechtsmittelgrundes ersucht die Kommission den Gerichtshof, unter Aufrechterhaltung des angefochtenen Urteils einige der vom Gericht angeführten Entscheidungsgründe durch andere zu ersetzen (Französisch: „substitution de motifs“). Insbesondere ist die Kommission im Rahmen des ersten Rechtsmittelgrundes der Meinung, dass die vom Gericht angenommene Pflicht zur Marktdefinition nicht bestehe. Im Rahmen des zweiten Rechtsmittelgrundes bestreitet sie u. a., dass die Bußgeldleitlinien von 2006 zu einer allgemeinen Verschärfung der Anforderungen an die Begründung von Bußgeldentscheidungen geführt haben.

21.      Ziegler hält dieses Ersuchen für unzulässig, weil das Vorbringen der Kommission ungenau sei und es ihr außerdem am Rechtsschutzinteresse fehle.

22.      Zum ersten Einwand von Ziegler genügt der Hinweis, dass sich aus der Rechtsmittelbeantwortung mit hinreichender Genauigkeit ergibt, welche Elemente der Begründung des angefochtenen Urteils die Kommission ersetzt sehen möchte und welche Begründung sie statt der vom Gericht gewählten für die zutreffende hielte. Eines konkreten Formulierungsvorschlags seitens der Kommission bedurfte es dazu entgegen der Auffassung von Ziegler nicht.

23.      Zum zweiten Einwand ist anzumerken, dass der Gerichtshof in der Tat bereits bestimmte Anträge der Kommission auf Ersetzung von Urteilsgründen mangels eines hinreichenden Rechtsschutzinteresses für unzulässig erachtet hat(18). Das Erfordernis des Rechtsschutzinteresses, das in diesem Zusammenhang sowohl für privilegierte als auch für nicht privilegierte Rechtsmittelführer gilt(19), verlangt, dass das Rechtsmittel der Partei, die es eingelegt hat, im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann(20).

24.      Diese Rechtsprechung zur Unzulässigkeit von Anträgen auf Ersetzung von Urteilsgründen betrifft jedoch nur Fälle, in denen die Kommission entweder selbst ein Rechtsmittel oder Anschlussrechtsmittel einlegt(21) oder in denen sie den Gerichtshof zur Korrektur vermeintlicher Rechtsfehler in der Begründung des Gerichts ersucht, obwohl diese gar nicht Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens sind(22).

25.      Anders verhält es sich im vorliegenden Kontext: Die Kommission hat kein (Anschluss‑)Rechtsmittel eingelegt und ist in ihrem schriftlichen und mündlichen Vorbringen vor dem Gerichtshof – von einer noch zu erwähnenden Ausnahme abgesehen(23) – auch nicht über den Gegenstand des von Ziegler eingelegten Rechtsmittels hinausgegangen. Vielmehr hat sich die Kommission im Wesentlichen darauf beschränkt, das Urteil des Gerichts speziell gegen die von Ziegler gerügten Rechtsfehler zu verteidigen. Im Rahmen dieses Streitgegenstands hat sie eine Ersetzung von Urteilsgründen unter Aufrechterhaltung des Tenors angeregt.

26.      Unter derartigen Umständen ist die Ersetzung von Urteilsgründen im Rechtsmittelverfahren nach ständiger Rechtsprechung zulässig(24), gleichviel, ob sie der Gerichtshof aus eigener Initiative vornimmt oder ob er dabei dem „Antrag“ oder der „Anregung“ eines der Verfahrensbeteiligten folgt. Der Gerichtshof kann nicht verpflichtet sein, allein die Argumente zu berücksichtigen, auf welche die Rechtsmittelführerin ihr Vorbringen stützt, da er ansonsten seine Entscheidung gegebenenfalls auf unzutreffende rechtliche Erwägungen stützen müsste(25). Durch die Ersetzung einer rechtlich unzutreffenden Begründung des angefochtenen Urteils kann der Gerichtshof in verfahrensökonomischer Art und Weise seinem Auftrag gerecht werden, die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge zu sichern (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EUV).

27.      Einer abweichenden Beurteilung bedürfen allein die Ausführungen der Kommission zum Schwellenwert von 40 Millionen Euro. Denn die Passage des angefochtenen Urteils, in der sich das Gericht mit dieser Thematik befasst(26), ist im Rechtsmittelverfahren nicht Gegenstand irgendwelcher Angriffsmittel von Ziegler(27). Dementsprechend kann auch die Kommission keine Ersetzung von Urteilsgründen in jener Urteilspassage anregen.

28.      Von dieser Ausnahme abgesehen sind aber die Anträge der Kommission auf Ersetzung von Urteilsgründen zulässig. Zu ihrer Begründetheit äußere ich mich an geeigneter Stelle im Rahmen der Prüfung der jeweiligen Rechtsmittelgründe von Ziegler.

29.      Sollten tatsächlich einzelne Passagen der Begründung des angefochtenen Urteils zu ersetzen sein, so führt dies entgegen der Auffassung der Kommission nicht zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels, sondern zu seiner Unbegründetheit(28), weil insoweit die von Ziegler gegen das angefochtene Urteil geführten Angriffe ins Leere gehen, d. h., wirkungslos (Französisch: „inopérant“) werden(29).

2.      Zum Vorwurf der Kommission, Ziegler habe im Verwaltungsverfahren das Vorliegen einer spürbaren Handelsbeeinträchtigung nicht in Zweifel gezogen

30.      An mehreren Stellen in ihren Schriftsätzen betont die Kommission, Ziegler habe im Verwaltungsverfahren das Vorliegen einer spürbaren Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten nicht in Frage gestellt, sondern eine entsprechende Rüge erst im Gerichtsverfahren erhoben.

31.      Aus prozessökonomischer Sicht ist eine solche Vorgehensweise ohne jeden Zweifel höchst bedauerlich. Rechtlich ist sie jedoch nicht zu beanstanden. Es besteht nämlich keine unionsrechtliche Rechtsvorschrift, die zu einer Verwirkung aller im kartellrechtlichen Verwaltungsverfahren nicht geltend gemachten Rügen führen würde(30). Dementsprechend ist das Vorbringen von Ziegler zur spürbaren Handelsbeeinträchtigung zulässig.

B –    Inhaltliche Würdigung des Rechtsmittels

32.      Die streitige Entscheidung ist vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon ergangen. Deshalb sind für ihre rechtliche Beurteilung noch die Bestimmungen der europäischen Verträge in der Fassung des Vertrags von Nizza maßgebend, namentlich das in Art. 81 Abs. 1 EG enthaltene Kartellverbot und die Begründungspflicht gemäß Art. 253 EG. Die folgenden Ausführungen lassen sich jedoch ohne Weiteres auf Art. 101 Abs. 1 AEUV und Art. 296 Abs. 2 AEUV übertragen.

1.      Zur spürbaren Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten (erster Rechtsmittelgrund)

33.      Der erste Rechtsmittelgrund von Ziegler betrifft die Randnrn. 64 bis 74 des angefochtenen Urteils, in denen sich das Gericht mit der Frage auseinandersetzt, ob das Umzugskartell den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen konnte.

34.      Art. 81 Abs. 1 EG verbietet nämlich wettbewerbswidrige Vereinbarungen zwischen Unternehmen nur, wenn sie „den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind“. Diese sogenannte Zwischenstaatlichkeitsklausel dient der Abgrenzung der Anwendungsbereiche des nationalen Wettbewerbsrechts und des Wettbewerbsrechts der Union(31).

35.      Nach ständiger Rechtsprechung dürfen die tatsächlichen oder potenziellen Auswirkungen einer Vereinbarung auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten „nicht nur geringfügig“ („nicht unbedeutend“) sein(32), d. h., eine etwaige Handelsbeeinträchtigung muss „spürbar“ sein(33).

36.      In ihren Leitlinien von 2004 hat die Kommission in Anlehnung an die Rechtsprechung der Unionsgerichte bestimmte Kriterien dargelegt, nach denen sich beurteilen lässt, ob eine Unternehmensvereinbarung geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen. Zu diesen Kriterien gehört nicht zuletzt ein Schwellenwert von 5 % für den gemeinsamen Marktanteil der Parteien einer Unternehmensvereinbarung auf den von dieser Vereinbarung betroffenen Märkten(34) (im Folgenden auch: „5%-Kriterium“).

37.      Bei der Auslegung und Anwendung eben dieses 5%-Kriteriums sollen dem Gericht nach Auffassung von Ziegler diverse Fehler unterlaufen sein.

a)      Zur Notwendigkeit, bei Rückgriff auf das 5%-Kriterium vorab den relevanten Markt abzugrenzen (erster Teil des ersten Rechtsmittelgrundes)

38.      In erster Linie erhebt die Rechtsmittelführerin im Rahmen des ersten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes den Vorwurf, das Gericht habe die Kommission zu Unrecht vom Erfordernis der Marktabgrenzung im Hinblick auf das 5%-Kriterium „befreit“.

39.      Hintergrund dieser Rüge sind die Ausführungen des Gerichts in den Randnrn. 66 bis 72 des angefochtenen Urteils. Dort geht das Gericht zunächst von der Überlegung aus, dass die Berechnung eines Marktanteils denknotwendig die Abgrenzung dieses Marktes voraussetzt und dass die Kommission sich in Ziff. 55 ihrer Leitlinien von 2004 mit Blick auf das 5%-Kriterium genau zu einer solchen Marktabgrenzung verpflichtet habe(35). Sodann stellt das Gericht fest, dass die Kommission eben dieser Pflicht nicht nachgekommen sei, weil sie keine Marktabgrenzung vorgenommen habe(36). Gleichwohl hat aber die Kommission nach Auffassung des Gerichts unter den Umständen des vorliegenden Falles „rechtlich hinreichend dargetan“(37), dass der Schwellenwert von 5 % überschritten war. Ausschlaggebend für diese Schlussfolgerung des Gerichts war seine Einschätzung, dass die Kommission „den relevanten Sektor einschließlich des Angebots, der Nachfrage und der geografischen Reichweite hinreichend detailliert beschrieben“ habe(38). Deshalb habe sich die Kommission „ausnahmsweise“ auf das 5%-Kriterium stützen dürfen, ohne ausdrücklich eine Marktabgrenzung im Sinne ihrer Leitlinien von 2004 vornehmen zu müssen(39).

40.      Ziegler macht geltend, das angefochtene Urteil sei in diesem Punkt nicht hinreichend begründet, jedenfalls seien aber die Urteilsgründe widersprüchlich und inhaltlich unzutreffend.

41.      Im Folgenden wende ich mich zunächst der Rüge des Begründungsmangels zu (vgl. sogleich, Abschnitt i.), bevor ich auf die rechtlichen Anforderungen an eine Marktabgrenzung im Zusammenhang mit dem 5%-Kriterium eingehe (vgl. unten, Abschnitt ii.) und mich kurz mit den von Ziegler behaupteten inhaltlichen Mängeln bei der Marktabgrenzung auseinandersetze (vgl. unten, Abschnitt iii.).

i)      Zur Rüge einer mangelhaften und widersprüchlichen Urteilsbegründung

42.      Zunächst rügt Ziegler, das Gericht habe in keiner Weise begründet, warum es die Kommission vom Erfordernis der Marktabgrenzung im Hinblick auf das 5%-Kriterium „befreit“ habe. Jedenfalls seien die Urteilsgründe widersprüchlich.

43.      Anders als die Kommission meint, hat diese Rüge neben den inhaltlichen Rügen der Rechtsmittelführerin zur Marktabgrenzung eigenständige Bedeutung. Denn gleichviel, ob das Gericht inhaltlich die richtigen Anforderungen oder aber zu hohe Anforderungen an die Marktabgrenzung gestellt hat, muss es sein Urteil in formeller Hinsicht ordnungsgemäß begründen: Es hat die Gründe darzulegen, die aus seiner Sicht ausschlaggebend für die erstinstanzliche Entscheidung waren.

44.      Die Pflicht des Gerichts, seine Urteile mit Gründen zu versehen, folgt aus Art. 36 in Verbindung mit Art. 53 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs. Nach ständiger Rechtsprechung müssen aus der Begründung eines Urteils die Überlegungen des Gerichts klar und eindeutig hervorgehen, so dass die Betroffenen die Gründe für die Entscheidung des Gerichts erkennen können und der Gerichtshof seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann(40). Auch darf die Begründung eines Urteils des Gerichts nicht in sich widersprüchlich sein(41).

45.      Auf den ersten Blick sieht es in der Tat so aus, als habe sich das Gericht im vorliegenden Fall in erhebliche Widersprüche verstrickt. Denn einerseits vermisst das Gericht im Zusammenhang mit der Anwendung des 5%-Kriteriums eine Marktabgrenzung in der streitigen Entscheidung(42), andererseits stellt es fest, mit ihrer Bezugnahme auf „die internationalen Umzugsdienste in Belgien“ habe die Kommission „den relevanten Sektor einschließlich des Angebots, der Nachfrage und der geografischen Reichweite hinreichend detailliert beschrieben“(43). Außerdem hält das Gericht zwar eine Marktabgrenzung im Hinblick auf die Anwendung des 5%-Kriteriums für verpflichtend, ist aber gleichzeitig der Ansicht, dass sich die Kommission im vorliegenden Fall auf eben dieses 5%-Kriterium stützen durfte, „ohne ausdrücklich eine Marktabgrenzung … vorzunehmen“(44).

46.      Näher besehen hat sich das Gericht hier jedoch lediglich ungeschickt ausgedrückt. Denn aus dem Gesamtzusammenhang der in Rede stehenden Urteilspassage ergibt sich mit hinreichender Klarheit, dass die streitige Entscheidung eine Beschreibung des Marktes durch die Kommission enthält („die internationalen Umzugsdienste in Belgien“) und dass das Gericht diese Beschreibung als ausreichend ansieht, um sie einer echten Marktabgrenzung gleichzustellen und sie als Grundlage für die Anwendung des 5%-Kriteriums gelten zu lassen. Bei wohlwollender Lektüre sind somit die Ausführungen des Gerichts zu dieser Frage entgegen dem ersten Anschein nicht widersprüchlich.

47.      Die Ausführungen des Gerichts lassen im Übrigen auch hinreichend klar erkennen, warum das Gericht „ausnahmsweise“ davon abgesehen hat, die Feststellungen der Kommission zum 5%-Kriterium „zu verwerfen“. Letztlich ist das Gericht nämlich davon ausgegangen, dass die Beschreibung des relevanten Sektors in der streitigen Entscheidung alle für die Anwendung des 5%-Kriteriums erforderlichen Informationen enthielt und somit der vom Gericht eigentlich für nötig befundenen Marktdefinition ebenbürtig war.

48.      Die Rüge einer mangelhaften und widersprüchlichen Urteilsbegründung ist somit zurückzuweisen.

ii)    Zu den rechtlichen Anforderungen an die Marktabgrenzung

49.      Überdies beanstandet die Rechtsmittelführerin, die streitige Entscheidung enthalte entgegen der Darstellung des Gerichts keine präzise Bestimmung der betreffenden Dienste und des relevanten Marktes, da eine bloße Beschreibung eines „Sektors“ („die internationalen Umzugsdienste in Belgien“) nicht gleichbedeutend sei mit einer vollwertigen Abgrenzung des relevanten Marktes.

50.      Dazu ist zunächst anzumerken, dass nach der Zwischenstaatlichkeitsklausel im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG eine Marktabgrenzung keineswegs immer vorzunehmen ist. Denn der Nachweis einer spürbaren Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten kann auch ohne Marktabgrenzung geführt werden, etwa dann, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Unternehmen durch ein bestimmtes Verhalten bezwecken, in nennenswertem Umfang Ausfuhren in andere Mitgliedstaaten oder Einfuhren aus anderen Mitgliedstaaten zu behindern(45).

51.      Stützt sich allerdings eine Wettbewerbsbehörde oder ein Gericht speziell auf das 5%-Kriterium, um die Spürbarkeit der Handelsbeeinträchtigung im Sinne der Zwischenstaatlichkeitsklausel nachzuweisen, so wird eine Marktabgrenzung unverzichtbar. Denn ohne die vorherige Definition des relevanten Marktes ist die Bestimmung von Marktanteilen nicht möglich. Insoweit hat das Gericht Recht, wenn es ausführt, „dass die Berechnung eines Marktanteils denknotwendig die Abgrenzung dieses Marktes voraussetzt“(46).

52.      Wie die Kommission jedoch zutreffend hervorhebt, muss die Beschreibung des relevanten Marktes im Hinblick auf die Anwendung des 5%-Kriteriums nicht notwendigerweise mit derselben Detailgenauigkeit vorgenommen werden wie eine Marktabgrenzung, die der Beurteilung des Verhaltens von Unternehmen im Wettbewerb dienen soll. Die rechtlichen Anforderungen an die Marktabgrenzung können vielmehr je nach dem mit dieser Marktabgrenzung verfolgten Ziel unterschiedlich hoch sein. Tendenziell muss eine Marktabgrenzung umso genauer ausfallen, je komplexer die wirtschaftlichen Zusammenhänge und je umfangreicher die zu ihrer Bewertung erforderlichen Analysen sind, etwa bei der Feststellung des Bestehens oder des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung nach Art. 82 EG (nun Art. 102 AEUV) oder bei Prognoseentscheidungen über die künftige Marktentwicklung in bestimmten Fusionskontrollverfahren.

53.      Die Rechtsmittelführerin irrt also, wenn sie meint, unter Marktabgrenzung sei stets dasselbe zu verstehen und die Kommission hätte im vorliegenden Fall, als Grundlage für die Anwendung des 5%-Kriteriums, die gleiche detaillierte Marktbeschreibung vornehmen müssen wie in anderem Zusammenhang üblich.

54.      Meines Erachtens durfte das Gericht ohne Rechtsfehler feststellen, dass die Bezugnahme der Kommission auf den „Sektor für internationale Umzugsdienste in Belgien“, der alle Umzugsdienstleistungen von und nach Belgien umfasst, gleichviel ob sie von Privatpersonen, von Unternehmen oder von öffentlichen Einrichtungen in Auftrag gegeben werden(47), den Sachverhalt des vorliegenden Falles hinreichend genau eingrenzte, um eine Anwendung des 5%-Kriteriums zu ermöglichen(48).

55.      Auch den Leitlinien von 2004 lassen sich für den vorliegenden Fall – entgegen der Auffassung von Ziegler – keine strengeren Anforderungen an die Marktabgrenzung entnehmen.

56.      Zwar enthalten die Leitlinien von 2004, anders als die Kommission meint, mehr als nur eine Kodifizierung der bis dahin ergangenen Rechtsprechung zur Frage der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten. Denn in diesen Leitlinien stellt die Kommission ihre „Methodik zur Anwendung des Begriffs der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels“ dar(49) und kündigt an, dass sie unter bestimmten Umständen kein Verfahren gegen Unternehmen einleiten sowie keine Geldbußen gegen sie festsetzen wird(50). Durch die Veröffentlichung dieser Leitlinien ist die Kommission eine Selbstbindung eingegangen, an die sie sich bei der Ausübung ihres Beurteilungsspielraums für wirtschaftliche Gegebenheiten im Zusammenhang mit der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten zu halten hat(51). Sie darf also ohne triftigen Grund keine andere als die in ihren Leitlinien von 2004 dargestellte Methodik anwenden, wenn sie untersucht, ob das Verhalten von Unternehmen im Sinne der Art. 81 EG und 82 EG (Art. 101 AEUV und 102 AEUV) geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen.

57.      Inhaltlich beschränken sich die Leitlinien von 2004 jedoch auf die reichlich knappe Aussage, dass zur Anwendung des 5%-Kriteriums der relevante Markt „abgegrenzt werden muss“(52). Zu der hier streitigen Frage der Detailgenauigkeit, mit der diese Marktabgrenzung vorzunehmen ist, schweigen die Leitlinien von 2004.

58.      Selbst die Bezugnahme der Leitlinien von 2004 auf die Bekanntmachung über die Definition des relevanten Marktes(53) führt, entgegen der Auffassung von Ziegler, nicht weiter. Denn letztere Bekanntmachung schließt ebenfalls nicht aus, dass die Abgrenzung der relevanten Märkte je nach dem zu lösenden Wettbewerbsproblem mehr oder weniger detailgenau ausfallen muss. Die Bekanntmachung über die Definition des relevanten Marktes erkennt sogar ihrerseits an, dass die Marktabgrenzung eng mit den jeweils verfolgten Zielen verbunden ist(54) und zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann, „je nachdem, was für eine Wettbewerbsfrage geprüft wird“(55). Damit lässt sie genügend Raum für eine pragmatische, den Umständen des Einzelfalls angepasste Vorgehensweise bei der Marktabgrenzung.

59.      In einem vergleichsweise einfach gelagerten Fall wie dem vorliegenden würde es übrigens den Erfordernissen eines effizienten und ressourcenschonenden Verwaltungshandelns grundlegend widersprechen, wenn die Kommission bei der Marktabgrenzung im Hinblick auf die Anwendung des 5%-Kriteriums mehr Aufwand als unbedingt nötig treiben müsste.

60.      Alles in allem ist somit das Vorbringen von Ziegler zu den rechtlichen Anforderungen an die Marktabgrenzung zurückzuweisen.

iii) Zu den behaupteten inhaltlichen Mängeln hinsichtlich der Marktabgrenzung

61.      Schließlich macht die Rechtsmittelführerin geltend, die vom Gericht im vorliegenden Fall gebilligte Beschreibung der betroffenen Dienste und des Marktes („die internationalen Umzugsdienste in Belgien“) sei inhaltlich unrichtig, sowohl mit Blick auf die Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes als auch in Bezug auf die Definition des räumlich relevanten Marktes.

62.      Mit dieser Rüge wendet sich Ziegler speziell gegen Randnr. 71 des angefochtenen Urteils, in der das Gericht ausführt, „dass die Kommission zu Recht auf die internationalen Umzugsdienste in Belgien als relevante Dienste abgestellt hat“ und dass der so beschriebene Markt „von der Kommission zutreffend als der relevante Markt bestimmt worden ist“.

63.      Ihre Kritik an jener Urteilspassage stützt die Rechtsmittelführerin vor allem auf Erwägungen zur Austauschbarkeit internationaler Umzugsdienstleistungen, wobei sie sowohl zur Angebots- als auch zur Nachfrageseite Ausführungen macht.

64.      Dabei scheint die Rechtsmittelführerin jedoch zu übersehen, dass es sich bei der Frage, wie sich Angebot und Nachfrage auf einem bestimmten Markt verhalten und ob die konkret in Rede stehenden Umzugsdienstleistungen untereinander substituierbar sind, nicht um eine Rechtsfrage handelt, sondern um eine Tatsachenfrage, für die der Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren – vorbehaltlich einer etwaigen Verfälschung, die hier nicht geltend gemacht wird – unzuständig ist(56).

65.      Dementsprechend ist die Kritik von Ziegler an den hier streitigen Ausführungen des Gerichts zur Marktabgrenzung als unzulässig zurückzuweisen.

66.      Insgesamt greift somit der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes nicht durch.

b)      Zum Nachweis der Überschreitung der 5%-Schwelle im vorliegenden Fall (zweiter Teil des ersten Rechtsmittelgrundes)

67.      Hilfsweise macht Ziegler im zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes geltend, das Gericht habe seine Pflicht zur Urteilsbegründung und den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens verletzt, als es feststellte, der kumulierte Marktanteil der Kartellteilnehmer liege im vorliegenden Fall „weit über dem Schwellenwert von 5 %“.

68.      Der Angriff der Rechtsmittelführerin richtet sich speziell gegen die letzten beiden Sätze von Randnr. 71 des angefochtenen Urteils, in denen das Gericht ausführt, „dass der Markt einen Umfang von mindestens 435 Millionen Euro haben müsste, damit der Schwellenwert von 5 % verfehlt würde“, und hinzufügt: „Die einzige Möglichkeit, eine solche Marktgröße zu erreichen, wäre aber, von einem erheblich weiteren Markt als dem der internationalen Umzugsdienste in Belgien auszugehen, der jedoch von der Kommission zutreffend als der relevante Markt bestimmt worden ist.“

69.      Ziegler stößt sich hier an der Feststellung des Gerichts, nur ein erheblich weiterer Markt als jener der „internationalen Umzugsdienste in Belgien“ könne einen Umfang von 435 Mio. Euro erreichen. Diese Feststellung des Gerichts ist nach Ansicht von Ziegler in keiner Weise begründet, und die zugrunde liegenden Annahmen sind überdies ihrer Meinung nach im erstinstanzlichen Verfahren nicht Gegenstand einer kontradiktorischen Erörterung mit den Parteien gewesen.

70.      Beide Vorwürfe sind nicht stichhaltig.

71.      Selbstverständlichkeiten bedürfen keiner näheren Erläuterung. So verhält es sich mit der hier streitigen Urteilspassage: Es versteht sich von selbst, dass von geringeren Marktanteilen der Kartellbeteiligten nur dann ausgegangen werden kann, wenn – bei Zugrundelegung der für die jeweiligen Unternehmen ermittelten Umsätze – ein deutlich größeres Marktvolumen unterstellt wird. Die vom Gericht durchgeführte Berechnung, wonach der relevante Markt einen Umfang von 435 Millionen Euro haben müsste, damit die Marktanteile der Kartellbeteiligten von zweistelligen Werten (nach den Feststellungen des Gerichts fast 30 %(57)) auf unter 5 % herabsinken, bedurfte deshalb keiner Vertiefung in den Urteilsgründen.

72.      Was das Zahlenmaterial anbelangt, das den Berechnungen des Gerichts zugrunde liegt, so wurde dieses entgegen der Behauptung von Ziegler sehr wohl mit den Verfahrensbeteiligten erörtert. Es entstammt der schriftlichen Antwort der Kommission auf Fragen des Gerichts im erstinstanzlichen Verfahren(58), zu der es Ziegler jederzeit freistand, Stellung zu nehmen. Dem angefochtenen Urteil ist überdies zu entnehmen, dass Ziegler vom Gericht in der mündlichen Verhandlung in erster Instanz sogar ausdrücklich zu dieser Thematik befragt wurde(59).

73.      Zu Unrecht wendet die Rechtsmittelführerin in diesem Zusammenhang ein, das Zahlenmaterial der Kommission sei nicht verlässlich. Zwar hat das Gericht an anderer Stelle im angefochtenen Urteil einen Beurteilungsfehler der Kommission festgestellt, der sich auf die Berechnung des Marktvolumens auswirkt(60). Daraus kann jedoch nicht pauschal gefolgert werden, die Zahlen der Kommission seien generell unbrauchbar.

74.      Auf jeden Fall handelt es sich bei der Richtigkeit und Belastbarkeit der von der Kommission ermittelten Daten um eine Frage der Tatsachenfeststellung und der Beweiswürdigung, die als solche – vorbehaltlich der Verfälschung – vom Gerichtshof als Rechtsmittelinstanz nicht überprüft wird(61). Da Ziegler keine Rüge der Verfälschung von Tatsachen oder Beweismitteln erhoben hat, muss sich das Unternehmen an der Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung des Gerichts im angefochtenen Urteil festhalten lassen.

75.      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass auch der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes keine Aussicht auf Erfolg hat.

c)      Zur Frage, ob die Überschreitung der 5%-Schwelle ausreicht, um eine spürbare Handelsbeeinträchtigung zu bejahen (dritter Teil des ersten Rechtsmittelgrundes)

76.      Mit dem dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes, der ebenfalls hilfsweise geltend gemacht wird, wendet sich Ziegler speziell gegen Randnr. 73 des angefochtenen Urteils, die wie folgt lautet:

„Wie die Kommission zu Recht geltend gemacht hat, reicht es schließlich im Rahmen der positiven Vermutung der Ziff. 53 der Leitlinien von 2004 für den Nachweis der Spürbarkeit der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten aus, dass eine der beiden alternativen Voraussetzungen erfüllt ist.“

77.      Die Rechtsmittelführerin meint, dem Gericht sei in dieser Urteilspassage ein Rechtsfehler unterlaufen, weil es die spürbare Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten allein aus dem Umstand hergeleitet habe, dass der kumulierte Marktanteil der Kartellteilnehmer den Schwellenwert von 5 % überschreite. Dies ist nach Auffassung von Ziegler weder mit der Rechtsprechung noch mit Ziff. 53 der Leitlinien von 2004 vereinbar.

78.      Zutreffend ist, dass die Frage der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen ist. Denn nach ständiger Rechtsprechung ist eine Vereinbarung zwischen Unternehmen geeignet, den unionsinternen Handel zu beeinträchtigen, wenn sich anhand einer Gesamtheit objektiver rechtlicher oder tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, dass sie die Handelsströme zwischen Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell in einem der Erreichung der Ziele eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes nachteiligen Sinne beeinflussen kann(62).

79.      Im Allgemeinen wird sich eine Beeinträchtigung des unionsinternen Handels daraus ergeben, dass mehrere Voraussetzungen erfüllt sind, die für sich allein genommen nicht unbedingt entscheidend sind(63). Dies schließt freilich nicht aus, dass sich im konkreten Fall aus der Gesamtheit der in Erwägung zu ziehenden rechtlichen und tatsächlichen Umstände ein einzelner Gesichtspunkt – namentlich eine deutliche Überschreitung des Schwellenwerts von 5 % Marktanteil – als der entscheidende herauskristallisiert, der für sich allein genommen bereits mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf eine spürbare Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten hindeutet(64).

80.      Im vorliegenden Fall kann aber letztlich offenbleiben, ob speziell die Erfüllung des 5%-Kriteriums für sich allein genommen die Annahme rechtfertigen konnte, dass die Gefahr einer spürbaren Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten bestand. Wie nämlich die Kommission zutreffend hervorhebt, zeichnete sich das Umzugskartell durch zwei weitere Merkmale aus, aufgrund deren das Gericht – auch unabhängig vom Überschreiten des Schwellenwerts von 5 % Marktanteil – von einer spürbaren Handelsbeeinträchtigung ausgehen durfte.

81.      Zum einen betraf das Umzugskartell nach den Feststellungen des Gerichts alle internationalen Umzugsdienstleistungen von und nach Belgien, d. h. alle internationalen Umzüge, für die Belgien entweder den Ausgangs- oder den Zielort darstellte. Damit war das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats von dem Kartell betroffen. Ein solches Kartell hat schon seinem Wesen nach die Wirkung, die Abschottung der Märkte auf nationaler Ebene zu verfestigen, indem es die von den Verträgen gewollte wirtschaftliche Verflechtung behindert(65).

82.      Zum anderen bezog sich das Umzugskartell, an dem bedeutende Umzugsunternehmen mit Sitz innerhalb und außerhalb Belgiens beteiligt waren(66), speziell auf internationale Umzüge von und nach Belgien, so dass es schon seiner Natur nach erheblichen Einfluss gerade auf den grenzüberschreitenden Handel zwischen Mitgliedstaaten haben musste(67).

83.      Dieser beiden zusätzlichen Gesichtspunkte war sich das Gericht durchaus bewusst, als es sich im vorliegenden Fall mit dem 5%-Kriterium befasste(68). Es wäre somit verfehlt, dem Gericht zu unterstellen, seine Annahme einer spürbaren Handelsbeeinträchtigung habe sich allein auf die Überschreitung des Schwellenwerts von 5 % gestützt, mag auch eine isolierte Betrachtung der hier streitigen Randnr. 73 bei flüchtiger Lektüre diesen Eindruck vermitteln.

84.      Alles in allem kann dem Gericht nicht vorgeworfen werden, die rechtlichen Erfordernisse der Zwischenstaatlichkeitsklausel in Art. 81 Abs. 1 EG verkannt zu haben.

85.      Nichts anderes folgt aus Ziff. 53 der Leitlinien von 2004, mit der die Kommission zwecks Ausübung ihres Beurteilungsspielraums eine Selbstbindung eingegangen ist(69). Zwar kann nach dieser Bestimmung die Überschreitung des Schwellenwerts von 5 % als solche nur dann die Vermutung einer spürbaren Beeinträchtigung des unionsinternen Handels begründen, wenn die in Rede stehende Vereinbarung außerdem ihrem Wesen nach geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Diese zusätzliche Voraussetzung ist jedoch bei einer Kernbeschränkung wie dem vorliegenden Kartell, das nach den Feststellungen des Gerichts zudem internationale, d. h. grenzüberschreitende Umzugsdienstleistungen betrifft, ohne jeden Zweifel erfüllt.

86.      Von einem Verstoß gegen Ziff. 53 der Leitlinien von 2004 kann somit ebenfalls keine Rede sein.

87.      Insgesamt ist dieser dritte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes unbegründet, so dass der erste Rechtsmittelgrund in seiner Gesamtheit zurückzuweisen ist.

2.      Zur Begründung der Bußgeldhöhe (zweiter Rechtsmittelgrund)

88.      Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund wendet sich Ziegler gegen die Randnrn. 88 bis 94 des angefochtenen Urteils. Die Rechtsmittelführerin wirft dem Gericht vor, an die Begründung der streitigen Entscheidung in Bezug auf die Berechnung der Geldbuße allzu geringe Anforderungen gestellt zu haben und auf diese Weise zum einen die Begründungsanforderungen für Unionsrechtsakte und zum anderen das Grundrecht auf ein faires Verfahren verkannt zu haben (vgl. dazu unten, Abschnitt a). Hilfsweise macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe gegen den „Grundsatz der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung“ verstoßen und sein eigenes Urteil unzulänglich begründet (vgl. dazu unten, Abschnitt b).

89.      Hintergrund dieser Rügen ist die mit den Bußgeldleitlinien von 2006 eingeführte neue Praxis der Kommission, den Grundbetrag für kartellrechtliche Geldbußen wie auch einen etwa zur Anwendung gebrachten Abschreckungsfaktor auf der Grundlage eines bestimmten prozentualen Anteils des Umsatzes(70) jedes betroffenen Unternehmens zu berechnen. Je nach Schwere der Zuwiderhandlung liegt dieser Prozentsatz zur Bestimmung des Grundbetrags der Geldbuße zwischen 0 % und 30 % des Umsatzes(71), bei der Berechnung des Abschreckungsfaktors wird eine Bandbreite von 15 % bis 25 % des Umsatzes zugrunde gelegt(72).

90.      Diese Art der Bußgeldberechnung bringt nach Ansicht des Gerichts erhöhte Anforderungen an die Begründung von Bußgeldentscheidungen mit sich. Das Gericht führt aus, die Kommission dürfe sich grundsätzlich nicht damit begnügen, eine Zuwiderhandlung lediglich bestimmten Schwerekategorien (wie z. B. hier: „sehr schwerwiegend“) zuzuordnen, ohne näher zu erläutern, wie sie konkret den Prozentsatz des Umsatzes bestimmt hat, nach dem sich letztlich der Grundbetrag der Geldbuße und der Abschreckungsfaktor errechnen(73).

91.      Gleichwohl hat es das Gericht im vorliegenden Fall dann ausreichen lassen, dass die Kommission ohne nähere Erläuterung einen Umsatzanteil von 17 % als Berechnungsgrundlage für die Geldbuße wählte und dies allein mit dem „sehr schwerwiegenden“ Charakter der Zuwiderhandlung begründete(74). Eine solche Begründung genügt nach Auffassung des Gerichts, „wenn die Kommission einen Satz wählt, der sich nahe an der unteren Grenze der für die schwerwiegendsten Verstöße vorgesehenen Marge bewegt und der darüber hinaus für die Klägerin sehr günstig ausfällt. In diesem Fall nämlich ist eine zusätzliche Begründung, die über die schon in den Leitlinien enthaltene Begründung hinausgeht, nicht erforderlich. Hätte die Kommission einen höheren Satz anwenden wollen, [so] hätte sie dagegen eine ausführlichere Begründung liefern müssen.“(75)

92.      Diese Ausführungen veranlassen Ziegler zu dem Vorwurf, das Gericht habe zwar theoretisch erhöhte Begründungsanforderungen für die Bußgeldberechnung anerkannt, diese aber im konkreten Fall gegenüber der Kommission nicht durchgesetzt, sondern die Kommission nachgerade von ihrer Begründungspflicht „freigestellt“.

a)      Zur Rüge einer unzulässigen „Freistellung“ vom Begründungserfordernis (erster Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes)

93.      Als Hauptvorwurf im Rahmen dieses zweiten Rechtsmittelgrundes bringt Ziegler vor, das Gericht habe die rechtlichen Anforderungen an die Begründung der Bußgeldberechnung in kartellrechtlichen Entscheidungen der Kommission verkannt, und zwar einerseits die aus dem primärrechtlich verankerten Erfordernis der Begründung von Unionsrechtsakten in Verbindung mit den Bußgeldleitlinien von 2006 folgenden Anforderungen und andererseits jene, die sich aus dem Grundrecht auf ein faires Verfahren ergeben.

i)      Das Begründungserfordernis des Art. 253 EG (nunmehr Art. 296 Abs. 2 AEUV)

94.      Was zunächst das Begründungserfordernis für Unionsrechtsakte betrifft, so stützt sich Ziegler auf Art. 296 AEUV. Richtigerweise findet auf den vorliegenden Fall aber noch Art. 253 EG Anwendung(76), der allerdings an die Begründung von Unionsrechtsakten – soweit sie im vorliegenden Fall von Interesse ist – keine anderen rechtlichen Anforderungen stellt als Art. 296 Abs. 2 AEUV.

95.      Nach ständiger Rechtsprechung muss die gemäß Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Unionsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann(77).

96.      Wie der Gerichtshof hervorgehoben hat, kommt der Pflicht zur Begründung von Unionsrechtsakten eine ganz besondere Bedeutung zu, soweit es darin um die Festlegung der Höhe von kartellrechtlichen Geldbußen geht. Diesbezüglich muss die Kommission u. a. darlegen, wie sie die berücksichtigten Faktoren gewichtet und bewertet hat(78).

97.      Anders als Ziegler zu meinen scheint, bedeutet dies jedoch keineswegs, dass jede Bußgeldentscheidung der Kommission stets mit der gleichen Intensität zu begründen wäre. Ebenso wenig lässt sich den Bußgeldleitlinien von 2006 eine allgemeine und grundlegende Verschärfung der Begründungsanforderungen in Bezug auf die Bußgeldberechnung entnehmen, von der das Gericht die Kommission im vorliegenden Fall „freigestellt“ haben könnte.

98.      Vielmehr gilt auch in kartellrechtlichen Bußgeldverfahren weiterhin, dass Art und Umfang der Begründung, die die Kommission für ihre Entscheidung anzugeben hat, letztlich nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen sind, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können(79).

99.      Außerdem ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass eine Entscheidung der Kommission, die sich in eine ständige Entscheidungspraxis einfügt, summarisch, insbesondere unter Bezugnahme auf diese Praxis, begründet werden kann(80). Dasselbe gilt, wenn der Erlass der Entscheidung in einem Kontext erfolgt, der den Betroffenen gut bekannt ist(81). In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet(82).

100. Legt man diesen Maßstab zugrunde, so hat das Gericht im vorliegenden Fall zu Recht geurteilt, dass die streitige Entscheidung im Hinblick auf die Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße sowie des Abschreckungsfaktors hinreichend begründet war.

101. Die streitige Entscheidung fügt sich nahtlos in die neue Verwaltungspraxis der Kommission ein, wie sie für Kartellverfahren durch die Bußgeldleitlinien von 2006 transparent gemacht wird. Diese Leitlinien enthalten bereits zahlreiche Erläuterungen, die von der Kommission in der streitigen Entscheidung nicht wiederholt zu werden brauchten. So ist in den Leitlinien insbesondere festgelegt, dass „horizontale, üblicherweise geheime Vereinbarungen … zur Festsetzung von Preisen, [zur] Aufteilung der Märkte oder [zur] Einschränkung der Erzeugung“ – also Kernbeschränkungen – „streng geahndet werden [müssen]“; für sie ist nach den Leitlinien ein Grundbetrag „am oberen Ende [der] Bandbreite“ von 0 % bis 30 % des Umsatzes und ein Abschreckungsfaktor von 15 % bis 25 % des Umsatzes anzusetzen(83).

102. Als „sehr schwerwiegende Zuwiderhandlung“, mit der die Preisbildung beeinflusst und Aufträge unter den Kartellisten aufgeteilt werden sollten, fiel das Umzugskartell ohne jeden Zweifel in eben diese Kategorie und war folglich nach den Bußgeldleitlinien von 2006 mit einer Geldbuße zu belegen, deren Grundbetrag „am oberen Ende der Bandbreite“ von 0 % bis 30 % des Umsatzes zu liegen hatte sowie überdies durch einen Abschreckungsfaktor von 15 % bis 25 % des Umsatzes zu verstärken war.

103. Dass ein Grundbetrag von 17 % des Umsatzes, wie ihn die Kommission letztlich festsetzte, jedenfalls im oberen Bereich der Bandbreite von 0 % bis 30 % des Umsatzes liegt, ist offenkundig und bedarf keiner näheren Erläuterung. Wenn überhaupt, könnte man sich fragen, ob ein Umsatzanteil von 17 % tatsächlich „am oberen Ende dieser Bandbreite“ liegt, wie es die Bußgeldleitlinien von 2006 verlangen(84), oder ob er womöglich zu niedrig angesetzt ist. Diesbezüglich ist jedoch kein berechtigtes Interesse von Ziegler an näheren Erläuterungen ersichtlich, weil ein vergleichsweise niedriger Prozentsatz für sie günstiger ist als ein höherer(85). Nichts anderes gilt im Hinblick auf den von der Kommission in Ansatz gebrachten Abschreckungsfaktor von 17 % des Umsatzes, denn auch letzterer Faktor ist innerhalb der vorgesehenen Bandbreite von 15 % bis 25 % des Umsatzes(86) nicht besonders hoch angesetzt.

104. Sicherlich ist es denkbar, dass der Berechnung des Grundbetrags einer kartellrechtlichen Geldbuße aufgrund besonderer Umstände eines Einzelfalls einmal ein geringerer Umsatzanteil als der in den Bußgeldleitlinien von 2006 ins Auge gefasste zugrunde gelegt wird; dies wird in den Leitlinien nicht zuletzt durch die Formulierung „grundsätzlich“ ausdrücklich ermöglicht(87). Entgegen der Auffassung von Ziegler lässt sich daraus jedoch keine allgemeine Erhöhung der Begründungsanforderungen an Bußgeldentscheidungen folgern. Vielmehr muss sich die Kommission mit besonderen Umständen des Einzelfalls in der Begründung ihrer Bußgeldentscheidung nur dann auseinandersetzen, wenn ihr solche Umstände tatsächlich bekannt sind. Sofern ein Unternehmen seinerseits von Umständen Kenntnis hat, die es rechtfertigen könnten, bei der Berechnung der Geldbuße einen niedrigeren Umsatzanteil als den in den Leitlinien genannten in Ansatz zu bringen, obliegt es ihm, die Kommission darauf hinzuweisen. Ziegler hat jedoch, soweit ersichtlich, nicht geltend gemacht, sich speziell im Zusammenhang mit der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße oder mit dem Abschreckungsfaktor konkret auf derartige Anhaltspunkte berufen zu haben.

105. Schließlich müssen die rechtlichen Anforderungen an die Begründung von Bußgeldentscheidungen umso höher sein, je komplexer der jeweilige Fall ist und je höher der Umsatzanteil ist, den die Kommission bei der Berechnung des Grundbetrags und des Abschreckungsfaktors zugrunde legt(88). Es entspricht dem Sinn und Zweck des Begründungserfordernisses, dass die von der Kommission zu gebenden Erläuterungen umso ausführlicher zu sein haben, je weiter die verhängte Sanktion über die in den Bußgeldleitlinien festgelegten Mindestanforderungen hinausgeht. Denn in diesem Maße steigt auch das Interesse der betroffenen Unternehmen, die Gründe für eine etwaige besondere Strenge der Kommission zu erfahren. Daran fehlt es aber im vorliegenden Fall, der sich durch keine besondere Komplexität auszeichnet und in dem sich die Kommission zur Bußgeldberechnung auf einen vergleichsweise geringen Umsatzanteil gestützt hat.

106. Alles in allem hat also das Gericht die rechtlichen Anforderungen an die Prüfung der Begründung der streitigen Entscheidung zutreffend angewandt. Die Rüge eines Verstoßes gegen das Begründungserfordernis ist dementsprechend unbegründet.

ii)    Das Grundrecht auf ein faires Verfahren

107. Neben einem Verstoß gegen die allgemeinen Begründungserfordernisse rügt Ziegler außerdem eine Verletzung des Grundrechts auf ein faires Verfahren und beruft sich dabei auf Art. 6 EMRK(89) sowie auf Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union.

108. Dazu ist zunächst anzumerken, dass Ziegler einen solchen Rechtsverstoß in erster Instanz unstreitig nicht geltend gemacht hatte. Anders als Ziegler meint, handelt es sich dabei auch nicht um eine bloße Ergänzung oder Fortentwicklung ihrer Kritik aus erster Instanz an der Begründung der streitigen Entscheidung, sondern um ein unzulässiges neues Angriffsmittel, das sich auf die Verletzung gänzlich anderer Rechtsvorschriften stützt. Dass zwischenzeitlich möglicherweise einige neuere Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 6 EMRK ergangen sind, führt zu keiner Änderung der Sach- oder Rechtslage, die als solche die Geltendmachung eines neuen Angriffsmittels rechtfertigen würde. Erst recht kann ein solches neues Angriffsmittel nicht im Rechtsmittelverfahren Gegenstand einer inhaltlichen Erörterung vor dem Gerichtshof sein(90) (Art. 42 § 2 in Verbindung mit Art. 118 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs vom 19. Juni 1991(91)).

109. Selbst wenn man aber das Vorbringen von Ziegler zum Grundrecht auf ein faires Verfahren für zulässig erachten sollte, wäre es jedenfalls unbegründet.

110. Zwar besteht ein unbestreitbarer Zusammenhang zwischen der Pflicht zur Begründung von Unionsrechtsakten und dem Grundrecht auf ein faires Verfahren. Denn nur wenn dem Betroffenen die Gründe für eine Maßnahme ordnungsgemäß mitgeteilt werden, kann er beurteilen, ob es Sinn macht, dagegen Rechtsschutz zu suchen, und können die zuständigen Gerichte die Rechtmäßigkeit der Maßnahme angemessen überprüfen.

111. Wie aber bereits erwähnt(92), waren im vorliegenden Fall die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung der streitigen Entscheidung erfüllt. Denn im Zusammenspiel mit den Bußgeldleitlinien von 2006 waren die Gründe für die Berechnung der Bußgeldhöhe klar erkennbar und konnten in einem fairen gerichtlichen Verfahren ohne Schwierigkeiten überprüft werden.

112. Völlig unsubstantiiert ist schließlich der Vorwurf der Rechtsmittelführerin, das Gericht übe seine Befugnis zur unbeschränkten Ermessensnachprüfung nicht ordnungsgemäß aus, wenn es eine Begründung wie die in der streitigen Entscheidung hinnehme. Ziegler hat in keiner Weise ausgeführt, inwieweit das Gericht die streitige Entscheidung intensiver hätte prüfen sollen. Insbesondere hat sie keinerlei Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass speziell die Begründung der Bußgeldberechnung, wie sie die Kommission im vorliegenden Fall vorgenommen hat, eine umfassende gerichtliche Kontrolle der streitigen Entscheidung in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht unmöglich gemacht oder auch nur erschwert hätte.

113. Alles in allem ist somit das Vorbringen Zieglers zum Grundrecht auf ein faires Verfahren als unzulässig, jedenfalls aber als unbegründet zurückzuweisen.

b)      Zur hilfsweise erhobenen Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und gegen die Pflicht des Gerichts, seine Urteile zu begründen (zweiter Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes)

114. Hilfsweise bringt die Rechtsmittelführerin vor, die der Kommission im angefochtenen Urteil gewährte „Freistellung“ von der Begründungspflicht missachte den Grundsatz der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung und sei außerdem nicht hinreichend begründet.

i)      Zum Grundsatz der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung

115. Der Grundsatz der Gleichbehandlung – bisweilen auch als „Grundsatz der Gleichbehandlung bzw. Nichtdiskriminierung“ bezeichnet(93) – ist ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, der in den Art. 20 und 21 der Charta der Grundrechte verankert ist(94). Seine Bedeutung im Zusammenhang mit der Verhängung von Geldbußen in Kartellfällen hat der Gerichtshof mehrfach anerkannt(95).

116. Der von der Rechtsmittelführerin gerügte Verstoß gegen diesen Grundsatz soll darin liegen, dass das Gericht in ungerechtfertigter Weise Fälle wie den vorliegenden, in denen die Geldbuße auf der Grundlage eines Umsatzanteils von 17 % berechnet wird, anderen Fällen gleichstellt, in denen ein Umsatzanteil von 15 % zugrunde gelegt werden könnte.

117. Diese Ausführungen von Ziegler sind äußerst vage und scheinen sich auf einen rein hypothetischen Vergleich mit einem völlig theoretischen und nicht näher spezifizierten Fallbeispiel zu stützen, in dem die Kommission bei der Bußgeldberechnung nicht – wie hier – einen Umsatzanteil von 17 %, sondern einen Umsatzanteil von 15 % zugrunde legen könnte.

118. Angesichts der Ungenauigkeit der Ausführungen der Rechtsmittelführerin habe ich erhebliche Zweifel, ob ihr Vorbringen in diesem Punkt überhaupt als zulässig angesehen werden kann(96).

119. Auf jeden Fall ist dieses Vorbringen aber unbegründet.

120. Die Bußgeldberechnung ist kein mechanischer Vorgang, in dem sich für jedes Kartell gleichsam im Voraus mathematisch exakt bestimmen ließe, welcher Prozentsatz der Umsätze bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße und des Abschreckungsfaktors in Ansatz zu bringen ist. Eine solche Vorhersehbarkeit der Sanktion bis hinter die letzte Kommastelle wäre im Übrigen auch gar nicht angemessen, weil sie es den Kartellbeteiligten allzu sehr erleichtern würde, den „Preis“ ihres rechtswidrigen Tuns im Voraus zu berechnen und zu kalkulieren, ob für sie ein rechtswidriges oder ein rechtmäßiges Geschäftsgebaren lohnender ist.

121. Deshalb muss der Kommission als Wettbewerbsbehörde, wenn sie die an einem Kartell beteiligten Unternehmen mit Geldbußen belegt, notwendigerweise ein gewisses Ermessen hinsichtlich der Festlegung des Umsatzanteils verbleiben, auf dessen Grundlage die Bußgeldberechnung erfolgt(97). Dass dies im vorliegenden Fall 17 % sind und in einem anderen Kartellfall 15 % des Umsatzes sein mögen, liegt in der Natur solcher Bußgeldberechnungen und kann nicht unter Berufung auf den Grundsatz der Gleichbehandlung in Frage gestellt werden, solange sich die Kommission jeweils im Rahmen der Bußgeldleitlinien hält, mit denen sie sich selbst in ihrer Ermessensausübung gebunden hat(98).

122. Als Ausgleich für dieses Ermessen der Kommission bei der Festlegung des Umsatzanteils, auf den sie die Berechnung einer Geldbuße stützt, unterliegen ihre Bußgeldentscheidungen einer unbeschränkten Ermessensnachprüfung durch die Unionsgerichte (Art. 261 AEUV in Verbindung mit Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003)(99). In dem von Ziegler gebildeten hypothetischen Beispiel könnte das Gericht also, falls es einen Umsatzanteil von 15 % für angemessener oder gerechter hielte, diesen nach freiem Ermessen an die Stelle des von der Kommission gewählten Prozentsatzes von 17 % treten lassen und die verhängte Geldbuße entsprechend herabsetzen.

123. Vor diesem Hintergrund ist das auf den Gleichbehandlungsgrundsatz gestützte Vorbringen von Ziegler zurückzuweisen.

ii)    Zu den Anforderungen an die Begründung des angefochtenen Urteils

124. Darüber hinaus macht Ziegler geltend, das Gericht habe seine Pflicht zur Begründung des erstinstanzlichen Urteils verletzt. Dieser Begründungsmangel soll darin liegen, dass das Gericht der Kommission im vorliegenden Fall gestattet hat, den Abschreckungsfaktor allein unter Berufung auf den „sehr schwerwiegenden Charakter“ der Zuwiderhandlung mit 17 % des Umsatzes festzusetzen. Darin liege eine vom Gericht nicht näher begründete Abweichung von Ziff. 25 der Bußgeldleitlinien von 2006, die die Berücksichtigung „mehrerer Umstände“ vorsehe.

125. Die Pflicht des Gerichts, seine Urteile mit Gründen zu versehen, folgt aus Art. 36 in Verbindung mit Art. 53 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs. Wie bereits erwähnt, müssen aus der Begründung eines Urteils die Überlegungen des Gerichts klar und eindeutig hervorgehen, so dass die Betroffenen die Gründe für die Entscheidung des Gerichts erkennen können und der Gerichtshof seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann(100).

126. Im vorliegenden Fall hat das Gericht sehr wohl erklärt, warum es die Festsetzung eines Abschreckungsfaktors von 17 % des Umsatzes für rechtmäßig hielt: Es hat auf seine unmittelbar vorhergehenden Erwägungen zur Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße verwiesen und diesen Verweis damit begründet, dass zum einen für die Berechnung beider Faktoren „die untere Grenze der Marge dieselbe ist“ und zum anderen auch die Kommission für beide Berechnungen durch eine interne Verweisung innerhalb der Erwägungsgründe der streitigen Entscheidung dieselben Gründe anführt(101).

127. Damit gehen die Überlegungen des Gerichts zu dieser Problematik klar und eindeutig aus dem angefochtenen Urteil hervor. Ziegler mag inhaltlich anderer Meinung sein als das Gericht. Dieser Umstand allein kann jedoch keinen Begründungsmangel des angefochtenen Urteils darstellen (102).

128. Die Rüge einer mangelhaften Begründung des angefochtenen Urteils ist folglich unbegründet.

129. Nur am Rande sei bemerkt, dass die Rechtsauffassung von Ziegler zu den Ziff. 22 und 25 der Bußgeldleitlinien von 2006 auch inhaltlich wenig überzeugend ist. Die dort enthaltene allgemeine Aussage der Kommission, sie „berücksichtige“ bei der Festlegung des Abschreckungsfaktors „mehrere Umstände“, beschreibt ganz allgemein ihre Verwaltungspraxis und bedeutet nicht notwendigerweise, dass sich die Kommission in jedem einzelnen Fall auf alle diese Umstände stützen und ihre Entscheidung diesbezüglich eingehend begründen müsste. Welche Umstände relevant sind und um wie viele solche Umstände es sich handelt, ist vielmehr einzelfallabhängig. Soweit ersichtlich, hat Ziegler im vorliegenden Fall nichts Konkretes dahin gehend vorgetragen, dass bei der Festlegung des Grundbetrags der Geldbuße einschließlich des Abschreckungsfaktors noch andere, von der Kommission vernachlässigte Umstände hätten Berücksichtigung finden müssen.

130. Insgesamt ist somit der zweite Rechtsmittelgrund teils unzulässig und teils unbegründet.

3.      Zur „objektiven Unparteilichkeit“ der Kommission (dritter Rechtsmittelgrund)

131. Der dritte Rechtsmittelgrund richtet sich gegen die Randnrn. 103 bis 107 des angefochtenen Urteils, in denen sich das Gericht mit der von Ziegler in Zweifel gezogenen Unparteilichkeit der Kommission auseinandersetzt. Ziegler rügt, das Gericht habe sein Urteil diesbezüglich nicht ordnungsgemäß begründet und überdies das Grundrecht auf ein faires Verfahren sowie das Grundrecht auf eine gute Verwaltung verletzt.

132. Hintergrund dieser Rüge ist, dass die Kommission sich selbst als eines der Opfer des Umzugskartells ansieht. Unter diesen Umständen hätte die Kommission nach Ansicht von Ziegler nicht selbst über das Umzugskartell entscheiden dürfen, weil sie ansonsten Opfer und Richter zugleich sei.

133. Die Rechtsmittelführerin sieht also die Unparteilichkeit der Kommission unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles als beeinträchtigt an. Hingegen stellt Ziegler nicht generell das in der Union bestehende System zur Durchsetzung des Kartellrechts einschließlich der institutionellen Rolle der Kommission als Wettbewerbsbehörde in Frage.

a)      Zum behaupteten Begründungsmangel des angefochtenen Urteils (erster Teil des dritten Rechtsmittelgrundes)

134. Zunächst wirft Ziegler dem Gericht vor, ihre in erster Instanz erhobene Rüge zur objektiven Unparteilichkeit der Kommission nicht beantwortet zu haben. Nach Ansicht der Rechtsmittelführerin ist das Gericht in seinem Urteil nur auf das Erfordernis der subjektiven Unparteilichkeit eingegangen, nicht aber auf das der objektiven Unparteilichkeit. Deshalb sei das angefochtene Urteil mit einem Begründungsmangel behaftet.

135. Unstreitig ist, dass die Rechtsmittelführerin letztlich einen Verstoß gegen die Begründungspflicht für erstinstanzliche Urteile rügt (Art. 36 in Verbindung mit Art. 53 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs), wenn sie geltend macht, das Gericht sei auf einen von ihr in erster Instanz erhobenen Klagegrund nicht eingegangen(103). Im Rechtsmittelverfahren richtet sich die Kontrolle durch den Gerichtshof insbesondere darauf, zu prüfen, ob das Gericht auf alle vom Kläger vorgebrachten Argumente rechtlich hinreichend eingegangen ist(104).

136. Im vorliegenden Fall ist das Gericht in den Randnrn. 103 bis 107 des angefochtenen Urteils – wenn auch knapp – auf das erstinstanzliche Vorbringen von Ziegler zur vermeintlichen Parteilichkeit der Kommission eingegangen und hat dargelegt, warum es den betreffenden Klagegrund von Ziegler zurückweist.

137. Zugegebenermaßen hat das Gericht dabei nicht sauber zwischen objektiver und subjektiver Unparteilichkeit unterschieden. Dies ist zweifelsohne bedauerlich. Die inhaltliche Richtigkeit der Ausführungen im angefochtenen Urteil – hier also die Frage, ob an die objektive Unparteilichkeit die gleichen Anforderungen zu stellen sind wie an die subjektive – ist jedoch kein Problem der dem Gericht obliegenden Begründungspflicht, sondern eine Frage des materiellen Rechts(105). Dass das Gericht in der Sache zu einem anderen Ergebnis gelangt ist als die Rechtsmittelführerin, kann für sich allein keinen Begründungsmangel des angefochtenen Urteils darstellen(106).

138. Damit ist der erste Teil des dritten Rechtsmittelgrundes unbegründet.

b)      Zu den Grundrechten auf ein faires Verfahren und auf eine gute Verwaltung (zweiter Teil des dritten Rechtsmittelgrundes)

139. Darüber hinaus macht Ziegler eine Verletzung ihrer Grundrechte auf ein faires Verfahren und auf eine gute Verwaltung geltend. Diese Verletzung soll darin liegen, dass die Kommission im vorliegenden Fall „Richter in eigener Sache“ war. Zu diesem Zweck beruft sich die Rechtsmittelführerin auf Art. 6 EMRK sowie auf die Art. 47 und 41 der Charta der Grundrechte.

140. Die Kommission ist kein Gericht im Sinne von Art. 6 EMRK und Art. 47 der Charta der Grundrechte(107). Als Wettbewerbsbehörde der Europäischen Union muss sie jedoch das Recht auf eine gute Verwaltung beachten, das in Art. 41 der Charta im Rang eines Unionsgrundrechts verankert ist(108). Danach hat jede Person u. a. ein Recht darauf, dass ihre Angelegenheiten von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unparteiisch behandelt werden.

141. Dieses Unparteilichkeitsgebot deckt zwei Aspekte ab: die subjektive Unparteilichkeit, wonach kein Bediensteter der betroffenen Stelle in irgendeiner Weise Voreingenommenheit oder persönliche Vorurteile an den Tag legen darf, und die objektive Unparteilichkeit, wonach hinreichende Garantien bestehen müssen, um jeden berechtigten Zweifel an der Unvoreingenommenheit der befassten Stelle auszuschließen(109).

142. Gegenstand des vorliegenden Rechtsmittelgrundes ist allein der zweite Aspekt, d. h. das Gebot der objektiven Unparteilichkeit. Ziegler behauptet, die Kommission habe bei der Bearbeitung des vorliegenden Falles nicht objektiv unparteiisch sein können, weil sie selbst eines der Hauptopfer des Umzugskartells sei und weil Bedienstete der Kommission „Schutzangebote angefordert“ hätten(110) (sic!). Dies habe das Gericht im angefochtenen Urteil verkannt.

143. Für die Zwecke des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens kann offenbleiben, ob das Gericht die streitige Entscheidung im Falle eines Verstoßes gegen das Gebot der objektiven Unparteilichkeit wegen Unzuständigkeit für nichtig erklären müsste – so die These von Ziegler – oder aber wegen der Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung. Denn jedenfalls bestehen im vorliegenden Fall keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Gericht irgendwelche Mängel an der objektiven Unparteilichkeit der Kommission übersehen haben könnte.

144. Insbesondere können etwaige Mängel in der objektiven Unparteilichkeit der Kommission nicht allein darin bestehen, dass die Kommission ein Kartell verfolgt und ahndet, welches sich zum finanziellen Nachteil der Europäischen Union ausgewirkt hat(111). Die Kommission befindet sich insoweit in der gleichen Situation wie staatliche Behörden, die beispielsweise die Verantwortlichen von Steuerflucht oder Steuerhinterziehung verfolgen, und wie kommunale Behörden, die gegen Parksünder vorgehen. Zwar behauptet Ziegler, die Kommission habe hier im Gegensatz zu den genannten staatlichen bzw. kommunalen Stellen ein sehr viel stärkeres Eigeninteresse als Organ der Union und Dienstherrin ihrer von den Umzügen betroffenen Bediensteten, sie substantiiert dieses Argument jedoch in keinster Weise(112).

145. Letztlich kommt es unter dem Blickwinkel der objektiven Unparteilichkeit entscheidend darauf an, dass innerhalb der jeweiligen Behördenorganisation die notwendigen Vorkehrungen getroffen werden, um in den Augen der Rechtsunterworfenen jeden Anschein von Voreingenommenheit zu vermeiden. Dazu muss insbesondere sichergestellt werden, dass eine Zuwiderhandlung nicht von derselben Dienststelle verfolgt und geahndet wird, die von den Auswirkungen dieser Zuwiderhandlung betroffen ist.

146. Weder aus den Akten noch aus dem mündlichen Vorbringen der Parteien vor dem Gerichtshof ergeben sich irgendwelche konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die Kommission es im vorliegenden Fall an den nötigen Vorkehrungen hätte fehlen lassen. So sind innerhalb der Kommission für die Inanspruchnahme von Umzugsdienstleistungen und für die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen zwei unterschiedliche und völlig voneinander getrennte Dienststellen zuständig. Zwar untersteht sowohl die eine als auch die andere Dienststelle zugegebenermaßen der Entscheidungsgewalt des Kollegiums aller Kommissionsmitglieder(113), beide fallen aber in die Ressortverantwortlichkeit unterschiedlicher Kommissare(114).

147. Auch insoweit stellt sich also die Sachlage innerhalb der Organisationsstruktur der Europäischen Organe letztlich nicht wesentlich anders dar als innerhalb einer Gemeinde, deren sämtliche Dienststellen – sowohl die für den Gemeindehaushalt als auch die für die Verfolgung von Parksündern zuständigen – einer gemeinsamen, politisch besetzten Spitze wie dem Bürgermeister, dem Gemeinderat oder dem Schöffenrat unterstehen. Entsprechendes gilt im Hinblick auf staatliche Behörden, die mit der Verfolgung und Ahndung von Steuerflucht oder Steuerhinterziehung beauftragt sind: Sie sind in letzter Konsequenz – auch wenn sie in der Sache mit Unabhängigkeit ausgestattet sind – in die gleiche staatliche Organisationsstruktur eingebunden wie die Stellen, die mit der Verwaltung des Staatshaushalts betraut sind. Dieser Umstand allein ist nicht geeignet, ihre objektive Unparteilichkeit in Frage zu stellen(115).

148. Zurückzuweisen ist schließlich das Argument von Ziegler, Bedienstete der Kommission hätten „Schutzangebote angefordert“. Denn zum einen liegt hier dem Gerichtshof kein Hinweis vor, dass Kommissionsbedienstete Kostenvoranschläge von Umzugsunternehmen in dem Wissen oder auch nur in dem Verdacht eingeholt hätten, es handle sich dabei um Schutzangebote. Selbst auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung ging das diesbezügliche Vorbringen von Ziegler nicht über höchst allgemeine und unsubstantiierte Behauptungen hinaus. Und zum anderen haben sich im Gerichtsverfahren keine Anhaltspunkte ergeben, dass dieselben Bediensteten der Kommission, die diese Kostenvorschläge bearbeiteten, auch mit der Verfolgung und Ahndung des Umzugskartells betraut gewesen wären.

149. Die wirksame Durchsetzung der Wettbewerbsregeln der Verträge, welche zu den Kernaufgaben der Kommission gehört, wäre erheblich gefährdet, wenn diese Behörde automatisch ihre Zuständigkeit zur Verfolgung und Ahndung von Zuwiderhandlungen verlöre, sobald auch nur entfernt die finanziellen Interessen der Union oder ihrer Bediensteten betroffen sind. Wie nicht zuletzt der vorliegende Fall anschaulich zeigt, ließe sich dieses Vollzugsproblem – entgegen der Auffassung von Ziegler – auch durch die Einschaltung einer oder mehrerer nationaler Wettbewerbsbehörden anstelle der Kommission nicht verlässlich lösen, können doch nationale Stellen ebenfalls Opfer der jeweiligen Kartelle sein(116).

150. Alles in allem kann somit dem Gericht nicht ernsthaft vorgeworfen werden, es habe die Anforderungen verkannt, die sich für den vorliegenden Fall aus den Grundsätzen des fairen Verfahrens und der guten Verwaltung ergeben.

151. Dies gilt umso mehr, als die Kommission als Verwaltungsbehörde nicht den gleichen strengen Anforderungen genügen muss wie ein unabhängiges Gericht im Sinne von Art. 47 der Charta der Grundrechte. Vielmehr unterliegen die Handlungen der Kommission, einschließlich ihrer kartellrechtlichen Bußgeldentscheidungen, ihrerseits einer unabhängigen richterlichen Kontrolle durch die Unionsgerichte(117). Die Kommission ist folglich in einem Fall wie dem vorliegenden, anders als Ziegler zu meinen scheint(118), gerade nicht Ankläger und Richter zugleich.

c)      Zwischenergebnis

152. Auch der zweite Teil des dritten Rechtsmittelgrundes ist also unbegründet. Folglich ist dieser Rechtsmittelgrund in seiner Gesamtheit zurückzuweisen.

4.      Zum Grundsatz der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung (vierter Rechtsmittelgrund)

153. Mit ihrem vierten und letzten Rechtsmittelgrund wendet sich Ziegler gegen die Randnrn. 165 bis 172 des angefochtenen Urteils. In jener Urteilspassage setzt sich das Gericht mit der Frage auseinander, ob die wirtschaftlichen Schwierigkeiten von Ziegler beim Erlass der streitigen Entscheidung eine Ermäßigung der gegen sie verhängten Geldbuße erfordert hätten und ob die Kommission Ziegler diesbezüglich schlechter behandelt hat als Interdean NV, ein weiteres am Umzugskartell beteiligtes Unternehmen.

154. Die Rechtsmittelführerin wirft dem Gericht vor, anlässlich der Überprüfung der streitigen Entscheidung „den allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung“ missachtet zu haben. Die vom Gericht übersehene Ungleichbehandlung soll darin liegen, dass im Verwaltungsverfahren Interdean auf der Grundlage von Ziff. 37 der Bußgeldleitlinien von 2006 eine 70%ige Ermäßigung ihrer Geldbuße gewährt wurde, während die Situation von Ziegler nicht einmal einer Prüfung anhand jener Bestimmung der Bußgeldleitlinien unterzogen wurde, obwohl Ziegler sich nach eigenen Angaben ebenfalls in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand.

155. Wie bereits erwähnt(119), ist der Grundsatz der Gleichbehandlung ein in den Art. 20 und 21 der Charta der Grundrechte verankerter allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, dem im Zusammenhang mit der Verhängung von Geldbußen in Kartellfällen erhebliche Bedeutung zukommt. Dieser Grundsatz besagt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist(120).

156. Dabei ist die Vergleichbarkeit verschiedener Sachverhalte in Anbetracht aller Merkmale zu beurteilen, die sie kennzeichnen. Diese Merkmale sind u. a. im Lichte des Gegenstands und des Ziels der Unionsmaßnahme, die die fragliche Unterscheidung einführt, zu bestimmen und zu beurteilen(121). Außerdem sind die Grundsätze und Ziele des Regelungsbereichs zu berücksichtigen, in den diese Maßnahme fällt(122).

157. Im vorliegenden Fall behauptet Ziegler, das Gericht hätte ihre Situation speziell unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Leistungsfähigkeit als mit der von Interdean vergleichbar ansehen und im Rahmen von Ziff. 37 der Bußgeldleitlinien berücksichtigen müssen.

158. Zu prüfen ist deshalb, ob eine behauptete geringe Leistungsfähigkeit – ihr Vorliegen einmal unterstellt – für sich allein genommen die Situationen zweier Unternehmen im Hinblick auf Gegenstand und Ziele von Ziff. 37 der Bußgeldleitlinien von 2006 vergleichbar machen kann.

159. Dazu ist anzumerken, dass Ziff. 37 der Bußgeldleitlinien von 2006 es der Kommission ermöglicht, eine Geldbuße aufgrund der „besonderen Umstände“ des jeweiligen Einzelfalls anders zu berechnen als in der allgemeinen Methode gemäß jenen Leitlinien festgelegt. Die Anwendung von Ziff. 37 kann also sowohl zu einer Erhöhung als auch zu einer Ermäßigung der nach der allgemeinen Methode berechneten Geldbuße führen.

160. Für den Fall einer Bußgeldermäßigung knüpft allerdings die in Ziff. 37 der Bußgeldleitlinien von 2006 vorgesehene Regelung – anders als jene in Ziff. 35 – nicht in erster Linie an die fehlende oder verminderte Leistungsfähigkeit eines Unternehmens in einem gegebenen sozialen und ökonomischen Umfeld an. Vielmehr hängen die beiden erwähnten Bestimmungen der Bußgeldleitlinien von 2006 von unterschiedlichen Voraussetzungen ab und verfolgen nicht den gleichen Zweck. Ziff. 37 wäre neben Ziff. 35 als Grundlage für eine ausnahmsweise Ermäßigung von Geldbußen überflüssig, wollte man beide Bestimmungen so auslegen und anwenden, dass sie im Wesentlichen den gleichen Inhalt haben.

161. Selbst wenn also Ziegler zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Entscheidung unter einer verminderten oder gar fehlenden Leistungsfähigkeit im Sinne von Ziff. 35 der Bußgeldleitlinien von 2006 gelitten haben sollte, wäre dieser Umstand für sich allein genommen aus dem Blickwinkel von Ziff. 37 der Leitlinien für die Vergleichbarkeit der Lage jenes Unternehmens mit der von Interdean nicht ausschlaggebend gewesen.

162. Zwar kann die mangelnde Leistungsfähigkeit eines Unternehmens auch im Rahmen der Ziff. 37 der Bußgeldleitlinien von 2006 bei der Beurteilung der besonderen Umstände des jeweiligen Falles – hier: der besonderen finanziellen Umstände – eine gewisse Rolle spielen. Die Hürde für die Gewährung einer Bußgeldermäßigung nach Ziff. 37 muss dann aber deutlich höher angesetzt werden als die im Rahmen von Ziff. 35. Mit anderen Worten setzt die Annahme besonderer finanzieller Umstände im Sinne von Ziff. 37 der Bußgeldleitlinien von 2006 eine außerordentlich starke Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des betreffenden Unternehmens voraus.

163. Ansonsten wäre zu befürchten, dass die strengen Voraussetzungen für eine Bußgeldermäßigung wegen mangelnder Leistungsfähigkeit, wie sie in Ziff. 35 aufgestellt sind, unter Rückgriff auf die vom Wortlaut her sehr viel allgemeiner gefasste Ziff. 37 unterlaufen werden könnten, und es bestünde die ernsthafte Gefahr, dass der absolute Ausnahmecharakter von Bußgeldermäßigungen, wie er Ziff. 35 zugrunde liegt(123), unter Rückgriff auf Ziff. 37 der Bußgeldleitlinien von 2006 ausgehöhlt würde.

164. Zu Recht hat somit das Gericht im Hinblick auf die Anwendung von Ziff. 37 der Bußgeldleitlinien von 2006 verglichen, wie stark sich die nach der allgemeinen Methode festgesetzten Geldbußen auf die Leistungsfähigkeit von Ziegler und Interdean, gemessen an ihrem jeweiligen Jahresumsatz, auswirkten(124). Denn anders als die Rechtsmittelführerin zu meinen scheint, kann nicht jede Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit eines Unternehmens Anlass zu einer Bußgeldermäßigung nach Ziff. 37 jener Leitlinien geben, mag die Ermäßigung auch verschieden hoch ausfallen. Vielmehr dürfen besondere finanzielle Umstände im Sinne von Ziff. 37 der Leitlinien überhaupt nur bei außerordentlich starker Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit eines Unternehmens angenommen werden, die über das Maß der (bloßen) mangelnden Leistungsfähigkeit im Sinne von Ziff. 35 deutlich hinausgeht.

165. Im vorliegenden Fall ist es unstreitig, dass Ziegler – anders als Interdean – weder im Verwaltungsverfahren noch im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren irgendwelche Umstände vorgetragen hat, die auch nur den ersten Anschein begründen würden, dass in ihrem Fall über die behauptete Beeinträchtigung ihrer Leistungsfähigkeit hinaus (Ziff. 35 der Bußgeldleitlinien von 2006) besondere finanzielle Umstände vorliegen könnten, die eine Bußgeldermäßigung gerechtfertigt hätten (Ziff. 37 jener Leitlinien). Die Darlegungslast für das Vorliegen solcher Umstände liegt bei der Partei, die sich darauf beruft. Nichts hinderte Ziegler daran, hierzu geeignete Angaben zu machen, zumal die erforderlichen Informationen in erster Linie aus dem Verantwortungsbereich dieses Unternehmens hätten stammen müssen.

166. Da Ziegler keine geeigneten Angaben gemacht hat, aus denen sich auf das Vorliegen besonderer Umstände im Sinne von Ziff. 37 der Bußgeldleitlinien von 2006 schließen ließe, konnte das Gericht ohne Rechtsfehler annehmen, dass Ziegler und Interdean sich nicht in einer vergleichbaren Lage befanden und mithin kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung anzunehmen war.

167. Alles in allem ist somit auch der vierte Rechtsmittelgrund unbegründet.

C –    Zwischenergebnis

168. Da keiner der von Ziegler vorgebrachten Rechtsmittelgründe durchgreift, ist das Rechtsmittel in seiner Gesamtheit zurückzuweisen.

V –    Kosten

169. Wird das Rechtsmittel, wie ich es im vorliegenden Fall vorschlage, zurückgewiesen, so entscheidet der Gerichtshof über die Kosten (Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung vom 25. September 2012), wobei sich die Einzelheiten aus den Art. 137 bis 146 in Verbindung mit Art. 184 Abs. 1 dieser Verfahrensordnung ergeben(125).

170. Aus Art. 138 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 184 Abs. 1 der Verfahrensordnung folgt, dass die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen ist. Da die Kommission einen entsprechenden Antrag gestellt hat und Ziegler mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind Ziegler die Kosten aufzuerlegen.

VI – Ergebnis

171. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, wie folgt zu entscheiden:

1)      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2)      Die Ziegler SA trägt die Kosten des Verfahrens.


1 – Originalsprache: Deutsch.


2 – Bekanntmachung der Kommission – Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags (ABl. 2004, C 101, S. 81), im Folgenden: „Leitlinien von 2004“.


3 – Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2), im Folgenden: „Bußgeldleitlinien von 2006“.


4 – Entscheidung der Kommission vom 11. März 2008 in einem Verfahren nach Artikel 81 des EG-Vertrags und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/38.543 – Auslandsumzüge), bekannt gegeben unter dem Aktenzeichen K(2008) 926 endg., zusammengefasst in ABl. 2009, C 188, S. 16; im Volltext ist diese Entscheidung allein im Internet auf der Webseite der Kommission, Generaldirektion Wettbewerb, in einer nichtvertraulichen Fassung in französischer Sprache abrufbar (http://ec.europa.eu/competition/antitrust/cases/index.html).


5 – Urteil des Gerichts vom 16. Juni 2011, Ziegler/Kommission (T‑199/08).


6 – Vgl. dazu Rechtssachen Gosselin Group/Kommission u. a. (C‑429/11 P), Kommission/Stichting Administratiekantoor Portielje u. a. (C‑440/11 P) und Team Relocations u. a./Kommission (C‑444/11 P). Am 24. Mai 2012 habe ich ferner in der Rechtssache Kommission/Verhuizingen Coppens (C‑441/11 P) und am 29. November 2012 in der Rechtssache Kommission/Stichting Administratiekantoor Portielje u. a. (C‑440/11 P) Schlussanträge gestellt. In der Rechtssache Kommission/Verhuizingen Coppens (C‑441/11 P) hat der Gerichtshof am 6. Dezember 2012 sein Urteil gesprochen.


7 – Randnr. 3 des angefochtenen Urteils.


8 – Randnr. 2 des angefochtenen Urteils.


9 – Allied Arthur Pierre, Compas, Coppens, Gosselin, Interdean, Mozer, Putters, Team Relocations, Transworld und Ziegler (vgl. etwa den 345. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung).


10 – Diese Zeiträume betrugen zwischen drei Monaten und mehr als 18 Jahren.


11 – Vgl. insbesondere den 307., 314. und 345. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung.


12 – Vgl. dazu den 121. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung und Randnrn. 10 und 13 bis 15 des angefochtenen Urteils.


13 – Vgl. dazu den 123. bis 153. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung.


14 – Art. 1 der streitigen Entscheidung.


15 – Die einzelnen Geldbußen betrugen zwischen 1 500 Euro und 9 200 000 Euro.


16 – Vgl. dazu neben dem angefochtenen Urteil vier weitere Urteile des Gerichts vom 16. Juni 2011 in den Rechtssachen Team Relocations u. a./Kommission (T‑204/08 und T‑212/08, Slg. 2011, II‑3569), Gosselin Group u. a./Kommission (T‑208/08 und T‑209/08, Slg. 2011, II‑3639), Verhuizingen Coppens/Kommission (T‑210/08, Slg. 2011, II‑3713) und Putters International/Kommission (T‑211/08, Slg. 2011, II‑3729).


17 – Keinen Erfolg hatte ferner ein Antrag von Ziegler auf Aussetzung der Vollziehung von Art. 2 der streitigen Entscheidung und auf Befreiung von der Notwendigkeit, eine Bankbürgschaft zu stellen; vgl. Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 15. Januar 2009, Ziegler/Kommission (T‑199/08 R), und Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 30. April 2010, Ziegler/Kommission (C‑113/09 P [R]).


18 – Urteile vom 6. Oktober 2009, GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission u. a. (C‑501/06 P, C‑513/06 P, C‑515/06 P und C‑519/06 P, Slg. 2009, I‑9291, Randnrn. 23 bis 26), und vom 21. Dezember 2011, Iride/Kommission (C‑329/09 P, Randnrn. 48 bis 51).


19 – Urteile GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission u. a. (zitiert in Fn. 18, Randnrn. 23 bis 26) und vom 21. Dezember 2011, Frankreich/People’s Mojahedin Organization of Iran (C‑27/09 P Slg. 2011, I‑13427, Randnrn. 43 bis 50).


20 – Urteile vom 19. Oktober 1995, Rendo u.a. /Kommission (C‑19/93 P, Slg. 1995, I‑3319, Randnr. 13, letzter Satz), vom 14. September 2010, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission („Akzo und Akcros“, C‑550/07 P, Slg. 2010, I‑8301, Randnrn. 22 und 23), GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission u. a. (zitiert in Fn. 18, Randnr. 23) und Frankreich/People’s Mojahedin Organization of Iran (zitiert in Fn. 19, Randnr. 43).


21 – Urteil GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission u. a. (zitiert in Fn. 18, Randnr. 15).


22 – Urteil Iride/Kommission (zitiert in Fn. 18, Randnr. 48).


23 – Vgl. dazu unten, Nr. 27 dieser Schlussanträge.


24 – Urteile vom 9. Juni 2011, Comitato „Venezia vuole vivere“ u. a./Kommission (C‑71/09 P, C‑73/09 P und C‑76/09 P, Slg. 2011, I‑4727, Randnr. 118), und vom 9. Juni 2011, Diputación Foral de Vizcaya/Kommission (C‑465/09 P bis C‑470/09 P, Randnr. 171); im selben Sinne Urteile vom 9. Juni 1992, Lestelle/Kommission (C‑30/91 P, Slg. 1992, I‑3755, Randnrn. 27 und 28), vom 30. September 2003, Biret International/Rat (C‑93/02 P, Slg. 2003, I‑10497, Randnrn. 59 bis 65), und vom 9. September 2008, FIAMM u. a./Rat und Kommission (C‑120/06 P und C‑121/06 P, Slg. 2008, I‑6513, insbesondere Randnr. 187).


25 – In diesem Sinne der Beschluss vom 27. September 2004, UER/M6 u. a. (C‑470/02 P, Randnr. 69), und das Urteil vom 21. September 2010, Schweden/API und Kommission (C‑514/07 P, C‑528/07 P und C‑532/07 P, Slg. 2010, I‑8533, Randnr. 65).


26 – Randnrn. 56 bis 63 des angefochtenen Urteils.


27 – Die Rechtsmittelführerin greift die unmittelbar folgende Urteilspassage in den Randnrn. 64 bis 74 des angefochtenen Urteils an, welche nicht dem Schwellenwert von 40 Mio. Euro, sondern dem Schwellenwert von 5 % Marktanteil gewidmet ist (vgl. dazu den ersten Rechtsmittelgrund).


28 – Urteile vom 30. September 2003, Eurocoton u. a./Rat (C‑76/01 P, Slg. 2003, I‑10091, Randnr. 52), vom 6. November 2008, Griechenland/Kommission (C‑203/07 P, Slg. 2008, I‑8161, Randnrn. 42 und 43), und vom 29. September 2011, Arkema/Kommission (C‑520/09 P, Slg. 2011, I‑8901, Randnr. 31).


29 – Urteile vom 18. März 1993, Parlament/Frederiksen (C‑35/92 P, Slg. 1993, I‑991, Randnr. 31), FIAMM u. a./Rat und Kommission (zitiert in Fn. 24, Randnrn. 187 bis 189) und Frankreich/People’s Mojahedin Organization of Iran (zitiert in Fn. 19, Randnr. 79).


30 – Urteil vom 1. Juli 2010, Knauf Gips/Kommission (C‑407/08 P, Slg. 2010, I‑6371, Randnrn. 89 bis 91).


31 – Urteile vom 13. Juli 1966, Consten und Grundig/Kommission (56/64 und 58/64, Slg. 1966, 322, 389), vom 6. März 1974, Commercial Solvents/Kommission (6/73 und 7/73, Slg. 1974, 223, Randnr. 31), vom 25. Oktober 2001, Ambulanz Glöckner (C‑475/99, Slg. 2001, I‑8089, Randnr. 47), und vom 23. November 2006, Asnef-Equifax (C‑238/05, Slg. 2006, I‑11125, Randnr. 33).


32 – Urteile vom 21. Januar 1999, Bagnasco u. a. (C‑215/96 und C‑216/96, Slg. 1999, I‑135, Randnr. 60), Ambulanz Glöckner (zitiert in Fn. 31, Randnr. 48), Asnef-Equifax (zitiert in Fn. 31, Randnr. 34), vom 1. Juli 2008, MOTOE (C‑49/07, Slg. 2008, I‑4863, Randnr. 39), und vom 24. September 2009, Erste Group Bank u. a./Kommission (C‑125/07 P, C‑133/07 P, C‑135/07 P und C‑137/07 P, Slg. 2009, I‑8681, Randnr. 36).


33 – Urteile Asnef-Equifax (zitiert in Fn. 31, Randnr. 35) und Erste Group Bank u. a./Kommission (zitiert in Fn. 32, Randnrn. 37, 46 und 66).


34 – Ziff. 52 Buchst. a und Ziff. 53 der Leitlinien von 2004.


35 – Randnrn. 66 und 67 des angefochtenen Urteils.


36 – Randnr. 68 des angefochtenen Urteils.


37 – Randnr. 69 des angefochtenen Urteils.


38 – Randnr. 70 des angefochtenen Urteils.


39 – Randnr. 72 des angefochtenen Urteils.


40 – Urteile vom 14. Mai 1998, Rat/de Nil und Impens (C‑259/96 P, Slg. 1998, I‑2915, Randnrn. 32 und 33), vom 2. April 2009, France Télécom/Kommission (C‑202/07 P, Slg. 2009, I‑2369, Randnr. 29), und vom 14. Oktober 2010, Deutsche Telekom/Kommission (C‑280/08 P, Slg. 2010, I‑9555, Randnr. 136).


41 – Beispiele für die Überprüfung von Entscheidungsgründen des Gerichts auf Widersprüchlichkeit finden sich etwa in den Urteilen vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni (C‑49/92 P, Slg. 1999, I‑4125, Randnr. 202), und vom 13. März 2012, Melli Bank/Rat (C‑380/09 P, Randnr. 41); vgl. außerdem das Urteil vom 16. Dezember 2008, Masdar (UK)/Kommission (C‑47/07 P, Slg. 2008, I‑9761, Randnr. 76).


42 – Randnr. 68 des angefochtenen Urteils.


43 – Randnr. 70 des angefochtenen Urteils.


44 – Randnr. 72 des angefochtenen Urteils.


45 – Ziff. 25 der Leitlinien von 2004.


46 – Randnr. 66 des angefochtenen Urteils.


47 – Randnr. 11 des angefochtenen Urteils und zweiter Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung.


48 – Randnr. 70 des angefochtenen Urteils.


49 – Ziff. 3 der Leitlinien von 2004.


50 – Ziff. 50, letzter und vorletzter Satz, der Leitlinien von 2004.


51 – In diesem Sinne Urteile vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission („Dansk Rørindustri“, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnr. 211), vom 21. September 2006, JCB Service/Kommission (C‑167/04 P, Slg. 2006, I‑8935, Randnrn. 207 und 208), Arkema/Kommission (zitiert in Fn. 28, Randnr. 88), und vom 8. Dezember 2011, KME u. a./Kommission (C‑272/09 P, Slg. 2011, I‑12789, Randnr. 100); im selben Sinne, bezogen auf das Recht der staatlichen Beihilfen, z. B. das Urteil vom 5. Oktober 2000, Deutschland/Kommission (C‑288/96, Slg. 2000, I‑8237, Randnr. 62); vgl. ferner – außerhalb des Wettbewerbsrechts – Urteil vom 1. Dezember 1983, Blomefield/Kommission (190/82, Slg. 1983, 3981, Randnr. 20).


52 – Ziff. 55 der Leitlinien von 2004.


53 – Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (ABl. 1997, C 372, S. 5), in Fn. 41 der Leitlinien von 2004 zitiert.


54 – Ziff. 10 der Bekanntmachung über die Definition des relevanten Marktes.


55 – Ziff. 12 der Bekanntmachung über die Definition des relevanten Marktes.


56 – Beschluss vom 17. September 1996, San Marco/Kommission (C‑19/95 P, Slg. 1996, I‑4435, Randnr. 39), sowie Urteile vom 1. Juni 1994, Kommission/Brazzelli Lualdi u. a. (C‑136/92 P, Slg. 1994, I‑1981, Randnr. 49), vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission (C‑521/09 P, Slg. 2011, I‑8947, Randnr. 68), Comitato „Venezia vuole vivere“/Kommission (zitiert in Fn. 24, Randnr. 149), und vom 19. Juli 2012, AOI u. a./Kommission u. a. („AOI“, C‑628/10 P und C‑14/11 P, Randnr. 85).


57 – Randnr. 71, dritter Satz, des angefochtenen Urteils.


58 – In Randnr. 15 des Schriftsatzes der Kommission vom 22. März 2010 wird der Gesamtumfang des Marktes für internationale Umzugsdienste in Belgien mit 67,5 Mio. Euro beziffert, wenn die von den Umzugsunternehmen in ihrer Eigenschaft als Subunternehmer erzielten Umsätze unberücksichtigt bleiben.


59 – Vgl. Randnr. 71 des angefochtenen Urteils: „Drittens hat die Klägerin auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, …“


60 – In Randnr. 71 des angefochtenen Urteils führt das Gericht ausdrücklich eine Berichtigung der von der Kommission ermittelten Zahlenangaben zur Marktgröße durch, die mit der doppelten Erfassung der in Subunternehmereigenschaft erbrachten Umzugsdienstleistungen zu tun hat.


61 – Vgl. dazu die in Fn. 56 angeführte Rechtsprechung.


62 – Urteile vom 9. Juli 1969, Völk (5/69, Slg. 1969, 295, Randnr. 5), vom 6. Mai 1971, Cadillon (1/71, Slg. 1971, 351, Randnr. 6), vom 11. Juli 1985, Remia u. a./Kommission (42/84, Slg. 1985, 2545, Randnr. 22), Bagnasco u. a. (zitiert in Fn. 32, Randnr. 47), Asnef-Equifax (zitiert in Fn. 31, Randnr. 34) und Erste Group Bank u. a./Kommission (zitiert in Fn. 32, Randnr. 36).


63 – Urteile vom 15. Dezember 1994, DLG (C‑250/92, Slg. 1994, I‑5641, Randnr. 54), Bagnasco u. a. (zitiert in Fn. 32, Randnr. 47), Asnef-Equifax (zitiert in Fn. 31, Randnr. 35) und Erste Group Bank u. a./Kommission (zitiert in Fn. 32, Randnr. 37).


64 – In diesem Sinne Urteile vom 1. Februar 1978, Miller International Schallplatten/Kommission (19/77, Slg. 1978, 131, Randnr. 9), und vom 25. Oktober 1983, AEG-Telefunken/Kommission (107/82, Slg. 1983, 3151, Randnrn. 56 bis 58); im Urteil vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission (100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnr. 86 in Verbindung mit Randnr. 82), wurden sogar Marktanteile von unter 5 % als ausreichend angesehen, um von einer spürbaren Handelsbeeinträchtigung auszugehen.


65 – Urteile vom 17. Oktober 1972, Vereeniging van Cementhandelaren/Kommission (8/72, Slg. 1972, 977, Randnr. 29), Remia u. a./Kommission (zitiert in Fn. 62, Randnr. 22 am Ende), Asnef-Equifax (zitiert in Fn. 31, Randnr. 37) und Erste Group Bank u. a./Kommission (zitiert in Fn. 32, Randnr. 38).


66 – Die Adressatinnen der Bußgeldentscheidung haben ihren Sitz teils innerhalb, teils außerhalb Belgiens (vgl. Art. 4 der streitigen Entscheidung).


67 – Im selben Sinne, bezogen auf die Tätigkeit von Reisevermittlern, Urteil vom 1. Oktober 1987, Vlaamse Reisbureaus (311/85, Slg. 1987, 3801, Randnr. 18).


68 – Vgl. dazu die Ausführungen des Gerichts zu den vom Umzugskartell betroffenen Dienstleistungen in Randnr. 11 sowie seine Ausführungen zur „Beschreibung des relevanten Sektors“ in Randnrn. 70 und 71, also im unmittelbaren Vorfeld der hier streitigen Randnr. 73 des angefochtenen Urteils.


69 – Vgl. dazu oben, Nr. 56 dieser Schlussanträge.


70 – Wie der zugrunde gelegte Umsatz genau zu bestimmen ist, ergibt sich aus den Ziff. 13 bis 18 der Bußgeldleitlinien von 2006.


71 – Ziff. 19 der Bußgeldleitlinien von 2006.


72 – Ziff. 25 der Bußgeldleitlinien von 2006.


73 – Randnr. 92 in Verbindung mit Randnr. 91 des angefochtenen Urteils; zum Abschreckungsfaktor vgl. zusätzlich Randnr. 94 jenes Urteils.


74 – 543. und 556. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung sowie Randnrn. 93 und 94 des angefochtenen Urteils.


75 – Randnr. 93 des angefochtenen Urteils.


76 – Vgl. dazu oben, Nr. 32 dieser Schlussanträge.


77 – Urteile vom 4. Juli 1963, Deutschland/Kommission (24/62, Slg. 1963, 143, 155), vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France (C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, 63), vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony/Impala (C‑413/06 P, Slg. 2008, I‑4951, Randnr. 166), und AOI (zitiert in Fn. 56, Randnr. 72); im selben Sinne außerdem Urteile vom 20. März 1957, Geitling/Hohe Behörde (2/56, Slg. 1957, 11, Randnr. 37), und vom 26. November 1975, Groupement des fabricants de papiers peints de Belgique u. a./Kommission („Papiers peints“, 73/74, Slg. 1975, 1491, Randnr. 30).


78 – Urteil KME u. a./Kommission (zitiert in Fn. 51, Randnr. 101) sowie Urteile vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission (C‑386/10 P, Slg. 2011, I‑13085, Randnr. 61) und KME Germany u. a./Kommission (C‑389/10 P, Slg. 2011, I‑13125, Randnr. 128).


79 – Urteile Deutsche Telekom/Kommission (zitiert in Fn. 40, Randnr. 131) und Elf Aquitaine/Kommission (zitiert in Fn. 56, Randnr. 150).


80 – Urteile Papiers peints (zitiert in Fn. 77, Randnr. 31), vom 11. Dezember 2008, Kommission/Département du Loiret (C‑295/07 P, Slg. 2008, I‑9363, Randnr. 44), und Elf Aquitaine/Kommission (zitiert in Fn. 56, Randnr. 155).


81 – Urteile vom 26. Juni 2012, Polen/Kommission (C‑335/09 P, Randnr. 152), und vom 15. November 2012, Rat/Bamba (C‑417/11 P, Randnr. 54).


82 – Urteile Kommission/Sytraval und Brink’s France (zitiert in Fn. 77, Randnr. 63), Bertelsmann und Sony/Impala (zitiert in Fn. 77, Randnrn. 166 und 178), Deutsche Telekom/Kommission (zitiert in Fn. 40, Randnr. 131) und Elf Aquitaine/Kommission (zitiert in Fn. 56, Randnr. 150).


83 – Ziff. 23 und 25 in Verbindung mit Ziff. 21 und 22 der Bußgeldleitlinien von 2006.


84 – Vgl. nochmals Ziff. 23 der Bußgeldleitlinien von 2006.


85 – Zum Kriterium des berechtigten Interesses bei der Beurteilung der Begründung von Unionsrechtsakten vgl. oben, Nr. 98 dieser Schlussanträge.


86 – Vgl. nochmals Ziff. 25 der Bußgeldleitlinien von 2006.


87 – Vgl. Ziff. 23, zweiter Satz, der Bußgeldleitlinien von 2006.


88 – Vgl. in diesem Sinne auch Randnr. 92 des angefochtenen Urteils.


89 – Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (unterzeichnet in Rom am 4. November 1950).


90 – Urteile Dansk Rørindustri (zitiert in Fn. 51, Randnrn. 88 und 89), France Télécom/Kommission (zitiert in Fn. 40, Randnr. 60) und AOI (zitiert in Fn. 56, Randnr. 111).


91 – Da die Rechtsmittelschrift vor dem 1. November 2012 eingereicht wurde, ist für die Beurteilung ihrer Zulässigkeit die Verfahrensordnung des Gerichtshofs vom 19. Juni 1991 maßgebend.


92 – Vgl. dazu soeben, Nrn. 94 bis 106 dieser Schlussanträge.


93 – Vgl. etwa Urteil vom 12. September 2006, Eman und Sevinger (C‑300/04, Slg. 2006, I‑8055, Randnr. 57).


94 – Urteil Akzo und Akcros (zitiert in Fn. 20, Randnr. 54).


95 – Urteile vom 16. November 2000, Weig/Kommission (C‑280/98 P, Slg. 2000, I‑9757, Randnrn. 63 bis 68) und Sarrió/Kommission (C‑291/98 P, Slg. 2000, I‑9991, Randnrn. 97 bis 100), Urteil Dansk Rørindustri (zitiert in Fn. 51, Randnr. 304) sowie jüngst Urteil AOI (zitiert in Fn. 56, Randnr. 58); vgl. außerdem Nrn. 48 bis 53 meiner Schlussanträge vom 12. Januar 2012 in der Rechtssache AOI.


96 – Zu den rechtlichen Anforderungen an die Genauigkeit des Vorbringens von Rechtsmittelführern vgl., statt vieler, Urteile France Télécom/Kommission (zitiert in Fn. 40, Randnr. 55), vom 11. September 2007, Lindorfer/Rat (C‑227/04 P, Slg. 2007, I‑6767, Randnrn. 82 bis 84), und vom 24. März 2011, ISD Polska u. a. (C‑369/09 P, Randnr. 66).


97 – Zum Ermessen der Kommission bei der Berechnung von kartellrechtlichen Geldbußen vgl. allgemein die Urteile vom 29. Juni 2006, SGL Carbon/Kommission (C‑308/04 P, Slg. 2006, I‑5977, Randnr. 46), vom 25. Januar 2007, Dalmine/Kommission (C‑407/04 P, Slg. 2007, I‑829, Randnr. 133), und vom 10. Mai 2007, SGL Carbon/Kommission (C‑328/05 P, Slg. 2007, I‑3921, Randnr. 43).


98 – Vgl. in diesem Sinne Urteile JCB Service/Kommission (zitiert in Fn. 51, Randnr. 205), vom 3. September 2009, Prym und Prym Consumer/Kommission (C‑534/07 P, Slg. 2009, I‑7415, Randnr. 98), und vom 19. April 2012, Tomra Systems u. a./Kommission (C‑549/10 P, Randnrn. 104 bis 108).


99 – Vgl. ergänzend die Urteile KME u. a./Kommission (zitiert in Fn. 51, Randnrn. 103 und 106), Chalkor/Kommission (zitiert in Fn. 78, Randnrn. 63 und 67) und KME Germany u. a./Kommission (zitiert in Fn. 78, Randnrn. 130 und 133).


100 – Vgl. oben, Nr. 44 und Fn. 40 dieser Schlussanträge.


101 – Randnr. 94 des angefochtenen Urteils.


102 – Urteile vom 7. Juni 2007, Wunenburger/Kommission (C‑362/05 P, Slg. 2007, I‑4333, Randnr. 80), und vom 20. Mai 2010, Gogos/Kommission (C‑583/08 P, Slg. 2010, I‑4469, Randnr. 35).


103 – Urteile vom 1. Oktober 1991, Vidrányi/Kommission (C‑283/90 P, Slg. 1991, I‑4339, Randnr. 29), vom 17. Dezember 1992, Moritz/Kommission (C‑68/91 P, Slg. 1992, I‑6849, Randnrn. 37 bis 39), und Gogos/Kommission (zitiert in Fn. 102, Randnr. 29).


104 – Urteil France Télécom/Kommission (zitiert in Fn. 40, Randnr. 41).


105 – Vgl. dazu meine Ausführungen zum zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes (unten, Nrn. 139 bis 150 dieser Schlussanträge).


106 – Urteile Wunenburger/Kommission (zitiert in Fn. 102, Randnr. 80) und Gogos/Kommission (zitiert in Fn. 102, Randnr. 35).


107 – Urteile vom 29. Oktober 1980, van Landewyck u. a./Kommission (209/78 bis 215/78 und 218/78, Slg. 1980, 3125, Randnr. 81), und Musique Diffusion française u. a./Kommission (zitiert in Fn. 64, 1825, Randnr. 7); im selben Sinne außerdem jüngst EGMR, Urteil Menarini/Italien vom 27. September 2011 (Beschwerde-Nr. 43509/08, noch nicht im Recueil des arrêts et décisions veröffentlicht, §§ 58 und 59, bezogen auf die italienische Wettbewerbsbehörde, die Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato).


108 – Dass im kartellrechtlichen Verwaltungsverfahren vor der Kommission nicht Art. 47, sondern Art. 41 der Charta der Grundrechte zur Anwendung kommt, lässt sich auch den Urteilen vom 25. Oktober 2011, Solvay/Kommission (C‑109/10 P, Slg. 2011, I‑10329, Randnr. 53, letzter Satz) und Solvay/Kommission (C‑110/10 P, Slg. 2011, I‑10439, Randnr. 48, letzter Satz), entnehmen.


109 – In diesem Sinne – bezogen auf die Unparteilichkeit von Gerichten – Urteil vom 19. Februar 2009, Gorostiaga Atxalandabaso/Parlament (C‑308/07 P, Slg. 2009, I‑1059, Randnr. 46), und Beschluss vom 15. Dezember 2011, Altner/Kommission (C‑411/11 P, Randnr. 15); vgl. außerdem den Beschluss des EGMR vom 27. August 2002, Didier/Frankreich (Beschwerde-Nr. 58188/00, Recueil des arrêts et décisions 2002-VII, § 2).


110 – In der Verfahrenssprache: „… des fonctionnaires de la Commission étaient impliqués en tant que demandeurs de devis de complaisance fournis par les entreprises de déménagement concernées …“


111 – Im selben Sinne die Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Villalón vom 26. Juni 2012 in der Rechtssache Otis u. a. (C‑199/11, Nrn. 56 bis 71), der eine ähnliche Problematik aus dem Blickwinkel eines von der Kommission gegen kartellbeteiligte Unternehmen angestrengten Zivilprozesses beleuchtet. Der Gerichtshof hat den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits in der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2012 Gelegenheit gegeben, sich zu jenen Schlussanträgen zu äußern.


112 – In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass der 598. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung von der Rechtsmittelführerin nicht zutreffend zitiert wird. Anders als nämlich von Ziegler unterstellt, hat sich die Kommission in jenem Erwägungsgrund keineswegs als „eines der Hauptopfer“ des Umzugskartells dargestellt. Vielmehr heißt es dort sehr viel allgemeiner, dass „belgische und internationale öffentliche Einrichtungen“ zu den „Hauptopfern“ der Praxis der Schutzangebote „zu zählen scheinen“. Ähnlich verhält es sich mit der Klagebeantwortung der Kommission aus erster Instanz, auf deren Randnr. 1 Ziegler Bezug nimmt: Auch dort heißt es lediglich allgemein, dass unter den natürlichen Personen, deren Umzüge betroffen waren, Bedienstete der europäischen Einrichtungen seien, einschließlich solche der Kommission.


113 – Art. 1 der Geschäftsordnung der Kommission (vgl. auch Art. 17 Abs. 6 Buchst. b EUV).


114 – Art. 217 Abs. 2 EG (nunmehr Art. 17 Abs. 6 Buchst. b EUV und Art. 248 AEUV).


115 – Vgl. dazu auch das Urteil vom 6. November 2012, Otis u. a. (C‑199/11, Randnr. 64); ähnlich bereits die Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Villalón in jener Rechtssache (zitiert in Fn. 111, insbesondere Nr. 41).


116 – Vgl. dazu nochmals den 598. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung, wonach „belgische und internationale öffentliche Einrichtungen“ zu den „Hauptopfern“ der Praxis der Schutzangebote „zu zählen scheinen“.


117 – Zur fehlenden Gerichtseigenschaft der Kommission vgl. die oben in Fn. 107 angeführte Rechtsprechung; zur gerichtlichen Kontrolle der Handlungen der Kommission vgl. insbesondere Urteile KME u. a./Kommission (zitiert in Fn. 51, Randnrn. 102 bis 106), Chalkor/Kommission (zitiert in Fn. 78, Randnrn. 62 bis 67), KME Germany u. a./Kommission (zitiert in Fn. 78, Randnrn. 129 bis 133) und Otis u. a. (zitiert in Fn. 115, Randnrn. 59 bis 64).


118 – Ziegler stützt ihr schriftliches und mündliches Vorbringen zum dritten Rechtsmittelgrund u. a. auf das Urteil des EGMR vom 15. Dezember 2005, Kyprianou/Zypern (Beschwerde-Nr. 73797/01, Recueil des arrêts et décisions 2005-XIII, § 127), in dem ausgeführt wird, dass die Vermischung der Rollen von Beschwerdeführer, Zeuge, Ankläger und Richter begründete Zweifel an der Unparteilichkeit eines Gerichts wecken können („… la confusion des rôles entre plaignant, témoin, procureur et juge peut à l’évidence susciter des craintes objectivement justifiées quant à la conformité de la procédure au principe établi en vertu duquel nul ne peut être juge en sa propre cause et, en conséquence, quant à l’impartialité du tribunal …“).


119 – Vgl. oben, Nr. 115 dieser Schlussanträge.


120 – Urteile vom 10. Januar 2006, IATA und ELFAA (C‑344/04, Slg. 2006, I‑403, Randnr. 95), vom 16. Dezember 2008, Arcelor Atlantique et Lorraine u. a. („Arcelor“, C‑127/07, Slg. 2008, I‑9895, Randnr. 23), sowie Akzo und Akcros (zitiert in Fn. 20, Randnr. 54).


121 – Urteile Arcelor (zitiert in Fn. 120, Randnrn. 25 und 26), vom 1. März 2011, Association Belge des Consommateurs Test-Achats u. a. (C‑236/09, Slg. 2011, I‑773, Randnr. 29), vom 17. März 2011, AJD Tuna (C‑221/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 93), und vom 12. Mai 2011, Luxemburg/Parlament und Rat (C‑176/09, Slg. 2011, I‑3727 Randnr. 32).


122 – Urteile Arcelor (zitiert in Fn. 120, Randnr. 26) und Luxemburg/Parlament und Rat (zitiert in Fn. 121, Randnr. 32).


123 – Vgl. die einleitende Formulierung von Ziff. 35 der Bußgeldleitlinien von 2006: „Unter außergewöhnlichen Umständen …“


124 – Randnr. 171 des angefochtenen Urteils.


125 – Gemäß dem allgemeinen Grundsatz, dass neue Verfahrensregeln auf alle zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens anhängigen Rechtsstreitigkeiten Anwendung finden (ständige Rechtsprechung, vgl. nur Urteil vom 12. November 1981, Meridionale Industria Salumi u. a., 212/80 bis 217/80, Slg. 1981, 2735, Randnr. 9), richtet sich die Kostenentscheidung im vorliegenden Fall nach der Verfahrensordnung des Gerichtshofs vom 25. September 2012, die am 1. November 2012 in Kraft getreten ist (im selben Sinne Urteil Kommission/Verhuizingen Coppens, zitiert in Fn. 6, Randnrn. 83 bis 85). Inhaltlich besteht allerdings kein Unterschied zu Art. 69 § 2 in Verbindung mit den Art. 118 und 122 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs vom 19. Juni 1991.