Language of document : ECLI:EU:C:2011:784

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

YVES BOT

vom 29. November 2011(1)

Rechtssache C‑307/10

Chartered Institute of Patent Attorneys

gegen

Registrar of Trade Marks

(Vorabentscheidungsersuchen von The Person Appointed by the Lord Chancellor under Section 76 of the Trade Marks Act 1994, on Appeal from the Registrar of Trade Marks, übermittelt vom High Court of Justice [England & Wales], Vereinigtes Königreich)

„Marken – Richtlinie 2008/95/EG – Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Schutzumfang der Marke – Angabe der Waren und Dienstleistungen, für die Markenschutz beantragt wird – Erfordernisse der Klarheit und Eindeutigkeit – Verwendung der Klassenüberschriften der Nizzaer Klassifikation – Mitteilung Nr. 4/03 des Präsidenten des HABM“





1.        Die beiden wesentlichen Bestandteile der Eintragung einer Marke sind einerseits das Zeichen und andererseits die Waren und Dienstleistungen, deren Bezeichnung das Zeichen dient. Mit jedem dieser Bestandteile lässt sich der genaue Gegenstand des Schutzes bestimmen, den die eingetragene Marke ihrem Inhaber gewährt.

2.        Im Urteil Sieckmann(2) hat der Gerichtshof die Voraussetzungen benannt, die ein Zeichen erfüllen muss, damit es eine Marke sein kann. Die vorliegende Rechtssache bietet ihm nun die Gelegenheit, die Regeln für die Angabe der Waren oder Dienstleistungen, für die Markenschutz beantragt wird, festzulegen und indirekt die Reichweite der bisher vom Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) angewandten Regeln zu beurteilen. Diese Frage ist zu einem Zeitpunkt, da die nationalen Markenämter und das HABM voneinander abweichende Verfahren entwickeln, die zu unterschiedlichen – den vom Unionsgesetzgeber verfolgten Zielen zuwiderlaufenden – Voraussetzungen für die Eintragung führen, von besonderer Bedeutung.

I –    Rechtlicher Rahmen

A –    Abkommen von Nizza

3.        Das Abkommen von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 (in der geänderten und revidierten Fassung)(3) wurde auf der Grundlage von Art. 19 der Übereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums(4) geschlossen, die das Markenrecht völkerrechtlich regelt. Gemäß Art. 1 des Abkommens von Nizza bezweckt dieses, die Eintragung von Marken dank der Nizzaer Klassifikation zu erleichtern.

4.        Art. 2 des Abkommens von Nizza legt die rechtliche Bedeutung und die Anwendung der Nizzaer Klassifikation fest. Er bestimmt:

„(1) Vorbehaltlich der sich aus diesem Abkommen ergebenden Verpflichtungen hat die Klassifikation die Wirkung, die ihr jedes Land des besonderen Verbandes beilegt. Insbesondere bindet die Klassifikation die Länder des besonderen Verbandes weder hinsichtlich der Beurteilung des Schutzumfangs der Marke noch hinsichtlich der Anerkennung der Dienstleistungsmarken.

(2)   Jedes Land des besonderen Verbandes behält sich vor, die Klassifikation als Haupt- oder Nebenklassifikation anzuwenden.

(3)   Die zuständigen Behörden der Länder des besonderen Verbandes werden in den Urkunden und amtlichen Veröffentlichungen über die Eintragung von Marken die Nummern der Klassen der Klassifikation angeben, in welche die Waren oder Dienstleistungen gehören, für welche die Marke eingetragen ist.

…“

5.        Die Nizzaer Klassifikation wird vom internationalen Büro der WIPO verwaltet. Sie besteht aus einer Klasseneinteilung, gegebenenfalls mit erläuternden Anmerkungen, sowie einer alphabetischen Liste der Waren und Dienstleistungen, die zu diesen Klassen gehören. Derzeit enthält sie eine Liste von Überschriften von 34 Warenklassen und 11 Dienstleistungsklassen. Die in den Klassenüberschriften aufgeführten Waren- und Dienstleistungsbegriffe stellen Oberbegriffe dar, die sich auf die Sachgebiete beziehen, denen die Waren oder Dienstleistungen im Allgemeinen zugeordnet werden(5). Die neunte Auflage der Nizzaer Klassifikation, die seit dem 1. Januar 2007 gültig ist, enthält eine alphabetische Liste mit 11 600 Positionen.

6.        Die Klassifikation ist für die Anmeldung und die Eintragung von Gemeinschaftsmarken verbindlich.

B –    Richtlinie 2008/95/EG

7.        Die Richtlinie 2008/95/EG(6) wurde erlassen, um die Unterschiede zwischen den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zu beseitigen, die geeignet sind, den freien Warenverkehr und den freien Dienstleistungsverkehr zu behindern und die Wettbewerbsbedingungen im Gemeinsamen Markt zu verfälschen. Die Richtlinie beschränkt die Angleichung auf diejenigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften, die sich am unmittelbarsten auf das Funktionieren des Binnenmarkts auswirken. Zu diesen Vorschriften gehören jene, die die Voraussetzungen für die Eintragung einer Marke festlegen, und jene, die den Schutz der ordnungsgemäß eingetragenen Marken bestimmen. Angesichts der eingegangenen internationalen Verpflichtungen müssen sich diese Vorschriften mit denen der Pariser Verbandsübereinkunft in vollständiger Übereinstimmung befinden, und sie dürfen die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten, die sich aus dieser Übereinkunft ergeben, nicht berühren.

8.        Art. 2 der Richtlinie umschreibt die Zeichen, die eine Marke sein können, wie folgt:

„Marken können alle Zeichen sein, die sich grafisch darstellen lassen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen und die Form oder Aufmachung der Ware, soweit solche Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.“

9.        Art. 3 der Richtlinie nennt die Eintragungshindernisse oder Ungültigkeitsgründe für die Eintragung einer Marke. So sind z. B. Marken, die keine Unterscheidungskraft haben oder die ausschließlich aus Zeichen bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Bestimmung der Ware dienen können, von der Eintragung ausgeschlossen oder unterliegen im Fall der Eintragung der Ungültigerklärung.

10.      In Art. 4 der Richtlinie werden weitere Eintragungshindernisse oder Ungültigkeitsgründe im Fall einer Kollision mit älteren Marken genannt.

11.      Gemäß Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie gewährt schließlich „[d]ie eingetragene Marke … ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht“ und gestattet diesem z. B., einem Dritten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen ist.

C –    Verordnungen (EG) Nr. 207/2009 und (EG) Nr. 2868/95

12.      Zum Zweck der Vollendung des Binnenmarkts soll die Verordnung (EG) Nr. 207/2009(7) neben den nationalen Marken eine Gemeinschaftsmarke schaffen, die in einem einzigen Verfahren erworben wird, in der Union einen einheitlichen Schutz genießt und im gesamten Gebiet der Mitgliedstaaten wirksam ist. Die Gemeinschaftsmarke ersetzt nicht die nationalen Schutzsysteme; diese bleiben bestehen. Für die Eintragung und Verwaltung der Gemeinschaftsmarke ist das HABM zuständig.

13.      Die Verordnung enthält in ihren Art. 4 und 7 bis 9 Vorschriften, die denjenigen der Art. 2 bis 5 der Richtlinie entsprechen.

14.      Nach Art. 26 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung muss dagegen die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke ein Verzeichnis der Waren oder Dienstleistungen enthalten, für die die Eintragung begehrt wird. Gemäß Regel 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95(8) ist „[d]as Verzeichnis … so zu formulieren, dass sich die Art der Waren und Dienstleistungen klar erkennen lässt und es die Klassifizierung der einzelnen Waren und Dienstleistungen in nur jeweils einer Klasse der Nizzaer Klassifikation gestattet“.

15.      Außerdem werden gemäß Art. 28 der Verordnung in Verbindung mit Regel 2 Abs. 1 der Durchführungsverordnung die Waren und Dienstleistungen, für die eine Gemeinschaftsmarke angemeldet wird, nach der Nizzaer Klassifikation klassifiziert. Regel 2 Abs. 4 der Durchführungsverordnung schließlich sieht Folgendes vor:

„Die Klassifikation der Waren und Dienstleistungen dient ausschließlich Verwaltungszwecken. Daher dürfen Waren und Dienstleistungen nicht deswegen als ähnlich angesehen werden, weil sie in derselben Klasse der Nizzaer Klassifikation genannt werden, und dürfen Waren und Dienstleistungen nicht deswegen als verschieden angesehen werden, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizzaer Klassifikation genannt werden.“

D –    Mitteilung Nr. 4/03 des Präsidenten des HABM

16.      Mit der Mitteilung Nr. 4/03 des Präsidenten des HABM(9) soll gemäß deren Punkt I die Praxis des HABM „in Bezug auf die Verwendung von Klassenüberschriften sowie den Folgen von deren Verwendung für den Fall, dass Gemeinschaftsmarkenanmeldungen bzw. -eintragungen eingeschränkt oder auf sie teilweise verzichtet wird oder sie Gegenstand eines Widerspruchs- oder Nichtigkeitsverfahrens sind, dargelegt werden“.

17.      Nach Punkt III Abs. 2 der Mitteilung Nr. 4/03 sind die Angabe der Waren und Dienstleistungen in einer Gemeinschaftsmarkenanmeldung, die Klassifikation und die Unterteilung ordnungsgemäß, wenn der Oberbegriff oder die vollständigen Klassenüberschriften, die in der Nizzaer Klassifikation enthalten sind, verwendet wurden.

18.      Insbesondere heißt es in diesem Punkt, dass „[das HABM] im Gegensatz zur Praxis einiger nationaler Ämter in der Europäischen Union und in Drittländern in Bezug auf Klassenüberschriften und Oberbegriffe keine Einwände gegen die Verwendung einiger Oberbegriffe und Klassenüberschriften [hat], weil diese zu vage oder ungenau wären“.

19.      Des Weiteren sieht Punkt IV der Mitteilung vor:

„Die 34 Klassen für Waren und die 11 Klassen für Dienstleistungen umfassen die Gesamtheit aller Waren und Dienstleistungen. Demzufolge stellt die Verwendung aller in den Klassenüberschriften einer bestimmten Klasse aufgeführten Oberbegriffe die Beanspruchung aller Waren oder Dienstleistungen dar, die dieser Klasse angehören.

In ähnlicher Weise deckt die Verwendung eines bestimmten Oberbegriffs aus der Klassenüberschrift alle einzelnen Waren oder Dienstleistungen ab, die von diesem Oberbegriff abgedeckt sind und ordnungsgemäß derselben Klasse zugeordnet wurden. …“

20.      Punkt V Nr. 2 der Mitteilung schließlich lautet:

„Im Zusammenhang mit Widerspruchs- und Nichtigkeitsverfahren hat die Regel, dass bei Verwendung der vollständigen Klassenüberschrift einer bestimmten Klasse alle Waren dieser Klasse eingeschlossen sind, zur Folge, dass die Waren oder Dienstleistungen der späteren Anmeldung bzw. Eintragung, die in derselben Klasse ordnungsgemäß zugeordnete Waren und Dienstleistungen enthält, mit den Waren oder Dienstleistungen der älteren Marke identisch sind. Enthält die Angabe nicht alle Oberbegriffe einer bestimmten Klassenüberschrift, sondern nur einen oder einige davon, wird nur dann Identität festgestellt, wenn der Spezialbegriff von dem Oberbegriff abgedeckt wird. …“

E –    Nationales Recht

21.      Das Gesetz von 1994 über die Marken (Trade Marks Act 1994, im Folgenden: Markengesetz von 1994), mit dem die Richtlinie in das innerstaatliche Recht des Vereinigten Königreichs umgesetzt wurde, sieht in Section 32(2)(c) vor, dass die Anmeldung die Angabe der Waren oder Dienstleistungen enthalten muss, für die die Eintragung der Marke begehrt wird.

22.      Nach Section 34(1) des Markengesetzes von 1994 werden die Waren oder Dienstleistungen nach einer bestimmten Klassifikation klassifiziert.

23.      Das Gesetz wird durch die Verordnung von 2008 über die Marken (Trade Marks Rules 2008, im Folgenden: Verordnung von 2008) ergänzt, in der die Praxis und das Verfahren vor dem UK Intellectual Property Office (Britisches Patentamt) geregelt wird. Nach Rule 8(2)(b) der Verordnung von 2008 hat der Anmelder die Waren und Dienstleistungen, für die die nationale Marke beantragt wird, so zu spezifizieren, dass sich die Art der Waren und Dienstleistungen klar erkennen lässt.

II – Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

24.      Das Chartered Institute of Patent Attorneys (Institut der Patentanwälte) (im Folgenden: CIPA) meldete am 16. Oktober 2009 beim Registrar of Trade Marks (Britisches Markenamt) (im Folgenden: Registrar) die Bezeichnung „IP TRANSLATOR“ für Waren der Klasse 41 („Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten“) der Nizzaer Klassifikation an.

25.      Der Registrar prüfte die Anmeldung gemäß der Mitteilung Nr. 4/03 und wies sie zurück. Da sich die Anmeldung auf die Klassenüberschrift der Klasse 41 der Nizzaer Klassifikation bezog, prüfte der Registrar das Vorliegen absoluter Eintragungshindernisse im Hinblick auf alle in diese Klasse fallenden Dienstleistungen, zu denen Übersetzungsdienstleistungen gehören. Der Registrar war der Ansicht, dass die Marke IP TRANSLATOR diese Dienstleistungen nur beschreibe, und lehnte die Eintragung der Marke daher ab.

26.      Das CIPA hat gegen diese Entscheidung Rechtsmittel eingelegt und vorgetragen, in seiner Anmeldung seien Übersetzungsdienstleistungen nach Klasse 41 der Nizzaer Klassifikation nicht angegeben und damit nicht erfasst worden. Nach Ansicht von The Person Appointed by the Lord Chancellor under Section 76 of the Trade Marks Act 1994, on Appeal from the Registrar of Trade Marks (gemäß Section 76 des Markengesetzes von 1994 vom Lord Chancellor zur Entscheidung über Rechtsbehelfe gegen die Entscheidungen des Registrar bestellte Person, Vereinigtes Königreich) (im Folgenden: vorlegendes Gericht) werden diese Dienstleistungen üblicherweise nicht als Unterklasse der Dienstleistungen „Erziehung“, „Ausbildung“, „Unterhaltung“, „sportliche Aktivitäten“ und „kulturelle Aktivitäten“ angesehen.

27.      Aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten geht hervor, dass, neben der alphabetischen Liste mit 167 Einträgen zur Aufschlüsselung der Dienstleistungen, die zur Klasse 41 der Nizzaer Klassifikation gehören, die Datenbank, die der Registrar für die Zwecke des Markengesetzes von 1994 unterhält, mehr als 2 000 Einträge zur Aufschlüsselung der Dienstleistungen der Klasse 41 enthält und dass sich die Datenbank Eurace, die vom HABM für die Zwecke der Verordnung geführt wird, auf mehr als 3 000 Einträge erstreckt.

28.      Das vorlegende Gericht führt aus, dass sich die Anmeldung des CIPA, wenn der Ansatz des Registrar richtig wäre, auf alle diese Einträge, einschließlich der Übersetzungsdienstleistungen, erstrecken würde. In diesem Fall würde sich die Anmeldung auf Dienstleistungen erstrecken, die in der Anmeldung bzw. in einer daraufhin erfolgenden Eintragung nicht erwähnt sind. Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts würde eine solche Auslegung dem Erfordernis, dass die von einer Markenanmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen klar und eindeutig angegeben werden müssen, nicht entsprechen.

29.      Das vorlegende Gericht führt auch eine im Jahr 2008 von der Association of European Trade Mark Owners (Marques) (Verband europäischer Markeninhaber) durchgeführte Umfrage an, aus der hervorgehe, dass die Praxis von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat verschieden sei, wobei einige zuständige Behörden den in der Mitteilung Nr. 4/03 vorgesehenen Auslegungsansatz anwendeten, während andere dies ablehnten.

30.      Um diese Zweifel zu beseitigen, hat das vorlegende Gericht das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist es im Rahmen der Richtlinie

1.      erforderlich, die von einer Markenanmeldung erfassten verschiedenen Waren oder Dienstleistungen mit irgendeinem Grad von Klarheit und Eindeutigkeit anzugeben und, wenn ja, konkret mit welchem Grad,

2.      zulässig, zur Angabe der von einer Markenanmeldung erfassten verschiedenen Waren oder Dienstleistungen die Oberbegriffe der Klassenüberschriften der Nizzaer Klassifikation zu verwenden,

3.      erforderlich oder zulässig, eine solche Verwendung der Oberbegriffe der Klassenüberschriften der Nizzaer Klassifikation entsprechend der Mitteilung Nr. 4/03 auszulegen?

31.      Die Parteien des Ausgangsverfahrens, die Regierung des Vereinigten Königreichs, die tschechische, die dänische, die deutsche, die irische, die französische, die österreichische, die polnische, die portugiesische, die slowakische und die finnische Regierung sowie das HABM und die Europäische Kommission haben Erklärungen eingereicht.

III – Würdigung

32.      Mit seinen Vorlagefragen ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof, die Kriterien für die Angabe der Waren und Dienstleistungen festzulegen, für die der Anmelder einer nationalen Marke Schutz beantragt(10). In diesem Zusammenhang fragt es sich, welche Bedeutung den Oberbegriffen in den Klassenüberschriften der Nizzaer Klassifikation zukommt und inwieweit die vom Präsidenten des HABM im Rahmen der Mitteilung Nr. 4/03 vorgenommene Auslegung anzuwenden ist.

A –    Vorbemerkungen

33.      Erstens möchte ich vorab feststellen, dass die Richtlinie keine Regelung hinsichtlich der Angabe der Waren und Dienstleistungen enthält, für die die Eintragung einer Marke beantragt wird. Zur Verwirklichung der in den Erwägungsgründen der Richtlinie genannten Ziele ist jedoch eine Harmonisierung der nationalen Vorschriften in diesem Punkt erforderlich.

34.      Nach dem vierten Erwägungsgrund der Richtlinie bezieht sich die Angleichung der nationalen Vorschriften „auf diejenigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften …, die sich am unmittelbarsten auf das Funktionieren des Binnenmarkts auswirken“. Dem Gerichtshof zufolge bezweckt die Richtlinie eine Harmonisierung der zentralen Sachvorschriften auf diesem Gebiet(11), zu denen meiner Ansicht nach diejenigen Vorschriften gehören, mit denen die Reichweite des Schutzes einer Marke bestimmt werden kann.

35.       Im Übrigen setzt nach dem achten Erwägungsgrund der Richtlinie „[d]ie Verwirklichung der mit der Angleichung [der nationalen Rechtsvorschriften] verfolgten Ziele … voraus, dass für den Erwerb und die Aufrechterhaltung einer eingetragenen Marke in allen Mitgliedstaaten grundsätzlich gleiche Bedingungen gelten“. Der Gerichtshof hat daher festgestellt, dass die Anforderungen an die Angabe der Waren und Dienstleistungen eine sachliche Voraussetzung für den Erwerb einer Marke darstellen(12).

36.      Gemäß dem zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie ist es schließlich „[z]ur Erleichterung des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs … von wesentlicher Bedeutung, zu erreichen, dass die eingetragenen Marken im Recht aller Mitgliedstaaten einen einheitlichen Schutz genießen“. Der Schutz der Marke wird insbesondere durch ihre Eintragung erreicht(13). Folglich schließt ein einheitlicher Schutz der Marke im gesamten Gebiet der Union unterschiedliche Eintragungsvoraussetzungen aus und erfordert eine Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften für die Angabe der Waren und Dienstleistungen.

37.      Zweitens ist es notwendig, für die Angabe der Waren und Dienstleistungen, je nachdem, ob die Eintragung einer nationalen Marke oder einer Gemeinschaftsmarke beantragt wird, einen gemeinsamen Ansatz zu entwickeln.

38.      Die Regelung der Gemeinschaftsmarke ist zwar, wie der Gerichtshof noch kürzlich ausgeführt hat, ein autonomes System, das aus einer Gesamtheit von Vorschriften besteht und eigene Zielsetzungen verfolgt(14). Dennoch beruhen zum einen die Regelungen der nationalen Marke und der Gemeinschaftsmarke auf gemeinsamen Grundprinzipien, wie die übereinstimmenden Ziele und Sachvorschriften zeigen. Hierzu ist anzumerken, dass die Regelungen für die Begriffsbestimmung und den Erwerb der Marke sowie die Regelungen hinsichtlich der Wirkungen einer Marke, je nachdem, ob sie eine nationale Marke oder eine Gemeinschaftsmarke betreffen, im Wesentlichen identisch sind, wie sich dies aus einem Vergleich des Wortlauts der Art. 2, 3 und 5 bis 7 der Richtlinie sowie der Art. 4, 7, 9, 12 und 13 der Verordnung ergibt. Darüber hinaus ist festzustellen, dass der Gerichtshof ohne Weiteres die Auslegung einzelner Bestimmungen der Richtlinie übertragen hat, und zwar insbesondere die Auslegung von Art. 5 der Richtlinie auf Art. 9 der Verordnung(15).

39.      Zum anderen sind die Regelungen der nationalen Marke und die der Gemeinschaftsmarke zwar voneinander unabhängig; jedoch bestehen, solange die Marke existiert, zwischen den beiden Systemen Wechselwirkungen. Dies lässt sich an mehreren Beispielen verdeutlichen.

40.      So wird z. B. gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung die Gemeinschaftsmarke wie eine nationale Marke behandelt, die in dem Mitgliedstaat eingetragen ist, in dem der Inhaber seinen Sitz hat. Wenn nun die zuständige Stelle dieses Mitgliedstaats hinsichtlich des sachlichen Geltungsbereichs der Marke einen engeren Ansatz verfolgt als das HABM, liegt es auf der Hand, dass der Inhaber der Marke eher an der Eintragung einer Gemeinschaftsmarke als an der einer nationalen Marke interessiert sein wird.

41.      Des Weiteren kann gemäß Art. 34 der Verordnung der Inhaber einer älteren nationalen Marke den Zeitrang dieser Marke in Anspruch nehmen, wenn er eine identische Marke zur Eintragung als Gemeinschaftsmarke für Waren oder Dienstleistungen anmeldet, die mit denen identisch sind, für welche die ältere Marke eingetragen ist. Nach den Art. 41 und 42 der Verordnung kann schließlich der Inhaber einer älteren nationalen Marke gegen die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke Widerspruch einlegen, wenn diese identisch ist und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet worden ist, mit den Waren oder Dienstleistungen identisch sind, für die die ältere Marke Schutz genießt. In den beiden letztgenannten Beispielen hängt die Prüfung der Begründetheit der Anträge von der Identität der betreffenden Waren oder Dienstleistungen ab, was seitens der zuständigen nationalen Behörde und des HABM eine einheitliche Auslegung der Regelungen für deren Angabe voraussetzt.

42.      Diese Beispiele zeigen, dass ein einheitlicher Ansatz für die Angabe der Waren oder Dienstleistungen, für die Markenschutz beantragt wird, erforderlich ist, der sowohl von den nationalen Ämtern als auch vom HABM angewandt wird. Ansonsten könnte sich dies durch Unstimmigkeiten und eine erhebliche Rechtsunsicherheit negativ auf das System der Eintragung der Marken in der Union auswirken und außerdem dem „forum shopping“ Vorschub leisten. Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat, sollen die Richtlinie und die Verordnung in nächster Zeit überarbeitet werden, um vor allem diese Bedenken auszuräumen.

43.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof daher vor, eine einheitliche Auslegung der Anforderungen an die Angabe der Waren oder Dienstleistungen vorzunehmen, je nachdem, ob die Eintragung einer nationalen Marke oder einer Gemeinschaftsmarke beantragt wird, und hierzu von den in der Verordnung festgelegten Regelungen auszugehen.

B –    Zur Angabe der Waren oder Dienstleistungen im Rahmen einer Anmeldung

44.      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, ob ein Anmelder nach der Richtlinie verpflichtet ist, die Waren oder die Dienstleistungen, für die er Schutz begehrt, klar und eindeutig anzugeben, und, wenn ja, mit welchem Grad an Klarheit und Eindeutigkeit.

45.      Aus den genannten Gründen werde ich meine Untersuchung auf die ersten Punkte stützen, die im Rahmen der Verordnung zur Verfügung stehen.

46.      Die Angabe der Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke beantragt wird, darf nicht mit deren Klassifikation verwechselt werden. Die Angabe der Waren oder Dienstleistungen ist ausschließlich in Art. 26 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung und in Regel 2 Abs. 2 der Durchführungsverordnung geregelt. Nach diesen Bestimmungen muss der Anmelder ein Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen erstellen, anhand dessen sich deren Art klar erkennen lässt.

47.      Es gibt somit keinerlei Hinweise dafür, dass der Anmelder die Begriffe der Klassenüberschriften der Nizzaer Klassifikation verwenden müsste. Diese Klarstellung ist wichtig, da der Präsident des HABM der Nizzaer Klassifikation mit der Mitteilung Nr. 4/03 eine rechtliche Bedeutung beimessen möchte, die ihr zu diesem Zweck nicht zukommt.

48.      Nach Art. 2 Abs. 1 des Abkommens von Nizza hat die Nizzaer Klassifikation nämlich keine rechtliche Wirkung hinsichtlich der Beurteilung des Schutzumfangs der Marke, sondern nur die Wirkung, die ihr von dem jeweiligen Land des besonderen Verbands beigelegt wird(16).

49.      Im Rahmen der Regelung der Gemeinschaftsmarke dient die Klassifikation der Waren und Dienstleistungen nach der Nizzaer Klassifikation ausschließlich Verwaltungszwecken. Dies ergibt sich ausdrücklich aus einer Gesamtbetrachtung von Art. 28 der Verordnung und Regel 2 Abs. 1 und 4 der Durchführungsverordnung(17).

50.      Die Nizzaer Klassifikation hat daher einen erheblichen praktischen Wert(18). Sie erleichtert die Eintragung der Marken, wie der Gerichtshof im Urteil Koninklijke KPN Nederland(19) festgestellt hat, und die Nachforschung nach älteren Marken. Da die Waren und Dienstleistungen in allen Vertragsstaaten des Abkommens von Nizza in gleicher Weise eingeteilt werden, erleichtert die Nizzaer Klassifikation die Vorbereitung der Anmeldungen. Außerdem hilft die Einführung eines einheitlichen Klassifikationssystems den zuständigen Behörden und den Wirtschaftsteilnehmern bei ihren Nachforschungen nach älteren Marken, die der Anmeldung einer neuen Marke entgegenstehen könnten. Nach Regel 4 der Durchführungsverordnung schließlich ist die Nummer der Klasse, in die die Waren und Dienstleistungen eingetragen wurden, für die Berechnung der Eintragungsgebühr maßgeblich.

51.      Somit stellt die Klassifikation der Waren und Dienstleistungen nach der Nizzaer Klassifikation lediglich eine Formvoraussetzung dar, die aus offenkundigen Verwaltungs- und Zweckmäßigkeitsgründen beachtet werden muss.

52.      Für die Beurteilung des sachlichen Geltungsbereichs einer Marke ist sie dagegen nicht rechtlich bindend. Die Reichweite des Schutzes, den eine Marke gewährt, ist allein anhand der Punkte zu prüfen, die der Unionsgesetzgeber in Art. 26 Abs. 1 der Verordnung und in Regel 1 Abs. 1 der Durchführungsverordnung in Bezug auf die Erfordernisse der Anmeldung ausdrücklich regelt. Zu diesen gehören insbesondere die Wiedergabe der Marke und das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung begehrt wird, d. h. die beiden wesentlichen Elemente für die Eintragung einer Marke. Wie die Wiedergabe des Zeichens dient die Aufzählung der Waren und Dienstleistungen dazu, den Gegenstand einzugrenzen, der von der Marke geschützt wird. In Anwendung des Grundsatzes der Spezialität genießt die eingetragene Marke daher nur für die in der Anmeldung genannten Waren und Dienstleistungen Schutz.

53.      Nach diesen Feststellungen sind nunmehr die konkreten Anforderungen für die Angabe der Waren oder Dienstleistungen festzulegen.

54.      Hierzu ist es erforderlich, auf die vorstehend genannten, in Art. 26 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung und in Regel 2 Abs. 2 der Durchführungsverordnung festgelegten Grundsätze zurückzugreifen und die Regeln für die Eintragung einer Marke zu beachten.

55.      Erstens soll mit der Eintragung der Marke deren Hauptfunktion gewährleistet werden, die darin besteht, es dem Verbraucher oder Endabnehmer zu ermöglichen, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens ohne Verwechslungsgefahr von denjenigen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden(20). Folglich muss die Identität der Waren oder Dienstleistungen feststellbar sein.

56.      Zweitens ist eine Marke nach dem Grundsatz der Spezialität einzutragen. Dieser Grundsatz soll die ausschließlichen Rechte, die eine Marke ihrem Inhaber gewährt, mit den Grundsätzen des freien Warenverkehrs und des freien Dienstleistungsverkehrs in Einklang bringen. Er setzt voraus, dass die durch die Marke verliehenen Rechte genau festgelegt werden können, so dass die ausschließlichen Rechte auf die Funktion der Marke selbst beschränkt werden.

57.      Drittens ist die Beschreibung der von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen erforderlich, damit die zuständigen Behörden das Vorliegen der Eintragungshindernisse nach Art. 3 der Richtlinie und Art. 7 der Verordnung(21) beurteilen können.

58.      Gemäß Art. 3 Abs. 1 Buchst. e Ziff. i der Richtlinie und Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. i der Verordnung sind Zeichen, die ausschließlich aus der Form bestehen, die durch die Art der Ware bedingt ist, von der Eintragung ausgeschlossen oder unterliegen im Fall der Eintragung der Nichtigerklärung. Folglich muss die Ware beschrieben werden.

59.      Ebenso müssen die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung der Marke begehrt wird, notwendigerweise bei der Beurteilung, ob diese Eintragung gemäß Art. 4 der Richtlinie und Art. 8 der Verordnung mit der Begründung abzulehnen ist, dass die Marke mit einer älteren Marke identisch ist oder dass die Gefahr der Verwechslung mit einer älteren Marke besteht, berücksichtigt werden. So ist gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie und Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung eine Marke von der Eintragung ausgeschlossen oder unterliegt im Fall der Eintragung der Nichtigerklärung, wenn sie mit einer älteren Marke identisch ist und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet oder eingetragen worden ist, mit den Waren oder Dienstleistungen identisch sind, für die die ältere Marke Schutz genießt. Nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie und Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung beruht die Verwechslungsgefahr auf einer Wechselwirkung zwischen der Ähnlichkeit der Marken untereinander und der Ähnlichkeit der Waren und der Dienstleistungen, die mit diesen Marken bezeichnet werden.

60.      Schließlich ist es ebenfalls dank der Angabe der von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen möglich, dass die Gründe für den Verfall oder die Nichtigkeit dieser Marke zur Anwendung gebracht werden und dass die nationalen Ämter gemäß Art. 13 der Richtlinie und das HABM gemäß der Art. 51 bis 53 der Verordnung den Umfang des Verfalls oder der Nichtigkeit der Marke auf die Waren oder Dienstleistungen beschränken, für die diese Gründe gelten.

61.      Viertens soll die Eintragung sowohl in Bezug auf das Unionsrecht als auch hinsichtlich der nationalen Rechte zur Rechtssicherheit und zur ordnungsgemäßen Verwaltung beitragen(22).

62.      So hat der Gerichtshof im Urteil Sieckmann in Bezug auf die Möglichkeit der Anmeldung einer Riechmarke gefordert, dass die in Art. 2 der Richtlinie 89/104 und Art. 4 der Verordnung vorgesehene grafische Darstellung des Zeichens klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft, unzweideutig und objektiv sein muss, so dass es genau identifiziert werden kann(23).

63.      Diese Anforderungen dienen zwei klaren Zielen. Erstens sollen die zuständigen Behörden in die Lage versetzt werden, für die Vorprüfung der Markenanmeldungen sowie die Veröffentlichung und die Fortführung eines zweckdienlichen und genauen Markenregisters die Zeichen, aus denen eine Marke besteht, klar und eindeutig zu erfassen.

64.      Der Gerichtshof verlangt nämlich, dass die nationalen Ämter und das HABM die Gründe, aus denen die Eintragung ausgeschlossen werden könnte, streng, eingehend und umfassend prüfen, damit gewährleistet ist, dass Marken nicht zu Unrecht eingetragen werden(24). Für die Beurteilung, ob die erforderliche Unterscheidungskraft vorliegt oder ob sie fehlt, fordert der Gerichtshof daher eine konkrete Prüfung in Bezug auf jede der Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung begehrt wird(25), und für den Fall, dass die zuständige Behörde die Eintragung der Marke ablehnt, ist die Entscheidung grundsätzlich in Bezug auf jede dieser Waren oder Dienstleistungen zu begründen(26). Diese Erfordernisse sind angesichts der Natur der Prüfung, die vor allem eine Vorabkontrolle ist, sowie durch die Zahl und Ausführlichkeit der in den Art. 2 und 3 der Richtlinie und in den Art. 4 und 7 der Verordnung genannten Eintragungshindernisse gerechtfertigt. Außerdem sind diese Erfordernisse durch den breiten Fächer an Rechtsbehelfen gerechtfertigt, der den Anmeldern eröffnet ist, wenn die zuständigen Behörden sich weigern, eine Marke einzutragen. Wie der Gerichtshof kürzlich entschieden hat, soll diese Begründungspflicht einen effektiven Schutz der den Anmeldern zustehenden Rechte durch die Gerichte gewährleisten(27).

65.      Zweitens sollen die Wirtschaftsteilnehmer in die Lage versetzt werden, klar und eindeutig in Erfahrung zu bringen, welche Eintragungen oder Anmeldungen ihre gegenwärtigen oder potenziellen Wettbewerber veranlasst haben, und auf diese Weise einschlägige Informationen über die Rechte Dritter zu erlangen.

66.      In der Folge wurden diese Anforderungen vom Gerichtshof auf die Eintragung einer Farbe, einer Farbkombination(28) und von Klängen(29) angewandt.

67.      Es liegt auf der Hand, dass diese Ziele nicht erreicht werden können und diesen Anforderungen die praktische Wirksamkeit genommen wird, wenn die Waren und Dienstleistungen, für die der Anmelder Schutz beantragt, nicht eindeutig identifiziert werden können. Wie nämlich Generalanwalt Léger in Nr. 63 seiner Schlussanträge in der Rechtssache Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte ausgeführt hat, stellen das Zeichen einerseits sowie die Waren und Dienstleistungen, deren Bezeichnung das Zeichen dient, andererseits die beiden untrennbar miteinander verbundenen Bestandteile der Eintragung dar, die es erlauben, den genauen Gegenstand des Schutzes zu bestimmen, den die Marke gewährt.

68.      Die Anforderungen, die für die grafische Darstellung eines Klang- oder Riechzeichens festgelegt wurden, lassen sich jedoch nicht unverändert auf die Angabe von Waren oder Dienstleistungen übertragen. Die grafische Darstellung eines Zeichens, das als solches nicht visuell wahrnehmbar ist, wirft offensichtlich ganz andere Probleme auf als diejenigen, die sich bei der sprachlichen Beschreibung von Waren und Dienstleistungen ergeben.

69.      Diese Beschreibung muss selbstverständlich klar und eindeutig sein, damit die Waren oder Dienstleistungen von den zuständigen Behörden und den Wirtschaftsteilnehmern genau identifiziert werden können. Diese Klarheit und Eindeutigkeit setzen natürlich voraus, dass die verwendeten Begriffe verständlich und unzweideutig sind.

70.      Der Schutz, den eine Marke ihrem Inhaber gewährt, darf jedoch auch nicht dadurch erheblich eingeschränkt werden, dass von Letzterem eine detaillierte Beschreibung der betreffenden Waren und Dienstleistungen verlangt wird.

71.      Meiner Ansicht nach gibt es zwei Möglichkeiten, um diese Anforderungen zu erfüllen.

72.      Die erste besteht darin, alle Waren und Dienstleistungen, für die der Anmelder Schutz begehrt, einzeln aufzuzählen. Nach der Rechtsprechung ist diese Angabe dahin zu verstehen, dass sie alle Waren oder Dienstleistungen umfasst, die zur Zusammensetzung oder Struktur der konkret bezeichneten Waren und Dienstleistungen gehören, wie z. B. Einzelteile, oder mit diesen in unmittelbarem Zusammenhang stehen(30).

73.      Eine konkrete Aufzählung könnte sich jedoch, da manche Waren oder Dienstleistungen vielfältig abgewandelt werden können, als schwierig erweisen und möglicherweise den Schutz, den eine Marke ihrem Inhaber gewährt, erheblich beschränken. Es geht nicht darum, vom Inhaber einer eingetragenen Marke zu verlangen, dass er jedes Mal eine neue Anmeldung abgibt, wenn er das Produkt, dessen Marke er innehat, abwandelt, indem er z. B. dessen Zusammensetzung geringfügig ändert oder es für andere Personengruppen bestimmt. So sollte der Inhaber einer eingetragenen Marke für Reinigungsmilch diese Ware abwandeln können, je nachdem, ob sie für Kleinkinder oder für Erwachsene bestimmt ist, ohne jeweils eine erneute Anmeldung vorzunehmen.

74.      Deshalb würde die zweite Möglichkeit – unter Verzicht auf eine individuelle Aufzählung der betreffenden Waren und Dienstleistungen – darin bestehen, dass die Grundform der Waren oder Dienstleistungen angegeben wird, so dass die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer die wesentlichen objektiven Merkmale und Eigenschaften(31) der genannten Waren und Dienstleistungen genau identifizieren können.

75.      Anhand dieses Kriteriums sollte sich die Art der Waren nach Regel 2 Abs. 2 der Durchführungsverordnung auf objektive Weise identifizieren lassen. Außerdem sollte es die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer in die Lage versetzen, gleichartige Waren zu bestimmen, die durch die Marke geschützt sein könnten. Dieses System, das bereits bei der zollrechtlichen Tarifierung von Waren angewandt wird, wird meiner Ansicht nach den Zielen der Klarheit und Eindeutigkeit gerecht, ohne den Schutz einzuschränken, der dem Inhaber einer eingetragenen Marke zukommen soll.

76.      Eine Anmeldung müsste z. B. diesen Anforderungen genügen, wenn ein Anmelder für „Kerzen für Beleuchtungszwecke“ Schutz begehrt. Dieser Begriff müsste Haushaltskerzen, Kirchenkerzen und ähnliche Waren umfassen können, die dieselben wesentlichen Merkmale wie die Grundform der Ware aufweisen, d. h. Waren, die aus einem Docht und aus Wachs bestehen. In diesem Beispiel ist es dagegen unerlässlich, dass der Zweck der Ware angegeben wird, damit die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer die „Kerzen für Beleuchtungszwecke“ von den im Kfz-Sektor verwendeten „Zündkerzen“ unterscheiden können.

77.      Diese Auslegung liegt ganz auf der Linie des Urteils des Gerichtshofs in der Rechtssache Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte, das die Eintragung einer Marke im Bereich Einzelhandelsdienstleistungen betrifft. In diesem Verfahren hat der Gerichtshof verlangt, dass der Anmelder die Waren oder die Arten von Waren, auf die sich die Dienstleistungen beziehen, konkretisiert, indem er den „Einzelhandel mit Bau-, Heimwerker- und Gartenartikeln[(32)] und anderen Verbrauchsgütern für den Do-it-yourself-Bereich[(33)]“ benennt. Nach Ansicht des Gerichtshofs kann durch die näheren Angaben die Identität oder Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet oder bereits eingetragen worden ist, leichter beurteilt werden, ohne dass diese Angaben den Markenschutz spürbar begrenzen(34).

78.      Die Klarheit und Eindeutigkeit müssen jedenfalls im Einzelfall anhand der Waren oder Dienstleistungen, für die der Anmelder Schutz begehrt, beurteilt werden, unabhängig davon, ob es sich um eine nationale Marke oder um eine Gemeinschaftsmarke handelt.

79.      Nach alledem bin ich daher der Ansicht, dass die Richtlinie und die Verordnung dahin auszulegen sind, dass die Angabe der Waren oder Dienstleistungen, für die der Anmelder Schutz begehrt, so klar und eindeutig sein muss, dass die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer die Reichweite des Schutzes, den die Marke gewährt, genau bestimmen können.

80.      Diese Anforderungen können dadurch erfüllt werden, dass die Waren und Dienstleistungen, für die der Anmelder Schutz begehrt, jeweils genau benannt werden. Sie können auch erfüllt werden, indem die Grundform der Waren oder Dienstleistungen angegeben wird, so dass die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer die wesentlichen objektiven Merkmale und Eigenschaften der betreffenden Waren und Dienstleistungen bestimmen können.

C –    Zur Verwendung der Klassenüberschriften der Nizzaer Klassifikation

81.      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Richtlinie dem entgegensteht, dass der Anmelder einer nationalen Marke für die Angabe der Waren oder Dienstleistungen, für die er Schutz begehrt, die Oberbegriffe der Klassenüberschriften der Nizzaer Klassifikation verwendet.

82.      Wie bereits erwähnt, ist die Nizzaer Klassifikation ein praktisches Instrument, und die Klassenüberschriften selbst haben keinen wesentlichen Wert. Es spricht jedoch nichts dagegen, dass ein Anmelder für die Angabe der Waren oder Dienstleistungen die Oberbegriffe dieser Klassenüberschriften verwendet. Dennoch ist es unerlässlich, dass die Angabe die Erfordernisse der Klarheit und Eindeutigkeit erfüllt. Dies muss in jedem Einzelfall beurteilt werden.

83.      In der Tat sind manche dieser Oberbegriffe selbst hinreichend klar und eindeutig, so dass die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer die Reichweite des Schutzes, den die Marke gewährt, bestimmen können. Dies ist z. B. bei den Oberbegriffen „Seifen“ oder „Gabeln und Messer“ der Fall, die jeweils den Überschriften der Klassen 3 und 8 der Nizzaer Klassifikation entnommen sind.

84.      Andere Oberbegriffe wiederum genügen diesen Anforderungen nicht und informieren nur über den Bereich, dem die Waren oder Dienstleistungen im Allgemeinen zugeordnet werden(35). Die Oberbegriffe, die z. B. in den Klassen 37 („Bauwesen; Reparaturwesen; Installationsarbeiten“) und 45 („von Dritten erbrachte persönliche und soziale Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse“) der Nizzaer Klassifikation verwendet werden, sind zu allgemein formuliert und decken zu unterschiedliche Waren und Dienstleistungen ab, als dass sie mit der Herkunftsfunktion der Marke vereinbar wären. Ohne nähere Angaben ermöglichen sie es den zuständigen Behörden nicht, ihre Aufgaben bei der Vorprüfung der Markenanmeldungen zu erfüllen, und den Wirtschaftsteilnehmern, genau in Erfahrung zu bringen, welche Eintragungen oder Anmeldungen ihre gegenwärtigen oder potenziellen Wettbewerber veranlasst haben. Aus diesem Grund hat der Gerichtshof im Urteil Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte verlangt, dass der Anmelder die Waren oder Arten von Waren, auf die sich die Dienstleistungen beziehen, durch Angaben konkretisiert, die nicht in den Klassenüberschriften enthalten sind.

85.      Angesichts all dessen bin ich daher der Ansicht, dass die Richtlinie und die Verordnung dahin auszulegen sind, dass sie dem nicht entgegenstehen, dass ein Anmelder für die Angabe der Waren oder Dienstleistungen, für die er Schutz begehrt, die Oberbegriffe der Klassenüberschriften der Nizzaer Klassifikation verwendet, sofern diese Angabe die Erfordernisse der Klarheit und Eindeutigkeit erfüllt.

D –    Zu der vom Präsidenten des HABM im Rahmen der Mitteilung Nr. 4/03 vorgenommenen Auslegung

86.      In Punkt III Abs. 2 der Mitteilung Nr. 4/03 heißt es, dass „[das HABM] keine Einwände gegen die Verwendung einiger Oberbegriffe und Klassenüberschriften [hat], weil diese zu vage oder ungenau wären“. Außerdem heißt es in Punkt IV dieser Mitteilung, dass die Verwendung aller in den Klassenüberschriften einer bestimmten Klasse aufgeführten Oberbegriffe für das HABM die Beanspruchung aller Waren oder Dienstleistungen darstelle, die dieser Klasse angehören(36). In ähnlicher Weise decke die Verwendung eines bestimmten Oberbegriffs aus der Klassenüberschrift alle einzelnen Waren oder Dienstleistungen ab, die von diesem Oberbegriff abgedeckt sind(37) und ordnungsgemäß derselben Klasse zugeordnet wurden.

87.      Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Richtlinie einer Auslegung, wie sie vom Präsidenten des HABM im Rahmen der Mitteilung Nr. 4/03 vorgenommen wurde, entgegensteht.

88.      Die Mitteilung wurde vom HABM im Rahmen seiner Aufgaben angenommen, die ihm gemäß den Bestimmungen über die Gemeinschaftsmarke zukommen. Sie ist kein Gesetzestext und rechtlich nicht verbindlich. Es handelt sich um eine Maßnahme der internen Organisation, mit der gemäß Punkt I der Mitteilung die Verwaltungspraxis des HABM dargelegt werden soll. Die Mitteilung Nr. 4/03 soll somit den Verfahrensbeteiligten Rechtssicherheit geben, indem ein klarer und vorhersehbarer Rahmen vorgegeben wird, wie die im Rahmen einer Anmeldung verwendeten Formulierungen ausgelegt werden. Die Mitteilung soll daher eine Anleitung und eine Erläuterung sein. Der Übergang von einer Erläuterung hin zur Schaffung tatsächlicher Rechtsvorschriften ist jedoch fließend. Der Gerichtshof muss daher sicherstellen, dass dieses Dokument die Beachtung der Bestimmungen der Verordnung, wie sie auch vom Gerichtshof ausgelegt worden sind, und der Rechte der Verfahrensbeteiligten gewährleistet.

89.      Meines Erachtens ist dies vorliegend nicht der Fall.

90.      Erstens widerspricht die in der Mitteilung Nr. 4/03 vorgenommene Auslegung den im Rahmen der Verordnung aufgestellten Grundsätzen.

91.      Regel 2 Abs. 2 der Durchführungsverordnung sieht nämlich vor, dass „[d]as Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen … so zu formulieren [ist], dass sich die Art der Waren und Dienstleistungen klar erkennen lässt und es die Klassifizierung der einzelnen Waren und Dienstleistungen in nur jeweils einer Klasse der Nizzaer Klassifikation gestattet“. Ich habe hierzu zwei Bemerkungen. Zum einen ist diese Anforderung schwer zu erfüllen, wenn das HABM gemäß Punkt III Abs. 2 der Mitteilung Nr. 4/03 keine Einwände gegen die Verwendung einiger Oberbegriffe und Klassenüberschriften hat, weil diese zu vage oder ungenau wären(38). Zum anderen sind die erläuternden Anmerkungen zur Nizzaer Klassifikation zu berücksichtigen, nach denen bestimmte Waren und Dienstleistungen mangels einer Erläuterung zu mehreren Klassen gehören können.

92.      Zweitens gewährleistet die vom HABM vorgenommene Auslegung, die in der Lehre auch als „‚class-heading-covers-all‘ approach“(39) bezeichnet wird, nicht, dass der Grundsatz der Spezialität beachtet wird, da mit dieser Auslegung der materielle Schutzumfang der Marke nicht genau bestimmt werden kann.

93.      Diese Auslegung führt nämlich dazu, dass einem Anmelder nahezu unbegrenzte ausschließliche Rechte an den Waren und Dienstleistungen einer Klasse eingeräumt werden. Wenn sich z. B. ein Anmelder nur auf die Oberbegriffe der Überschrift der Klasse 45 der Nizzaer Klassifikation bezieht und folglich die Eintragung einer Marke für „von Dritten erbrachte persönliche und soziale Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse“ beantragt, kann ihm die Eintragung dieser Marke die ausschließliche Nutzung eines Zeichens für eine Vielzahl von Dienstleistungen verschaffen, die nicht nur die „Vermittlung von Bekanntschaften“ und die „Erstellung von Horoskopen“, sondern auch die „Dienstleistungen eines Detektivs“ und „Feuerbestattungen“ umfassen(40). Mit anderen Worten: alles Dienstleistungen, die a priori nichts gemeinsam haben. In einem solchen Fall ist die Reichweite des Schutzes, den die Marke gewährt, zulasten der Grundsätze des freien Warenverkehrs und des freien Dienstleistungsverkehrs nicht feststellbar und fast nicht erkennbar. Nach dem Grundsatz der Spezialität darf jedoch eine Marke nicht abstrakt geschützt werden.

94.      Drittens gewährleistet eine solche Auslegung nicht, dass die Marke im Sinne von Art. 10 der Richtlinie und Art. 15 der Verordnung ernsthaft benutzt wird. Es ist nämlich fraglich, ob der Inhaber einer Marke das Zeichen im Zusammenhang mit sämtlichen Waren und Dienstleistungen verwendet, für die er Schutz begehrt hat. Wie Generalanwalt Léger in Nr. 80 seiner Schlussanträge in der Rechtssache Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte ausgeführt hat, ist eine Klage, mit der der Verfall einer Marke geltend gemacht wird, unangemessen, wenn von Anfang an feststeht, dass die Marke nur für bestimmte Waren oder Dienstleistungen verwendet wird. Außerdem scheint dieses System den Zielen zu widersprechen, die im neunten Erwägungsgrund der Richtlinie und im zehnten Erwägungsgrund der Verordnung genannt werden, denen zufolge der Unionsgesetzgeber verlangt, dass eingetragene Marken tatsächlich benutzt werden, um nicht zu verfallen. Wie Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer in Nr. 42 seiner Schlussanträge in der Rechtssache Ansul zu Recht festgestellt hat, handelt es sich bei der Registrierung von Marken nicht um eine bloße Hinterlegung von Zeichen, sondern die Marken haben ein zutreffendes Abbild davon zu geben, dass die Unternehmen sie als Angaben auf dem Markt verwenden.

95.      Die vom HABM vorgenommene Auslegung scheint daher zwar auf den ersten Blick die Eintragung von Marken in die öffentlichen Register zu erleichtern, sie führt letzten Endes jedoch dazu, dass die Gesamtzahl der in der Union eingetragenen und geschützten Marken und damit die Anzahl der zwischen ihnen möglichen Konflikte zunimmt. Diese Auslegung stellt weder eine ordnungsgemäße Verwaltung sicher, noch trägt sie zu einem unverfälschten Wettbewerb im Binnenmarkt bei.

96.      Viertens schafft diese Auslegung keine Rechtssicherheit. Wie insbesondere die Regierung des Vereinigten Königreichs sowie die deutsche, die irische und die französische Regierung in ihren Erklärungen ausgeführt haben, wird die Nizzaer Klassifikation fortlaufend weiterentwickelt. Die zehnte Ausgabe der Klassifikation, die am 1. Januar 2012 in Kraft tritt, wird unter denselben Klassenüberschriften neue Waren und Dienstleistungen enthalten(41). Der sachliche Geltungsbereich einer Marke kann jedoch nicht auf ein Dokument beschränkt werden, das entsprechend der Entwicklung des Marktes geändert wird.

97.      Angesichts all dessen bin ich daher der Ansicht, dass die Mitteilung Nr. 4/03, mit der der Präsident des HABM einerseits mitteilt, dass das HABM keine Einwände gegen die Verwendung zu vager oder ungenauer Oberbegriffe und Klassenüberschriften habe, und andererseits, dass die Verwendung dieser Oberbegriffe die Beanspruchung aller Waren oder Dienstleistungen darstelle, die dieser Klasse angehören, nicht die Klarheit und Eindeutigkeit gewährleistet, die für die Eintragung einer Marke, sei es eine nationale Marke oder eine Gemeinschaftsmarke, erforderlich sind.

IV – Ergebnis

98.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die von The Person Appointed by the Lord Chancellor under Section 76 of the Trade Marks Act 1994, on Appeal from the Registrar of Trade Marks, übermittelt vom High Court of Justice (England & Wales), gestellten Fragen wie folgt zu antworten:

1.      a)      Die Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken und die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke sind dahin auszulegen, dass die Angabe der Waren oder Dienstleistungen, für die der Anmelder Schutz begehrt, so klar und eindeutig sein muss, dass die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer die Reichweite des Schutzes, den die Marke gewährt, genau bestimmen können.

      b)      Diese Anforderungen können dadurch erfüllt werden, dass die Waren und Dienstleistungen, für die der Anmelder Schutz begehrt, jeweils genau benannt werden. Sie können auch erfüllt werden, indem die Grundform der Waren oder Dienstleistungen angegeben wird, so dass die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer die wesentlichen objektiven Merkmale und Eigenschaften der betreffenden Waren und Dienstleistungen bestimmen können.

2.      Die Richtlinie 2008/95 und die Verordnung Nr. 207/2009 sind dahin auszulegen, dass sie dem nicht entgegenstehen, dass ein Anmelder für die Angabe der Waren oder Dienstleistungen, für die er Schutz begehrt, die Oberbegriffe der Klassenüberschriften der gemeinsamen Klassifikation der Waren und Dienstleistungen, für die eine Marke eingetragen ist, verwendet, sofern diese Angabe die Erfordernisse der Klarheit und Eindeutigkeit erfüllt.

3.      Die Mitteilung Nr. 4/03 des Präsidenten des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 16. Juni 2003 über die Verwendung von Klassenüberschriften in Verzeichnissen der Waren und Dienstleistungen für Gemeinschaftsmarkenanmeldungen und ‑eintragungen, mit der dieser einerseits mitteilt, dass das Harmonisierungsamt keine Einwände gegen die Verwendung zu vager oder ungenauer Oberbegriffe und Klassenüberschriften habe, und andererseits, dass die Verwendung dieser Oberbegriffe die Beanspruchung aller Waren oder Dienstleistungen darstelle, die dieser Klasse angehören, gewährleistet nicht die Klarheit und Eindeutigkeit, die für die Eintragung einer Marke, sei es eine nationale Marke oder eine Gemeinschaftsmarke, erforderlich sind.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – Urteil vom 12. Dezember 2002 (C‑273/00, Slg. 2002, I‑11737).


3 – Laut der Datenbank der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) sind nur die Republik Zypern und die Republik Malta keine Vertragsparteien des Abkommens von Nizza. Sie wenden jedoch die gemeinsame Klasseneinteilung der Waren und Dienstleistungen an, für die eine Marke eingetragen ist (im Folgenden: Nizzaer Klassifikation).


4 – Unterzeichnet in Paris am 20. März 1883, zuletzt revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967 und geändert am 28. September 1979 (Recueil des traités des Nations unies, Bd. 828, Nr. 11851, S. 305, im Folgenden: Pariser Verbandsübereinkunft).


5 – Vgl. die allgemeinen Anmerkungen und Nr. 1 der Anleitung für den Benutzer zur Nizzaer Klassifikation, die auf der Internetseite des WIPO abrufbar sind.


6 – Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. L 299, S. 25, im Folgenden: Richtlinie).


7 – Verordnung des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1, im Folgenden: Verordnung).


8 – Verordnung der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 303, S. 1, im Folgenden: Durchführungsverordnung).


9 – Mitteilung vom 16. Juni 2003 über die Verwendung von Klassenüberschriften in Verzeichnissen der Waren und Dienstleistungen für Gemeinschaftsmarkenanmeldungen und -eintragungen.


10 – Vgl. hierzu die Schlussanträge von Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer in der Rechtssache Ansul (C‑40/01, Urteil vom 11. März 2003, Slg. 2003, I‑2439) sowie die Nrn. 57 bis 82 der Schlussanträge von Generalanwalt Léger in der Rechtssache Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte (C‑418/02, Urteil vom 7. Juli 2005, Slg. 2005, I‑5873).


11 – Urteil vom 22. September 2011, Budějovický Budvar (C‑482/09, Slg. 2011, I‑8701, Randnr. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung). Das Urteil betraf die Auslegung der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1), deren Vorschriften mit denjenigen der Richtlinie im Wesentlichen wortgleich waren.


12 – Urteil Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte (Randnr. 31).


13 – Urteil Sieckmann (Randnr. 37).


14 – Urteil Budějovický Budvar (Randnr. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).


15 – Vgl. u. a. Urteil vom 22. September 2011, Interflora und Interflora British Unit (C‑323/09, Slg. 2011, I‑8625, Randnr. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).


16 – Dieser Grundsatz findet sich auch in Art. 4 Abs. 1 Buchst. b des am 27. Juni 1989 in Madrid angenommenen Protokolls zum Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken, dem die Europäische Gemeinschaft gemäß dem Beschluss 2003/793/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 (ABl. L 296, S. 20) beigetreten ist.


17 – Nach diesen Bestimmungen ist die Klassifikation der Waren und Dienstleistungen nach der Nizzaer Klassifikation hinsichtlich der Beurteilung der Identität oder Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen für den Prüfer nicht bindend, da die Waren und Dienstleistungen nicht deswegen als ähnlich angesehen werden dürfen, weil sie in derselben Klasse der Nizzaer Klassifikation genannt werden, oder als verschieden, weil sie in verschiedenen Klassen dieser Klassifikation genannt werden. Dieser Grundsatz findet sich auch in Art. 9 Abs. 2 Buchst. a und b des am 27. Oktober 1994 in Genf verabschiedeten Vertrags auf dem Gebiet des Markenrechts.


18 – Vgl. Nrn. 42 und 43 der Schlussanträge des Generalanwalts Léger in der Rechtssache Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte.


19 – Urteil vom 12. Februar 2004 (C‑363/99, Slg. 2004, I‑1619, Randnr. 111).


20 – Vgl. Art. 2 der Richtlinie und Art. 4 der Verordnung. Vgl. auch Urteil vom 6. Mai 2003, Libertel (C‑104/01, Slg. 2003, I‑3793, Randnr. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung), sowie Urteil Interflora und Interflora British Unit (Randnr. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).


21 – Urteil vom 4. Oktober 2001, Merz & Krell (C‑517/99, Slg. 2001, I‑6959, Randnr. 29), und Urteil Koninklijke KPN Nederland (Randnrn. 33 und 34).


22 – Urteil Sieckmann (Randnr. 37).


23 – Ebd. (Randnrn. 46 bis 55).


24 – Vgl. Urteil Koninklijke KPN Nederland (Randnr. 123 und die dort angeführte Rechtsprechung).


25 – Vgl. Urteil vom 15. Februar 2007, BVBA Management, Training en Consultancy (C‑239/05, Slg. 2007, I‑1455, Randnr. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).


26 – Beschluss vom 18. März 2010, CFCMCEE/HABM (C‑282/09 P, Slg. 2007, I‑2395, Randnr. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung), sowie hinsichtlich von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) insbesondere Urteil vom 29. April 2004, Procter & Gamble/HABM (C‑468/01 P bis C‑472/01 P, Slg. 2004, I‑5141, Randnr. 36).


27 – Beschluss CFCMCEE/HABM (Randnr. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).


28 – Im Urteil Libertel hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Farbe Orange zwar eine bloße Eigenschaft von Gegenständen ist, allerdings in Zusammenhang mit einer Ware oder einer Dienstleistung ein Zeichen sein kann (Randnr. 27). Diese Rechtsprechung wurde vom Gerichtshof im Urteil vom 24. Juni 2004, Heidelberger Bauchemie (C‑49/02, Slg. 2004, I‑6129, Randnr. 23), das eine Farbkombination betraf, bestätigt.


29 – Vgl. Urteil vom 27. November 2003, Shield Mark (C‑283/01, Slg. 2003, I‑14313), das die Eintragung von vierzehn Hörmarken betraf, von denen elf als Motiv die ersten Töne des Musikstücks „Für Elise“ von L. van Beethoven und drei weitere das „Krähen eines Hahns“ wiedergaben.


30 – Urteil Ansul (Randnrn. 41 bis 43).


31 – Hervorhebung nur hier.


32 – Idem.


33 – Idem.


34 – Urteil Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte (Randnrn. 50 und 51).


35 – Vgl. Nr. 1 der Anleitung für den Benutzer zur Nizzaer Klassifikation.


36 – Hervorhebung nur hier.


37 – Idem.


38 – Hervorhebung nur hier.


39 – Vgl. Ashmead, R., „International Classification class headings: illustrative or exemplary? The scope of European Union registrations“, Journal of Intellectual Property Law&Practice, 2007, Bd. 2, Nr. 2, S. 76.


40 – Vgl. auch die Klasse 37 der Nizzaer Klassifikation („Bauwesen; Reparaturwesen; Installationsarbeiten“), die die „Schädlings- und Ungeziefervernichtung“ umfasst, oder die Klasse 26 der Nizzaer Klassifikation („Spitzen und Stickereien, Bänder und Schnürbänder, Knöpfe, Haken und Ösen, Nadeln; künstliche Blumen“), die „Haarteile“ umfasst.


41 – Vgl. u. a. die Klasse 42 der Nizzaer Klassifikation, die ab dem 1. Januar 2012 acht weitere Dienstleistungen enthalten wird.